Autor Thema: [Offen] Emotion ohne Immersion?  (Gelesen 6253 mal)

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[Offen] Emotion ohne Immersion?
« am: 2.11.2005 | 13:35 »
Ich frage mich, wie man Emotion ohne Immersion erreichen kann. Ich habe nun schon öfter gehört, daß Immersion (also das vollkommene Eintauchen in den Charakter, ohne sich von der Metaebene größer belästigen zu lassen) nicht unbedingt jedermanns Sache ist - gell, Fredi?

Andererseits geht es denselben Leuten durchaus darum, Emotion im Rollenspiel zu erreichen - wichtige, bedeutsame und emotional berührende Entscheidungen zu treffen. Meiner Meinung nach ist aber nun die einfachste Möglichkeit, im Rollenspiel Emotionen zu stimulieren, die Immersion.

Emotionen entstehen doch dadurch, daß wir uns den fiktiven Gestalten irgendwie verbunden fühlen. Das ist bei Büchern so, das ist bei Filmen so, und das ist auch bei Rollenspielen so. Wenn die fiktive Gestalt mich nicht irgendwie berührt, dann gehen mir auch ihre Probleme am Arsch vorbei.
Und diese Verbundenheit entsteht doch durch Identifikation. Irgendwie idenfiziert man sich mit der fiktiven Gestalt, leidet mit ihr, zögert mit ihr und triumphiert auch mit ihr. Je enger man sich der Gestalt verbunden fühlt, desto leichter ist es, ihre Emotionen mit zu empfinden.

Allerdings gibt es jetzt einige Spiele, die einerseits darauf abzielen, den Spieler in den emotionalen Konflikt ihrer Figur hineinzuziehen, andererseits aber auch wieder eine Distanz schaffen, die die Immersion in den Charakter (meiner Meinung nach) schwieriger machen.
Als Beispiel nehme ich mal DitV: Wenn ein sozialer Konflikt ausgewürfelt wird, schafft das mehr Distanz dazu, als wie wenn er einfach ausgespielt wird. In einem ausgespielten Konflikt entwickeln und entfalten sich auch die Emotionen der beteiligten Charaktere (und Spieler), in einem gewürfelten steht von vorneherein schon fest, was geschehen wird, und der soziale Konflikt wird nur noch umrissen dargestellt ("Hm, Murks gewürfelt, ich verliere die Diskussion mit NSC X und er geht einfach weg" oder "Hey, gut, ich habe den Konflikt gewonnen und überzeuge NSC X, mir zu sagen, warum er das Mädel nicht heiraten will").

Also, liebe Leute: Erklärt mir bitte, warum in DAG-Spielen, die ja eigentlich emotionale Konflikte fördern sollen, die Immersion immer wieder durchbrochen wird.  :)

P.S.: Das soll kein Angriff sein - ich verstehe die Logik hinter dem System nur einfach nicht.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #1 am: 2.11.2005 | 13:50 »
Also, erstens mal ist Immersion keineswegs die einzige Möglichkeit Emotionen innerhalb des Rollenspiels zu erleben oder zu erzeugen. Auch Situationen in denen man nicht als Charakter beteiligt ist erzeugen gewisse Gefühle, aber eben auf der Metaebene.

Immersion als einziges Mittel zur Emotion zu sehen hieße den Spieler zu ignorieren. Auch wenn ich mich nicht in meinen Charakter hineinversetze empfinde ich als Spieler etwas.

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #2 am: 2.11.2005 | 13:55 »
Ich weiß, daß es nicht das einzige ist. Aber ich würde schon behaupten, daß es das Mittel ist, das am einfachsten und direktesten funktioniert, und ich verstehe nicht, warum es aus den DAG-Spielen so gerne ausgeklammert wird.

Sorry, da hab ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt.  :-\
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #3 am: 2.11.2005 | 14:00 »
Ich hab dich schon verstanden. :) Wir haben hier wahrscheinlich mal wieder einen klassischen Fall von: Jeder verallgemeinert seine eigenen Erfahrungen. (Was soll er auch sonst machen, das ist ja seine einzige Informationsquelle.)

Leonie, du hast doch viele "immersive" Spiele gespielt. Und da gab es doch bestimmt eine Menge Szenen, an denen dein Charakter nicht direkt beteiligt war, oder? Und bei denen du trotzdem gebannt gelauscht hast? Hast du dich nicht schon mal in einer bestimmten Szene mit dem Charakter eines Mitspielers identifiziert? Oder als SL mit dem SC, den du gerade quälst? ;) Oder als Spielerin mit dem NSC, den du gerade zu trösten versuchst?

Genau wie man sich in einem Buch mit verschiedenen Charakteren identifizieren kann, ohne sich direkt vollständig in sie hineinzuversetzen, funktioniert das auch beim Rollenspiel. Daher hast du recht, wenn du auf Identifikation als zentrale Quelle von Emotionen abstellst. Nur geht eben die Gleichung viel Immersion = viel Identifikation, wenig Immersion = wenig Identifikation nicht auf. Jedenfalls nicht notgedrungen.
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #4 am: 2.11.2005 | 14:02 »
Ich weiß, daß es nicht das einzige ist. Aber ich würde schon behaupten, daß es das Mittel ist, das am einfachsten und direktesten funktioniert, und ich verstehe nicht, warum es aus den DAG-Spielen so gerne ausgeklammert wird.
Ich bin anderer Meinung. Das direkteste Mittel ist immer noch das eigene Empfinden als Spieler, nicht das Hineinversetzen in einen fremden Charakter. (EDIT: Schon allein weil ersteres automatisch passiert während letzteres bewußte Mühe erfordert.)

Und ich denke genau um diesen Unterschied geht es vielen Narrativisten. Empfinde ich als Mensch und Spieler Abscheu über die Horrortaten im SIS oder empfindet es mein Charakter?

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #5 am: 2.11.2005 | 14:02 »
Schön gesagt, Monkey. :d
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #6 am: 2.11.2005 | 14:04 »
Schön gesagt, Monkey. :d
Danke, Danke. *verbeug*

Bitte kommen sie wieder, ich bin den ganzenTag hier.

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #7 am: 2.11.2005 | 14:05 »
Ein gutes Beispiel für Aufbau von Emotionen ohne Immersion finde ich Horrorfilme, in denen die Zuschauer mehr Infos haben als die Hauptcharaktere. Da geht zum Beispiel ein Hauptcharakter in das verlassene Haus rein, in das eine Szene vorher der Serienkiller reingegangen ist. Man will dann dem Hauptcharakter ängstlich zurufen: "Geh da nicht rein!"
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #8 am: 2.11.2005 | 14:13 »
Zitat
Ein gutes Beispiel für Aufbau von Emotionen ohne Immersion finde ich Horrorfilme, in denen die Zuschauer mehr Infos haben als die Hauptcharaktere. Da geht zum Beispiel ein Hauptcharakter in das verlassene Haus rein, in das eine Szene vorher der Serienkiller reingegangen ist. Man will dann dem Hauptcharakter ängstlich zurufen: "Geh da nicht rein!"

Irgendwie scheine ich dagegen absolut imun zu sein.
Entweder ich wiß als Zuschauer schon alles, dann kann ich mich vieleicht über einen Film amüsieren, oder ihn gut finden, aber damit hat es sich; oder Ich weiß gewisse Dinge nicht (z.B. wer der Täter ist, wie etwas passiert, etc.) dann kann ich Spannung empfinden.

Beides zusammen geht nicht.

Zitat
Und ich denke genau um diesen Unterschied geht es vielen Narrativisten. Empfinde ich als Mensch und Spieler Abscheu über die Horrortaten im SIS oder empfindet es mein Charakter?

Naja, wenn ich als Mensch Abscheu darüber empfinde (z.B. üder Kindesmissbrauch, etc.) dann ist der Spieleabend damit beendet  >:( .
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #9 am: 2.11.2005 | 14:21 »
Entweder ich wiß als Zuschauer schon alles, dann kann ich mich vieleicht über einen Film amüsieren, oder ihn gut finden, aber damit hat es sich; oder Ich weiß gewisse Dinge nicht (z.B. wer der Täter ist, wie etwas passiert, etc.) dann kann ich Spannung empfinden.
Niemand hat in dem oben genannten Beispiel gesagt, dass 1. bekannt ist, wer der Serienkiller ist und 2. was genau im Haus passiert. Das kommt erst später.
Die Spannung kommt doch davon, dass man sich selbst ausmalt, was passieren könnte. :)
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #10 am: 2.11.2005 | 14:33 »
@Vermi: Dein Beispiel widerlegt das, was ich sage, keineswegs: Klar habe ich auch mit anderen Chars mitgefiebert, aber die emotional intensivsten Erlebnisse hatte ich, weil meinem Char irgend etwas einschneidendes passiert ist. Die stärksten emotionalen Momente habe ich durch Immersion erlebt.

Und ich denke mal, du wirst auch nicht behaupten wollen, daß Immersion für die Erzeugung von Emotionen beim Spielen kein geeignetes Handwerkszeug ist, oder? Warum wird sie also nicht herangezogen?

Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #11 am: 2.11.2005 | 14:41 »
Entweder ich wiß als Zuschauer schon alles, dann kann ich mich vieleicht über einen Film amüsieren, oder ihn gut finden, aber damit hat es sich; oder Ich weiß gewisse Dinge nicht (z.B. wer der Täter ist, wie etwas passiert, etc.) dann kann ich Spannung empfinden.
Erstens weißt du ja nicht alles, sondern nur einen Teil mehr als die Protagonisten.
Und zweitens ist Spannung nicht die einzige Emotion, die man erzeugen kann.

Zitat
Naja, wenn ich als Mensch Abscheu darüber empfinde (z.B. üder Kindesmissbrauch, etc.) dann ist der Spieleabend damit beendet  >:( .
Kindesmissbrauch ist nun ein Extrembeispiel.

Aber nehmen wir mal Vampire. Der SC empfindet entzücken dabei, jemanden in den Hals zu beißen und sein Blut zu trinken. Aber der Spieler findet das eklig.
Wenn jemand einen Schwarzmagier spielt, dann epmfindet es der SC wichtig, ein dunkles Ritual durchzuführen. Der Spieler des SCs findet das aber abscheulich.
Der Spieler des Paladins/Inquisitors findet es schrecklich, eine Hexe zu verbrennen. Der SC ist aber davon überzeugt, das Richtige zu tun.
Der Spieler ist Atheist. Trotzdem spielt er einen SC, der streng gottgläubig ist. (Und vielleicht nimmt er wegen dieser Gottgläubigkeit an den Kreuzzügen teil, obwohl der Spieler die Kreuzzüge bescheuert fand.)

Der Spieler kann kein Blut sehen. Trotzdem spielt er einen Krieger, der das Schwert in die Ork-Brust bohrt. (Der Spieler ist vielleicht ein aufgeklärter Mensch. Trotzdem spielt er einen Krieger, der rassistische Vorurteile gegen Orks hat.)

Auch bei Shadowrun spielt man Charaktere, die man im Real Life am liebsten wegsperren würde. (Attentäter, Öko-Terroristen, Einbrecher etc.)

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #12 am: 2.11.2005 | 14:45 »
@Vermi: Dein Beispiel widerlegt das, was ich sage, keineswegs: Klar habe ich auch mit anderen Chars mitgefiebert, aber die emotional intensivsten Erlebnisse hatte ich, weil meinem Char irgend etwas einschneidendes passiert ist. Die stärksten emotionalen Momente habe ich durch Immersion erlebt.
Ich denke mal damit haben wir es. Du bist jemand der sehr viel seiner emotionalen Befriedigung aus Immersion zieht. Das trifft nicht auf alle zu. Anderer Leute ziehen ihre Befriedigung und ihre Emotionen aus anderen Dingen?

Was ist daran so schwer zu verstehen? ???

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Offline Hr. Rabe

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #13 am: 2.11.2005 | 14:51 »
@Eulenspiegel

1. Spannung ist zwar nicht die einzige Emotion, aber durchaus die, die in dem Beispiel dargestellt wurde. Ich persönlich brauche allerdings immer den eingeschränkten Blick 'aus den Augen' des Sc, um Emotionen aufzubauen.

2. In den von dir dargestellten Beispielen finde ich es als Mensch eben nicht abscheulich, daß soetwas im SIS dargestellt wird. Und wenn ich den Affen richtig verstanden habe, ging es ihm doch genau darum.

Deshalb habe ich auch dieses Extrembeispiel ausgekramt. Sobald ich es als Mensch und Spieler eklig finde, brauche ich mir das nicht antun.
Wenn ich hingegen (wie in deinen Beispielen) 'mit meinem Charakter' fühlen kann, habe ich dopch genau das: 'Imersion' oder?

----
@monkey
Zitat
Anderer Leute ziehen ihre Befriedigung und ihre Emotionen aus anderen Dingen?

Was ist daran so schwer zu verstehen?
Schwer zu verstehen ist das nicht. Die Frage war auch eher:

1. Was ist es, woraus ihr eure emotionale Befriedigung (blödes Wort) zieht?

2. Warum wird Imersion von vorne herein ausgeklammert?

Gruß,
raVen
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #14 am: 2.11.2005 | 14:56 »
Also ich persönlich empfand immersion nie so als das optimum zum erzeugen von Emotionen bei mir selbst. So hatte ich früher eigentlich immer mehr Spaß daran SL zu sein, unter anderem weil ich da etwas mehr distanz durch eine andere eben habe und mit allen SCs und NSCs mitfiebern kann.
Mich hundertprozentig in einen Charakter hinein zu versetzen hat mir wenn ich so zurückdenke nie einen wirklich spürbar großen Zugewinn an Spannung gebracht, es hat mich imo sogar etwas mehr vom Gesamtgeschehen distanziert, eben weil ich nur bei meinem eigenen Charakter war.
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #15 am: 2.11.2005 | 14:57 »
1. Was ist es, woraus ihr eure emotionale Befriedigung (blödes Wort) zieht?
Aus den Tonnen von anderen Dingen die es neben Immersion auch gibt?

Zitat
2. Warum wird Imersion von vorne herein ausgeklammert?
Wusste ich doch ich hab was vergessen. Ich wollte nämlich fragen: Inwiefern wird Immersion bitte ausgeklammert? Weil es Konfliktregeln gibt die auch auf soziale Konflikte angewandt werden? Sehe nicht wie das Immersion automatisch unmöglich macht oder "ausklammert".

Nur weil Immersion nicht die Hauptsache ist (Völlig gerechtfertigt das es einfach Leute gibt die sie nicht brauchen/wollen/mögen/suchen.) heißt das nicht das sie nicht möglich ist oder irgendwie aktiv verhindert wird. Und nur weil für Leonie die Regeln von DitV die Immersion stören heißt das nicht das für jeden der Fall ist.

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #16 am: 2.11.2005 | 15:01 »
Zitat
Aus den Tonnen von anderen Dingen die es neben Immersion auch gibt?
Die da wären???

Zitat
Wusste ich doch ich hab was vergessen. Ich wollte nämlich fragen: Inwiefern wird Immersion bitte ausgeklammert? Weil es Konfliktregeln gibt die auch auf soziale Konflikte angewandt werden? Sehe nicht wie das Immersion automatisch unmöglich macht oder "ausklammert".

Naja, sagen wir zumindest, es gibt eine starke Tendenz in diese Richtung.
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #17 am: 2.11.2005 | 15:06 »
Die da wären???
Meinst du die Frage ernst? ???

Ein paar Beispiele: Rollenspiel ohne Immersion, das Erzählen einer Geschichte, das "socialising" mit den anderen Spielern, gewinnen, interessante Fragen ingame ansprechen, die Spielregeln, ...

Zitat
Naja, sagen wir zumindest, es gibt eine starke Tendenz in diese Richtung.
Echt? Hast du für diese "Tendenz" irgendwelche Beispiele oder Zitate? Irgendwie sehe ich nämlich keine großartigem Beispiele für die "Disriminierung der Immersionisten" in DAG... :)

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #18 am: 2.11.2005 | 15:07 »
Ich würde einfach sagen, dass Immersion und Nicht-Immersion unterschiedliche Emotionen bedingen, und man kann die eine oder doe andere mehr mögen. Immersives Rollenspiel gibt mir die Sorte von Emotion, die mir bei Buch und Film fehlt: direkte Betroffenheit, also SC-Emotion = meine Emotion. Nur bei der totalen Identifikation mit dem SC fühlt man 'MIR geht es an den Kragen'.

In Film und Buch und vermutlich auch bei nicht immersiven Spielstilen und dem, was bei immersivem Spiel den anderen SC passiert, fühlt man 'IHM geht es an den Kragen', worauf man so oder so reagiert. Das ist MIT-Leid, nicht Leid (oder Freud). Es kann sogar sein, dass die Emotion, die ich beim Betrachten des Schicksals eine Charakters, mit dem ich nicht immersiv verbunden bin, der Emotion des Charakters diametral entgegengesetzt ist (ich bin froh, dass er draufgeht, er nicht). Bei wirklich immersivem Spiel dürfte das eher nicht vorkommen.

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #19 am: 2.11.2005 | 15:13 »
1. Spannung ist zwar nicht die einzige Emotion, aber durchaus die, die in dem Beispiel dargestellt wurde. Ich persönlich brauche allerdings immer den eingeschränkten Blick 'aus den Augen' des Sc, um Emotionen aufzubauen.
Ich bin auch Immersionist und kann besser Emotionen aufbauen, wenn ich mich nur in einen einzigen SC hineinversetze.
Ich kann es aber durchaus verstehen, wenn jemand durch Regie Emotionen aufbaut.

Zitat
2. In den von dir dargestellten Beispielen finde ich es als Mensch eben nicht abscheulich, daß soetwas im SIS dargestellt wird. Und wenn ich den Affen richtig verstanden habe, ging es ihm doch genau darum.
Etwas im SIS darstellen bedeutet ja bloß, ich stelle mir vor, es wäre real. (Denn wenn ich den SIS im Spiel zu abstrakt betrachte, dann kann ich auch gleich Schach spielen.)

Zitat
Deshalb habe ich auch dieses Extrembeispiel ausgekramt. Sobald ich es als Mensch und Spieler eklig finde, brauche ich mir das nicht antun.
Also ich als Mensch und Spieler finde es eklig, wenn man sein Schwert durch die Brust bohrt und die Gedärme rausquillen. - Trotzdem spiele ich Krieger.
Ich als Mensch und Spieler finde es eklig, rohes Fleisch zu essen. Trotzdem spiele ich Elfen und Raubtierwesen.
Ich als Mensch und Spieler finde es eklig, Blut von einem Menschen zu trinken. Trotzdem spiele ich Vampire.
Ich als Mensch und Spieler finde es eklig, durch feuchten Morast zu waten, während sich die Blutegel überall festhalten. (Trotzdem spiele ich SCs, denen das nichts ausmacht.)

Ich kann als Mensch und Spieler also durchaus etwas eklig finden und es trotzdem genießen. (Bin ich jetzt Masochistisch veranlagt? Ich denke nein.)

Zitat
Wenn ich hingegen (wie in deinen Beispielen) 'mit meinem Charakter' fühlen kann, habe ich dopch genau das: 'Imersion' oder?
In meinen Beispielen kannst du zwar mit den SCs fühlen. Du kannst die SCs aber gleichzeitig als Gegenpol zu dir aufbauen, die Sachen schön finden, die du eklig findest. (In meinen Beispielen hatten die SCs immer Charaktereigenschaften, die mit meinen nichts gemein haben.)

Zitat
2. Warum wird Immersion von vorne herein ausgeklammert?
Einige ziehen nunmal ihre Emotionen aus der Regie oder lieben das Zufallselement.
Und das steht der Immersion nunmal gegenüber.

Der Versuch also, Zufallselement und Immersion unter einen Hut zu bringen, führt zu einem faulen Kompromiss, der keinem von beiden gerecht wird. (Die Theoretiker sagen inkohärentes Design dazu.)

Offline Hr. Rabe

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #20 am: 2.11.2005 | 15:19 »
@Monkey
Ja ich meine die Frage ernst, denn mit der von dir gemachten Aufzählung ist sie immernoch nicht berantwortet. Wo bitte haben sich in den Regeln, oder im 'eben ohne Imersion spielen' die Emotionen versteckt ???

Ich bin auch gerne SL, allerdings eher weil ich mir immer gerne ansehe, wie meine Spieler ihr Charakter-Feuerwerk abbrennen.
Ähnlich einem Film: Ich kann den 'voll cool' finden und verbinde trozdem keinerlei Emotion mit den Charakteren ---auser vieleicht, daß mir schlecht wird, wenn es zu krass wird (Siehe das Beispiel oben).
Ich kann lachen, wenn da ein Witz fällt und Interrese am weiteren Verlauf (soetwas ähnliches wie Spannung) empfinden, aber ich verbionde nie irgendwelche Emotionen damit. Es wird immer 'der Film' bleiben.

@Robin
Ok, das kann ich nachvollziehen.  :d

@Eulenspiegel
Zitat
Ich kann es aber durchaus verstehen, wenn jemand durch Regie Emotionen aufbaut.
Ich eben nicht. Das ist auch bitte nicht wirklich als arogantes, oder 'Spiesiges Gehabe' aufzufassen. Ich weiß, daß das geht und das Leute so spielen und das ist in Ordnung, aber ich würde eben gerne verstehen Wie und warum es funktioniert.

Gruß
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #21 am: 2.11.2005 | 15:22 »
Zitat
Und ich denke mal, du wirst auch nicht behaupten wollen, daß Immersion für die Erzeugung von Emotionen beim Spielen kein geeignetes Handwerkszeug ist, oder? Warum wird sie also nicht herangezogen?

Tja, das klingt so, als sei Immersion eine Technik, etwas, was man einfach so machen kann. Nach meinem Verständnis ist Immersion aber eher ein Zustand, den man eben durch den Einsatz bestimmter Techniken ggf. besser erreichen kann. Wie z.B. Actor Stance. Wie z.B. Minimierung der Points of Contact. Okay, das war jetzt Forge-Sprech in einem offenen Thread. Also: Technik = Spieler spielt nur seinen Charakter, System ist möglichst "unsichtbar".

Mit solchen Techniken kann man unter Umständen Immersion erreichen. Gleichzeitig kann man aber andere Dinge nicht erreichen. DitV verfolgt eine Reihe von Designzielen, die durch das Konfliktsystem perfekt umgesetzt werden. Erstens bekommen die Spieler kleine, unauffällige Autorenrechte, die ihre Position gegenüber dem Spielleiter stärken. Zweitens werden dramatische Szenen in eine bestimmte, dynamische und kulminierende Form gebracht. Und drittens wird dem Spieler Handlung und Konsequenz mechanisch deutlich vor Augen geführt, so dass er eine klare und unzweifelhafte Grundlage für seine "bedeutsamen Entscheidungen" hat. Er sieht genau, was auf dem Spiel steht und was es ihn kosten könnte, sein Ziel zu erreichen. Diese Art von Entscheidungen sind es, um die sich Dogs dreht.

Wenn die Regeln dabei Immersion (was immer das genau ist) behindern, ist das eben ein Nebeneffekt, den man in Kauf nimmt, um die primären Ziele zu erreichen. Ob die Regeln Immersion unmöglich machen, wage ich nicht zu beurteilen. Vincent Baker (der Autor) hat dazu auf seinem Blog mal was geschrieben (Achtung Englisch):

http://www.lumpley.com/anycomment.php?entry=229
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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #22 am: 2.11.2005 | 15:43 »
Ja ich meine die Frage ernst, denn mit der von dir gemachten Aufzählung ist sie immernoch nicht berantwortet. Wo bitte haben sich in den Regeln, oder im 'eben ohne Imersion spielen' die Emotionen versteckt ???
Die Frage war aus was man noch Befriedigung ziehen kann. und das hab ich beantwortet.

Zitat
Ich kann lachen, wenn da ein Witz fällt und Interrese am weiteren Verlauf (soetwas ähnliches wie Spannung) empfinden, aber ich verbionde nie irgendwelche Emotionen damit. Es wird immer 'der Film' bleiben.
Und? Ist die Freude die du an dem Witz empfindest keine Emotion. Ist das Gefuehl von "Mein Gott, mein Charakter ist so ein Arsch" keine Emotion?

Nur weil man sich bewußt ist das ein Rollenspiel trotzdem nur ein Rollenspielist, genauso wie ein Film nur ein Film bleibt, heißt das nicht das man dabei keine Emotionen erzeugen oder fühlen kann. Du fragst die ganze Zeit nach Emotionen ohne Immersion, tust aber jedes Beispiel als "Ah, das ist aber keine Richtige Emotion" ab, weil es da keine Immersion gibt. ???

Und weil ich es vorher uebersehen hab:
Zitat
In den von dir dargestellten Beispielen finde ich es als Mensch eben nicht abscheulich, daß soetwas im SIS dargestellt wird. Und wenn ich den Affen richtig verstanden habe, ging es ihm doch genau darum.
Nein, das ging es mir nicht!!!

Es ging nicht darum das man Abscheu darueber empfindet das etwas überhaupt im Rollenspiel angesprochen wird. Wie kommst du augf so einen Blödsinn? Es ging darum das man Abscheu (oder Freude, oder lEid, oder was auch immer) über die Geschehnisse innerhalb des SIS empfindet. Das heißt, wenn in Dogs ein paar das gesündigt hat nicht niedergschossen wird sondern stattdessen rehabilitert wird und glücklich werden kann, dann kann ich als Spieler daran Freude empfinden, genauso wie ich als Spieler Abscheu empfinden kann wenn mein fundamentalistischer Charakter ein ähnliches Paar einfach über den Haufen schießt.

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #23 am: 2.11.2005 | 16:11 »
Naja ich weiß nicht ...  Ich halte „Immersion“ nicht für einen besonders guten Begriff. Denn maßgeblich scheint mir doch die Möglichkeit zur Reflexion zu sein – was ein gewisses Maß an Abtauchen (wie auch immer) mit einschließt; ich muss das Geschilderte irgendwie in einen Bezug zu mir selbst bringen.

Wenn ich als SL also bei meinen Spielern Emotionen wecken will, kann ich das nur mit Sachen tun, die sie irgendwie berühren. Wenn eine Spielerin dann einen Char entwickelt, der recht nahe an ihrem Selbst ist, gestaltet es sich (Achtung: Wertung!) aus meiner Sicht einfacher, Emotionen zu wecken. Der Char wirkt in dem Sinne als „Anker“- bzw. Referenzpunkt; durch ihn bekomme ich als SL Hinweise, was wie empfunden werden könnte.

Im Übrigen sind die Beispiele mit dem Horror weiter oben auch nicht so wirklich glücklich. Wenn ich etwas als „gruselig“ empfinde, dann doch nur deshalb, weil ich das auf mich selbst beziehe ... so nach dem Motto „Stell dir vor, dir würde das passieren ...“. Eigentlich ist es dann von der Sache her egal, ob ich weiß, wer oder wo der Killer oder ob mein Char das Opfer ist ... auf jeden Fall setze ich diese Szene(n) irgendwie zu mir in Bezug.

Daher: Reflektieren und Abtauchen (im Sinne von „zu sich in Bezug setzen“) ist eigentlich immer irgendwie da.

Die Frage müsste daher eigentlich präziser lauten: Kann ich bei einer Spielerin Emotionen erzeugen, ohne hauptsächlich auf ihren Spielcharakter abzuzielen? bzw. Können Emotionen jenseits des Spielcharakters erzeugt werden?

In dem Sinne kommt noch ein ganz interessanter Punkt hinzu: Spielercharaktere können ja „gelenkt“ werden. Wenn ich also als SL „außerhalb“ der Spielercharakter Emotionen wecken will, so sind das – im klassischen Rollenspiel – Dinge, die normalerweise nicht im Einflussbereich der Spieler liegen. Von daher kommt es dann auf besondere Entertainment- und Kreativ- bzw. schlicht Erzählerqualitäten an, denn es müsste – im besten Sinne des Worten – eine packende Szene/Geschichte erzählt werden.

Arbo
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Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #24 am: 2.11.2005 | 16:20 »
Zitat
(...) genauso wie ich als Spieler Abscheu empfinden kann wenn mein fundamentalistischer Charakter ein ähnliches Paar einfach über den Haufen schießt.

Das ist ein schönes Beispiel für eine Abweichung der Emotionen bei SC und Spieler (wobei ich einfach voraussetze, dass der SC keine Abscheu gegenüber der Tat empfindet, sondern bestenfalls gegenüber dem Paar; und der Spieler hat wohl eher Mitleid mit dem Paar).

Genau das ist es, was mir solche Spiele ganz abseits von Regelsystemen thematisch versalzt: als immersiver Spieler und sogar Spielleiter, der sich mit der Welt als 'SC' identifiziert, kann und will ich keinen Zugang zu Welten finden, wo religiöse Fundamentalisten die 'Guten' (im Sinne von 'die SC') darstellen. Allgemein heißt das, wenn ich der Charakter oder das Setting nicht 'sein' mag, kann ich das Spiel nicht spielen.

Das heißt nicht, dass es keine Spieleremotionen außerhalb der Immersion gibt, die für mich interessant sind; es stimmt schon, was in dem von Vermi zitierten Artikel gesagt wird, dass man Immersions-Emotion und (ich nenn's mal so) beobachtende Emotion addieren kann. Aber es gibt Emotionen, die ich nur auf der einen und nicht der anderen Seite haben will: ich kann mit meinem SC etwas verabscheuen, aber wenn ich entgegen meinem SC etwas verabscheuen muss, ist der Spielspaß für mich dahin.

Robin
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Offline Monkey McPants

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #25 am: 2.11.2005 | 16:35 »
Genau das ist es, was mir solche Spiele ganz abseits von Regelsystemen thematisch versalzt
Kann ich in gewisser Weise nachvollziehen, obwohl es mir im Allgemeinen nicht so geht. Interessanterweise bin ich selber ein Spieler der gerne Immersion betreibt, aber ich versetze mich auch gerne in andere Ansichten hinein und tauche gerne in Charaktere die ich eigentlich verabscheue oder für für fehlgeleitet halte.

Aber ich glaub ich bin da sowieso die Ausnahme. Ich hab zum Beispiel überhaupt kein Problem sowohl immersiv zu spielen als auch auf der Metaebene zu agieren. (Verständlicherweise nicht gleichzeitig, schließt sich irgendwie aus. Aber innerhalb des selben Spiels oder sogar der selben Szene, halt abwechselnd.) Im Gegenteil, ich benutze gerne Author Stance damit auch tatsächlich die Momente erleben kann die ich gerne hätte. :)

EDIT: Darum ist mir die Idee das es entweder das Eine oder das Andere geht und man nicht auch einfach beides genießen kann ziemlich fremd.

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Offline Roland

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #26 am: 2.11.2005 | 16:54 »

Aber ich glaub ich bin da sowieso die Ausnahme. Ich hab zum Beispiel überhaupt kein Problem sowohl immersiv zu spielen als auch auf der Metaebene zu agieren.


Ich vermute das ist einfach eine Frage der Motivation und Übung. Mir geht beides auch recht gut von der Hand.
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Offline Minne

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #27 am: 2.11.2005 | 16:55 »
Zitat
Aber ich glaub ich bin da sowieso die Ausnahme. Ich hab zum Beispiel überhaupt kein Problem sowohl immersiv zu spielen als auch auf der Metaebene zu agieren. (Verständlicherweise nicht gleichzeitig, schließt sich irgendwie aus. Aber innerhalb des selben Spiels oder sogar der selben Szene, halt abwechselnd.) Im Gegenteil, ich benutze gerne Author Stance damit auch tatsächlich die Momente erleben kann die ich gerne hätte. Smiley

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Offline Lord Verminaard

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #28 am: 2.11.2005 | 17:00 »
Hey Robin,

ich empfinde das anders. Ich meine, mit das beste immersive Rollenspiel hatte ich mit Vampire -- ich habe eine Kreatur gespielt, die untot ist und das Blut lebender Menschen trinkt. Gut okay, das Beispiel ist nicht so stark, weil man sich diese Dinge durch einen romantisierenden Schleier vorstellt. Aber allgemein finde ich es schon interessant, solche Abgründe mal über das "sichere" Medium des Rollenspiels zu erforschen. Es kann sehr intensiv sein, wenn der eigene Charakter Dinge tut, die man selbst niemals tun würde. Ekel und Faszination liegen ja auch nah beieinander.

Bei DitV würde ich mich jedoch nicht hinter den primitiven fundamentalistischen Moralvorstellungen meines Charakters verstecken. Denn in Dogs geht es ja gerade nicht darum, einfach nur den Charakter zu spielen (obwohl selbst das funktioniert). Es geht auch um mich als Spieler und darum, was ich für gerecht und ungerecht halte.
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #29 am: 3.11.2005 | 15:08 »
Ich möchte nochmal einige der gesagten Aspekte betonen die mir besonders wichtig erscheinen und vielleicht einige neue bringen:
Immersion ist ein Zustand den man durch bestimmte Techniken erreicht. Immersion bedeutet sowas wie eingetaucht oder abgetaucht sein. Immersion bedeutet also "da" zu sein, so zu denken und zu handeln als wäre man selbst dort, die Informationen zu verwenden die man dort hätte. Wichtig bei diesem Zustand ist in wie weit und auf welche Art man sich trotzdem innerlich vom Geschehen distanziert, denn eine solche Distanz ist logischerweise immer vorhanden, da es sich nicht um die Realität handelt. Immersion ist also in verschiedenen Abstufungen zu sehen. Man könnte es Immersionstiefe nennen.
Der wichtige Unterschied zwischen G und S (in GNS) ist z.B. dass man in Gam zwar immersiv denkt, aber so als ob man es wirklich selbst wäre nur die Situation wäre eine andere, in Sim wird alles was man über Charakter und Situation weiß mit in die Immersion übernommen. Am besten kann man sich diesen Unterschied an den Abstufungen der Bedeutung der Redewendung "Wenn ich du wäre..." klar machen.

Eine sehr abstrakte Form der Immersion ist auch das Mitgefühl. Darauf basieren sämtliche Arten von Geschichten, Erzählungen usw. Man empfindet die Situation nach, distanziert sich aber innerlich selbst vollständig davon, die direkte Betroffenheit fehlt, man kann zwar die Bedeutung des Geschehens auch emotional beurteilen, ist aber nur Zuschauer.
Diese Form des Mitempfindens kann sogar besser oder intensiver sein als die vollständige(re) Immersion und zwar deshalb, weil man grade selbst nicht betroffen ist. Die eigene Betroffenheit löst nämlich Abwehrreaktionen aus. Ist man betroffen von Furcht oder anderen negativen Gefühlen, taucht man automatisch eher aus der Immersion auf. Der absolute Sim-Immersionist muss sich als selbst sehr genau im Griff haben um innerhalb der Immersion jederzeit Spaß zu haben, denn darum geht es ja. Er muss Spaß daran haben können wenn sein SC leidet, erschöpft ist, oder wenn er seinen SC etwas tun lässt was er selbst möglicherweise abstoßend findet. Das ist eine sehr schwierige Sache.

Die Narren haben es da viel einfacher. Sie wissen es geht nicht um sie selbst. Das geschen ist unpersönlicher, oder sagen wir es einmal etwas positiver, es ist überpersönlich. Dadurch muss man nicht mit Schutzreflexen und Immersionstiefe kämpfen. Man emfindet als Beobachter. Man empfindet dann die Verbundenheit nicht zu einer Person sondern zu einer Situation oder zu einem Prinzip. Das Leid das einem SC wiederfährt macht einem dann vielleicht Spaß weil man Leid erfahren kann grade ohne völlig betroffen zu sein.

Ich hoffe das ist nicht zu GNSig geworden, bitte keine Diskussionen darüber  ::)

Offline Bitpicker

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #30 am: 3.11.2005 | 15:45 »
Also, ich verstehe Immersion eher als persönliche Identifikation des Spielers mit dem Charakter; das, was du hier als Mitgefühl bezeichnest, ist für mich nicht Immersion.

Bei der Charakter-Immersion ist es so eine Sache mit den Gefühlen, die der Charakter hat, die man selbst aber nicht haben will. Klassisches Beispiel: Angst. Man will eigentlich keine Angst haben, aber man spielt trotzdem SCs in Horror-RPGs oder schaut sich entsprechende Filme an, um sich zu gruseln.

Der Knackpunkt ist hier, dass die Beobachtung des Leids des SC (auch bei Charakter-Immersion) kathartisch ist - man empfindet diese Angst praktisch aus der Sicherheit des eigenen Wohnzimmers heraus, und das hat 'reinigenden' Effekt. Man kann sich die Angst leisten, denn man ist nicht wirklich in Gefahr. Anscheinend haben wir Menschen was davon, wenn wir uns auf diese Weise künstlich bestimmten Emotionen aussetzen. Allerdings scheint es mir so zu sein, dass man nicht automatisch alle Emotionen so behandeln kann; denn während ich z.B. kein Problem damit habe, mich angesichts kosmischen Schreckens bei CoC völliger simulierter Verzweiflung auszusetzen, kann ich entsprechend, wie bereits gesagt, mit religiösem Fanatismus nichts anfangen - das finde ich etwa so geschmacklos wie den Päderasten-SC im Thread nebenan. Die Emotion 'Angst' kann ich kathartisch erleben, 'Hass' (worauf Fanatismus hinausläuft) nicht. Vielleicht liegt es daran, dass Angst usw. eine gewisse Überlebensfunktion zukommt: wenn ich im wahren Leben Angst empfinde, bin ich vorsichtiger, wenn ich mich künstlich der Angst aussetze, lerne ich, damit umzugehen oder der angstauslösenden Situation auszuweichen. Hass funktioniert so nicht und ist keine so grundlegende Emotion, die existenzsichernd wirkt.

Robin
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [Offen] Emotion ohne Immersion?
« Antwort #31 am: 3.11.2005 | 17:02 »
Also, ich verstehe Immersion eher als persönliche Identifikation des Spielers mit dem Charakter; das, was du hier als Mitgefühl bezeichnest, ist für mich nicht Immersion.
Ich habe die beiden Dinge ja auch unterschieden. Ich war nur etwas schwammig mit den Begriffen, weil die Übergänge recht fließend sind. Insbesondere auf der Skala Freud-Leid. Geht es um positive Emotionen oder Erfolge rutscht man in den Charkter, bei Misserfolgen oder negativen Empfindungen eher heraus. Die Frage ist dann eben wie: Eher auf die von dir nochmal umschriebene kathartische Art, oder eher durch Distanzierung und Abgrenzung, wobei dann letzteres eben nicht mehr wirklich Immersion zu nennen ist. Es gibt aber noch andere Formen der Abstraktion. Beispiele wären irgendwelche Formen der Sinngebung:
"Mein Charakter muss leiden dadurch wird die Geschichte spannender/intensiver." oder
"Die Situation ist schlecht, also habe ich einen Ansporn es besser zu machen."
Es ist nunmal schwer echte Immersion und Leid (im ganz allgemeinen Sinn) gut zu finden.


Klassisches Beispiel: Angst. Man will eigentlich keine Angst haben, aber man spielt trotzdem SCs in Horror-RPGs oder schaut sich entsprechende Filme an, um sich zu gruseln.
Wie schon gesagt wurde sind das unterscheidbare Sachen. Man kann Angst auf persönlicher existenzieller Ebene haben, oder Angst beobachten und dadurch mitfühlen. Letzteres ist leichter als Vergnügen zu empfinden als ersteres.

Nochmal zum Begriff der Immersion: Dieser Begriff ist so wie wir ihn verwenden noch nicht sehr exakt vorbelegt. Ich kenne ihn z.B. im Bezug zu Virtual Reality. Dort gibt es auch eine Art dreidimensionale Qualität bestehend aus den Komponenten Immersion, Interaktion und Imagination. Immersion beschreibt dabei wie unmittelbar die Wahrnehmung des Benutzers an die VR gebunden ist, also ob alle seine Sinne möglichst umfassend und adäquat angesprochen werden. Interaktion beschreibt etwas ähnliches für die Handlungsfähigkeit des Benutzers und die Reaktion der VR auf seine Handlungen. Imagination ist der Aspekt der daraufhin im Bewustsein des Benutzers entsteht, ein Maß dafür als wie real er die VR empfindet und in welchem Maße er der VR realitätscharakter beimisst. Da aber alle diese drei Punkte meist in einer "je mehr desto mehr"-Beziehung stehen kann man das ganze auch zusammenfassen.
Grade für Rollenspielzwecke wo die Ein- Ausgabemöglichkeiten quasi feststehen, kann man einen einzelnen Begriff wie Immersion verwenden, der sich auf die Vorstellung bezieht.

Hier auch noch der Wikipedia-Artikel zu Immersion. Dort wird es im Bezug auf Computerspiele beschrieben, man kann aber auch Parallelen zum Rollenspiel ziehen.