45. Sven Stricker - Sörensen am Ende der Welt. Eigentlich wollte ich in der Bücherei ja was fürs Kind ausleihen, aber man kann ja gucken, was es in der Krimi-Abteilung so gibt, und voilà, Band 3 und 4 der "Sörensen ermittelt"-Reihe waren gerade verfügbar.
Im dritten Teil der Reihe verschwindet Sörensens Freund Ole Kellinghusen, der in einer Tankstelle jobbt, aber eigentlich von einer Karriere als Musiker träumt. Leider wird Ole demnächst Vater, Mutter seines Kindes ist Lucy, die Tochter von Sörensens Freundin Jenny. Zunächst haben beide den Verdacht, dass Ole doch kalte Füße bekommen hat - Jenny mehr als Sörensen -, doch dann wird eine Leiche im Koog gefunden und es steht die Frage im Raum, ob Ole nicht sogar einen Mord begangen hat und deswegen untergetaucht ist.
Der dritte Teil der Sörensen-Krimis enthält wieder alle Elemente, die die Reihe so lesenswert machen, und obwohl Katenbüll wirkt wie das trostloseste Dorf der Welt, freut man sich auf ein Wiedersehen mit den skurrilen Charakteren. Die werden nie vorgeführt, auch Sörensen mit seiner Angststörung ist vielleicht Ziel des Spotts seiner Mitmenschen, aber nie des Autors. Sven Stricker setzt sich behutsam mit der Psyche eines Angstpatienten auseinander, und als Leserin bemerkt man durchaus, wie Sörensen sich entwickelt hat, auch wenn er es selbst nicht weiß.
Die Auflösung des Falls ist spannend, denn ich hatte lange keine Idee, wer der Täter sein soll und als er dann präsentiert wird, war es wirklich ein kurzer "D'uh"-Moment und hat komplett Sinn ergeben. Für Krimifans und Fans skurriler Charaktere, die definitiv kein Cozy Crime sind, definitive Leseempfehlung. 4 von 5.
46. Sven Stricker - Sörensen sieht Land. Der vielleicht emotionalste Fall für Kommissar Sörensen, denn ein fröhliches Stadtfest endet jäh, als ein Auto in die Menge fährt und mehrere Menschen sterben und viele schwer verletzt werden, unter anderem Sörensens Vater Alfred, der bei seinem Sohn eigentlich Kraft sammeln wollte für den nächsten Teil seiner Krebsbehandlung. Natürlich zieht der Fall auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich, und Sörensen begegnet hier auch zum ersten Mal dem bisher nur am Telefon in Erscheinung getretenen Ersten Kriminalhauptkommissar Rösler. Der Tatverdächtige ist für Sörensen und seine Leute auch kein Unbekannter, denn das Auto gehörte dem ehemaligen Praktikanten Malte, und der kann sich leider an nichts mehr erinnern.
Die Auflösung dieses Falls oder vielmehr das Motiv sind banal, Stricker legt hier mehr Wert auf die Folgen der Tat und die betroffenen Personen. Damit ist es von der Geschichte her der wahrscheinlich intensivste der bisher erschienenen Fälle, wobei die Suche nach dem Täter und seinem Motiv natürlich auch gut beschrieben sind, aber es sind diesmal die Zwischentöne, von denen das Buch lebt. Für mich der bisher beste Teil der Reihe. 5 von 5.
47. Tom Hillenbrand - Gefährliche Empfehlungen. Lest niemals Bücher, in denen die Hauptperson ein Koch ist. Man hat ständig Hunger, besonders wenn der Koch Xavier Kieffer heißt und Genießer ist. Aber da mir dieser Band in der Reihe noch gefehlt hat - und in der Bücherei auch gerade verfügbar war - habe ich ihn mir ausgeliehen und hatte diesmal zum Glück nicht dauernd Appetit, dafür gute Unterhaltung.
Diesmal geht es auch weniger ums Kochen als um die Bewertung von Restaurants, denn bei der Jubiläumsgala des Guide Gabin (der Roman-Michelin), dessen Chefin niemand anderes als Kieffers Lebensgefährtin Valérie ist, wird ein wertvoller Guide aus den 30er-Jahren gestohlen. Kurz danach wird der Bibliothekar, der das Buch vermittelt hat, ermordet aufgefunden, Kieffer entkommt dabei nur knapp mit dem Leben.
Kieffer beginnt mit den Ermittlungen und stößt schon bald auf eine Geschichte aus dem 2. Weltkrieg, bei der die Restaurantführer für die Alliierten eine ganz andere Rolle spielten als nur zu zeigen, wo das Essen in Frankreich besonders gut schmeckt (dieser Teil der Geschichte entspricht übrigens der Realität, da soll nochmal jemand sagen, Krimis würden nicht bilden). Natürlich gerät er auch diesmal wieder in Gefahr, kocht luxemburgische Spezialitäten und trifft jede Menge skurriler Nebenfiguren.
Während der letzte Band der Reihe wirkte, als würde Hillenbrand nur noch Schema F abspulen (Lebensmittelskandal + Leiche = Kieffer ermittelt), war Band 4 tatsächlich eine nette Abwechslung und vor allen Dingen Geschichtslektion zu einem wenig bekannten Fakt in der Spionageschichte. 4 von 5.
48. Sven Stricker - Sörensen macht Urlaub. Das Buch ist ein Novum und wird hier auch nur deswegen genannt, weil es das erste vollständige Hörbuch ist, das ich bisher gehört habe. Ich habe zwischendurch immer mal wieder welche angefangen, aber ich lese nunmal lieber selbst, aber hier wollte ich wissen, wie es weitergeht. Außerdem liest Sven Stricker sein eigenes Buch wirklich sehr angenehm vor.
Der Titel ist etwas irreführend, denn Sörensen hat Urlaub und will auch welchen machen, aber er kommt auf seinem Weg nach Österreich nur bis Hamburg. Seine Ex-Partnerin Nele hat ihn angerufen, denn sie macht sich Sorgen um ihre Mitbewohnerin "Achim". Die heißt eigentlich Eileen und ist Schulsozialarbeiterin und fühlt sich verfolgt. Sörensen sieht in ihr schnell eine verwandte Seele und möchte ihr gerne helfen, auch, um Nele zu beweisen, dass es ihm selbst deutlich besser geht.
Währenddessen untersucht Jenny in Katenbüll den Mord an dem Studenten Siemen und bekommt dabei (ungebetene) Unterstützung durch KHK Mommsen, der mit an Narzissmus grenzendem Selbstbewusstein den Fall versucht an sich zu reißen.
In Katenbüll geht es diesmal gewohnt skurril zu - vielleicht sogar skurriler als sonst, wenn man Mommsens Auftritte bedenkt. Dafür ist die Atmosphäre in Hamburg bisweilen beklemmend und düster, auch Achim/Eileens Innenleben wird von Stricker behutsam und nie wertend beschrieben. Die Auflösung ist wieder mit ziemlich viel "Aha!" und kommt aus einer vollkommen unvermuteten Ecke, und ich würde Sven Stricker sicher noch häufiger zuhören. Seine anderen Bücher kenne ich aber schon und habe sie selbst gelesen. 4 von 5.
49. TJ Klune - Ravensong (Green Creek 2). Ich war gewappnet, nachdem ich in Teil 1 erst geheult habe, dann Lachtränen vergossen und schließlich wieder geheult habe. Ich hatte erwartet, dass in Band 2 eine Schippe draufgelegt wird, und ich wurde nicht enttäuscht.
Diesmal ist der Ich-Erzähler Gordo, der Automechaniker von Green Creek und ein Hexer (im Original besteht er darauf, dass er "a witch" sei, das wird hier synonym für Männer und Frauen verwendet). Gordo hat in seinem bisherigen Leben einige Schicksalsschläge einstecken müssen, sein Vater macht ihn bereits früh zum Hexer, indem er ihm magische Symbole tätowiert (tatsächlich die für mich härteste Szene des Buches). Aufgrund der Manipulationen seines Vaters verliert Gordo kurz nacheinander seine Mutter und seinen Vater, weshalb er zu den Bennetts zieht, dem Werwolfclan aus Band 1. Gordos Vater war die Hexe des Clans, und Gordo muss mit 11 Jahren seine Nachfolge antreten.
Immer an Gordos Seite sind seine Freunde Chris, Tanner und Rico sowie Mark Bennett, sein selbsternannter Beschützer. Es ist früh klar, dass die beiden Jungen mehr verbindet, aber zuerst unterbindet Marks Vater Abel jegliche Annäherung, dann ist es Marks Bruder Thomas, der mit seinem Clan nach Maine zieht und Gordo wieder ohne Familie zurücklässt. Auch Mark zieht mit und als er sich schlussendlich dazu durchringen kann, sich zu Gordo zu bekennen, weist der ihn verletzt ab.
Diese Rückblicke tauchen immer wieder in der Gegenwartshandlung auf, die kurz nach dem Ende von Buch 1 spielt. Noch immer ist die Bedrohung für die Familie Bennett nicht ausgestanden, aber das Leben geht weiter, Mark datet den Schönling Dale, obwohl er Gordo immer wieder zu verstehen gibt, dass er ihn liebt, während Gordo zwar wieder Teil der Bennetts ist, aber Mark immer noch nicht verzeihen kann. Bis eine Katastrophe alles verändert und Green Creek komplett auf den Kopf stellt...
Ja, Green Creek ist eine Romance Novel, aber es geht auch um andere Themen: Freundschaft, seelische Verletzungen und nicht zuletzt eins von Klunes Lieblingsthemen, "Found Family". Die Rückblicke sind gut ins Gesamtgeschehen eingebunden, und es gibt ein, zwei Stellen, da habe ich "Wolfsong" nochmal vorgeholt und dachte "Aaaah, da war's!". Wer Taschentuchalarm mag und/oder die lustigste Verkupplungsszene der Welt (ich habe so gelacht, als Rico, Tanner und Chris versuchen, Gordo einen Mann zu suchen und seine Drohungen ständig ins Leere laufen) lesen will, der sollte dieses Buch lesen. Achja, und man kann es auch lesen, wenn man Werwölfe eigentlich doof findet. Eigentlich. 5 von 5.