Ich mag es, wenn Kämpfer die Möglichkeit haben ihre Handlungen zu verzögen. Fehlt in Regeln eine solche Option, vermisse ich etwas: Warum soll z.B. mein Bogenschütze nicht mit seinem Angriff warten können, bis der Gegner die Deckung verlässt. Oder warum soll er nicht den Oger erschießen können, der gerade mit der Keule seinen Kameraden den Rest geben will?
Leider gehören Mechaniken, die das sauber und unkompliziert regeln nach meiner Erfahrung zu den größten Herausforderungen für Regeldesigner. Und so bin ich bis heute nicht voll zufrieden mit der Regelung, die nach vielen Iterationen für DuoDecem gefunden wurde. Also gut möglich, dass es schlicht keine voll befriedigende Lösung gibt. Aber ich halte das Schwarmwissen des Tanelorn in puncto Rollenspiel für das Beste, was es mindestens im deutschsprachigen Internet gibt.
Daher stelle ich euch mal die aktuelle Regel sowie die aus meiner Sicht bislang zweibeste Lösung vor und hoffe auf frischen Input. Aber auch falls sich heraus stellt, dass es nicht besser geht, würde es mir leichter fallen mich damit abzufinden, wenn selbst im Tanelorn niemand auf eine bessere Idee kommt.
Zunächst mal zu den
Zielen, die die Regel erfüllen muss
1. Ein Kämpfer soll andere unterbrechen können (ohne vorher wie etwa bei der D&D ready action einen exakten Trigger definieren zu müssen).
2. Die Aktion einer Spielfigur, die über das Rundenende hinaus abwartet, verfällt nicht einfach.
3. Das Abwarten Manöver darf nicht dazu führen, dass eine Spielfigur eine andere zweimal voll angreifen kann, bevor die wieder am Zug ist. Dieser Punkt macht es extra kompliziert, da DuoDecem mit aktiven Verteidigungen arbeitet, die sich zu Beginn jedes Zugs erneuern (deshalb ist z.B. Unterzahl ziemlich gefährlich),
Kommen wir nun zur aktuellen Regel (im Spoiler, da der Beitrag sonst zu lang wird):
Abwarten
Spielfiguren, die nicht zur eigenen Initiative aktiv werden wollen, können dieses Manöver nutzen: Der Kämpfer erhält damit die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt in derselben Kampfrunde eine beliebige Komplexaktion (die wie üblich auch in eine einfache Aktion umgewandelt werden darf) durchzuführen, wobei die Aktionen anderer Spielfiguren jederzeit unterbrochen werden dürfen.
Allerdings darf eine Spielfigur, die abwartet, maximal einen Angriff oder einen Zauber mit dem Zeitaufwand „Sofort“ durchführen. Dies gilt auch für Spielfiguren, die aufgrund von Talenten oder Merkmalen mit einer Komplexaktion mehrfach angreifen, mehrfach zaubern oder Angriffe und Zauber kombinieren können.
Spielfiguren, die über mehrere Angriffe verfügen, können diese in zusätzliche aktive Verteidigungen umwandeln.
Tara darf zuerst handeln, kann sich in ihrem Scharfschützennest aktuell aber nicht entscheiden, ob Hadrik oder Miras ihre Rückendeckung nötiger hat. Sie verwendet daher „Abwarten“. Als Hadrik vom ersten Angriff seines fähigen Gegners schwer getroffen wird und der Gegner zu einem zweiten Angriff ansetzt, entscheidet sich Tara zu handeln. Nur wenn der Gegner Taras Pfeil überlebt, kann er seinen zweiten Angriff auf Hadrik vollenden.
Wenn mehrere Kämpfer abwarten und zum gleichen Zeitpunkt aktiv werden wollen, darf die Spielfigur mit dem höheren Initiativeergebnis zuerst handeln (zum Umgang mit Gleichständen siehe S. 87).
Wer bis zum Ende der Runde nicht handelt (also seine Aktion „verfallen“ lässt) modifi-ziert ab der nächsten Runde sein Initiativeergebnis für diesen Kampf um +20 und „klettert“ entsprechend in der Handlungsreihenfolge nach oben. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass die Spielfigur sich schneller als üblich erneut aktiv verteidigen (siehe S. 88) und gegen aufrechterhaltene Zauber er-neut Widerstand leisten kann (siehe Kapitel 2, Fertigkeit Zauberabwehr, S. 69).
Was mich an der Regel stört:
1. Die Initiative muss jede Runde verändert werden, wenn jemand länger abwartet.
2. Die Einschränkung auf maximal einen Angriff oder Sofortzauber, die aber hier nötig ist, da andernfalls die Möglichkeit besteht, einen Gegner zweimal voll anzugreifen, bevor sich dessen aktive Verteidigung einmal erneuern konnte.
Und hier nun die bislang zweibeste Variante:
Abwarten
Spielfiguren, die nicht zur eigenen Initiative aktiv werden wollen, können dieses Manöver nutzen: Der Kämpfer erhält damit die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt eine beliebige Komplexaktion (die wie üblich auch in eine einfache Aktion umgewandelt werden darf) durchzuführen.
Wer abwartet, darf die Aktionen anderer Spielfiguren jederzeit unterbrechen. Eine abwartende Spielfigur, die eine Runde beendet ohne gehandelt zu haben, ist in der nächsten Runde weiter abwartend. Wird Abwarten dann in einer solchen späteren Runde ausgelöst, ersetzt dies den Zug der Spielfigur für jene Runde.
Nachdem eine abwartende Spielfigur ihre Komplexaktion durchgeführt hat, wird ihre Initiative neu festgelegt: Sie liegt direkt hinter der Spielfigur, die als letztes gehandelt hat. Zuletzt handeln in diesem Sinne beinhaltet auch, wenn eine durch Abwarten unterbrochene Spielfigur ihren Zug beendet oder eine andere Spielfigur ihr Abwarten ausgelöst hat.
Wenn mehrere Kämpfer abwarten und zum gleichen Zeitpunkt aktiv werden wollen, darf die Spielfigur mit dem höheren Initiativewert zuerst handeln (zum Umgang mit Gleichständen siehe S. 87).
Tara beginnt die Runde abwartend um aus ihrem Scharfschützennest aktiv zu werden, sobald klar ist, ob Hadrik oder Miras ihre Rückendeckung nötiger hat. Als Hadrik bei Initiative 15 vom ersten Angriff seines fähigen Gegners – nennen wir ihn Hyänenmenschen Klingentänzer 2 – schwer getroffen wird und der Gegner zu einem zweiten Angriff ansetzt, entscheidet sich Tara zu handeln: Nur wenn der Gegner Taras Pfeil überlebt, kann er seinen zweiten Angriff auf Hadrik vollenden.
Nachdem sie ihre Handlung durchgeführt hat, ist ihr Zug für diese Runde beendet und ihre Initiative wird neu festgelegt. Der Gegner, den Tara unterbrochen hat, war bei Initiative 15 dran, ihre neue Initiative beträgt also 15.2.
Außer Tara hatte auch Klingentänzer 3 abgewartet. Er wollte vor Tara handeln, was ihm aber nicht gelang, da die Bogenschützin den höheren Initiativewert aufweist. Nachdem schließlich Klingentänzer 3 ebenfalls gehandelt hat, beträgt sein neue Initiative 15.3.
Eine Spielfigur, die über mehrere Runde abwartet ohne aktiv zu werden, ist trotzdem zu ihrer gültigen Initiative weiter virtuell am Zug – d.h. zu diesem Zeitpunkt erneuert sich ihre aktive Verteidigung (siehe S. 88) und sie darf ggf. erneut Widerstand gegen aufrechterhaltene Zauber leisten (siehe Kapitel 2, Fertigkeit Zauberabwehr, S. 69). Alle Spielfiguren, die aufgrund von Abwarten zur gleichen Initiative (also 18, 18.1, 18.2 etc.) dran sind, erneuern ihre aktiven Verteidigungen auch gleichzeitig (nämlich in diesem Beispiel sobald die Spielfigur mit Initiative 18 wieder dran ist).
Was mich an dieser Variante stört:
1. Sie ist insgesamt noch komplizierter und daher auch länger als die aktuelle Version.
Was ich hier nicht lesen will, sind Beiträge ohne Verbesserungsvorschlag (außer es handelt sich um Fragen, warum die Mechanik dieses oder jenes Element enthält). Mir ist klar, dass nicht jeder Abwarten-Mechaniken braucht. Ebenso, dass nicht jeder überhaupt Regeln auf diesem Crunchniveau oder überhaupt taktische Kämpfe braucht. Ich will also nicht über Sinn und Unsinn der Mechanik an sich sprechen sondern darüber, ob die oben definierten Ziele durch eine einfachere Regel genauso erreicht werden können.