Autor Thema: Einfach mal Foltern  (Gelesen 5537 mal)

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Saintis

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Einfach mal Foltern
« am: 21.02.2013 | 06:57 »
Hi,

Ich habe ein Problem mit meiner RPG-Gruppe und dieses Forum hier gefunden, vielleicht könnt ihr etwas Licht ins Dunkle bringen.

Welche Mittel habe ich gegen das Mittel Folter? Ich habe nichts dagegen das die Gruppe in wirklich drastischen Momenten auch zu drastischen Mitteln greift, aber derzeit geht mir besonders ein Spieler etwas leichtfertig mit dem Thema um. Ich will das Mittel nicht verbieten, aber es sollte Nachteile haben, welche den Charakter nicht gleich töten.
Wie kontert ihr Daumenschrauben?

Meine derzeitigen Überlegungen:
1. Falsche Fährte, weil der Typ einfach irgendwas erzählt hat um sie los zu werden.
Problem: Logik. Man müsste so Lügen, das der Folterknecht stirbt, sonst kommt er eventuell zurück.

2. Das Spiel einmal umdrehen und den Spieler mal die eigene Medizin zu schlucken geben?
Problem: Der geistige Schaden den ein Charakter von sowas erzählt könnte ihn unspielbar machen, oder die Situation verschlimmern

3. Rechtsorganisationen auftreten lassen?  
Problem: Lebenslänglich bedeutet der Charakter ist aus dem Spiel

Fällt jemanden eine "sanfte" Keulte ein, die Folter eine Kehrseite gibt die zwar hart aber nicht "tödlich" ist?




« Letzte Änderung: 22.02.2013 | 03:16 von Saintis »

Online ComStar

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #1 am: 21.02.2013 | 07:02 »
Wie wärs wenn du dem Spieler einfach mal sagst, dass du seine Aktionen (seinen Hang zum Foltern) übertrieben und unangebracht findest?

Welches System/Setting spielt ihr überhaupt? Je nachdem würden mir verschiedene Lösungen einfallen...

Offline rettet den wald

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #2 am: 21.02.2013 | 07:09 »
Ich persönlich würde 1 nehmen. Begründung: Wenn du jemanden folterst, dann willst du meistens eine bestimmte Information, und das teilst du dem Gefolterten auch mit. Wenn du eine Zeit lang gefoltert wurdest, dann denkst du nicht mehr lange logisch nach, was passiert wenn die Typen herausfinden dass du gelogen hast. Du willst einfach nur mehr dass es aufhört... Und dafür bist du bereit jeden Scheißdreck zu erzählen. Im Endeffekt hilft das dem Gefolterten dann natürlich auch nicht mehr weiter, sobald die Spieler herausfinden, dass seine Aussage falsch war, aber daran denkt der Gefolterte in dieser Situation ganz einfach nicht.

...Je nach Art der Falschinformation kann das für die Spieler durchaus nervig werden, vor allem wenn sie von der Richtigkeit der entsprechenden Information überzeugt sind. Hier müsste ich aber genaueres darüber wissen, welche Information erfragt werden soll.
"A game should be a system of rules that allow the player to explore. If the player finds loopholes, then the game developer should fix them. It's never, ever the player's fault: it's the game developer's fault."

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Saintis

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #3 am: 21.02.2013 | 07:13 »

Wie schon gesagt, ich will das Mittel nicht verbieten nur einschränken.
Es geht einfach darum den einfachen Weg Folter etwas steiniger zu machen, das man sich genau überlegt ihn zu nutzen/ob er sich rendiert.

Das System ist Fate und das Setting eine Mischung aus Dresden Files und WOD.

Offline Ludovico

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #4 am: 21.02.2013 | 07:14 »
Was Comstar sagt.

Zusaetzlich finde ich Nr. 1 auch gut.

Was ich auch mal machen wuerde, die moralischen Konsequenzen vor Augen fuehren. Sie koennten mal einen Unschuldigen erwischen.

Was machen sie ueberhaupt mit den Gefangenen, wenn sie fertig gefoltert haben?

Wenn ihr FATE benutzt, dann kann man vielleicht das Foltern als sozialen Konflikt austragen, was dann Konsequenzen auch fuer den Folterer nach sich tragen kann wie "schlechtes Gewissen" oder sowas.
« Letzte Änderung: 21.02.2013 | 07:17 von Ludovico »

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #5 am: 21.02.2013 | 07:26 »
Auch um es "nur" einzuschränken, wäre ein klärendes Gespräch nützlich  ;)

Soso Dresden Files meets WoD, hmmm also so wie ich die Bücher in Erinnerung habe, gibts da immer nen "bigger player" der irgendwie das Sagen hat (Den Vampirprinzen der Domäne (WoD), den White Court (Dresden Files) etc.).
Lass den Charakter doch mal das Missfallen, dieser Person(en) über seine Methoden spühren.
Er wird vor den Court zitiert und rund gemacht. Vielleicht hat er aus versehen ein Mitglied der Courts (das Undercover unterwegs war) gefoltert und das finden die jetzt garnicht lustig.

Und da ihr ja Fate spielt: Verpass ihm nen Aspekt, der seinen Ruf als brutaler Folterer wiederspiegelt -> Kontaktpersonen könnten plötzlich nichts mehr mit ihm zu tun haben wolllen. Die "Gegenseite" (sofern es eine gibt) könnte ein Kopfgeld auf ihn aussetzen...

Nur um mal ein paar Ideen zu nennen.

Luxferre

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #6 am: 21.02.2013 | 07:31 »
Und da ihr ja Fate spielt: Verpass ihm nen Aspekt, der seinen Ruf als brutaler Folterer wiederspiegelt -> Kontaktpersonen könnten plötzlich nichts mehr mit ihm zu tun haben wolllen. Die "Gegenseite" (sofern es eine gibt) könnte ein Kopfgeld auf ihn aussetzen...

+1  :d


Außerdem würde ich sie mit den nachhaltigen Konsequenzen ihres Tuns öfters konfrontieren.
Jemand, der gefoltert wurde könnte mit der Macht seiner Organisation hinter den SC her sein. Auge um Auge und so....

Offline Oberkampf

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #7 am: 21.02.2013 | 07:32 »
Es gibt zwei Möglichkeiten:

1) Metaabsprache
2) Möglichkeiten des Systems

1) Passt Folter in das Setting bzw. bespielte Genre? Machen die Hauptprotagonisten sowas, oder bleibt das den Bösen vorbehalten? In Dreden Files würde ich sagen, dass in alter Hard Boiled Tradition mal eine etwas ruppigere Polizeibefragung (mit Lampe ins Gesicht und vielleicht, aber auch nur vielleicht einem Boxhieb) noch vertretbar ist, aber weiterführende Folter passt nicht ins Genre. Das kann man offen sagen.

2) Siehe Ludvico. Folter kann man als psychischen/sozialen Konflikt abbilden, denn am Folterer geht sowas auch nicht spurlos vorbei. Bei DF kann man sogar den Mental Stress Track mal sinnvoll als Nicht-Zauberer einbringen.
Das Problem, das ich bisher mit folternden SCs erlebt habe, resultiert m.E. daher, dass nur wenige Systeme Regeln für Folter anbieten. Die SCs schöpfen ihre regelkonformen Möglichkeiten der Informationsgewinnung aus (Würfe auf soziale Eigenschaften), und wenn sie dann noch mehr wissen wollen, weil beispielsweise die Würfe nicht die gewünschten Ergebnisse lieferten, wird die nicht verregelte Folter angewandt, weil es (nach Spieleransicht) "ganz logisch ist, dass der NSC jetzt zusammenbricht". Sobald man daraus aber eine risikobehaftete Tätigkeit mit zweifelhaftem Erfolg macht, wird die Anwendung seltener.
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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #8 am: 21.02.2013 | 08:25 »
+1 für die direkte Aussprache.

Folter als Stressbonus beim Konflikt, bei dem natürlich ein passender aspekt helfen würde, mit allen möglichkeiten, ihn zu reizen. der spieler muss sich dann überlegen, ob das zum char passt.

gerade ff bietet mit den schwurbrecher aspekten o.ä. eine gute möglichkeit, genretabubrüche als charentwicklung darzustellen.

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #9 am: 21.02.2013 | 08:43 »
ich sage meinen Spielern immer

Ihr entscheidet was Thema sein soll, alles was ihr mir den NSCs tut, können die auch mit euch machen

Wenn sie also anfangen NSCs zu foltern, kann es eben auch passieren das ihre SCs gefoltert werden
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #10 am: 21.02.2013 | 09:42 »
ich sage meinen Spielern immer

Ihr entscheidet was Thema sein soll, alles was ihr mir den NSCs tut, können die auch mit euch machen

Wenn sie also anfangen NSCs zu foltern, kann es eben auch passieren das ihre SCs gefoltert werden

+1.

Ich bin da altmodisch und sagen zu Beginn meiner Runden offen, dass ich keine Arschlöcher als SCs mag. Aber wenn es jemand dann doch anders will - nun, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Wenn die Spieler gerne Gift benutzen, Verdächtige foltern und Gefangene umbringen, werde ich es ihnen nicht verbieten. Aber da meine SCs das verbriefte Recht haben, die größeren Arschlöcher zu sein (und zudem über mehr Resourcen, Kontakte etc. verfügen), würde ich diese Mittel dann auch hemmungslos gegen den betreffenden SC einsetzen. Was in letzter Konsequenz bedeutet, dass der Spieler vermutlich ziemlich bald eine neue Figur braucht.

Ich gebe aber zu, dass das bisher noch nie nötig war. Ich kann mich in all den Jahren gerade mal an zwei Folterszenen erinnern. Die eine kam von einem Spielleiter (und war sehr unpopulär, was ihm auch ziemlich klar gesagt wurde), die andere von den Spielern in einer Notsituation. Letztere wurde dann aber im Spiel durch aktive Reue und Sühne (Pilgerfahrt etc.) "ausgeglichen", und alle waren sich darüber im Klaren, dass das keine Gewohnheit werden darf. Hier hängt, wie schon einige gesagt haben, wahrscheinlich viel am Gruppenkonsens und an klaren Absprachen zu den Grenzen des Erlaubten.
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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #11 am: 21.02.2013 | 09:44 »
Erstmal
:howdy:
Willkommen im Forum! - Oder unter den Schreibenden?

Es sind ja schon einige gute Sachen genannt worden. Mein Senf:
1.) Stelle die Sache in jedem Fall OT zur Diskussion - horch auch nochmal in Dich hinein, wie sehr Du persönlich das Thema meiden möchtest. Und kündige dem betreffenden Spieler vor allem an, dass Du gedenkst eine Daumenschraube anzusetzen.
2.) Spielt Ihr das DF-Fate? Dann würde ich den SC "monströser" machen - ihm also zum Erwerb eines Stunts verpflichten. Ich fände es z.B. denkbar das Verhören (eigentlich Intimidation) per Stunt über Might oder Scholarship (medizinisch) abgebildet wird. Dann greift eine Regel und der Charakter verliert Refresh (wird monströser). Aspekte ändern finde ich auch gut, oder der SC muss gegen Discipline werfen, ob er sonst während der Folter sozialen Stress nimmt. (Ein ordentliche Konsequenz à la: Menschenverachtend wäre doch mal was...)
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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #12 am: 21.02.2013 | 10:09 »
In meinen Runden habe ich das Problem dadurch gelöst, dass Gefangene halt auch ohne Folter auspacken. Denn meiner Erfahrung nach kommt Folter primär überhaupt deswegen ins Spiel, weil jeder Scherge der Bösen so hammerhart drauf ist wie Sydney Bristow im Alias-Pilotfilm und ums Verrecken nicht den Mund aufmachen will.

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #13 am: 21.02.2013 | 10:13 »
In meinen Runden habe ich das Problem dadurch gelöst, dass Gefangene halt auch ohne Folter auspacken. Denn meiner Erfahrung nach kommt Folter primär überhaupt deswegen ins Spiel, weil jeder Scherge der Bösen so hammerhart drauf ist wie Sydney Bristow im Alias-Pilotfilm und ums Verrecken nicht den Mund aufmachen will.

Guter Punkt. Das könnte auch der Grund sein, warum ich das Problem in der Praxis kaum mal habe - weil ich NSCs spiele, die auch mal Angst kriegen... :D

Bei mir läuft das auch eher wie bei Asterix und Obelix:
Obelix: Willst du wohl reden?
Schurke: Ich sage nichts.
Obelix lässt dreimal Arm kreisen...
Schurke: Ich sag alles!

Niedere Chargen wissen bei mir meist eh kaum was, und was sie wissen, das dürfen die SC ruhig erfahren (haben sie sich ja verdient, indem sie den Schurken gefangen haben). Und die höheren Chargen erwischen die SC ohnehin erst im Finale... ;D
« Letzte Änderung: 21.02.2013 | 12:44 von Weltengeist »
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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #14 am: 21.02.2013 | 10:36 »
Die Leute hier sagen schon genau an, was man machen kann:

1. rede mit den Spielern darüber, dass du Folter tendenzell bedenklich findest

2. wenn du es ingame abhandeln willst, lass dir gesagt sein, dass z.B. die CIA Folter inzwischen als nicht zielführend ansieht, weil die Gefolterten gerne mal alles Mögliche erzählen und die tatsächlichen Fakten in der Informationsflut versteckt sind. Wieviele Leute haben der Inquisition gestanden, dass sie Hexen sind, wobei denen nur die Werkzeuge gezeigt und die Abläufe erklärt wurden, ohne dass tatsächlich Hand an sie gelegt wurde? Und wieviele davon waren wohl tatsächlich Hexen?

3. Das ganze als sozialen Konflikt mit Konsequenzen abhandeln finde ich toll. Ggf. kann sich jemand über Aspekte und Stunts auf Folter spezialisieren. Dann ist der Erfolg aber auch erkauft.
« Letzte Änderung: 21.02.2013 | 10:40 von Metal King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #15 am: 21.02.2013 | 10:58 »
Ich würde mir nicht irgendwelche Nachteile überlegen, um sie automatisch, quasi als "Strafe", dem SC zu verpassen, ob das nun falsche Infos oder eine Retourkutsche ist.

Stattdessen würde ich das Ergebnis der Folter einfach vom Ausgang einer Probe bzw. eines Konflikts abhängig machen. Da wird sich dann schon weisen, ob der Befragte am einem Herzinfarkt verstirbt, bevor er etwas Brauchbares rausbringt, ob er die Wahrheit sagt oder nur irgendeinen Stuss erzählt.

Und die Sache sollte auf jeden Fall auch für den SC ein Risiko bergen. Je doller er seine Folterei treibt, desto schwerer werden die "Rettungswürfe" gegen seelische Abstumpfung (ich kenne mich bei Fate leider nicht gut genug aus, um beurteilen zu können, wie man so etwas dort abbilden könnte). Es muss auf jeden Fall das Risiko bestehen, dass der Char sich Trauma-Kerben (um mit Unknown Armies zu sprechen) einhandelt, die ihm Nachteile bringen können. Dafür wurden ja schon Beispiel genannt wie ein Aspekt: "brutales Arschloch".

Retourkutschen über den Plot würde ich nicht erzwingen, sondern sehr stark vom weiteren Verhalten (und damit meine ich nicht das moralische Verhalten) und dem Würfelglück des SCs abhängig machen.

Im Zweifel fände ich es auch interessanter, wenn als Retourkutsche nicht der SC selbst gefoltert wird, sondern jemand, der ihm nahesteht oder wichtig ist. Ein Verwandter, ein Auftraggeber, ein Verbündeter.
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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #16 am: 21.02.2013 | 11:01 »
Hinsichtlich der Lügen.
Einerseits besteht die Option das der gefolterte keine Antwort hat und daher einfach irgendwas erzählt damit die Folterknechte von ihm ablassen. Andererseits verschafft er sich mitunter mit der Lüge einfach nur etwas Freiheit, zwar geht die Folter mitunter weiter, aber es ist ggf. eine kleine Pause. Immerhin, rein von der Logik her, hat es einen Grund wieso man stückweise von der Folter abrückt. Daneben könnte man es so betrachten das der Betroffene dank der Folter die geistige Stabilität soweit verliert das er selbst Wissen das er davor hatte vergisst. Physischer Schmerz und seelische Pein helfen ja nun nicht gerade dem Erinnerungsvermögen. Eher führt es zu Wahnvorstellungen.
Letztlich kann es dazu kommen das die gefolterte die Pause nutzt um einfach nur einen Weg zu finden Suizid zu begehen.

Was den Ansatz gibt den Spielern die eigene Medizin zu verabreichen.
Einerseits muß man nicht unbedingt die ganze Gruppe foltern, man könnte die Handlung so entwickeln das es wahrscheinlich ist das einer in einer Folterszene steckt während die anderen versuchen müssen ihn zu befreien. Im besten fall bevor er die Informationen rausrückt oder geistig nicht mehr zu gebrauchen ist.
Andererseits könnte man sie mit dem Resultat konfrontieren. Vielleicht sowas wie das die eigene Seite jemanden der gefoltert wurde befreien könnte, nun jedoch jemanden benötigt der das Opfer wieder aufbaut, herrichtet, beschützt oder einfach nur versucht herauszufinden was genau der weiter gegeben hat.
Letztlich wäre es eventuell eine Option das der Gefolterte danach noch handelt? Also wenn sie ihn nicht umbringen. Er könnte entsprechend auffällig im weiteren Auftreten sein, er könnte schlicht kommunizieren was ihm angetan wurde - vielleicht nicht unbedingt den Behörden sondern Leute welche die Charaktere kennen - und letztlich macht das wohl einen sehr guten Grund her mit welchen der Gefolterte sich auf einen Rachefeldzug begibt. Entweder so als nunmehr "böser" Mastermind oder in dem er das Stockholm-Syndrome faked um später zum Stoß in den Rücken auszuholen.
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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #17 am: 21.02.2013 | 11:41 »
Ich stimme zu, rede mit dem Spieler/den Spielern. Wenn sie Charaktere spielen wollen, die foltern, dann kann man sicherlich eine entsprechende Kampagne darum bauen.

Ein anderer Punkt ist natürlich, wenn der Spieler immer sofort zur Folter greift, egal was für einen Charakter er spielt. In dem Fall mag es daran liegen, dass ihm entweder nichts anderes einfällt um ans Ziel zu kommen (ich denke die wenigsten Leute werden Folter spielen weil sie einfach Spaß am Foltern haben). Eure Gruppe könnte also hier ansetzen, und in dem Moment wo der Spieler wieder die Folter auspacken will einen Moment Pause machen und mal sehen, wie der Charakter vielleicht die Situation anders bewältigen kann, eben im Rahmen seiner Persönlichkeit.

Offline Feuersänger

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #18 am: 21.02.2013 | 12:25 »
Ich kenne das Problem. Einer meiner Stammspieler (wohlgemerkt um die 30, kein unreifer Teenager) hat auch so die Neigung, diverse komplett unethische Handlungsweisen als "das ist doch nur pragmatisch" rechtfertigen zu wollen.
Bei einem Spiel wie D&D mit eingebautem Moralkompass liegt die Abhilfe freilich nahe: man stelle (OOC) klar, dass Mittel wie Folter nicht "pragmatisch", sondern schlichtweg Böse sind, und sich entsprechende Handlungsweisen auch auf die Gesinnung auswirken werden (ganz besonders bei Neutral-Guten Klerikern).

Unter Umständen und in wirklich dringenden Fällen kann zwar der Zweck die Mittel heiligen, z.B. wie bei diesem Fall vor einigen Jahren, als ein Polizist einem Kindesentführer/mörder Folter _androhte_, um den Aufenthaltsort des Opfers in Erfahrung zu bringen -- es hätte ja noch leben können und die Zeit drängte. Aber wenn die SCs es sich zur Gewohnheit machen, bei jeder Kleinigkeit sofort die Eiserne Taschenjungfrau auszupacken, sollte man da wirklich gegensteuern.
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Offline aingeasil

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #19 am: 21.02.2013 | 13:14 »
Ich würde ersteinmal Ursachenforschung betreiben.

Dazu gehört zu allererst, dass du als Spielleiter reflektierst, ob das Verhalten der NSCs ein Grund sein kann. Der Schritt gestaltet sich schwieriger als dahingeschrieben. Jeder Spielleiter sagt gerne, dass die Spieler immer alle Informationen herausbekommen können - aber wie hoch sind deine Anforderungen an die Spieler, bevor sie ihre Infos bekommen? Nimm dir einfach mal die letzten 2-3 Spielsitzungen und versuch mal zu sehen, was die Spieler denn von deinen Plots wie herausgefunden haben, ohne den "hier hätten sie dies und dort das tun können, um weiterzukommen".

Der zweite Schritt wäre dann tatsächlich ein Gespräch. Ob du dir den/die Spieler lieber einzeln oder in der Gruppe konfrontierst, wirst du selbst am Besten wissen. Aber anstatt zu sagen "deine Folterei ist doof, mach das nicht mehr" wäre es vielleicht interessanter, direktes Feedback zu verlangen und zu geben. Du sagst deinen Spielern, was dir gefallen hat und was dir eben weniger gefällt, aber im Gegenzug sollen sie dasselbe über deine bisherige Kampagne oder deinen Leitstil sagen.
Vielen ist es unangenehm, an jemandem offen Kritik zu üben - sonst würdest du hier nicht nachfragen. Aber meiner Erfahrung nach ist es besser, rechtzeitig den Mund aufzumachen, als die Unzufriedenheit irgendwo anders mit was vollkommen anderem schließlich zu eskalieren.

Der dritte Schritt wäre erst, ingame-Auswirkungen auf das unerwünschte Verhalten zu machen. Wer weiß, vielleicht eröffnet sich im Gespräch ja, dass solche Auswirkungen bewusst angepeilt waren und die Hoffnungen darauf von dir als Spielleiter bisher enttäuscht wurden  ;D

Schlimmer kann es jedenfalls nur werden, wenn du nichts tust.

Offline condor

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #20 am: 21.02.2013 | 13:59 »
Ein technisch sanfter, aber evtl. schon hilfreicher ingame-Hebel ist es, die Reaktion Dritter darzustellen. Da muss nicht gleich die Weltpolizei kommen und die SCs verhaften.

[Ein normaler Verbündeter NSC, möglichst sympathisch] reißt geschockt die Augen auf, als SC1 mit der Folter beginnt. Ungläubig schaut er zu SC2 und SC3, die das nicht verhindern, ja, gut zu heißen scheinen. Während SC1 fortfährt, wird NSC blass, wendet den Blick ab und übergibt sich schließlich. Noch bevor SC1 fertig ist, verlässt NSC ohne Abschiedsgruß den Raum. Der Blick, den er euch noch zuwirft, spiegelt eine Mischung aus Angst, Abscheu und Verachtung.
Für die einen ist es DSA - für die anderen der längste Inside-Joke aller Zeiten.

Offline sangeet

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #21 am: 21.02.2013 | 15:35 »
Wie wäre es, wenn Du per Hypnose zugriff auf das Unterbewusste zulässt ? Das ist Humaner als Folter.
Alles schließt Nichts mit ein.

Saintis

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #22 am: 21.02.2013 | 17:07 »
Erstmal ein dickes Danke für das viele Feedback. Ich war auf der Arbeit und schau mal das ich jetzt alles beantworten kann :D

Zum Thema "OT-Reden". Dies ist die beste Methode, wenn ich etwas gegen Foltern als Methode hätte.
Mich stört die Methode nicht, sondern die Einfachheit. Moral kann man leicht mal ausblenden oder vergessen, gerade als sehr pragmatischer Mensch und ich denke schon das die Spieler irgendwie spekulieren das man nicht mit der Weltpolizei anrückt und dafür den Charakter aus den Spiel nimmt. Es soll einfach ein starkes Mittel sein, welches aber Konsequenzen für den Charakter haben kann die für ihn nicht gleich das Spiel beenden. SLF trifft es mit den Worten "Sobald man daraus aber eine risikobehaftete Tätigkeit mit zweifelhaftem Erfolg macht, wird die Anwendung seltener." ganz gut.

@Ludovico
Es ist bis jetzt noch nichts passiert, aber der Spieler zeigte Tendenzen.
Demnächst kommt eine Szene wo es sogar teilweise verhältnismäßig (soweit sowas das jemals ist) wäre
Ich will einfach vorbereitet sein, falls das zuviel werden sollte :)

@Comstar
Nette Ideen, danke :D

@SLF
Die Idee mit dem mentalen Track ist super, danke :)
Vor allem kann sich auf den auch der Gefoltere wehren, ähnlich wie beim Soulgaze

@Deep One
Ich hatte schon Szenen wo der Charakter handgreiflich werden wollte und dies dadurch verhindert wurde das ihm jemand nen Kaffee gab und mit ihn einfach geredet wurde.
Ich glaube einfach das der Spieler da etwas übermütig ist, weil er keine Konsequenzen sieht.

@sangeet
Einfach jemanden unter Hypnose zu setzen ist nur körperlich weniger grausam und aus guten Grund in der Strafverfolgung genauso verboten :)



« Letzte Änderung: 21.02.2013 | 17:09 von Saintis »

Offline Auribiel

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #23 am: 21.02.2013 | 17:22 »
Ich bin da altmodisch und sagen zu Beginn meiner Runden offen, dass ich keine Arschlöcher als SCs mag. Aber wenn es jemand dann doch anders will - nun, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

+1

@Saintis:

Wenn dich persönlich das Foltern massiv stört, dann sag das dem Spieler auch OT so und bitte ihn, das künftig zu unterlassen. Oder spiel es schlicht und ergreifend nicht mehr aus, lass ihn auf "verhören" würfeln und teile ihm das Ergebnis mit, ohne den Prozess des Verhörs direkt auszuspielen.

Wenn dich allerdings mehr eine Diskrepanz zwischen Charbeschreibung und Chardarstellung stört, dann würde ich Ingame darauf reagieren und den Spieler eben spüren lassen, wie sich die Reaktion der Welt auf seinen SC mit zunehmender Foltertätigkeit nachdrücklich verändert (sprich: Ihm entsprechende Aspekte oder einen entsprechenden Ruf geben und die Spielwelt dann entsprechend drauf reagieren lassen).

Insgesamt packen meine Tatverdächtigen und Informanten häufig recht schnell aus, wenn man die passenden Drohungen findet. Gerade die kleinen Gegenspieler dürften da wenig Willenskraft/Moral aufweisen und lieber die eigene Haut retten. Und wenn sie einen der großen Gegner erwischen, dann dürfen die gerne auch mehr aushalten - und ggf. taucht dann auch mal jemand auf, der die Folterei unsanft zu Gunsten des Gefolterten beendet oder es rächt.
Feuersänger:
Direkt-Gold? Frisch erpresst, nicht aus Konzentrat?

killedcat

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Re: Einfach mal Foltern
« Antwort #24 am: 21.02.2013 | 17:51 »
Wie ist es denn im echten Leben? Ich meine, Dresden Files ist ja ein Hintergrund, der in der Moderne spielt. Wer randaliert wird vielleicht halbherzig von der Polizei gesucht. Aber wer foltert, der wird von FBI und örtlicher Polizei gejagt und zwar heftig mit DNA-Test, Sonderkommission, Aufrufen in den Medien und allem was dazugehört. Da halten dann auch keine Freunde mehr zu einem. Letztendlich spielt die Gruppe dann zwangsläufig irgendwann eine Bande psychopathischer Verbrecher auf der Flucht ohne Rückendeckung. Ich denke schon, dass der Spieler das schnell merken würde. Nach dem ersten Folteropfer, kann er das vielleicht noch rechtfertigen oder kleinreden. Aber wenn das zweite Folteropfer aussagt oder gar das dritte, dann glaubt einem keiner mehr.

Ich würde den Spieler das klarwerden lassen, in dem ich entsprechende Gespräche einfließen lasse. Z.B. von Polizisten. Oder von Freunden. "Hey, wir hatten neulich so einen verrückten, der hat im Rache-Wahn einen Typen ziemlich mies misshandelt. Zähne ausgeschlagen, Nägel in die Hände gehämmert ... das volle Programm. Was für eine kranke Sau. Aber den kriegen wir. Ich hoffe nur, dass das Schwein zur Waffe greift. Es wird mir ein Vergnügen sein.". Ich denke, dass damit die Richtung klar wird.
« Letzte Änderung: 21.02.2013 | 17:55 von killedcat »