Autor Thema: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?  (Gelesen 1733 mal)

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Offline Zouan81

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #50 am: 5.06.2025 | 22:58 »
Ich kann es nicht leugnen:  Das Auge ißt immer mit!

Ein Rollenspielbuch mit beeindruckenden Illustrationen ist tatsächlich ein Kaufmagnet.

Danach entscheidet dann der Inhalt darüber, ob es als gutes, kompaktes Regelwerk wahrgenommen wird, das Lust aufs Spielen macht oder ob es doch eben nur ein schönes Sammlerstück bleibt.

Selbst wenn es sich um das beste und durchdachteste Spielsystem überhaupt handelt, so können bestenfalls durchschnittliche Illustrationen dafür sorgen, dass das Spiel nur noch von Insidern wahrgenommen und gespielt wird, was gleichbedeutend ist, dass viel Potential verschenkt wurde.

Auf der anderen Seite können schöne Aufmachungen und Illustrationen auch ein Spielsystem so aufwerten, dass eine Fangemeinde über den ganzen Regelwust dort drinnen wohlwollend hinwegsieht und es als nahezu perfektes Rollenspielsystem anpreist.


So ist das Fazit:
Beides, sowohl Inhalt als auch die Aufmachung, muss stimmig und ansprechend sein, um sich tatsächlich als erfolgreiches Produkt auf dem Markt etablieren zu können. Eine schwache Aufmachung kann wiederum dafür sorgen, dass guter Inhalt als solcher gar nicht richtig wahrgenommen wird.

Gespielte Regelsysteme:

D&D, DSA, RdW, Saga, Earthdawn

Online schneeland

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #51 am: 5.06.2025 | 23:43 »
Das wirft allerdings auch die Frage auf: Kann Pen&Paper da überhaupt konkurrieren, oder ist der Versuch vielleicht streckenweise vergebene Liebesmüh?

In den 80ern hat ja Rollenspiel durchaus auch schon mit dem Farbfernsehen und mit damals noch nur zur Hälfte bunten lustigen Taschenbüchern konkurriert, nur an der Frage, ob's bunt ist, kann es also nicht liegen ... okay, in den 80ern war Rollenspiel auch mehr Nische. Aber letztendlich habe ich auch gar nicht so viel gegen RSP in der Nische. Das hat insbesondere in Internet-Zeiten doch auch seine Vorzüge: Lieber eine überschaubare, heimelige Discord-Community, in der ich direkt mit den Macher:innen plaudere, als ein Riesenbusiness ...
...

Wie weiter unten geschrieben: direkte Konkurrenz trifft wahrscheinlich auch nur halb zu, aber ich glaube schon, dass eine hochwertige Aufbereitung der Produkte hilft, neue Spieler zu erschließen und nicht noch wesentlich nischiger zu werden. Denn gefühlt wären Softcover-Hefte mit einfachen Schwarzweißillus heute so als hätte man mir damals statt dem Shadowrun-Regelwerk mit dem schicken Elmore-Cover und den (zumindest für mich damals) beeindruckenden Schwarzweiß-Innenillus eine geheftete Sammlung von Schreibmaschinenseiten in die Hand gedrückt. Vielleicht hätte ich mir Rollenspiel trotzdem als Hobby erschlossen - vielleicht wäre ich aber auch einfach bei Video- und Brettspielen geblieben.

Und so ganz generell: ich erkenne den Wert heimeliger kleiner Communities an, aber ohne den Aufschwung im Markt seit dem Start von D&D5 - sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Sachen Breitenwirkung - hätte es wahrscheinlich keine Free League-Spiele, vielleicht auch kein Broken Compass/Outgunned Adventure, keine Borg-Familie und kein aufwendig produziertes Dolmenwood gegeben. Und das wäre aus meiner Sicht schon ein klarer Verlust.
Und so ganz generell glaube ich, dass es dem Rollenspielhobby schon gut getan hat, dass da ein großer Schwung neuer Spieler dazugekommen ist. Auch wenn mich persönlich die Dominanz von D&D5 nicht glücklich macht, ist mir das doch deutlich lieber als ein langsames Dahinschwinden.

Guck' dir einfach mal an, wieviele Langbärte allein hier im Faden in ihren Kamillentee grummeln, weil das Hobby nicht mehr so ist wie zu ihren guten alten Zeiten... ;D

Bei aikar klingt das negativer als ich das selber empfinde, aber nachdem wir hier ein Webforum sind und das lange Zeit quasi tote/angestaubte Technik war, ist es in der Tendenz schon so, dass wir hier zusammen alt und grau werden ;). Entsprechend vielleicht nicht 100% repräsentativ für den Rest der Rollenspielwelt da draußen.
Wobei man festhalten muss: es gab in der D&D5-Hochphase schon merklich mehr Neuanmeldungen als davor und danach - ein gewisses Echo der "Welt da draußen" ist also vorhanden.

Wobei ich jetzt böse sein könnte: Wenn ich die Mehrheit der 20-jährigen, die ich so tagtäglich vor mir sitzen habe, als Maßstab nehme, dann dürften Rollenspiele überhaupt nicht mehr gedruckt oder auch nur in Textform daherkommen, sondern müssten als lustige 30-Sekunden-Clips auf Tiktok getanzt werden und werbefinanziert (oder maximal pay to win) sein. 8]

Fair  ;D. Aber wenn ich nach den durchschnittlichen Menschen 40+ in meiner Umgebung jenseits des engeren Freundes- oder Familienkreises (+Tanelorn) gehe, dann sind Rollenspiele etwas, das man vielleicht mal im Studium gemacht hat, jetzt aber sicher nicht mehr. Und auch für Videospiele sieht es nicht gut aus. Ich glaube also, auch für die heutigen 20-Jährigen besteht noch Hoffnung  ;)

Ansonsten kann ich dem, was Du zu Artwork, Sense of Wonder und dem Reiz guter Illustrationen schreibst, überwiegend zustimmen (nur was das Lesen angeht, bin ich mittlerweile weitgehend vom Buch aufs iPad migriert).

Genau das glaube ich übrigens nicht mehr.
Rollenspiele konkurrieren mit anderen kooperativen Gesellschaftsspielen, mit Dungeoncrawlern, Zombicide oder sowas.
...
Und das hat Rollenspiel nicht. Will sagen: Rollenspiel hat seine Nische und wird von denen gespielt, die genau das spielen wollen. Ich glaube nicht, dass man gegen andere Arten der Freizeitbewältigung bestehen kann oder auch nur muß.

Ja, da hast zu einem guten Teil recht - zumindest so, wie ich's hingeschrieben habe, trifft das wahrscheinlich nicht zu. Wahrscheinlich wäre es besser, zu sagen, dass Rollenspiele m.E. gewisse Schauwerte brauchen, um überhaupt als potentiell interessante Freizeitaktivität wahrgenommen zu werden. Da kommen dann die von Dir genannten kooperativen Brettspiele noch dazu, die ja auch oft in einer hohen Herstellungsqualität und mit aufwendig gestalteten Anleitungen daherkommen.
Und mein Eindruck wäre auch, dass es schon hilft, die Brücke von z.B. einem Videospiel zu schlagen, wenn dann auch "dieses Pen&Paper-Rollenspiel", das ein Spieler vielleicht mal mit seinen Freunden ausprobieren möchte, hochwertige Farbillustrationen vorhanden sind statt einfacher Schwarzweiß-Illustrationen.

All good things come to those who wait! ... like dual flamethrowers and beer.

Offline Hotzenplot

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #52 am: 5.06.2025 | 23:58 »
Mein Problem mit solchen Produkten die über reine PDFs hinausgehen ist die Tendenz von US Firmen (aber nicht nur die) mittlerweile ziemlich schamlos auszutesten wie weit sie das "aber du hast ja nur eine Lizenz gekauft, wir können das also jederzeit abdrehen" Spielchen noch treiben können.
Meine Bücher kann ich auch in 20 Jahren noch nutzen, meine PDFs mit Wasserzeichen oder ähnlichem "leichtem" DRM ebenfalls. Gleiches gilt für Chummer und Heldensoftware.
Ob ich irgend eine Cloud-basierte Software in 15 Jahren noch verwenden kann, selbst wenn ich dafür gezahlt habe, sei mal dahingestellt.

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Offline aikar

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #53 am: Gestern um 07:53 »
Bei aikar klingt das negativer als ich das selber empfinde, aber nachdem wir hier ein Webforum sind und das lange Zeit quasi tote/angestaubte Technik war, ist es in der Tendenz schon so, dass wir hier zusammen alt und grau werden ;). Entsprechend vielleicht nicht 100% repräsentativ für den Rest der Rollenspielwelt da draußen.
Wobei man festhalten muss: es gab in der D&D5-Hochphase schon merklich mehr Neuanmeldungen als davor und danach - ein gewisses Echo der "Welt da draußen" ist also vorhanden.
Es war nicht negativ gemeint. Das Tanelorn ist, was es ist.

Aber ich denke schon, dass es hier eine gewisse Tendenz gibt, zu sagen "Ich brauche das (nicht), also ist es (un)nötig." und sich dann darüber aufzuregen, dass Verlage ihre Produkte und Produktion nicht an den eigenen Vorlieben ausrichten.
Das ist klassisch konservatives Denken. Es ist ok, wenn man Veränderungen nicht mitmachen will, es ist schließlich ein Hobby. Ich sehe es aber als problematisch, Veränderungen in Zeitgeist und Community zu ignorieren und dann zu kritisieren, dass Verlage sich wirtschaftlich an neuen Zielgruppen ausrichten. Das Rad dreht sich weiter. Hat es immer, wird es immer. Und das Tolle: Beim Rollenspiel kann man trotzdem die Straße zurückgehen, auch wenn man den Wagen nicht aufhält.

Wir haben das unglaubliche Glück, dass der Rollenspielmarkt trotz seiner Nischigkeit immer noch so divers ist. Und trotz aller Kritik an "warum wird alles mit D&D gemacht?": Die Auswahl an Alternativen war niemals so groß wie heute. Praktisch alle Produzent:innen sind selbst Rollenspielende und bringen, wenn es wirtschaftlich nur im geringsten Sinn macht (und manchmal sogar, wenn nicht) Produkte für alle Geschmäcker heraus. Und viele alte Systeme sind zumindest als pdf, oft sogar als Neuauflagen immer noch verfügbar.
Also: Weniger aufregen, dass der Mainstream sich von euch wegbewegt, denn das wird er immer tun. Freut euch, dass es Spiele gibt, die eurem Geschmack entsprechen und das es für fast alle dort draußen Spiele gibt, die ihrem Geschmack entsprechen.
Es reicht meist einfach zu sagen "Ist halt nicht meins, ich kaufe/spiele etwas anderes (oder mache mal selbst was), mögen andere ihren Spaß daran haben.", anstatt den nächsten Shitstorm loszutreten. Ist angesichts des steigenden Alters auch besser für Herz und Kreislauf  ;D

Genau das glaube ich übrigens nicht mehr.
Rollenspiele konkurrieren mit anderen kooperativen Gesellschaftsspielen, mit Dungeoncrawlern, Zombicide oder sowas.
Wer Binge-Watching machen will tut das. Wer am PC oder an der Console gamen will, macht das.
Genau.
« Letzte Änderung: Gestern um 08:01 von aikar »
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Offline Boba Fett

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #54 am: Gestern um 09:33 »
@Aikar: Du hast natürlich recht, im Alter wird man eher konservativer. Und schaut sich die neuen Sachen eher erst einmal skeptisch an.
Andererseits ist das Tanelorn auch irgendwo das Forum, wo die klassischen Mainstreamsachen wesentlich weniger Präsenz finden und durchgeknallter Indyscheiß abgefeiert wird und schon wieder "out" und langweilig geworden ist, bevor es die meisten anderen überhaupt wahrgenommen haben. So sehr konservativ kann die Community also auch nicht sein. Wir waren nie Mainstream - weder zu Zeiten als DSA noch dominierte, noch zu Pathfinder oder D&D Zeiten.

Und ich finde, auch mit dem konservativen Alter in den 50ern muss man schreiben dürfen, dass einem die Regeln zwar gefallen, die Aufmachung aber eben wenig gefällt.
Und das man vielleicht Lesbarkeit und saubere Strukturen und klare Worte (anstatt blumiges Ingame) bevorzugt.
(Und ganz nebenbei: Der Kritikpunkt bestand immer, auch schon zu DSA 4 Zeiten.)
Denn auch dieses Alter ist ein wesentlicher Teil der Community - und vor allem auch ein ziemlich beständiger...
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Offline Eleazar

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #55 am: Gestern um 11:08 »
Ich mag Bücher und ich mag auch schöne Bücher. Ich mag sogar Bücherregale.

PDFs nutze ich nur in Ausnahmefällen: Im Urlaub oder wenn ich nach Stichworten suchen will. Ansonsten stören mich Laptops und sehen immer nach Arbeit aus.

Ein hochwertiger Einband und eine hochwertige Bindung sind was feines. Mein erstes Rollenspielbuch (Midgard 1) war eine Klebebindung, die irgendwann auseinander fiel und mit Pattex geklebt werden musste. Außerdem habe ich irgendwann den Einband mit transparenter Schutzfolie umklebt. Hält zwar auch nach 40 Jahren noch bombig, aber das brauche ich nicht bei neuen Bücher. Und ich hasse geknickte und abgeschrabbelte Cover.

Illustrationen tragen für mich zur Stimmung bei. Sie transportieren, was der Autor kreieren wollte. Außerdem sind schöne (Geschmacksurteil) Grafiken einfach ein schickes Plus und unterhalten mich. Vaesen habe ich mir nur wegen der Illus geholt.

Computergefertigte Bilder halte ich meist für minderwertig. Das geht mir auch gerade bei vielen am Computer gezeichneten Illus so. Es mag Künstler geben, die am Computer zeichnen und deren Werken man das nicht ansieht. Dann wäre es okay. Aber wenn man es sehen kann, stößt mich das ab.

Was Wyndor da für DSA per KI generiert, kann hingegen nach meinem Geschmack mit den besten hand- und pinselgemachten Grafken mithalten. Und das sage ich, obwohl ich auch selbst gezeichnet habe.

Ich stehe sogar auf einen dezenten Hintergrund. So gut sind meine Augen noch. Wobei es echt dezent sein muss. Was gar nicht geht, sind schwarze Hintergründe mit weißer Schrift. Allein, wenn ich mal einen Ausschnitt kopieren oder ausdrucken will, um das zu zerschnibbeln oder auf den Tisch zu legen. Was nicht geht, sind Kleckse oder so was, was bis in die Schrift reinreicht. Midgard 6 macht das zum Teil. Dann stört und nervt es.

Und ja, ich gebe für ein schönes Buch gern auch mehr Geld aus.


Offline aikar

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Re: Sind Rollenspielbücher zu sehr Sammler- und Kunstobjekt?
« Antwort #56 am: Gestern um 11:09 »
Und ich finde, auch mit dem konservativen Alter in den 50ern muss man schreiben dürfen, dass einem die Regeln zwar gefallen, die Aufmachung aber eben wenig gefällt.
Und das man vielleicht Lesbarkeit und saubere Strukturen und klare Worte (anstatt blumiges Ingame) bevorzugt.
(Und ganz nebenbei: Der Kritikpunkt bestand immer, auch schon zu DSA 4 Zeiten.)
Denn auch dieses Alter ist ein wesentlicher Teil der Community - und vor allem auch ein ziemlich beständiger...
Klar darf man das schreiben, soll man auch! Nur halt nicht zu enttäuscht und wütend sein, wenn die Wünsche nicht immer in Erfüllung gehen.
Das ist ja generell ein Thema in der heutigen Online-Gesellschaft.
Aber das führt zu sehr weg und ich entschuldige mich für das Kapern des Themas. Also auch für mich  :btt:

Andererseits ist das Tanelorn auch irgendwo das Forum, wo die klassischen Mainstreamsachen wesentlich weniger Präsenz finden und durchgeknallter Indyscheiß abgefeiert wird
Und das ist ja auch ein starker Grund, warum ich ins Tanelorn gekommen bin und immer noch hier bin.  :)
« Letzte Änderung: Gestern um 11:12 von aikar »
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