Autor Thema: Vade Retro?  (Gelesen 7995 mal)

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Offline carthinius

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Vade Retro?
« am: 30.07.2009 | 17:34 »
Mich erstaunt zur Zeit die anscheinende Vorliebe für Retro-Rollenspiele. Vor allem die "Neu"-Auflagen alter Rollenspiele und die im D&D-Channel gerade ausführlichst präsentierte Menge an D&D-Retro-Systemen bringt mich verstärkt zur Frage: Warum?

Sicher, die "neu" erscheinenden Versionen alter Spiele sind an die Nostalgiker gerichtet - man kann wohl kaum davon ausgehen, mit simplen Neudrucken tatsächlich neue Kunden zu gewinnen.
Aber kann man damit auch die D&D-Retro-Spiele begründen? Ist das nur ein Ausdruck der Abneigung gegen die neueste Edition? Will man die Gute Alte ZeitTM beschwören? Will man simple Regeln und findet sie aktuell nicht?
Und was sich mir zudem noch aufdrängt: Sind nicht letztlich alle diese Spiele übelste Heartbreaker, die gar nicht innovativ sein wollen? Beißt sich das nicht mit dem Versuch, damit auf dem Markt zu bestehen? Schließlich werden sie ja (teilweise) sogar verkauft! Und sind nicht gerade die Unterschiede bei diesen "Klonen" so gering, dass man sich ernsthaft fragen muss, warum da jeder sein eigenes Süppchen kocht?

Natürlich lässt sich das auch auf z.B. den DSA-Reprint beziehen - der sich ebenfalls die Frage gefallen lassen muss: Wäre ein ordentlich gemachtes DSA-light in vernünftiger Aufmachung nicht vielleicht sinnvoller gewesen, als lediglich die Nostalgieschiene zu fahren und den altgekannten Kunden-/Fankreis abzugrasen?
Und warum werden nur Systeme geretrot, aber keine Settings?

Viele Fragen, ich hoffe, ihr könnt mir bei den Antworten helfen!  :)
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Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: Vade Retro?
« Antwort #1 am: 30.07.2009 | 17:52 »
Ein Grund, so denke ich, ist das 4E viele Kunden abgeschreckt hat (darunter auch mich). Samt OGL war dadurch der Boden für eine Zersplitterung des Marktes geboren.
Oger ist jetzt nicht mehr traurig. Oger darf jetzt seinen Blog in die Signatur aufnehmen: www.ogerhoehlen.blogspot.com


Welche Lösung bleibt da noch? - Ruft die Murderhobos!

Online Sashael

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Re: Vade Retro?
« Antwort #2 am: 30.07.2009 | 18:02 »
Ein Grund, so denke ich, ist das 4E viele Kunden abgeschreckt hat (darunter auch mich).
Aber warum dann Retro? Hätten die ganzen Abgeschreckten nicht einfach weiter 3.x spielen können? Oder ein anderes neues (und möglicherweise) innovatives System suchen und finden können? Warum der Weg zurück?
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Offline Joerg.D

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Re: Vade Retro?
« Antwort #3 am: 30.07.2009 | 18:07 »
Weil der Regelkern dieser Spiele einfach erheblich kleiner ist und der SL und seine Spieler keinen Computer brauchen um einen Char zu machen.

Gleichzeitig hat der SL mehr Möglichkeiten zu improvisieren und das Spiel auf seine Gruppe zu zu schneiden.
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Chiungalla

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Re: Vade Retro?
« Antwort #4 am: 30.07.2009 | 18:23 »
Oft gehen, wenn man Jahrzehnte lang das gleiche zockt (oft auch noch mti den gleichen Mitspielern), System und persönlicher Spielstil eine Symbiose ein. So wie sich das System via Hausregeln dem Spielstil anpasst, passt sich auch der Spielstil dem System an.

Ich kenne einige D&D 1 Veteranen deren Spielstil in der Form mit AD&D oder D&D 3+ keinen Sinn ergeben würde.
Gleiches gilt für einige DSA Veteranen.

Ob die neuen Systeme jetzt wirklich besser sind, darüber kann man natürlich streiten.
Aber auf jeden Fall sind sie anders, oft sogar sehr, und daher halt für Spieler die (glauben) das Optimum schon gefunden (zu) haben, völlig uninteressant.

Und da ist halt ein Reprint ganz interessant, wenn nach Jahrzehnten der Benutzung die Rollenspielbücher schon ne Menge Eselsohren, Getränkeflecken, fettige Fingerabdrücke u.s.w. haben.

Online Sashael

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Re: Vade Retro?
« Antwort #5 am: 30.07.2009 | 18:38 »
Auch wenn mir die Argumente einleuchten, sehe ich nicht so den Zusammenhang mit der derzeitigen (scheinbaren?) Retrowelle.

Es gibt ja genügend Systeme auf dem Markt, also warum zurück zum Urgestein?

Wenn es nur um einen kleinen Regelkern geht, dann kann man theoretisch auch TWERPS spielen.
Und dass so viele jubeln, wenn Uralt-Games wieder aufgelegt werden, kann ich mir auch schwerlich dadurch erklären, dass alle Jubler die ganze Zeit über und schon immer dieses System gezockt haben und mittlerweile ihre Bücher auseinanderfallen.

Könnte ja mal ein Retro-Fan was dazu sagen, der jetzt lieber wieder DSA1 oder oD&D spielt.
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Offline Zornhau

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Re: Vade Retro?
« Antwort #6 am: 30.07.2009 | 18:49 »
Dieser Beitrag dürfte dazu ERHELLEND sein.

Offline Joerg.D

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Re: Vade Retro?
« Antwort #7 am: 30.07.2009 | 19:07 »
Tja früher war alles besser.

Das denken sich auch viele, die auf neue Systeme gewechselt haben und damit nie wirklich zufrieden waren. Sie kaufen sich jetzt die alten Spiele auf dem RSP Sektor, hören wieder die Platten von damals und haben Spaß beim Spielen.

Wenn man weiß, das man mit einem schlanken Regelkern und den Spielen Spaß haben kann, warum sollte man auf etwas neues wie TWERPS wechseln? Das Alte ist bekannt, man muss sich nicht erst lange in ein neues System eingewöhnen und alles klappt wieder. Heute arbeiten die meisten Leute viel und dann wollen sie sich halt nicht in neue Systeme eingewöhnen.

Das ist wie mit mir und meinem alten Auto, dem ich immer nachtrauer, obwohl mein neuer Wagen sparsamer, vieeeeeeel sicherer und komfortabler ist.

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Offline Arkam

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Re: Vade Retro?
« Antwort #8 am: 30.07.2009 | 19:09 »
Hallo zusammen,

für mich machen klare Regeln die man dann selbst erweitern kann den Reiz von einigen Altsystemen wie DSA 1 aus.
Was das wirkliche Spielen angeht müssen sich solche Altsysteme aber inzwischen mit "moderneren" Regeln wie Savage Worlds und einigen Eigenbauten messen.
Bei einigen anderen, etwa Traveller, hat man jetzt brauchbare Regeln für einen Hintergrund den ich immer geschätzt habe.

Dazu kommt natürlich ein gewisser Sammeltrieb. Denn DSA 1 kam ja etwa in einer limitierten Fassung heraus.

Gruß Jochen
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Offline Zornhau

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Re: Vade Retro?
« Antwort #9 am: 30.07.2009 | 19:11 »
Tja früher war alles besser.
...
Eine Mischung aus Nostalgie und Unvernunft.
Den Link oben hast Du nicht verfolgt?

Früher war alles ANDERS. - Mit dem Zerreden der Retro-Wellen-Thematik hat die Rollenspiel-Foren-Landschaft ein neues Karussell entdeckt, das hier auch gerade wieder schön Fahrt aufnimmt.

Offline Joerg.D

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Re: Vade Retro?
« Antwort #10 am: 30.07.2009 | 19:30 »
Doch den Link habe ich verfolgt, aber ich sehe das trotz der sehr guten Begründungen und Ansichten halt anders.

Ich habe letztes Jahr eine längere AD&D Kampagne gespielt und trotz allem Spaß gesehen, warum wir damals von diesem System weg sind. Ich kann mit den richtigen Leuten auch viel Spaß bei Retro Spielen haben Mazes&Minotaures will ich eventuell auf dem Odysee anbieten.

Doch ich kann nur sagen, das die Gründe die ich aufgezählt habe für mich und einige Leute aus meinem Bekanntenkreis gelten. Andere Leute haben höchstwahrscheinlich ganz andere Gründe, warum sie die ganzen Retro Spiele gut finden und auch spielen wollen.

Der Mann ohne Zähne hat auf seinem Blog dazu ein paar sehr schöne Gedanken geäußert.
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Online Sashael

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Re: Vade Retro?
« Antwort #11 am: 30.07.2009 | 19:34 »
Dieser Beitrag dürfte dazu ERHELLEND sein.
Leider nicht wirklich.

Wenn man weiß, das man mit einem schlanken Regelkern und den Spielen Spaß haben kann, warum sollte man auf etwas neues wie TWERPS wechseln?
Öhm ... TWERPS kennst du aber, oder? ;)
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Offline Joerg.D

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Re: Vade Retro?
« Antwort #12 am: 30.07.2009 | 19:42 »
Ja, aber ein schlanker Regelkern bedeutet nicht, dass dieser geradezu minimalistisch sein muss.
(Ich suche übrigens immer noch nach einer Deutschen Ausgabe davon.)

Es soll eben wie früher sein, mit starken SL, den bekannten Attributen und dem ganzen gewohnten Kram. Denn selbst wenn TWERPS sehr sehr schlank ist, bleibt das Spielen eines Systemes das man schon kennt bequemer.
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Offline Zornhau

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Re: Vade Retro?
« Antwort #13 am: 30.07.2009 | 19:53 »
Was hat "schlanker Regelkern" denn mit Retro zu tun?

Klar gab es damals Rollenspiele, die nicht gerade umfangreiche Regeln hatten. Aber es gab auch Traveller und AD&D 1st Ed. die ich als alles, nur nicht als "schlank" bei den Regeln bezeichnen würde.

Vor allem: Es wurden oft Rollenspiele veröffentlicht, bei denen der Hauptinhalt des jeweiligen Buches das REGELSYSTEM betraf. Midgard 1 sind anderthalb Seiten Settingideen und ALLE BEIDE BÄNDE Regelteil und Kreaturenliste. - Gammaworld 1st Ed. hat auf 60 Seiten zwei Seiten Settinginformation, der Rest Regeln und Kreaturen und Ausrüstung (die zwar auch Settinginformationen enthalten können - aber eben nur elementar, d.h. ohne Verknüpfungen zu einem Setting). - Traveller bietet einem ein paar einfache Formeln und Regeln, um ein ganzes Universum SELBST zu bauen. In den Büchern ist der Schwerpunkt EINDEUTIG auf den Regeln.

Und hier kann man natürlich spitzfindig einen Regel"kern" identifizieren, der sich "schlank" anhört. Doch sollte man sich hier vorsehen: NICHT das grundsätzliche Würfelsystem ist der Regelkern, sondern eben die Regeln, auf die sich das System ohne Sonderfälle, ohne Spezialfälle, ohne Ausnahmefälle stützen soll. - Und der ist z.B. bei Traveller ziemlich umfangreich, weil dazu auch die Sektoren/Subsektoren-Erschaffung, die Begegnungstabellenerzeugung, die Raumschiffkonstruktion, usw. dazugehören.

Man kann vielleicht unterscheiden in die Regeln, die WÄHREND der Spielsitzung zur Anwendung kommen, und die, welche der Spielleiter ZWISCHEN den Sitzungen beachtet, um regelgerecht seine Kampagne auszubauen. - Ich sehe diese Regeln ZUSAMMEN als Regelkern an, da sie das Spielen maßgeblich regeln. (Rollenspiel findet nämlich nicht nur innerhalb der Spielsitzung statt - das ist etwas, was solche Spiele wie Traveller klar zeigen.)

Ein schlanker Regelkern ist für mich KEIN definierendes Merkmal eines Retro-Spiels.

Offline Joerg.D

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Re: Vade Retro?
« Antwort #14 am: 30.07.2009 | 20:04 »
Also ich habe D&D1st nur mit dem Basis und Experten Regeln gespielt und in den Werken war eine ganze Menge an Kram enthalten, der dem SL hilft und nicht dem Regelkern zu zu ordnen ist.

Traveller punktet mit anderen Sachen, wie tollen Tabellen.
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Offline 6

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Re: Vade Retro?
« Antwort #15 am: 30.07.2009 | 20:11 »
D&D1 hatte auch jede Menge Tabellen. Schau Dir mal die Tabellen für die magischen Gegenstände und die verschiedenen Begegnungstabellen samt den Regeln ihrer Anwendung an.
Die Encyklopädie besteht nicht umsonst aus 413 Seiten, von denen der Großteil Regeln sind.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Joerg.D

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Re: Vade Retro?
« Antwort #16 am: 30.07.2009 | 20:18 »
Hm, ich habe das D&D1 auch ohne die Encyklopädie über Jahre mit viel Spaß gespielt (was nicht bedeutet, das man mit ihr keinen Spaß haben kann), außerdem sind auch in den Grundregelwerken von D&D1 tolle Tabellen drinne. Aber Tabellen sind für mich Hilfsmittel und nicht Regelkern. Außedem habe ich mit DSA1 auch noch viel Spaß gehabt, was mit den folgenden Regelwerken schnell vorbei war.

Ich brauche und brauchte z.B nie eine Tabelle dafür, wie NSCs den Charakteren begegnen. Das habe ich immer über das Rollenspiel geregelt.




Trotzdem sind die Tabellen von Traveller besser als die von AD&D1 *wegduckt*
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Offline Timo

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Re: Vade Retro?
« Antwort #17 am: 30.07.2009 | 22:58 »
Ketzer!

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killedcat

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Re: Vade Retro?
« Antwort #18 am: 31.07.2009 | 07:45 »
Die derzeit als Retro gehypten Systeme haben tatsächlich mehr Ähnlichkeit mit den Regeln der roten Box als mit Midgard oder anderen, komplizierteren Systemen. Daher könnte man tatsächlich sagen, dass der Wunsch nach einfachem und geradem Spiel hinter der Retrowelle steckt. Und D&D1 ist imho einfacher als die fast alle modernen Systeme, hier möchte ich Joerg D. durchaus zustimmen.

Offline Vash the stampede

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Re: Vade Retro?
« Antwort #19 am: 31.07.2009 | 09:13 »
Ich beschäftige mich ja gerade etwas intensiver mit den Retro-Spielen. Warum?

Ich bin auf der Suche nach etwas neuem, anderem gewesen. Ich habe früher kein D&D gespielt. Auch kein AD&D oder sonst was davon. Also trifft das Argument, ich will wieder zurück in die "gute", alte Zeit bei mir nicht zu.
Ich spiele auch kein DSA, D&D 3+ oder 4e. Demnach trifft das Argument angewiderte Abwendung neuer Entwicklungen oder entnervt von der Regelvielfalt nicht zu. Ebenso wenig das Argument, ich wäre ein enttäuschter Stimmungsspieler.
Und ich bin auch kein enttäuschter Forge/RSP-Theorie-Spieler. Ich halte PtA, Dread und Polaris für großartige Spiele, die ich immer wieder gerne spiele. Abgesehen davon erachte ich die RSP-Theorie für richtig und wichtig.
So viel vorweg.
 
Ich hatte aber bis vor kurzem ein Desinteresse an RSP und die Retro-Systeme haben das Interesse wieder geweckt. Das liegt daran, dass ich etwas anderes wollte als bisher. Ich wollte etwas neues. Und das bieten die Retro-Spiele für mich. Ich sehe sie auch eher als Trend an und wie immer folgt ein Trend dem anderen. Das DSA bei diesem Trend "mit schwimmt" ist in meinen Augen auch eher Zufall. Die haben ihr 25 jähriges bestehen und veröffentlichen deshalb den alten Kram. Ich wäre dennoch darüber froh, wenn man DSA1 als freies PDF laden könnte (Sammler und Fans werden das Buch kaufen, mich interessiert es zwar, aber mir sind 35 Tacken schlichtweg zu viel. Schade drum.).

Bin ich jetzt ein typischer Vertreter des Retro-Trends? Ich weiß es nicht. Ist mir auch egal. Aber ich vermute mal, wäre ich vor 2-3 Jahren auf der Suche nach etwas Neuem gewesen, wäre ich bei Forge gelandet und hätte da die "tolle", neue Welt gefunden. Ob ich mit dem Retro-Spielen glücklich werde, kann ich genauso wenig sagen, wie all jene die bei der Forge ihr Glück suchten. ;)
Machen
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Ich sitze im Bus der Behinderten und Begabten und ich sitze gern darin.

Offline Minne

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Re: Vade Retro?
« Antwort #20 am: 31.07.2009 | 12:41 »
Für mich persönlich, der ich ja jünger bin als die meisten angehenden Greise hier, bedeutet Retro-Rollenspiel DSA3 und DND3 und ich muss sagen, dass ich nicht die geringste Sehnsucht danach verspüre. Rollenspiel war nie öder als wir damals, als wir auf einer DND Sandbox Insel rumliefen oder damals, als wir uns mit den Unzulänglichkeiten von DSA und seinem beknackten "Fantastischen Realismus" rumschlagen mussten. Für schlanke Regelwerke brauche ich kein Retro.

Offline Backalive

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Re: Vade Retro?
« Antwort #21 am: 31.07.2009 | 15:28 »
Dieser Beitrag dürfte dazu ERHELLEND sein.

Ooops. Englisch  :pray:
Ich vergaß...
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Offline Backalive

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Re: Vade Retro?
« Antwort #22 am: 31.07.2009 | 15:44 »
Doch den Link habe ich verfolgt, aber ich sehe das trotz der sehr guten Begründungen und Ansichten halt anders.
...
Der Mann ohne Zähne hat auf seinem Blog dazu ein paar sehr schöne Gedanken geäußert.

Beim Lesen des Blogs zu diesem Thema mußte ich herzhaft lachen.
Nicht nur, daß es teilweise witzig/sarkastisch geschrieben war, traf es doch im Kern genau die tendenzielle Strömung dessen, was nach Ansicht einer selbsternannten Führungsriege gute Rollenspielsysteme ausmacht.
Oder anders herum gesagt: genau wenn das fehlt, ist es eben kein gutes Rollenspielsystem  8]

Offensichtlich scheint es zu dieser Definition 'gutes RPG-System' nun eine Rebellion zu geben.
Schlank, einfach, schnell, trashig, actionreich, 'geh in die Höhle, mach alle Monster platt und raube alle Schätze' ist wieder gefragt. Nicht 'Ey du Dämon, du hast da grade n Dorf mit 200 Menschen niedergemacht, daß zeigt mir, daß du ein tiefsitzendes soziologisches Defizit hast, also laß uns darüber reden'  >;D

Vielleicht ist es aber noch profaner. Nostalgische Wehmutsgefühle wegen die Samelleidenschaft in dem einen oder anderen.
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Offline Boba Fett

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Re: Vade Retro?
« Antwort #23 am: 31.07.2009 | 15:52 »
Mich erstaunt zur Zeit die anscheinende Vorliebe für Retro-Rollenspiele.
...
Frage: Warum?

Und warum werden nur Systeme geretrot, aber keine Settings?

Meine These:
Weil nach der ganzen Welle der Rollenspieltheorie, der Indy- und Alternative Rollenspiele - wo Innovation auf Teufel komm raus hip war, jetzt die Gegenbewegung zurückschwappt, und die Meinung "vorher war auch nicht alles schlecht" übersteigert Wirkung erlangt.
Deswegen werden auch Systeme statt Settings im Retrolook reanimiert oder kreiert.
Denn der Bewegung davor war auch nur auf "system" und nicht "setting" orientiert - ergo ist die Gegenbewegung auch so gepolt.

Wenn man ehrlich ist, dann wird man aber schnell erkennen, dass diese Retro-Sache auch nur das Anstreichen von modernen Dingen in alten Farben ist - so wie der Beetle auch kein Käfer ist (zum Glück!)

Denn eins sollte klar sein: Die ganzen Unzulänglichkeiten von damals will heute keiner mehr, egal, wie sehr alle nach Retro krakeelen - Neue Spiele im Retro-Look beinhalten diese gar nicht erst und bei alten Spielen, die verstaubt vom Dachboden geholt werden kompensiert man diese mit der modernen Erfahrung von heute.
Die Retro-Abenteuer (von heute) sind auch Abenteuer die zwar Retro-Look besitzen, aber von heute sind. Die Abenteuer, die wir selbst mit 15 geschrieben haben würden uns heute die Augen schmelzen lassen. Und die Kaufabenteuer von damals auch. Wer es nicht glaubt, kaufe sich das "Wirtshaus zum Schwarzen Keiler" und "Spinnenwald". Viel Spaß...
Auch die Unzulänglichkeiten der Spieler von damals (also man selbst und seine Kumpels, aber eben pubertierend und hormonbelastet) will keiner mehr - man spielt also mit den Leuten von heute.

Man fährt also Beetle und nicht Käfer und bildet sich ein, dass das Käfer fahren von damals genau so schön und bequem war.
Und warum? Weil der Blick zurück leicht fällt, wenn man die Brille mit Nostalgiefilter trägt.
Früher war sicherlich nicht alles schlecht, aber gut (auch nicht so gut wie heute) war es deswegen noch lange nicht...

Aber das ist ja auch gut so!
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Mann ohne Zähne

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Re: Vade Retro?
« Antwort #24 am: 31.07.2009 | 16:07 »
Mich erstaunt zur Zeit die anscheinende Vorliebe für Retro-Rollenspiele. Vor allem die "Neu"-Auflagen alter Rollenspiele und die im D&D-Channel gerade ausführlichst präsentierte Menge an D&D-Retro-Systemen bringt mich verstärkt zur Frage: Warum?

Das hat sicherlich viele Gründe... aber lass mich zuerst auf deine Anmerkungen eingehen.

Zitat
Sicher, die "neu" erscheinenden Versionen alter Spiele sind an die Nostalgiker gerichtet - man kann wohl kaum davon ausgehen, mit simplen Neudrucken tatsächlich neue Kunden zu gewinnen.

Das zum Beispiel stimmt so nicht. Nimm mich als Beispiel: Ich habe 1984 zum ersten Mal ein Spiel geleitet (DSA), bevor ich dann Anfang der 90er zuerst auf Amber Diceless, wiederum später auf Theatrix und Everway umgestiegen bin. Wir spielten bis vor anderthalb Jahren komplett würfellos und freiformig. Irgendwann fehlte mir die rohe, ungeschliffene Spannung und die Angst der Spieler um ihre Charaktere ganz gewaltig. Wir hatten so lange thematisch fokussierte Erzählspiele gespielt, dass für uns die erzählte Geschichte ALLES bedeutete, aber alles andere ausgeblendet wurde. Es machte keinen Spaß mehr. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie oft wir aus Rollenspielsitzungen rauskamen, schwer enttäuscht, weil wir keine "ordentliche Geschichte" zusammengebracht hatten.

Dann erfuhr ich von Lab Lord, S&W und anderen Retro-Klonen und lud sie mir herunter. Danach die Little Brown Books, also das original D&D von 1974. Und ich fand Regeln für eine Art des Spielens vor, wie ich sie mir seit langer Zeit gewünscht hatte, Regeln, die Kreativität und gedankliche Freiheit forderten.

Ich bin kein Grognard, aber ich habe meine Liebe zu Old School gefunden. Dahinter steckt weit mehr als Nostalgie; die ist nur eine Randerscheinung. Retro-Spieler nehmen das, was sie als gut empfinden in den alten Regeln und spielen als Erwachsene die Systeme, die damals auch von Erwachsenen geschrieben worden waren.

Zitat
Aber kann man damit auch die D&D-Retro-Spiele begründen? Ist das nur ein Ausdruck der Abneigung gegen die neueste Edition? Will man die Gute Alte ZeitTM beschwören? Will man simple Regeln und findet sie aktuell nicht?

Ein sehr, sehr guter Artikel zu genau diesen Themen ist hier: http://www.knights-n-knaves.com/phpbb/viewtopic.php?t=5969

Zitat
Und was sich mir zudem noch aufdrängt: Sind nicht letztlich alle diese Spiele übelste Heartbreaker, die gar nicht innovativ sein wollen?

Definiere Heartbreaker.
Viele Retro-Spiele, etwa LL, OSRIC oder S&W White Box, ordnen lediglich die Regeln neu und übersichtlicher (und müssen dabei leicht veränderte Zahlen verwenden, weil es sonst Probleme mit der OGL gäbe) -- und machen die alten Systeme dabei neuen Spielern zugänglich.

Was ist innovativ?
Sich neue Regeln ausdenken?
Regeln und Darstellungen entzerren und übersichtlich darstellen?
Es geht bei Retro-Regeln nicht um neue, andersartige Regelmechanismen, sondern um eine verständlichere Neuformulierung der alten Regeln.

Ein Beispiel: Nachdem ich OD&D zum ersten durchgelesen hatte, war ich geplättet. Es ergab keinen Sinn, war stellenweise so wirr formuliert, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, was gemeint war. Eine schwer durchdringbare Wüste, mit kruden Illustrationen und kryptischen Anmerkungen. Erst nachdem ich Swords & Wizardry gelesen hatte, erschloss sich OD&D für mich.

Zitat
Beißt sich das nicht mit dem Versuch, damit auf dem Markt zu bestehen? Schließlich werden sie ja (teilweise) sogar verkauft! Und sind nicht gerade die Unterschiede bei diesen "Klonen" so gering, dass man sich ernsthaft fragen muss, warum da jeder sein eigenes Süppchen kocht?

Die Antworten darauf sind so vielfältig wie die Menschen, die diese Spiele schreiben oder spielen. Und die Tatsache, dass sie fast alle kostenlos runterzuladen sind, beweist ja, dass es nicht in erster Linie um Geld geht. Hier nochmal der Verweis auf den wirklich lesenswerten Beitrag zum Thema Old School: http://www.knights-n-knaves.com/phpbb/viewtopic.php?t=5969

Beste Grüße,
Norbert
« Letzte Änderung: 31.07.2009 | 16:20 von Mann ohne Zähne »