Autor Thema: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen  (Gelesen 2219 mal)

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Offline Ninkasi

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Ich würde da auch eher vorziehen, dass man sich als Spieledesigner so viel Zeit mit dem System läßt, dass man alles, was als Proben im Spiel gebraucht wird auch durch die Fähigkeiten abdeckt.

Das ist ne ziemliche Arbeit als Spieledesigner, aber es ist durchaus möglich das Spiel so zu entwickeln, dass die meisten Sitzungen ohne Proben auskommen, wofür man keine Werte hat. Für den Fall, dass es die Fähigkeit grundsätzlich gibt, aber der Charakter sie nicht hat, gibt es dann immer noch Konzepte wie das oben von mir vorgestellte Konzept von Grundwissenfähigkeiten.

Da stellt sich mir gerade die Frage für das Spieldesign:
Welche Spielsituation können auftreten, die mit Hilfe einer Probe gelöst werden sollen?
Der Ausgang steht vorher nicht fest, sondern wird durch eine Zufallsmechanik ermittelt.

Gibt es da schon allgemeine Betrachtungen zu?   
Also nicht zu detailiert und systemspezifisch, sonder eher in diese Richtung:
- Spielercharakter möchte NSC Schaden zufügen
- Spielercharakter möchte Gefühle/ Verhalten des NSCs ändern
- SC möchte sich von A nach B bewegen
- SC möchte Information beschaffen
- SC möchte Gegenstand herstellen
...

Sollte man es besser zielorientiert angehen, statt die Art und Weise zu betrachten?
Also z.B. Ziel ist es den Gegner per Gewalt auszuschalten, egal dann ob es per Feuerball, Pfeil und Bogen oder Schwerthieb erfolgt.

Gibt´s da doch unzählige Möglichkeiten oder könnte man sie nicht in 1-3 Dutzend runterbrechen?

-Gewaltaktion
-Beeinflussungsaktion
-Verschleierungsaktion
-Bewegungsaktion
etc.

Achamanian

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #1 am: 19.01.2015 | 13:44 »
Puh, da gibt es viele denkbare Herangehensweisen. FATE oder HeroQuest haben ja beispielsweise allgemeine Mechanismen, die sich auf jede Situation anwenden lassen, aber halt auch sehr abstrakt sind. Da ist es z.B. regeltechnisch kein Unterschied, ob man mit jemandem diskutiert oder mit Gewalt gegen in vorgeht, nur die InGame-Auswirkungen sind anders.
Dann gibt es Systeme, die eher die Fähigkeiten der SC nachmodellieren wollen und deshalb z.B. für Magie und körperliche Gewalt ganz unterschiedliche Regelbausteine anbieten. Solche Systeme geraten sicher öfter an das Problem, irgendetwas gerade Benötigtes nicht durch die Regeln abzubilden; andererseits fühlen sich die unterschiedlichen Regelelemente für verschiedene InGame-Weltaspekte für viele "richtiger" und interessanter an als der eine, große Mechanismus, nach dem alles abgehandelt wird.

Offline scrandy

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #2 am: 19.01.2015 | 14:48 »
Je nach Setting und insbesondere je nach Corestory braucht man völlig andere Aktionsmöglichkeiten. Hat man ein Spiel mit einer sehr klaren Corestory, so lassen sich Aktionsbereiche wie Kämpfen, Schleichen, Reden usw. recht klar benennen, denn man weiß was typisch für einen Abend ist. Wenn man ein System hat, in dem es keine klare Corestory gibt (z.B. DSA), dann kommen die typischen Aktionen sehr stark auf die Gruppe an und wie die Gruppe ihre typische Corestory definiert. Eine DSA-Gruppe könnte zum Beispiel sagen, dass ein Typischer Abend aus Ermittlungen, Reden, Analysieren, Zaubern und Kämpfen besteht. Eine andere Gruppe verwendet regelmäßig Handwerksfähigkeiten, Wildnisleben und nutzt Magie sehr spärlich und geht Kämpfen fast aus dem Weg. Außerdem sind noch Aktionsbereiche zu berücksichtigen, die nicht in jedem Abend vorkommen aber hin und wieder vorkommen können.

In jedem Fall würde ich nicht von typischen Aktionen sondern von typischen Subsystemen reden. Da du ja auf meinen Post Bezug genommen hast, würde ich gerne etwas genauer beschreiben was ich damit eigentlich meinte. Corestory-lose Systeme haben oft Standardfähigkeiten, die man ständig braucht und jene die mehr zur Charaktergestaltung gesteigert werden als zur Nutzung im Spiel. Das Spiel besteht also aus einer Kombination aus Reden, Kämpfen und der Benutzung dieser Standardfähigkeiten wie Klettern, Schleichen usw. In Computerspielen ist das noch viel krasser. Da wird oft nur ein Kampfsystem gebaut und alles andere läuft über geskriptete Gespräche. Seitdem "Thief - The Dark Project" ein explizites Schleichsystem eingeführt hat und man in Spielen wie Deus Ex gesehen hat, dass es cool sein kann neben dem klassischen Kämpfen auch andere Subsysteme voll auszubauen (wie Schleichen, Bauen, Hacken, Reden (erst in Deus Ex 3)) fingen immer mehr Computerspiele an, zumindest ein paar Subsysteme mehr anzubieten (jedoch nicht immer gleichberechtigt).

Wenn man das nun zurück überträgt zum P&P, dann kann man bei der Entwicklung eines Fähigkeitssystems ähnlich vorgehen und zunächst einmal Subsysteme definieren, die in jedem Abenteur vorkommen sollen, dann vielleicht Subsysteme, die hin und wieder vorkommen können und dann gestaltet man jedes Subsystem mit genügend Fähigkeiten aus, dass man sich in jedem Subsystem kreativ bewegen kann. Hier kann man ruhig auf die Erfahrung beim Kampfsystembau zurückgreifen. Kein Spieler wäre ja dauerhaft mit nur einem Wert für Kämpfen zufrieden. Stattdessen braucht man mehrere Aktionsfähigkeiten (Waffenfähigkeiten, Ausweichen, Rüstung, Taktik usw.) um im Kampf kreative Entscheidungen fällen zu können. Hat man nun seine 5-6 Fähigkeiten oder mehr beisammen, die typische Handlungsoptionen abdecken, so kann man das im Grunde in jedem Subsystem umsetzen.

Ein Beispiel:
Mein Spiel Mystix ist ein Steampunk-Spiel, bei der eine Gruppe geheimoperationen im Auftrag der Regierung durchführt (die Corestory). In einem typischen Mystix-Abend gibt es also: Ermittlungen, Alchemie, Technik-Bastelei, Hacken, Schleichen, Bücher-Recherche, Kämpfe, Sozialfähigkeiten (Reden) und Magie (und zwar wirklich in fast jedem Abend). Hin und wieder gibt es auch Intrigen, Verfolgungsjagten, Rituale, Wildnisleben, Dungeons erkunden, Kreiselschifffahrt, Luftschiffahrt usw.
Das heißt, ich habe mir sechs Fähigkeitsgruppen gebaut in die ich alle Hauptsubsysteme mit genug Entfaltungsmöglichkeiten untergebracht habe und die Subsysteme um verwandte weniger häufige Subsysteme ergänzt (Intrige, CON-Jobs, Gerichtsverhandlungen und Politik zum Beispiel als Teil von Gesellschaft (Subsystem Reden)). Das eine Fähigkeit für eine Aktion fehlt, passiert eigentlich nur, wenn wir ein eher atypisches Abenteuer spielen (z.B. Gruppe strandet auf einer einsamen Insel und vermisst dann nach ein paar Abenden die Fischereifähigkeit).

Durch dieses bewusst Subsystem-orientierte Design, gibt es auch einen echt netten Nebeneffekt: Die Leute nehmen die Subsysteme ernster und lösen ihre Probleme öfter mit diesen anstatt über die klassischen Gespräche + Kämpfen.
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Offline Ninkasi

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #3 am: 20.01.2015 | 10:37 »
Interessant, habe ich da die Möglichkeit in deine Mystixregeln reinzuschnuppern?

Die Hauptfähigkeitsgruppen sind also nach Häufigkeit und nicht nach Ziel oder Art & Weise ausgesucht.

Offline scrandy

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #4 am: 20.01.2015 | 22:57 »
Ja du kannst Mystix einfach runterladen, wenn du dich auf mystix-rpg.de anmeldest. Die letzte stabile Version ist schon ein paar Monate alt, dürfte aber reichen.

Was die Häufigkeit betrifft sind das natürlich ungefährwerte. Ich habe einfach geschaut was typischerweise in einem Abenteuer drin ist und zu jedem dieser Themenbereiche Fähigkeitspakete geschnürt (und später durch reale Spielerfahrung verfeinert). Die Fähigkeitsliste wurde also nicht nach simulationistischen Kriterien gebildet sondern nach Anforderungen der Abenteuer und um alle nötigen Subsysteme zu bilden. Manche Fähigkeiten gehören zu mehreren Subsystemen und manche Subsysteme werden seltener gebraucht und haben deshalb weniger Fähigkeiten. Schau einfach mal in die "Allgemeine Fähigkeitsliste" am Ende der Charaktererstellung und vergleiche sie mit den Subsystemen, die ich hier Aufhelistet habe und du verstehst was ich meine.
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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #5 am: 20.01.2015 | 23:36 »
Sollte man es besser zielorientiert angehen, statt die Art und Weise zu betrachten?
Also z.B. Ziel ist es den Gegner per Gewalt auszuschalten, egal dann ob es per Feuerball, Pfeil und Bogen oder Schwerthieb erfolgt.
Wenn man so zielorientiert arbeitet, dann ist die Konsequenz dass die Art und Weise für den Spieler keinen Unterschied macht. Daraus folgt, dass die Wahl der Art und Weise keine taktische Herausforderung mehr für den Spieler ist, sondern reiner Fluff. Das ist jetzt nicht per se schlecht, aber es sorgt eben für ein ganz bestimmtes Spielgefühl (wie es zum Beispiel bei FATE vorherrscht).

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #6 am: 21.01.2015 | 08:28 »
Man kann auch ganz auf das Runterbrechen auf Listen verzichten, was einige der Mini-Systeme tun, da dort kein Platz für lange Fertigkeitenlisten ist. Schau dir z.B. mal Risus an. Das funktioniert über Archetypen. Da bist du halt "Pirat 4" und "Bauer 2", und kannst daher piratige Dinge auf 4 und bauerige Dinge auf 2, egal was. Barbarians of Lemuria macht das ähnlich für non-Kampf Fähigkeiten. Ähnlich, aber anders mein NIP'AJIN, das das Können über die Zeit mittelt statt über Fähigkeiten, in dem es dir einen Satz bessere und schlechtere Würfel gibt, und die du alle mal verwendet haben musst, sprich dir unabhängig von Fähigkeiten einteilst.
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Offline Ninkasi

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #7 am: 21.01.2015 | 09:18 »
Wenn man so zielorientiert arbeitet, dann ist die Konsequenz dass die Art und Weise für den Spieler keinen Unterschied macht. Daraus folgt, dass die Wahl der Art und Weise keine taktische Herausforderung mehr für den Spieler ist, sondern reiner Fluff. Das ist jetzt nicht per se schlecht, aber es sorgt eben für ein ganz bestimmtes Spielgefühl (wie es zum Beispiel bei FATE vorherrscht).

Stimmt wohl. Allerdings hätte man auch die Wahl den Gegner, statt mit einer  Gewaltaktion, mit z. B. einer Beeinflussungsaktion auszuschalten. Oder man kombiniert die Zielaktion (Gewalt) mit Sonderfähigkeiten (Bogenschießen) um die Art & Weise zu integrieren.

@ Scrandy: Prima, schau ich mir an.

Offline sangeet

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #8 am: 21.01.2015 | 13:01 »
Ich habe es gerade in einem anderen Thread gepostet, aber z.b. bei WHFRPG 3 gibt es eine Stunt Aktion für alle Sachen, die nicht irgendwie durch Fähigkeiten abgebildet sind. Ich meine bei Fate Accelerated gibt es auch Stunts für Spieler.
Genauso bei den "Dungeon/ ApocalypseWorld Systemen", die Erzählung wird meiner meinung nach Dichter, wenn man weniger unterscheidungen treffen muss.

Also bei Dungeon World gibt es z.b. ein "Defy Danger" damit kannst Du dann eigentlich jeder Gefahr trotzen, die deine Spielfigur erlebt. Ich würde das auch als allgemeinen Spielleiter Ratgeber empfehlen, da mal rein zusehen.
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Offline 1of3

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Re: Verallgemeinerte Aktionen um Rollenspielsituation zu lösen
« Antwort #9 am: 21.01.2015 | 16:13 »
Gibt es da schon allgemeine Betrachtungen zu?

Das gibt ein methodisches Problem. Du kannst natürlich, einige Rollenspiele zur Hand nehmen und versuchen nachzuempfinden, was da für Kategorien bestehen. Das ist dann ein historischer Ansatz und eine Betrachtung a posteriori. A priori gibt nicht mal SCs geschweige denn, typische Dinge für sie zu tun.

Auch bei einem historischen Ansatz kannst du aber völlig unterschiedliche Ergebnisse und Klassifikationen haben. Bei meinem Spiel B&B habe ich auf Grund solcher Betrachtungen etwa Angriff, Charisma, Einsicht, Fluch, Scout, Schutz, Vorbereitung und Wohltuend.