Autor Thema: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit  (Gelesen 2217 mal)

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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #75 am: 2.07.2025 | 16:59 »
Ich verstehe schon den von Chaos angesprochenen Gedankengang, dass Deflation schädlich ist, weil ja dann zB niemand mehr irgendwem irgendwas leihen wird und auch nichts mehr investiert wird. Ich frage mich halt nur, ob da nicht auch ein Gleichgewicht möglich ist.

Letzten Endes wird's auf absehbare Zeit immer noch genügend Dinge geben, die jemand gleich braucht. Wenn ich heute am Verhungern bin, warte ich nicht bis nächste Woche darauf, daß der Preis für ein Pfund Brot und etwas drauf noch mal um ein, zwei Cent sinkt, und auch, wenn ich irgendetwas Längerfristiges plane, muß ich ja mit der konkreten Umsetzung dieser Pläne irgendwann mal tatsächlich anfangen, wenn sie mir jemals etwas bringen sollen, und kann das nicht bis in alle Ewigkeit aufschieben.

Hinzu kommt, daß Deflationen zwar allgemein schlecht für den Profit sein mögen...aber inwieweit der seinerseits auch noch über die nächsten Jahrhunderte und -tausende überhaupt noch konstant als wirtschaftliche Tugend betrachtet werden wird, fällt dann endgültig in den Bereich der Spekulation. Schließlich hat sich die Art, wie Handel betrieben wird, auch im bisherigen Verlauf der Geschichte schon mehrfach teils recht radikal geändert; vielleicht kommt also eine hinreichend aufgeklärte Gesellschaft doch mal irgendwann an den Punkt, an dem nicht ausgerechnet die menschliche Gier ganz selbstverständlich in vielen Dingen die Hauptmotivation schlechthin darstellt. Auch, wenn das für dieses spezielle Setting doch noch etwas zu optimistisch sein mag. :)

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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #76 am: 2.07.2025 | 18:27 »
Zitat
man könnte sich zum Beispiel fragen, was denn so schlimm daran sein soll, der Arbeiterschaft einen Teil von Kuchen abzugeben, anstatt sie nur gerade eben so am Leben zu erhalten.

Ja, das ist ja genau so vorgesehen. Jetzt Solidarsysteme mal außen vor gelassen, ist ja das Ideal, dass jeder den Teil vom Kuchen bekommt, den er selber erwirtschaftet hat - und sich eben nicht erstmal einer ein ganzes Drittel des Kuchens krallen darf.
Wie genau sich das da dann alles aufteilen müsste, unter Berücksichtung von Produktivitätsgewinnen durch Automatisierung etc, das ist sicher ein komplexeres Thema, darf sich gerne ein Volkswirtschaftler dran austoben. ;)

wenn ich irgendetwas Längerfristiges plane, muß ich ja mit der konkreten Umsetzung dieser Pläne irgendwann mal tatsächlich anfangen, wenn sie mir jemals etwas bringen sollen, und kann das nicht bis in alle Ewigkeit aufschieben.

Ja schon, aber was ist wenn du nicht das gesamte für diese Investition benötigte Kapital selber auf der Naht hast? Dann müsstest du dir etwas leihen.    Aber in einem deflationären System wetteifern quasi alle potentiellen Kreditnehmer um eine immer geringere Geldmenge. In der Folge dürften die Zinsen durch die Decke gehen. Investitionen werden also sehr teuer, weil hohe Zinsen. Es werden also weniger Investitionen getätigt, und von diesen wenigen müssen die hohen Kosten also dann hinterher wieder reingeholt werden -> zack werden auch die Preise nach oben klettern, und die Deflation ist ad absurdum geführt.
 
Zitat
Hinzu kommt, daß Deflationen zwar allgemein schlecht für den Profit sein mögen...aber inwieweit der seinerseits auch noch über die nächsten Jahrhunderte und -tausende überhaupt noch konstant als wirtschaftliche Tugend betrachtet werden wird, fällt dann endgültig in den Bereich der Spekulation.

Letzten Endes wird der Einzelne ja immer Geld brauchen (es sei denn er lebt als subistenter Homesteader ausschließlich von seinem eigenen Gemüsebeet), solange es keinen Star-Trek-artigen magischen Zauberkasten gibt, der alles auf Knopfdruck zum Nulltarif herbeizaubert, oder man sonstwie ein Post-Scarcity Utopia erreicht, was aber in Redshift noch lange nicht realisiert ist.

Wir haben also hier ein Szenario, in dem das Individuum im Idealfall seinen gesamten Lebens-Geldbedarf in einem Bruchteil seiner Lebenszeit selber erwirtschaftet. Da kann das System wirklich darauf ausgerichtet sein, dass man statt 40-Stundenwoche über 50% seiner Lebenszeit nur noch 20 Stunden über 25% seiner Lebenszeit arbeitet, und dabei noch ein paar andere Leute mitversorgt für die gar keine Arbeit da ist, und seinen Ruhestand mit finanziert hat, alles dank hoher Produktivität.
Theoretisch auch denkbar, dass man die Arbeit noch kleinteiliger rationiert, sodass vielleicht der Einzelne nur noch 1 Tag pro Woche einem Lohnerwerb nachgehen muss, aber dafür auch fast jeder so eine Stelle hat. Oder man arbeitet zwei drei Monate am Stück und hat den Rest des Jahres frei, oder sonstwie. (Heisst halt auch, man muss 5 Leute für die Arbeit ausbilden, die heute von 1 Person erledigt wird, ist natürlich nicht effizient, aber vielleicht trotzdem gesellschaftlich attraktiv)

Dieses Szenario gilt übrigens so oder so erstmal nur auf der Erde. Im Weltraum sind trotz aller Fortschritte die Overheads immer noch so groß, dass man lieber möglichst Vollzeit ein paar Jahre ranklotzt und die Freizeit eher hinterher abfeiert. Vergleich Offshore-Ölplattform - da wollen die Arbeiter auch nicht in 4-Tage-Woche rumschimmeln, sondern in so kurzer Zeit wie möglich so viele Arbeitsstunden wie möglich abrockern.

Da ist es dann vielleicht möglich, dass ein Spacer schon in 10-15 Jahren genug für den Rest seines Lebens rangeschafft hat und die nächsten 90 Jahre, wenn ihm das gefällt, chillen kann.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #77 am: 2.07.2025 | 19:33 »
Ja, das ist ja genau so vorgesehen. Jetzt Solidarsysteme mal außen vor gelassen, ist ja das Ideal, dass jeder den Teil vom Kuchen bekommt, den er selber erwirtschaftet hat - und sich eben nicht erstmal einer ein ganzes Drittel des Kuchens krallen darf.
Wie genau sich das da dann alles aufteilen müsste, unter Berücksichtung von Produktivitätsgewinnen durch Automatisierung etc, das ist sicher ein komplexeres Thema, darf sich gerne ein Volkswirtschaftler dran austoben. ;)

Grob gesagt, könnte man Arbeitskraft als eine Form von Investition ansehen.

Sagen wir mal, Lebenshaltungskosten sind 100.000 Redshift-Dollar (RSD) pro Jahr. Ein Vollzeit-Arbeiter wird behandelt wie ein Investor, der 100.000 RSD an Geld in die Unternehmung investiert hat. Beide bekommen am Ende des Jahres ihre 100.000 RSD zurück (soweit die Erträge dafür ausreichen); was dann noch über ist, das wird anteilig nach Investitionssumme an alle Investoren (Geld- und Arbeitskraftinvestoren) verteilt. Qualifiziertere Berufe könnten eine stärkere Gewichtung beim Verteilen der Gewinne bekommen, damit für den Stationsarzt mehr rausspringt als für den Tellerwäscher 3. Klasse, aber sie alle bekommen ihre Investition zurück, bevor irgendwelche Gewinne verteilt werden.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #78 am: 2.07.2025 | 20:10 »
Hmmh lass uns das mal ein wenig im Detail durchspielen, ganz simplifiziert:
Sagen wir, Alice in Investorin und kauft eine Maschine für 500.000 RSD
Bob ist Techniker, der diese Maschine bedienen kann und 100.000 RSD Jahresgehalt verdient / haben will.

Wenn sie damit nun pro Jahr 200.000 RSD Einnahmen verzeichnen, ist ja alles in Butter: Alice bekommt 100k von ihrer Investition zurück, Bob bekommt sein 100k Gehalt, prima.

Aber wie ist es, wenn sie nur 150k einnehmen? Wer kriegt dann wieviel?
Oder 80k?
Oder 250k?

Und gesetzt den Fall, es kommen zuverlässig jedes Jahr 200k rum, was passiert dann einige Jahre später wenn Alice ihr Investment längst mit Zinsen zurück hat?
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #79 am: 2.07.2025 | 20:23 »
Hmmh lass uns das mal ein wenig im Detail durchspielen, ganz simplifiziert:
Sagen wir, Alice in Investorin und kauft eine Maschine für 500.000 RSD
Bob ist Techniker, der diese Maschine bedienen kann und 100.000 RSD Jahresgehalt verdient / haben will.

Wenn sie damit nun pro Jahr 200.000 RSD Einnahmen verzeichnen, ist ja alles in Butter: Alice bekommt 100k von ihrer Investition zurück, Bob bekommt sein 100k Gehalt, prima.

Aber wie ist es, wenn sie nur 150k einnehmen? Wer kriegt dann wieviel?
Oder 80k?
Oder 250k?

Und gesetzt den Fall, es kommen zuverlässig jedes Jahr 200k rum, was passiert dann einige Jahre später wenn Alice ihr Investment längst mit Zinsen zurück hat?

Maschinen werden normalerweise über einen bestimmten Zeitraum hinweg abgeschrieben. Lassen wir das hier mal 10 Jahre sein. Die Maschine verliert also pro Jahr 50.000 RSD an Wert, und wenn der Laden (aus welchem Grund auch immer) nach einem Jahr dicht gemacht wird, hat Alice immer noch eine Maschine, die 450.000 RSD wert ist.

Da würden dann 1/3 der Erträge an Alice gehen, weil sie 50.000 RSD pro Jahr Wertverlust der Maschine hat, und 2/3 an Bob, weil er 100.000 RSD pro Jahr Lebenshaltungskosten hat.

***

Wenn wir jetzt noch Charlie den ungelernten Lagerarbeiter nehmen, der auch 100.000 RSD pro Jahr Lebenshaltungskosten hat. Weil Bob höher qualifiziert ist als Charlie, hat er anderthalb mal so viel Gewinnanteil.

Wir haben also 250.000 RSD Investition (Alice 50.000, Bob und Charlie je 100.000); von den ersten 250.000 RSD Erträge gingen also 20% an Alice, und je 40% an Bob und Charlie.

Wenn wir aber mehr als 250.000 RSD Erträge haben, zählt Bobs Investition, weil er höher qualifiziert ist, das anderhalbfache; Gewinne gehen also zu 1/2 an Bob (weil seine Investition hier als 150.000 RSD gerechnet wird), 1/3 an Charlie (für seine 100.000 RSD) und 1/6 an Alice (für ihre 50.000 RSD).

***

Wenn die Maschine dann fertig abgeschrieben ist, in diesem Beispiel nach zehn Jahren, könnte ich mir vorstellen, das Alices Kostenerstattung auf 0 sinkt, weil sie nichts mehr abschreibt, sie aber, solange die Maschine noch läuft, einen Gewinnanteil bekommt, als hätte sie 50.000 RSD investiert. Also, die Gewinnverteilung bleibt unverändert, aber von den ersten 200.000 RSD gehen jeweils die Hälfte an Bob und Charlie für ihre Lebenshaltungskosten.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #80 am: 2.07.2025 | 23:35 »

 
[...]
Theoretisch auch denkbar, dass man die Arbeit noch kleinteiliger rationiert, sodass vielleicht der Einzelne nur noch 1 Tag pro Woche einem Lohnerwerb nachgehen muss, aber dafür auch fast jeder so eine Stelle hat. Oder man arbeitet zwei drei Monate am Stück und hat den Rest des Jahres frei, oder sonstwie. (Heisst halt auch, man muss 5 Leute für die Arbeit ausbilden, die heute von 1 Person erledigt wird, ist natürlich nicht effizient, aber vielleicht trotzdem gesellschaftlich attraktiv)

[...]

Das hätte übrigens den interessanten Nebeneffekt, das sich "hat Job" und "zieht auf Abenteuer aus" bei SCs relativ gut unter einen Hut bringen ließe. Ist in klassischen Fantasysettings meist nicht relevant, aber in moderneren Welten kann es ein Vorteil sein.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #81 am: 3.07.2025 | 00:49 »
Ahja verstehe... so einigermaßen.

Allerdings überspringt das die Frage, was passiert wenn die Umsätze die Erwartungen untertreffen. Wenn wir zB mal nur 80k Einnahmen haben, aber wie von dir postuliert schon die Lebenshaltungskosten 100k betragen... dann reicht es ja nichtmal für Bob alleine, geschweige denn um Alice irgendwas auszuzahlen.

Auf der Erde ist das insofern halbwegs easy, wenn wir BGE mit reinnehmen (dann müssen wir freilich auch Steuern mit betrachten). Dann sind die Lebenshaltungkosten immer "0" weil qua Definition vom BGE abgedeckt; alle Ausgaben darüber hinaus (zB weil du dir 150m² Wohnfläche und ein Hovercar einbildest) sind "Luxus" und müssen erwirtschaftet werden.

Zitat
Wenn die Maschine dann fertig abgeschrieben ist, in diesem Beispiel nach zehn Jahren, könnte ich mir vorstellen, das Alices Kostenerstattung auf 0 sinkt, weil sie nichts mehr abschreibt, sie aber, solange die Maschine noch läuft, einen Gewinnanteil bekommt, als hätte sie 50.000 RSD investiert. Also, die Gewinnverteilung bleibt unverändert, aber von den ersten 200.000 RSD gehen jeweils die Hälfte an Bob und Charlie für ihre Lebenshaltungskosten.

Da sind freilich verschiedene Modelle denkbar. Ich würde eher dahin tendieren, dass im Voraus eine Rendite nebst Inflationsausgleich vereinbart ist, und wenn Abschreibung + Rendite + Inflation erreicht sind, gilt sie als ausbezahlt und bekommt nichts weiter. Nehmen wir zB an, sie möchte pro Jahr 7% Rendite haben (5% Gewinn +2% Infl.) - und das Geschäft läuft entsprechend gut - erhält sie über 10 Jahre insgesamt knapp 1 Million (500k Invest + 110k Infl. + 390k Gewinn). Ab dem 11. Jahr bekommt sie nichts mehr; wenn sie jetzt weiter Geld mit anderer Leute Arbeit verdienen will, muss sie eben neu investieren.

Es wäre auch denkbar, den tatsächlich Werktätigen (also Bob und ggf Charlie) das Recht einzuräumen, reine Investoren vorzeitig auszuzahlen, nach welchem Modus auch immer (mit oder ohne entgangene Gewinne..). Das wäre also wieder was anderes, wenn Alice auch selber richtig mitarbeitet und somit einen doppelten Stake im Unternehmen hat. Dann dürfte Bob ihr vielleicht nur die Hälfte der Maschine abkaufen.

Umgekehrt darf man wahrscheinlich nicht erlauben, dass Alice ihren Anteil einem Wildfremden verkauft, ohne dass Bob da etwas zu sagen hätte. Also wie gesagt keine frei handelbaren Aktien.

Es gibt freilich noch andere Eventualitäten zu berücksichtigen, zB dass das ganze Geschäft baden gehen könnte. Dann hat Alice vielleicht eine teilweise abgeschriebene Maschine, aber sonst außer Spesen nix gewesen - also weit entfernt von den 7% Rendite die sie sich erhofft hatte.

Naja und die andere Alternative wäre halt, wenn Bob keine Alice findet oder sich mit ihr nicht über die Modalitäten einig wird, dass er sich dann halt einen Kredit von der KfW (Kreditanstalt für Weltraumaufbau) holt. Diese setzt halt durch ihre Konditionen quasi automatisch das obere Limit, das Alice unterbieten muss wenn sie einsteigen will. Außer wiederum für Operationen mit höherem Risikofaktor, wo die KfW abwinkt aber dafür im Erfolgsfall höhere Gewinne drin sind.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #82 am: 3.07.2025 | 14:37 »
Allerdings überspringt das die Frage, was passiert wenn die Umsätze die Erwartungen untertreffen. Wenn wir zB mal nur 80k Einnahmen haben, aber wie von dir postuliert schon die Lebenshaltungskosten 100k betragen... dann reicht es ja nichtmal für Bob alleine, geschweige denn um Alice irgendwas auszuzahlen.

Wenn wir, wie du es schon getan hast, davon ausgehen, dass die Leute einen relativ überschaubaren Teil ihres Erwachsenenlebens mit Arbeit verbringen, und danach von den Früchten ihrer Arbeit Müßiggang betreiben, können die tatsächlichen Lebenshaltungskosten auch einen Bruchteil der berechneten 100.000 RSD betragen.

Angenommen, du wirst auf Basis von 100.000 RSD Lebenshaltungskosten entlohnt, du bekommst im Schnitt auch genau 100.000 RSD pro Jahr, und die Armutsgrenze liegt bei 20.000 RSD. Dann kannst du 20% deines Erwachsenenlebens arbeiten und den Rest an der Armutsgrenze entlangfaulenzen, oder du kannst dein ganzes Erwachsenenleben lang arbeiten und gleichzeitig für 100.000 RSD pro Jahr im Luxus schwelgen, oder irgendwas dazwischen.

Denkbar wäre auch, dass man anstatt einer fixen Summe je nach Qualifikationsgrad einer Arbeit unterschiedliche Lebenshaltungskosten annimmt - vielleicht 50.000 RSD für den Tellerwäscher, 100.000 RSD für den Ingenieur, 150.000 RSD für den Stationsarzt und 200.000 RSD für den Direktor.

Grundsätzlich sollen die rechnerischen Lebenshaltungskosten, die als Investition des Angestellten in die Firma gelten, so berechnet sein, dass sie nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch für ein oder mehr zukünftige Jahre Ruhestand reichen.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #83 am: Gestern um 17:34 »
Ich habe da mal noch ein wenig rumgerechnet und projiziert.

Grob gesagt hatten wir jetzt über viele Jahrzehnte einen Produktivitätszuwachs von 1,5% pro Jahr - natürlich im Schnitt. Das bedeutet etwa eine Verdoppelung alle 50 Jahre. Wenn wir das in die Zukunft verlängern, haben wir in 200 Jahren die 16fache Produktivität von heute bzw die 32fache Prod von 1975 (die Productivity Gap begann sich ja etwa ab 1971 zu öffnen und das wollen wir revidieren, darum beziehe ich mich in der Folge öfter auf diese Zeit)

Um das mal in konkreten Zahlen zu rechnen: nehmen wir an, der erwartete Durchschnitt (wenn man überhaupt arbeitet) sei eine Lebensarbeitszeit von 40 Jahren à 44 Wochen à 28 Stunden = 50.000 Stunden.
Bei der obigen Produktivitätsentwicklung entspricht das 1,5 Millionen Stunden anno 1975 oder 750.000h heute.

(Reale Lebensarbeitszeit um 1970 rum: mehr so 75.000h, und da war oft ein Elternteil [okay: fast immer der Mann] der Alleinverdiener für eine Familie mit 2-3 Kindern. Natürlich war die Lebenserwartung geringer. Hätte von 1975 bis heute die Reallohnentwicklung mit der Produktivität Schritt gehalten, wären die  Bruttolöhne heute 60% höher.)

Dabei wäre es freilich zu wünschen, dass sich jeder bewusst macht, dass die Produktivitätssteigerung v.a. durch Maschinen = Automatisierung ermöglicht wird. Wo man zB als Bürohengst in den 70ern sich noch stundenlang durch X Zettel wurschteln und in meterdicken Akten irgendwelche Papiere raussuchen musste, geht das heute mit ein paar Mausklicks - da muss sich der Sesselfurzer nicht allzuviel darauf einbilden, und braucht entsprechend nicht rumheulen wenn aus seinem vermeintlichen Verdienst auch Solidarsystem und "nicht-wertschöpfende" Tätigkeiten finanziert werden, wie die ganzen Lollos, die sich heutzutage mit Leistungsträgern verwechseln.

Will sagen, die effektive Entlohnung einer Tätigkeit sollte sich nach dem gesellschaftlichen Wert richten. Ein hoher Wert kann einmal natürlich "klassischer Wertschöpfung" zugeordnet sein, zB ein Ingenieur der Maschinen baut. Aber eben auch all solche die gar nicht gewinnorientiert operieren _sollen_, zB Pflegekräfte, Lehrende, und sämtliche Mitarbeiter kritischer Infrastruktur, ohne die der Laden im Nullkommanix zusammenbrechen würde. Und darüber hinaus eben auch Tätigkeiten, die heutzutage zB als Ehrenamt oder Care-Arbeit gar nicht bezahlt werden, ebenso wie Kunst und Kultur.

Die Gute Nachricht ist, dass das bei "1,5 Millionen 1975er-Stunden" fürs Bruttosozialprodukt auch gut stemmbar sein dürfte.
« Letzte Änderung: Gestern um 17:36 von Feuersänger »
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #84 am: Gestern um 18:02 »
Ich habe da mal noch ein wenig rumgerechnet und projiziert.

Grob gesagt hatten wir jetzt über viele Jahrzehnte einen Produktivitätszuwachs von 1,5% pro Jahr - natürlich im Schnitt. Das bedeutet etwa eine Verdoppelung alle 50 Jahre. Wenn wir das in die Zukunft verlängern, haben wir in 200 Jahren die 16fache Produktivität von heute bzw die 32fache Prod von 1975 (die Productivity Gap begann sich ja etwa ab 1971 zu öffnen und das wollen wir revidieren, darum beziehe ich mich in der Folge öfter auf diese Zeit)

Um das mal in konkreten Zahlen zu rechnen: nehmen wir an, der erwartete Durchschnitt (wenn man überhaupt arbeitet) sei eine Lebensarbeitszeit von 40 Jahren à 44 Wochen à 28 Stunden = 50.000 Stunden.
Bei der obigen Produktivitätsentwicklung entspricht das 1,5 Millionen Stunden anno 1975 oder 750.000h heute.

(Reale Lebensarbeitszeit um 1970 rum: mehr so 75.000h, und da war oft ein Elternteil [okay: fast immer der Mann] der Alleinverdiener für eine Familie mit 2-3 Kindern. Natürlich war die Lebenserwartung geringer. Hätte von 1975 bis heute die Reallohnentwicklung mit der Produktivität Schritt gehalten, wären die  Bruttolöhne heute 60% höher.)

Dabei wäre es freilich zu wünschen, dass sich jeder bewusst macht, dass die Produktivitätssteigerung v.a. durch Maschinen = Automatisierung ermöglicht wird. Wo man zB als Bürohengst in den 70ern sich noch stundenlang durch X Zettel wurschteln und in meterdicken Akten irgendwelche Papiere raussuchen musste, geht das heute mit ein paar Mausklicks - da muss sich der Sesselfurzer nicht allzuviel darauf einbilden, und braucht entsprechend nicht rumheulen wenn aus seinem vermeintlichen Verdienst auch Solidarsystem und "nicht-wertschöpfende" Tätigkeiten finanziert werden, wie die ganzen Lollos, die sich heutzutage mit Leistungsträgern verwechseln.

Will sagen, die effektive Entlohnung einer Tätigkeit sollte sich nach dem gesellschaftlichen Wert richten. Ein hoher Wert kann einmal natürlich "klassischer Wertschöpfung" zugeordnet sein, zB ein Ingenieur der Maschinen baut. Aber eben auch all solche die gar nicht gewinnorientiert operieren _sollen_, zB Pflegekräfte, Lehrende, und sämtliche Mitarbeiter kritischer Infrastruktur, ohne die der Laden im Nullkommanix zusammenbrechen würde. Und darüber hinaus eben auch Tätigkeiten, die heutzutage zB als Ehrenamt oder Care-Arbeit gar nicht bezahlt werden, ebenso wie Kunst und Kultur.

Die Gute Nachricht ist, dass das bei "1,5 Millionen 1975er-Stunden" fürs Bruttosozialprodukt auch gut stemmbar sein dürfte.

Alles gute Argumente.

Welche Arbeit als wie wertvoll erachtet, und dementsprechend besser oder schlechter bezahlt wird, wäre im Zweifel der Grundstimmung des Settings folgend zu entscheiden. Was ich oben geschrieben habe, waren nur blind gewählte Zahlen, um zu illustrieren, was ich meine.

Als einer, der selbst in der kritischen Infrastruktur arbeitet (was ich 2020 sogar schriftlich bekommen habe, für den Fall, dass im Rahmen der Lockdowns Ausgangssperren verhängt werden...), bin ich bei deinen Einschätzungen voll bei dir.
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Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
« Antwort #85 am: Heute um 00:36 »
Habe jetzt mal grob eine Demografie entworfen - natürlich Schätzwerte:

20% Kinder und Jugendliche, in Ausbildung (bis ca 20-25)
15% materiell-wertschöpfend (Industrie, Bau, Tech, Agrar etc)
25% sozial-wertschöpfend (Pflege, Bildung, Kultur, Umwelt, Gesundheit usw.)
20% nicht (direkt) erwerbstätig (Sabbatical, arbeitslos, arbeitsunfähig, kleinere Ehrenämter...)
20% Ruhestand

Wobei ich jetzt zB nicht ganz sicher bin, ob öffentliche Infrastruktur wie zB Eisenbahn oder Wasserversorgung in "materiell" oder "sozial" gehört. Aber das sind Nuancen.
Denkbar dabei auch ein System à la "social credit", also dass zB sowohl Ehrenamt als auch das Aufziehen eigener Kinder über das BGE hinaus vergütet wird.

Der Knackpunkt:
Selbst wenn wir sagen, das gesamte BSP wird von den 15% in durchschnittlich 24h-Wochen erwirtschaftet und dann nur noch umverteilt. Dann haben wir schon pro 100 Personen Gesamtbevölkerung eine Wertschöpfung von 225 Vollzeitjobs auf 1975er-Niveau. Nun hat aber 1975 wie gesagt schon 1 Vollzeitjob gereicht um ca 4-5 Personen (eigene Familie) zu versorgen. Insgesamt erwirtschaften also diese 15 Leute ca 1000 "1975er Basispunkte".
Wir können also davon erstmal 20% hernehmen, um jedem, vom Baby bis zum Greis, einen Lebensstandard von "200% 1975" zu garantieren (2 Basispunkte), das wäre aufgrund des Productivity Pay Gap etwa 25% über unserem heutigen (Durchschnitts-)Lebensstandard.*
Dann können sich die 15% klassisch Erwerbstätigen darüber hinaus meinetwegen nochmal weitere 300 Punkte einbehalten, d.h. jeder von diesen kriegt im Schnitt das 11fache Grundeinkommen netto (22 Basispunkte). Damit keiner behaupten kann, Arbeiten würde sich nicht lohnen.
Die Sozial-Wertschöpfenden erhalten auch nochmal 250 Punkte obendrauf, also sechsfaches Grundeinkommen (12 Basispunkte).
Ein kleineres Budget gibt es dann noch zur Vergütung weiterer Tätigkeiten die irgendeinen Sinn für die Gemeinschaft haben, zB 100 Punkte.
Und schließlich noch eine Bonus-Rentenkasse, lass es nochmal 100 Punkte sein.
und dann bleibt immer noch eine Reserve von 50 Punkten.

Falls das so nicht aufgeht, muss man halt noch bissl optimieren, ist ja alles nur ein Modell. Vor allem will ich damit zeigen, was Produktivitätssteigerung _und_ gerechte Verteilung zusammen so alles ermöglicht.

*) Um das Productivity Pay Gap unserer Zeit mal mit Zahlen zu unterfüttern:
Im Jahr 1975 war zB das Durchschnittseinkommen [von Männern] ca 1000€ (also 2000DM) brutto.
Von 1975 bis 2025 beträgt die Inflation ca 327%, und die Produktivitätssteigerung ca 210%.
Diese Zahlen miteinander multipliziert, müsste also das Durchschnittssalär 1000*3,27*2,1 = 6874€ betragen.
Es beträgt aber laut Statistik "nur" ca 5000€.
Das ist also eine Differenz von 37%.

(Andere Rechnungen kommen sogar auf 60% Differenz, ka ob das dann die Nettos vergleicht)

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