Autor Thema: Charaktersterblichkeit und Spannung.  (Gelesen 15383 mal)

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Offline Der Nârr

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #50 am: 11.11.2008 | 09:34 »
Immersion wird überbewertet.

[...] Solche Konsequenzen sind meiner Ansicht nach nicht nur rein theoretisch nötig - sie müßen real auftreten können. Vieleicht liegt es an mir, oder meinem Umfeld, aber ich kenne keine Gruppe, die sie nicht benötigt, um sich zu "fokussieren". Wenn die Gruppe davon ausgeht, "dick mist bauen" zu müßen, ehe diese Konsequenzen am Horizont auftauchen, dann wird sich eine Kultur des Aussitzens etablieren. Man belohnt effektiv, nicht zu handeln, denn durch falsches Handeln kann es zur Katastrophe kommen, während sich so wenig wie möglich bewegen sicher ist - der SL kann keinen dicken Fehler finden, und wird deshalb nicht die Gruppe dezimieren. [...]
(Hervorhebung von mir.)

Jaaaaaaaaaa, Jaaaa, Ja!
Genau so ist es!
Ich erlebe das immer noch wieder. Darum muss man die Gruppe zum Handeln zwingen! Das schreckliche ist, eine entsprechend "erzogene" Gruppe kann teils selbst in dramatischen Situationen in völliger Starre verharren - das ist katastrophal. Dem kann man nur mit Konsequenz begegnen, führt natürlich zu "Erziehung", das interessante ist, dass die befragten Spieler natürlich sagen werden "wir wollen wichtige Entscheidungen treffen" usw., aber wenn es soweit ist, dann passiert nichts.
Wenn ich das als Spieler erlebe, bin ich der Typ, dass ich dann oft irgendwas mache einfach damit überhaupt mal was Aktives geschieht, leider gehen meine Aktionen meistens total in die Hose und dann hagelt es hinterher Kritik ("das war ja mal selten dämlich", "total bescheuert" usw.), weil ich mich bei so etwas eben einfach nicht geschickt genug anstelle, aber wenn die Runde nichts gebacken bekommt... Manchmal muss man eben herausfordern! Oft empfand ich die Ergebnisse dann aber auch als sehr wohltuend erlösend.
Ich habe in einigen meiner Runden teils Sachen erlebt, das hatte schon was von erlernter Hilfslosigkeit...
Das schlimme ist, dass ich den kritisierten Leit/Spielstil selber ungefähr 10 Jahre verfolgt habe, bloß nicht konsequent sein, sondern die Charaktere immer wieder raushauen... wenn ich jetzt eine Konsequenz nicht möchte, meide ich lieber gleich die Konfrontation, auch nicht ideal, aber schon mal besser... wobei es mir bedeutend leichter fällt, in Kämpfen konsequent zu sein als in allen anderen Situationen. Vielleicht, weil da das Regelwerk auch einen entsprechenden Rückhalt gibt. In Systemen mit einem ausgeprägten Sozial/Interaktionssystem fällt es mir auch leichter, die NSC entsprechend konsequent reagieren zu lassen.
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 09:37 von Hamf aus der Dose »
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Ein

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #51 am: 11.11.2008 | 09:52 »
Für mich baut Charaktertod keine sonderliche Spannung auf, vielleicht weil mir dafür die nötige Immersion fehlt und Tod nach fast 20 Jahren irgendwie nur noch eine schale Bedrohung ist. Irgendwie kann ich nicht mit einem Abenteurer, der sich Woche für Woche todesmutig in Gefahr begibt, den Tod nicht so als Gefahr sehen. Eher als Bedrohung endlich heldenhaft gestorben zu sein.

Offline Tudor the Traveller

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #52 am: 11.11.2008 | 10:13 »
Hab jetzt nicht alles in toto gelesen, aber ich habe den Eindruck, diese Diskussion dreht sich im Kreis (falls es eine Diskussion ist und keine detaillierte Meinungserhebung  ;) )

Um mal etwas (hoffentlich) Neues in die Diskussion einzubringen, will ich mal die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen Spannung - Gefahr - Tod richten, also Gefahr als neues zentrales Schlagwort betrachten.

Dazu stelle ich mir folgende Fragen:

1. Wann kommt Spannung auf?
2. Ist Spannung abhängig von Gefahr?
3. Ist Gefahr abhängig vom möglichen Tod?

Zu 1. kann ich spontan sagen, dass es spannend ist, wenn ich wissen will, wie es weiter geht, weil die Wendungen der Ereignisse unklar sind und wichtige Auswirkungen haben können.
Daraus folgt für 2., dass eine Gefahrensituation zu Spannung führen aknn, aber nicht muss, nämlich immer dann, wenn nichts auf dem Spiel steht oder der Ausgang klar ist.
Zu 3. kann ich nur sagen, dass anfangs mal angemerkt wurde, dass es verschiedene Szenarios gibt, die Spannung erzeugen, wo die Gefahr aber nicht körperlich/tödlich ist. Dort stehen andere wichtige Dinge auf dem Spiel.

Zur allgemeinen Sterblichkeit stehe ich wie viele andere auf dem Standpunkt, dass es absolut systemabhängig ist. Der mögliche Charaktertod ist sicherlich wichtig, um den SC Grenzen aufzuzeigen; das Stichwort Aussitzkultur find ich da ganz treffend.

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Ein

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #53 am: 11.11.2008 | 10:22 »
Ich finde dieses Grenzen setzen kontraproduktiv.

Wenn man sich Actionfilme ansieht, dann sieht man schnell, dass sie davon leben, dass die Protagonisten unsterblich sind. Dies ist auch keine Erfindung der Moderne, wenn man sich quer durch die Heldenepen bewegt sieht man schnell, dass es zu jederzeit überall bei Helden nicht um das Sterben, sondern um das Leiden ging. Das Erleiden und Bestehen von Prüfungen, die normale Menschen gebrochen hätte.

Und selbst wenn man den modernen Antihelden betrachtet sieht man doch relativ leicht, dass dieser sich weniger dadurch unterscheidet, dass er sterblich wäre (denn das ist aus literarischen Gründen garnicht der Fall), sondern dass er zum Antihelden durch seine Außenseiterstellung in der Gesellschaft und durch die Nichtanerkennung seiner Heldentaten wird.

Kinshasa Beatboy

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #54 am: 11.11.2008 | 10:27 »
Ganz allgemein: Die Einführung von Spannung über den Charaktertod ist ein sehr gefährliches Instrument eines SL, weil es die Spieler bestraft. Auch das "Grenzen setzen" geht in diese bisweilen kontraproduktive Richtung. Beides kann nämlich die Hoffnung auf Erfolg von Spielern reduzieren und die Angst vor Misserfolg fördern und damit in Gruppen zu Inaktivität auf Spielerseite und einem direktive Erzählonkel als SL führen. Genau das sollte aber in vielen Gruppen ursprünglich durch Ergebnisoffenheit von Handlungen verhindert werden. Insofern ist der Zusammenhang von Charaktersterblichkeit und Spannung sehr zwiespältig. Unten mehr dazu.

Ich erlebe das immer noch wieder. Darum muss man die Gruppe zum Handeln zwingen! Das schreckliche ist, eine entsprechend "erzogene" Gruppe kann teils selbst in dramatischen Situationen in völliger Starre verharren - das ist katastrophal. Dem kann man nur mit Konsequenz begegnen, führt natürlich zu "Erziehung", das interessante ist, dass die befragten Spieler natürlich sagen werden "wir wollen wichtige Entscheidungen treffen" usw., aber wenn es soweit ist, dann passiert nichts.
Wenn ich das als Spieler erlebe, bin ich der Typ, dass ich dann oft irgendwas mache einfach damit überhaupt mal was Aktives geschieht, leider gehen meine Aktionen meistens total in die Hose und dann hagelt es hinterher Kritik ("das war ja mal selten dämlich", "total bescheuert" usw.), weil ich mich bei so etwas eben einfach nicht geschickt genug anstelle, aber wenn die Runde nichts gebacken bekommt... Manchmal muss man eben herausfordern! Oft empfand ich die Ergebnisse dann aber auch als sehr wohltuend erlösend.
Ich habe in einigen meiner Runden teils Sachen erlebt, das hatte schon was von erlernter Hilfslosigkeit...

Stimme Hamf in diesem Punkt ebenso wie TerraNova vollkommen zu. Die Formulierung der Ausgangslage von seiten des Spielleiters ist dabei übrigens ganz zentral. Wenn der SL aus dramatischen Gründen die extreme Ausweglosigkeit der Auflösung einer Situation betont, wird er damit die tendentiell proaktiven Spieler, nämlich solche mit Hoffnung auf Erfolg, abschrecken, denn diese bevorzugen anspruchsvolle, aber machbare Schwierigkeitsgrade. Spieler mit Angst vor Misserfolg hingegen werden sich eher an extremen Herausforderungen (leicht oder schwer) versuchen und in diesen Situationen entsprechend eher agieren.*

Damit zementiert sich aber das Bild, dass Dinge entweder scheissenleicht oder enorm schwierig sind, was die Hoffnung auf Erfolg erheblich reduziert und in eine erlernte Hilflosigkeit mündet. Wenn zusätzlich noch sozialer Druck ausgeübt wird ("Was für eine idiotische Aktion! Da war doch klar, dass Dein Char getötet wird!"), verschärft sich diese Tendenz und so entstehen dann Runden voller Passivität und Inaktivität. Insbesondere bei dominanten SL, die nur begrenzt die Fähigkeit der Rollenübernahme haben und sich somit wenig in die Haut der Spieler einfühlen können, ist das Ende der Entwicklung dann der railroadende, als tyrannisch wahrgenommene Erzählonkel. Generell gilt:  Angst ist nicht nur ein Spaßkiller, sondern steht auch einer aktiven Runde entgegen.

Allemal besser ist es für einen SL, den Ideen von Spielern zunächst offen und flexibel zu begegnen. Ein SL sollte also anstelle einer allzu leicht in den Sinn kommenden negativen Bewertung ("Was ist denn das für eine Schwachsinnsaktion") besser Initiative anerkennen und positiv belohnen, um somit Hoffnung auf Erfolg und Aktivität zu fördern. Die Aussage, dass SC nur dann sterben können, wenn sie etwas Dämliches unternehmen, ist also vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sehr kontraproduktiv.

Sollte ein paar Spielern bereits oder von Beginn an die Angst vor Misserfolgen im Nacken sitzen, gibt es zweitens ein paar Methoden, wie ein SL darauf reagieren kann. Diese beinhalten positives Feedback (also die systematische Verstärkung von Aktivität), Modelllernen (also die Belohnung von Aktivität anderer Spieler oder von NSC; dabei aber demotivierende Mary-Sue-Effekte vermeiden), Entspannungstechniken (Auflockerung von Szenen durch humoristische Elemente, die in Eure Runde passen) oder systematische Desensibilisierung (schrittweises Annähern einer zunehmen aktiveren Rolle in der Gruppe durch Lob und Gelingen der Aktionen).

Drittens sollte der SL bereits in der Beschreibung von Situationen versuchen, trotz der Dramatisierung von Szenen die realisitische Auflösung von Spielerseite zu betonen. Suggeriert den Spielern in Eurer Rolle als SL also, dass die Aktionen schwierig und die Situation dramatisch, durch Heldenmut, gute Koordination und coole Ideen aber schaffbar sind. So bekommt Ihr als SL mittelfristig auch die eher pessimistisch-passiven Spieler mit an den Tisch und es entsteht eine aktiv Runde.

Soweit meine 5 Cent zum Thema.

*
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« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 10:29 von Kinshasa Beatboy »

Offline TerraNova

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #55 am: 11.11.2008 | 10:29 »
Um mal etwas (hoffentlich) Neues in die Diskussion einzubringen, will ich mal die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen Spannung - Gefahr - Tod richten, also Gefahr als neues zentrales Schlagwort betrachten.

Dazu stelle ich mir folgende Fragen:

1. Wann kommt Spannung auf?
2. Ist Spannung abhängig von Gefahr?
3. Ist Gefahr abhängig vom möglichen Tod?

Etwas ähnliches habe ich ja mit meinem Exkurs über Katastrophale Ereignisse erreichen wollen. "Du bist Tot" ist in D&D ein sehr stumpfes Schwert, wenn nicht die ganze Gruppe betroffen wird. Gefahr und Spannung dagegen ist möglich, weil es um mehr als das "eigene" Leben gehen kann und sollte.

Deshalb meine Antworten:

1. Spannung kommt auf, wenn die Spieler etwas bedroht sehen, was ihre Charaktere (oder sie AN ihren Charakteren) schätzen, und diese Bedrohung glaubhaft, aktiv und zu einem gewissen grad unberechenbar ist. "Wie geht es weiter" ist nur spannend, wenn es für dich schlecht oder gut weiter gehen kann. Nehmen wir mal eine Daily Soap als Beispiel: Sicher ist es nicht "gefährlich", ob Jenny nun mit Mike fremdgeht, oder Allen's Karte rechtzeitig findet. Es ist aber in gewisser weise Spannend, weil der Zuschauer vieleicht um die Chance bangt, die dumme Kuh mal richtig leiden zu sehen.

2. In gewisser Weise ja, wobei Gefahr eben explizit nicht unbedingt (aber oftmals) aus dem Spielen dieser einen Figur besteht.

3. Nein, nicht zwingend.

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #56 am: 11.11.2008 | 10:32 »
@Kinshasa
Sehr guter Beitrag, der es gut zusammenfasst. Ich persönlich nenne es das "Shadowrun-Problem". ;)

Offline Lord Verminaard

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #57 am: 11.11.2008 | 10:48 »
Ich denke, es geht dabei vor allem darum, dass das Spiel irgendwie Gewicht bekommt. Das Spielgeschehen muss den Spielern etwas bedeuten, darf nicht hohl und sinnlos sein. Schwebt der eigene Charakter in Lebensgefahr, dann kann das dem Spiel dieses Gewicht verleihen, aber nur, wenn die Spieler sich darauf einlassen. Die Fallstricke dazu hat der Beatboy schön erklärt, doch wenn es einem gelingt, diese zu umgehen, kann das Spiel mit dem Leben des Charakters durchaus sehr aufregend sein. Das steckt glaube ich auch sehr oft dahinter, wenn bisherige „Erzählspieler“ sich plötzlich für „Oldschool“ begeistern.

Andererseits können auch viele andere Dinge dem Spiel Gewicht und Bedeutung verleihen. Voraussetzung ist immer, dass die Spieler sich darauf einlassen. Und was immer es ist, dieses Etwas darf nicht durch eine Person vorgegeben werden, sondern muss durch das Spiel geformt werden.
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Offline Feuersänger

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #58 am: 11.11.2008 | 11:36 »
Zitat
Immersion ist überbewertet

Darüber steht dir kein Urteil zu. Du legst keinen großen Wert auf Immersion? Bitte sehr. Für andere ist sie sehr wohl wichtig und erstrebenswert. Für mich zum Beispiel ist sie unverzichtbar, und der wichtigste Grund, warum ich überhaupt rollenspiele.

@Hamf/Kinshasa etc.
Wiewohl ich schon verstehe, worauf ihr hinauswollt, und zum Teil auch zustimme, muss ich hier doch nachmaulen:

Zitat
Allemal besser ist es für einen SL, den Ideen von Spielern zunächst offen und flexibel zu begegnen. Ein SL sollte also anstelle einer allzu leicht in den Sinn kommenden negativen Bewertung ("Was ist denn das für eine Schwachsinnsaktion") besser Initiative anerkennen und positiv belohnen, um somit Hoffnung auf Erfolg und Aktivität zu fördern.

Damit kann ich mich nicht anfreunden. Eine blöde Aktion bleibt eine blöde Aktion. Wenn man den Spielern angewöhnt, dass sie mit jedem Scheiss durchkommen, werden die Abenteuer/Missionen/Questen zur Farce. Irgendwie kommt mir dabei "Lowered Expectations" in den Sinn.
Allerdings würde ich da mal vielmehr nachfragen, warum die Spieler jetzt auf diese Idee kommen. Denn offensichtlich haben sie irgendwas ganz anders aufgefasst, als von mir beabsichtigt, und das ist dann ein OOC-Kommunikationsfehler, den es OOC zu beheben gilt.
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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #59 am: 11.11.2008 | 12:13 »
Allerdings würde ich da mal vielmehr nachfragen, warum die Spieler jetzt auf diese Idee kommen. Denn offensichtlich haben sie irgendwas ganz anders aufgefasst, als von mir beabsichtigt, und das ist dann ein OOC-Kommunikationsfehler, den es OOC zu beheben gilt.

Eines der grossen Missverständnisse bei Konflikten ist die Annahme, dass es sich um Kommunikationsfehler handelt. Vielmehr liegen den meisten Konflikten unterschiedliche Vorstellungen und Werte zugrunde, die in der Kommunikation dann offenkundig werden. Das wird hier vermutlich ähnlich sein. Es kann also durchaus sein, dass Spieler eine Situation anders eingeschätzt haben, weil der SL etwas missverständlich dargestellt hat oder in seiner Vorstellung bestimmte Details anders sind. Ebenso gut kann es sich aber auch um unterschiedliche Ansichten bezüglich der Umsetzbarkeit von Ideen handeln. Wenn man sich also anmaßt, die Ideen anderer Leute als Blödsinn zu brandmarken, dann kann das die oben beschriebenen Folgen haben.

Andererseits, und da gebe ich Dir vollkommen recht, ist es gefährlich, den Spielern zu leicht zu Erfolgen zu verhelfen. Du nennst das "lowered expectations" und das trifft es ganz gut. Andere würden eher von fühlbaren oder "echten" Herausforderungen oder Konsequenzen von Handlungen sprechen. Das kann ein guter SL durch entsprechende Belohungen bahnen. Regelwerke können das nur unzureichend abbilden und Spieler sind in diesem Zusammenhang zwangsläufig der Willkür des SL ausgesetzt.

Es handelt sich hier aber um eine sehr heikle Balance. Im Spannungsfeld zwischen der Gewährung von Freiheitsgraden sowie der Ermunterung der Spieler zu Aktivität einerseits und der sanften Steuerung von Handlungen sowie der Plausibilisierung von Ursache und Wirkung der fiktiven Realität andererseits bewegen sich gute SL zwangsläufig. Die Qualität solcherlei Balancierens durch den SL kann man dann meinetwegen "Händchen für Situationen" nennen und darunter das Gefühl für die Angemessenheit aus Aktion, Situation und Reaktion verstehen. Die Grenze zum Illusionismus und sogar zum Railroading ist dabei übrigens fließend, weshalb ich die Aufregung über diese Begrifflichkeiten auch noch nie nachvollziehen konnte.

Wenn man all das nicht möchte, kann man alternativ nur dem beispielsweise von Settembrini propagierten Simulationismus samt Zufallstabellenoverkill und dem ganzen, aus meiner Sicht nicht erstrebenswerten Rattenschwanz folgen. Einen Kompromiss gibt es da aus meiner Sicht jedoch nicht.
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 12:18 von Kinshasa Beatboy »

Offline Feuersänger

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #60 am: 11.11.2008 | 12:59 »
Zitat
Ebenso gut kann es sich aber auch um unterschiedliche Ansichten bezüglich der Umsetzbarkeit von Ideen handeln. Wenn man sich also anmaßt, die Ideen anderer Leute als Blödsinn zu brandmarken, dann kann das die oben beschriebenen Folgen haben.

Nja, sagen wir mal so, "umsetzbar" ist so manche Idee, nur ob sie auch zielführend oder nicht doch eher kontraproduktiv ist, das ist die andere Frage. Und da halte ich es durchaus für die Kompetenz des SL, darüber zu entscheiden, und keine Anmaßung. Es geht hier - in der harten Ingame-Realität - nicht um Geschmacksfragen, so wie du auch nicht darüber diskutieren kannst, ob unbedingt 2+2=4 sein muss oder vielleicht doch auch sehr kleine Werte von 5 annehmen kann. Kurz gesagt muss man zwischen Fakten und Ansichten unterscheiden. Die Fakten muss man halt zur Not OOC klipp und klar rüberbringen, über die Ansichten kann man dann noch diskutieren.

Freilich soll der SL immer unerwarteten Lösungsansätzen gegenüber aufgeschlossen sein, und nicht auf seinem eigens ausgedachten, einzigen vorgeplanten Ausweg bestehen. Aber die Alternativlösung muss halt auch wenigstens plausibel sein, und nicht nur deswegen unbedingt klappen, weil die Charaktere sonst draufgehen würden (um mal wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen).
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Kinshasa Beatboy

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #61 am: 11.11.2008 | 13:07 »
Kurz gesagt muss man zwischen Fakten und Ansichten unterscheiden. Die Fakten muss man halt zur Not OOC klipp und klar rüberbringen, über die Ansichten kann man dann noch diskutieren.

Und eben darin besteht unser Dissens. Ich glaube, dass die "harte Ingame-Realität" zu weiten Teilen erheblich softer ist als oftmals und in diesem Fall von Dir behauptet wird. Der Gestaltungsspielraum des SL wird da ganz erheblich und in meinen Augen auch künstlich heruntergespielt. Das Verhältnis von Fakten und Ansichten jedenfalls ist extrem von Ansichten dominiert, was die Spieler den Einschätzungen des SL entsprechend unterwirft. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die den Spielern ausgleichend zur Verfügung gestellt werden können. Am grundlegenden Umstand, nämlich dass der SL für weite Teile der Spielrealität eine alleinige Gestaltungskompetenz hat, ändert das jedoch wenig.

Man kann daraus nun einerseits verkürzend folgern: Spiel nicht mit Arschlöchern. Damit ist dann gemeint, dass der SL sich sozial kompetent zu verhalten und die Interessen der Spieler zu berücksichtigen hat.

Alternativ kann man sozial kompetentes Verhalten aber auch etwas konkreter zu erfassen versuchen. Und genau dazu habe ich oben für das Teilgebiet der Leistungsmotivation der Spieler angesetzt. Ein hat mein diesbezügliches Geseier aus meiner Sicht sehr treffend "Shadowrun-Problem" genannt, weil genau dort die oben genannten Fähigkeiten und Strategien des SL in besonderem Maß gefordert sind :)

Eulenspiegel

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #62 am: 11.11.2008 | 14:47 »
zum Thema "Aussitzen":
Wieso sitzen die Leute die Sache aus?
Weil sie Angst vor negativen Konsequenzen haben.

Und wen ihr ihnen jetzt sagt: "Wenn ihr nichts tut, dann bekommt ihr auch negative Konsequenzen." ist das eher kontraproduktiv.

Produktiver wäre es, wenn ihr sagt: "Hey, ihr dürft ruhig Fehler machen. Euch passiert nichts. Es ist nicht so wichtig, dass ihr das Richtige tut. Viel wichtiger ist, dass ihr überhaupt irgendetwas tut."
DAMIT bringt ihr die Leute zum handeln.

Kinshasa Beatboy

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #63 am: 11.11.2008 | 14:49 »
@ Eulenspiegel: Steht nicht genau das bereits oben in, mit Verlaub, etwas elaborierterer und konkreterer Form?

Offline TerraNova

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #64 am: 11.11.2008 | 14:53 »
zum Thema "Aussitzen":
Wieso sitzen die Leute die Sache aus?
Weil sie Angst vor negativen Konsequenzen haben.

Und wen ihr ihnen jetzt sagt: "Wenn ihr nichts tut, dann bekommt ihr auch negative Konsequenzen." ist das eher kontraproduktiv.

Produktiver wäre es, wenn ihr sagt: "Hey, ihr dürft ruhig Fehler machen. Euch passiert nichts. Es ist nicht so wichtig, dass ihr das Richtige tut. Viel wichtiger ist, dass ihr überhaupt irgendetwas tut."
DAMIT bringt ihr die Leute zum handeln.

Leider nein, ich hab es probiert. Was man damit erreicht ist das die Gruppe zwischen "null risiko, kleiner gewinn" und "risiko, aber größerer möglicher Gewinn" wählen kann. Da die Gruppe aber typischerweise als Gemeinschaft agiert, reicht es normalerweise wenn ein Spieler konserativ ist, und "Null Risiko" wählt. Es ist meiner Erfahrung nach als Spieler ziemlich unmöglich, einen riskanten Plan gegenüber einem riskolosen gegen auch nur einen Wiederstand "durchzuboxen". Manchmal habe ich schon das Gefühl, das diese Elfen am liebsten Buchhalter-Ausbildungen gemacht hätten, aber nur im Ranger-College genommen wurden

Oder vieleicht hast du doch Recht. Es ist vertrackt. Einer meiner Zentralpunkte ist es, das die Katastrophe immer da sein muß. Immer als Schatten über der Gruppe schwebt - aber es kann durchaus sein, das jeder "engagierte Plan" besser ist als gar nichts zu tun. Ist es bei mir im Normalfall übrigens auch.

Offline Lord Verminaard

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #65 am: 11.11.2008 | 14:58 »
Ich glaube, dass die "harte Ingame-Realität" zu weiten Teilen erheblich softer ist als oftmals und in diesem Fall von Dir behauptet wird. Der Gestaltungsspielraum des SL wird da ganz erheblich und in meinen Augen auch künstlich heruntergespielt. Das Verhältnis von Fakten und Ansichten jedenfalls ist extrem von Ansichten dominiert, was die Spieler den Einschätzungen des SL entsprechend unterwirft. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die den Spielern ausgleichend zur Verfügung gestellt werden können. Am grundlegenden Umstand, nämlich dass der SL für weite Teile der Spielrealität eine alleinige Gestaltungskompetenz hat, ändert das jedoch wenig.

Hm. Ich stimme dir zu, dass „harte Fakten“ Mangelware bzw. in vielen Fällen eine Illusion sind, es statt dessen wahlweise um Einschätzungen, dahinter stehende Motive oder auch einfach darum geht, was einem gerade einfällt. Die Schlüsselrolle, die du dem SL zuschreibst, sehe ich in dieser Dramatik aber nicht zwingend. Denn diese entsteht ja nur, wenn man davon ausgeht, dass die Bewertung durch den SL auch wirklich allein maßgeblich ist.

Ich hatte z.B. früher eine relativ hartwurstige Runde, die vorzugsweise in Settings spielte, deren Gesetzmäßigkeiten denen unserer realen Welt angenährt waren, und die relativ viel Wert darauf legte, zu erklären, wie etwas genau funktioniert. In dieser Runde war es eine Selbstverständlichkeit, dass realweltliche Kompetenz der einzelnen Mitspieler auch für die Beurteilung der Spielwelt respektiert wurde.

D.h. wenn die Charaktere sich auf einem Segelschiff befanden, dann war es im Zweifel an mir, zu sagen, wie es da aussieht und was da möglich ist oder nicht. Wenn die Charaktere sich in der Wildnis befanden, waren es unsere Pfadfinder und Bundis, die das Zepter in die Hand nahmen. Und zwar egal wer SL war. Es wäre völlig undenkbar gewesen, dass ein SL sich als letzte Instanz geriert in Angelegenheiten, von denen er nachweislich nichts versteht. Und: Das hat völlig problemlos funktioniert. (Edit/Nachschub: Und teilweise war es da auch durchaus sinnvoll, mal nachzufragen, zu erklären, zu diskutieren.)

Aber vielleicht sollten wir das bei Bedarf auslagern, das wird nämlich reichlich OT.
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 15:05 von Lord Verminaard »
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Offline Falcon

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #66 am: 11.11.2008 | 15:24 »
@TerraNova: Schade, das du so spät eingestiegen bist. Du hast mir nämlich gerade einen kleinen Moment der Erleuchtung beschert. Danke! :d
Die Auswirkungen waren mir so noch nicht klar, aber es passt alles zusammen, was du beschreibst. Ich glaube das könnte mein Spielleiten und Spielleiten nachhaltig verbessern. Forenlesen lohnt sich doch immer wieder.

bei erlernter Hilflosigkeit ist ein schöner Begriff von Hamf aufgegriffen worden. Man ist dann als SL gezwungen die Runde in Situationen hineinzumanövrieren, wenn sie aufregendes erspielen wollen. Irgendwann hilft aber selbst das nicht mehr, selbst in den Todesfallen, in die meine Spieler geraten tun sie teilweise NICHTS (Stichwort: "Jungs, das Wasser steigt, wollt ihr nicht mal langsam was dagegen tun?").
Man musst den SL Stil von Grund auf umkrempeln sich stärker auf Szenen fokussieren, die eine eigene Dynamik haben, daß die Spieler merken: Die Welt dreht sich weiter, auch wenn sie nichts tun. Ich glaube vor Jahren hatte ich das mal in unserer Runde aufgebracht, es aber dann aus den Augen verloren, dabei bietet es doch einen schönen Lösungsweg.
Das ist vor allem eine Sache, an der man SELBER viel tun kann (werde das aber trotzdem mit den Spielern durchsprechen) ohne darauf zu warten, daß sich die Spieler eventuell von selber ändern.

das Meiden von Konflikten für die SCs als SL, wie Hamf beschreibt, hab ich mir in den letzten Jahren allerdings abgewöhnt oder entschärfe sie durch Probenserien. Wenn die SCs nicht rechtzeitig aus einem Kampf (oder Gefahr) fliehen oder aufgeben, sterben sie eben. Ausserhalb von Kämpfen gerät man aber immer in die Gefahr als willkürlich zu gelten.

CP Schrieb:
Zitat
Nee. Damit Du Dich in Deinen Charakter fallen lassen kannst, brauchst Du ein Sicherheitsnetz, dass Dich vor den Erlebnissen schützt, die Du nicht machen willst.
Aber versucht nicht z.b. gerade DSA das Spielen eines Charakters durch sehr charakterbezogene Regeln (sprich klassische) zu fördern? Da gibts dann auch kein Player Empowerment oder SceneFraming, dafür darf man aber jedes Bier bezahlen, man tut alles, was der Charakter eben macht. Das nennen sie dann "gutes Rollenspiel".

« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 15:34 von Falcon »
Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

Kinshasa Beatboy

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #67 am: 11.11.2008 | 15:30 »
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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #68 am: 11.11.2008 | 15:39 »
In der Tat habe ich den Begriff sogar von Seligman. War eines der Prüfungsthemen in meiner mündlichen Abiturprüfung Grundkurs Psychologie vor 8 Jahren. Und da sag mal einer, in der Schule lernt man nichts fürs Leben ;D.

[...] Man ist dann als SL gezwungen die Runde in Situationen hineinzumanövrieren, wenn sie aufregendes erspielen wollen. Irgendwann hilft aber selbst das nicht mehr, selbst in den Todesfallen, in die meine Spieler geraten tun sie teilweise NICHTS (Stichwort: "Jungs, das Wasser steigt, wollt ihr nicht mal langsam was dagegen tun?"). [...]
Aufpassen von wegen "in Situationen hineinzumanövrieren" - m.E. ist auch (starkes) Railroading eine Ursache von fehlender Entscheidungskraft. Ich erinnere dich an die 13 Spielabende des Schreckens von Damagers Erben-des-Zorns-Kampagne. Erklärung für die anderen: Wir haben ein DSA-Abenteuer gespielt, ich weiß nicht inwiefern es Schuld des Abenteuers oder des SLs war, aber unsere eigenen Lösungsansätze verpufften regelmäßig wirkungslos und wir waren voll und ganz auf getriggerte Ereignisse und Einflüsse durch NSC etc. angewiesen. Einmal haben wir z.B. lauter Bauern usw. befragt nach einer Novadihorde, die Leute der Umgebung entführten, wir konnten aber garnichts herausfinden, wir mussten einfach nur Zeit totschlagen bis es dann endlich eines Abends in der Taverne zur Begegnung mit einem NSC kam, der das "Abenteuer" dann endlich weiter führte (weil dieser NSC natürlich wusste, wo die Novadis sind). Da lernte man also konsequent, dass eigenes Handeln sowieso nichts bringt, wir waren den Eisenbahnlinien dieses Abenteuers völlig ausgeliefert. Es wurde wenn dann auch immer alles zu uns herangetragen (es hat uns z.B. niemand gesagt "Hey, geht doch mal zu dem da, der weiß das", man stößt dann halt irgendwann durch ein festes Ereignis darauf.). Diese 13 Spielabende des Schreckens haben mir jedenfalls massiv veranschaulicht, wie ich nie wieder spielen möchte.
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 15:41 von Hamf aus der Dose »
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Offline Falcon

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #69 am: 11.11.2008 | 15:41 »
hatte ich schon längst nacheditiert aber trotzdem danke ;)
siehe oben.
Ein Wort ist aber auch keine so große denkerische Leistung. Bravo Seligmann  :smash:

@Hineinmanövrieren: ich sagte ja es ist fatal.

Jetzt muss mir nur nochmal einer erklären wo der Unterschied zu einer Katastrophalen Konsequenz bei nicht handeln ist und einer Rücken-an-der-Wand-Szene wie "Die Räuber springen aus dem Busch und greifen euch an, kämpft, gebt auf oder sterbt".

Sprich, ich weiss nicht, wie ich das als SL vermeiden soll und die Spieler trotzdem zum Handeln zwingen.

auch unterstützt Kinshasa grob gesagt auch dümmere Aktionen, so daß den Spielern klar ist, daß nicht alles schlimm ausgeht, was sie tun (was sie ermunternd mehr zu tun) und Terra Nova genau davor warnt dies zu tun. Wer hat nun Recht?
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 15:49 von Falcon »
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Kinshasa Beatboy

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #70 am: 11.11.2008 | 15:50 »
Ein Wort ist aber auch keine so große denkerische Leistung. Bravo Seligmann  :smash:

Hinter Schlagworten stehen aber manchmal auch etwas umfangreichere Konzepte. Siehe beispielsweise hier  ;)

Ansonsten:
auch unterstützt Kinshasa grob gesagt auch dümmere Aktionen, so daß den Spielern klar ist, daß nicht alles schlimm ausgeht, was sie tun (was sie ermunternd mehr zu tun) und Terra Nova genau davor warnt dies zu tun. Wer hat nun Recht?

Erst einmal ist es eine Frage der Beurteilung, wann eine Aktion dumm zu nennen ist. Der SL sollte vorsichtig sein, sich da über den Kopf des Spielers hinweg ein Urteil zu bilden. Außerdem hängt es stark von der Situation ab, wie mit Vorschlägen von Spielern umzugehen ist. Generell hatte ich nur dazu angeraten, Aktionen von Spielern positiv zu verstärken und nicht zu bestrafen. Und ein SL, der sich situationsübergreifend Spieleraktionen anmaßt beurteilen zu können, wandelt in einer intellektuell homogen besetzten Gruppe nach meinem Eindruck auf sehr dünnem Eis.
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 15:53 von Kinshasa Beatboy »

Offline Falcon

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #71 am: 11.11.2008 | 15:51 »
achnee, hätte ich jetzt nicht gedacht :)
hatte meinen Post oben grad noch ergänzt
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Eulenspiegel

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #72 am: 11.11.2008 | 15:59 »
Es ist meiner Erfahrung nach als Spieler ziemlich unmöglich, einen riskanten Plan gegenüber einem riskolosen gegen auch nur einen Wiederstand "durchzuboxen".
Was verstehst du unter "Risiko"?
Und wieso Plan durchboxen?

Bei uns läuft das so ab:
Zwei Spieler streiten sich darüber, welcher der beiden Pläne nun der bessere ist.
Spieler 3 hört sich das ganze maximal drei Minuten an. Wenn sich die beiden Spieler dann immer noch nicht geeinigt haben, geht Spieler 3 dann einfach auf eigene Faust los und versucht etwas. (Spieler 3 hat zwar nicht den optimalen Plan. Aber im Gegensatz zu Spieler 1 und Spieler 2 erntet er jetzt die Spotlight.)

Das sorgt dann dafür, dass mehr gehandelt und weniger geplant wird. (Weil beim nächsten Mal werden sich Spieler 1 und Spieler 2 nicht streiten, sondern sich schnell einigen, damit Spieler 3 nicht schon wieder vorstürmt.)

Wichtig ist halt, dass Spieler 3 ingame nicht bestraft wird, weil er eine dumme Handlung begeht, sondern dass er belohnt wird, weil er durch seine Aktion den Streit zwischen Spieler 1 und Spieler 2 beendet.

Zitat
Manchmal habe ich schon das Gefühl, das diese Elfen am liebsten Buchhalter-Ausbildungen gemacht hätten, aber nur im Ranger-College genommen wurden
Ja. Das kommt aber nur daher, dass sie Angst haben, dass ihr Plan fehlschlägt.

Sage ihnen das nächste Mal: "Egal wie dämlich euer Plan ist: Wenn ihr euren Plan innerhalb von 2 Minuten umsetzt, verspreche ich euch, dass er nicht fehlschlägt."
Und ich verspreche dir, dass musst du nur ein paar Mal tun und der Elfenspieler lässt ganz von alleine von seine Buchhalter-Allüren ab.
Diese Buchhalter-Eigenschaft tritt nur auf, weil der Spieler Angst hat, dass etwas schieflaufen kann. Nehme ihm diese Angst und du nimmst ihm seine Buchhaltergesinnung.

@ Falcon
Hast du dir schonmal Gedanken gemacht, wieso deine Spieler diese Hilflosigkeit erlernt haben?
Du hast selber gesagt: "Wenn sie nicht rechtzeitig aus Kämpfe fliehen, dann sterben sie."
Die logische Konsequenz ist es, sich gar nicht erst auf Kämpfe einzulassen, sondern sie zu umgehen.
Wenn alle Wege weiterzukommen jetzt aber riskant sind, dann ist die logische Konsequenz also, nichts zu tun. (Beispiel: Wir müssen in die Burg: Entweder wir kämpfen gegen die Burgwachen, dann können wir sterben. Oder wir klettern die Burgmauer hoch, dann können wir runterfallen und sterben. Oder wir schwimmen in den Hafen, dann können wir ertrinken. Oder wir geben uns als eine Gauklertruppe aus, dann könnten wir entdeckt werden, im Gefängnis landen und hingerichtet werden. Oder wir holen Verstärkung, dann passiert uns nichts.)

Wenn du ihnen jedoch sagst, dass es egal ist, was sie tun,  und dass sie im schlimmsten fall scheitern und davongejagd werden, dann animierst du sie auch dazu, nicht zu planen, sondern zu handeln.

Es gibt halt zwei Möglichkeiten:
1) Entweder gut Pläne
2) oder kurze Planungsphase.

Beides zusammen wirst du unmöglich schaffen. Du musst also für dich selber (oder besser zusammen mit der restlichen Gruppe) überlegen, was euch wichtiger ist: Wollt ihr lieber eine kurze Planungsphase oder wollt ihr gute Pläne entwickeln?
« Letzte Änderung: 11.11.2008 | 16:02 von Eulenspiegel »

Offline TerraNova

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #73 am: 11.11.2008 | 16:04 »
Jetzt muss mir nur nochmal einer erklären wo der Unterschied zu einer Katastrophalen Konsequenz bei nicht handeln ist und einer Rücken-an-der-Wand-Szene wie "Die Räuber springen aus dem Busch und greifen euch an, kämpft, gebt auf oder sterbt".

Sprich, ich weiss nicht, wie ich das als SL vermeiden soll und die Spieler trotzdem zum Handeln zwingen.

Wenn ichs wüsste wäre ich ein besserer Spielleiter. Ich versuche mich an ein  paar Regeln beim Abenteuerschreiben zu halten, aber am ende läuft es doch meistens darauf hinaus, das ich was ich habe scharf spiele, und mir selbst so wenig "Schummelraum" erlaube wie den Spielern. Beides soll dazu dienen, das ganze organischer zu machen, und die Kontraste schärfen. Es funktioniert... bescheiden, ist aber das beste "Konzept" das mir bisher kam.

Was das Schreiben angeht:

Es muß nicht der Rücken zur Wand sein, aber ein Episode muß ein Abenteur im eigentlichen Wortsinn sein. Also zumindest eine Situation, in der irgend etwas, was die Charaktere betrifft in der Krise hängt. Man kann zwar nicht immer "Ihr wollt doch nicht, das XYZ unter geht" spielen, aber es ist viel einfacher Bestand zu bedrohen, als Gewinn anzubieten. Es gab da glaube ich auch irgendeine psychologische These zu, die besagt das Menschen poteniellen Verlust viel höher berechnen als Gewinn, aber da bin ich nicht qualifiziert viel zu zu sagen.

Wichtiger noch, es muß überschaubar sein, Auftakt und Abschluß bieten. Ein guter Bekannter von mir leitet eine Space: 1889 Runde. In dieser befindet sich die Gruppe momentan auf einer "neue Horizonte" Expedition zum Ganymede, und... wir haben eine lange, teils zähe masse von Szenen, die zwar zusammen hängen, aber jeweils keinen wirklichen Abschluß finden. Geschichten, die ewig brauchen um Konsequenzen zu zeigen motivieren nicht. Ich versuche so zu planen, das spätestens am nächsten Spielabend Gewinn oder Verlust realisiert wird.

Was das Schummeln angeht:

Sicher mag es eins ums andere mal verdammt verlockend sein, einem Spieler einen Rettungsring zu zu werfen, insbesondere wenn man an einer Stelle ist, wo ein Fehlschlag dir nun so gar nicht in dein Konzept herein passt. Ich versuche es nicht mehr zu tun. Was hat der Spieler davon, von "Gott" gerettet worden zu sein? Er fühlt sich vieleicht im ersten Moment froh, noch mal entkommen zu sein, aber auf lange Sicht nimmt er mit nach hause, das es kein Risiko gibt, sondern das er rein von den Gnaden des SL abhängt. Nichts killt Drama noch besser als diese Plüschgefütterte Bahnschiene. Die würfel liegen wie sie gefallen sind, und das vorzugsweise in der Mitte des Tisches.

Gleiches gilt für NPCs, Investitionen und ähnliches. Sicher, man mag die Story um die unglücklich in den Schurken der Gruppe verliebten Prinzessin noch so sehr mögen. Wenn dieser Schurke nicht proaktiv um sie kämpft, wird sie trotzdem an den schmierigen Kronprinz vom Nachbarreich verschachert. Wenn du anfängst deine NPCs und Storylines gegen die Spieler abzuschirmen (ob nun ihren Erfolg oder ihren Misserfolg) zeigst du meines Erachtens vor allem, das nicht was die Spielerschaft tut zählt, sondern was du willst.

Offline TerraNova

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Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
« Antwort #74 am: 11.11.2008 | 16:11 »
Was verstehst du unter "Risiko"?
Und wieso Plan durchboxen?

Bei uns läuft das so ab:
Zwei Spieler streiten sich darüber, welcher der beiden Pläne nun der bessere ist.
Spieler 3 hört sich das ganze maximal drei Minuten an. Wenn sich die beiden Spieler dann immer noch nicht geeinigt haben, geht Spieler 3 dann einfach auf eigene Faust los und versucht etwas. (Spieler 3 hat zwar nicht den optimalen Plan. Aber im Gegensatz zu Spieler 1 und Spieler 2 erntet er jetzt die Spotlight.)

Es läuft in der "schlimmsten" Gruppe dann normalerweise so ab, das Spieler 3 versucht einen Kompromiss zu vermitteln, die Spielerschaft stundenlang diskutiert, und schließlich sich der Plan, gegen den am wenigsten überhaupt zu sagen ist (meistens irgendeine Problemvermeidungs-strategie) gewählt wird. Währenddessen staut sich zunehmend animosität zwischen den Spielern und auch gegenüber dem SL, der nicht die klar überlegene Strategie im Handstreich einsetzt auf.

Endergebnis ist typischerweise das irgend etwas halbherzig angegangen wird, und das kleinste Anzeichen eines Problems dazu genutzt wird, zu hadern wieso man dieses unausgegorenen Mist überhaupt versucht hat.


Das sorgt dann dafür, dass mehr gehandelt und weniger geplant wird. (Weil beim nächsten Mal werden sich Spieler 1 und Spieler 2 nicht streiten, sondern sich schnell einigen, damit Spieler 3 nicht schon wieder vorstürmt.)

Wichtig ist halt, dass Spieler 3 ingame nicht bestraft wird, weil er eine dumme Handlung begeht, sondern dass er belohnt wird, weil er durch seine Aktion den Streit zwischen Spieler 1 und Spieler 2 beendet.
Ja. Das kommt aber nur daher, dass sie Angst haben, dass ihr Plan fehlschlägt.

Sage ihnen das nächste Mal: "Egal wie dämlich euer Plan ist: Wenn ihr euren Plan innerhalb von 2 Minuten umsetzt, verspreche ich euch, dass er nicht fehlschlägt."
Und ich verspreche dir, dass musst du nur ein paar Mal tun und der Elfenspieler lässt ganz von alleine von seine Buchhalter-Allüren ab.
Diese Buchhalter-Eigenschaft tritt nur auf, weil der Spieler Angst hat, dass etwas schieflaufen kann. Nehme ihm diese Angst und du nimmst ihm seine Buchhaltergesinnung

Damit zerstörst du IMHO sowohl die Suspension of Disbelief, und förderst destruktives Spiel. Wenn wir einen reinen Powertrip spielen wollten, wo nichts schlimmes je passieren kann, hättest du recht. Aber selbst in Kinderserien haben dumme Entscheidungen unangenehme folgen - oder zumindest in der Gummibärenbande hatten sie es. Reines Schnellziehen von Aktionen belohnen würde aber genau das Gegenteil bedeuten.

Ich zumindest würde mich um jedes Erfolgserlebnis betrogen fühlen, wenn ich explizit oder implizit mitgeteilt bekäme, das ich machen kann was ich will, und auf jeden Fall erfolg habe. Ich kann mich nicht davon freisprechen, dann auch bewußt "Scheiße zu bauen", einfach aus Trotz.