Autor Thema: OSR vs. taktische Tiefe  (Gelesen 1099 mal)

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Offline gilborn

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OSR vs. taktische Tiefe
« am: 10.05.2025 | 08:19 »
Auf das Thema bin ich beim Lesen von Johanns Blog gekommen. Hier beschriebt er, dass einfache, tödliche Kämpfe mit einfachen Systemen von ihm präferiert werden.

Oft ist es dadurch in meiner Wahrnehmung, gerade bei niedrigen Leveln im OSR Bereich so:
Taktische Möglichkeiten gibt es wenig, aufgrund weniger Optionen abseits von Attacke, zusammen mit wenigen Lebenspunkten hat man im Kampf wenig Möglichkeiten durch geschickte Entscheidungen etwas zu beeinflussen.
Man hofft einfach, dass man Glück hat - das hat definitiv seinen Reiz, wenn man wie gebannt auf jeden Würfelwurf starrt.

(Die Entscheidungen liegen eher auf strategischer Ebene, wenn es darum geht, Kämpfe zu vermeiden oder günstige Umstände wie Hinterhalte zu schaffen - hier soll es aber rein um die Taktik im Kampf, wenn er denn erst einmal losgebrochen ist, gehen).

Folgende Fragen stellen sich mir da:
Sind Rollenspiele mit taktischer Tiefe folglich meist OSR untauglich?
Wie sind eure Erfarhungen?
Wie weit kann man ein System reduzieren, ohne die taktische Komponente vollständig zu entfernen?
Welche System gibt es, die den Einfachheitsanspruch erfüllen, aber dennoch im Kampf Optionen abseits von Fernkampf und Nahkampf für Nichtmagier bieten?
Wie puristisch seid ihr unterwegs?

Mich würden einfach eure Meinungen zum Thema interessieren.
« Letzte Änderung: 10.05.2025 | 08:23 von gilborn »

Online ghoul

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #1 am: 10.05.2025 | 08:51 »
Es ist durchaus taktisch, zu überlegen, welchen Zauber man wann einsetzt, wo man kämpft und welchen Gegner man zuerst fällen sollte.
Auch in einfachen Systemen sollte man taktisch denken. Gerade dann lohnt es sich, trickreich zu agieren.

Natürlich unterscheidet sich das von brettspielartiger Taktik wie in D&D3 oder 4. Aber nur durch den etwas weniger formalen Rahmen.
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Offline General Kong

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #2 am: 10.05.2025 | 09:10 »
Das hängt auch viel von der Einstellubg und Phantasie der Spieler und es DM und der "Rulibgs"-Fähigkeit des letzteren ab.
Grundsätzlich kann ich bei OSR alles, was ich in anderen Spielen nur mit besonderen Spezilfähigkeien kann.
Sondereffekte bestimmt der DM aufgrund der Situation.

Klar ist der Abstraktionslevel bei OSR größer als bei anderen Spielen - und da auch nochmals innerhalb OSR unterschiedlich: Spielen ich klassisches 0D&D, dann ist ein Bonus von +1 schon was Besonderes (Oger machen 1w6+1 Schaden. Bei BECMI oder AD&D nicht.

Wer will (und kann = Ideen hat), kann auch entwaffnen, zu Fall bringen, flankieren usw.
Die Situation muss mir danach sein und die Beschreibung stimmen. Dann hat das auch Auswirkungen auf den Kampf.

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Offline Eiserne Maske

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #3 am: 10.05.2025 | 09:54 »
Auf das Thema bin ich beim Lesen von Johanns Blog gekommen. Hier beschriebt er, dass einfache, tödliche Kämpfe mit einfachen Systemen von ihm präferiert werden.

 (..)

Folgende Fragen stellen sich mir da:
Sind Rollenspiele mit taktischer Tiefe folglich meist OSR untauglich?
Wie sind eure Erfarhungen?
Wie weit kann man ein System reduzieren, ohne die taktische Komponente vollständig zu entfernen?
Welche System gibt es, die den Einfachheitsanspruch erfüllen, aber dennoch im Kampf Optionen abseits von Fernkampf und Nahkampf für Nichtmagier bieten?
Wie puristisch seid ihr unterwegs?

Mich würden einfach eure Meinungen zum Thema interessieren.
Ich steige quasi in die OSR gerade erst ein, kann mich zugegebenermaßen nur bedingt hier einbringen.

Aber wenn man sich das Diagramm in dem von Dir verlinkten Blog ansieht, so wirkt das auf mich schon sehr dogmatisch. Wieso soll denn eine hohe Sterblichkeit gleichzeitig Voraussetzung für leichten, aufregenden Kampf sowie für herausforderndes Spiel sein? Ich verstehe schon die Richtung der Pfeile nicht. Schließlich führt der Autor selbst Warhammer Fantasy als Beispiel für reizvollen, tödlichen Kampf an - ich spiele das neue System nicht, aber hatte Warhammer Fantasy früher nicht eher ein langsameres, komplexes Kampfsystem?
 
Ich will den Reiz des einfachen, tödlichen Kampfes gar nicht in Abrede stellen. Manchmal klingt es umgekehrt aber bei einigen OSR-Begeisterten so, als wäre ein komplexeres Kampfsystem emotional unterfordernd und vergleichsweise weniger packend, weil angeblich automatisch weniger tödlich. Das ist scheint mir eine Erzählung von Leuten zu sein, die gerne an Distinguiertheit dazugewinnen möchten.
 
Jedenfalls, 2 mir bekannte Beispiele für Spiele aus der "OSR-Familie", welche etwas komplexere Kampfsysteme haben, sind Fantastic Heroes & Witchery sowie Journeyman, Expert, Master - Advanced Fantasy. 

Das französische Dark Fantasy Spiel Nightprowler, in welchem man ausschließlich nicht magiebegabte Diebe spielt, findet zu 50% der Spielzeit im Dungeon statt (in der restlichen Zeit sind es Stadtabenteuer). Und das ist tödlich und hat ein durchaus komplexes Kampfsystem mit einigen Optionen (verschiedene Waffentalente, Kampfattribute, Kampfstellungen (offensiv, defensiv, beweglich), vom Waffentyp abhängige Kampftechniken, Manöver welche vom bevorzugten Fechtstil abhängig sind, Leisten für erlittene Wunden- und Erschöpfungspunkte). Und das  ist trotzdem schnell und mörderisch.

Offline nobody@home

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #4 am: 10.05.2025 | 09:55 »
Kommt wohl in erster Linie darauf an, wie sehr die Gruppe (und insbesondere die Spielleitung) auf "Es geht nur, was in den Regeln steht!" getrimmt ist. Regelleichte Systeme neigen ja praktisch per Definition dazu, nicht für jeden einzelnen Kampftrick, den man vielleicht mal probieren wollen könnte, eine eigene Sonderregel zu haben; wenn ich an die also mit der Einstellung rangehe, dann sind meine taktischen Optionen naturgemäß stark eingeschränkt. (Außerhalb speziell der D&D-Welt, aber mittlerweile auch mit ein paar Jahrzehnten auf dem Buckel, gab's ja beispielsweise im DSA1-Basisspiel eigentlich auch nur "mit der Waffe draufhauen" -- obendrein ohne größere Bewegungsregeln auch nur zur genaueren Positionierung o.ä. -- und schon waffenloser Kampf war eigentlich nicht drin.)

Bin ich dagegen glücklich damit, außerhalb einer starren Regelstruktur auch mal improvisieren und gegebenenfalls hausregeln zu dürfen...dann steht mir gerade bei einfachen Regeln, in denen ich nicht für jede einzelne Aktion erst mal W6+6 Unterfaktoren berücksichtigen muß, natürlich praktisch die Welt offen.

Offline Galatea

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #5 am: 10.05.2025 | 10:25 »
Komplex != Kompliziert.
Igo ist ein superkomplexes Spiel, die Regeln sind aber extrem einfach und lassen sich auf einem Post-it zusammenfassen.

Es hängt komplett davon ab, wie man das System gestaltet.


Möglich wäre, dass man Handlungsoptionen in Form von verschiedenen Aktionen, Kampfhaltungen und Zaubern gibt (die alle in ihren Regeln nicht kompliziert sein müssen).

Eine andere Möglichkeit wäre den Spielern zu erlauben ihre Werte (oder das was sie erwürfelt haben) zwischen Bewegung, Angriff, Magiewirken, Verteidigung, Initiative o.ä. aufzuteilen - der Wargame-Tabletopsektor hat da mehr als genug Regelwerke von denen man sich inspirieren lassen kann.

Selbst wenn das alles nicht gegeben ist, kann man Taktik über Priorisierung und Positionierung reinbringen - welcher Gegner ist am gefährlichsten und muss zuerst weg, wer kann welchen Gegner blockieren, damit der sich an ihm festsumpft und nicht die empfindlicheren Mitglieder der Gruppe erreicht?
Das funktioniert natürlich nur, wenn man auch eine Auswahl hat, und nicht gerade gegen 20 Goblins kämpft, aber auch da gibt es Möglichkeiten vielfältigere Gegnerkompositionen zu fördern (Monogegnergruppen können z.B. empfindlich gegen bestimmte Sachen sein, wie viel Direktschaden, Elementarschaden oder Flächenschaden, z.B. Feuerball gegen die Goblins - bei mehreren Gegnertypen auf einmal muss man dann entscheiden und priorisieren).
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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #6 am: 10.05.2025 | 11:33 »
Ich würde dem widersprechen. Gerade die Tatsache, dass OSR halt nicht alles in Tiefe verregelt erlaubt viel taktische Varianz, allerdings erfordert das natürlich gerade vom SL, auch auf Zack zu sein. Die Nutzung der Umgebung und Begebenheiten kann sich ja in den Beschreibungen der Handlungen sehr wohl wiederfinden, und das mag die Spielsituation verändern. Eigentlich steht das wunderbar in der Tradition der OSR-Werte, die ja eben von Spielenden fordern, ihren Verstand zu benutzen. Als Spieler muss man sich natürlich darauf einlassen und verstehen, dass es mit einem simplen „Ich greife an“ eben nicht getan ist.
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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #7 am: 10.05.2025 | 12:10 »
Was Haukrinn sagt.

Zudem neigt OSR ja auch etwas zu Combat as War

Du wirst also verstärkt auch Taktik und Strategie darum haben, welche Kämpfe du überhaupt eingehst. Ob du Verbündete dazu kriegen kannst. Ob es irgendwelche schmutzigen Tricks gibt, die dir helfen können.
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Offline Eiserne Maske

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #8 am: 10.05.2025 | 12:34 »
Ich persönlich finds ein wenig schade, dass der Thread zu einem Kampf um die Deutungshoheit darüber zu verlaufen droht, wie weit man semantisch den Begriff der "taktischen Tiefe" fassen kann. Was der Thread-Ersteller mit taktisch meinte, ist eigentlich klar.

Man muss ihm ja in seiner Definition nicht folgen, aber um die Diskussion zu entwickeln finde ich zumindest für meinen Teil eine Auseinandersetzung mit seinen Fragen zielführender. Aber letztlich muss das Gilborn entscheiden.
« Letzte Änderung: 10.05.2025 | 13:09 von Eiserne Maske »

Online ghoul

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #9 am: 10.05.2025 | 12:40 »
Ein paar Beispiele für typische OSR-Taktiken, völlig unabhängig von der Komplexität:
  • Brandöl werfen
  • Schmieröl einsetzen oder Krähenfüße oder Murmeln (auf der Flucht)
  • Türen verkeilen
  • Stolperseile, Netze
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Offline YY

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #10 am: 10.05.2025 | 12:59 »
Taktische Möglichkeiten gibt es wenig, aufgrund weniger Optionen abseits von Attacke, zusammen mit wenigen Lebenspunkten hat man im Kampf wenig Möglichkeiten durch geschickte Entscheidungen etwas zu beeinflussen.

Kleiner Widerspruch: gerade aufgrund der geringen HP-Zahl hat eine gute taktische Entscheidung großen Einfluss. Mit großen HP-Zahlen verliert sich z.B. eine Überraschungsrunde in den folgenden zig Kampfrunden, in denen man die anderen 80 HP runterschratzt...

Großer Widerspruch: Taktisch bedeutet, dass es relevante Entscheidungsmöglichkeiten mit spielmechanisch unterschiedlichen Ergebnissen gibt.
Die üblichen "taktischen" Systeme mit Grid, X Manövern und Y Sonderfertigkeiten, am Besten noch mit XY-Synergien, bieten dagegen zuallererst einmal Optimierungsprobleme anstelle interessanter Entscheidungen. Mindestens stimmt da das Verhältnis von Regelaufwand zu tatsächlich erreichter taktischer Spieltiefe nicht.

Sind Rollenspiele mit taktischer Tiefe folglich meist OSR untauglich?

(Wenn man unter taktischer Tiefe die o.g. Optimierungsspielwiese versteht:)
Ich sage ja in dem Sinne, dass sie schnell umständlich sind und damit vom Wesentlichen ablenken. Und wenn man die Optimierungsspielwiese auch nutzen will, fallen einige Säulen der OSR-Spielweise meistens weg, weil die Kämpfe zu lang dauern, man starke CaS-Tendenzen bekommt usw.

Wie weit kann man ein System reduzieren, ohne die taktische Komponente vollständig zu entfernen?

Die taktische Komponente bekommt man nur vollständig raus, wenn der SL überhaupt nicht mehr auf irgendwas eingeht, sondern einen Kampf ungeachtet aller Umgebungsfaktoren und aller Absichtserklärungen stumpf runterwürfeln lässt.

Umgekehrt: solange das o.g. irgendwie einen relevanten mechanischen Einfluss entwickelt, gibt es eine taktische Komponente.

(Der Vollständigkeit halber: Umgekehrt kann man Optimierungsspiele leicht so weit aufblasen, dass die eigentlichen taktischen Einflüsse von Buildoptimierung, abstrakten Feat-Synergien etc. erdrückt werden. Aber da geht die Komplexität ja in die andere Richtung.)

Welche System gibt es, die den Einfachheitsanspruch erfüllen, aber dennoch im Kampf Optionen abseits von Fernkampf und Nahkampf für Nichtmagier bieten?

Wenn es etwas abseits von D&D-artigen sein darf: Advanced Fighting Fantasy/Stellar Adventures.
Das ist immer noch einfach und abstrakt, aber man hat Einflussmöglichkeiten, wie viel Risiko man eingehen will und welche Schwerpunkte man setzt - finde ich genau richtig.
Ähnlich ist es bei The One Ring 2e mit seinen vier stances und den zugehörigen vier Sonderaktionen (also nicht 4x4=16, sondern insgesamt 4).
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Eiserne Maske

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #11 am: 10.05.2025 | 13:19 »
Wahnsinn. Was ist "taktische Tiefe"... Und der Grabenkampf geht weiter...

"Taktisches Spiel" hat eine klare inhaltliche Beziehung zum Strategiespiel. Und das Strategiespiel ist ein Spiel mit möglichst wenig Zufallselementen. Und dafür brauchts eben mehr Regeln.



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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #12 am: 10.05.2025 | 13:39 »
Wahnsinn. Was ist "taktische Tiefe"... Und der Grabenkampf geht weiter...

"Taktisches Spiel" hat eine klare inhaltliche Beziehung zum Strategiespiel. Und das Strategiespiel ist ein Spiel mit möglichst wenig Zufallselementen. Und dafür brauchts eben mehr Regeln.
Du meinst wie beim Regelmonster Go?
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~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #13 am: 10.05.2025 | 13:52 »
Ein bißchen Semantik ist naturgemäß dabei. Denn ich glaube, die wenigsten von uns denken bei "taktischer Tiefe" beispielsweise an ein möglichst ausgeklügeltes System zum Auswürfeln der Antwort auf die Frage, welche Seite jetzt tatsächlich in der Spielwelt die bessere Taktik anwendet. :)

Offline Eiserne Maske

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #14 am: 10.05.2025 | 13:52 »
Soweit ich weiß hat Go kein unendlich großes Spielbrett.  Diese anekdotischen Vergleiche sind sinnlos, ich wollte mit dem Strategiespielvergleich nur darauf hinweisen, dass die Darstellung, wie sie vom Thread-Ersteller betrieben wurde, durchaus eine Begründung hat. Wie bereits weiter oben erwähnt, man muss mit dieser Definition nicht einverstanden sein, aber die Vehemenz und manchmal auch Abfälligkeit ("brettspielartig",  "Optimierungsspielwiese") mit welcher manche (natürlich nicht alle) OSR-Leute auf Deutungshoheit pochen, finde ich ein bisschen schade.

« Letzte Änderung: 10.05.2025 | 13:57 von Eiserne Maske »

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #15 am: 10.05.2025 | 14:32 »
Naja, wenn du zwischen 20 verschiedenen Angriffen wählen willst, wär OSR nicht ganz das richtige. Aber wenn man will, kann man mit überschaubarem Aufwand Optionen schaffen. Ist natürlich nichtmehr die reine OSR Lehre.

Und was die OSR selbst betrifft bieten die Regeln ja oft nur nen groben Rahmen, und man kann kreative Ideen durchaus einbringen (z.B. mit Ruling die dann sagen wie der angestrebte Trick abgehandelt wird)

Aber wenn du halt gegebenen Kampf x hast, der auch schon fest eröffnet ist, und innerhalb von dem dann taktieren willst, also quasi Combat as Sports, da gibt es durchaus andere Systeme die das besser machen.

Aber mal ein Beispiel: Gestern Death in Space geleitet (das ist quasi so SciFi OSR)
Ein Warborn Supersoldat ist aufgrund okkulter Phänomene durchgedreht und greift die Gruppe an. Die Sache läuft zu 70% nach gegebenen Regeln, es wird rund um einen aufgesammelten Raketenwerfer etwas improvisiert und einmal probiert jemand, den Munitionsgurt einer Chaingun zu sabotieren (was dann via Ruling als Trick geht). Aber taktiert wird schon. Der Hacker optimiert seine Smartgun um besser die Verteidigung zu durchdringen, es wird Deckung genutzt, einige Leute bemühen sich in den Nahkampf zu kommen um den Gegner zu binden, dann werden verletzte Verbündete bewegt damit die Schußlinie für die Rakete frei ist, volles Programm.

Weiß nicht ob das bei jeder Gruppe und jedem OSR System so ist, aber ich seh da keinen Mangel an Taktik.
Für mich liest sich der Ursprungspost halt so bissle als Vorwurf, OSR habe wenig oder keine taktische Tiefe. Und das würde ich nicht oder nur bedingt unterschreiben. Die kamen damals ja auch alle vom Wargaming, also in den Anfängen, was ja das Vorbild für OSR ist. Und da spielt bissle Taktik schon ne Rolle. Nur halt weniger ob man jetzt nen Wuchtschlag oder ne Finte ansagt.
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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #16 am: 10.05.2025 | 14:50 »

"Taktisches Spiel" hat eine klare inhaltliche Beziehung zum Strategiespiel. Und das Strategiespiel ist ein Spiel mit möglichst wenig Zufallselementen. Und dafür brauchts eben mehr Regeln.



(OSR-Begeisterte können manchmal aber auch ganz schön tribalistisch sein :) )

Dein Regelbegriff wirkt etwas arg eng. Das scheint mir hier aber vor allem dein Problem sein.

Was durch unwritten laws und rulings und die „Rule of wit“ dazu gehört, einfach ausschließen, das demontiert OSR als als System.

Abseits dessen, Strategie hat meiner Meinung mal so gar nichts mit Regelausdetaillierung zu tun. Bei OSR heißt das für mich vor allem Vorbereitung und Planung im Vorfeld. Ist aber auch gleich, denn hier geht es ja um Taktik. Und das wäre eher eine Frage von Beobachtungsgabe, Überblick und Improvisationsfähigkeit. Du versuchst das Pathfinderesk in Detailregeln herunter zu brechen. Genau das hat meiner Meinung nach aber erschreckend wenig mit Taktik zu tun.

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Offline Eiserne Maske

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #17 am: 10.05.2025 | 15:18 »
Dein Regelbegriff wirkt etwas arg eng. Das scheint mir hier aber vor allem dein Problem sein.

Was durch unwritten laws und rulings und die „Rule of wit“ dazu gehört, einfach ausschließen, das demontiert OSR als als System.

Abseits dessen, Strategie hat meiner Meinung mal so gar nichts mit Regelausdetaillierung zu tun. Bei OSR heißt das für mich vor allem Vorbereitung und Planung im Vorfeld. Ist aber auch gleich, denn hier geht es ja um Taktik. Und das wäre eher eine Frage von Beobachtungsgabe, Überblick und Improvisationsfähigkeit. Du versuchst das Pathfinderesk in Detailregeln herunter zu brechen. Genau das hat meiner Meinung nach aber erschreckend wenig mit Taktik zu tun.

Wieso denn Regelbegriff? Ich habe lediglich versucht, die Diskussion von diesem semantischen Ringen um den Begriff der "Taktischen Tiefe" abzubringen, ich habe zu keinem Zeitpunkt geschrieben dass dieser vereinfachte, freiere Kampf nicht seine gleichberechtigte Daseinsbegründung hätte (im Gegenteil).

Du und andere Diskussionsteilnehmer lösen Kämpfe mit verstärkten erzählerischen Mitteln. Ist ja auch völlig okay.

Bloß gibt es eben auch eine andere Betrachtungsweise, gegen die ihr unnötig abfällig werdet. Das Wort Taktik kommt übrigens laut Brockhaus aus dem Griechischen und bedeutet eigentlich "Kunst der Anordnung und Aufstellung."

Naja, ich werde mich mal aus der Diskussion zurückziehen, das bringt hier keinen Mehrwert für mich. Soll Gilborn entscheiden, ob das hier so in seinem Sinne war.

Offline Johann

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #18 am: 10.05.2025 | 15:59 »
hier soll es aber rein um die Taktik im Kampf, wenn er denn erst einmal losgebrochen ist, gehen).

Folgende Fragen stellen sich mir da:
Sind Rollenspiele mit taktischer Tiefe folglich meist OSR untauglich?

Der Begriff OSR wird sehr unterschiedlich interpretiert, so dass ich ihn hier nicht anfassen möchte. Anderen ist das natürlich unbenommen.

Ich bevorzuge derzeit jedenfalls Systeme mit in deinem Sinne geringer taktischer Tiefe.

Zitat
Wie sind eure Erfarhungen?

Wenn wirklich was auf dem Spiel steht (d.h. die Charaktere scheitern oder sterben können), dann habe ich für mich reichlich Spannung (siehe den Blog-Artikel).

Zitat
Wie weit kann man ein System reduzieren, ohne die taktische Komponente vollständig zu entfernen?
Welche System gibt es, die den Einfachheitsanspruch erfüllen, aber dennoch im Kampf Optionen abseits von Fernkampf und Nahkampf für Nichtmagier bieten?

Eine sich ständig wiederholende hoch interessante Entscheidung ist, ob man flüchtet oder weiterkämpft. Das ist in vielen Systemen gegeben (also eigentlich immer, wenn man keine One-Roll-Resolution hat), fällt allerdings ggf. nicht mehr unter den o.g. Taktikbegriff.

Abseits von 5'-Steps usw. sowie Auswahl des Angriffs bei D&D, Attacke+ à la DSA und OB/DB-Split bei Rolemaster fallen mir zumindest spontan nur universell verfügbare Optionen ein. In der zweiten Reihe kann man z.B. die eigenen Henchmen niederstrecken, wenn sie flüchten, bwz. dies ankündigen, damit sie einen Moralbonus bekommen.  >:D

Zitat
Wie puristisch seid ihr unterwegs?

Swords & Wizardry Continual Light ist das 'Grundregelwerk' für mein Im Reich der Nibelungen und einer der regelleichtesten D&D-Retroklone.

Ich würde sehr gerne mal Tunnels & Trolls spielen, was ja einen ganz anderen Ansatz verfolgt als D&D: Jede Runde würfelt man nur einmal pro Seite (z.B. einmal alle Goblins zusammen und einmal alle Abenteurer zusammen). Die Seite mit dem niedrigeren Ergebnis nimmt Schaden entsprechend der Differenz.

Wer kennt das aus eigener Erfahrung und welche taktischen Möglichkeiten (gemäß Gilborns Vorgabe oder weiter gefasst) kann man da im Spiel beobachten?
Im Reich der Nibelungen ist eine Spielwelt mit eigenwilligen magischen Gesetzen für Swords & Wizardry Continual Light. Mehr dazu bei Blogger und DriveThruRPG (dank Fans auch auf Französisch & Englisch).
Mein neues Projekt: Verschollen im Archiv des KfK für Electric Bastionland

Offline Runenstahl

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #19 am: 10.05.2025 | 16:30 »
Meine Ansicht: Unabhängig von der eigentlichen Bedeutung des Begriffs* verstehen wir beim Rollenspiel unter Taktik 2 Herangehensweisen.

1. Entscheidungen wie welches Ziel greife ich an, wo positionieren wir uns, wie nutze ich das Gelände oder sonstige Begebenheiten am Besten zu unserem Vorteil aus. Sowie auch narrative Einfälle ala "Ich schlage dem toten Orkboss den Kopf ab und halte ihn in die Höhe während ich die restlichen Orks anbrülle damit sie Angst bekommen und fliehen".

2. Der möglichst effiziente Einsatz von Charakterfähigkeiten insbesondere bei Systemen die da vieles erlauben.

Diese beiden Punkte sind meiner Ansicht nach nicht gegensätzlich und man kann prima beide gleichzeitig im Spiel einsetzen. Ein stark vereinfachtes OSR-System kann bei Punkt 2 nicht viel bieten. Aber man kann sich damit dann voll auf die Möglichkeiten bei Punkt 1 konzentrieren was halt auch "Taktisches" Spiel ist. Man könnte auch argumentieren das Punkt 2 sich bisweilen "Künstlich" anfühlen kann während gerade Punkt 1 realen Taktiken womöglich näher kommt als die Frage ob man den Gegner jetzt besser mit einem Feuer oder einem Eiszauber bekämpft.


*Taktik laut Wikipedia:
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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #20 am: 10.05.2025 | 17:52 »
Generell gehe ich mit dem Blogartikel wenigstens in der einen Hinsicht konform, daß ich ebenfalls einfache und schnelle Kampfsysteme vorziehe. (Über so was wie beispielsweise die Tödlichkeit könnten wir uns dagegen schon wieder streiten, aber das gehört im Moment nicht hierher. ;))

Das schließt aber mMn taktische Elemente nicht automatisch aus, sondern bedingt nur, daß die vorhandenen Regeln ebenfalls so gestaltet sein sollten, daß man seine taktischen Entscheidungen im Spiel schnell und leicht treffen kann -- und seien es auch nur so grundlegende Dinge wie beispielsweise "Will ich in dieser Runde nun zuhauen oder mich doch lieber nur auf meine Verteidigung konzentrieren?". Prinzipiell kann ein Spiel nämlich auch mit individuell recht simplen Bausteinen komplexe und interessante Kampfverläufe abbilden.

Offline gilborn

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #21 am: 10.05.2025 | 23:36 »
Kurzer Disclaimer:
Mit Taktik die ich hier meinte, war die Taktik gemeint, die es gibt, sobald der Kampf losgetreten ist.
Auch Zauberer hätte ich rausgelassen, sie haben ja in der Regel mehrere Optionen.

Dinge die genannt wurden, die darunter fallen, habe ich folgende rausgelesen:
  • Wie ist das Terrain und wie kann ich es nutzen (Flaschenhälse, Abgründe, Fallen etc. vermutlich) => Hier ist der SL in der Pflicht, interessante Orte zu liefern.
  • Welchen Gegner sollte man zuerst fällen
  • Ständiges Evaluieren, ob man weiterkämpfen oder fliehen sollte.
  • Gegner Blockieren (Die Glaskanonen schützen, wobei das vermutlich schon wieder mehr Richtung späterer DnD Editionen geht)

Das hängt auch viel von der Einstellubg und Phantasie der Spieler und es DM und der "Rulibgs"-Fähigkeit des letzteren ab.
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Gerade die Tatsache, dass OSR halt nicht alles in Tiefe verregelt erlaubt viel taktische Varianz, allerdings erfordert das natürlich gerade vom SL, auch auf Zack zu sein. Die Nutzung der Umgebung und Begebenheiten kann sich ja in den Beschreibungen der Handlungen sehr wohl wiederfinden, und das mag die Spielsituation verändern. Eigentlich steht das wunderbar in der Tradition der OSR-Werte, die ja eben von Spielenden fordern, ihren Verstand zu benutzen. Als Spieler muss man sich natürlich darauf einlassen und verstehen, dass es mit einem simplen „Ich greife an“ eben nicht getan ist.
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Und was die OSR selbst betrifft bieten die Regeln ja oft nur nen groben Rahmen, und man kann kreative Ideen durchaus einbringen (z.B. mit Ruling die dann sagen wie der angestrebte Trick abgehandelt wird)

Mit diesem OSR Gedanken, stehe ich, zumindest im Kampf, immer etwas auf Kriegsfuss, bzw. das macht mich etwas ratlos.
Denn viele Dinge die bei sowas rauskommen, können eigentlich in jedem zweiten Kampf gemacht werden (Das genannte Entwaffnen z.B, Flankieren ist wieder interessanter weil es das Terrain einbindet).
Und wenn der Spieler das dann widerholt macht, weil es besser funktioniert als die "uninnovative" Standardattacke, und der SL konsistent ist, dann müsste aus dem "Ruling" relativ zwangsläufig eine Hausregel werden, die die Standardattacke dauerhaft in den Schatten stellt.
Da ist mir dann unter umständen lieber, wenn eine tolle, innovative Beschreibung des Kampfes Regeltechnisch doch nur eine schnöde Standardattacke ist, denn beim zweiten, dritten und vierten mal ist die tolle, innovative Beschreibung eben nur noch repetativ, müsste aber Ingame zu den gleichen positiven Effekten führen wie beim ersten Mal.
Dann lieber auf die intrinsisch im Medium Rollenspiel angelegten Entscheidungen 1 bis 4 vom Anfang und es dabei belassen.

Oder verstehe ich etwas grundsätzlich falsch?


Jedenfalls, 2 mir bekannte Beispiele für Spiele aus der "OSR-Familie", welche etwas komplexere Kampfsysteme haben, sind Fantastic Heroes & Witchery sowie Journeyman, Expert, Master - Advanced Fantasy. 
Falls du noch mitliest:
Das was für mich interessant wäre: sind sie auch einfach?


Komplex != Kompliziert.
Igo ist ein superkomplexes Spiel, die Regeln sind aber extrem einfach und lassen sich auf einem Post-it zusammenfassen.
Exakt.
Gesucht wäre nun das Igo des Rollenspiels - einfach zu lernen, schwer zu meistern.
Damit meine ich nur bedingt das Brettspielartige, sondern: einfach Kernregeln, die mannigfaltige Entscheidungsmöglichkeiten bieten.


Kleiner Widerspruch: gerade aufgrund der geringen HP-Zahl hat eine gute taktische Entscheidung großen Einfluss. Mit großen HP-Zahlen verliert sich z.B. eine Überraschungsrunde in den folgenden zig Kampfrunden, in denen man die anderen 80 HP runterschratzt...
Danke für diesen klaren Gedanken, ist natürlich sofort einleuchtend.
Mein Gedankengang kam vom FPS Fear, das immer für seine Gegner KI gelobt wurde - hoch interessant was da umgesetzt wurde und was die Gegner für taktische Möglichkeiten nutzten (Flankieren, durch Fenster Springen, Türen eintreten). In einem Artikel darüber wurde gesagt, dass die Gegner weniger Intelligent wirkten, wenn sie schneller Tod waren. D.h., sie konnten ihre Intelligenz gar nicht nutzen.
In dem Sinne gibt es wohl einen "Sweet Spot" für HPs.
Denn wenn sie zu niedrig sind, fällt zum Beispiel das Evaluieren Kämpfen oder Fliehen auch ins Wasser.

Großer Widerspruch: Taktisch bedeutet, dass es relevante Entscheidungsmöglichkeiten mit spielmechanisch unterschiedlichen Ergebnissen gibt.
Die üblichen "taktischen" Systeme mit Grid, X Manövern und Y Sonderfertigkeiten, am Besten noch mit XY-Synergien, bieten dagegen zuallererst einmal Optimierungsprobleme anstelle interessanter Entscheidungen. Mindestens stimmt da das Verhältnis von Regelaufwand zu tatsächlich erreichter taktischer Spieltiefe nicht.
Ja, deshalb würde ich ein Spiel suchen, das ab Werk einfach inhärent bestimmte Entscheidungen drin hat - damit das Optimieren einfach wegfällt, weil es jeder hat. Gleichzeitig sollte es natürlich die taktische Spieltiefe dann auch bieten.

Umgekehrt: solange das o.g. irgendwie einen relevanten mechanischen Einfluss entwickelt, gibt es eine taktische Komponente.
Das stimmt wohl.
Je mehr ich mich hier durcharbeite, umso mehr kann ich Johanns Statment folglich auch unterschreiben. Ein hinreichend tödliches System braucht keine große taktische Tiefe, da es das Taktieren auf andere Dinge verschiebt.

Wenn es etwas abseits von D&D-artigen sein darf: Advanced Fighting Fantasy/Stellar Adventures.
Das ist immer noch einfach und abstrakt, aber man hat Einflussmöglichkeiten, wie viel Risiko man eingehen will und welche Schwerpunkte man setzt - finde ich genau richtig.
Ähnlich ist es bei The One Ring 2e mit seinen vier stances und den zugehörigen vier Sonderaktionen (also nicht 4x4=16, sondern insgesamt 4).
Das hört sich cool an, werde ich mir mal anschauen. Du darfst auch gerne noch ein paar vertiefende Worte darüber verlieren wie es dort genau abläuft ;)


Naja, wenn du zwischen 20 verschiedenen Angriffen wählen willst, wär OSR nicht ganz das richtige. Aber wenn man will, kann man mit überschaubarem Aufwand Optionen schaffen. Ist natürlich nichtmehr die reine OSR Lehre.
Wie würdest du das machen?

Aber wenn du halt gegebenen Kampf x hast, der auch schon fest eröffnet ist, und innerhalb von dem dann taktieren willst, also quasi Combat as Sports, da gibt es durchaus andere Systeme die das besser machen.
Na ja, nur weil es vom Regelsystem fest vorgesehene taktische Möglichkeiten gibt, ist es erstmal nicht Automatisch Combat as Sport (oder War), zumindest nach meinem Verständnis.

Für mich liest sich der Ursprungspost halt so bissle als Vorwurf, OSR habe wenig oder keine taktische Tiefe.
Er war nicht als Vorwurf gedacht. Im Gegenteil, ich finde OSR faszinierend, habe mich aber noch nicht groß darin ausgetobt. Ich will mir in erster Linie über Dinge klar werden.


Ich bevorzuge derzeit jedenfalls Systeme mit in deinem Sinne geringer taktischer Tiefe.
...und ich verstehe mittlerweile sehr gut warum!


Das schließt aber mMn taktische Elemente nicht automatisch aus, sondern bedingt nur, daß die vorhandenen Regeln ebenfalls so gestaltet sein sollten, daß man seine taktischen Entscheidungen im Spiel schnell und leicht treffen kann -- und seien es auch nur so grundlegende Dinge wie beispielsweise "Will ich in dieser Runde nun zuhauen oder mich doch lieber nur auf meine Verteidigung konzentrieren?". Prinzipiell kann ein Spiel nämlich auch mit individuell recht simplen Bausteinen komplexe und interessante Kampfverläufe abbilden.
Einen Gedanken für eine OSR Hausregel, mit der ich schon länger schwanger gehe (Sollte ich es irgendwann angreifen, werde ich sie wohl einführen):
  • Ich rechne den AC so um, das der Gegner einen festen Angriffswert hat, und der Spieler auch auf Verteidigung würfelt (Ziemlich Einfach: AC-10, dann hast du den Bonus auf deinen W20 Wurf. Und für die Gegner wird immer ein Wurf von 10 angenommen).
  • Der Spieler muss sich in jeder Kampfrunde entscheiden, ob er offensiv, oder defensiv kämpft. Dann würfelt er 2 Würfel. Kämpft man offensiv, zählt der höhere für den Angriff und der niedrigere für Verteidigung - defensiv ist es genau umgekehrt (Die Regel findet mit 3 Würfeln in meinem eigenen System Anwendung, da sind es dann 4 Optionen: Sehr offensiv, offensiv, defensiv, sehr defensiv).
Allein ob es die taktische Tiefe erweitert damit sich der zusätzliche Regelaufwand rentiert, bin ich noch nicht sicher.
« Letzte Änderung: 11.05.2025 | 06:37 von gilborn »

Offline Zed

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #22 am: 11.05.2025 | 01:04 »
Dinge die genannt wurden, die darunter fallen, habe ich folgende rausgelesen:
  • Wie ist das Terrain und wie kann ich es nutzen (Flaschenhälse, Abgründe, Fallen etc. vermutlich) => Hier ist der SL in der Pflicht, interessante Orte zu liefern.
  • Welchen Gegner sollte man zuerst fällen
  • Ständiges Evaluieren, ob man weiterkämpfen oder fliehen sollte.
  • Gegner Blockieren (Die Glaskanonen schützen, wobei das vermutlich schon wieder mehr Richtung späterer DnD Editionen geht)

Da geht noch mehr als Blockieren, meine ich.

Ich finde, es ist ein Geburtsfehler vieler Systeme (auch OSR-Systeme), dass Magiekundige ihre Ziele leicht um einiges vielfältiger bekämpfen können als Nahkämpfende: Vergiften, erschöpfen, verängstigen, lähmen, zurückhalten, blenden, zurückschleudern, provozieren, um einiges aufzuzählen.

Das meiste davon und mehr taktisch relevantes sollten Nahkämpfende ihren Feinden und Zielen standardmäßig und regelgerecht auch antun können, mit Kampfmanövern, die nicht mit einem -4 Angriffsmalus daherkommen.

Offline Galatea

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #23 am: 11.05.2025 | 02:30 »
Taktische Möglichkeiten gibt es wenig, aufgrund weniger Optionen abseits von Attacke, zusammen mit wenigen Lebenspunkten hat man im Kampf wenig Möglichkeiten durch geschickte Entscheidungen etwas zu beeinflussen.
Gerade bei Spielen, die sehr tödlich sind, haben einzelne Entscheidungen extrem viel Einfluss.
Schaffe ich es den Gegner zu flankieren und damit seine Deckung zu negieren, macht es einen riesigen Unterschied ob der nur 3LP hat und damit tot ist oder am Ende noch 50LP übrig hat und unbeeindruckt zurückschießt während er sich hinter das nächste Stück Deckung verkriecht.


Der Spieler muss sich in jeder Kampfrunde entscheiden, ob er offensiv, oder defensiv kämpft. Dann würfelt er 2 Würfel. Kämpft man offensiv, zählt der höhere für den Angriff und der niedrigere für Verteidigung - defensiv ist es genau umgekehrt (Die Regel findet mit 3 Würfeln in meinem eigenen System Anwendung, da sind es dann 4 Optionen: Sehr offensiv, offensiv, defensiv, sehr defensiv).

Allein ob es die taktische Tiefe erweitert damit sich der zusätzliche Regelaufwand rentiert, bin ich noch nicht sicher.
Schau dir mal das hier an, das ist im Prinzip das Konzept auf die Spitze getrieben (die ganzen Initiativoptionen muss man ja garnicht mit reinnehmen, der springende Punkt ist einfach die Verteilung auf verschiedene Werte und die direkte Schadensberechnung).
« Letzte Änderung: 11.05.2025 | 02:43 von Galatea »
We should respect all forms of consciousness. The body is just a vessel, a mere hull.

Online ghoul

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Re: OSR vs. taktische Tiefe
« Antwort #24 am: 11.05.2025 | 06:30 »
Zitat
Mit diesem OSR Gedanken, stehe ich, zumindest im Kampf, immer etwas auf Kriegsfuss, bzw. das macht mich etwas ratlos.
Denn viele Dinge die bei sowas rauskommen, können eigentlich in jedem zweiten Kampf gemacht werden (Das genannte Entwaffnen z.B, Flankieren ist wieder interessanter weil es das Terrain einbindet).
Und wenn der Spieler das dann widerholt macht, weil es besser funktioniert als die "uninnovative" Standardattacke, und der SL konsistent ist, dann müsste aus dem "Ruling" relativ zwangsläufig eine Hausregel werden, die die Standardattacke dauerhaft in den Schatten stellt.

Das ist ein Grund dafür, dass aus dem einfachen OD&D das komplexe AD&D wurde. Zahlreiche Standardsituationen werden durch Regeln beschrieben. So sind viele Subsysteme entstanden: Regeln für waffenlosen Kampf, Regeln für Krankheiten, Klärung der Effekte bestimmter Zaubersprüche (z.B. Blenden mit dem Lichtzauber), Unterbrechen von Zaubern mit schnellen Waffen usw.
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.
Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.