Autor Thema: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln  (Gelesen 13047 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Die gemeinsame Fiktion, die den Gegenstand des Rollenspiels bildet, wird durch Regeln inhaltlich mitbestimmt.

Das heißt, die Spieler besitzen keine uneingeschränkte Freiheit bei der Gestaltung der gemeinsamen Fiktion, solange sie ihrem Spiel ein Regelwerk zugrunde legen.

Ein Beispiel: Die Spieler spielen D&D 3.5. Sie fügen einem Gegner massiven Schaden zu. Doch egal wie hoch der akkumulierte Schaden ist: Solange der Gegner-NPC noch Hit Points besitzt, ist er in seinen Aktionen nicht eingeschränkt. Das heißt: Die Spieler besitzen nicht die Freiheit, sich einen schwerverletzten NPC als gehandicapt vorzustellen, wenn sie auf der Grundlage des Regelwerks bleiben möchten. (bitte keine Regeldebatte – tauscht das Beispiel im Zweifelsfall gegen eines aus, das Ihr besser findet)

(Ich glaube, dass es keine guten Gründe gibt, die gegen diese These sprechen. Allerdings hört man ab und an (häufig?), dass die Geschichte, die man gemeinsam erzählt (bzw. die man gemeinsam erschafft/in der man sich gemeinsam bewegt), völlig unabhängig vom Regelwerk ist. Insofern bin ich selbstverständlich dankbar für Argumente, die dagegen sprechen, dass mit der Festlegung auf ein Regelwerk der inhaltliche Gestaltungsspielraum eingeschränkt wird.)

Ich frage mich nun, wie Regeln im Einzelnen inhaltlich bedeutsam werden können. Dies würde ich gerne gemeinsam mit Euch überlegen.

Vorab schon einmal einige kursorische Gedanken:

(i) Regeln können ein Mechanismus zur Entscheidungsfindung sein. Dabei legt die Regel die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ausgangs fest.
(ii) Regeln können bestimmte Bereiche, bspw. Eigenschaften oder Fähigkeiten (z.B. Stärke oder Zaubern), definieren oder konstituieren.

Wenn Regeln ein Mechanismus zur Entscheidungsfindung sind, scheinen mir die inhaltlichen Beschränkungen weniger strikt zu sein, als im Falle der konstitutiven/definierenden Regeln. Denn solange die Regeln nicht die Möglichkeit, sondern nur die Wahrscheinlichkeit bestimmen, kann die entsprechende Sache im Prinzip Teil der gemeinsamen Fiktion werden. Natürlich kommt auch die Festlegung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmtes Ereignis eintritt, hinsichtlich des Aufbaus einer fiktiven Welt einer inhaltlichen Vorgabe gleich. Aber zumindest in einer bestimmten Situation bleibt stets offen, was passiert. Dies ist bei Regeln, die einen bestimmten Bereich definieren, anders. Solange die Regel gilt, ist eine bestimmte Sache notwendigerweise so und nicht anders (der verwundete Gegner-NPC ist voll handlungsfähig; mit einer Stärke von 18 kann man 200 kg anheben etc.).

Folgendes möchte ich noch anmerken:
Mir ist natürlich klar, dass Spieler sich immer darauf verständigen können, bestimmte Regeln wegzulassen oder zu modifizieren. Deswegen gehe ich davon aus, dass bestimmte Regeln gelten und frage mich, was dies für die Gestaltung der gemeinsamen Vorstellungswelt bedeutet.

Da ich gemerkt habe, dass sich hier einige Leute mit Designinteressen tummeln, will darauf hinweisen, dass es, sofern die Ausgangsüberlegung richtig, selbstverständlich unabdingbar ist, sich als Designer zu überlegen, auf welche Weise die Regeln inhaltlich relevant sind. Das mag ein Allgemeinplatz sein (keine Ahnung, ich kenne mich zu wenig in den einschlägigen „Tipps und Tricks für Designer“-Foren aus), der aber, soweit ich das überblicken kann, noch nicht in alle Regelwerke Einzug gefunden hat. Mir scheint, dass es eine Tendenz gibt zu suggerieren, dass man mit dem Regelnwerk letztlich jede Geschichte gleichermaßen erzählen könnte. Möglicherweise kann eine Klärung der Arten und Weisen, wie die Fiktion inhaltlich von den Regeln abhängig ist, für Designer hilfreich sein (darauf können wir ja in der Diskussion noch näher eingehen).

Für die „Konsumentenseite“ folgt, dass man sich über Art und Inhalt der gemeinsamen Fiktion im Voraus einigermaßen klar sein sollte, um ein angemessenes Regelwerk zugrunde zu legen. Wenn man sich eine Fantasywelt vorstellt, in der massive Verletzungen mit eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten verbunden sind, dann sollte es in den Regeln besser eine feinkörnigere Skala geben als „bewusstlos – voll einsatzfähig“.

Wie gesagt, falls jemand die Ausgangsüberlegung unplausibel findet, freue ich mich über kritische Einwände. Was mich aber insbesondere interessiert, ist die Abhängigkeit der Fiktion von zugrunde gelegten Regeln.

(Übrigens gehörte ich bis vor kurzem zur Fraktion derer, die davon ausgegangen sind, dass man im Prinzip mit jedem Regelwerk alles machen kann – um es etwas überspitzt zu sagen.)
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Stefan G.

  • Bestdressed Nerd ever!
  • Experienced
  • ***
  • He confuses and insults people!
  • Beiträge: 411
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Katauermann
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #1 am: 12.12.2007 | 18:17 »
Die gemeinsame Fiktion, die den Gegenstand des Rollenspiels bildet, wird durch Regeln inhaltlich mitbestimmt.

Das heißt, die Spieler besitzen keine uneingeschränkte Freiheit bei der Gestaltung der gemeinsamen Fiktion, solange sie ihrem Spiel ein Regelwerk zugrunde legen.


Dem stimme ich 100% zu.

Deinem Beispiel und deiner implizite Annahme, dass jede Regel einen Einfluß auf die Fiktion hat jedoch nicht.

In DND 3.5 ist klar festegelegt, wieviel Schaden man nehmen kann bis man stirbt oder kampfunfähig wird. Durch erlittenen Schaden wird man jedoch nicht behindert (zumindest fällt mir nicht ein wo sowas in den Corerules stehen würde). Soweit ist das richtig.
Ich seh aber kein Problem darin, dass Schaden Behinderungen in der Fiktion erzeugen.
Mcclane wird ja auch in Diehard im laufe der Filme immer mehr verwundet, trotzdem gelingen ihm immernoch genug seiner Aktionen.

So kann man sich das meiner Ansischt nach auch bei DND vorstellen. Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.

Von daher gibt es eben Bereiche der Fiktion, auf den die Regeln Einfluß haben(Es gibt Magier, Schiffe mit Hyperantrieb sind so und so schnell, ein Sturz aus 10m Höhe ist so und so gefährlich, Ein Gespräch kann die und die Auswirkungen haben, etc.) und Andere die von den Regeln unberührt sind(Die Auswirkungen von Schaden außerhalb bestimmer, kritischer Bereiche bei DND, Die Form einer "magic missile" bei DND, etc.).
"It's all about fun. Yeah! Who has the fun when I kill you in game? You or me?" Athene, best Paladin in the world

Offline Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.751
  • Username: Maarzan
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #2 am: 12.12.2007 | 18:34 »
So kann man sich das meiner Ansischt nach auch bei DND vorstellen. Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.

Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Stefan G.

  • Bestdressed Nerd ever!
  • Experienced
  • ***
  • He confuses and insults people!
  • Beiträge: 411
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Katauermann
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #3 am: 12.12.2007 | 18:38 »
Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.

Ja, hab ich auch nie anders gesagt. Wenn man als Spieler eben möchte, das der eigene Charakter glaubt die Gegner wären wirklich in ihren Aktionen eingeschränkt und darauf basierend handeln läßt, dann erlebt der Charater eben sein blaues Wunder. Dem Spieler ist das aber vorher klar, der kennt ja die DND Regeln.
"It's all about fun. Yeah! Who has the fun when I kill you in game? You or me?" Athene, best Paladin in the world

Offline Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.751
  • Username: Maarzan
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #4 am: 12.12.2007 | 18:47 »
Die Charaktere haben aber ihre Lebenserfahrung in der Welt, kennen also zumindest in Grundzügen die Regeln auch.
Das passt also so oder so nicht und kann nur über ein bewußtes Ignorieren durch den Spieler auf allen Ebenen dann zu lösen versucht werden. Gamistisch mag das hinhauen, aber wer dann mehr Wert auf die Fiktion/die Welt und deren Behandlung legt, wird da wohl unzufrieden mit sein.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Stefan G.

  • Bestdressed Nerd ever!
  • Experienced
  • ***
  • He confuses and insults people!
  • Beiträge: 411
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Katauermann
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #5 am: 12.12.2007 | 19:49 »
Nehmen wir an der riesige Drache hatte zu Beginn des Kampfes 900 HP, er hat mit bösartiger Intelligenz agiert und durch gezielte, einzelne Atacken versucht die Charaktere zu töten. Nun hat er nurnoch 100 HP und schlägt wie ein wildes Tier um sich, versucht verzweifelt noch den Sieg davonzutragen, auf Regelebene schlägt er aber noch genausoviel Atacken wie vorher auch und hat keine Abzüge.

Ich seh kein Problem damit, wenn man das so handhabt, Fiktion und Regeln sind in diesem Fall eben getrennt, und berühren sich dann wieder, wenn der Drache kampfunfähig wird, stirbt oder regeneriert.

@Turning: Danke für die Blumen.

@Gaukelmeister: Tut mir leid, wenn das Ganze durch meine Anregungen vom Thema abkommt.
"It's all about fun. Yeah! Who has the fun when I kill you in game? You or me?" Athene, best Paladin in the world

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #6 am: 12.12.2007 | 19:52 »
@Gaukelmeister:

Erstmal Zustimmung.

Die Frage die mich grad beschäftigt ist, nach welchen Regeln formen die Spieler ihre Beiträge zur Fiktion? Wenn man diese erstmal festhalten kann, dann könnten Spieler auch gezielt die Art von Beiträge zum Spiel beisteuern, die ihren Vorstellungen bzw. den Vorgaben der Spielregeln entsprechen.

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #7 am: 12.12.2007 | 19:59 »
Hmmm... interessantes Thema.

Ich finde auch, dass die Regeln (im Sinne von "Mechanismen") Spiel und Fiktion beeinflussen. Sie werden zwar nur selten Dinge unmöglich machen, aber ihren Einfluss auf die Welt haben sie schon. Interessant dabei ist, wie subjektiv und von den Regeln unbeeinflusst die Fiktion dennoch bleiben kann. Sprich: es geht um das Ausmaß.


Extrembeispiel: nehmen wir ein System an, das explizit sagt, dass Magie nicht erlaubt ist. Es ist also ohne Ignorieren der Regeln schlicht nicht nicht möglich, einen Magier zu spielen und wenn diese Regel den Spielern bekannt ist, dürfte auch keine Magie in den Vorstellungsraum der einzelnen Spieler gelangen. Damit wäre bewiesen, dass Regeln Einfluss auf den Vorstellungsraum haben, sofern sie bekannt sind und beachtet werden. Das war einfach. Doch in welchem Maße beeinflussen Regeln die Vorstellung?

Naja, da ich hauptsächlich klassische Systeme spiele, die nicht "fokusiert" sind, hatte ich bisher mit wenigen Regeln zu kämpfen, die in meinen Vorstellungsraum eingreifen. Die meisten klassischen Systeme erlauben ziemlich viel und die Regeln beschränken sich mehr auf das "wie" als das "was". Also nicht "was geht / passiert?" sondern "wie geht das / wie kann ich das erreichen?". Das ist meines Erachtens nach einer der Knackpunkte. "Was"-Regeln greifen eigentlich immer stark in den Vorstellungsraum ein, weil sie Dinge aus ihm wegnehmen / verbieten können. Die "wie" Regeln wiederum sind selten so konkret, dass sie mir nicht meine eigene Interpretation erlauben. Es gibt natürlich auch Mischformen. Eine Tabelle, die angibt wie weit man springen kann, wird bei einem Fantasysystem Sprünge über 100m wohl nicht erlauben. Es kommt nur sehr selten zu Situationen, in denen das von Bedeutung ist.

Ein weiterer Punkt ist der Abstraktionsgrad. Ein "konkretes" System, wie z.B. Rolemaster im Kampf, lässt wenig Spielraum zur Interpretation. Das führt zu einem meist übereinstimmenden gemeinsamen Vorstellungsraum und hat großen Einfluss auf die Fiktion im allgemeinen. Hier schreiben die Regeln die Ereignisse zum großen Teil mit. Es wird nicht nur getroffen, sondern auch gesagt, welche Arterie gerade in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das ist sehr konkret. Auch in Spacemaster sagen die Regeln z.B. beim Konstruieren von Geräten recht genau, was hinterher rauskommt. Die Regeln fließen hier stark in den Vorstellungsraum ein.

Im Gegensatz dazu sind "abstrakte" Systeme wie z.B. nWod wenig im Vorstellungsraum zu finden. Hier muss der Spieler selbst die Lücken füllen. Was im Kampf bei Rolemaster recht genau beschrieben wird (von den Regeln!) muss hier interpretiert werden. Wo habe ich getroffen? Wie sieht der Schaden aus? Welche Konsequenzen hat das? Dies kann von Spieler / Spielleiter übernommen oder schlicht ignoriert werden, nach dem Motto, was nicht in den Regeln steht brauch ich nicht berücksichtigen oder in den Vorstellungsraum einbringen. Meine Gruppe füllt diese Lücken mit Beschreibungen des Spielleiters aus, welche auch dann Konsequenzen haben, wenn nichts davon in den Regeln steht.

Wie stark die Regeln in den Vorstellungsraum eingreifen / die Fiktion beeinflussen hängt also imho vom jeweiligen System ab. Sehr stark sogar. Es reicht vom Unbedingten und ständigen Eingreifen eines Rolemaster bis zum kaum Vorhandensein. Maßgeblich ist dabei wie viele "Was"-Regeln ein System hat und wie konkret die Regeln evtl. Ergebnisse regeln. So sehe ich das derzeit.

Offline Falcon

  • HvD
  • Titan
  • *********
  • Raise Your DICE !
  • Beiträge: 12.009
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Tiamat
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #8 am: 12.12.2007 | 20:06 »
Ich stimme Gaukelmeister auch zu. Die Rollenspieler, die meinen, daß Regelwerk hätte keine Auswirkungen auf den Spielstil werden glücklicherweise immer weniger.

aber trotzdem, zu dem Beispiel:

Bleiben wir bei dem angeschlagenen Ork. Natürlich weiss der Spieler, daß der Ork nicht eingeschränkt ist aber es gibt eben Spieler denen das für die Atmosphäre reicht. Wenn die Atmosphäre stimmt, stimmt auch die Immersion.
Zudem kann der SL so etwas ja trotzdem nutzen. Der Ork könnte auf den Charakter aufmerksam werden, der ihn getroffen hat oder Angst kriegen oder oder.
Alles Dinge, die in D&D nicht Regegelt sind und vom Spielleiter Willkürlich festgelegt werden müssen.
Bei uns begründet sich der ganze Spielstil auf das herumbiegen und umdeuteln der Regeln oder regellosen Entscheidungen und daher kommt auch das Argument, daß Regelsystem, egal wie schlecht, störe nicht beim Rollenspiel.
Es ist also so, was der SL als Auswirkunge bestimmt, HAT auch Auswirkung, obs dazu nun eine Regel gibt oder nicht.

Bei Savage Worlds ist es sogar so extrem, daß das System die 300HP vom Drachen direkt überspringt, insofern daß solche Treffer, die ihn nicht töten überhaupt keine Auswirkungen haben (so wie in D&D ein Dolchstoss mit 4Schaden gegen Drachen eben auch nicht). Dies beschreibt das Regelwerk als Treffer, die unter dem Toughnesswert gewürfelt werden (der Trefferschwelle). Der SL wird im Regelwerk dann angehalten die Treffer trotzdem zu beschreiben damit die Spieler das Gefühl haben, daß ihr Hieb etwas bewirkt (was er Regeltechnisch nicht tut)!!
« Letzte Änderung: 12.12.2007 | 20:12 von Falcon »
Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #9 am: 12.12.2007 | 20:21 »
Jep: ich sage mal, was keine regeltechnischen Auswirkungen hat kann dennoch Auswirkungen auf die Fiktion haben. Dazu gehört ja schließlich auch jeder Unterhaltung der Figuren untereinander oder die schlicht die Beschreibungen des Spielleiters. So eben auch die Dinge im Kampf, die nicht geregelt sind. Aber umgekehrt gibt es eben Regelwerke, die solche Dinge eben NICHT der Interpretation überlassen und somit recht konkret in den Vorstellungsraum eingreifen. Ein System wie eben Rolemaster z.B., tut dies recht direkt und oft.

@Falcon:
Ich würde dies aber vom Spielstil trennen, schließlich geht es hier um den Einfluss der Regeln auf die Fiktion, nicht auf den Spielstil. Da bin ich zwar der gleichen Meinung, müsste aber anders argumentieren.  ;)

Offline Falcon

  • HvD
  • Titan
  • *********
  • Raise Your DICE !
  • Beiträge: 12.009
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Tiamat
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #10 am: 12.12.2007 | 20:25 »
Stimmt du hast Recht. Man muss also von Spielern ausgehen, die sich By the Book an die Regeln halten. Eine Herrangehensweise, die ich sogar bevorzuge (meine Willkürrunde leider nicht). Bei dem richtigen Regelwerk kann damit ne Menge Settingflair aufkommen.

In diesem Fall würde ich sagen das System hat ganz erhebliche Auswirkungen darauf, wie sollte es auch anders sein?
Die einzige Kritik gegen System does Matter (ich verstehe "system" anders als viele das Zitat interpretieren) bezieht sich schliesslich auch auf das Herumbiegen von Regeln. Ansonsten wüsste ich kein vernünftiges Argument was dagegen spricht.
Wie du schon sagtest: "das war ja einfach".

Entweder also man bezieht auch andere Herrangehensweisen an Regeln mit ein oder das Thema ist im Grunde geklärt, oder nicht?

Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

Offline Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.751
  • Username: Maarzan
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #11 am: 12.12.2007 | 22:26 »
Jep: ich sage mal, was keine regeltechnischen Auswirkungen hat kann dennoch Auswirkungen auf die Fiktion haben. Dazu gehört ja schließlich auch jeder Unterhaltung der Figuren untereinander oder die schlicht die Beschreibungen des Spielleiters. So eben auch die Dinge im Kampf, die nicht geregelt sind. Aber umgekehrt gibt es eben Regelwerke, die solche Dinge eben NICHT der Interpretation überlassen und somit recht konkret in den Vorstellungsraum eingreifen. Ein System wie eben Rolemaster z.B., tut dies recht direkt und oft.


In die Fiktion einfließen kann erst einmal viel. Ein Problem wird es nur, wenn dieses neue Konstrukt dann belastet werden soll, indem jemand es eben nicht nur als Color nimmt, sondern eine Handlung darauf aufbaut und nun genauer hingeschaut werden muss.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #12 am: 13.12.2007 | 00:21 »
Vielen Dank!

Nun also zur Klärung einiger der aufgeworfenen Fragen.


Was meinst Du eigentlich mit Regeln? Einzelne Regelmechanismen oder das Regelbuch in seiner Gesamtheit?

Mir geht es um die Regeln, die eine Spielrunde zugrunde legt. Ob diese Regeln in einem Regelwerk drinstehen oder ob die Spieler sich Regeln aus verschiedenen Systemen zusammen suchen oder ihre Regeln sonst woher nehmen, ist für die Fragestellung im Prinzip egal. Das Wichtige ist, dass ein Set von Regeln existiert, auf das sich die Spieler geeinigt haben. Dies wird häufig (zumindest am Anfang) ein Regelbuch in seiner Gesamtheit sein.

Welchen Sinn verfolgst Du mit der Auflistung von (I) und (II)?
Sind diese beiden Punkte nicht ein und dasselbe? (Wenn ich etwas definiere, dann hat es doch auch eine Wahrscheinlichkeit.)

Möglicherweise hast Du Recht und die beiden Punkte lassen sich letztlich auf einer gemeinsamen Skala abtragen. Aber intuitiv sehe ich einen Unterschied zwischen Fall (i), demzufolge sowohl das eine wie auch das andere von zwei sich wechselseitig ausschließenden Ereignissen eintreten kann (stirbt vs. überlebt; klettert die Wand hoch vs. stürzt unterwegs ab etc.), und Fall (ii), durch den bestimmte Ereignisse von vornherein ausgeschlossen werden (Ein Roter Drache, der durch Feuerschaden stirbt) oder durch den bestimmte Zustände als konstant gesetzt werden (Alle Paladine sind rechtschaffen gut). Im ersten Fall kann ich mir im Einklang mit den Regeln das Eintreten beider Ereignisse vorstellen. Im zweiten Fall wird für alle Situationen vorgegeben, was notwendigerweise der Fall ist oder unmöglich der Fall sein kann. Ich stelle mir das derzeit probeweise als modalen Unterschied von Möglichkeit und Notwendigkeit (Unmöglichkeit) vor. Aber ob das eine gute Unterscheidung ist, weiß ich noch nicht so genau. Vielleicht erklärst Du einfach noch einmal, wieso Du meinst, dass es sich hier letztlich um ein und dasselbe handelt.

[...]Ich seh aber kein Problem darin, dass Schaden Behinderungen in der Fiktion erzeugen.
[...]Für die Charaktere siind die Gegner eben stark verletzt und ihren Aktionen eingeschränkt, die Spieler wissen aber, dass das nur Show ist.

Wenn Du unter Behinderungen irgendetwas Handlungsrelevantes meinst, stimmt dies nicht. Natürlich kann man sich den NPC blutend, schreiend oder sonst wie vorstellen. Aber alles das ändert nichts daran, dass er zu 100 % handlungsfähig ist. Wenn dies der Fall ist, wäre es inkonsistent, wenn der NPC nicht entsprechend aus dem Vollen schöpft. Und da die Welt genau so beschaffen ist, wäre es auch Unsinn, wenn die SC ständig mit falschen Vorstellungen über die Effektivität ihrer Angriffe und die Konsequenzen für den Gegner durch die Gegend laufen. Deswegen stimme ich auch mit Maarzan überein, wenn er schreibt:

Spätestens, wenn jemand diesen Aspekt für eine weitere Handlung nutzen will (Fluff wird zu handlungsrelevantem Setting) ist die Show vorbei.

Und Dein Hinweis:

Ja, hab ich auch nie anders gesagt. Wenn man als Spieler eben möchte, das der eigene Charakter glaubt die Gegner wären wirklich in ihren Aktionen eingeschränkt und darauf basierend handeln läßt, dann erlebt der Charater eben sein blaues Wunder. Dem Spieler ist das aber vorher klar, der kennt ja die DND Regeln.

führt dann irgendwie in die falsche Richtung. Denn warum sollten die Spieler konsequent wollen, dass ihre SC die Situation falsch einschätzen? Mir geht es nicht darum, dass sich jeder Charakter den absurdesten Illusionen hingeben kann – das werden die wenigsten Regelsets ausschließen. Es geht darum, was tatsächlich in der Fiktion der Fall ist oder der Fall sein kann.

Die Frage die mich grad beschäftigt ist, nach welchen Regeln formen die Spieler ihre Beiträge zur Fiktion? Wenn man diese erstmal festhalten kann, dann könnten Spieler auch gezielt die Art von Beiträge zum Spiel beisteuern, die ihren Vorstellungen bzw. den Vorgaben der Spielregeln entsprechen.

Sorry, aber ich weiß nicht, ob ich Deinen Punkt vollständig verstanden habe. Schlägst Du zunächst ein induktives Vorgehen vor (Beobachte die Spieler und entscheide, nach welchen Regeln sie ihre Beiträge zur Fiktion formen)? Um dann, wenn man die de facto verwendeten Regeln klar hat, bewusst darauf zugreifen zu können? Wenn man so will: zunächst ein Aufklärungsprozess, durch den die Spieler ihre implizit verwendeten Regeln explizieren, um dann in der Folge die Gestaltung der Fiktion an den nun expliziten Regeln zu orientieren? Einfacher gesagt: der Spieler soll die Regeln kennen, um seine Gestaltungsspielräume zu kennen.

[...] "Was"-Regeln greifen eigentlich immer stark in den Vorstellungsraum ein, weil sie Dinge aus ihm wegnehmen / verbieten können. Die "wie" Regeln wiederum sind selten so konkret, dass sie mir nicht meine eigene Interpretation erlauben. [...]

Ich kann noch nicht ganz abschätzen, wie ich die Unterscheidung von Was-Regeln und Wie-Regeln im Detail interpretieren würde, aber auf jeden Fall hast Du Recht, dass Was-Regeln einen starken Einfluss auf die Vorstellungswelt haben, indem sie bestimmte Dinge von vornherein ausschließen. Aber auch Wie-Regeln legen doch fest, auf Welche Art und Weise man etwas erreichen kann und auf welche Weise nicht, oder? Zumindest frage ich mich gerade, ob das, was Du Wie-Regeln nennst, nicht einfach eine bestimmte Unterart der Was-Regeln sind, nämlich solche, die sich auf die Mittel zu bestimmten Zwecken beziehen. Eine Wie-Regel schließt von vornherein bestimmte Wege zur Zielerreichung aus. Dementsprechend sagt auch eine Wie-Regel, dass bestimmte Ereignisse nicht eintreten können. Was meinst Du? Ist klar, worauf ich hinaus will?

Der Abstraktionsgrad bzw. die Konkretheit der Regeln ist sicherlich ein entscheidender Faktor, um zu bestimmen, wie die Fiktion inhaltlich von den Regeln abhängig ist.

Stimmt du hast Recht. Man muss also von Spielern ausgehen, die sich By the Book an die Regeln halten. Eine Herrangehensweise, die ich sogar bevorzuge (meine Willkürrunde leider nicht).

Um das klar zu stellen: Mir geht es nicht darum zu bewerten, ob man nun Regeln ändern sollte oder nicht. Wenn es den Leuten gefällt, sollen sie machen was sie wollen.

Entweder also man bezieht auch andere Herrangehensweisen an Regeln mit ein oder das Thema ist im Grunde geklärt, oder nicht?

Mir geht es ja im Wesentlichen darum zu überlegen, wie die Fiktion von Regeln abhängig ist. Dazu habe ich eingangs versucht, einige Überlegungen anzustellen (Rund um die Punkte (i) und (ii) ). Killedcat hat ebenfalls versucht, ausgehend von der Prämisse, dass Regeln Einfluss haben, unterschiedliche Arten des Einflusses zu unterscheiden. Es bleibt also noch Raum für Fragen.
« Letzte Änderung: 13.12.2007 | 00:26 von Gaukelmeister »
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Falcon

  • HvD
  • Titan
  • *********
  • Raise Your DICE !
  • Beiträge: 12.009
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Tiamat
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #13 am: 13.12.2007 | 01:07 »
Zitat
Mir geht es ja im Wesentlichen darum zu überlegen, wie die Fiktion von Regeln abhängig ist. Dazu habe ich eingangs versucht, einige Überlegungen anzustellen (Rund um die Punkte (i) und (ii) ). Killedcat hat ebenfalls versucht, ausgehend von der Prämisse, dass Regeln Einfluss haben, unterschiedliche Arten des Einflusses zu unterscheiden. Es bleibt also noch Raum für Fragen.
Ja gut, aber wenn man  Regeln einfach ignoriert und die Auswirkungen so bestimmt, dann gilt das doch alles nicht mehr.
Dann lässt sich das doch immer auf "Ja, Regeln können Einfluss haben, muss aber nicht unbedingt".

Wenn man das Herumbiegen der Regeln explizit zulässt, sind die Regeln nicht viel mehr als ein Wegweiser für das Ergebnis, an das man sich halten muss oder nicht. Also nur Vorschläge für die Fiktion aber nicht bestimmend. Das wäre Punkt i).
Insofern würde ich dem Punkt zustimmen.
Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #14 am: 13.12.2007 | 07:48 »
Ich kann noch nicht ganz abschätzen, wie ich die Unterscheidung von Was-Regeln und Wie-Regeln im Detail interpretieren würde, aber auf jeden Fall hast Du Recht, dass Was-Regeln einen starken Einfluss auf die Vorstellungswelt haben, indem sie bestimmte Dinge von vornherein ausschließen. Aber auch Wie-Regeln legen doch fest, auf Welche Art und Weise man etwas erreichen kann und auf welche Weise nicht, oder? Zumindest frage ich mich gerade, ob das, was Du Wie-Regeln nennst, nicht einfach eine bestimmte Unterart der Was-Regeln sind, nämlich solche, die sich auf die Mittel zu bestimmten Zwecken beziehen. Eine Wie-Regel schließt von vornherein bestimmte Wege zur Zielerreichung aus. Dementsprechend sagt auch eine Wie-Regel, dass bestimmte Ereignisse nicht eintreten können. Was meinst Du? Ist klar, worauf ich hinaus will?

Dazu habe ich geschrieben:
Es gibt natürlich auch Mischformen. Eine Tabelle, die angibt wie weit man springen kann, wird bei einem Fantasysystem Sprünge über 100m wohl nicht erlauben. Es kommt nur sehr selten zu Situationen, in denen das von Bedeutung ist.
Heißt, dass natürlich auch Wie-Regeln zu Einschränkungen im Vorstellungsraum führen können, dass dies im Normalfall aber deutlich sanfter passieren wird, als bei Was-Regeln. Ein Extrembeispiel wäre, wenn eine Gruppe ein Superheldenrollenspiel mit einem bodenständigen und konkreten System wie Midgard spielen wollte. Hier bilden die Regeln eine deutliche Grenze im Vorstellungsraum. Der Normalfall ist das aber nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass - zumindest in klassischen Systemen - die Wie-Regeln wenig in den Vorstellungsraum eingreifen, weil die gebotenen Grenzen selten erreicht werden. Aber sie können eingreifen. Um beim Sprung-Beispiel zu bleiben: solange ich realistische Sprünge versuche, wird die Regel selten von elementarer Bedeutung sein.

Regeln greifen aber natürlich grundsätzlich IMMER in den Vorstellungsraum ein. Es gibt keine Situation, in der auf Regeln zurückgegriffen wird, in der das nicht der Fall ist. Denn die Regel wird in diesem Falle etwas REGELN und das heißt ja, dass sie das tut. Wenn ich den Regeln überlasse, ob ich über eine Mauer klettern kann, ob ich einen Kampf gewinne, etc. dann pausiert quasi die Fiktion, wartet ab bis die Regeln ihren input in den Vorstellungsraum eingebracht haben und dann macht die eigene kreative Fiktion weiter. Es geht hier aber nicht um das Ob, denn das haben wir ja geklärt. Es geht um das Ausmaß des Eingreifens. Und eine Regel, die nichts ver- oder gebieten, sondern regeln will, tut das imho weniger stark. Was- und Wie-Regeln ist natürlich doof formuliert. Mir fällt nur gerade nichts besseres ein. Vielleicht ist das auch nur ein Unterfall der Konkretisierung.

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #15 am: 13.12.2007 | 10:25 »
Na ganz einfach, definierte Konstanten (Paladin-rechtschaffen) haben einfach die Wahrscheinlichkeit 1. Ich frage mich aber wo bei der Skala der Wahrscheinlichkeiten der Qualitative Unterschied sein soll, der auf die Fiktion Einfluss hat. Ob etwas nur zu 50% oder zu 100% Einfluss hat ist doch nur eine quantitative Unterscheidung.

Ob Du 50 % Chance zu überleben hast oder zu 100 % sterben wirst, mag sich beides auf derselben Wahrscheinlichkeitsskala abtragen lassen – aber einen qualitativen Unterschied macht es schon. Ob einige Paladine neutral oder chaotisch sind oder ob alle Paladine rechtschaffen sind, ist ebenfalls ein qualitativer Unterschied.

Vielleicht knüpfe ich auch noch einmal an meinen Eingangspost an. Ich sehe einen Unterschied zwischen einer Regel, die besagt, was ich würfeln muss, um meinen Gegner zu treffen, und einer Regel, die besagt, dass alle Paladine rechtschaffen sind. Leider bekomme ich den Unterschied noch nicht ganz astrein zu fassen. Aber die zweite Art von Regeln bestimmt unmittelbar die bestehenden Zustände in der Fiktion (insofern ist es eine Was-Regel), wohingegen die erste Regel den Spielern einen Entscheidungsmechanismus für eine bestimmte Situation an die Hand gibt.

Man könnte hier auch die Frage anschließen, welche Art der Regelveränderung mit welchen Konsequenzen für den Inhalt der Fiktion verbunden wäre. Stellen wir uns vor, dass Spieler sich im laufenden Spielprozess darauf einigen, dass man nicht erst bei einer 10 einen Erfolg hat, sondern bereits bei einer 9. Eine solche Regeländerung würde die gemeinsame Fiktion in ihrem Aussehen unberührt lassen. Anders wäre dies, wenn die Spieler sich darauf einigen, dass es keine Möglichkeit gibt, Tote wiederzubeleben. Hier müsste man die Fiktion rückwirkend verändern.

Viel wichtiger ist doch für Deine Frage, ob sich die Regel überhaupt auf spielerische Fiktion oder Inhalt bezieht. [...]

Gut, dass Du mir die Gelegenheit gibst, das noch einmal klar zustellen. Mir geht es um die Regeln, die unmittelbar etwas mit dem Inhalt der Fiktion zu tun haben. Eine Regel wie bspw. „Der jüngste Spieler darf zuerst erzählen“ oder „Alle Spieler einigen sich gemeinsam darauf, wer SL ist“ gehört dementsprechend nicht in das Regelset, das mich interessiert. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass solche Regeln unwichtig wären. Aber sie betreffen, soweit ich das sehen kann, nicht unmittelbar den Inhalt der Fiktion, sondern die Organisation des Spielprozesses.

Ja gut, aber wenn man  Regeln einfach ignoriert und die Auswirkungen so bestimmt, dann gilt das doch alles nicht mehr.

Wie gesagt: ich setze voraus, dass ein bestimmtes Regelset zugrunde liegt (ob das nun im Regelbuch steht oder als Set von Hausregeln oder als Mischung etc. ist dafür egal – solange es ein festgelegtes Regelset gibt).

Es geht um das Ausmaß des Eingreifens. Und eine Regel, die nichts ver- oder gebieten, sondern regeln will, tut das imho weniger stark. Was- und Wie-Regeln ist natürlich doof formuliert. Mir fällt nur gerade nichts besseres ein. Vielleicht ist das auch nur ein Unterfall der Konkretisierung.

Die Formulierung ist gar nicht so doof, finde ich. – Aber inwiefern lässt sich beides als Unterfall der Konkretisierung verstehen?
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Stefan G.

  • Bestdressed Nerd ever!
  • Experienced
  • ***
  • He confuses and insults people!
  • Beiträge: 411
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Katauermann
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #16 am: 13.12.2007 | 13:06 »

Wenn Du unter Behinderungen irgendetwas Handlungsrelevantes meinst, stimmt dies nicht. Natürlich kann man sich den NPC blutend, schreiend oder sonst wie vorstellen. Aber alles das ändert nichts daran, dass er zu 100 % handlungsfähig ist. Wenn dies der Fall ist, wäre es inkonsistent, wenn der NPC nicht entsprechend aus dem Vollen schöpft. Und da die Welt genau so beschaffen ist, wäre es auch Unsinn, wenn die SC ständig mit falschen Vorstellungen über die Effektivität ihrer Angriffe und die Konsequenzen für den Gegner durch die Gegend laufen. Deswegen stimme ich auch mit Maarzan überein, wenn er schreibt:

Und Dein Hinweis:

führt dann irgendwie in die falsche Richtung. Denn warum sollten die Spieler konsequent wollen, dass ihre SC die Situation falsch einschätzen? Mir geht es nicht darum, dass sich jeder Charakter den absurdesten Illusionen hingeben kann – das werden die wenigsten Regelsets ausschließen. Es geht darum, was tatsächlich in der Fiktion der Fall ist oder der Fall sein kann.


Ich empfehle allen die mir nicht Glauben wollten mal Wushu zur Lektüre. In kaum einem Spiel werden Regelebene und Fiktion so klar getrennt wie hier und dort ist es auch ganz klar ersichtlich wie es funktioniert, dass Jemand der Schaden hat keine Abzüge auf Regelebene erhält, aber in der Fiktion trotzdem an Konsequenzen leidet.
"It's all about fun. Yeah! Who has the fun when I kill you in game? You or me?" Athene, best Paladin in the world

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #17 am: 13.12.2007 | 14:07 »
@ Stefan G.
Ich würde Dich bitten, nicht auf irgendwelche Regelwerke zu verweisen, sondern konkret zu sagen, wie die Regelebene und die Fiktion auseinander fallen können. Leider gehst Du nicht auf die Einwände ein, die Maarzan bereits reingeworfen hat und die von mir dann noch einmal aufgegriffen worden sind. Wenn ich mir als Spieler vorstelle, dass ich dem Gegner gerade ein Bein abgeschlagen habe, obwohl ich laut Kampfregeln noch nicht einmal Schaden verursacht habe, dann bewege ich mich in meiner Vorstellung nicht mehr auf der Grundlage der Regeln. Du hattest ja selbst am Anfang noch darauf hingewiesen, dass die Spieler genau Bescheid wissen, was läuft. Deswegen weiß ich jetzt mit Deinem Hinweis nichts anzufangen. - Aber wenn Du es erklärst, lasse ich mich vielleicht überzeugen.
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Wolfenburg

  • Survivor
  • **
  • Beiträge: 71
  • Username: Wolfenburg
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #18 am: 13.12.2007 | 14:20 »
Es ist eine gemeinsame festlegung der Gruppe, wie weit sie Regeln und Fiktion trennen. Ich denke, das jeder Spieler erstmal seine eigene Vorstellung hat, wie der SIS aussehen sollte. Diese Vorstellung ist aber schon stark durch die Regeln gepraegt, spetiell was das Bild des eigenen Charakters angeht. So wird man nicht die Vorstellung eines schier unbesiegbaren Kaempfers haben, wenn man kaum eine hoehere Warscheinlichkeit hat einen Kampf zu gewinnen als ein Bauernjunge, oder man ist eben doch der grosse Krieger, weil man fast alles umhauen kann....

Die Gruppe entscheidet aber auch darueber ob Gewuenschter und Regeldicktierter Unt tatsaechlicher SIS auseinanderliegen. Dieses geschieht durch aendern der Regeln, aendern der Vorstellung und durch "ignorieren der Tatsache, das die Regeln ein andres Ergebnis warscheinlicher machen".

Als Regeln verstehe ich hir den Mechanismus (Algo... schreib ich nimmer) der fuer die Gruppe entscheidet was im SIS passiert, wenn ein Spieler eine Absicht aeussert.

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #19 am: 13.12.2007 | 14:22 »
Einfacher gesagt: der Spieler soll die Regeln kennen, um seine Gestaltungsspielräume zu kennen.

So ungefähr. Als Spieler weiß ich ja, dass meine Beiträge zur Fiktion auch bestimmten Regeln folgen. Diese lassen sich ändern und anpassen und zwar daran, was ich oder wir gemeinsam am Tisch von der Fiktion erwarten. Wenn ich also eine gruselige Rollenspielrunde spielen will, dann kann ich meinen Beitrag nach bestimmten Regeln formen, die dabei helfen die Fiktion (und damit hoffentlich auch das Spielerlebnis) "gruselig" zu machen. Um einer Verwirrung vorzubeugen habe ich diese anderen Regeln mal Axiome genannt.

In einzelnen Fällen kommt sogar hinzu, dass bestimmte Regelwerke so konzipiert sind, dass die Spieler als Gruppe Beiträge ins Spiel bringen, die nach bestimmten Axiomen erdacht wurden. Wenn die Spieler diese nicht erkennen oder sich nicht daran halten, dann entsteht nicht das Spielerlebnis, für das das Regelwerk geschrieben wurde.

Bei einigen Forge-Spielen kann das sehr extrem auftreten. Ich erinnere mich da vor allem an einzelne Spielrunden mit Primetime Adventures, Dogs in the Vineyard oder Shab-al-hiri Roach in denen genau das passierte. Mittlerweile fühle ich mich etwas sicherer darin neuen Spielern genauer zu vermitteln, worauf sie beim Spielen dieser Spiele achten sollten. Kurz: wie man diese "anderen Rollenspiele" anders spielt. Denn von alleine geht das nicht.

Offline Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.751
  • Username: Maarzan
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #20 am: 13.12.2007 | 16:12 »
...
So wird man nicht die Vorstellung eines schier unbesiegbaren Kaempfers haben, wenn man kaum eine hoehere Warscheinlichkeit hat einen Kampf zu gewinnen als ein Bauernjunge, oder man ist eben doch der grosse Krieger, weil man fast alles umhauen kann....

...

Das ist leider gar nicht so selten. Dummerweise geht es nur solange gut, bis man in einen ernsthaften Kampf kommt und die Widersprüche offenbar werden.
Ursache sind dafür Leute, die sich gar nicht erst groß mit den Regeln auseinandergesetzt haben, von falschem Fluff und Beispielen in die Irre geführt wurden, das Regelsystem die Spielwelt anders interpretiert als der Leser oder jemand gehofft hat das Problem und die Regeln wegdiskutieren zu können und bei dem Rest auf Granit gebissen hat.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #21 am: 13.12.2007 | 16:14 »
@ Maarzan
Zustimmung!

Was dieses Thema sagen soll ist, dass aus Regeln immer eine Fiktion folgt, aber es soll nicht sagen, dass alle Fiktion aus Regeln folgt. Stimmt das?

Stimmt genau! Selbstverständlich haben Spieler Gestaltungsspielräume, die erheblich sind. Nur sind diese Gestaltungsspielräume nicht unbegrenzt. Das ist der Punkt.

Daraus folgt aber trotzdem, dass man nicht mit allen Regeln alles spielen kann, denn ein großer Teil möglicher Fiktionen wird nunmal immer durch die Regeln ausgeschlossen...

Das ist genau das Fundament, auf dem ich zurzeit nachdenke. Den meisten bisher scheint das trivialer Weise richtig zu sein.

...und dabei ist es eigentlich egal, ob die Fiktion zu 100% oder zu 1% von den Regeln beeinflusst werden, denn in dem Moment wo die Fiktion entsteht, steht doch das Würfelergebnis bereits fest.

Ja, da hast Du Recht. Sobald etwas festgelegt ist, ist es egal, wo es herkommt. Nun kann man aber auch in die Zukunft schauen und sich fragen, wie wohl die zukünftige Geschichte aussehen wird. Oder man fragt sich einfach, welche Fiktionen auf der Grundlage eines Regelsets möglich sind. In diesen Fällen werden die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten (Notwendigkeit eingeschlossen) interessant.

Es ist eine gemeinsame festlegung der Gruppe, wie weit sie Regeln und Fiktion trennen.

Ich kann mir – ganz ehrlich – im Augenblick nicht vorstellen, was das sein soll: eine Trennung von Regeln und Fiktion. Kann diese Trennung erfolgen, obwohl die Regeln akzeptiert sind und angewendet werden? Ich sehe nicht, wie das der Fall sein könnte. Natürlich kann man die Fiktion von den Regeln trennen – indem man die Regeln ganz oder teilweise ignoriert. Aber wie gesagt: ich setze voraus, dass Regeln festgelegt sind und frage mich, wie Regeln die Fiktion inhaltlich mitbestimmen.

Als Spieler weiß ich ja, dass meine Beiträge zur Fiktion auch bestimmten Regeln folgen. Diese lassen sich ändern und anpassen und zwar daran, was ich oder wir gemeinsam am Tisch von der Fiktion erwarten.
[...]
In einzelnen Fällen kommt sogar hinzu, dass bestimmte Regelwerke so konzipiert sind, dass die Spieler als Gruppe Beiträge ins Spiel bringen, die nach bestimmten Axiomen erdacht wurden. Wenn die Spieler diese nicht erkennen oder sich nicht daran halten, dann entsteht nicht das Spielerlebnis, für das das Regelwerk geschrieben wurde.

Ich stimme Dir voll zu. Würdest Du denn sagen, dass es unterschiedliche Arten von Regeln gibt oder das es irgendwie möglich ist, Regelparameter zu identifizieren, an denen man sich orientieren kann, damit man die Art von Fiktion erschaffen kann, die man erschaffen möchte. Ich fände es bspw. ausgesprochen interessant, wenn man erläutern könnte, wie ein Regelset strukturell beschaffen sein muss, um Effekt x oder y zu erzeugen.
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.751
  • Username: Maarzan
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #22 am: 13.12.2007 | 17:07 »
...

Ich kann mir – ganz ehrlich – im Augenblick nicht vorstellen, was das sein soll: eine Trennung von Regeln und Fiktion. Kann diese Trennung erfolgen, obwohl die Regeln akzeptiert sind und angewendet werden? Ich sehe nicht, wie das der Fall sein könnte. Natürlich kann man die Fiktion von den Regeln trennen – indem man die Regeln ganz oder teilweise ignoriert. Aber wie gesagt: ich setze voraus, dass Regeln festgelegt sind und frage mich, wie Regeln die Fiktion inhaltlich mitbestimmen.
...

Es geht schon, die Frage ist nur ob man damit dann zufrieden ist. Das Ganze wirkt dann als eine Selbstzensur innerhalb der Fiktion - gewisse Dinge gibt es eben nicht, kann man nicht, versucht man erst gar nicht, auch wenn die Welt selber es eigentlich hergeben würde und im Off wo die Chars nicht direkt involviert sind auch praktiziert.
Kein Spieler oder Gegenspieler wird sich je das Bein brechen, aber der Bote, der vertreten werden soll, hat es sich eben gebrochen.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Wolfenburg

  • Survivor
  • **
  • Beiträge: 71
  • Username: Wolfenburg
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #23 am: 13.12.2007 | 19:13 »
Zur trennung von Fiktion und (Spiel)Regeln:

Ein Beispiel waere, dass die Gruppe den Maechtig tollen Krieger im Spiel immer als maechtig tollen Krieger ansieht, egal ob er eigentlich nicht besser gekaempft hat als der Dieb. Andersrum hat ein Gluecklicher Wurf auch schon dazu gefuehrt, dass ein maessiger Kaempfer zum Superkrieger wurde.  Aehnliches gilt auch fuer NSC's oder sonstige gegebenheiten.

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #24 am: 14.12.2007 | 00:06 »
Würdest Du denn sagen, dass es unterschiedliche Arten von Regeln gibt oder das es irgendwie möglich ist, Regelparameter zu identifizieren, an denen man sich orientieren kann, damit man die Art von Fiktion erschaffen kann, die man erschaffen möchte. Ich fände es bspw. ausgesprochen interessant, wenn man erläutern könnte, wie ein Regelset strukturell beschaffen sein muss, um Effekt x oder y zu erzeugen.

Kann man machen. Muss man aber wie ich finde nicht. Was das Rollenspiel meiner Meinung nach auszeichnet und von anderen Gesellschaftsspielen unterscheidet, ist die Tatsache das vieles was das Spielerlebnis ausmacht erst am Tisch entsteht.

Daher sollte man bei der Frage wie Fiktion entsteht und beeinflußt wird, sich nicht nur auf Regelwerk oder Spielerbeitrag beschränken. Es ist das Zusammenspiel der beiden Elemente die das Spielerlebnis ausmachen. Regeln, die sich direkt auf die Fiktion auswirken, gibt es denke ich sehr viele. Da fällt es mir nicht schwer, schnell ein paar grobe Kategorien zu finden. Bei den Richtlinien nach denen Spieler ihre Beiträge wählen, komme ich eher ins Stocken. Aber vielleicht geht das auch nur mir so.

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #25 am: 14.12.2007 | 08:02 »
Daraus folgt aber trotzdem, dass man nicht mit allen Regeln alles spielen kann, denn ein großer Teil möglicher Fiktionen wird nunmal immer durch die Regeln ausgeschlossen...
Diese Schlussfolgerung ist imho nicht zwangsläufig richtig.
a) sind Spiele denkbar, deren Regeln (weil wenig konkret und wenige "was-geht-Regeln") sanft in den Vorstellungsraum eingreifen.
b) ist die Fiktion unbegrenzt. Einen großen Teil der Optionen rauszunehmen schaffen imho nur wenige Regeln. Hauptsächlich sind dies imho "fokusierte" Regeln.

Als Beispiel für a) seien Systeme genannt, die keine konkreten Skills benennen, sondern in denen Spieler und Spielleiter sich auf die Eigenschaften für die Spielfigur einigen (z.B. Pistolero +10, Gangmitglied+3, ... etc). Als Regelkern bleiben da wirklich nur noch Würfelmechanismen und Maßstäbe. Zwar greifen auch die in den Vorstellungsraum ein, ich würde hier aber nicht von "einem großen Teil" der Fiktion sprechen und schon gar nicht von einem Ausschluss diverser möglicher Fikitionen.

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #26 am: 14.12.2007 | 10:53 »
Als Rollenspiel- und Tabletopentwickler sehe ich mich vor allem in der Situation, dass die Regeln immer eine Folge der gewollten Fiktion sind. Man hat gewisse Ideen im Kopf wie das Look&Feel des Spiels aussehen soll, was möglich sein soll, bzw. zuallererst, welche Elemente Teil des Spiels sein sollen und wie ihre Gewichtung sein soll - erst dann folgen Regelkonstrukte, Axiome, Wahrscheinlichkeiten, die diesen Dinge den Rahmen geben, den sie brauchen.

Da will ich gar nicht widersprechen. Aber wie läuft dieser Design Prozess – von der gewollten Fiktion zu den Regeln – bei Dir? Du wirst doch bestimmt nicht jedes Mal das Rad neu erfinden, sondern irgendwelche Vorstellungen darüber haben, welche Bereiche Du wie regeln musst, damit Dein Spieldesign so funktioniert, wie Du es willst. Oder verlässt Du Dich ganz auf Deine Intuition?

Theoriediskussionen in diesem Forum kommen mir manchmal so vor, als wollte man dem Spaß beim Schlittenfahren auf die Spur kommen, indem man den Bauplan eines Schlittens studiert.

Schönes Bild. Allerdings verstehst Du mich falsch, sofern Du mich als Bauplanstudierer ansiehst, der den Schlittenfahrspaß erklären will. Falls ich irgendwo den Eindruck erweckt haben sollte, dass das Regelset alles oder das meiste ist, um was es beim Rollenspiel geht, korrigiere ich dieses Missverständnis nun. Ich bin viel bescheidener und will einfach nur besser verstehen, auf welche Weise Regeln zur Fiktionsbildung beitragen können.

@ Wolfenburg
Wie gesagt, die Spieler können sich natürlich vorstellen, was sie wollen. Sie könnten sich auch vorstellen, dass ihr Krieger sich zwischendurch in einen Roten Drachen verwandelt, dass ihr Dieb per Gedankenkraft Schlösser öffnen kann etc. – vorstellen kann man sich ja soo vieles. Aber wenn die SC das nicht können (respektive wenn der Krieger in Deinem Beispiel kein „mächtig toller Krieger“ ist), dann geht diese Vorstellung in Teilen an der fiktiven Realität vorbei, die durch die zugrunde liegenden Regeln eindeutig geregelt sind.

@ Georgios
Ich will den Beitrag der Regeln für die Entstehung der Fiktion und das Spielerlebnis auch nicht überbewerten. Aber da ich bisher noch kein gutes Argument gehört habe, dass den Einfluss der Regeln auf die Fiktionsbildung bestreitet, ist es mMn ein lohnendes Unterfangen, diesen Beitrag genauer zu verstehen.

Regeln, die sich direkt auf die Fiktion auswirken, gibt es denke ich sehr viele. Da fällt es mir nicht schwer, schnell ein paar grobe Kategorien zu finden.

Wenn Du Lust hast, wirf doch einfach mal ein paar dieser groben Kategorien ins Rennen. Vielleicht hilft mir das ja dabei, meine eigenen Gedanken besser zu ordnen.

(Übrigens habe ich erst jetzt die gesamte Diskussion zur Abgrenzung von Regeln und Setting gelesen – interessanter Weise gibt es dort einige sehr konkrete Vorschläge, das Verhältnis von Regeln und Fiktion zu verstehen.)
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Wolfenburg

  • Survivor
  • **
  • Beiträge: 71
  • Username: Wolfenburg
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #27 am: 14.12.2007 | 11:33 »
Meine Ursprungsaussage ist ja immer noch, das die Regeln die Fiktion beeinflussen aber die Fiktion nicht streng aus den Regeln folgt, sondern dieses eine Gruppenentscheidung ist.

Dabei denke ich, dass die Regeln als schlecht empfunden werden wenn der Gewuenschte und der Erlebte Vorstellungsraum zu weit divergieren.

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #28 am: 14.12.2007 | 12:45 »
Dafür, dass Du den Sinn der Diskussion nicht nachvollziehen kannst, bist Du ganz schön eifrig dabei  ;) Aber mal im Ernst: Ich habe eine ziemlich klare Frage gestellt, nämlich "Wie beeinflussen Regeln die Fiktion?". Dazu habe ich Vorschläge gemacht, andere haben andere oder ähnliche Vorschläge gemacht und einige haben zaghaft Zweifel angedeutet, dass Regeln überhaupt die Fiktion beeinflussen. Was verstehst Du nun nicht?

Es ist doch - zumindest in einem Theorieforum - eine legitime Sache, einen theoretischen Zusammenhang aufzuhellen. In diesem Fall geht es dabei noch nicht einmal um irgendwelche esoterischen Sonderbereiche, sondern mitten ins Zentrum des Rollenspiels - zumindest sehe ich die gemeinsame Fiktion als wesentlichen Aspekt (vielleicht sogar den wesentlichen Aspekt) des Rollenspiels. Regeln sind auch nicht gerade bedeutungslos. Deswegen verstehe ich nicht, warum es nicht nachvollziehbar ist, dass ich gerne die Art des Einflusses und die unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten von Regeln auf die gemeinsame Fiktion präzisieren möchte. (Übrigens habe ich neben diesem theoretischen Interesse gleich zu Beginn auf mögliche praktische Anwendungsbereiche hingewiesen.)

Ich bin kein Bauingenieur oder Entwickler sonstiger Dinge, aber dass man beim Entwickeln in der Regel nicht bei Null anfängt, müssen wir doch wohl wirklich nicht diskutieren, oder? Selbst in kreativen Bereichen (Literatur, Malerei etc.) gibt es Techniken, derer man sich bedient. Das schließt Innovation ja nicht aus. Übrigens hat die Kunst (im umfassenden Sinn Literatur, Malerei, Musik etc.) im 20 Jhd. häufig auf der Grundlage theoretischer Überlegungen neue Räume erschlossen. Die Vision ist da erst über die Theorie entstanden, indem man sich ausgehend von der Theorie neuartige Möglichkeiten vorstellen konnte. Also bitte keine Theoriefeindlichkeit.

Deine Vision hilft mir nicht beim Verstehen der Regeln. Um beim Instantkaffee zu bleiben: Ich stelle eine Frage nach (Lebensmittel-)Chemie und Du antwortest als Marketingstratege. Das ist am Thema vorbei. Natürlich ist Marketing wichtig - vielleicht viel wichtiger als die Chemie. Aber lass doch den Chemiker über Aromen, Konsistenz etc. nachdenken.
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Kinshasa Beatboy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #29 am: 14.12.2007 | 20:50 »
Hm, also ein Aspekt, der bislang hier für meinen Geschmack noch nicht ausreichend gewürdigt wird, ergibt sich aus der Bedeutung der im Wort "Rollenspiel" enthaltenen zwei Komponenten. Rolle und Spiel. Diese Aspekte jedenfalls erklären für mich den Großteil der Motivation von Rollenspielern und bieten auch in der vorliegenden Frage ne gute Orientierung.

Nehmen wir mal an, dass die Motivation zu Rollenspiel sich aus einer Kombination von Ausprägungen von "Rolle" und "Spiel" zusammensetzt. "Rolle" steht dabei für das künstlerische Element unseres Hobbies, für den Wunsch, neue Gedankenwelten gemeinschaftlich zu erschließen. "Spiel" steht dabei eher für ein kompetitiv-simulationistisches Element unseres Hobbies, weniger das Entdecken als das Erobern, weniger das Ausschweifen als das Erklären, weniger das Flirren als das Definieren, weniger das Gestalten als das Gewinnen.

Geht man nun das Rollenspiel eher aus der Perspektive des "Spiels" an, betrachtet man das Regelsystem quasi als konstituierende Operationalisierung der Welt. Insofern bahnt dann die Spielregel die Vorstellung von der Welt (in diesem Thread gibts dafür einige schöne Beispiele, finde ich). In der Systemtheorie würde man die "Spiel"-Perspektive vielleicht als autopoietisch bezeichnen.  Der Anteil von Spielern mit dieser Herangehensweise scheint mir speziell bei Tanelorn (vielleicht aber auch generell bei Internet-aktiven Rollenspielern) recht groß zu sein. Diese Perspektive ist nicht zu verwechseln mit Gamists, obwohl vermutlich ein starker Zusammenhang besteht.

Geht man das Rollenspiel aber aus der Perspektive der "Rolle" an, ergibt sich ein zwangsläufig anderer Bezugsrahmen. Regeln werden nicht etwa als konstituierendes Element betrachtet, sondern als mitunter notwendiges Übel, welches den Rahmen kreativer Gestaltung im Sinne einer Strukturierungshilfe eingrenzt. Wiederum entliehen aus der Systemtheorie könnte man (mit etwas mehr Verrenkungen als beim "Spiel") vielleicht von einer Perspektive der Selbstorganisation sprechen.

Diese Unterscheidung mag noch nicht perfekt sein und ist erst mal nur unscharf dahingerotzt, sie hat aber gegenüber anderen Ansätzen (z.B. Laws) den Vorteil, die motivationale Komponente der Beschäftigung mit Rollenspiel explizit einzubringen. Ein lustiges Beispiel für ein Missverständnis zwischen "Rolle"- und "Spiel"-Rollenspielern scheint mir der Thread "Hilfe, meine Frauen verstehen die Regeln nicht" (habs auf die Schnelle nicht gefunden) zu sein.

Warum schreibe ich das? Weil diese Unterscheidung recht gut die unterschiedlichen Positionen hier im Thread erklären könnte und weil die Typologie "Rolle" versus "Spiel" zwar eigentlich auch nur wieder normativer Quatsch sein mag, aber immerhin grundlegende motivationale Fragen integriert, die mir bislang zu stark vernachlässigt wurden  :'(
« Letzte Änderung: 14.12.2007 | 20:58 von Kinshasa Beatboy »

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #30 am: 15.12.2007 | 03:19 »
Hmmm... Es geht dem Gaukelmeister, wenn ich ihn richtig verstanden habe, darum, wie die Regeln (im Sinne von Spielregeln / Regelkern) die Vorstellung der Spieler beeinflussen. Was ich in diesem Zusammenhang mit der Vision anfangen soll weiß ich nicht, da bitte ich Turning Wheel doch um weitere Erklärungen. Die Vision des Regelbastlers muss sich ja nicht im Gebrauch der Regeln niederschlagen, finde ich. Wir sind uns sicher einig, dass die Regeln nicht das Einzige sind, das Einfluss auf den Vorstellungsraum hat. Der Kinofilm vom Vorabend kann da genauso einfließen. Aber das Thema ist ja auf die Zusammenhänge Fiktion/Regeln beschränkt. Habe ich da etwas falsch verstanden?

Bezüglich Kinshasas Aussage:
Auch hier verstehe ich den Zusammenhang mit dem Thema nicht. In wie fern beschreibt die Trennung von Rolle und Spiel die Abhängigkeit von Fiktion und Regeln?

Jetzt mal wieder zum Ursprungsthema: Ich stelle zum Einfluss der Regeln auf die Fiktion mal folgende Theorien auf:
- Unterschiedliche Regeln schränken die Möglichkeiten der Fiktion unterschiedlich stark ein
- je konkreter die Regel, desto stärker der Einfluss auf die Fiktion
- "Was-Regeln" schränken Fiktion immer ein, sofern sie nicht ausdrücklich alles erlauben.
- Regelwerke, die fokusiert sind, enthalten meist mehr "was-Regeln" und sind daher einschneidender.
- es sind Regeln denkbar, welche die Fiktion wenig bis fast gar nicht einschränken
- Regeln können so beschaffen sein, dass sie die Fiktion in eine gewünschte Richtung lenken
- Jeder Würfelwurf und jede Regelanwendung, die nicht ausschließlich auf die Spiel-Organisation beschränkt ist, greift in die Fiktion ein
- Ein Eingreifen der Regeln in die Fiktion muss keine Einschränkung sein. Es kann auch ein "Einbringen" neuer Inhalte sein. In so fern können Regeln gleichberechtigt mit den Spielern Inhalte in den Vorstellungsraum einbringen.
- Theoretisch ist auch der umgekehrte Weg möglich. Eine Regel kann aufgrund von Ereignissen im Vorstellungsraum geändert / erweitert / eingeschränkt werden. So wäre z.B. denkbar, dass in GURPS nach dem Entdecken eines Sternentors plötzlich Sci-Fi-Elemente und Regeln in das Spiel Einzug erhalten.

Kinshasa Beatboy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #31 am: 15.12.2007 | 08:04 »
@ KilledCat

Vielleicht hatte ich mich unklar ausgedrückt. Ich versuche es noch einmal.

Bei der Spielorientierung determinieren die Regeln das Spiel und werden als simulationistisches Element aufgefasst, welches die Welt konstituiert. Das meinte ich eigentlich ausgedrückt zu haben mit:
Zitat
Geht man nun das Rollenspiel eher aus der Perspektive des "Spiels" an, betrachtet man das Regelsystem quasi als konstituierende Operationalisierung der Welt. Insofern bahnt dann die Spielregel die Vorstellung von der Welt
Die Äußerungen von Falcon und Dir würde ich beispielsweise in diesem Sinne auffassen und hatte ja überdies bemerkt, dass diese Sichtweise bei Tanelorn nach meinem Eindruck generell ziemlich verbreitet ist.

Bei der Rollenorientierung dienen die Regeln nur als Anhaltspunkt für den Rahmen, in dem sich Fiktion abspielen kann. Auch werden Regeln als weniger konstitutiv angesehen. "Die goldene Regel" ist Beispiel des Ausdrucks der Sichtweise, dass Regeln eben nicht die Welt konstituieren, sondern nur einen Gestaltungsrahmen vorgeben, der jederzeit verlassen werden kann.


Der Zusammenhang der Orientierungsbetrachtung mit der Frage der Abhängigkeit der Fiktion von Regeln schlägt also im Prinzip eine Fallunterscheidung vor. Nun klarer?
« Letzte Änderung: 15.12.2007 | 08:07 von Kinshasa Beatboy »

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #32 am: 15.12.2007 | 11:33 »
@Beatboy:
Hmmm... ich sehe nicht wo wir eine Fallunterscheidung brauchen. Die Regeln haben für alle den gleichen Einfluss auf den Vorstellungsraum, wenn sie beachtet werden. Egal, ob sie die Regeln absolut oder optional oder rollenspielerisch oder wie auch immer sehen. Wenn ich sie ignoriere, brauche ich mich nicht mit ihnen zu beschäftigen. Aber wenn ich sie beachte, ist der Einfluss doch gleich, oder nicht? Übrigens: ich selbst spiele in einer Gruppe, in der Story deutlich vor Regeln geht. Es gibt nur wenige Momente, wo Regeln unbedingt beachtet werden müssen. Aber egal ob die Regeln unbedingt beachtet werden oder nicht: ich habe nur zwei Optionen. Entweder ich spiele frei Schnauze oder nach (irgendeiner) Regel. In letzterem Falle befinden wir uns in dieser Diskussion, im ersteren Falle nicht. Oder?

Der Kinofilm des Vorabend schlägt sich überhaupt nicht in den Regeln nieder, die Vision des Autors aber schon.
Nunja, der Kinofilm des Vorabends schlägt sich womöglich in dem Vorstellungsraum nieder. DAS hatte ich gemeint. War aber blöd von mir ausgedrückt. Dafür meine Entschuldigung.

Bitte nenn mir mal nur ein Beispiel, wo ein Rollenspielentwickler eine Vision von einem Spiel hatte und diese in keiner Weise durch die Regeln unterstützt hat. Das gibt es nicht, denn die Spielregeln sind (neben einer ganzen Reihe von anderen Spielkomponenten) ein unmittelbarer Ausdruck der Vision.
Ich sprach nicht von den Regeln, sondern vom Gebrauch der Regeln. Also die Regeln, die tatsächlich zum Einsatz kommen, können einer ganz anderen Vision folgen. Beispiel: wir haben etwa zwei Jahre lang mit DSA1-Regeln Hard-Sci-Fi gespielt. Das hat wohl kaum der Vision des Regelbastlers entsprochen. Dabei haben wir die Regeln wohlbemerkt nicht verändert! Meinst du, die Vision eines Regelbauers macht sich über die Regeln im Vorstellungsraum bemerkbar? Durchaus möglich. Ich glaube zwar nicht, dass wir damals bei unserer DSA-SciFi-Kampagne viel davon gemerkt haben, aber über den Gebrauch der Regeln kann das schon passiert sein. Insofern stimme ich dir zu. Okay.

Wenn jemand die Vision für ein Universalrollenspiel hat, dann sollten auch Regeln vorhanden sein, die das ermöglichen. Aus diesem Grund sind Spiele, die (Teil-)Visionen haben ohne Regeln dafür zu liefern in diesem Thema eigentlich gar nicht betrachtungswürdig. Man erkennt daran aber, dass Visionen einen mächtigeren Einfluss auf die Fiktion haben als Regeln, weil die Regeln nur ein Teil der Komponenten mit Fiktionseinfluss darstellen, die sich durch die Vision in einem Spieldesign manifestiert.
Aaaaaaahhhh... jetzt verstehe ich was du meinst. Nein, da bin ich anderer Ansicht als Du. Wenn jemand eine Vision von einem Rollenspiel hat, dann kann es sein, dass
a) er Murks baut und die Regeln eine ganz andere Vision unterstützen. In dem Fall hat seine Vision kaum / keinen Einfluss auf die Regeln und damit auf den Vorstellungsraum, oder
b) ein Regelwerk sehr allgemein gehalten und absichtlich hintergrundfrei / hintergrundarm ist. In diesem Falle hat die Vision Einfluss auf die Regeln. Aber eben wenig.
c) zwei Personen mit der selben Vision unterschiedliche Regelwerke mit unterschiedlichem Einfluss auf den Vorstellungsraum bauen können. Hier fließt das handwerkliche Geschick und der Hintergrund des Bauers ein.
d) die Vision sich nicht nur über die Regeln, sondern auch auf andere Art und Weise in den Vorstellungsraum einbringen kann. Interessiert hat den Threadersteller aber nur der Bereich "Regeln". Und da wir ja nur diesen Teil untersuchen wollen, kommen wir wieder auf den Bereich der Vision zurück, der von den Regeln unterstützt wird, und das kann (siehe a) ja auch von der Vision differieren.

Deine Aufzählung von Theorien oben ist sehr interessant, aber sollte es nicht zu jedem Punkt zumindest eine bekräftende (wissenschaftliche) Beobachtung geben. Wo sind die Überlegungen/Beobachtungen/Beispiele, die Dich zu den 9 Punkten führen?
Grins. Ich hab ja absichtlich gesagt, dass ich die Theorien mal in den Raum werfe. Das tat ich, weil ich den Eindruck hatte, dass wir uns vom Grundthema entfernen. Einen Teil der o.g. Punkte hab ich ja schon begründet. Aber ich will versuchen die Punkte etwas mit Leben zu füllen.

- Unterschiedliche Regeln schränken die Möglichkeiten der Fiktion unterschiedlich stark ein
Rolemaster legt im Kampf recht genau fest, was bei einem Treffer passiert. Es ist leicht vorauszusagen, welchen Einfluss ein Treffer auf den gemeinsamen Vorstellungsraum hat, weil dies ja ganz konkret im Regelwerk festgelegt ist. Ich habe als Spieler, der sich an die Regeln hält hier so gut wie keinen Spielraum. Der eine Spieler stellt sich einen bösen Schultertreffer vor, der andere glaubt, er wurde am Bein verwundet. Hier habe ich alle Freiheiten. Rolemaster bietet solche Tabellen für Kampf, Magie, Handwerkskunst, etc. an. Rolemaster denkt in Klassen und erlaubt es kum, eigene Vorstellungen bei der Charaktererschaffung zu berücksichtigen. etc. Im Gegensatz dazu muss ich mir bei der nWod fast alle Auswirkungen eines Treffers im Kampf selbst vorstellen. Würfe werden zum größten Teil interpretiert, man bekommt nur einen Erfolgsgrad mitgeteilt. Der Unterschied auf die Einschränkungen im Vorstellungsraum ist hier glaube ich verständlich. Q.E.D.

- je konkreter die Regel, desto stärker der Einfluss auf die Fiktion
Hier kann ich wieder auf den Vergleich Rolemaster / nWod verweisen. Man vergleiche nur die konkreten Kampfregeln eines Rolemaster mit der abstrakten Methode einer nWod. Oder die Regelbestimmte Charaktererschaffung eines WHFRP mit den Verwirklichungsmöglichkeiten eines GURPS. Q.E.D.

- "Was-Regeln" schränken Fiktion immer ein, sofern sie nicht ausdrücklich alles erlauben.
Erstelle ich ein Spiel, in dem das Magie verboten ist, so fließt diese auch nicht in den Vorstellungsraum ein. "Wie-Regeln" verbieten nichts absolut, sondern nur unter bestimmten Voraussetzung oder verändern Chancen. Eine Regel, die Magie ausdrücklich erlaubt wird ebenfalls den gesamten Vorstellungsraum massiv beeinträchtigen. Hmmm... ist wahrscheinlich nur ein Gefühl von mir. Für mich fühlen sich "Was"-Regeln immer einschränkend an. Ist aber sicher diskussionswürdig.

- Regelwerke, die fokusiert sind, enthalten meist mehr "was-Regeln" und sind daher einschneidender.
Ich denke, hier lieg' ich komplett daneben. Es war spät ;)

- es sind Regeln denkbar, welche die Fiktion wenig bis fast gar nicht einschränken
Oh ja, dahinter steh ich. Es gibt Regelwerke, die keine Skilliste aufführen, stattdessen werden die Attribute frei vergeben. Z.B. "koch +3", "galaktischer Imperator +5", "Meistermagier +2" etc. Gepaart mit einem offenen und abstrakten Würfelmechanismus sehe ich kaum einschneidende Berührungspunkte mit der Fiktion. Alles ist vorstellbar. Q.E.D.

- Regeln können so beschaffen sein, dass sie die Fiktion in eine gewünschte Richtung lenken
Hier seien die fokusierten Systeme benannt, die sich genau dies zum Ziel gesetzt haben. Das immer wieder im GroFaFo (pardon: Tanelorn) zitierte "muss von den Regeln unterstützt werden" ist genau das. Darüber freuen sich die Rollenspieler sicher mehr als die, die eine Simulation einer Welt erwarten, aber genau darum geht es. Wenn ich die Fiktion düster haben will, dann kann ich die Fiktion nicht den Spielern überlassen, sonst finden die sich eventuell in Schlumpfhausen wieder. Also übernimmt das Regelwerk den Part. Das WHFRP-System unterstützt dies mit wenig Lebenspunkten, einem System für Wahnsinn und Magie, die tödlich sein kann, etc.

- Jeder Würfelwurf und jede Regelanwendung, die nicht ausschließlich auf die Spiel-Organisation beschränkt ist, greift in die Fiktion ein
In jedem Falle einer Regelanwendung bringen die Regeln etwas in die Fiktion ein. Beispiel: der Charakter springt über eine Schlucht und würfelt seine Probe. Stop! Das Bild hält an und das Regelwerk bringt sich in den Vorstellungsraum ein. Je nach dem wie konkret das Regelwerk beschaffen ist legt es nun fest, was geschieht. Erfolg oder nicht? Das hat Einfluss auf den Vorstellungsraum. Immer. Regeln, die hier Erzählrechte vergeben, sind imho Regeln, welche die Spiel-Organisation betreffen.

- Ein Eingreifen der Regeln in die Fiktion muss keine Einschränkung sein. Es kann auch ein "Einbringen" neuer Inhalte sein. In so fern können Regeln gleichberechtigt mit den Spielern Inhalte in den Vorstellungsraum einbringen.
Als Beispiel seien hier die Zufalls-Schatz-Tabellen von D&D genannt. Ein Held findet ein magisches entflammbares Schwert. Wow! Das ist doch mal ein Einbringen in den Vorstellungsraum und eventuell sogar in die Kampagne. Die grauen Zellen des Spielleiters rattern: "verdammt, damit hab ich nicht gerechnet".

- Theoretisch ist auch der umgekehrte Weg möglich. Eine Regel kann aufgrund von Ereignissen im Vorstellungsraum geändert / erweitert / eingeschränkt werden. So wäre z.B. denkbar, dass in GURPS nach dem Entdecken eines Sternentors plötzlich Sci-Fi-Elemente und Regeln in das Spiel Einzug erhalten.

Puh - ein langer Post. Ich hoffe, ich konnte mich verständlich machen. Ich werde jetzt ersteinmal meinen Tennisarm auskurieren und anschließend Rollenspielen. Ohne mir Gedanken über Vorstellungsräume, Fiktion und den Zusammenhang mit den Regeln zu machen ;)

Offline Arbo

  • Legend
  • *******
  • Guru und Rockermulla mit der Lizenz zum Motzen!
  • Beiträge: 6.272
  • Username: Arbo Moosberg
    • KrAutism
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #33 am: 15.12.2007 | 13:28 »
- Unterschiedliche Regeln schränken die Möglichkeiten der Fiktion unterschiedlich stark ein
[...]
- je konkreter die Regel, desto stärker der Einfluss auf die Fiktion
[...]
- "Was-Regeln" schränken Fiktion immer ein, sofern sie nicht ausdrücklich alles erlauben.
[...]
- Regelwerke, die fokusiert sind, enthalten meist mehr "was-Regeln" und sind daher einschneidender.
[...]
- es sind Regeln denkbar, welche die Fiktion wenig bis fast gar nicht einschränken
[...]
- Regeln können so beschaffen sein, dass sie die Fiktion in eine gewünschte Richtung lenken
[...]
- Jeder Würfelwurf und jede Regelanwendung, die nicht ausschließlich auf die Spiel-Organisation beschränkt ist, greift in die Fiktion ein
[...]
- Ein Eingreifen der Regeln in die Fiktion muss keine Einschränkung sein. Es kann auch ein "Einbringen" neuer Inhalte sein. In so fern können Regeln gleichberechtigt mit den Spielern Inhalte in den Vorstellungsraum einbringen.
[...]
- Theoretisch ist auch der umgekehrte Weg möglich. Eine Regel kann aufgrund von Ereignissen im Vorstellungsraum geändert / erweitert / eingeschränkt werden.

[...]

Ich finde, da sind ein paar gute Ansätze dabei. Ich persönlich denke, dass "Was"-Regeln eher mit dem zu beschrieben ist, was üblicherweise als "Genrekonventionen" bezeichnet wird. Wenn wir also in einer mittelalterlichen Welt spielen, die sich stark an das 12. Jhd. in Europa orientiert, wird klar sein, dass dort weniger bzw. gar keine Magie, keine unterschiedlichen Fantasy-Rassen usw. anzutreffen sind. Das sind dann auch Regeln, aber eher (implizite) Vereinbarungen, die sich qualitativ von einem Regelmechanismus unterscheiden.

Zweitens: Was Du mit den konkreten Regeln bzw. mit einem Regelfokus beschreibst, würde ich unterstreichen. Klar ist, dass ein Rollenspiel (RS), welches auf ein bestimmtes Genre zugeschnitten ist und womöglich auch noch auf ganz bestimmte Aspekte davon, auch ganz bestimmte Regeln beinhalten kann.

Die ganz große Frage ist dann aber, ob solche Regeln zwangsläufig die Stimmung im Spiel beeinflussen bzw. - und darum geht's ja im Kern - die Stimmung positiv (!) beeinflussen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob bestimmte Regeln wirklich besser geeignet sind, eine bestimmte Stimmung aufzubauen. Hier wurde ja weiter oben - u.a. von Dir - beschrieben, dass eine Regel immer Einfluss hätte. Konkret unterbricht ja ein Regelmechanismus z.T. das fiktive Spiel - vom "Rollenspiel" wird der Spieler in die reale, abstrakte Zufallsgeneratorenwelt geholt. Ich habe meine Zweifel, ob das wirklich immer so förderlich ist.

Und genau aus diesem Grund erlebte ich es sehr oft, dass bestimmte Regeln einfach weggelassen wurden, weil sie störten.

Auf Grund dieser Beobachtung würde ich dazu tendieren zu sagen, dass es schon möglich ist, mit bestimmten Systemen alles mögliche zu spielen. Je offener und abstrakter ein Regelsystem ist, desto einfacher ist es, bestimmte Dinge wegzulassen oder hinzuzufügen. Sprich: Um so flexibler ist ein System. Wenn ich dagegen ein System besitze, was nur auf einen ganz bestimmten Aspekt (eines Genres) zugeschnitten ist - zugespitzt: Ein RPG, das sich hauptsächlich um die Herstellung kulinarischer Köstlichkeiten dreht - , dann fällt diese Offenheit und Variierbarkeit schwerer.

Ich selbst denke, dass ohnehin viel stärker die stimmungsvolle Beschreibung, das Layout usw. die Stimmung und Fiktion eines RSs beeinflusst - zumindest von Produktseite her. Sicherlich, der eingefleischte Midgard-Fan wird mir sagen, dass er mit dem System keine D'n'D-like Hero-Story hinbekommt. Aber m.E. ist das nur eine billige Ausrede. Damit wird der Spieldesigner m.E. aus der Pflicht entlassen, eine stimmungsvolle und gute Story bzw. eine entsprechende Weltenbeschreibung zu liefern. Manchmal kommt es mir so vor, dass sich Spieldesigner dann lieber hinter dem System verstecken, anstatt ein anständiges RPG zu schreiben. Genau so wie SLs übrigens auch (da ist es halt Magie, die ein Spielercharakter wirkt, die wird so und so gehandhabt, da passiert laut S. XYZ dies, das und jenes ... stimmungsvoll beschrieben werden muss da nix).

Ich persönlich denke, dass Fiktion hauptsächlich durch den Spielstil, den Stil des SLs und von div. sozialen Faktoren (Gruppenzusammensetzung, persönliche Umstände usw.) abhängt. Die Regeln können das beeinflussen, müssen aber nicht. Ich sehe manchmal sogar eher die Gefahr, dass Regeln - bei zu starker Befolgung - negativ wirken. Da müssten Spieler und SL ggf. sogar wesentlich liberaler werden und Regeln einfach dahin verfrachten, wo sie hingehören - in den Papierkorb (zumindest temporär).

// Arbo
« Letzte Änderung: 15.12.2007 | 13:32 von Cpt. Arbo Spauldings »
KrAutism (Blog)
Low Life Syndicate (Soundcloud)
Wirschaftsexperten, etwas Blöderes gibt's in keinem Tierpark! (V. Pispers)

Kinshasa Beatboy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #34 am: 15.12.2007 | 13:59 »
Zitat von: Cpt. Arbo Spauldings
Und genau aus diesem Grund erlebte ich es sehr oft, dass bestimmte Regeln einfach weggelassen wurden, weil sie störten.

Genau! Die Frage ist, welche Bedinungen dazu führen, dass Regeln "stören". Meiner Ansicht nach hat das u.a. mit der präferierten Orientierung zu tun, wirkt insofern systematisch auf das wechselseitige Verhältnis Fiktion-Regeln und darf nicht einfach übergangen werden.

Zitat von: killedcat
Wenn ich sie [die Regeln] ignoriere, brauche ich mich nicht mit ihnen zu beschäftigen.

Und genau das sehe ich anders! Noch mal umformuliert: die Wahrscheinlichkeit zum Ignorieren von Regeln hängt wie beschrieben fundamental von der präferierten Orientierung ab und wirkt sich insofern systematisch dann stärker aus, wenn der Konflikt zwischen Fiktion und Regel zunimmt. Erst danach kommen dann die von killedcat aufgezählten und sehr hilfreichen Punkte.

EDIT: Wenn man übrigens Diskrepanzen von Fiktion und Regel unter dem Aspekt der Regelentwicklung betrachtet, könnte man entweder im Sinne der Spielorientierung stärker ins Detail gehen (Ergebnis Rolemaster, D&D) oder im Sinne einer Rollenorientierung Details gerade ausblenden (Ergebnis WoD).
« Letzte Änderung: 15.12.2007 | 14:39 von Kinshasa Beatboy »

Offline Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.751
  • Username: Maarzan
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #35 am: 15.12.2007 | 15:59 »

EDIT: Wenn man übrigens Diskrepanzen von Fiktion und Regel unter dem Aspekt der Regelentwicklung betrachtet, könnte man entweder im Sinne der Spielorientierung stärker ins Detail gehen (Ergebnis Rolemaster, D&D) oder im Sinne einer Rollenorientierung Details gerade ausblenden (Ergebnis WoD).
Idealerweise sollten die Regeln auch die Rollenorientierung, wenn es denn als Designziel so gewollt ist unterstützen. Das ist dann meines Erachtens keine Frage der Details sondern der Qualität der Ausarbeitung der Details sowie der Bereitschaft des Nutzers der Regeln sich mit diesen zu beschäftigen um diesen Nutzen zu erschließen.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #36 am: 15.12.2007 | 16:00 »
Hihi Kinshasa, ich sehe es genau umgekehrt:

Wenn wir die Konsequenzen aus diesem Thema ziehen und uns mit der Frage beschäftigen, was wir mit den Abhängigkeiten von Fiktion und Regeln alles machen können, dann wird es interessant zu erforschen, welche Rollenspieler welche Form von Regeln bevorzugen. Aber so weit sind wir ja noch nicht. Eine Regel wegzulassen oder nicht macht dann Sinn, wenn ich die Konsequenzen kenne. Manche mögen weniger Regeln brauchen. Wenn sie aber eine Regel ignorieren, die für den Vorstellungsraum wichtig ist oder etwas nimmt, was das Spiel besonders gemacht hat, dann bereuen sie es evtl. hinterher.

Darum will ich zumindest den Zusammenhang wissen. Beispiel: ich selbst spiele gerne mit wenig Regeln. Ich lasse z.B. bei Warhammer die die Wahnsinnsregeln weg. Nicht etwa, um Regeln zu sparen, sondern um eine weniger düstere Stimmung zu erzeugen. Das kann ich aber nur, wenn ich mir auch dessen bewusst bin, was diese Regel alles in den Köpfen der Spieler erzeugt. Und genau diese Funktion ist keine Frage des Spielertyps (der könnte ja in der Gruppe auch gemischt sein) sondern inhärent in der Regel selbst enthalten. Die Regel beinhaltet einen Teil der Fiktion. Die Regel bringt Wahnsinn, Konsequenzen von Zauberfehlern uvm. in den Vorstellungsraum ein. Wenn ich das weglasse, muss ich es irgendwie wieder kompensieren, wenn ich nur die Regel, nicht aber die Fiktion weglassen wollte. Irgendwie. Per Beschreibung, Improvisation, etc. Dessen muss ich mir bewusst sein. Und damit ich mir dessen bewusst bin muss ich mir Gedanken über die Zusammenhänge zwischen Regeln und Fiktion machen. Unabhängig davon, was für ein Spielertyp ich bin.

Habe ich diese Zusammenhänge verstanden und PARALLEL dazu auch verstanden, was ich eigentlich vom Spiel erwarte (Rollenspieler oder Spieler oder Weltenflucht oder, oder, oder...), dann füge ich beides zusammen und kann mein Regelwerk erstellen oder anpassen. Genau wie du es in deinem Edit gesagt hast. Das geht aber erst, finde ich, wenn ich mir der Dinge bewusst bin, die da auf mich zukommen.

Offline Falcon

  • HvD
  • Titan
  • *********
  • Raise Your DICE !
  • Beiträge: 12.009
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Tiamat
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #37 am: 15.12.2007 | 16:07 »
@Killedcat: darf ich deinen Post als Manifest an die Stirn meiner Mitspieler heften?
Bravo. Vollste Zustimmung.  :smash:
Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

Kinshasa Beatboy

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #38 am: 15.12.2007 | 19:05 »
@ killedcat:

Lustig, wäre nicht auf die Idee gekommen, dass man das auch genau umgekehrt sehen kann. Danke für den Hinweis. Die Sache erinnert mich ein bisschen an die Frage nach Henne und Ei und lässt sich wohl nur empirisch auflösen.

Habe mir daraufhin mal Deinen Blog angeschaut. Klasse! Die Übertragung von Herzberg auf Rollenspieltheorie fand ich sehr bemerkenswert. Zum einen, da ich wie oben bemerkt auch der Meinung bin, dass die bisherige Theorie motivationale Aspekte sträflich vernachlässigt, zum anderen weil ich inhaltlich zustimmen kann. Werd mir in den nächsten Tagen auch mal Deinen anderen Kram reinziehen  ;)

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #39 am: 16.12.2007 | 01:09 »
Ich habe einen Blog? Das ist mir neu. Wer ist Herzberg? So sehr ich mich über das Lob auch freuen würde, aber mein Herr, sie verwechseln mich.

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #40 am: 16.12.2007 | 01:50 »
Sorry für den Doppelpost
@ killedcat:
Ich fange ja ungern wieder damit an, aber die Regeln für Wahnsinn entspringen einer gewissen Design-Vision für das Spiel. Wenn man diese Vision verstanden hat (was ja bei Warhammer nicht sonderlich schwer ist), dann findet man sehr schnell alle anderen Regeln, die ähnliche Dinge in den Köpfen der Spieler tun.
Ich glaube aber nicht, dass man diesen Regelkomplex so schnell isolieren kann indem man mechanische Parallelen in den Regeln sucht (denn das Sammelsurium von Regeln für düstere Stimmung ist völlig unterschiedlich). Es geht bei den Einflüssen auf die Fiktionen mehr um die Inhalte hinter den Regeln, nicht darum, ob es Regeln eines bestimmten Typs sind.
Selbstverständlich drückt sich die Vision des Erstellers in den Regeln aus. Naja, sollte sie zumindest, wenn er sein Handwerk versteht. Und über die Regeln eben wieder in der Fiktion. Da wir uns hier darüber unterhalten, wie die Regeln die Fiktion beeinflussen, müssen wir das Pferd aber quasi rückwärts aufzäumen. Wir klären hier (oder versuchen es), wie die Regeln die Fiktion beeinflussen. Diesen Schritt sollte der Macher der Regeln im Idealfall natürlich schon hinter sich haben, wenn wir davon ausgehen, dass der Autor sich diese Gedanken überhaupt macht.

Die Inhalte hinter den Regeln haben leider - da möchte ich widersprechen - keinen Einfluss auf die Fiktion. Zumindest, wenn du damit das Ziel meinst, das der Autor mit der Regel erreichen wollte. Das Regelwerk von Warhammer wird bei den Spielern immer die gleichen Einflüsse auf die Fiktion ausüben, egal was der Autor sich dabei gedacht hat. Ein (zugegeben lächerliches) Beispiel soll das aufzeigen. Nehmen wir an, die Macher von Warhammer wollten eigentlich ein harmloses Carebear-Spiel schreiben, waren aber halt soooo schlechte Autoren, dass ihnen das Gegenteil gelungen ist. Jetzt sagen sie sich, machen wir aus der Not eine Tugend und verkaufen das halt als düster. Okay, okay. Klingt doof. Aber es zeigt, dass die Vision tatsächlich nur insofern über die Regeln Einfluss auf die Fiktion ausübt, wie es der Mechanismus eben kann. Unabhängig von der Vision. Daher gibt es eben falsche Regeln für eine Vision und richtige Regeln für eine Vision. Und welche falsch und welche richtig sind, dafür brauchen wir die Wechselwirkungen.

Wenn wir, und das geht durchaus unabhängig von der Vision, diese Mechanismen verstehen können, helfen wir Autoren ihre Vision nicht nur in den Regeln, sondern über die Regeln in der Fiktion der Spieler richtig (!!!) wiederzufinden. Oder wir helfen Spielern, die Regeln ändern möchten, die Konsequenzen im Vorstellungsraum zu finden. Ich finde zwar ein wenig, dass das arg theoretisiert ist, aber wir sind ja auch im Theorie-Channel ;D.

Ich will es einmal so ausdrücken: ich glaube, dass die Vision das ist, wofür wir das alles hier untersuchen. Sie ist der Grund, sich überhaupt mit Rollenspiel zu beschäftigen. Als Autor, Spielleiter und Spieler kann man unterschiedliche Visionen haben. Die Fiktion ist das Ergebnis, das wir mit der Vision anstreben. Und die Regeln sind die Werkzeuge, mit denen wir das erreichen wollen. Wir wollen jetzt die Werkzeuge untersuchen und feststellen, welche Werkzeuge die Fiktion wie beeinflussen. Es gibt nun richtige und falsche Werkzeuge um bestimmte Einflüsse auf die Fiktion zu erreichen. Auch wieder je nach dem, ob ich Autor, SL oder S bin. Welche sind richtig und welche sind falsch? Das MUSS ich in der Theorie zunächst  losgelöst von der Vision ganz abstrakt betrachten, da ich hier ja allgemein die Abhängigkeiten untersuchen will. Danach habe ich das Werkzeug alles noch einmal konkret für die jeweilige Vision auszuwählen. Ich glaube, aus dieser Betrachtungsweise heraus, dass wir einen Schritt zu früh für die Vision sind.

Ich persönlich denke, dass "Was"-Regeln eher mit dem zu beschrieben ist, was üblicherweise als "Genrekonventionen" bezeichnet wird. Wenn wir also in einer mittelalterlichen Welt spielen, die sich stark an das 12. Jhd. in Europa orientiert, wird klar sein, dass dort weniger bzw. gar keine Magie, keine unterschiedlichen Fantasy-Rassen usw. anzutreffen sind. Das sind dann auch Regeln, aber eher (implizite) Vereinbarungen, die sich qualitativ von einem Regelmechanismus unterscheiden.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob dies noch Regeln sind, die wir hier diskutieren, das ist wahr. Hmmm... darüber kann man sicher streiten.

Die ganz große Frage ist dann aber, ob solche Regeln zwangsläufig die Stimmung im Spiel beeinflussen bzw. - und darum geht's ja im Kern - die Stimmung positiv (!) beeinflussen.
Ich (ganz persönlich) habe diese Frage ganz neutral aufgefasst. Ich denke, dass es genauso wichtig ist die negativen wie die positiven Auswirkungen von Regeln auf die Fiktion zu kennen, wenn man das überhaupt werten kann. Ich kenne Menschen, die gerade die häufigen Eingriffe von Rolemaster in den Vorstellungsraum lieben. Andere verdammen sie. Ich neige daher dazu die Auswirkungen wertungsneutral anzugehen.

Ich selbst denke, dass ohnehin viel stärker die stimmungsvolle Beschreibung, das Layout usw. die Stimmung und Fiktion eines RSs beeinflusst - zumindest von Produktseite her. Sicherlich, der eingefleischte Midgard-Fan wird mir sagen, dass er mit dem System keine D'n'D-like Hero-Story hinbekommt. Aber m.E. ist das nur eine billige Ausrede. Damit wird der Spieldesigner m.E. aus der Pflicht entlassen, eine stimmungsvolle und gute Story bzw. eine entsprechende Weltenbeschreibung zu liefern. Manchmal kommt es mir so vor, dass sich Spieldesigner dann lieber hinter dem System verstecken, anstatt ein anständiges RPG zu schreiben. Genau so wie SLs übrigens auch (da ist es halt Magie, die ein Spielercharakter wirkt, die wird so und so gehandhabt, da passiert laut S. XYZ dies, das und jenes ... stimmungsvoll beschrieben werden muss da nix).
Du könntest mir gar nicht mehr aus dem Herzen sprechen! Lies mal das Kreaturenbuch von Midgard und versuche nicht einzuschlafen! Artwork, Form der Beschreibung, ich glaube man nennt es hier neuerdings "Fluff" - das macht für mich den größten Teil der Fiktion aus. Nichtsdestotrotz haben auch Regeln Einfluss auf die Fiktion. Mir ist es aber lieber, wenn der Einfluss geringer ist. Um so wichtiger ist es festzustellen, wie Regeln beschaffen sein müssen, um ihn gering zu halten.

Ich persönlich denke, dass Fiktion hauptsächlich durch den Spielstil, den Stil des SLs und von div. sozialen Faktoren (Gruppenzusammensetzung, persönliche Umstände usw.) abhängt. Die Regeln können das beeinflussen, müssen aber nicht. Ich sehe manchmal sogar eher die Gefahr, dass Regeln - bei zu starker Befolgung - negativ wirken. Da müssten Spieler und SL ggf. sogar wesentlich liberaler werden und Regeln einfach dahin verfrachten, wo sie hingehören - in den Papierkorb (zumindest temporär).
Jeder will etwas anderes. Für dich stimmt das: Regeln sind der Stimmung oft abträglich. Andere brauchen das. Deine Fiktion kommt aus der Gruppe. Andere sind weniger kreativ, haben eine eher ... ich will mal sagen konsumorientierte Haltung und möchten, dass die Regeln die Fiktion bestimmen. Stichwort Zufallsbegegnungstabelle. Ein schönes Beispiel für eine Regel, die bei den einen weggelassen werden kann, für den Spielstil anderer jedoch von essenzieller Bedeutung ist. Die Zufallsbegegnungstabelle ist eine konkrete Regel, mit direktem Input in den Vorstellungsraum der gesamten Gruppe. Sie schafft ein einheitliches Bild in der gesamten Gruppe: "jetzt begegnet euch in der Wüste ein Wal". Zack. Ob positiv oder negativ, will ich nicht allgemein beurteilen.




Oh Mann, ich habe den Eindruck, je später es wird, um so mehr Worte brauche ich um einfache Sachverhalte darzustellen. Seht es mir bitte nach.  :P Insbesondere Turning Wheel.
« Letzte Änderung: 16.12.2007 | 02:12 von killedcat »

Offline Gaukelmeister

  • Aggressionsenthemmter Eierschlächter
  • Legend
  • *******
  • Herzkasper, Paddelgladiator, Atmo-Queen +1.
  • Beiträge: 4.088
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Gaukelmeister
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #41 am: 17.12.2007 | 19:01 »
@ killedcat
Ich stimme Dir im Wesentlichen zu. Außerdem finde ich, dass Du ziemlich genau erläutert hast, worum es mir ursprünglich gegangen ist (immer noch geht).

Inhaltlich habe ich bisher nicht vielmehr klar, als dass man Prozesse/Mechanismen von Was-Regeln unterscheiden kann und dass die Konkretheit der Regeln ausschlaggebend für die Bestimmung der Fiktion ist. Wahrscheinlich ist es sinnvoll, verschiedene Bereiche der Fiktion, die geregelt werden, zu unterscheiden. Man hätte dann also die Parameter: geregelter Bereich; Konkretheit der Regelung und Art der Regelung (Entscheidungsmechanismus für offene Situationen oder Setzung eines Aspekts der Fiktion).

(Inzwischen finden sich immer mehr Überlegungen zum Regelbegriff auch hier)
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #42 am: 23.12.2007 | 08:56 »
Aaaalso...

wie können Regeln konkret die Fiktion beeinflussen? Ich werfe wieder ein paar Behauptungen in den Raum. Ich behaupte:
- in verschiedenen Maßen (starke Beeinflussung, schwache Beeinflussung). Nicht nur die Regeln können konkret sein. Je konkreter die Fiktion regelseitig gelöst ist, desto genauer stimmen die einzelnen Vorstellungsräume miteinander überein / desto konkreter wird der gemeinsame Vorstellungsraum
- bereichernd oder einschränkend (Einbringung in den Vorstellungsraum bei gleichzeitiger Einschränkung durch Wechsel der Zuständigkeit oder nur einschränkend)
- färbend (düster, spaßig, edel, etc.)
- für eine Dauer. Ich glaube, es gibt einen kurzfristigen und einen dauerhaften Bereich der Fiktion. Ein Würfelwurf bereichert die Fiktion in diesem Moment und wird zur Geschichte. Eine Regel, die Magie mit Gefahren verbindet hingegen bleibt die ganze Zeit im Vorstellungsraum. Selbst bevor die Regel zur Anwendung kommt ist sie schon Fiktion.


Okay, mehr fällt mir nicht ein. Wie müssen nun die Regeln beschaffen sein, um die Fiktion wie zu bereichern. Ich versuche hierbei absichtlich KEINE Formel aufzubauen, um nichts zu verkomplizieren oder Wissenschaft vorzutäuschen ;)

Maß:
- je konkreter die Regeln, desto stärker die Beeinflussung der Fiktion, desto konkreter wird der von allen Spielern geteilte Vorstellungsraum
- "Was-Regeln" beeinflussen die Fiktion meist stark.
- je mehr Regeln, desto stärker die Beeinflussung der Fiktion durch die Regeln insgesamt. Das klingt wie eine Binsenweisheit, ist aber wichtig.

Vorzeichen:
- Man kann den Vorstellungsraum nicht bereichern, ohne die Fiktion zumindest kurzfristig einzuschränken. Jede Konkretisierung IST eine Einschränkung der Möglichkeit der eigenen Fiktion. Es ist jedoch möglich einzuschränken, ohne zu bereichern.
- Verbote schränken natürlich die möglichen Fiktionen immer ein
- Jede Regel, die kein reines Verbot ist, bereichert den Vorstellungsraum regelseitig
- Jeder Würfelwurf bereichert den Vorstellungsraum regelseitig

Färbung:
- je konkreter die Regeln um so stärker regelseitige Färbung
- ergo je allgemeiner die Regeln desto stärker ist die Fiktion Spielerbestimmt und daher evtl. von Spieler zu Spieler abweichend.
- eine Färbung kann durch Weglassen unerwünschter Bereiche in den Regeln erfolgen. Dies geschieht allerdings indirekt. Tatsächlich KANN die Fiktion noch in andere Richtungen gehen, ohne Regeln zu verletzen. Das Spiel unterstützt dies nur nicht und lässt die Spieler dann im Stich. Es ist mehr eine Erziehungsmethode, als eine Folge der Regelausarbeitung.

Dauer:
- Ergebnisfeststellung im Allgemeinen (z.B. per Abstimmung oder Kartenziehen) bereichert die Fiktion kurzfristig
- Dagegen sind alle damit verbundenen Regeln, die zur Ergebnisfeststellung führen können, immer eine dauerhafte Bereicherung der Fiktion
- Ehemals kurzfristige Beeinflussungen der Fiktion können zu dauerhafter Beeinflussung führen, das ist dann aber eher Abenteuer- als Regelbezogen (Beispiel: im Rad der Zeit reinigt Rand al Thor die Magie, so dass alle Männer gefahrlos Magie ausüben können). De facto ist dies allerdings eine Änderung der dauerhaften Regeln. Die Einbringung durch das Regelwerk selbst bleibt kurzfristig.

Je mehr ich über die Was-Regeln nachdenke, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass es sich hierbei eigentlich um Setting-Informationen handelt. Hmmm...

Die Erkenntnis, dass man den Vorstellungsraum nicht bereichern kann, ohne ihn einzuschränken scheint mir wichtig zu sein. Bringe ich einen Berg in den Vorstellungsraum, kann sich da kein Spieler mehr einen Ozean vorstellen, ohne die Regeln zu verletzen.

Wenn mein Schmonzes da oben halbwegs stimmt, lassen sich nun Abhängigkeiten herleiten: will ich regelseitig eine Färbung ins Düstere haben, muss ich dafür Regeln bauen, die dies unterstützen. Je düsterer ich es haben will, desto konkreter müssen die Regeln sein oder ich brauche mehr Regeln, die dies bewerkstelligen, oder ich brauche "Was-Regeln". Regeln bedeuten immer eine Einschränkung des Vorstellungsraums, das MUSS ich dann in Kauf nehmen.

Ist das soweit halbwegs korrekt? Ist es überhaupt brauchbar?


Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 18.992
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #43 am: 23.12.2007 | 11:40 »
OK. Dann werd ich da mal wieder gegenreden.

Maß:
- je konkreter die Regeln, desto stärker die Beeinflussung der Fiktion, desto konkreter wird der von allen Spielern geteilte Vorstellungsraum

Was macht eine Regel konkret?


Zitat
Vorzeichen:
- Jeder Würfelwurf bereichert den Vorstellungsraum regelseitig

Das könnte man als Forderung aufstellen: Jeder sinnvolle Würfelwurf bereichert die Vorstellung. Mach nur sinnvolle Würfe in dein Spiel! Sonst lässt sich da bestimmt ein Gegenbeispiel konstruieren.

Wobei hier und bei einigen anderen Punkten eine ziemlich großes Maß an Indirektheit zugelassen werden muss, um das wahr werden zu lassen. Man denke sich, dass vor Beginn des Spiels mit einem Würfelwurf festgestellt wird, wer die erste Szene rahmen darf. Da wird die Fiktion schon in gewisser Weise beeinflusst, denn Dinge an die Spieler 1 nicht denkt, können nicht als erstes passieren. Aber ist mir schon sehr weit hergeholt.



Zitat
Färbung:
- je konkreter die Regeln um so stärker regelseitige Färbung
- ergo je allgemeiner die Regeln desto stärker ist die Fiktion Spielerbestimmt und daher evtl. von Spieler zu Spieler abweichend.

Hier hab ich zwar wieder das Bedeutungsproblem mit Konkret und Allgemein, aber ich bin geneigt zu widersprechen. Ich kann mit jedem Rollenspiel Slap-Stick betreiben. Ich muss nur über alle gruseligen Beschreibungen lachen. Bier hilft.

Mein Tipp für Grusel-Rollenpsiel ist daher vorher zu sagen: Kommt, lasst uns uns jetzt alle gruseln.


Zitat
Je mehr ich über die Was-Regeln nachdenke, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass es sich hierbei eigentlich um Setting-Informationen handelt. Hmmm...

Ja, könnte man so sagen.


Zitat
Die Erkenntnis, dass man den Vorstellungsraum nicht bereichern kann, ohne ihn einzuschränken scheint mir wichtig zu sein. Bringe ich einen Berg in den Vorstellungsraum, kann sich da kein Spieler mehr einen Ozean vorstellen, ohne die Regeln zu verletzen.

Dem kann ich vorbehaltlos zustimmen.

killedcat

  • Gast
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #44 am: 25.12.2007 | 05:09 »
OK. Dann werd ich da mal wieder gegenreden.
Nur zu!

Was macht eine Regel konkret?
Naja, ich denke, dass es sich hierbei um die allgemeine Definition von konkret und abstrakt handelt. Was macht einen Hinweis konkret? Eine Beschreibung? Einen Vorwurf?
Am besten mache ich es an einem Beispiel fest: Wenn ich nach einem Würfelwurf nur eine Anzahl Schadenspunkte erhalte so ist dies abstrakter, als wenn ich wie in Rolemaster die Information bekomme, welches Körperteil getroffen wurde, wie viele Adern geplatzt sind und wie viele Runden es dauert, bis der Gegner verblutet. Ich denke nicht, dass man für diese Diskussion genauer festmachen muss, was konkret ist.

Das könnte man als Forderung aufstellen: Jeder sinnvolle Würfelwurf bereichert die Vorstellung. Mach nur sinnvolle Würfe in dein Spiel! Sonst lässt sich da bestimmt ein Gegenbeispiel konstruieren.
Naja, ist schon klar: wenn in den Regeln steht "würfle alle 5 Minuten mit dem Würfel, nur mal so", dann hast du natürlich recht. Jeder aus der Fiktion veranlasste Würfelwurf? Ist auch wieder doof. Okay: sagen wir "jeder sinnvolle Würfelwurf". Mann, auf die Idee wäre ich jetzt nicht gekommen. Du hast wohl schon einige abstruse Diskussionen geführt, oder?

Wobei hier und bei einigen anderen Punkten eine ziemlich großes Maß an Indirektheit zugelassen werden muss, um das wahr werden zu lassen. Man denke sich, dass vor Beginn des Spiels mit einem Würfelwurf festgestellt wird, wer die erste Szene rahmen darf. Da wird die Fiktion schon in gewisser Weise beeinflusst, denn Dinge an die Spieler 1 nicht denkt, können nicht als erstes passieren. Aber ist mir schon sehr weit hergeholt.
Hmja... wobei ich oben glaub ich schrieb, dass mit Regeln eigentlich nur die Regeln gemeint sein können, die nicht die Spielorganisation betreffen. Das würde ich jetzt eher da einordnen.

Hier hab ich zwar wieder das Bedeutungsproblem mit Konkret und Allgemein, aber ich bin geneigt zu widersprechen. Ich kann mit jedem Rollenspiel Slap-Stick betreiben. Ich muss nur über alle gruseligen Beschreibungen lachen. Bier hilft.
Die Möglichkeiten der Fiktion sind unendlich. Daher ist es sehr schwer, etwas ganz zu erschweren. Aber wenn ich die Fiktion regelseitig beeinflussen will, dann hilft kein "kommt, lasst uns gruseln", denn das ist nicht regelseitig. Also nicht die geschriebenen Regeln. Aber es ändert auch nichts, wenn alles in Slapstik ausartet, weil die Spieler das so wollen. Alles, was von den Regeln in den Vorstellungsraum eingebracht (und beachtet) wird, ist im gemeinsamen Vorstellungsraum bei allen gleich. Natürlich kann ich auch Call of Cthulhu als Kommödie spielen. Aber wenn ich mich an die Regeln halte, wird es schwierig, weil ich trotz Bier meine Wahnsinnspunkte bekomme und meinen Char irgendwann abgeben kann.



Offline Dom

  • Stiftung Rollenspieltest
  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 2.369
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dom
Re: [Offen] Die Abhängigkeit der Fiktion von Regeln
« Antwort #45 am: 25.12.2007 | 07:55 »
Naja, ist schon klar: wenn in den Regeln steht "würfle alle 5 Minuten mit dem Würfel, nur mal so", dann hast du natürlich recht. Jeder aus der Fiktion veranlasste Würfelwurf? Ist auch wieder doof. Okay: sagen wir "jeder sinnvolle Würfelwurf". Mann, auf die Idee wäre ich jetzt nicht gekommen. Du hast wohl schon einige abstruse Diskussionen geführt, oder?
Das Problem ist, dass es Rollenspiele gibt, in denen nicht jeder Würfelwurf irgendwie sinnvoll ist bzw. nicht von jedem als sinnvoll angesehen wird. Ich denke beispielsweise an die 3W20-Talentproben-Diskussionen in DSA und ob man die nicht durch eine 1W20-Probe ersetzen sollte bzw. wie man die Würfe mit Bedeutung füllen kann (siehe z.B. hier oder hier).

Ergänzung:
Zitat
Aber wenn ich die Fiktion regelseitig beeinflussen will, dann hilft kein "kommt, lasst uns gruseln", denn das ist nicht regelseitig.
Du könntest in die Regeln reinschreiben: "Vor dem Spiel müssen sich die Spieler gegeseitig sagen: kommt, lasst uns gruseln.". Ok, das wäre dann wieder Spielorganisation, aber das hilft ;)
« Letzte Änderung: 25.12.2007 | 08:01 von Dom »