Frage:
Kümmert Ihr Euch als SL um eine Ausgeglichenheit der Macht der Spielercharaktere? Wenn ja: wie? Wenn nein: Überlasst Ihr die Charakterentwicklung komplett den Spielern?
Ja, aber nicht alleine. Wir entscheiden zu Beginn einer Kampagne, wie gespielt werden soll.
Gurps: mit wievielen Punkten wird gebastelt?
Bei CoC: keine Magier, kein Mythos vor Spielbeginn, die klassischen Professionen
Allgemein: Liegt der Schwerpunkt auf Kampf? Oder auf sozialer Interaktion?
Fantasy: High oder dark and gritty?
Das mag jetzt ein wenig off-topic klingen, aber was ich damit zeigen will: wenn wir ich eine Diplomatenrunde leite, dann will ich keinen Streetsam der mir die ganze Cocktailparty massakriert. Genausowenig wie ein Spieler eines Magiers von mir vorgewarnt wird, wenn es in der beginnenden Kampagne keine Magie geben wird.
Die Charakterentwicklung ist relativ frei; es gelten gewisse Vorgaben bezüglich Kampagnenhintergrund, Hausregeln und Gruppenkonsens: Keine Ninjas bei DSA, keine chaotic evil Chars u.ä.
Generell lass ich mir die Charakterbögen der Spieler zeigen und "überprüfe" diese, bevor sie zugelassen werden. Ich soll den Haufen ja schließlich auch leiten...
Dabei achte ich aber weniger darauf wie "uber-leet" ein Char ist, als eher inwieweit der Char unseren Gruppenregeln entspricht und wie harmonisch er sich in die Kampagnenwelt einfügt. Oder zumindest wie gut die Hintergrundgeschichte ist...
Die Frage ist für mich nicht, wie kann ich dafür sorgen, dass die Spieler "balanced" sind, sondern : Haben die Chars die gleichen Möglichkeiten? Und wenn nicht, ist diese Tatsache den Spielern bewusst?
Das Problem einer Balance zwischen den Chars herzustellen, ist nicht (unbedingt) die Aufgabe, des Regelwerkes. Aber diese Tatsache zu erwähnen, ist sie schon.
Klassen, Profession, Berufe, Chars etc müssen nicht ausgeglichen sein, aber den Spielern muss gesagt werden, dass dies so ist.
Die Probleme treten erst auf, wenn Unterschiede auf Teufel komm raus gleichgemacht werden sollen.
Als Beispiel DSA4 mit den 3 Trillionen -imho unnützen- Professionen. Da wird auf Biegen und Brechen versucht, so tolle Berufe wie Rattenfänger und Bettler "nützlich" zu machen.
Mit dem Ergebnis, dass die eigentlichen privilegierten* Berufe wie Krieger, Magier und co durch Unmengen an Nachteilen kaputtgemacht werden.
*privilegiert durch Geburt, bessere Ausbildung, bessere ernährung etc
Man hat also diesen ganzen Regelschwulst, den man nicht gebraucht hätte, wenn man einfach den Spielern klar macht, dass nicht jede Berufswahl "optimal" ist und das es eindeutig starke und schwache Klassen gibt.
(Wer nun ruft, aber dann nimmt ja niemand mehr Klasse XY oder Profession BZ, dem erwiderer ich nur: Pöser Powergamer!)
Und eigentlich -d.h. IMHO- zerstört es die Balance, wenn ein Krieger und ein Bäcker "balanced" sind.
In einem anderen DSA Thread kam dazu mal das Argument (sinngemäß): "Der Bettler/ der Bäcker stellt eben ein außergewöhliches Exemplar seiner Gattung dar, der Krieger nur ein mittelmäßiges bzw. unterdurchschnittliches."
WTF?! Und wo bitte ist das fair? Darf der zweite Spieler keinen außergewöhlichen Krieger spielen??
So wie ich das sehe, taucht die Frage nach einem Balancing der Spieler nur dann auf, wenn mehrere Charaktere den gleichen Einsatzbereich haben und sich in die Quere kommen, weil einer die anderen in den Schatten stellt.
Normalerweise sollte die Gruppe so ausbalanciert sein, dass jeder Spieler/Charakter seinen eigenen Schwerpunkt / sein Spotlight bekommt.
Das ganze Gerede über das Balancing der Klassen oder Professionen ist aber fast hinfällig, denn - wie weiter oben schon gesagt wurde- wie soll das gemessen werden?
Ein Illusionist macht nicht soviel Schaden wie ein Kämpfer, das ist aber auch nicht seine Aufgabe.
Der Kleriker hat andere Aufgaben als ein Barde, beide können aber auch Bereiche teilen (Diplomatie, Knowledge).
Bei DSA werden alle Charaktere mit derselben Anzahl Punkte erschaffen. Das macht sie aber nur im weitesten, mathematischen Sinne "gleich". Denn bei einige Professionen gibt es fast nur relevante Talente, während bei anderen ein nicht geringer Teil der GP in nicht-relevanten oder redundanten Skills verschwindet.
"Relevant" sind z.B. Sinnesschärfe, Schleichen, Klettern, Überreden, Kampffertigkeiten etc.
"Nicht-Relevant" sind bsp. Töpfern, Hauswirtschaft, Viehzucht, Sprachenkunde, Sternkunde etc
Redundant sind Körperbeherrschung/ Athletik/Akrobatik (3 mal das Gleiche), und eigentlich alle Waffenskills über 2 -einmal Nah- und einmal Fernkampf.
D.h., der Wunsch nach Balance ist schön und gut, er ändert aber nichts an der Tatsache, dass es in 99% der Fälle ein Wunschtraum bleibt.
Das alles macht es für mich sehr schwer über das Thema zu reden, da stets implizite Annahmen herschen.
Des weiteren ist der Begriff sehr relativ. So kann es ein, dass gewisse Klassen nur am Anfang schwach sind, oder nur in den mittleren Stufen. Manchmal erkennt man die stärken/schwächen auch erst sehr spät. Ein weiterer Aspekt wäre, wie man denn z.B. ein Magiern mit einem Krieger vergleichen will.
Aus diesem Grund sollte der SL sich da möglichst wenig einmischen und das die Spieler (untereinander) regeln lassen. [...]
Non sequitur.
Sollte nicht -gerade weil Balancing offenbar so schwammig definiert ist- die Gruppe miteinander reden?
Aus diesem Grund sollte der SL sich da möglichst wenig einmischen und das die Spieler (untereinander) regeln lassen.
1.Der SL ist Teil der Gruppe, also wird er wohl mitreden dürfen, oder? Es mag zwar stimen, dass die Spieler ihre Chars so basteln dürfen wie sie wollen, aber der SL muss nicht jeden Haufen von Mary Sues oder Wannabes leiten. Deswegen sollten alle zusammen beschließen, was gespielt wird.
Es wird auch für einen erfahrene SL schwer sein, wirklich gerecht auszutarieren. Da braucht es in der Regel knallharte Playtests für.
2.Da wir hier wohl von Standardfällen ausgehen, nehmen ich an, dass normalerweise die Spielgruppe das System schon kennt und auch schon gespielt hat. Denn ansonsten käme noch niemand auf die Idee, dass es etwas auszutarieren gäbe.
Das alles solte doch schon in den Regeln stehen und dort erfolgt sein. Trifft dies nicht zu, kann man ja vorher Hausregeln für die Generierung entwerfen. Vielen Spielern macht es auch gar nichts aus "schlechter" zu sein.
3. Keine Regel ohne Ausnahme(n)! Dass das "Problem" der Balance auftritt, ist nicht die Schuld des Regelwerks. Der Grund liegt darin, dass nicht alle in der Gruppe diesselben Vorstellungen davon haben, wie Charaktere gebaut werden sollen oder können.
Und hauptsächlich auch darin, dass es Leute gibt, die alle Regeln optimal ausnutzen und andere Spieler, die eben "nur" casual gamers sind.
Aber auch hier gilt: SL und Spieler zusammen müssen sich einigen, wie sie spielen wollen. Die Hausregeln entstehen ja nicht einfach so spontan oder werden zufällig auf goldenen Tafeln gefunden.
[Sorry für die Abschweifungen - war'n langer Tag]