Ich habe oft die Vermutung, dass es relativ realistisch ist, dass ein einzelner erfahrener Nahkämpfer, mehrere unerfahrene Gegner über einen längeren Zeitraum so ausmanövrieren kann, dass ihn nicht jeder Angreifen kann, insbesondere, wenn er viel Bewegungsfreiheit nach hinten hat.
Du hast ja schon recht vorsichtig formuliert: "nicht
jeder" - das ist offensichtlich richtig, da braucht man ja nicht lange suchen für passende Beispiele.
Deutlich in Abgrenzung von "nur
einer"; das ist quasi die Königsklasse des Manövrierens gegen mehrere und wird immer nur für sehr kleine Zeitfenster klappen.
- Wenn ja, wie viele könnten den einen Verteidiger Angreifen, wie viele würden tendentiell nicht zur Attacke kommen?
- Gibt es Rollenspiele, die dies Abbilden?
Man müsste schon unterscheiden zwischen einem allgemeinen Limit und dem, was man sich darüber hinaus zeitlich begrenzt erarbeiten kann, entweder durch Anwendung der grundlegenden Bewegungs- und Kampfregeln auf der Battlemap (sonfern diese Regeln dafür geeignet sind, s.u.) oder durch einen abstrakteren Regelmechanismus.
Zum ersten Part: Ein hartes Limit haben schon einige Systeme, i.d.R. so in der Größenordnung 3-5.
"Reinlesen" kann man ein Limit auch bei WFRP 4, da gibt es nur bis zu 3:1 einen Überzahlbonus - daraus kann man mMn zulässigerweise schließen, dass das dann auch die Grenze in Sachen Gegnerzahl ist.
Twilight: 2000 4e fasst Mooks in bis zu Vierergruppen zusammen; da ist es auch keine große Verrenkung, an der Stelle die Grenze zu ziehen (anstatt zu sagen: es können
weitere Vierergruppen angreifen).
Den zweiten Part können einige Systeme mit Battlemap quasi automatisch, aber gelungene abstrakte Mechanismen dafür sind sehr selten.
The Riddle of Steel hatte das in rudimentärer Form, das war aber a) schlecht erklärt und b) mMn nicht zu Ende gedacht, weil es schlecht mit dem "normalen" Rest der Kampfregeln interagiert hat - da haben nämlich regelmäßig alle Beteiligten so viele Würfel aus dem Kampfpool zum Manövrieren verbraucht, dass im eigentlichen Schlagabtausch nicht mehr viel passieren konnte.
Wenn man die einzeln auflöst hab ich eher selten, eigentlich bisher nicht, gesehen, dass ein Spiel sagt: ihr dürft jetzt aber nicht dahin gehen und den angreifen *weil*.
The One Ring 2e sagt explizit und pauschal: höchstens drei gegen einen.
Genauer und konkreter kann man es dort aufgrund der abstrakten Handhabung nicht formulieren, aber dass der SL situationsbedingt noch nach unten korrigieren kann, ist einleuchtend.
Ansonsten ergibt sich das auf einer detaillierten Kampfkarte zumindest dann organisch aus den Basisregeln, wenn es keinen "klebrigen" Nahkampf gibt (also keine Gelegenheitsangriffe beim Rückzug oder sogar das explizite Verbot, einen einmal begonnenen Nahkampf zu verlassen oder harte Kontrollzonen usw.) und auf jedes Feld nur ein Teilnehmer passt.
Dann müssen einige aus der Überzahlfraktion öfter mal so weit laufen, dass sie in dieser Runde ihren Angriff nicht kriegen.
Ich hab auf FB vor langer Zeit mal nen Artikel aufgegabelt, wo angeblich ein Fechtlehrer zu ne Übung machte mit seiner ganzen Klasse. Jeder bekam einen Ballon auf die Brust, ging der kaputt, war man raus. Und dann halt der Lehrer gegen knapp 30 Leute mit so Übungsdegen oder sowas.
Erinnert mich an
das hier.
Das hat natürlich auch seine Übungskünstlichkeiten und erkennbares "Gaming" der arg beschränkten Trefferzone durch die Olympioniken, aber ein paar der hier schon angerissenen Prinzipien sieht man teils gerade dadurch um so besser in Aktion.
Es wird für die Unterzahlfraktion noch mal deutlich schwerer, wenn die Trefferzonen größer sind, nicht jeder noch so leichte Treffer jemanden raus nimmt und gegriffen bzw. gerungen werden darf.
Auf der Battlemap ist das einfach - irgendwann ist kein Platz mehr um die Figuren (oder Marker) physisch in Kontakt zu bewegen.
Genau, so ist es z.B. bei GURPS. Wenn alle einigermaßen gleich schnell sind und sich der einzelne frei (im Sinne von: keine Gelegenheitsangriffe oder ähnliches) bewegen kann, ergibt sich allein dadurch mehr oder weniger automatisch die Konstellation, dass einige Gegner ihre Kameraden so weit umlaufen müssen, um zumindest nicht jede Runde ein Zeitfenster zum Angriff zu kriegen.
GURPS hat als Zwischenschritt noch die Situation, dass man zwar angreifen kann, aber durch zu schnelle bzw. zu weite Bewegung einen ordentlichen Abzug bekommt. Das betrifft regelmäßig den dritten Angreifer und wenn genug Platz für den Verteidiger ist, hier und da auch schon den zweiten.
Das Problem ist nicht die Anzahl der Figuren sondern dass zugweise Bewegung dazu führt dass die Gruppe einfach den einzelnen einkreisen kann was realistischerweise eher unwahrscheinlich ist da sich ja alle gleichzeitig bewegen.
Das bekommt man doch gut eingefangen, wenn man zwischen Bedrohungs- bzw. Schlagabtauschdistanz und tatsächlicher physischer Blockade unterscheidet. Sprich: Man muss dafür nur grundsätzlich "durch" Gegner ziehen können,
wenn die das nicht
aktiv verhindert bekommen.
Was übrigens noch viel seltener in Rollenspielen berücksichtigt wird ist das feuern in einen aktiven Nahkampf.
Ich habe vorhin mal ein paar "meiner" Systeme quergelesen in Sachen Beschränkung der Angreiferzahl und kurioserweise haben die fast alle solche Regeln.