Autor Thema: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?  (Gelesen 2498 mal)

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Offline Luxferre

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #100 am: Gestern um 13:58 »
Gute Gedanken, Torsten. Danke dafür  :d  Dein Post hilft beim Sortieren meiner Meinung.


Ich schrieb bereits davon, dass man den Kampf anders betrachtet, als allgemeine Fertigkeitenproben.
Im Kampf gilt: 1 Würfelwurf = 1 Schlag mit der Waffe. Eine Runde plus Stufe plus Talentwerte und Co definieren, wie viele Versuche man pro Runde hat, seinen Gegner zu treffen.
Thorbjörn kann das sehr gut (90) mit einem Zweihandschwert, Einar kann das ganz passabel (75) mit zwei Dolchen und Ulfric kann das gar nicht mal schlecht (60) mit einem verzauberten Knüppel.
Auch wenn Thorbjörn nicht trifft, dürfen Einar und Ulfric ihr Glück versuchen.
Soweit klar und keine Diskussion würdig.

Die Wachen vor der Tür sind ausgeschaltet und die Zeit drängt. Es gilt die Tür zu öffnen.
Frage: sind wir nun wieder in einem Runden-Modus, wie im Kampf?
Jetzt entscheidet also einerseits die Plausibilität und andererseits der spielimmanente Ansatz: Gamismus vs Simulation.


Mein Gusto ist (Werte spontan ausgedacht):

Die Tür hat einen Widerstand von 60.
Thorbjörn eine Stärke von 155, Einar von 90 und Ulfric von 45.
Der Widerstand wird von der Stärke des probierenden Charakters abgezogen und auf das Residuum wird dann mit 1W100 gewürfelt.
So hat Thorbjörn 95%, Einar noch 30% und Ulfric kann es nicht schaffen.


Viele Systeme sagen:

Für das Öffnen der Tür hat Thorbjörn eine Wahrscheinlichkeit von 95%, Einar von 60% und Ulfric von 5% (weil 5% hat jede/r jederzeit irgendwie, um eine Probe zu schaffen).
Runde 1
Thorbjörn würfelt ne 100, Einar einen 61 und Ulfric eine 04.
Jeder hat es mal versucht und der Schwächste und Verkrüppelte schafft es.
In Runde 2 hätte Thorbjörn wieder eine 95%, Einar 60% und Ulfric 5% Chance haben können.
Gamistisch: OK
Plausibilität: Fehlanzeige!

Deshalb würde ich im Design meines Systems ganz klar zwischen Fertigkeiten und Kampf unterscheiden. Und es spricht doch auch gar nichts dagegen, oder?
Siehe auch dein Beispiel mit dem Verführen oder mein Beispiel weiter vorne mit dem Überzeugen/Redengewandtheit.

Und wo ich gerade darauf herumdenke: es gibt auch Fertigkeiten, wo mehrere Würfe möglich sind, oder von vorn herein sein sollten: Schmieden ist keine einmalige Sache. Generell Handwerk.
Wissen hingegen schon. Zur Identifizierung von magischen Schriften einfach dreißigmal Würfeln, bis es aus Versehen mal klappt ... puh, da komme ich innerlich an meine Grenzen ;D

Damit ist mein Gedankengang für mich insofern abgeschlossen, als dass ich zwischen Alles/Nichts und Fortschreiten Proben differenzieren werde.
Wenn etwas mehr Ruhe und Zeit einkehrt, werde ich dieses ungeordnete Konstrukt einmal sauber zu Papier/Forum bringen.
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Offline Feuersänger

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #101 am: Gestern um 19:01 »
Zitat
Entsteht denn überhaupt irgendeine relevante Form von Spannung dadurch, zu prüfen ob der stärkste Charakter der Gruppe eine Tür aufbekommt?

Vielleicht geht es manchmal überhaupt nicht darum, unbedingt Spannung zu erzeugen. Vielleicht ist der Zweck von manchen Würfen einfach nur, dem Spieler ein gutes Gefühl zu geben. Dass sein Charakter dem Selbstanspruch gerecht wird, hier zB "Ich bin der Stärkste!". Diesen Eindruck habe ich bei manchen Aufgaben durchaus, gerade wenn sie wie maßgeschneidert für einen bestimmten Typus aussehen.

Der Gedanke kommt mir gerade. Ich mache es als SL nämlich häufig so, dass ich den Spieler bei solchen "Heimspielen" gar nicht erst auffordere zu würfeln, sondern gleich sage "Als ausgebildete Waldläuferin könntest du so eine Fährte im Schlaf verfolgen, entsprechend leicht fällt es dir wenn du wach bist". Das ist halt eine Abwägung: einerseits ist es sicherlich noch befriedigender, wenn man würfeln lässt, der Spieler schafft den Wurf und hat das Gefühl, er habe aktiv einen Erfolg errungen. Aber andererseits halt umso verdrießlicher, wenn die Probe dann doch in den Sack geht. Insbesondere wenn es eigentlich auch noch eine leichte Probe war und nur wegen Minimalwurf gescheitert ist. Denn sowas merken sich dann natürlich auch die Mitspieler gerne - "Das ist der Waldläufer, der nichtmal seinen Weg aus einer braunen Papiertüte rausfinden würde".
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Torsten (Donnerhaus)

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #102 am: Gestern um 19:21 »
Exakt das. Genau eben diese Stärke bekräftigt man damit eben nicht. Man stellt es in Frage. Und zusätzlich setzt man es der Gefahr der Lächerlichkeit aus. Es erreicht ja eben gerade nur dann das Ziel, die Charakterfantasie zu stützen, wenn es erfolgreich ist. Wenn es scheitert, untergräbt es sie. Zumindest ab einem gewissen Grenzbereich erwartbaren Erfolgs. Gerade deshalb fragte ich ja, ob eine zusätzliche Spannung dadurch entsteht, das zu würfeln.

Natürlich kann man andererseits bei Dingen, die vermeintlich garantiert erfolgreich sind, auf den Wurf verzichten. Aber das wirft irgendwann zwangsläufig die Frage auf, wo genau diese Kompetenzgrenze liegt.

Verschiedene Systeme haben unterschiedliche Ansätze, mit dieser Problematik umzugehen. Beispielsweise die Option, einen Durchschnittswert für den Wurf zu setzen und nicht zu würfeln. Statt einen W20 zu werfen also beispielsweise ein Fix-Resultat von 10 zu nehmen. Das funktioniert aber nur, wenn es Modifikatoren gibt, die relevanten Einfluss auf das Ergebnis nehmen.

In unserem Icarus-System funktioniert es effektiv umgekehrt. Man beginnt mit einem Pool plus Würfel und man kauft sich, wenn man möchte, weitere Würfel aus dem sonst bereits sicheren Wert. Je besser man ist und je einfacher eine Aufgabe ist, desto garantierter ist auch ein Erfolg. Gleichzeitig kann man durch Opfer ein schlechtes Würfelergebnis kompensieren. Da das Kosten hat, ist es mit Konsequenzen belegt.
Andere Systeme haben da ähnliche Wege. Beispielsweise das Verbessern eines Wurfes durch Hitpoints und dergleichen. Lediglich reine Meta-Reserven für solche Dinge zu nutzen, lehne ich von Grundauf ab, weil ich es langweilig finde. Meta-Reserven können für vieles benutzt werden, aber sie sollten nie dazu dienen, irgendwie auszugleichen, dass eigentlich das Grundgerüst des Systems Mist ist. Eine Versagensmaschine zu bauen, nur um sie dann mit einem Pool von Erfolgspunkten zu punktuell zu reparieren, käme mir schräg vor.

Offline nobody@home

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #103 am: Gestern um 19:51 »
In unserem speziellen Szenario ist die Tür halt in gewisser Hinsicht ein Flaschenhals: entweder unsere Helden (?) kommen da auf die eine oder andere Weise durch oder sonstwie an ihr vorbei, oder das Abenteuer geht nicht weiter. Insofern ist "Die Würfel entscheiden, daß das gar nicht geht, obwohl ihr theoretisch eine Chance gehabt hättet" an der Stelle ohnehin schon mehr oder weniger schlechtes Abenteuerdesign -- je nachdem, wieviele andere Möglichkeiten es noch gibt und inwieweit diese wiederum vom reinen Zufall abhängen.

Man kann sich aber auch schlicht mal Gedanken darüber machen, was in dieser Situation eigentlich "Erfolg" und "Fehlschlag" genau bedeuten sollen, und kommt dann vielleicht damit auf einen grüneren Zweig. Thorbjörn hat die beste Chance (oberhalb von null Prozent), die Tür einfach aufzubrechen? Gut, dann kann er das eben auch -- würfeln lassen würde ich in dem Fall nur noch, um abzuklären, mit was für Komplikationen und Nebenwirkungen das eventuell verbunden ist. Ein einfacher Fall wäre da beispielsweise mit seinen 95%: 1-95 auf dem W100 und die Tür springt auf Anhieb auf; wenn es hinter ihr Wachen gibt, sind die erst mal überrascht. Oder er würfelt eine 96-00, dann braucht er ein, zwei Extraanläufe und die Wachen sind schon vorgewarnt (oder wenn es keine gibt, hört sonstwer den Krach und kommt nachsehen oder Thorbjörn nimmt schlicht ein bißchen nominellen Schaden, weil er sich 'nen Zeh gestoßen hat oder dergleichen).

Online Ainor

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #104 am: Gestern um 20:46 »
Die Wachen vor der Tür sind ausgeschaltet und die Zeit drängt. Es gilt die Tür zu öffnen.
Frage: sind wir nun wieder in einem Runden-Modus, wie im Kampf?

Es ist doch egal ob man explizit Runden zählt oder nicht. Aber: eine gute Regel muss innerhalb und ausserhalb des Kampfes funktionieren ohne Widersprüche oder Absurditäten zu erzeugen.

Viele Systeme sagen:

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Runde 1
Thorbjörn würfelt ne 100, Einar einen 61 und Ulfric eine 04.
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In Runde 2 hätte Thorbjörn wieder eine 95%, Einar 60% und Ulfric 5% Chance haben können.
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Ist eigentlich sehr plausibel. Was nicht plausibel wäre ist dass Thorbjörn im Einmalversuchsystem und im Mehrmalversuchsystem dieselbe Erfolgschance hat. Und im Einmalversuchsystem ist es nicht wirklich plausibel dass
Thorbjörn endgültig scheitert aber Einar es schafft.


Deshalb würde ich im Design meines Systems ganz klar zwischen Fertigkeiten und Kampf unterscheiden. Und es spricht doch auch gar nichts dagegen, oder?

Siehe oben. Man muss auch im Kampf Türen eintreten können.

Wissen hingegen schon. Zur Identifizierung von magischen Schriften einfach dreißigmal Würfeln, bis es aus Versehen mal klappt ... puh, da komme ich innerlich an meine Grenzen ;D

Jo, beim Wissen ist es auch etwas anders. Auch wenn der intelektuelle Kraftprotz etwas nicht weiss kann das jemand anderes mit weniger Bildung wissen.

Ist die Tür denn überhaupt ein narrativ würdiges Hindernis? Und ist es ab einem bestimmten Wahrscheinlichkeitswert bei solchen Tätigkeiten überhaupt akzeptabel zu scheitern?

Das ist eher eine Frage für SL/Abenteuer. Aber Türen eintreten sollte ein System schon können.

In unserem speziellen Szenario ist die Tür halt in gewisser Hinsicht ein Flaschenhals: entweder unsere Helden (?) kommen da auf die eine oder andere Weise durch oder sonstwie an ihr vorbei, oder das Abenteuer geht nicht weiter.

Das wäre schlechtes Abenteuerdesign. Aber ich wüsste nicht welche Tür man vielleicht eintreten aber
nicht aufhacken kann.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Offline gunware

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #105 am: Gestern um 21:05 »
Bei PF2 ist es meistens klar geregelt, was bei einem kritischen Erfolg, Erfolg, Misserfolg oder kritischen Misserfolg passiert. Wenn z. B. der SG=10 ist und der Charakter 1W20+10 würfelt, dann kann er zum Beispiel gar keinen kritischen Misserfolg würfeln und ab 10 auf dem W20 ist es bereits kritischer Erfolg (Misserfolg ist nur bei 1). So kann man die Kompetenz eigentlich ganz gut aufzeigen. Denn derjenige, der nur +3 auf den Wurf gegen SG=10 kriegt, würfelt kritischen Misserfolg bei 1, Misserfolg ab 2 bis 6, Erfolg ab 7 bis 17 und kritischen Erfolg ab 18 bis 20.
Und weil die Erfolgsgrade in den meisten Fällen wichtig sind, ist es schon auch ziemlich passend. (Deshalb sind meine Spieler auf jeden +1 Bonus scharf, weil das schnell den Unterschied um ein Erfolgsgrad machen kann.)
Ich bin der letzte Schrei der Evolution, als sie mich erschaffen hatte, schrie sie: "Oh Gott, was habe ich denn gemacht?!"

Offline Luxferre

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Re: Eine (1) Probe mehrfach in der Gruppe würfeln lassen?
« Antwort #106 am: Gestern um 21:09 »
Sind wir jetzt wirklich da, wo das Türeintreten schlechtes Abenteuerdesign ist?  8]

Leute, das frustriert. Das ist nicht unser Niveau.
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