Autor Thema: Sind storyorientierte Rollenspiele out?  (Gelesen 21341 mal)

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Offline Oberkampf

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #100 am: 23.07.2010 | 16:32 »
Was sagt ihr zu diesem Beispiel: Der SL will, das die Helden den Drachen töten und die Prinzessin retten.Die SC legen auf dem Weg dorthin den Fürstenpalast in Schutt und Asche, weil der ihnen dumm kam. Dann werden sie in Bezug auf Drache/Prinzessin gerailroadet. Haben die SC jetzt ausreichend Handlungsfreiheit?

Was sagst Du dazu:

Der SL will, dass die Helden den Drachen töten und die Prinzessin retten. Auf dem Weg dorthin gehen sie am Bazar vorbei und spielen 4 Stunden den Einkauf aus. Dann gehen sie vorher nochmal in die Kneipe und spielen 2 h die Bestellung, das Flirten mit der Bedienung und das Ausbuhen des Barden aus. Dann werden sie in Bezug auf Drache/Prinzessin gerailroadet. Haben die SC jetzt ausreichend Handlungsfreiheit?

So stelle ich mir (in meiner gnädigen Unkenntnis) ein ganz typisches DSA-Abenteuer vor. Nur der rote Faden wird gerailroaded. Was die SC sonst machen, ist dem Abenteuer egal.

(-SCNR -)
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Wulfhelm

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #101 am: 23.07.2010 | 16:32 »
Was sagt ihr zu diesem Beispiel: Der SL will, das die Helden den Drachen töten und die Prinzessin retten.Die SC legen auf dem Weg dorthin den Fürstenpalast in Schutt und Asche, weil der ihnen dumm kam. Dann werden sie in Bezug auf Drache/Prinzessin gerailroadet. Haben die SC jetzt ausreichend Handlungsfreiheit?
Ausreichend ist Ansichtssache. (Meine Ansicht: Nein. Um genau zu sein, ist das noch schlimmer als normales Railroading.)
Aber in Bezug auf Drache/Prinzessin haben sie keine Handlungsfreiheit, und das muß man doch einfach mal anerkennen können.

Offline Teylen

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #102 am: 23.07.2010 | 16:33 »
Wenn ich den Ablauf eines Geschehens nicht im Mindesten beeinflussen kann, bin ich in Bezug auf den Ablauf dieses Geschehens __________ ?
Machtlos? Einflusslos? Ohnmächtig?
Insofern:
Wenn ich den Ablauf eines Geschehens nicht im Mindesten beeinflussen kann, bin ich in Bezug auf den Ablauf dieses Geschehens Protagonist / Teilhaber / Darsteller / Schauspieler ?
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Wulfhelm

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #103 am: 23.07.2010 | 16:37 »
Man beeinflusst den Ablauf des Geschehens allein schon durch die Tatsache das die Charaktere anwesend sind.
Woraus folgt das denn nun wieder? Der Drachengott macht die Hauptstadt platt, und das wird nicht im geringsten dadurch beeinflusst, dass dabei drei oder vier Leute mehr zugucken.
Und wie kann ein Geschehen anders ablaufen, ohne ein anderes Ergebnis zu haben?
(Ich sehe schon kommen, "Ergebnis" definieren zu müssen...)

Zitat
Darueber hinaus agieren die Charaktere auch und handeln in dem sie unterschiedliche Handlungen ausfuehren oder emotional sich mit dem Thema beschaeftigen.
Das berührt den Ablauf aber auch nicht. Der Drachengott macht die Haupstadt platt, egal ob man das schrecklich findet oder es einem egal ist.

Offline Skele-Surtur

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #104 am: 23.07.2010 | 16:37 »
Wir können auch ein anderes eingängiges Wort nehmen, wenn das so ein Reizbegriff ist. Geht ja um die Sache, nicht um das Wort.  Bitte folgendes ergänzen:
Wenn ich den Ablauf eines Geschehens nicht im Mindesten beeinflussen kann, bin ich in Bezug auf den Ablauf dieses Geschehens __________ ?
Machtlos? Einflusslos? Ohnmächtig?

Hervorhebung von mir. Aus Attributionstheoretischer Sicht würde ich sagen: Es liegt eine maximal niedrige Kontrollierbarkeit des Ergebnisses vor.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Wulfhelm

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #105 am: 23.07.2010 | 16:38 »
Insofern:
Wenn ich den Ablauf eines Geschehens nicht im Mindesten beeinflussen kann, bin ich in Bezug auf den Ablauf dieses Geschehens
Zuschauer. Wie ich eingangs schon schrieb.
(Ich habe in meinem Beispiel übrigens bewußt eine Lücke gelassen. Meine Vorschläge waren nur solche. Du kannst auch andere nehmen.)

El God

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #106 am: 23.07.2010 | 16:38 »
Aber: Was hat das alles mit vorbereiteter Story zu tun? Lasst doch mal die dämliche Railroading-Diskussion weg.

Offline Teylen

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #107 am: 23.07.2010 | 16:42 »
Woraus folgt das denn nun wieder?
Aus der Tatsache das sie Rollenspielen.
Nun und bei Beowulf wird die Vernichtung der Stadt auch durch die Anwesenheit beeinflusst das da ein komplett an sich eigentlich handlungsunfaehiger Haufen Menschen herum laeuft.

Auch die Protagonisten bei Reign of Fire haetten immernoch gehandelt, haetten sie zum Schluss das Drachenmaennchen nicht gekillt.

Eine Handlung definiert sich durch eine Tat, nicht durch die varianz des Ergebnis.


Eh, und wenn du da eine Luecke laesst, solltest du anderen auch zu gestehen diese zu fuellen. Weil Leute die nicht Ergebnis offene RPG Spielen nun mal keine Zuschauer sind.
Und du koenntest gerne auchmal meine Beispiele aufgreifen ..
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Offline Oberkampf

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #108 am: 23.07.2010 | 16:42 »
Woraus folgt das denn nun wieder? Der Drachengott macht die Hauptstadt platt, und das wird nicht im geringsten dadurch beeinflusst, dass dabei drei oder vier Leute mehr zugucken.

Hey, dabeisein ist alles  ~;D
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Achamanian

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #109 am: 23.07.2010 | 16:45 »
Leute, denkt doch mal ganz kurz darüber nach, was Verminaard geschrieben hat: Man kann ganz unterschiedliche Ebenen einer Geschichte als diejenige begreifen, auf der das relevante Handeln stattfindet.

Eine Geschichte, in der Helden am Ende einen Drachen töten, kann unabhängig von den "empirischen" Ereignissen einen jeweils ganz unterschiedlichen Ausgang nehmen. Sie kann damit ausgehen, dass eine Heldengruppe einen feindlichen Drachen zur Strecke gebracht hat. Sie kann aber auch damit ausgehen, das Rubart der Riesentöter den Wert der Freundschaft gelernt hat.

Offline Crimson King

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #110 am: 23.07.2010 | 16:48 »
Akka, für den Post hast du dir einen Orden verdient!

Ich präzisiere das aber noch mal:

Für den Spieler, der Herausforderungen mag, heißt ergebnisoffen, dass er an den Herausforderungen scheitern kann, bzw. dass er auf Basis der Spielregeln optimale Lösungen zum Überwinden der Herausforderung suchen kann.

Für den Spieler, der Plot erzählen möchte, heißt ergebnisoffen, dass der Verlauf der Story nicht vorherbestimmt ist, sondern über Aktionen und Reaktionen der Spielteilnehmer bzw. der Charaktere am Spieltisch entwickelt wird.

Für den Spieler, der erleben möchte, heißt ergebnisoffen, dass er alleiniges Hoheitsrecht über die Interpretation der Erlebnisse seitens seines Charakters hat.
« Letzte Änderung: 23.07.2010 | 16:52 von Crimson King »
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Offline scrandy

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #111 am: 23.07.2010 | 16:55 »
@ Wulfhelm
Also um es mal zu konkretisieren:

Ich schreibe gerade an einer vorgefertigten Story:

Festgelegt ist, dass ein Konflikt langsam heranschwelt, dass in Folge dessen gewisse Dinge nach meinem Gutdünken passieren werden. Fest steht auch, welche besonderen Wendungen es gibt, welche Auswahl an Aufgaben es gibt und welche Konsequenzen daraus für die Story folgen. Ja sogar der Schluss steht diesmal fest: Entweder die Stadt wird gerettet oder geht unter. Punkt.

Was aber der Spieler beeinflussen kann:
- Welche Aufträge nehme ich konkret an.
- Wie löse ich die Aufgaben oder wie möchte ich, dass die Situation ausgeht.
- Wie stelle ich den Charakter dar.
- Wie reagiert der Charakter in bezug auf das Szenario.
- Nimmt der Charakter vielleicht eine Partei ein.
- Wie löse ich die kleinen Herausforderungen im einzelnen.
- Wann gehe ich wohin um was genau zu tun.
- Welche persönliche Ziele verfolge ich neben der Story noch.
- Welche Szenen möchte ich wie lange ausspielen.

Meinst du nicht, dass das trotz vorgegebener Story samt Spannungsbogen und Ende der Spieler ne menge Gestaltungsspielraum hat?
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Offline Oberkampf

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #112 am: 23.07.2010 | 16:58 »
Eine Geschichte, in der Helden am Ende einen Drachen töten, kann unabhängig von den "empirischen" Ereignissen einen jeweils ganz unterschiedlichen Ausgang nehmen. Sie kann damit ausgehen, dass eine Heldengruppe einen feindlichen Drachen zur Strecke gebracht hat. Sie kann aber auch damit ausgehen, das Rubart der Riesentöter den Wert der Freundschaft gelernt hat.

Damit verschiebst Du (im Sinne von "man", kein persönlicher Angriff) letzten Endes nur das Problem, indem Du (man) sagst (sagt), dass  die Offenheit eben auf einer anderen Ebene liegt. Wichtig ist aber, dass die spielrelevante Ebene offen oder geschlossen ist. Entweder dreht sich das Abenteuer um Drachenjagd, oder um die Freundschaft (zu einem NSC oder SC). (Natürlich kann ein Abenteuer mehrere spielrelevante Ebenen haben, aber das auszuführen würde jetzt verwirren.) Wenn es sich eigentlich um die Freundschaftsfrage dreht, muss der Spieler in diesem Bereich Entscheidungen treffen können, die unterschiedliche Konsequenzen haben.

Am Beispiel: Der Drache wird so oder so getötet, die Prinzessin so oder so befreit: entweder mit dem hoffnungslosen Ritter (NSC-Freund), den man auf dem Weg aufgelesen und wieder ermuntert hat, oder ohne ihn (weil man ihn schäbig behandelt hat). Jedenfalls gibt es eine Ebene, auf der das Handeln der Charaktere einen Unterschied macht.

Und nur zugucken, sorry, macht keinen Unterschied.
« Letzte Änderung: 23.07.2010 | 17:01 von Tümpelritter »
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Offline Crimson King

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #113 am: 23.07.2010 | 17:01 »
Worum sich das Abenteuer dreht, ist Entscheidung des Einzelnen. Allerdings hilft es stark, wenn Gruppen hier weitgehend homogen sind. Also sollten entweder alle schwerpunktmäßig einen Drachen jagen gehen oder alle sollten das Wesen ihres Charakters ergründen und entwickeln.
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Achamanian

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #114 am: 23.07.2010 | 17:03 »
Damit verschiebst Du (im Sinne von "man", kein persönlicher Angriff) letzten Endes nur das Problem, indem Du (man) sagst (sagt), dass  die Offenheit eben auf einer anderen Ebene liegt. Wichtig ist aber, dass die spielrelevante Ebene offen oder geschlossen ist. Entweder dreht sich das Abenteuer um Drachenjagd, oder um die Freundschaft (zu einem NSC oder SC). (Natürlich kann ein Abenteuer mehrere spielrelevante ebenen haben, aber das auszuführen würde jetzt verwirren.) Wenn es sich eigentlich um die Freundschaftsfrage dreht, muss der Spieler in diesem Bereich Entscheidungen treffen können, die unterschiedliche Konsequenzen haben.


Ja, das ist genau richtig. Es geht mir nur darum, dass es einen Sinn hat, von einem gleichbleibenden Ergebnis zu reden, wenn man sich nicht mal bewusst ist, auf welcher Ebene das Ergebnis lliegt.
Wenn bei einem Abenteuer feststeht, dass am Ende der Drache getötet wird, muss das eben nicht heißen, dass auf einer anderen, für diese Gruppe vielleicht viel relevanteren Ebene, keine Handlungsfreiheit besteht.

Aber klar: Damit man von Handlungsfreiheit reden kann, müssen die Spieler über das Handeln ihrer Charaktere irgendeine Ebene nachhaltig beeinflussen können, und natürlich sollte das vorzugsweise die Ebene sein, die sie interessant finden.

Offline Teylen

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #115 am: 23.07.2010 | 17:08 »
Ich sehe nicht wieso die Handlungsfreiheit, also die Freiheit Handlungen bzw. Taten auszufuehren, in einem Kontext zu der Ergebniss Offenheit stehen soll.
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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #116 am: 23.07.2010 | 17:14 »
Worum sich das Abenteuer dreht, ist Entscheidung des Einzelnen. Allerdings hilft es stark, wenn Gruppen hier weitgehend homogen sind. Also sollten entweder alle schwerpunktmäßig einen Drachen jagen gehen oder alle sollten das Wesen ihres Charakters ergründen und entwickeln.

Nein, es ist nicht Entscheidung des Einzelnen. Wäre es das, gäbe es viel weniger Spannungen aufgrund unterschiedlicher Vorlieben.

Jedem Spieler steht zu fast jeder Zeit eine rein kontemplative Haltung als Möglichkeit offen. Zuhören und sich seinen Teil denken kann jeder zu jeder Zeit. Das ist eine Basisbedingung, quasi das "trockene Brot" des Rollenspiels.
Ich kenne nur einen einzigen Spielleiter, der den Spielern auch noch vorschreiben wollte, was ihre Charaktere denken und fühlen, und selbst da war er zurückhaltend (im Vergleich zu seiner Handlungsbeschränkung).

Aber ob ein Spieler Anteil am Plot hat oder vor Herausforderungen steht, die er bewältigen kann (Drachenjagen), liegt zum Großteil am Spielleiter und zu einem Teil an der Gruppe(nkonstellation). Und hier gibt es eben verschiedene Möglichkeiten ("Freiheitsgrade") die angeboten werden können und die Spieler dann annehmen können oder nicht.

Aber zur Sache jedes einzelnen Spielers wird es nur, wenn mehr drin ist als Zuhören. Wer nicht mehr will, kann sich dann immer noch zurücklehnen (außer beim reinen Sandboxen inmitten einer Gruppe aus reinen Zuhörern).
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Offline carthinius

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #117 am: 23.07.2010 | 17:18 »
Ich sehe nicht wieso die Handlungsfreiheit, also die Freiheit Handlungen bzw. Taten auszufuehren, in einem Kontext zu der Ergebniss Offenheit stehen soll.
Weil man gewisse Handlungen nicht unternehmen würde, wenn man weiß, dass es eh nicht klappen wird, weil (jetzt kommt's) das Ergebnis schon im Vorfeld feststeht.
Beispiele: Attentate gegen NSC (denen nichts passieren darf, weil sie noch Krieg Y gegen Hutzlibutzli gewinnen müssen, um dann in 12 Sitzungen heldenhaft vom Kaiser höchstselbst getötet zu werden), Schlüssel für den Magierturm klauen (weil man da eh nicht vor Mittwoch Mittag mit der Lieferung vom Dorfhändler hineinkommen kann, steht so im Script), Spurensuche bei einem Mord (weil der Mörder ja auch nicht zu früh enttarnt werden darf).
Wenn einem Spieler sozusagen die Konsequenzen seiner Handlungen genommen werden, weil es nicht passieren darf (warum auch immer), ist doch die Frage berechtigt, warum die Handlung dann überhaupt unternommen werden soll. Das ist ja das Problem bei nichtergebnisoffenem Spiel: Wenn eine Aktion auf einmal regelmechanisch Erfolg hat, die aber für die geplante Story keinen Erfolg haben darf, muss der SL tricksen oder seine Story über Bord werfen. Oder im Vorfeld massiv gegen die Handlungsoption anarbeiten (Erschwernisse auferlegen, Szenen ohne Eingriffsmöglichkeiten gestalten, Deus-Ex-Machina etc.).
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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #118 am: 23.07.2010 | 17:18 »
Ich sehe nicht wieso die Handlungsfreiheit, also die Freiheit Handlungen bzw. Taten auszufuehren, in einem Kontext zu der Ergebniss Offenheit stehen soll.

Es geht nicht darum, dass Du gefesselt und geknebelt auf Deinem Stühlchen sitzt. Sondern darum, ob Deine Handlungen eine signifikante Auswirkung auf den Spielverlauf haben. Bauen wir mal ein Beispiel:

Ich habe eine gewisse Meinung von einer anderen Userin. Wenn diese Userin jetzt Dinge tut, die meine Meinung klar verändern, dann ist meine Meinung und damit das Endergebnis anders als von mir zu Beginn erwartet. Ich habe Ergebnisoffenheit. Wenn ich aber stur an meiner Meinung festhalte, so wie ich beispielsweise in diesem Falle tun würde, dann hätte ich keine Ergebnisoffenheit mehr. Obwohl besagte Userin alle möglichen Handlungsoptionen hat, ändern diese nichts am Endergebnis.
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Wulfhelm

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #119 am: 23.07.2010 | 17:19 »
@ Wulfhelm
[...]Ja sogar der Schluss steht diesmal fest: Entweder die Stadt wird gerettet oder geht unter.
Dann steht der Schluss nicht fest. Also wo ist das Problem? Und wenn die SCs durch ihre Aktivitäten auch noch gehörigen Einfluß darauf haben, welche der beiden Alternativen es dann wird, dann ist das schon ein gerüttelt Maß Handlungsfreiheit.
Aber ich wurde durchaus schon genötigt, Abenteuer zu spielen, in denen vergleichbar erschütternde Plots/Metaplotelemente einfach abgespult und dann mithilfe von göttlichem/NSC-Eingreifen geskriptet gelöst wurden - egal, was die SCs vorher getan oder gelassen haben, auch wenn es sinnvoll und relevant war.
Und dass ich in solchen Fällen noch beschreiben darf, wie das meinen armen Charakter mitnimmt, oder dass ich vorher das Feilschen um ein paar Stiefel ausspielen durfte, nenne ich keine Handlungsfreiheit. Und, was noch viel wichtiger ist: Ich nenne es auch keine gute Story!

Was Du beschreibst, ist keineswegs ein Abenteuer ohne Handlungsfreiheit, sondern hört sich wie ein ganz normales Abenteuer an.

Aber: Warum dann die Sache nicht gleich organisch aufbauen? Pläne von NSCs statt Pläne des Spielleiters. Warum nicht? Geht nur selten schief und macht die Sache meiner Erfahrung nach runder.

Offline Crimson King

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #120 am: 23.07.2010 | 17:25 »
Nein, es ist nicht Entscheidung des Einzelnen. Wäre es das, gäbe es viel weniger Spannungen aufgrund unterschiedlicher Vorlieben.

Du kannst garnicht verhindern, dass jeder Spieler seine eigene Meinung darüber hat, worum es ihm bei dem Abenteuer geht, und diese auch ins Spiel einzubringen versucht. Du kannst nur verhindern, dass der Versuch auch gelingt.

Davon abgesehen gibt es tonnenweise Systeme mit Regeln, die ziemlich klar definieren, wie man Verhalten und Willensbildung anderer Charaktere beeinflussen kann, sei es auf magischem Weg oder über Anwendung von Talenten wie Überreden, Überzeugen etc. Und es gibt tonnenweise Runden, in denen die Charakter-Entwicklung in seiner deutschen Wortbedeutung einfach keine Rolle spielt. Für wen sie aber eine Rolle spielt, der wird Regeln, die dem eigenen Charakter Empfindungen und Gedanken aufzwingen, hassen wie die Pest, obwohl das nach gängiger Meinung alles sauber abläuft und überhaupt nichts mit RR oder ähnlichen bösen Dingen zu tun hat.
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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #121 am: 23.07.2010 | 17:32 »
Ich sehe nicht wieso die Handlungsfreiheit, also die Freiheit Handlungen bzw. Taten auszufuehren, in einem Kontext zu der Ergebniss Offenheit stehen soll.

Weil Ergebnisoffenheit i.S.v. "verschiedene Dinge können am Ende passieren" allein noch keine Errungenschaft ist?

Ob ein Drache eine Stadt zerstört oder nicht kann man auf einer Tabelle unabhängig von den Handlungen der Charaktere auswürfeln. Ist dann (beim offenen Würfeln) gewissermaßen "ergebnisoffen", aber nicht das, was (zumindest meinem eindruck nach, und für mich auf jeden Fall zutreffend) die Advokaten des ergebnisoffenen Spiels erreichen wollen. Die Zufallstabellen (z.B. beim Sandboxen, aber auch in "normalen" site-based-adventures) sollen ja nicht das Ergebnis erwürfeln, sondern die Herausforderungen, gewissermaßen die von den Spielern/Charakteren zu lösenden Probleme und Hindernisse.

Und damit unterschiedliche Ergebnisse herauskommen können, muss es eben Handlungsfreiheit geben. Ergebnisoffen heißt: Das Ergebnis ist Resultat der Handlungen der Charaktere.

(Und dazu: Zuschauen ist bestenfalls insofern eine Handlung, als dass es eine unterlassene Handlung ist. Natürlich soll das auch folgen haben, und ein einem offenen Abenteuer würde das unangenehme Folgen haben.)

Übrigens ist darum auch Scrandys Kampagne, so wie er sie beschreibt, ergebnisoffen. Persönlich würde ich soetwas keine Story nennen, sondern einen Kampagenhintergrund mit Timetable, aber das ist Namensgebungstradition, die von Gruppe zu Gruppe sicherlich unterschiedlich ist.

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Offline D. Athair

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #122 am: 24.07.2010 | 23:17 »
Am Beispiel: Der Drache wird so oder so getötet, die Prinzessin so oder so befreit: entweder mit dem hoffnungslosen Ritter (NSC-Freund), den man auf dem Weg aufgelesen und wieder ermuntert hat, oder ohne ihn (weil man ihn schäbig behandelt hat). Jedenfalls gibt es eine Ebene, auf der das Handeln der Charaktere einen Unterschied macht.
Da möchte ich mich in der Diskussion einklinken:

Bei Rollenspielabenteuern in denen es um den vorgefertigten Plot geht, entscheiden die Spieler NICHT, WAS passiert, SONDERN WIE etwas passiert. Die Charaktere prägen den Umstände unter denen ein Ereignis stattfindet. Sie haben keinen Einluß darauf, ob es stattfindet.




Andere wichtige Anmerkungen kamen schon von Dr.Boomslang.
Hervorzuheben ist die Erkenntnis/Meinung, dass es kein allgemein BEKANNTES Rollenspiel gibt, das plotorientiertes Spiel hinreichend unterstützt.

@ Ausgangsfrage: Storyorientierte Rollenspiele sind "out", außer Mode.
Diese Spielezunft leidet u.a. an Nach- und NEBENwirkungen der Storyteller-/Storytelling-Spiele.

"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #123 am: 24.07.2010 | 23:36 »
Bei Rollenspielabenteuern in denen es um den vorgefertigten Plot geht, entscheiden die Spieler NICHT, WAS passiert, SONDERN WIE etwas passiert.
Das klingt für mich nach Sophisterei. Kannst Du das mal an einem eingängigen Beispiel deutlich machen?

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Re: Sind storyorientierte Rollenspiele out?
« Antwort #124 am: 25.07.2010 | 12:52 »
Bei Rollenspielabenteuern in denen es um den vorgefertigten Plot geht, entscheiden die Spieler NICHT, WAS passiert, SONDERN WIE etwas passiert. Die Charaktere prägen den Umstände unter denen ein Ereignis stattfindet. Sie haben keinen Einluß darauf, ob es stattfindet.

Das verstehe ich jetzt nicht.

Ein vorgefertigter Plot enthält 2 Elemente: ein vorherbestimmtes Ergebnis (Ziel) und einen vorherbestimmten Weg (Verlauf).

Wenn Du mit dem WIE unterschiedliche Wege meinst, die zum selben Ziel führen (z.B.: die SCs halten den Drachen auf - entweder indem sie ihn in seinem Hort töten, oder ihn in eine Falle locken, oder seine Aufmerksamkeit auf das Nachbardorf lenken usw.), dann ist das erstmal kein vorgefertigter Plot, sondern eine klassische Gewölbestruktur (wie in jedem Dungeon, in dem es mehrere Flügel/Wege/Taktiken gibt, über die man zum Oberbösewicht vordringen kann).

Wenn Du mit WIE eine zusätzliche Qualität des feststehenden Ergebnis meinst, die von den Spielerentscheidungen abhängig ist (z.B. die Spieler retten ein Dorf vor dem Drachen, aber alle wichtigen Bürger sind a) tot, b) ausgewandert oder c) noch am Leben und im Dorf geblieben), dann hast Du wiederum kein vorbestimmtes Abenteuer, sondern ein Abenteuer, dessen Ergebnis (zumindest eingeschränkt) offen ist. (Spielrelevant ist quasi, wie das Dorf gerettet wird, und man kann das als SL ausreichend kommunizieren, dass es nicht um die Rettung des Dorfes vor dem Drachen, sondern um die wirtschaftliche Zukunft des Ortes geht.)

Nicht jedes feststehende Ereignis (außerhalb des Spielerzuganges) bedeutet ja einen vorgefertigten Plot - ansonsten gäbe es ja wirklich nur die Wahl zwischen Plotoniummine und Sandbox (wobei selbst solche mit einem Timetable versehen sein kann, in dem es feste Ereignisse gibt). 

Aber vioelleicht bin ich jetzt völlig auf dem Holzweg und Du meinst etwas ganz anderes?
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