Autor Thema: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"  (Gelesen 9272 mal)

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alexandro

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Zur Glaubwürdigkeit gehört aber doch Wiedererkennungswert dazu. Wenn das Setting durch eine Änderung (egal wie realistisch diese ist) deformiert wird, dann leidet dessen Glaubwürdigkeit. Man trifft damit die Entscheidung, dass das Setting weniger wert ist als die (sogenannte) "echte Welt" und nach Belieben selbiger untergeordnet werden kann.
Das zerstört die Glaubwürdigkeit des Settings (auf Kosten der Glaubwürdigkeit einer Abbildung der Realität).

Offline Terrorbeagle

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Zitat von: Falcon
Wenn du sagst "es gibt", dann meinst du nur deine Erwartungshaltung. Ich hab schon einige verrückte Kumpel gehabt, die auf ziemlich abgefahrenes Zeug stehen, dich ich ziemlich unglaubwürdig finde. Aber schlussendlich ist ja sogar Paranoia irgendwo glaubwürdig, wenn auch total unrealistisch. Man kann die Glaubwürdigkeit aber schon mehr oder weniger objektiv testen, indem man schaut, ob ein Setting sich an seine eigenen Regeln hält und unabhängig der Erwartungen. Dazu muss man nicht auf die Realität schauen.

Jein. Ich sehe die Erwartungshaltungen mehr so als Summe dessen, womit sich die Spieler befassen, oder befasst haben. Die sind zwar von Person zu Person unterschiedlich, aber es hat ja nichtsdestotrotz jeder gewisse Erwartungen und Vorstellungen Wobei sich diese Erwartung natürlich nicht nur auf eine realistische oder plausible Darstellung beziehen, sondern auch ganz stark von den Settingkonventionen. Von einem Drogenrazzia-Polizeiarbeitsrollenspiel erwartet man schnell was anderes als von einer High Fantasy Luftpiraten-Kampagne.
Ich weiß, ich hacke wie immer viel auf der ganzen Geschichte mit den Erwartungen von Spielern herum.  Aber, auch auf Gefahr mich zu wiederholen: Enttäuschte Erwartungen sind ein Quell von Frustration. Frustration gehört nicht zu den Dingen, die ich beim Rollenspiel haben will.

Zitat von: Alexandro
Zur Glaubwürdigkeit gehört aber doch Wiedererkennungswert dazu. Wenn das Setting durch eine Änderung (egal wie realistisch diese ist) deformiert wird, dann leidet dessen Glaubwürdigkeit. Man trifft damit die Entscheidung, dass das Setting weniger wert ist als die (sogenannte) "echte Welt" und nach Belieben selbiger untergeordnet werden kann.
Setzt das nicht voraus, dass die SPieler mit den Gegebenheiten der Spielwelt besser vertraut sind als mit den Gegebenheiten, der Welt, in der sie leben?
« Letzte Änderung: 7.12.2010 | 14:35 von The Man Who Laughs »
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

Wulfhelm

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@Falcon:
Anderes Beispiel: stell dir vor, du schreibst ein Star Wars-Rollenspiel.
Die Spieler beschweren sich darüber, dass man keine eigenen Schiffe konstruieren kann, weil die Schiffe ja physikalisch unsinnig ind und man keine Referenzimplementationen hat: ist ja total unrealistisch, dass man mit diesen Krücken rumfliegen muss und keine Möglichkeit hat was besseres zu entwerfen.

Also schreibst du ein Schiffkonstruktionsmodul für Star Wars und orientierst dich dabei an realweltlicher (sowohl theoretischer als auch tatsächlch existenter) Weltraumtechnik.
Jemand, der seine Spieler absichtlich falsch versteht, nur um irgendwie seinen Kopf in einer Begriffsdiskussion durchzusetzen, würde das vermutlich so machen. Andere, ich zum Beispiel, würden wohl eher ein Schiffskonstruktionsmodul schreiben, dass sich an den Axiomen des Star-Wars-Universums und an den bestehenden Schiffen orientiert.

alexandro

  • Gast
Setzt das nicht voraus, dass die SPieler mit den Gegebenheiten der Spielwelt besser vertraut sind als mit den Gegebenheiten, der Welt, in der sie leben?
Man nimmt seine Referenzpunkte da her, wo man sie findet.

Für einige ist das die reale Welt, für andere die Regeln der Fiktion. Was soll daran jetzt ungewöhnlich sein?

Eulenspiegel

  • Gast
Ja sicher, ich korrigiere: Mir gefallen keine Regelwerke, die versuchen, realistisch zu sein. Schaffen wird es ohnehin keines.
Also Regelwerke, die versuchen, realistisch zu sein, ohne dass es ihnen gelingt, finde ich auch doof. Insofern haben wir in diesem Punkt den gleichen Geschmack.

Wo wir unterschiedlicher Meinung sind, ist, ob jedes System, das den Versuch unternimmt, realistisch zu sein, daran scheitert.
Und hier glaube ich, dass es durchaus Systeme gibt, die versuchen, realistisch zu sein und denen das gelingt. Als Beispiele seien hier Gurps und Cthulhu aufgezählt.

Vor allem die Regelbücher "High-Tech" sowie "Bio-Tech" von Gurps 4.Edition sind extrem realistisch geschrieben mit sehr realistischen Regeln.

Wahnvorstellungen sind für mich kein Argument.
Das gilt auch für The Man who laughs Argument: Unwissenheit ist kein Argument, daß Realismus der Glaubwürdigkeit im Weg steht. Es ist dann einfach so, daß Unwissenheit dem Realismus im Weg steht.
Ich sprach nicht von Wahnvorstellungen, sondern eher von Falschvorstellungen. (Newton hatte zwar eine falsche Vorstellung von überlichtschnellen Reisen, aber er hatte sicherlich keine Wahnvorstellungen.)

Und doch: Unwissenheit ist ein Argument, dass sich Realismus und Glaubwürdigkeit in diesem Punkt gegenseitig ausschließen. (Wenn jemand in einem speziellen Punkt unwissend ist, dann kann er das Realistische für falsch halten und damit für unglaubwürdig.)

Zur Glaubwürdigkeit gehört aber doch Wiedererkennungswert dazu. Wenn das Setting durch eine Änderung (egal wie realistisch diese ist) deformiert wird, dann leidet dessen Glaubwürdigkeit.
Finde ich nicht. Glaubwürdigkeit und Wiedererkennungseffekt sind zwei vollkommen verschiedene Sachen:

Ich kenne unglaubwürdige Settings mit hohem Wiedererkennungseffekt und es gibt auch glaubwürdige Settings ohne Wiedererkennungseffekt.
« Letzte Änderung: 7.12.2010 | 17:32 von Eulenspiegel »

Offline Falcon

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@Alexandro: Ich setze Glaubwürdigkeit nicht mit Wiederkennungswert gleich. Wenn man das in einen Topf schmeisst, dann kann ich mir gut denken, daß es zu Verwirrung kommt.
Schlussendlich sinds aber zwei Begriffe, weil es zwei verschiedene Bedeutungen sind.

Ansonsten gebe ich dir Recht, der Realismus zerstört den Wiedererkennungswert bei Star Wars, ja.

Zitat von: TmhL
Aber, auch auf Gefahr mich zu wiederholen: Enttäuschte Erwartungen sind ein Quell von Frustration. Frustration gehört nicht zu den Dingen, die ich beim Rollenspiel haben will.
Auch da stimme ich zu. Aber wie beim Widererkennungswert ist mir nicht klar, was das mit dem Thema zu tun hat.



Realismus ist immer noch per se Glaubwürdig.
Ob das Setting dann Hans im Glück anstatt Star Wars heisst, oder ob damit Erwartungshaltungen nicht erfüllt werden oder ob ich das Gefühl habe "mittendrin" zu sein anstatt "ausserhalb" zu stehen (siehe Axis&Allies), sind alles nur Aufsätze.
« Letzte Änderung: 7.12.2010 | 17:35 von Falcon »
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Offline Merlin Emrys

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Unwissenheit ist ein Argument, dass sich Realismus und Glaubwürdigkeit in diesem Punkt gegenseitig ausschließen.
Nö. Oder eher: Nur, wenn man die Lernfähigkeit des jeweils Einzelnen für vernachlässigbar hält - was dann jeweils aber natürlich tief blicken läßt... :-o

Offline Falcon

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Zitat von: eulenspiegel
dann kann er das Realistische für falsch halten und damit für unglaubwürdig.
Das ist aber nicht das Problem des Realismus. Nur Kleinkinder, die ihr Eis fallen lassen sagen "wuääh, das Hörnchen war viel zu klein für die Kugel". Wenn du verstehst.
Da muss man einfach mal ein bisschen Eigenverantwortung übernehmen (z.b. etwas nachlesen).
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Eulenspiegel

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Das ist aber nicht das Problem des Realismus. Nur Kleinkinder, die ihr Eis fallen lassen sagen "wuääh, das Hörnchen war viel zu klein für die Kugel". Wenn du verstehst.
Ich habe nie von "Problemen" gesprochen. Ich sagte, dass es Glaubwürdigkeit ohne Realismus und Realismus ohne Glaubwürdigkeit geben kann.

Ich habe nie gesagt, dass dies ein Problem ist. (Und wenn es ein Problem wäre, hätte ich erst recht keine Aussage darüber getroffen, wer die Schuld an diesem "Problem" hat.)

Nö. Oder eher: Nur, wenn man die Lernfähigkeit des jeweils Einzelnen für vernachlässigbar hält - was dann jeweils aber natürlich tief blicken läßt... :-o
Jain.
1) Vergeht Zeit zwischen dem Augenblick, wo jemand mit dem Lernen anfängt und dem Augenblick, wo jemand mit dem lernen aufhört. Zumindest in diesem Zeitraum herrscht eine Diskrepanz.

2) Es geht nicht nur um die Lernfähigkeit sondern auch um die Lernwilligkeit.

3) Ist das Problem, dass nicht jeder alles lernen kann. (Gerade im Bereich Kampfsport ist es nicht jedem zuzumuten, jahrelang Schwertkampf und waffenlosen Kampf zu machen, nur um Herauszufinden, ob seine Vorstellung von "realistischen Kampf" nun richtig oder falsch ist.)

Aber auch in Sachen Klimaforschung oder Kernphysik ist es nicht jeden zuzumuten, diese Sachen zu studieren, nur um herauszufinden, ob seine Vorstellungen von Glaubwürdigkeit nun richtig oder falsch sind.

Disclaimer:
OK, bei einem realistischen Weltraumsetting erwarte ich schon, dass sich die Spieler Projekt Rho durchlesen. Aber bis sie das alles gelesen haben (und das kann schonmal mehrere Monate dauern), herrscht nunmal ein Unterschied zwischen Glaubwürdigkeit und Realismus. (Auch in der Richtung, dass man manche Sachen für unglaubwürdig hält, welche eigentlich realistisch sind. - Vor allem, wenn es um die Effekte der Relativitätstheorie geht. - Aber viele halten auch Swing-by-Manöver für unglaubwürdig, bis man ihnen eine Literaturquelle präsentiert.)

Offline Falcon

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Zitat
Ich habe nie von "Problemen" gesprochen. Ich sagte, dass es [...] Realismus ohne Glaubwürdigkeit geben kann.
Ja, wenn man ALLE Begebenheiten und Vorraussetzungen ingoriert, die dazu führen, dann gibt es einen Zusammenhang. Wie in: "1+1 kann drei 3 sein, der Schüler muss nur schlecht genug in Mathe sein".
Ich meine, daß ist zwar eine großartige Erkenntnis (nicht), aber es gibt eben keine direkte Abhängigkeit.
Man kann sich Dinge zwar ganz doll wünschen, daß macht sie aber eben immer noch nicht wahr. Glaubwürdigkeit (im Rollenspiel) ist für mich keine Geschmackssache, sondern die Einhaltung der selbstgesteckten Spielweltregeln und Konventionen. Und das kann man überprüfen, dazu muss man auch keinen Kernreaktor bauen können. Ein Kernreaktor ist trotzdem immer glaubwürdig.
« Letzte Änderung: 7.12.2010 | 18:17 von Falcon »
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alexandro

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Wo wir unterschiedlicher Meinung sind, ist, ob jedes System, das den Versuch unternimmt, realistisch zu sein, daran scheitert.
Und hier glaube ich, dass es durchaus Systeme gibt, die versuchen, realistisch zu sein und denen das gelingt.
Realistisch nach welchen Kriterien?

Die meißten "realistischen" Settings mögen evtll. naturwissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Kriterien genügen, labern aber (z.B.) vom sozialwissenschaftlichen Standpunkt her Blödsinn (Harnmaster ist da so ein Kandidat).

Offline Falcon

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ich halte ein vollständig Realistisches Rollenspiel auch für unmöglich.
In selbstgesteckten Grenzen kann man aber realismus erreichen. Ist alles eine Frage des Maßstabs.

Wäre die Realität nicht die Vorlage für die meisten Rollenspielregeln, wäre der Spielerkreis der Interessierten wohl EXTREM viel kleiner.
« Letzte Änderung: 7.12.2010 | 18:21 von Falcon »
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Offline Merlin Emrys

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Es geht nicht nur um die Lernfähigkeit sondern auch um die Lernwilligkeit.
Wem? Denn schon, wenn sie nicht vorausgesetzt wird, läßt mE durchaus Rückschlüsse zu...

Was das Lesen von Faktenwissen angeht: Man kann auch vertrauen. Ich muß nicht wissen, wie ein Lichtschalter funktioniert, um ihn zu bedienen und zu wissen, daß es glaubwürdig ist, wenn vermittels der Bedienung des Lichtschalters das Licht an- und ausgemacht wird. Ich muß mich nicht mit "aficionado of slide rules, astrolabes, nomograms, sundials, and other obsolete instruments" herumschlagen (und JavaScript aktivieren, um irgendwelchen Kruscht solcher Art überhaupt zu Gesicht zu bekommen), solange ich weiß, wem ich in Sachen "Hilfe und Rat in bezug auf realistische Weltraumsettings" Vertrauen schenken kann.

ich halte ein vollständig Realistisches Rollenspiel auch für unmöglich.
Unmöglich? Nein. Man kann ja als "Setting" einfach "unsere Welt, wie sie ist, ohne Zusätze und Abstriche" nehmen. Das müsste, was die Regeln angeht, jedem Anspruch an Realismus genügen. Aber ich fände das ziemlich langweilig, glaube ich.

El God

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Zitat
Unmöglich? Nein. Man kann ja als "Setting" einfach "unsere Welt, wie sie ist, ohne Zusätze und Abstriche" nehmen. Das müsste, was die Regeln angeht, jedem Anspruch an Realismus genügen. Aber ich fände das ziemlich langweilig, glaube ich.

Rollenspiel = Setting + Regeln

Setting: Check, da gehe ich mit
Regeln: Nie im Leben.

Offline Merlin Emrys

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Regeln: Nie im Leben.
Und zwar warum (bzw.: warum nicht)?

El God

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Komplexität. Das Regelwerk wird immer Ergebnisse liefern, die unrealistisch sind. Da kann man nichts machen. Selbst wenn der SL alles nur per Willkür entscheidet, wird perfekter Realismus (und hey... jeder andere Realismus wäre die totale Farce) unmöglich bleiben. Spiele mit dem Anspruch des Realismus gibt es genügend, unrealistische Ecken haben die trotzdem allesamt.

alexandro

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Unmöglich? Nein. Man kann ja als "Setting" einfach "unsere Welt, wie sie ist, ohne Zusätze und Abstriche" nehmen. Das müsste, was die Regeln angeht, jedem Anspruch an Realismus genügen. Aber ich fände das ziemlich langweilig, glaube ich.
Die Ansicht darüber, was genau "unsere Welt" ist, gehen ziemlich auseinander (Frag zum Beispiel mal ein paar Amerikaner, ob Obamas Gesundheitsreform eine notwendige Verbesserung des amerikanischen Gesundheitswesens oder ein unerlaubter Eingriff des Staates in die Privatwirtschaft ist).

Sobald wir uns auch nur ein wenig von unserer Welt entfernen, fehlen auch komplett die Referenzpunkte (z.B. "Würde ein Lehenssystem auch funktionieren, wenn zuverlässige Kommunikationsmittel ohne Zeitverlust (aka Telefon, Funk...) zur Verfügung stünden?").

Eulenspiegel

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Ja, wenn man ALLE Begebenheiten und Vorraussetzungen ingoriert, die dazu führen, dann gibt es einen Zusammenhang. Wie in: "1+1 kann drei 3 sein, der Schüler muss nur schlecht genug in Mathe sein".
Nein, 1+1 ist niemals 3, egal wie schlecht der Schüler in Mathe ist.

Korrekt wäre eher: "Richtigkeit einer mathematischen Aussage und ihre Benotung können sich widersprechen"
oder "Ein Schüler kann für 1+1=3 in der Klausur volle Punktzahl bekommen. Der Lehrer muss nur übermüdet genug sein, zu viel Alkohol getrunken haben oder von den Eltern des Schülers bestochen worden sein."

Aber: Die Realität sagt: "1+1=3 ist falsch." Daran ändert sich nichts, egal, wie dumm der Schüler ist und wie wenig Ahnung er von Mathe hat.

Die Glaubwürdigkeit könnte sich rein theoretisch aber durchaus ändern und "1+1=3 ist richtig" könnte glaubwürdig sein. (Falls es tatsächlich einen solchen Schüler gäbe. - Ich habe zwar schon einer Menge dummer Schüler erlebt, aber ein Schüler, der 1+1 falsch ausrechnet, habe ich bisher noch nie erlebt.)

So, "1+1=3" war von dir im Allgemeinen aber ein sehr sehr schlecht gewähltes Beispiel, da du wahrscheinlich auch keinen einzigen Schüler kennst, der das für wahr hält und der "1+1=2" für falsch hält.

Leute, die dagegen glauben: "Alle Inertialsysteme sind gleichberechtigt, es gibt kein ausgezeichnetes Inertialsystem. Und es ist unglaubwürdig, dass man eine Zeitreise macht, wenn man es irgendwie schafft, schneller als das Licht zu fliegen." gibt es wie Sand am Meer.

Zitat
Glaubwürdigkeit (im Rollenspiel) ist für mich keine Geschmackssache, sondern die Einhaltung der selbstgesteckten Spielweltregeln und Konventionen.
Hmm, Glaubwürdigkeit ist für mich ein Maß, das darstellt, wie viele Leute diese Aussage für wahr halten.

Eine Aussage, die niemand für wahr hält, hätte eine Glaubwürdigkeit von 0%.
Eine Aussage, die jeder zweite Mensch für wahr halten würde, wenn man sie nur überzeugend genug rüberbringt, hätte eine Glaubwürdigkeit von 50%.
Und eine Aussage, die jeder Mensch glaubt, hätte eine Glaubwürdigkeit von 100%.

Die Einhaltung der Spielweltkonventionen hat imho nichts mit Glaubwürdigkeit zu tun. (Bei einigen Settings gehört es sogar zur Spielweltkonvention, dass diese unglaubwürdig ist. - Vor allem bei Parodien oder Satiren.)

Offline Merlin Emrys

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Das Regelwerk wird immer Ergebnisse liefern, die unrealistisch sind.
Ah... aber wenn "das Regelwerk" doch ist, "was wir von unserer eigenen Welt wissen"? Da bleiben allenfalls kleine "unrealistische" Ecken, der größte Teil ist ganz zufriedenstellend mit Realismus versehen, oder? Optische Täuschungen etwa sind durchaus "erklärlich" usw., was bleibt da noch groß an "Unrealistischem" im Bereich der Ergebnisse des Regelwerks "Wissen"?

El God

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Achsoooo! Ich rede hier die ganze Zeit von Regelwerken, wie man sie tatsächlich zum Spielen verwenden könnte und wollte. Dass du ein hypothetisches Monstrum mit einem Datenvolumen irgendwo im Bereich etlicher Vielfacher des Datenvolumens des aktuellen Internets meintest, konnte ich doch nicht wissen.

Klar kann man ein ganz realistisches Regelwerk bauen.

Jetzt tritt aber bitte auch den Beweis an!

Wulfhelm

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perfekter Realismus (und hey... jeder andere Realismus wäre die totale Farce)
Es gibt außerhalb mathematisch erfassbarer Zusammenhänge keine perfekten Definitionen von irgendetwas. Sie zu verlangen, ist ein ziemliches Totschlagsargument.

Offline Merlin Emrys

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Der Beweis ist doch schon da: Wenn man als Setting "unsere Welt, wie sie ist," und als Regelwerk nimmt, was an Wissen über "unsere Welt, wie sie ist," vorgehalten wird, dann hat man damit ein "realistisches" Rollenspiel. Langweilig, aber realistisch.

El God

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@Wulfhelm: Sagte der Mann, der im Rollenspiel nur glaubwürdig findet, was auch realistisch (im Wortsinn) ist.
@Merlin: So langsam kommt mir der Gedanke, du willst mich nur verarschen.

Egal. Ich bin aus der Diskussion raus. Den Parallelthread mit den konzentrierteren Darstellungen finde ich viel erhellender als diesen hier.

Online Maarzan

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Natürlich ist kein 100%tiger Realismus möglich und selbst intensivere Anstrengungen dem Nahe zu kommen sind oft aus diversen Gründen wie den hohen Anforderungen an die Spieler oder anderen Stilelementen (Sterblichkeitsrate z.B.) nicht gewollt.

Aber man braucht doch das kind nichtmit dem Bade auszukippen. Es würde doch schon eine erheblcihe Verbesserungbedeuten, wenn man die gröbsten Klopse rausläßt und sich einmal hinsetzt und noch mal drüber nachdenkt, was man da fabriziert hat, bzw. ggf klar macht, das gewisse Abweichungen bewußt getroffen worden sind um da Fehleinschätzungen zu vermeiden.

Denn egal wie realistisch ein Regelwerk ist, letztlich bestimmt die irsprüngliche Grundvorstellung der Spieler  den Ort, wo man sie abholen muss, egal womit. Und wo nichts weiter gesagt worden ist, muss der Spieler eben mit dem arbeiten, was er aus seiner irdischen Erfahrung als Grundstock mitbekommen hat.

In dem Sinne sind selbst gescheiterte Regelwerke (so sie nicht selbstwidersprüchlich sind) besser als nichts, da sie eine externe und individuell mit im Vergleich vertretbarem Aufwand erlernbare Basis sind, wie die Spielwelt funktionieren soll. Und auch Diskussionen über Verbsserungen sind einfacher, wenn man diese eine gemeinsame Basis hat.  

Dazu binich imme rncoh der Meinung, dass die meisten udn relevantesten Realismusprobleme nicht in irgendwelchen regeldetails zu suchen sidn sondern in der alltäglichen mangelhaften Ausarbeitung von Settings und Abenteuern.
Da sind Diskussionen über Realismus im üblichen extrem nur Ablenkung gegenüber den Ergebnissen eigener Nachlässigkeit oder Faulheit.

"Kann sein, das Feuerbälle und fliegende Drachen auch nicht realistisch sind, aber der 4m hohe Troll rennt nicht durch diesen 2m hohen Tunnel!!!"
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Merlin Emrys

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@ Maarzan: Stimmt.

@ Dolge: Nein, ich habe nicht vor, mit Dir irgendwelche üblen Späße zu treiben. Ich bin lediglich, was das angeht, ein bisschen sophistisch ;-) . Und ich habe auch mit gutem Grund nichts zum Preis des erforderlichen Regelwerks gesagt :-) .
« Letzte Änderung: 7.12.2010 | 19:09 von Merlin Emrys »