Für alles eher Exotische Abzüge verteilen, kann mMn durchaus der richtige Weg sein, speziell in hartwurstig-simulationistischen Systemen/Genres.
Da
ist der "normale" Angriff eben in den allermeisten Fällen das Sinnvollste.
Ungewöhnliches und Unerwartetes kann einen größeren oder völlig anders gearteten Effekt haben, aber den "erkauft" man sich dann eben auch mit der größeren Schwierigkeit und je nach Genre ist der Abzug auch mal unverhältnismäßig groß.
In irgendeinem Swashbuckle-Gedöns lässt man dahingehend natürlich viel mehr zu als in einem Technothriller. Aber auch da sollte man sich mMn ganz oft fragen, ob das "normale" Kampfsystem das nicht schon abdeckt.
In eher abstrakten Systemen geht doch sowieso alles in der spielmechanischen Unschärfe unter; da bringt es überhaupt nichts, das in Regeln pressen zu wollen.
Wenn ein System konkret und detailliert, aber unvollständig ist, hat es gefälligst einen oder mehrere taugliche Trichter zu haben, wo ich alles Derartige reinkippen kann.
New Hong Kong Story macht es aus rein spielmechanischen Überlegungen anders als andere Systeme in seinem Genre so, dass es für krasse Aktionen "trotzdem" einen Abzug gibt - dafür gibt es dann aber
unverhältnismäßig große Belohnungen und das ist der Anreiz, es zu versuchen.
Da sind alle Spieler scharf auf die Belohnung, müssen aber trotzdem abwägen, wie weit sie gehen wollen, weil es bei Anwenden der Notbremse bzw. beim Greifen der fail forward-Mechanik eben nichts mehr gibt oder andere Ressourcen dafür aufgewendet werden müssen. Finde ich spielerisch interessanter als grundsätzliches "shooting for the moon".
Jetzt aber zu dem, wie es in Dieseldrachen wohl gedacht ist:
Bei mir blutet ein wenig das Herz, wenn ich im Internet jemanden eine Situation und die Handlung seines Charakters geschickt, klug und emotional mitreißend beschreiben sehe und dieser dann als Reaktion bekommt "cool, mach den check auf X". Wo ich mir immer denke "Klar, es brauch einen Check, warum habe ich sonst werte, aber keinerlei Erleichterung trotz guter Herangehensweise, gutem Ansatz, Drama und Witz?
Ja, genau dafür stehen die Werte auf dem Blatt.
Ich habe keinerlei Problem damit, wenn z.B. die Ansage einer Fast-Talk- oder Diplomatie-Probe abstrakt und ohne Beschreibung bleibt. Und umgekehrt geht es mir enorm auf den Keks, wenn im Regelwerk gerade in diesen Kontexten sinngemäß so was steht wie "Du darfst erst würfeln, wenn du einen guten Ansatzpunkt gefunden/ein gutes Argument beschrieben hast".
Das mag manchem zu sehr in Richtung "würfel mal auf
Abenteuer schaffen" gehen, aber für mich ist das die spielmechanische Grundlage.
Nur weil man am Tisch sitzend tatsächlich miteinander reden kann, wird das spielmechanisch nicht anders behandelt als Erste Hilfe, Klettern, Schießen, was man am Tisch nicht ohne Weiteres vormachen/ausspielen kann - zumal das ohnehin völlig sinnbefreit ist, weil es ja gerade
nicht der Spieler macht, sondern der SC.
Wenn jemand darüber hinaus beschreiben
will - gerne. Mach ich auch, wenn ich eine Idee dazu habe. Das ist dann Selbstzweck und dient der Unterhaltung der Mitspieler, nicht aber dem Abgreifen irgendwelcher Boni. Darf auch gerne von anderen Spielern kommen.
Aber wenn keinem was einfällt, dann muss es auch
spielmechanisch identisch ohne "gute Idee" gehen.
"Mother May I"/Bullshit Bingo mag ich weder als Spieler noch als SL und die einzige folgerichtige Lösung ist für mich, dieses ganze Bonusgedöns für gute Ideen und schöne Beschreibungen ersatzlos rauszuschmeißen (und Systeme zu nehmen, die entweder so abstrakt oder so detailliert und vollständig sind, dass sich diese Frage erst gar nicht stellt).
Obendrauf wird mMn eh besser zuerst gewürfelt und dann beschrieben, wie das Ergebnis aussieht.
Wenn ich zuerst wundertoll beschreibe, wird das doch erst recht entwertet, wenn der Wurf trotz Bonus schief geht.
Sprich: Die einzige taugliche Methode, wirklich gute Ideen einfließen zu lassen, ist das komplette Aushebeln des Wurfes (!) - das rückt dann die Kernfrage auch ins richtige Licht:
Will ich Spielerfähigkeiten und der Metamethode "SL belabern" spürbaren Einfluss einräumen? Dann ermögliche ich es, Proben ganz zu vermeiden.
Will ich das nicht, dann gibt es auch keine halben Sachen wie irgendwelche Boni für tolles Gefasel.
In beiden Fällen ist der SC deutlich vom Spieler getrennt.
Wenn die Spielmechanik beginnt zu greifen, ist die "Input-Phase" abgeschlossen. Erst kommen "vorbereitende" Fiktion und Spielerentscheidung, davon getrennt die Spielmechanik und daraus ergibt sich der nächste Schwung Fiktion. Die Frage ist dabei nur, ob es Fiktion und Entscheidungen geben soll, welche die Spielmechanik grundsätzlich umgehen können (sprich: ob ich nicht nur im Vorfeld, sondern auch im laufenden Spiel Entscheidungen treffe (die explizit
keine Präzedenzfälle schaffen), was überhaupt spielmechanisch behandelt wird und was nicht).
Ansonsten:
deshalb ist es eben auch "cool", wenn es ein Fachmann dann oder ein Waagemutiger trotz des extremen Risikos letztlich erfolgreich waren ... weniger, wenn es ein nur hübsch dargestelltes gefaketes Löwenschießen durch das Käfiggitter war.
Genau das. Solche Aktionen sind doch beeindruckend,
weil sie schwer sind. Wenn das System sie leichter macht mit dem Ziel, sie häufiger vorkommen zu lassen, werden sie damit auch massiv entwertet.