Autor Thema: [Link]Entwicklung des Rollenspielmarkts und Geschäftsmodelle  (Gelesen 5453 mal)

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wjassula

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Wir hatten einige Diskussionen über die Entwicklung des Marktes und Geschäftsmodelle. Hier ist ein Artikel auf Englisch, der die Antworten einiger involvierter Leute auf die Frage "Is the rpg industry screwed?" beinhaltet. Unter anderem äusseren sich Ben Lehman, Chad Underkoffer und CEOs von Mongoose. Der Artikel enthält ausserdem einige harte Zahlen und Berechnungen, nach denen wir ja immer händeringend gesucht hatten.

Unterm Strich lautet die Antwort fast aller Befragter, dass die "Industrie" in der Tat im Arsch ist, allerdings unrescheiden sie sich in der Einschätzung, inwieweit das etwas schlechtes sei bzw. eine Chance für neue Geschäftsmodelle und Spiele.

http://www.dyingearth.com/pnestjune2006.htm

Ludovico

  • Gast
Ich halte nicht viel von diesem Artikel, denn er gibt vor allem wieder, was einige Leute, die mit der Rollenspielindustrie zu tun haben, über den Markt denken, ohne hervorzuheben, inwiefern diese Leute Ahnung von BWL haben.
Daß sie ein immenses Wissen über Rollenspiel und Rollenspieler haben, will ich nicht bezweifeln, aber in punkto BWL... Sowas benötigt man nun mal, wenn man an einem Markt erfolgreich sein will.
Desweiteren fehlen mir wirklich harte Zahlen, Umsatzzahlen des Gesamtmarktes, Entwicklung des Umsatzes...

Ich denke, daß die RPG-Verlage eine Menge Mist dank Unkenntnis gebaut haben.
Ich denke auch, daß die Käuferzahlen gestiegen sind.

Warum gehen die Umsätze der einzelnen Verlage dann zurück, wenn es mehr Käufer als früher gibt?
In den 70er und 80ern gab es weniger Spieler. Es gab aber auch nur wenige RPGs. D&D und DSA hatten ihre große Zeit. Die wenigen Großen hatten einen Markt fast für sich allein. Einige kleinere Klitschen versuchten sich zu halten und konnten bestenfalls hoffen, ein Nischendasein zu führen.
In den 90ern stieß White Wolf dazu und wurde mit dem Überraschungserfolg Vampire ein neuer großer Verlag.

Und heute?
Ein Blick auf Dragonworld.de zeigt eine immense Anzahl an kommerziell vertriebenen RPGs. Die Neuheitenliste ist auch nicht gerade kurz.
Verlage gibt es wie Sand am Meer.

Kurz und knapp: Die Konkurrenz auf dem RPG-Markt ist drastisch angestiegen, was dazu geführt hat, daß die Spieler wählerischer geworden sind. Sie haben mittlerweile die Hosen an und können den Verlagen sagen, wo es langgeht.
Allerdings sind es mittlerweile auch so viele Verlage, daß der Markt selber kaum groß genug ist, alle zu ernähren.

Daß einige der Jungs im Artikel echt keine Ahnung von BWL haben, hat der eine deutlich gezeigt, als er gemeint hat, daß PDFs zu einem goldenen Zeitalter des Rollenspiels hätten führen, weil man dann ganz leicht auf dem RPG-Markt kommt, sich dann aber beschwert, daß die Leute mehr Möglichkeiten haben, ihr Geld auszugeben.

Was hat die RPG-Industrie falsch gemacht?
Sehen wir uns mal an, wo für Rollenspiele geworben wird?
-Medium Nr.1 ist wohl die Mund zu Mund-Propaganda. Rollenspieler kennen sich untereinander und wenn einer überzeugt wird, überzeugt er sicher auch bald andere.
-Medium Nr.2 ist das Internet: Homepages, Foren und auch Fantasy-Shops sind die Webseiten, auf denen der Rollenspieler von heute auf Rollenspiele aufmerksam gemacht werden kann.

Aber wo haben die Verlage nun die Fehler gemacht?
Sie haben vor allem einen Fehler gemacht: Sie haben den Markt nicht entwickelt.
Da draußen in der Welt gibt es Millionen und Abermillionen von jugendlichen Außenseiter, Nerds, die Geld haben und ihre Kohle für SF, Fantasy und Animekram ausgeben.
Diese Anzahl dürfte insbesondere durch die Verstärkung der Klassengrenzen in unserer Gesellschaft gestiegen sein.
Haben die Verlage sich bemüht, um diese potentiellen Kunden zu werben?
Wenn, dann höchstens halbherzig!
Klar ist es toll, wenn ein Rollenspiel auch in der Spielzeugabteilung eines Kaufhauses zu finden ist.
Aber wenn ich keine Werbung dafür mache, dann muß ich mich nicht wundern, wenn es nicht weg geht.

Warum ist zum Beispiel Yu-Gi-Oh so erfolgreich?
Wegen der Serie?
Sicher, ist das ein Grund. Ich bin mir aber sicher, daß es auch erfolgreich wäre, wenn man einfach nur Werbung dafür zwischen Anime-Serien bringen würden. So macht man Anime-Fans darauf aufmerksam.

Die Rollenspielverlage sollen endlich mal in die Puschen kommen und nicht bloß um Rollenspieler werben, sondern sich mit PC-Spieleherstellern zusammensetzen und diese dazu bringen, etwas Werbung mitzuschalten.
Wie würde wohl der Erfolg aussehen, wenn am Ende des Abspanns eines D&D-PC-Games ein Seite erscheint mit dem Titel "DAS ABENTEUER GEHT WEITER..." und einem Link zur WOTC-Seite.

Oder Werbung in Animes für Exalted könnte sich auch bezahlt machen.

Aber Werbung wird stiefmütterlich betrieben und wenn, dann ist sie auf die Zielgruppe "Rollenspieler" abgestimmt.

Das ist meiner Meinung nach auch noch eine verflixt schlechte Zielgruppe:
Rollenspieler sind einem System sehr loyal. Ein System, was in die selbe Kerbe haut, wird eher gebasht als gekauft (siehe DSA und D&D).
Deswegen würde ich mich eher an potentielle Kunden wenden als an Rollenspieler.

Die Verlage sollen jedenfalls nicht jammern, sondern endlich mal ein paar Bücher über Marketing bestellen.

Ein

  • Gast
In den USA wird Fernsehwerbung für Rollenspiel gemacht. Allerdings sollte man sich auch einmal drüber im Klaren sein, wie teuer sowas ist. Die Produktionskosten plus Sendekosten muss man erst einmal als Rollenspielverlag verdienen. Da sind $10.000 schnell weg und das nur beim Senden in einem einzelnen, lokalen Kabelnetz. Darum sendet nur WotC (Hasbro) Spots für Rollenspiel, weil sie es sich leisten können.

Ludovico

  • Gast
@Ein
Fernsehwerbung ist teuer. Das glaub ich nur zu gerne.
Aber es gibt noch andere Medien, die man nutzen kann und die nicht so teuer sind. Jestocost hat zum Beispiel erzählt, daß er in einer PC-Spiel-Packung einen Flyer von Mongoose gefunden hat.
Wie wäre es mit einer PDF mit den Lite-Regeln auf der Spiel-DVD?
Oder eben zum Abspann eines Spiels einen Link auf die Homepage eines RPG-Verlages, wo es Lite-Regeln und Erklärungen gibt?

Computerspiele bieten sich an, weil sowohl Rollenspieler als auch nicht Nichtrollenspieler sie nutzen (man also davon ausgehen kann, daß ein Teil der Computerspieler ähnliche Interessen wie Rollenspieler hat, aber halt noch keine Ahnung von Rollenspielen hat).

Kinowerbung dürfte auch nicht so teuer sein oder Anzeigen in SF-und Kino-Magazinen?
Schön wären auch Angebote an Jugendmagazine wie Bravo und Popcorn etc. mal über den jugendlicheren Teil der Szene was zu schreiben und da auch mal über die unbekannteren Aspekte (also P&P).

Okay, für all das braucht man Geld und auch Kontakte. Aber ohne ein anständiges Marketing und ohne auch nur einen anständigen Versuch zu unternehmen, Marktentwicklung zu betreiben, werden die meisten Rollenspielverlage weiterhin Probleme haben.

Fanpro hätte sich meiner Meinung nach das Geld, was sie an Karstadt bezahlt haben, damit diese DSA in den Regalen stehen haben, sparen und in ein paar Anzeigen investieren sollen.

Joe Dizzy

  • Gast
Ich denke der Rollenspielbranche würde es sehr viel besser gehen, wenn die Spiele spielbarer wären.

Was erwartet denn den üblichen Rollenspiel-Einsteiger, der über den Mainstream ins Hobby kommen will?

350+ Seiten lesen;
stundenlange Vorbereitungen;
Eingewöhnungsphasen über mehrere Spielsitzungen (die am besten noch 5 Stunden oder mehr dauern)

Sowas ist doch kein Spiel mehr. Das klingt eher nach dem Abarbeiten von Sozialstunden wegen Kleindelikten. "Herr Bösartig, sie haben die Wahl zwischen 2 Wochen Haft oder 4 Monaten Rollenspiel."

Besseres Marketing bringt nichts. Bessere Produkte müssen her. Spiele, die man spielen kann und die man sich nicht erarbeiten muss.

Offline Merlin Emrys

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Besseres Marketing bringt nichts. Bessere Produkte müssen her. Spiele, die man spielen kann und die man sich nicht erarbeiten muss.
Sehe ich anders. Wie schon oben von Ludovico erwähnt, ist die erste Quelle für neue Rollenspieler oft genug Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Neuanfänger lernen also nicht "theoretisch", sondern in der Praxis, im Spiel. Wenn sie Spaß haben und neugierig sind, nehmen sie dabei soviel auf, dass sie den halben Inhalt des Regelbuchs nach ein paar Sitzungen schon draufhaben.

Um nochmal auf das ebenfalls schon erwähnte Yu-Gi-Oh zu kommen: Eventuell ist der Witz, dass die dazugehörende Serie die Spielregeln enthalten und den Spielablauf immer und immer wieder vorgemacht hat. Die Anleitungen auf den Karten können deshalb kurz sein, weil im Film erklärt wird, was man mit ihnen macht - und auch, dass viel an einer pfiffigen, unerwarteten Kombination hängt. Reine Werbung hätte das, denke ich, niemals gebracht: Vormachen ist gerade bei Kindern um ein vielfaches wirksamer als erklären.

wjassula

  • Gast
Hallo -

lasst uns mal zu dem Artikel zurückkommen, und nicht allgemein über Strategien und so reden. Das hatten wir schon oft. Für Werbung usw. bitte eigenen Thread.

Ludovico, ich glaube, du hast den Artikel an der einen Stelle nicht richtig gelesen. Der Mann behauptet gerade nicht, dass durch pdfs eine neues goldenes Zeitalter ausbricht, sondern zeigt (für meine Begriffe schlüssig), dass die einzelnen Anbieter durch vielfältigeres Angebot eben weniger Umsatz machen. Ist das deiner Ansicht nach nicht plausibel?

Ich möchte gern einen Punkt gesondert besprechen, nämlich die Aussage von Ben Lehmann, dass er den Eindruck hat, dass in den letzten Jahren mehr Käufer wirklich spielen und versuchen, ihr Spielerlebnis befriedigender zu gestalten, als immer noch ein Sourcebook zu kaufen, zu sammeln und das Hintergrundmaterial abzufeiern. Ich gebe zu, dass das nicht zu beweisen ist, aber es deckt sich mit meinen Eindrücken. Die Konsequenz für den Markt finde ich dann auch logisch: man braucht Spiele, die verlässlich ein spannendes Spiel erzeugen und einen Support, der den Leuten bei konkreten Spielproblemen zur Seite steht. Das Spiel sollte aus einem zentralen, nicht zu dicken Buch bestehen, das deutlichen Anleitungscharakter tragen muss - weniger eine Settingbeschreibung.

Wir haben also die Situation, dass Rollenspiele plötzlich mehr als richtige Spiele konsumiert werden, und nicht als Mix aus toller Fantasywelt, schicken Bildern und einem irgendiwe drangepappten Regelsystem. Im Vergleich zu Brettspielen ist diese Entwicklung schwierig, weil Rollenspiele halt kein Zubehör brauchen. Höchstens kampforientierte Spiele könnte man mit Bodenplänen, Figuren usw. rausgeben, aber da haben die Leute im Artikel schon recht: Computerspiele machen das einfach besser.

Als Verkäufer hast du jetzt zwei Optionen: Entweder du überlegst dir, wie du Spiele so designst, dass sie mit viel Zubehör kommen, das für das Spiel auch zwingend notwenig ist, und machst damit deine Kohle. Oder du verkürzst die Vertriebswege, verkaufst den Leuten ohne Zwischenhändler deine kurze Anleitung und baust ein Supportforum auf, das hilft, das Spielerlebnis zu verbessern. Und dabei muss deine Anleitung noch ein deutlich anderes Spiel erzeugen als alles andere auf dem Markt.

Die realistische Option, die ich sehe, wäre sich einzugestehen, dass es überhaupt keine Industrie gibt, und statt auf die  Verlags- Vertriebs- Händlerkette auf direkten Vertrieb innovativer (urgs) Spielanleitungen vom Designer zum Endkunden zu setzen, plus Communitysupport. Davon kann der Designer nicht leben, aber sein Bier und die Telefonrechnung bezahlen. 

Dieser Gedanke, dass Rollenspiele immer mehr Spiele im eigentlichen Sinn werden, war mir so nicht neu, aber wie sich das auf den Markt auswirkt, das fand ich nett dargestellt.

Ein

  • Gast
Wiedermal sehr schön zusammengefasst, Jasper.

Zitat
Die realistische Option, die ich sehe, wäre sich einzugestehen, dass es überhaupt keine Industrie gibt

Darauf bin ich vor ein paar Monaten auch gekommen, wie ich ja schon mehrmals angedeutet habe. Von daher kann die Industrie Rollenspiel von mir aus gerne zugrunde gehen, dem Hobby Rollenspiel wird es wahrscheinlich nur gut tun.

Offline Falcon

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inwiefern gut tun?
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Offline Vanis

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Unterm Strich lautet die Antwort fast aller Befragter, dass die "Industrie" in der Tat im Arsch ist, allerdings unrescheiden sie sich in der Einschätzung, inwieweit das etwas schlechtes sei bzw. eine Chance für neue Geschäftsmodelle und Spiele.

Fassen wir also zusammen:

Der Rollenspielmarkt ist gewachsen, es gibt sehr viele verschiedene Spiele. (positiv)

Die Konkurrenz zu Rollenspielen ist gewachsen (Magic z.B.). (ist halt so)

Käufer verteilen sich auf immer mehr Spiele. Für die Verlage heißt das nichts anderes, als dass sie zueinander in härterer Konkurrenz stehen, was Preis und Leistung angeht. (für Käufer positiv, für Verlag eher negativ)

Was ich aus dem Artikel an Erkenntnissen gezogen hab, waren jetzt keine sehr großen Überraschungenmehr. Konkurrenz belebt den Markt und das Geschäft. Gute Ideen haben immer die Chance ganz groß rauszukommen. Nur braucht es eben keine 0815 Systeme mehr, die gibt es wie Sand am Meer gibt. Ich seh das eher als Chance, dass die Qualität der Rollenspiele immer mehr steigt. Wenn Rollenspiele im Internet komplett runterladbar sind, mit einem ähnlich hohem Anspruch wie gedruckte Rollenspiele, dann sollten sich Verlage auf ihren Hosenboden setzen und sich was überlegen.

Ganz nebenbei finde ich, ist der Markt für Rollenspiele alles andere als am Arsch, wenn ich mir die große Anzahl an Neuerscheinungen und Neuauflagen anschaue.
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Ludovico

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Erstmal verstehe ich nicht, wieso es keine Industrie geben soll.
Es gibt Verlage, die Rollenspiele herstellen. Diese Verlage verdienen damit ihre Brötchen. Allerdings sind die meisten davon bislang gezwungen gewesen, andere Einkommensquellen zur Ergänzung zu finden.
Ein Unterschied zu anderen Märkten ist, daß es bei Rollenspielen viele Enthusiasten gibt, die laienhaft versuchen, Rollenspiele kommerziell zu vertreiben.
Das sorgt auch für den enormen Konkurrenzdruck und die hohe Anzahl an Spielen, die aber meist vollkommen unrentabel sind oder sich bestenfalls so gerade über Wasser halten.

Ich denke, daß die Verlage immense Absatzprobleme haben, die aber hausgemacht sind und weniger an mangelnden Innovationen liegen (denn die gibt die Forge en masse her), sondern an der Vernachlässigung der PR und der Werbung.
Zu viele gute RPGs sind schon aus dem Druck genommen worden, weil man das Marketing vernachlässigt hat (wie Blue Planet).
Desweiteren denke ich, daß der Konkurrenzdruck nachlassen wird, wenn sich die Verlage nicht auf die kleine Randgruppe der Rollenspieler als Zielgruppe konzentrieren würden.

@Jasper
Zitat
Als Verkäufer hast du jetzt zwei Optionen: Entweder du überlegst dir, wie du Spiele so designst, dass sie mit viel Zubehör kommen, das für das Spiel auch zwingend notwenig ist, und machst damit deine Kohle. Oder du verkürzst die Vertriebswege, verkaufst den Leuten ohne Zwischenhändler deine kurze Anleitung und baust ein Supportforum auf, das hilft, das Spielerlebnis zu verbessern. Und dabei muss deine Anleitung noch ein deutlich anderes Spiel erzeugen als alles andere auf dem Markt.

Das wären realistische Optionen für die Enthusiasten unter den Verlagen, für die Einnahmen eher eine niedere Priorität haben. Für die Verlage, die von RPGs als Produkt leben, bleibt vor allem auf Marktentwicklung zu setzen.

Offline Roland

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Erstmal verstehe ich nicht, wieso es keine Industrie geben soll.

Weil Rollenspiel, im Vergleich zu den meisten anderen Märkten im Freizeitsektor, winzig klein ist. Es gibt weltweit weniger als 10 (wahrscheinlich weniger als 5) mittelständische Unternehmen, die Rollenspiele produzieren.
Könnte man mit ein bisschen Marketing könnte man Rollenspielen tatsächlich zum Maintreamhobby machen?  Würdest Du deinem besten Freund und Spielleiter, der gerade ein paar hunderttausend Euro geerbt hat, raten, in ein Rollenspielprojekt zu investieren?

Ich bin, wie Du, der Meinung, das manche Rollenspielverlage wesentlich erfolgreicher sein könnten, wenn Management und Mitarbeiter besser ausgebildet wären und einige Dinge anders angehen würden. Aber mehr als ein paar halbwegs rentable Kleinunternehmen halte ich nicht für möglich.
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Offline Vanis

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Ich denke, daß die Verlage immense Absatzprobleme haben, die aber hausgemacht sind und weniger an mangelnden Innovationen liegen (denn die gibt die Forge en masse her), sondern an der Vernachlässigung der PR und der Werbung.
Zu viele gute RPGs sind schon aus dem Druck genommen worden, weil man das Marketing vernachlässigt hat (wie Blue Planet).
Desweiteren denke ich, daß der Konkurrenzdruck nachlassen wird, wenn sich die Verlage nicht auf die kleine Randgruppe der Rollenspieler als Zielgruppe konzentrieren würden.

Wieviel Werbung machen den z.B. Brettspiele in Zeitungen, Fernsehen, Radio usw.? Auch nicht wirklich viel, zumindest nicht so, dass ich es als Käufer wirklich wahrnehmen würde. Deshalb sehe ich das Marketingproblem als nicht so gravierend an. Marketing kostet enorm viel Geld und wo kein Geld da ist, kan man auch keines investieren.

Ich denke der Rollenspielmarkt begrenzt sich eher durch die Art des Spiels: Der Zeitaufwand für ei Rollenspiel ist viel größer, als bei Brettspielen. Wenn ein Brettspiel bei mir im Schrank rumliegt, dann kann ich nach Jahren trotzdem mal wieder einen Abend mit Feunden spielen, ohne mich gleich wieder in 300 Seiten Regeln und Hintergrund einlesen zu müssen.

Daher vermute ich: Der Rollenspiemarkt bleibt klein, im Vergleich zu anderen Spieleanbietern. Daran kann man schon aufgund der Art des Spiels nicht so viel machen.
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Ludovico

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Wieviel Werbung machen den z.B. Brettspiele in Zeitungen, Fernsehen, Radio usw.? Auch nicht wirklich viel, zumindest nicht so, dass ich es als Käufer wirklich wahrnehmen würde. Deshalb sehe ich das Marketingproblem als nicht so gravierend an. Marketing kostet enorm viel Geld und wo kein Geld da ist, kan man auch keines investieren.

Der Unterschied liegt darin, daß Brettspiele gesellschaftlich anerkannt sind. Rollenspiele dagegen werden gesellschaftlich als Nerd-Hobby betrachtet.
Marketing kann viel Geld kosten, muß es aber nicht unbedingt. Anzeigen in diversen Magazinen außerhalb des RPG-Sektors sind nicht so teuer. Da dürften Fanpros Kosten, die DSA-Boxen bei Spielwarenhändlern unterzubringen, erheblich höher sein.
Ausgaben für Werbung sind nun mal absolut notwending. Es sind schon sehr viele schöne RPGs einfach verschwunden, einfach weil sie unbekannt waren oder führen ein Nischendasein, aus dem sie nicht herauskommen, weil die Produzenten es vernachlässigen, es bekannt zu machen.

Zitat
Daher vermute ich: Der Rollenspiemarkt bleibt klein, im Vergleich zu anderen Spieleanbietern. Daran kann man schon aufgund der Art des Spiels nicht so viel machen.

Ich denke auch, daß der Sektor klein bleibt im Vergleich zum PC- oder Brettspiel- oder TGC-Sektor.
Da stimme ich Roland zu. RPGs werden nie Mainstream werden.
Allerdings glaube ich, daß eine ganze Menge aus dem Sektor noch rausgeholt werden kann und da draußen sehr viele potentielle RPGler und somit Kunden rumlaufen, die von den Verlagen aber ignoriert werden, die am falschen Ende sparen und somit dafür sorgen, daß RPGs auch weiterhin eher unbekannt bleiben.

Teclador

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Ich muss hier Ludovico mal zustimmen. Die Werbung außerhalb der Zielgruppe Rollenspieler würde den Herstellern sicherlich gut tun. Sein Vorschlag in "benachbarten" Bereichen Werbung zumachen ist eine wirklich gute Idee.

Mir würden da spontan noch mmorpgs einfallen. Die halte ich für ideale Werbeträger.

Zumindest was ich persönlich in meinem einen Jahr World of Warcraft erlebt habe spricht dafür. Ich habe dort eine ganze Menge Leute getroffen die keine Ahnung von konventionellem PnP hatten die aber so eine diffuse Begeisterung für das Ausleben einer fantastischen Figur in einer Fantastischen Welt gezeigt haben. Selbst wenn dieser Anteil an Leuten unter den MMORPGlern recht klein sein sollte, dann wäre dieser Anteil auf Grund der Masse an MMORPGlern nicht zu unterschätzen. Zumindest für die Größenordnungen mit denen unser Hobby leben muss.

Offline Vanis

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Der Unterschied liegt darin, daß Brettspiele gesellschaftlich anerkannt sind. Rollenspiele dagegen werden gesellschaftlich als Nerd-Hobby betrachtet.
Marketing kann viel Geld kosten, muß es aber nicht unbedingt. Anzeigen in diversen Magazinen außerhalb des RPG-Sektors sind nicht so teuer. Da dürften Fanpros Kosten, die DSA-Boxen bei Spielwarenhändlern unterzubringen, erheblich höher sein.

Da geb ich dir in Bezug auf die größeren Verlage wie Fanpro auf jeden Fall Recht. Nur gerade die kleineren Verlage, die ein paar Leutchen bezahlen, können sich sowas nicht leisten.
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sackgesicht

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Kühne Thesen, möchte ich behaupten. Ich sehe das anders. Hier meine Gegenargumente, auch auf die Gefahr hin, dass ich lieb gewonnene Illusionen zerstöre:

1. „Rollenspiel ist eine Industrie!“
Nein. Rollenspiel ist ein absoluter Nischenmarkt. Der Markt ist winzig, selbst im Vergleich zu anderen Hobbymärkten. Games Workshop – die größte europäische Miniaturenschmiede – hat letztes Jahr einen Umsatz von rund 115 Mio. britischen Pfund erzielt (170 Mio. Euro). FanPro – der größte europäische Rollenspielhersteller – hatte vor 6 Jahren einen Umsatz von rund 5 Mio. Euro. Das ist im Vergleich zu Games Workshop fast gar nichts und dürfte sich auch nicht dramatisch erhöht haben (selbst wenn sie jetzt zehn Mio. Euro machen, ist das nicht die Welt). Ich hab leider keine neueren Zahlen von Fanpro, weil die ihren Umsatz nicht auf ihrer Webseite rumtratschen. Wer neuere Zahlen braucht: Die Bilanz von Fanpro kriegt ihr beim Amtsgericht Mettmann. Ich habe nur keine Lust, die 20 Euro Gebühren zu berappen.

2. „Die Verlage müssen einfach bessere Produkte entwickeln!“
Nein. Das Problem sind nicht die Produkte an sich. Das Problem ist, dass die Präferenzen der alten Rollenspielhasen und die der Neulinge genau in entgegengesetzte Richtung laufen. Neueinsteiger wollen leicht verdauliche, schnell spielbare Einstiegs-Elemente, die modular aufgebaut sind und die ich mir mit Erweiterungen bis zum Geht-nicht-mehr aufmotzen kann. Alte Hasen wollen ein dickes Buch. Fertig.

Tabletops funktionieren komischerweise sehr gut mit einem Modulsystem. Trading Card Games funktionieren auch so. Im Grunde funktionieren selbst Roman- und Fernsehserien so (Pilot und Sequels), ebenso wie alle technischen Spielereien, von der Modelleisenbahn bis zum Computer oder dem i-Pod: Erst gibt es einen Starter  – der ist vor allem selbsterklärend und muss Lust auf mehr machen. Dann kommen Module oder Fortsetzungen, die das Produkt beliebig erweitern. Alle Nutzer kommen damit zurecht und alle mögen anscheinend dieses Prinzip. Niemand schreit Zeterundmordio, dass Games Workshop ja sooo kommerziell geworden sei.

Nur das Rollenspiel stemmt sich gegen den modularen Trend – bzw. die Verlage werden dafür abgestraft, wenn sie ihm folgen. Jahrelang haben die Rollenspielfirmen ihre Abenteuer sogar versucht als „Module“ zu vermarkten. Hat nix genutzt. Fanpro hat teilweise von seinen Boxen (als es noch Boxen gab) zehnmal mehr verkauft als von seinen Abenteuern. Irgendwie wollen die Rollenspieler, sobald sie wissen, wie man ein Abenteuer leitet, immer alles auf einmal. Am besten wollen sie es in einem dicken Buch, fix und fertig entwickelt. Das will dann aber kein Einsteiger kaufen (zu dick, zu langatmig, zu kompliziert). Und die erfahrenen Spieler? Wollen nach dem einen Buch nichts mehr kaufen, denn es ist ja alles drin! Na toll!

3. „Rollenspielverlage haben keine Ahnung von BWL“
Stimmt nicht. Rollenspiele lohnen sich kommerziell eigentlich gar nicht, selbst wenn der Markt noch ein bisschen wächst. Für diese Erkenntnis muss ich keinen Abschluss in BWL besitzen (auch wenn ich persönlich einen habe). RPGs lohnen sich sehr viel weniger als andere Spiele, oder, um den BWLern eine Freude zu machen: Rollenspiele sind per se ein margenschwaches Geschäft. Das geht schon bei der Händlermarge los. Ein mit mir befreundeter Spielehändler behält bei einem Rollenspiel 55-60% des Ladenpreises als Rohertrag, bei einigen Trading-Card-Boostern sind es dagegen 70-80%. Damit er an einem Rollenspiel genauso viel verdient wie an den Karten, müssten die RPGs bis zu 45% teurer sein, ein Buch also z.B. 29 Euro statt 20 Euro kosten. Ach, ich hör die armen Rollenspieler schon wieder jammern, wie schlecht und böse die Welt ist, wie gierig die Verlage sind. Blödsinn!

Kommerzialisierung ist so ein Wort, das ich bisher nur von linken Ökoterroristen gehört habe – und von Rollenspielern. Dabei sind mir die Ökoterroristen noch lieber: Die leben vegan, meiden Markenprodukte, engagieren sich in gemeinnützigen Projekten oder verdreschen Neonazis. Rollenspieler dagegen jammern über hohe Preise, plündern dann aber das Sparschwein der kleinen Schwester oder langen der Oma in die Handtasche, um sich den Kram trotzdem zu kaufen – und dann zu lamentieren, wie Scheiße das alles ist, wie langweilig und wie abgekupfert. Rollenspieler sind verwöhnt und als Kunden alles andere als dankbar. Es wundert einen, dass es überhaupt noch Spinner gibt, die diesen Markt bedienen.

Im Grunde sind die RPG-Verleger daher allesamt Masochisten. Eine Rollenspielbox hat vor 20 Jahren schon 40,- DM gekostet. Inflationsbereinigt sind das heute (bei 2% Inflation im Jahr) rund 30 Euro. Das ist auch etwa der Preis, für den heute ein Grundregelwerk im Laden weggeht. Aber was hat man damals bekommen und was heute? Damals gab es zwei dünne Heftchen à 64 Seiten mit einer Pappschachtel und einem Pfennigsartikel (W20) als Dreingabe. Die Illustrationen waren wenige und grauslich, das Layout hat den Namen nicht verdient und die Cover erinnerten alle irgendwie an Conan der Barbar. Heute ist durch Computersatz und Digitaldruck vieles möglich, was früher einfach nicht zu diesem Preis darstellbar war. Aber trotzdem kriegt man heute für das gleiche Geld etwa die 2,5fache- bis 3fache Seitenzahl. Lohnt sich das für die Verlage? Nein, es lohnt sich nicht! Es ist wirtschaftliches Harakiri.

4. „Rollenspielverlage müssen mehr Werbung machen!“
Nein. Warum sollte man für eine sterbende Produktkategorie noch Werbung schalten? Selbst die billigste Kinowerbung (Drei-Sekunden-Einblendung) kostet pro Tag und Vorstellung etwa 5 Euro. Wenn man die in einem Multiplex schaltet, für 20 Vorstellungen am Abend in nur acht Ballungsräumen (Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Essen, Köln, München, Frankfurt und Stuttgart), dann habe ich im Idealfall 16.000 Kinogänger erreicht (von denen es 15.000 ohnehin nicht interessiert), aber es hat mich 800 Euro gekostet. Pro Tag! Das macht 80 Cent Werbeaufwand pro potenziellem Zielkunden. Viel zu teuer. Wenn ich für Kräuterbonbons 30 Sekunden Fernsehen zur Prime Time buche, dann kostet mich das zwar rund 100.000 Euro, aber dafür erreiche ich bis zu zehn Millionen Zuschauer, von denen wahrscheinlich 5 Mio. zumindest prinzipiell Kräuterbonbons essen würden. Das sind 2 Cent pro potenziellem Zielkunden. Bisschen besser, oder? Es ist ein Irrtum, dass man alles verkaufen kann, wenn man nur genug Werbung macht. Man kann alles verkaufen, wenn man seine Zielgruppe passgenau bearbeitet.

Und schließlich: kann man Rollenspiel in drei Sekunden erklären? Nein, kann man nicht. Trotzdem kann man Leute neugierig machen. Schmidt Spiele hat Weihnachten 1984 sogar mal Fernsehwerbung für DSA geschaltet, um den Markt zu entwickeln. Da war Deutschland aber noch eine rollenspielerische Terra Incognita und man konnte die Grundbox innerhalb von vier Jahren rund 100.000 mal verkaufen – bei wesentlich höheren Margen als heute. Da war noch Musik im Markt! Heute ist Rollenspiel ein sterbendes Produkt, *Achtung BWLer-Jargon* im Porter-Schema wäre es ein „armer Hund“: geringer Return, geringes Wachstum. Ein neues Rollenspiel (z.B. Arcane Codex) verkauft sich mit etwas Glück heute im gleichen Zeitraum 2.000 mal. Wer will da noch Geld reinbuttern?

Magazinanzeigen in General-Interest-Magazinen kosten übrigens leicht 3.000 bis 10.000 Euro pro Vollfarbseite – je nach Auflage. Da sieht die Rechnung bezüglich Zielgruppeneffizienz nicht viel besser aus. Der beste Marketing-Trick des Rollenspielsektors war in den vergangenen Jahren, Computer-Spiele mit D&D-angelehnten Regeln rauszubringen (z.B. „Neverwinter Nights“), das hatte D&D mal wieder zu einem bescheidenen Schub verholfen. Aber so was ist nicht ohne Ende zu imitieren. DSA hat das auch mal gemacht (zusammen mit attic, Anfang der 90er). Wenn es wirklich was gebracht hätte, würden sie es heute noch machen. Das Hauptproblem von Rollenspielen ist, das man sie ohne Erklärung fast nicht spielen kann. Deswegen ist Mund-zu-Mund-Propaganda das einzig wirksame Marketing-Tool geblieben. Das ist sinngemäß das, was mir vor einem halben Jahr Thomas Römer und Florian Don-Schauen (DSA-Redaktion) auf einem Con gesagt haben. Sie haben es sogar mit DSA-Handy-Spielen versucht. Ist alles gefloppt und bringt keine neuen Kunden.

Karstadt oder der Spielwarenfachhandel hat übrigens nie Geld von Fanpro bekommen, um deren Artikel ins Angebot aufzunehmen. Fanpro war bis weit in die 90er nur der Verlag für DSA, der Vertrieb erfolgte über Schmidt Spiele. Die hatten massig reguläre Würfel- und Kartenspiele im Programm, die standardmäßig über Kaufhäuser und Spielwarenfachhandel vertrieben wurden. Schmidt hat also einfach seine bestehende Vertriebsschiene genutzt. Und als nach der Schmidt-Pleite Fanpro den Vertrieb übernahm, konnten sie die Kaufhäuser natürlich weiter beliefern, denn die Produkte wurden ja nachgefragt. Viele Kiddies, die noch nie einen Rollenspielladen von innen gesehen haben, kaufen ihr DSA-Zeugs heute noch bei Karstadt ein. Sonst würde das Produkt nämlich ganz schnell aus dem Regal fliegen. Da könntest du ihnen soviel Geld zahlen wie du wolltest, denen ist ihr Regalmeter viel zu teuer und ihre Warenumschlagdauer heilig.

Offline Vanis

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Ich stimme dir da in den meisten Punkten zu, nur wenn es um die "besseren Produkte" geht, sehe ich das etwas anders als du:

2. „Die Verlage müssen einfach bessere Produkte entwickeln!“
Nein. Das Problem sind nicht die Produkte an sich. Das Problem ist, dass die Präferenzen der alten Rollenspielhasen und die der Neulinge genau in entgegengesetzte Richtung laufen. Neueinsteiger wollen leicht verdauliche, schnell spielbare Einstiegs-Elemente, die modular aufgebaut sind und die ich mir mit Erweiterungen bis zum Geht-nicht-mehr aufmotzen kann. Alte Hasen wollen ein dickes Buch. Fertig.

Was ich als "alter Rollenspielhase" nicht mehr brauche, sind stark aufgeblasene Grundbücher und Quellenbände, mit deren Regeln man sich wochenlang beschäftigen kann. Ich gehe da eher in die Richtung des modularen Aufbaus. Nur gibt es das ja wie erwähnt bei den wenigsten Rollenspielen. Was ich mir wünschen würde: Kurze Regeln mit denen man schnell spielen kann und nur den Hintergrund, den man zum SPiel auch wirklich braucht.
Das neue Rollemspiel zu Serentiy fällt mir da ein. Da hatte ich noch kritisiert, dass es ja für ein Grundbuch mit seinen 230 Seiten zu knapp wäre, jetzt fällt mir auf "warum denn nicht?". Ist doch eine prima Sache. Hintergrund kriegt man aus dem Kinofilm und der Serie.

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Offline Falcon

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Punkt 2 sehe ich auch als kühne Behauptung.
Auch wenns nichts heisst: In vielen Fällen die ich erlebt habe sind die Präferenzen zwar gegenläufig, aber wiederum genau gegenläufig zu Sackgesichts Beschreibung:
Einsteiger spielen RPG nach alter Schule, alte Hasen suchen sich immer einfacheres.

@PC Spiel und DSA: das tun sie immer noch. Es ist ein hochwertiges DSA Spiel in der Mache, marke Oblivion.

@FanPro Handy Spiele: Das die nichts bringen hätte ihnen damals auf der RatCon JEDER sagen können (ohne BWL Abschluß). Da war kollektives Kopfschütteln angesagt, aber die lassen sich ja nicht abbringen.
Obwohl ich vor Monaten sogar mal einen DSA Handyabenteuer Spot auf einem Musiksender gesehen habe. Nicht das sie jemals im Alltag aufgetaucht wären.
« Letzte Änderung: 15.08.2006 | 20:04 von Falcon »
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Offline Dr.Boomslang

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Ich sehe das ganze 100% wie Ben Lehman (aus dem obigen Artikel).

Wen zur Hölle interessiert die Rollenspielindustrie?! Bin ich die Industrie? Nein. Brauch ich diese Industrie um Rollenspiele rauszubringen? Nein. Brauche ich sie um gute Rollenspiele zu spielen? Nicht wirklich diese Industrie. Ich brauche nur jemanden der gute Rollenspiele schreibt, und die Leute gibt es. Punkt.

Wäre ich der Boss irgendeiner Firma wie Fanpro o.ä., dann würde ich mir Gedanken machen, ansonsten sehe ich aber kein wirkliches Problem mit der Industrie.

Teclador

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@FanPro Handy Spiele: Das die nichts bringen hätte ihnen damals auf der RatCon JEDER sagen können (ohne BWL Abschluß). Da war kollektives Kopfschütteln angesagt, aber die lassen sich ja nicht abbringen.
Obwohl ich vor Monaten sogar mal einen DSA Handyabenteuer Spot auf einem Musiksender gesehen habe. Nicht das sie jemals im Alltag aufgetaucht wären.

Nur als Anmerkung:

Diese Spiel sind für FanPro wohl der totale Knüller. Hab vor einiger Zeit mal ein Interview darüber gelesen. Die gehören zu den meistverkauften Produkten bei Fanpro. Der Grund warum viele RPGler nix davon mitbekommen: Die Zielgruppe für Handyspiele und all den Yamba Firlefanz überschneidet sich kaum mit der von klassischer Rollenspielen.

Von daher kann man Fanpro nur zu ihrem finanztechnischen Glücksgriff gratulieren.

Offline Falcon

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wobei meistverkauft bei Fanpro auch nicht Viel heissen muss  ;)

naja, zuguter Letzt haben die Handyspiele ja eigentlich nichts (nicht sehr viel) mit Rollenspiel zu tun. Dazu wohl, wie erwähnt, die falsche Zielgruppe. Es hilft der Rollenspielindustrie also auch nicht wirklich.
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Ludovico

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Kühne Thesen, möchte ich behaupten. Ich sehe das anders. Hier meine Gegenargumente, auch auf die Gefahr hin, dass ich lieb gewonnene Illusionen zerstöre:

Kühne Gegenargumente, die Du aufstellst. Wollen wir sie uns mal anschauen:

Zitat
Nein. Rollenspiel ist ein absoluter Nischenmarkt. Der Markt ist winzig, selbst im Vergleich zu anderen Hobbymärkten.

Gut! Rollenspiel ist keine richtige Industrie, sondern ein Produkt, für daß es einen Markt gibt. Zustimmung! Die Begrifflichkeit gefällt mir auch besser.
Warum ist der Markt winzig?
Weil keine Marktentwicklung stattfand, sondern die Verlage sich um nur eine Zielgruppe bemühen.
Zitat
3. „Rollenspielverlage haben keine Ahnung von BWL“
Stimmt nicht. Rollenspiele lohnen sich kommerziell eigentlich gar nicht, selbst wenn der Markt noch ein bisschen wächst. Für diese Erkenntnis muss ich keinen Abschluss in BWL besitzen (auch wenn ich persönlich einen habe). RPGs lohnen sich sehr viel weniger als andere Spiele, oder, um den BWLern eine Freude zu machen: Rollenspiele sind per se ein margenschwaches Geschäft. Das geht schon bei der Händlermarge los. Ein mit mir befreundeter Spielehändler behält bei einem Rollenspiel 55-60% des Ladenpreises als Rohertrag, bei einigen Trading-Card-Boostern sind es dagegen 70-80%. Damit er an einem Rollenspiel genauso viel verdient wie an den Karten, müssten die RPGs bis zu 45% teurer sein, ein Buch also z.B. 29 Euro statt 20 Euro kosten. Ach, ich hör die armen Rollenspieler schon wieder jammern, wie schlecht und böse die Welt ist, wie gierig die Verlage sind. Blödsinn!

Du gehst leider mit keinem einzigen Wort auf die Gewinnmarge des Verlages ein, sondern nur darauf, was die anderen einstecken. Deshalb beweist das noch immer nicht, daß gerade die enthusiastischeren Verlage keine Ahnung von BWL haben.
Der Verlag könnte sein Produkt für 5 € herstellen, es für 15 € an den Händler verkaufen, der 30 € dafür nimmt. Klingt immer noch nach einem satten Deckungsbeitrag für den Verlag.
Zitat
4. „Rollenspielverlage müssen mehr Werbung machen!“
Nein. Warum sollte man für eine sterbende Produktkategorie noch Werbung schalten?

Weil sie nicht stirbt? Es gibt nicht eine einzige anständige Untersuchung zum Markt. Man kann lediglich mit Fug und Recht behaupten, daß sich alle Rollenspielverlage nur auf die Kundenkategorie stürzt, die bereits Rollenspiele spielt, aber nicht auf die, die vielleicht daran interessiert sein könnten, weil sie ähnliche Interessen verfolgen wie diejenigen, die bereits Rollenspieler sind (genannt seien hier beispielsweise SF-Fans).
Das Rollenspielverlage derart konzentriert um nur eine Kundengruppe werben, zeigt zwar nicht, daß sie keine Ahnung von BWL haben, aber zumindest, daß sie von Marketing nicht viel wissen.

Zitat
Selbst die billigste Kinowerbung (Drei-Sekunden-Einblendung) kostet pro Tag und Vorstellung etwa 5 Euro. Wenn man die in einem Multiplex schaltet, für 20 Vorstellungen am Abend in nur acht Ballungsräumen (Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Essen, Köln, München, Frankfurt und Stuttgart), dann habe ich im Idealfall 16.000 Kinogänger erreicht (von denen es 15.000 ohnehin nicht interessiert), aber es hat mich 800 Euro gekostet. Pro Tag! Das macht 80 Cent Werbeaufwand pro potenziellem Zielkunden. Viel zu teuer. Wenn ich für Kräuterbonbons 30 Sekunden Fernsehen zur Prime Time buche, dann kostet mich das zwar rund 100.000 Euro, aber dafür erreiche ich bis zu zehn Millionen Zuschauer, von denen wahrscheinlich 5 Mio. zumindest prinzipiell Kräuterbonbons essen würden. Das sind 2 Cent pro potenziellem Zielkunden. Bisschen besser, oder? Es ist ein Irrtum, dass man alles verkaufen kann, wenn man nur genug Werbung macht. Man kann alles verkaufen, wenn man seine Zielgruppe passgenau bearbeitet.

Dann sollte man die Kinowerbung für RPGs auch nur bei Filmen schalten lassen, die in das Raster meiner Zielgruppe passen. Würde das was bringen? Mit Sicherheit!

Zitat
Heute ist Rollenspiel ein sterbendes Produkt, *Achtung BWLer-Jargon* im Porter-Schema wäre es ein „armer Hund“: geringer Return, geringes Wachstum. Ein neues Rollenspiel (z.B. Arcane Codex) verkauft sich mit etwas Glück heute im gleichen Zeitraum 2.000 mal. Wer will da noch Geld reinbuttern?

Deine Belege dafür, daß RPG ein sterbendes Produkt ist, taugen leider nichts. Diese Belege können genausogut so ausgelegt werden, daß die Verlage noch nicht gerallt haben, daß der RPG-Markt kein Verkäufermarkt mehr ist. Angesichts der mickrigen Werbemaßnahmen und der genutzten Medien der Verlage, denke ich, daß das der Fall ist. Es wird ja nicht mal Marktforschung betrieben. Statt zu überlegen, welche Zielgruppe welches RPG ansprechen könnte, wird einfach eins nach Lust und Laune produziert in der Hoffnung, daß es irgendwer kauft. Was ist das für eine Produktpolitik?

Zitat
Magazinanzeigen in General-Interest-Magazinen kosten übrigens leicht 3.000 bis 10.000 Euro pro Vollfarbseite – je nach Auflage. Da sieht die Rechnung bezüglich Zielgruppeneffizienz nicht viel besser aus.

Ja, wer in Bild und Stern und co. eine Vollbildseite ordert, um für RPGs zu werben, hat auch nicht mehr als eine hohe Rechnung auch nicht verdient.
Aber was ist mit Manga-Magazinen, SF-Magazinen, etc.?
Dürften da die Preise nicht etwas niedriger sein (besonders, wenn man keine Vollbildseite ordert)?

Zitat
Der beste Marketing-Trick des Rollenspielsektors war in den vergangenen Jahren, Computer-Spiele mit D&D-angelehnten Regeln rauszubringen (z.B. „Neverwinter Nights“), das hatte D&D mal wieder zu einem bescheidenen Schub verholfen. Aber so was ist nicht ohne Ende zu imitieren. DSA hat das auch mal gemacht (zusammen mit attic, Anfang der 90er). Wenn es wirklich was gebracht hätte, würden sie es heute noch machen.

Dieser Trick zieht auch nur, wenn man das entsprechend ausarbeitet. Ich hab Baldur's Gate im Original hier stehen. Hätte ich keine Ahnung von RPG würde ich meinen, daß D&D eine PC-Rollenspielreihe ist.

Zitat

Das Hauptproblem von Rollenspielen ist, das man sie ohne Erklärung fast nicht spielen kann. Deswegen ist Mund-zu-Mund-Propaganda das einzig wirksame Marketing-Tool geblieben. Das ist sinngemäß das, was mir vor einem halben Jahr Thomas Römer und Florian Don-Schauen (DSA-Redaktion) auf einem Con gesagt haben.

Wenn Dir das ein hohes Tier von WOTC gesagt hätte, hätte ich das nun echt geschluckt. Aber zwei Redakteure hier als Quelle zu nennen, anstatt Leute, die echt Ahnung haben müßten von Produktpolitik... Ne, sorry! Die beiden taugen nix zu diesem Thema. Würde es Dinge, DSA Intern angehen wie Layout etc. wären die top, aber wir reden hier über Marketing und davon haben die beiden höchstens rudimentäre Ahnung.

Zitat
Sie haben es sogar mit DSA-Handy-Spielen versucht. Ist alles gefloppt und bringt keine neuen Kunden.

Wie wäre es einfach mal mit Marktforschung und darauf ausgerichteter Werbung? Das kann Wunder wirken.

Zitat
Karstadt oder der Spielwarenfachhandel hat übrigens nie Geld von Fanpro bekommen, um deren Artikel ins Angebot aufzunehmen. Fanpro war bis weit in die 90er nur der Verlag für DSA, der Vertrieb erfolgte über Schmidt Spiele. Die hatten massig reguläre Würfel- und Kartenspiele im Programm, die standardmäßig über Kaufhäuser und Spielwarenfachhandel vertrieben wurden. Schmidt hat also einfach seine bestehende Vertriebsschiene genutzt.

Dann hat Schmidt also Geld an Karstadt abgedrückt (ist übrigens ganz normal: Wenn Du ein Produkt in einem namhaften Kaufhaus anbieten willst, mußt Du erstmal Geld an die bezahlen, damit sie es Dir abnehmen und aufstellen).

Zitat
Und als nach der Schmidt-Pleite Fanpro den Vertrieb übernahm, konnten sie die Kaufhäuser natürlich weiter beliefern, denn die Produkte wurden ja nachgefragt. Viele Kiddies, die noch nie einen Rollenspielladen von innen gesehen haben, kaufen ihr DSA-Zeugs heute noch bei Karstadt ein. Sonst würde das Produkt nämlich ganz schnell aus dem Regal fliegen. Da könntest du ihnen soviel Geld zahlen wie du wolltest, denen ist ihr Regalmeter viel zu teuer und ihre Warenumschlagdauer heilig.

Also zahlt Fanpro doch an Karstadt.
Und wieviel mehr würde man verkaufen, wenn mehr Menschen wüßten, was DSA ist?

Desweiteren Rollenspiel insgesamt als Poor Dog abzustempeln, halte ich für falsch. Im Rollenspielbereich gibt es einen Haufen Poor Dogs, aber auch einige Cash Cows (vor allem D&D, DSA, Shadowrun, etc.) und eine ganze Menge Question Marks mit starker Tendenz zum Poor Dog.
Warum?
Weil einfach keine Marktentwicklung stattfindet.

Übrigens wäre es auch möglich, teurere Marketingmaßnahmen zu nutzen, wenn die Rollenspielverlage ihre Ressourcen bündeln würden.
« Letzte Änderung: 16.08.2006 | 19:15 von Ludovico »