Thema: Selem Athmo-Brainstorming

[Naga]

Ich suche derzeit Stimmungselemente für Selem.

Ein paar Charaktere unserer Spielrunde haben mit einem nach Selem geflüchteten Oberschurken noch einigen Rechnungen offen, und werden ihn wohl demnächst dort heimsuchen. Wahrscheinlich wird es an mir sein das zu meistern, und auch wenn ich mit dem Vorgängerabenteuer direkt nichts zu schaffen hatte, so freu ich mich doch drauf eine der interessantesten Städte Aventuriens präsentieren zu dürfen.

Die Stadtbeschreibung in "Raschduls Atem", und auch das Selem-Abenteuer mit Karte in "Karawanenspuren" sind vorhanden. "Mordheim" und einschlägige Lovecraft-Geschichten sind bekannt. Aber eigentlich hätte ich gerne noch mehr Stimmungselemente, mit denen ich die Spieler erdrücken kann. Gerade Selem sollen die Spieler hinterher mit dem Gefühl verlassen, dass das eine Stadt ist, die keiner anderen aventurischen Siedlung gleicht.

Von daher bin ich auf einer wilden Suche nach weiteren Stimmungstext-Schnipseln, prägnanten Szenen, NSCs die im Kopf bleiben, typischen Orten, verrückten Geschehnissen, weiteren Unterscheidungsmerkmalen der Stadtteile und vielleicht auch dem einen oder anderem typisch-selemitschen Plothook.

Also schlu... schießt los. Viel als Gegenleistung bieten kann ich nicht, außer vielleicht bei ausreichender Menge das Material zu sortieren und zu einem PDF zusammenzufassen. (Und auch das will ich nicht versprechen, ich kenn meinen inneren Schweinehund zu gut. )

[Nachtfrost]

Für die Randbezirke lass dich ein bischen von Slums und Favelas inspirieren, Rio, Kalkutta etc.
Das sind Bilder die man ohne viel Arbeit integrieren kann. Hohläugige magere Kinder, die eher wie Gollum aussehen, die gemeinsam mit räudigen Strassenkötern aus dem Abfall fressen, der überall liegt. Intensive und farbenfrohe Schilderung der Gerüche bewirkt allein schon in vielen Spielgruppen Wunder

[LordBazooka]

Hmmm,

bei Selem denke ich vorallem an eine Siedlung die nichts für Menschen ist.

Tagsüber herrscht eine bedrückende, schwüle Hitze, die die Kleidung am Leib kleben lässt. Nachts wird es kälter, bleibt aber feucht. Dieses Klima sorgt in Verbindung mit den üblen Dämpfen des umliegenden Sumpfes, die des morgens in die Stadt kriechen und alles in einen gelblich-grünen Dunst hüllen, für die verschiedensten Krankheiten: Sowohl Mensch als auch Tier wirken kränklich und ausgezehrt. Pockennarben und Hautpilze, böser Husten und andere Krankheiten der Atemwege plagen fast alle Bewohner. Selbst kleinste Kratzer und Schnitte eitern.
Nirgends ist der Mensch sicher vor den Gefahren des Sumpfes. Der Boden unter Häusern sackt urplötzlich ab, Schlangen und Blutegel bewohnen die zahlreichen Gewässer, Sumpfratten und wilde Hunde streunen in den Straßen und ab und an verirrt sich sogar ein Alligator auf der Suche nach leichter Beute in die Stadt. Dazu kommen noch die unzähligen Mosquitos und Vampirfledermäuse, die all abendlich die Stadt und ihre Bewohner heimsuchen.
Selbst einfache annehmlichkeiten der Zivilisation sind hier Luxus. Feuerholz ist nur schwer zu finden und vorallem trocken zu halten, ebenso Materialien um ein Feuer zu entfachen. Überall liegt Dreck von Tieren und auch Menschen. Papier verottet in kürzester Zeit, neue Kleidung wirkt fast sofort abgenutzt. Nahrung verottet, schimmelt oder wird von Ratten und anderem Getier angefressen. Wie Nachtfrost geschrieben hat, kann man überall abgemagerte Straßenkinder finden, die trotz ihres Alters bereits skrupelloser als so mancher Pirat sind. Ein Überfall durch eine Bande solche Kinder könnte für die Gruppe ein einschneidendes Erlebnis sein.

Die Reichen der Stadt würde ich mir als vergnügungssüchtigen Haufen vorstellen, der das Elend in der Stadt wegzutanzen versucht. Dem Gestank entflieht man mit stark parümierten Tüchern. Der durch die wenigen abgepressten Steuern erwirtschaftete Prunk verrottet und ist gradezu erbärmlich im Vergleich zu anderen Höfen Aventuriens, was aber scheinbar nur Auswärtigen auffällt, die Herrschaften selbst ignorieren dies so gekonnt, daß es teilweise scheint sie hätten sich in den Wahnsinn gerettet.
Die Begegnung mit der herrschenden Klasse der Stadt bietet sicher viel Platz für gutes Rollenspiel und vor allem die Frage: "Werde ich auch so, wenn ich länger hier bleibe?!" Besonders kniffelig, wenn sich einem Helden vielleicht sogar ein Grund bietet länger zu bleiben: Eine junge, stolze und verzweifelte Schönheit von Stand, die in Selem natürlich noch schöner strahlt als in Gareth. So in der Art von Scarlett O´Hara aus im Winde verweht.

So... wenn mir noch etwas einfällt melde ich mich wieder. 

[Yvo]

Heizung voll aufdrehen... 

[LordBazooka]

Da ist mir doch wirklich noch etwas eingefallen!

Ein finsterer Kult... stimmungsvoll wäre wenn selbiger irgendwelche alten Echsengötter o.Ä. verehrt und die ein oder andere unglückliche Seele aus den Straßen Selems opfert. Bei dem Hintergrund des Kults würde ich zwischen zwei Möglichkeiten schwanken... entweder wie zu erwarten etwas Innsmouth-artiges, bei dem die Kultisten sich mit Echsenmenschen paaren, etc..
Oder aber um die Spieler einerseits wirklich zu überraschen und mit dem Wahnsinn, der in der Stadt herrscht zu konfrontieren: Ein abartig unmenschlicher und widerlicher Kult, der mit seinen uralten Methoden aber auch gar nichts übernatürliches erreicht. Verblendete Anhänger, die einem Scharlatan folgen und am Ende nichts davon haben. Und das in einer Welt in der Magie, Dämonen und Götter existieren.

[Hotzenplot]

okay, ich brainstorme mal klassisch  

  (beschreibende Worte) Todsünde: Trägheit, faul, muffig, Aas, verrottet, madig, eitrig, bitter, gärig, zögernd, schläfrig, bedächtig, lahm, tatenlos, schlaff, lethargisch, willenlos (Thesaurus lässt grüßen ^^).
  Untote, Geister, freie Dämonen
  Dreikampf zwischen Novadis, Alanfanis und dem Großkönig
  Die SC, nein: die Spieler, förmlich von der Stadt süchtig machen, sie also mit Gold und Erfolg locken, anfüttern und hängen lassen
  Siechtum und Krankheit in Verbindung mit Reiz und Gier - die niedrigsten menschlichen Triebe zum Vorschein bringen
  schmierig, dreckig, verrucht, verbraucht, billig, krank, verfallen, zynisch, unergiebig, nicht heilsam, Notgemeinschaft,
  Gefühle vermitteln von "trinken, ohne den Durst löschen zu können", "schlafen ohne sich zu erholen", "umarmen ohne sich umarmt zu fühlen"
  Horror auf niederträchtigstem Niveau (kein Schocker, sondern schleichender Thrill)
  Kreaturen aus dem zerstörten Unterwasserreich Wahjad
  Sprachenwirrwarr (Babylongefühl)
  Klischeekiste der NSC: obige adjektive zur Beschreibung benutzen oder subtiler andeuten. Der klassische Tavernenwirt im Mittelreich putzt natürlich die Theke, während die SC hineinmarschieren. In Selem hängt er gelangweilt und eingefallen in einem Stuhl, während er sich mit einem fauligen Blatt nur bedingt kühlere und bessere Luft zuzufächern versucht.


Wie ist denn deine Gruppe so drauf?
In Selem würde ich auch sprachlich beim meistern eine etwas andere Ebene angehen. Eine madenzerfressene, würmerstarrende Halswunde des Bettlers, der eher träge als heischend den Helden hinterherschaut, darf schon in aller Ausführlichkeit beschrieben werden, oder? Und die billige Nutte, die ihr verschmiertes und verschwitztes Geschlechtsteil auch eher gelangweilt dem erstbesten Helden anpreist,  bedarf auch einer Beschreibung. Sowas halt  
Ist aber nicht jedermanns Sache.

Zu Selem fällt mir eine Szene aus Michael Moorcocks Elric ein. Ich habs als Jugendlicher gelesen, ist ewig her, aber diese Szene kenne ich noch ein bisschen:
Elric kommt mit einem Begleiter in eine seltsame, verruchte Stadt. Eine der Impressionen: Ein schmieriger, beinloser Typ, der auf Krücken einem viel zu jungen Mädchen hinterher-äh- rennt?, um sie zu vergewaltigen. Richtig kranker Scheiß, kann man gut ausschmücken.

Ich hätte in Selem das Gefühl, jedem helfen zu müssen. Aber man erkennt erst spät (zu spät?), dass sich die Leute nicht helfen lassen können. Wie Drogensüchtige oder so, sie müssen den Weg schon selbst wählen.

[Naga]

Wie ist denn deine Gruppe so drauf?

Erfahrene Aventuriengänger und Meister des Kopfkinos.
Mindestens einer - meiner einer - ist dazu recht prüde und hält "vor allem eklige Detailbeschreibungen" für die falsche Richtung, weil es eben nicht für mehr Szenen sorgt, die in Erinnerung bleiben.

Was ich halt Suche sind direkt verwendbare Elemente, die den alles durchdringenden Wahnsinn der Stadt unterstreichen. Wenn dabei für die Spieler nicht ersichtlich ist, ob eine Person wahnsinnig ist, oder sich nur dem Wahnsinn um sie herum angepaßt hat, gut so. Wenn die Helden latent ein Gefühl von Bedrohung und Gefahr haben, ohne dass es dazu einen direkten Anlass gibt, umso besser.


Um mal so ein paar Beispiele zu bringen, welches Format ich so angedacht hatte:

- Dicht beschleimte Schneckenpfade schwarzer Nacktschnecken kreuzen immer wieder den Weg der Helden, verlaufen an Wänden und über Häuser. Diese verlaufen in mehreren Spiralen durch die Stadt, und laufen schließlich an einer uralten Säule zusammen, auf die all die Schnecken hinaufkriechen und letztlich zu Tode stürzen, um unter der Säule eine schleimige Masse zu bilden. Eine Häuserzeile weiter wird sehr günstig schleimig-schwarzer Eintopf verkauft, meist an Arme, die sich sonst nichts anderes mehr leisten können.

- Ein möglichst in verschwurbelten Konjunktiven sprechender Informant läßt sich nur in Augen bezahlen, die er in seiner kleinen Wohnung an den Wänden bis unter die Decke gestapelt hat. Hätte er endlich genug Augen, dann könnte er endlich in die hochgeheime Riege der Augenhändler aufgenommen werdne, welche diverse hochgeheime Forscher belieferten und könnte endlich Expeditionen auf die Suche nach den wirklich seltenen Augen-Exemplaren ausschicken.

- Von einem Tordurchgang hängt eine Leiche (womöglich eine Kontaktperson der Helden), fein säuberlich mit Schlangenhäuten aufgeknüpft. Wenn man genauer hinschaut kann man sehen, dass von den Beinen das Fleisch sorgfältig abfiletiert wurde. Wenn man nachfragt erfährt man bald, dass solche Dschungelgänger wohl selber schuld sind, wenn sie der alten Echse Chrs'nir den Schlangenhaut-Handel streitig machen wollen.

- Die Gasse, durch die die Helden gehen, wird urplötzlich von einer Horde Frösche regelrecht durchflutet. Die Bewohner greifen hastig zu Eimern, und wem das nicht möglich ist, der versucht sich seinen Anteil mit Kappe oder Schürze zu fangen. Ein besonders breitmäuliges Exemplar Mensch steckt sich die Hand voll Frösche gleich roh zwischen die Zähnchen. Als sein Blick dabei auf die Helden fällt schaut es beschämt drein und verkriecht sich in die nächste Seitengasse. Dabei können die Helden unter den Lumpen noch die Reste einer Nietenweste und gestreifte Hosen ausmachen.

[LordBazooka]

Das sind doch schonmal 4 sehr gute Ideen von dir, die zumindest für Nebenschauplätze abseits der Haupthandlung hervorragend geeignet sind. 

[Nischka]

Zu deiner Fröscheflut: sowas gibt's auch mit Krabben. Irdisch auf der Weihnachtsinsel, wenn mich nicht alles täuscht.