Autor Thema: Autorenvergütung  (Gelesen 22542 mal)

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Offline Maarzan

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Autorenvergütung
« am: 21.06.2019 | 22:54 »
Drüben bei rpg.net wird über angemessene Autorenvergütung diskutiert.

Ich frage mich, wie da in Deutschland die Rechtslage zu ist (oder wäre, wenn das jemand auf den Tisch bringen würde) - Mindestlohn und so. Klar, sind die meisten nicht fest angestellt, aber ist Freelancertum für einen einzigen Verlag nicht Scheinselbstständigkeit? 

« Letzte Änderung: 21.06.2019 | 22:56 von Maarzan »
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Achamanian

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #1 am: 21.06.2019 | 23:13 »
aber ist Freelancertum für einen einzigen Verlag nicht Scheinselbstständigkeit?

Nur, wenn du darüber zu einem maßgeblichen Teil deinen Lebensunterhalt bestreitest. D.h., wenn du hauptberuflich Lehrer bist und dann und wann für eine Rollenspielklitsche ein Abenteuer schreibst, dann kann das gerne der einzige Verlag sein, für den du jemals arbeitest - du bist trotzdem nicht scheinselbstständig, sondern eben Lehrer ...
Und da ich mal stark davon ausgehe, dass so ziemlich genau null Personen in Deutschland ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch das Schreiben für Rollenspiele bestreiten (Verlagsarbeit im Rollenspielverlag ist jetzt noch mal was anderes), dürften da auch keine Mindestlohnregeln greifen.

Ich arbeite als Übersetzer ausschließlich als Freelancer, da muss ich den Verlagen dann schon unterschreiben, dass ich neben ihren Aufträgen auch andere relevante Einnahmequellen habe, damit man sie eben nicht wegen Scheinselbstständigkeit drankriegen kann. Aber bei dem, was man als Rollenspielautor verdienen kann, versteht sich wohl eh von selbst, dass niemand einzig und allein von seiner Autorentätigkeit für Pegasus, Ulisses oder Uhrwerk lebt ...

Offline Quendan

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #2 am: 21.06.2019 | 23:15 »
Scheinselbständigkeit liegt nicht vor. Ich empfehle den Begriff mal zu recherchieren, da hängen nämlich einige Kriterien dran - nicht nur wie viele Auftraggeber man besitzt (auch wenn das in der Öffentlichkeit oft gedacht wird scheinbar). Sachen wie freie Arbeitseinteilung, Arbeit in eigenen Geschäftsräumen und weitere sind da ebenso wichtig. Und es müssen nicht alle Kriterien erfüllt sein, sondern nur eine "hinreichende" Menge (was gemäß Rechtsprechung so ist, dass Scheinselbständigkeit nicht sehr häufig ist). Wikipedia stellt sogar die Widersprüche zwischen öffentlicher Meinung wann eine Scheinselbständigkeit vorliegt und juristischer Realität explizit gegenüber, eben da das so eine häufige Fehlannahme ist.

Und da fangen wir noch gar nicht davon an (wie Rumpel anmerkte), dass es für die meisten eben ein Nebenerwerb ist.

Kein mir bekannter Freelancer in Deutschland (und das dürften die meisten sein) dürfte die Kriterien der Scheinselbstständigkeit auch nur ansatzweise erfüllen.

(Mindestlohn ist daher natürlich auch nur Festangestellte relevant.)

Ich arbeite als Übersetzer ausschließlich als Freelancer, da muss ich den Verlagen dann schon unterschreiben, dass ich neben ihren Aufträgen auch andere relevante Einnahmequellen habe, damit man sie eben nicht wegen Scheinselbstständigkeit drankriegen kann.

Ist übrigens juristisch gesehen quatsch so eine Klausel. Denn wie gesagt ist die Zahl der Auftraggeber irrelevant (spätestens seit der letzten Gesetzesnovelle). Wichtig sind die Umstände, die für die Arbeit geschaffen werden. Wenn der Auftraggeber dir genau sagen würde, zu welcher Zeit du in seinem Büro was genau auf welche Art zu tun hättest, dann wärst du eher scheinselbständig (egal wie viele Auftraggeber du hast), als wenn du nur ihn als Auftraggeber hättest, er dich aber nach eigenem Ermessen und frei schalten und walten ließe.

Aber wie gesagt: Die meisten Leute verstehen Scheinselbständigkeit auch nicht wirklich, daher solche Klauseln (die absolute keine Rechtswirkung haben).
« Letzte Änderung: 21.06.2019 | 23:19 von Quendan »

Achamanian

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #3 am: 21.06.2019 | 23:33 »
Ist übrigens juristisch gesehen quatsch so eine Klausel. Denn wie gesagt ist die Zahl der Auftraggeber irrelevant (spätestens seit der letzten Gesetzesnovelle). Wichtig sind die Umstände, die für die Arbeit geschaffen werden. Wenn der Auftraggeber dir genau sagen würde, zu welcher Zeit du in seinem Büro was genau auf welche Art zu tun hättest, dann wärst du eher scheinselbständig (egal wie viele Auftraggeber du hast), als wenn du nur ihn als Auftraggeber hättest, er dich aber nach eigenem Ermessen und frei schalten und walten ließe.

Das ist interessant! Ist tatsächlich auch nur eine von vielen Sachen, die ich unterschreibe (darunter auch, dass ich nicht in den Räumlichkeiten des Verlags arbeite), ich dachte allerdings immer, das wäre die Hauptsache.

Offline Flamebeard

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #4 am: 22.06.2019 | 00:33 »
Ich habe mal die Wikipedia geplündert und die Kriterien für Selbstständigkeit kopiert (Quelle hier):
  • Erbringung von Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
  • Erbringung von vorher definierten Werkleistungen zum Festpreis und Bezahlung nach Abnahme des mangelfreien Werkes gegen Rechnung.
  • Auftragsbezogenes Angebot in Textform (welche Leistung in welchem Zeitrahmen zu welchem Preis) und Annahme des Angebots (etwa auf der Grundlage eines schriftlichen Rahmenvertrages).
  • Eigenes Haftungsrisiko für die erbrachte Dienstleistung oder das erstellte Werk und zur Absicherung dieses Risikos abgeschlossene Versicherungen. Das Risiko der Schlechtleistung trägt grundsätzlich der Arbeitgeber.
  • Eigenständige Preiskalkulation über Einkaufs- und Verkaufspreise und Wareneinkauf.
  • Einstellung von eigenem Personal.
  • Ein relativ hohes Honorar ermöglicht einer Honorarkraft die Eigenvorsorge.
  • Eigene Geschäftsräume.
  • Einsatz von Eigenkapital und eigener Arbeitsmittel.
  • Freie Gestaltung von Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf und Arbeitszeit.
  • Keine Abstimmung und Bezahlung von Urlaub und keine Krankmeldung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
  • Eigene Kundenakquisition.
  • Eigene Werbung und Auftreten als Selbstständiger in der Geschäftswelt (eigener Geschäftsbrief, Annoncen, Gewerbeanmeldung).

Das Bundessozialgericht legt sein Augenmerk mittlerweile vermehrt (aber nicht ausschließlich) auf Weisungsgebundenheit (gerade aktuell: Krankenhaus- und Altenpflegedebatte) sowie ein angemessen hohes Entgelt (auch und vor allem, um die 'privaten Sicherungssysteme' bedienen zu können).

 Interessant ist vor allem, dass man, wenn man nur einen Auftraggeber hat, eventuell nicht als Scheinselbstständiger gilt, weil die anderen Kriterien alle passen. Aber dass man aufgrund dieses Beschäftigungsverhältnisses durchaus rentenversicherungspflichtig sein kann (da man als arbeitnehmerähnliche Person gilt).
« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 00:35 von Flamebeard »
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Offline Toa

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #5 am: 22.06.2019 | 07:30 »
Ich kenne beide Seiten der Medaille (soll heißen: deutsche und internationale Aufträge im Rollenspielbereich) und kann sagen, daß man sich als Rollenspielübersetzer/-autor im deutschen Raum über eine Bezahlung glücklich schätzen kann, die selbst in der englischen Rollenspielindustrie das absolute untere Ende der Messlatte darstellt. Also im Grunde kannst du die Diskussion auf RPGnet nehmen und jeweils um den Faktor 10 anpassen. In der Vergangenheit hatte ich als Redakteur auch schon Anfragen von angehenden professionellen Übersetzern, die verzweifelt auf der Suche nach Aufträgen waren, um ihr Portfolio aufzustocken, und musste ihnen mitteilen, daß sie mit ihrem "Einstiegstarif" die Branche sogar um den Faktor 20 verfehlen.

Der Zustand ist natürlich extrem bitter, aber die Umstände sind eben auch um den Faktor 10 karger als im internationalen Bereich. Der deutsche Rollenspielmarkt ist extrem klein. Auflagengrößen bewegen sich abseits des "etablierten Mainstreams" meist im Bereich von 500 bis 1000 Stück, vielleicht 2000 Stück, wenn man sehr zuversichtlich ist, einen Verkaufsschlager in Händen zu halten. Wenn du das mit den niedrigen Preiserwartungen ("Bei Pegasus zahl' ich für sowas nur 20 €!!!") multiplizierst, siehst du schnell, wie wenig Umsatz mit einem solchen Produkt bei dem erforderlichen Aufwand produziert wird – und der verteilt sich dann in der Regel noch über Händler, Vertrieb und Verlag. Daß selbst etablierte Verlage in Deutschland konstant auf Crowdfundings setzen, hat natürlich vor allem damit zu tun, daß der Umsatz so gering ist, daß man die Vertriebsmarge (und meist auch die Handelsmarge) am liebsten selbst kassiert. (Selbst Modiphius hat einige Produkte, bei denen die Marge so gering ist, daß sie sie nur direkt an Händler abgeben und nicht in den Vertrieb packen, wie Chris Burch in einem Interview erklärt hat.)

So unrealistisch die Debatte schon auf RPGnet ist (und soweit ich das sehe, die meisten der Diskussionsteilnehmer dort das auch so einschätzen), so ist sie es in der deutschen Szene um den Faktor 10 mehr. Und das sage ich als jemand, der für viele Verlage aktiv und von dem Thema entsprechend stark betroffen ist ...

Offline Megavolt

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #6 am: 22.06.2019 | 09:18 »
Ich frage mich da immer, ob es eine "Writers Guild" - Autorengewerkschaft wie in Amerika bräuchte, die ja alle 10 Jahre immerhin mal den halben Kulturbetrieb lahmlegen kann, oder ob jede Art von Besserstellung der Autoren letztlich die Verlage überfordern würde. Vielleicht sind hochpreisigere Bücher wirklich die Lösung, aber es gibt eben so Schmerzgrenzen für die Kaufentscheidungen, das kann man also auch nicht so einfach sagen. Das magische Dreieck aus "Autorenvergütung", "Verlagsgewinn" und "Buchpreis" ist und bleibt eine Hexe.

Wenn ich mir andererseits zum Beispiel so Juwelen wie Malmsturm anschaue und sehe, mit welcher Leidenschaft dieses Buch erstellt wurde, dann ist das vielleicht gar nicht so schlecht, dass man als Autor keine echte Gewinnerzielungsabsicht haben kann, denn so erblickt halt nur Zeug das Licht der Welt, auf das die Macher irre Lust haben. Und das merkt man.

Achamanian

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #7 am: 22.06.2019 | 09:25 »
Ich frage mich da immer, ob es eine "Writers Guild" - Autorengewerkschaft wie in Amerika bräuchte, die ja alle 10 Jahre immerhin mal den halben Kulturbetrieb lahmlegen kann, oder ob jede Art von Besserstellung der Autoren letztlich die Verlage überfordern würde. Vielleicht sind hochpreisigere Bücher wirklich die Lösung, aber es gibt eben so Schmerzgrenzen für die Kaufentscheidungen, das kann man also auch nicht so einfach sagen. Das magische Dreieck aus "Autorenvergütung", "Verlagsgewinn" und "Buchpreis" ist und bleibt eine Hexe.

Wenn ich mir andererseits zum Beispiel so Juwelen wie Malmsturm anschaue und sehe, mit welcher Leidenschaft dieses Buch erstellt wurde, dann ist das vielleicht gar nicht so schlecht, dass man als Autor keine echte Gewinnerzielungsabsicht haben kann, denn so erblickt halt nur Zeug das Licht der Welt, auf das die Macher irre Lust haben. Und das merkt man.

Ich glaube, im Rollenspielbereich kommt man auf Deutsch nicht drumherum, dass die AutorInnen das immer nur als Hobby betreiben können. VIELLEICHT gäbe es noch eine kleine Chance für einzelne, im Selfpublishing-Bereich mit Rollenspielen ein kleines, ernsthaftes Einkommen zu generieren (bei Romanen und Stories gibt es ja wohl tatsächlich eine Reihe AutorInnen, die vom Selfpublishing gut leben). Halte ich aber auch für unwahrscheinlich, weil auch da eigentlich nur beim Erreichen eines Massenpublikums finanziell was rumkommt, und das gibt es für Rollenspiel auf Deutsch schlicht und einfach nicht und wird es wohl so bald auch nicht geben.

Offline Weltengeist

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #8 am: 22.06.2019 | 09:45 »
Ich frage mich da immer, ob es eine "Writers Guild" - Autorengewerkschaft wie in Amerika bräuchte, die ja alle 10 Jahre immerhin mal den halben Kulturbetrieb lahmlegen kann, oder ob jede Art von Besserstellung der Autoren letztlich die Verlage überfordern würde. Vielleicht sind hochpreisigere Bücher wirklich die Lösung, aber es gibt eben so Schmerzgrenzen für die Kaufentscheidungen, das kann man also auch nicht so einfach sagen. Das magische Dreieck aus "Autorenvergütung", "Verlagsgewinn" und "Buchpreis" ist und bleibt eine Hexe.

Ich dachte, wir reden hier nur von Rollenspielbüchern?

Das hat mit Autorengewerkschaft, Verlagsgewinn oder Buchpreis(bindung) wenig zu tun, es geht in Deutschland (wie Tea richtig sagt) in erster Linie um Auflagen. Wer die Preise kennt, dem wird schnell klar, dass beispielsweise bei Abenteuern (Auflage 500-1000 Stück, Preis bitte unter 15 Euro) das Gros des Erlöses allein für die Druckkosten draufgeht. Und dann wollen noch Verlag, Redakteur, Autor, Illustratoren (großer Posten!), Vertrieb, Einzelhandel und Staat ihren Anteil (so Kleinigkeiten wie Zahlungsdienstleister, Verpackung, Porto, Büro- und Lagermiete etc. noch gar nicht mitgerechnet). Dass da für jeden einzelnen kaum noch was bleibt, ist klar.

Das Problem ist nur lösbar, wenn wir Rollenspiel in Deutschland als Mainstream-Hobby etablieren und pro Abenteuer 10.000 Stück verkaufen können. Dann - und erst dann - können wir tatsächlich darüber reden, wie die tollen Gewinne zwischen den Beteiligten verteilt werden können...
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -

Offline Alexander Kalinowski

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #9 am: 22.06.2019 | 09:48 »
Wenn ich mir andererseits zum Beispiel so Juwelen wie Malmsturm anschaue und sehe, mit welcher Leidenschaft dieses Buch erstellt wurde, dann ist das vielleicht gar nicht so schlecht, dass man als Autor keine echte Gewinnerzielungsabsicht haben kann, denn so erblickt halt nur Zeug das Licht der Welt, auf das die Macher irre Lust haben. Und das merkt man.

Also, ich würde für ein wirklich interessantes Grundregelwerk auch 80 bis 100 Euro bezahlen. Das ist für mich deutlich mehr Wert als ein Computerspiel.
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Offline Der Tod

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #10 am: 22.06.2019 | 09:49 »
Ich (als Autor/Redakteur) halte das Ansinnen des Postings für sehr lobenswert: RPG-Schaffende bekommen wirklich sehr sehr wenig Geld für ihr Tun und sollten (im Schnitt, ohne mit dem Finger auf irgendwelche bösen Verlage zu zeigen) mehr bekommen.

Im rpg.net-Thread wird aber auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesamtumsatz in der Branche so klein ist, dass sie eigentlich nur eine sehr begrenzte Menge an Leuten finanziell wirklich versorgen kann (zumindest deutlich weniger, also momentan als Freelancer darin arbeiten). Würde man tatsächlich diese Raten einhalten wollen, dann müsste man
a) die Anzahl an bezahlten Menschen in der Branche auf einen Bruchteil zusammenschrumpfen (dann hätte man so ca. 3 deutsche Autor*innen für alles).
oder
b)die Kunden daran gewöhnen (wenn ich die Zahlen ganz grob überschlage) standardmäßig 60-250€ für ein Buch zu zahlen (und nein, PDF ist da auch keine Lösung, die müssten im Verhältnis eben auch teurer werden).
Beides könnte schwierig sein.

Persönlich fände ich es daher auch toll, wenn man in Deutschland ein gewisser "Mindestlohn" im RPG-Sektor etablieren könnte - es wäre aber wohl der Aufwandsentschädigungs-Mindestlohn als ein Lebensunterhalts-Mindestlohn, fürchte ich.  :-\

EDIT: @Alexander Kalinowski: 80-100€ würde leider nicht reichen. Die Preise müssten grob um das 3 bis 5-fache erhöht werden (ganz grob jetzt nur über die Autorenvergütung überschlagen).
« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 10:06 von Der Tod »

Offline Caranthir

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #11 am: 22.06.2019 | 10:07 »
Ich bin auch über das Thema auf rpg.net gestolpert, dachte mir aber, dass das für Deutschland relativ irrelevant sein dürfte. Im englischsprachigen Raum gibt es Rollenspielentwickler, die das auf freiberuflicher Basis in Vollzeit machen. Da sieht man immer wieder dieselben Namen auftauchen. Für die ist so eine Diskussion spannend, da sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen. In Deutschland habe ich da nur bei DSA den Eindruck, dass da Leute tatsächlich damit Geld verdienen.

Ich selbst hatte früher sowohl als festangestellter, als auch als freier Journalist gearbeitet. Und selbst da ist die Freiberuflichkeit kein Spaß, wobei man da schon irgendwie über die Runden kommt, wenn man das in Vollzeit macht. Mehr Spaß hatte ich dann als freiberuflicher Lehrer in Integrationskursen. Da wurde uns zwar auch immer gesagt, wir bräuchten mehr als einen Auftraggeber, in der Praxis hat das aber niemanden interessiert und wurde auch nie kontrolliert. Und da ging es dann tatsächlich um Monatsgehälter, von denen man ganz gut leben konnte.
« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 10:12 von Caranthir »
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Offline Maarzan

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #12 am: 22.06.2019 | 10:21 »
Die 3 Autoren müssten dann aber beim auf den Gesamtumsatz schielend auch dieselbe Wortzahl erzeugen - und damit wieder ähnliche Centprowortraten erzielen.

Die Kerneckwerte sind dann halt was zahlt  der Kunde pro Wort und wie verteilt sich das dann auf die einzelnen Positionen innerhalb der Kalkulation.

Wobei ich centprowort schon zweifelhaft finde. Ich sehe ja selbst beim Selberschreiben, wie locker-flockig das bei Fluff meist durchrutscht und wie zäh das werden kann, wenn da dann doch mehr Substanz dran ist und länger drüber nachgedacht werden muss, damit das passt, ggf.  erst recherchiert oder gar umfangreich getestet und zyklisch editiert/austarriert werden muss.
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Offline Caranthir

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #13 am: 22.06.2019 | 10:28 »
Man darf aber auch nicht vergessen, dass sich der Preis für Rollenspiele in den vergangenen 20 Jahren auch teilweise verdoppelt hat. Das liegt - neben der Inflation - auch an den gestiegenen Papierpreisen. Nur wird auch mehr Geld in vollfarbige, zum Teil echt spitze bebilderte Kunstbücher gesteckt. Die Frage ist einfach, ob Kunden bereit wären, für ein Rollenspielbuch auf dem Layout-Bilderstand der frühen 90er-Jahre den heutigen Preis von 50-60 Euro zu zahlen. Das Geld könnte dann in fairere Vergütungen für die Autoren gesteckt werden.

Nur leider wird das kreative Schreiben, anders als Druck, Layout und Bebilderung, eher als Hobby betrachtet und entsprechend vergütet. Das sieht man nicht nur im Rollenspielbereich. Wenn man als Romanautor keinen Bestseller liefert, kann man auch nicht davon leben.
« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 10:29 von Caranthir »
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Offline Maarzan

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #14 am: 22.06.2019 | 10:46 »
Die Frage ist einfach, ob Kunden bereit wären, für ein Rollenspielbuch auf dem Layout-Bilderstand der frühen 90er-Jahre den heutigen Preis von 50-60 Euro zu zahlen. Das Geld könnte dann in fairere Vergütungen für die Autoren gesteckt werden.

Nur leider wird das kreative Schreiben, anders als Druck, Layout und Bebilderung, eher als Hobby betrachtet und entsprechend vergütet. Das sieht man nicht nur im Rollenspielbereich. Wenn man als Romanautor keinen Bestseller liefert, kann man auch nicht davon leben.

Beim richtigen Inhalt/Umfang, also genau dem Kram, welche mir auch Arbeit/Mühe bereiten sicher, wäre dann aber vermutlich erst recht unterbezahlt für die Mühe.
Gerade das alte Design empfinde ich als erheblich angenehmer als modernes Zeug mit vielen, mir oft sinnlos eingestreut erscheinenden vielen bunten Bildern.
Aber ich fürchte in der Richtung sinkt die Auflage beim anzunehmenden Massengeschmack noch mehr, mit den dann unvermeidlichen Nebeneffekten...

In dem Sinne wäre es gerade nicht das "kreative" Schreiben, welches ich vergüten wollen würde (warum für etwas zahlen, was auch nur die x-te spezielle Settingvariante oder teils schon Geschichte von etwas ist, was es auch anderswo schon lange gibt und welche ich dann als Teil eben des kreativen Parts des Hobbies dann eh gerade selbst wieder anpassen wollte), sondern für das Bereitstellen der passenden, frei einsetzbaren Werkzeuge.

Analogie. Für eine Kamera zahlen - sicher, für fremde Bilder zahlen, selbst wenn sie besser sein sollten, als was ich (bis jetzt...)  selber hinbekommen sollte - keine Chance. 

« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 10:51 von Maarzan »
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Offline Megavolt

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #15 am: 22.06.2019 | 11:10 »
Wenn man ein bisschen um die Ecke denkt, kommt man schon noch auf ein paar interessante Möglichkeiten. Mir wäre jetzt zum Beispiel eine Art Fair-Trade-Siegel eingefallen oder halt die Kickstarterisierung bzw. die Patreonisierung des Hobbys, die sicherlich noch nicht ausgeschöpft ist.

Alle drei Sachen gehen so ein bisschen zu Ungunsten der Verlage, wiewohl man deren Leistung auch keinesfalls unterschätzen darf. Was nützt das beste Werk, wenn es nicht an den Mann kommt oder als Hobbyprojekt versandet?

Offline sma

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #16 am: 22.06.2019 | 11:11 »
Was müssten denn Regelwerke oder Abenteuer kosten, wenn die Autoren und allen anderen Beteiligten "fair" statt "marktüblich" bezahlt würden? Vielleicht sind die Käufer ja bereit, diesen sicherlich höheren Preis zu bezahlen? Wenn ich das Fan-Engagement für den Uhrwerk-Verlag sehe, sind Fans vielleicht auch bereit, unser Hobby insgesamt so weit zu fördern, dass es sich langfristig lohnt, neues Material zu produzieren?

Ich versuche mich mal an einer Berechnung, wobei ich die Eingabeparameter weitestgehend rate. Es tut mir leid, dass das jetzt etwas länger wird, bis ich zu meinem Punkt komme.

Nehmen wir einmal an, dass ein Autor für ein 16-seitiges Abenteuer 1200 € haben möchte. Ich persönlich finde es unpassend, die kreative Leistung in Zeilen oder Zeichen zu messen, da das Aufschreiben nur ein Teil der Arbeit ist und natürlich auch das Testen und Iterieren (also Einarbeiten von Besserungen aus dem Testen heraus) Zeit kostet. Kein anderer Spieleentwickler würde sich IMHO pro getipptes Zeichen bezahlen lassen sondern immer nach Aufwand oder eben für das Werk.

Nehmen wir weiter an, dass das Titelbild 500 € kostet, eine Dungeonkarte 300 € und weitere Innenillustrationen 2x100€ und 4x50€, also insgesamt 1200 €. Diese Preise habe ich einfach mal geraten. Alles was ich später für den Autor sage, gilt auf gleiche Weise auch für den Künstler, auch wenn ich's hier im weiteren ignoriere.

Nehmen wir dann an, ein Layouter braucht 16h für das Layout und ist mit 20€ die Stunde zufrieden (in dem ursprünglichen Artikel wird ja $20 als Minimum gehandelt), bekommt also 320 €. Ein Lektor arbeitet für den selben Stundensatz 8h daran (160€).

Schließlich kümmert sich ein Redakteur um die Sache, sagen wir mal in Summe 40h. Ein angestellter Redakteur beginnt seine Karriere mit vielleicht 35.000 € Jahresgehalt (sagte mir eine Webseite – das ist je nach Bundesland unterschiedlich – kommt nach Norddeutschland, da ist es günstiger), wo ich jetzt mal für den Verlag einen Lohnkostenfaktor von 1,5 annehme und so auf 4375 € pro Monat oder rund 1100 € pro Woche komme.

Insgesamt muss ich damit etwa 4000 € einnehmen.

Für den Druck nehme ich ein farbiges Softcover mit schwarz-weißen Seiten innen ein (ich habe ein typisches DCC-Abenteuer vor Augen) wo eine beliebig ergooglte deutsche Druckerei dann 377 € für 100 Exemplare, 610 € für 250 Exemplare oder 1090 € für 500 Exemplare haben möchte (jeweils netto, aber inklusive Versand). Höhere Auflagen sind bei meiner Druckerei nicht mehr wirklich billiger. Print-on-Demand (für noch kleinere Auflagen) wäre übrigens etwa doppelt so teuer.

Nehmen wir 500 Exemplare an, dann kostet die Produktion gesamt rund 5000 €.

Nun will ein Verlag an dem Buch auch noch verdienen. Sagen wir 15% Umsatzrendite. Sagen wir außerdem, es soll auch noch ein eben so hohes Werbebudget geben. Sagen wir schließlich, dass wir Einzelhandel und Zwischenhandel ignorieren und ausschließlich selbst verschicken. Das muss natürlich jemand machen, wobei ich mal annehme, dass dies 10 € pro Stunde kostet und 4min pro Buch, also 330 € plus 1000 € für Porto und Verpackung.

Dann bin ich jetzt bei etwa 7800 €.

Bislang war alles Netto, für einen Bruttopreis kommen 7% dazu und ich komme schließlich auf 16,7 € für das Abenteuer bei 750 € Gewinn für den Verlag, also 1,5 € pro Abenteuer. Nicht viel, aber 15% sind eigentlich ganz OK und die Masse muss es dann machen.

Und nun können wir an den initial angenommenen 1200 € für den Autor drehen. Wäre er auch mit 600 € zufrieden, sänke der Endpreis auf 15,0 €. Umgekehrt würden 2400 € zu 20,0 € führen (sagt meine Tabellenkalkulation).

Eine höhere Auflage würde bei mir die Druckkosten nicht senken, aber das Honorar besser verteilen. Bei 2000 Exemplaren und 2400 € für den Autor käme ich dann auf nur 9,2 €. Und dieser Preis enthält 1359 € Gewinn (vor Steuern) und ein gleichhohes Werbebudget, von dem man etwa Online-Werbung oder einen Con-Besuch finanzieren könnte.

Ob man als Autor jetzt mit 2400 € zufrieden wäre und/oder glaubt, bei 20 € pro Stunde ein Abenteuer in 120 Stunden entwickeln zu können (20h entwickeln, 40h schreiben, 3x Testspielen für insgesamt 30 h, dann noch mal überarbeiten für 30h), muss jeder selbst sehen. Ebenso könnte man die 20 € pro Stunde für Layout und Lektorat diskutieren oder die 27,5 € für den Redakteur. Wäre dieser freiberuflich, könnte man noch einmal 300 € sparen.

Ich finde jedoch, dass 10 € ein absolut marktübliche Preis für ein Abenteuer wäre und auch 20 € noch funktionieren würden, wenn dann die Qualität stimmt und ich als Käufer weiß, dass niemand sich dafür selbstausbeuten musste.

Oder habe ich bei meiner Beispielrechnung einen Denkfehler gemacht?

Stefan

Offline CAA

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #17 am: 22.06.2019 | 11:16 »
Du bezahlst da zwar Leute, dir fehlt aber noch die Firma dahinter. Miete, Heizung, Marketing, Hosting, Lizenzen, ....

Offline Der Nârr

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #18 am: 22.06.2019 | 11:20 »
Oder habe ich bei meiner Beispielrechnung einen Denkfehler gemacht?
Zu dem, was CAA schreibt (das muss halt alles vom Gewinn bezahlt werden), ich sehe nicht wo du die Gewinnspanne des Einzelhändlers berechnet hast. Im Vergleich zum Buchpreis für den Käufer bezahlt der in der Regel 30-40% weniger als das Buch dann im Laden verkauft wird (abhängig vom konkreten Vertrag).

Ich denke ja, dass die Lösung einfach ganz andere Verlagsformen sind. Siehe etwa Sine Nomine Publishing, da ist es gelöst, indem der Autor eben so ziemlich alles selber macht und wie ein Tier arbeitet :). Denkbar wären ja z.B. auch Genossenschaften.

Klassische Vergütungen wie 5-10% der Netto-Einnahmen (wie bei Roman-Autoren) sind bei den geringen Auflagen wahrscheinlich auch nicht prall... Vor allem wenn aus Marketing-Gründen ein Buch z.B. besonders günstig angeboten wird. Bei Romanen findet die Preisfestlegung auch in Absprache mit dem Autoren statt. Keine Ahnung wie das bei Rollenspiel-Autoren ist.

Cent pro Wort wie bei Werbetextern finde ich aber auch nicht angemessen, da ja schon eine ganz andere Textgattung vorliegt.

Sehr fair finde ich aber das Modell, dass einfach Arbeitszeit bezahlt wird und das Arbeitsprodukt Eigentum des Verlags wird - da kann ein fairer Lohn vereinbart werden und gearbeitet wird dann auch nur, wenn die Stechuhr läuft.
« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 11:23 von Der Narr »
Spielt aktuell Deadlands reloaded
Spielleitet aktuell gar nix
In Planung Fate Core, Pendragon

Offline CAA

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #19 am: 22.06.2019 | 11:24 »
Achja und ein "Risiko-Aufschlag" fehlt da auch irgendwie. Bei der Rechnung muss jedes Abenteuer ein voller Erfolg werden und ausverkaufen. Idealerweise sofort und nicht über nen Zeitraum von 5 Jahren.

Offline sma

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #20 am: 22.06.2019 | 11:28 »
Ich habe den Lohnkostenfaktor, der üblicherweise auch Arbeitsplatz (also Miete, Heizung usw.) umfasst, ich habe Gewinn, von dem sich der Chef bezahlen kann und Marketing erwähnt, wovon dann auch das Hosting eines Shops bezahlt werden kann. Lizenzkosten brauche ich nicht, wenn ich annehme, dass das Abenteuer für etwas eigenes ist.

Den Einzelhandel habe ich explizit ignoriert und nur Direktverkauf berechnet. Bei der 2000er Auflage habe ich dadurch über 5300 € Kosten. Bekäme der Einzelhandel 30% des Endpreis von 10 €, wären das 6000 €. Kein so großer Unterschied.

Risiko müsste der Unternehmer vom Gewinn von 15% tragen – sprich nur 1 von 7 Projekten darf schief gehen. Hier müsste man vielleicht noch nachbessern.

Stefan

Offline Toa

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #21 am: 22.06.2019 | 11:52 »
Abgaben an die Künstlersozialkasse, Gewerbesteuer, Widerrufsabwicklung (doppelte oder dreifache Versandkosten), ISBN-Nummern, ... mal abgesehen davon, daß kein Verlag 7000+ € für eine Aussicht auf einen Gewinn von 750 € (über einen Zeitraum von Jahren, wie bereits angemerkt) investieren würde.

Und wenn du schon 1200 € für den Autor eines 16-seitigen Abenteuers ansetzt, dann bin ich mal auf deine Kalkulation für ein 320-seitiges Grundregelwerk gespannt. ;)

Edit: Ich finde es im Rahmen dieser Diskussion übrigens bedauerlich, daß der Artikel "Was zahlt Ulisses?" nicht mehr online zu sein scheint.

Offline Maarzan

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #22 am: 22.06.2019 | 11:58 »
Der Autor müsste nebenbei bei 1200€ pro Abenteuer durchgehend alle 3 Monate 2 solcher Abenteuer so verkaufen können, um in etwa den Mindestbruttolohn zu erzielen - bei ein paar weiteren möglichen Problemen/Erschwernissen mit der Sozialversicherung ud ggf. weiteren Extrakosten, welche mangels Masse bei ihm auch nicht wirklich mehr steuerreduzierend wirken werden. 
« Letzte Änderung: 22.06.2019 | 12:00 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Scorpio

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #23 am: 22.06.2019 | 12:22 »
Edit: Ich finde es im Rahmen dieser Diskussion übrigens bedauerlich, daß der Artikel "Was zahlt Ulisses?" nicht mehr online zu sein scheint.

Ja, der ist leider mit der alten Homepage nicht mehr erreichbar. Hier Andrés Artikel vom April 2016:

Was zahlt Ulisses?

Wenn ich mich mit Spielern auf Cons oder Messen unterhalte oder einen Blick in diverse Forenthreads werfe, begegnet mir in regelmäßigen Abständen immer wieder die Frage: „Was zahlt Ulisses seinen freien Mitarbeitern?“ Dahinter steht in der Regel die Hoffnung, an einem unserer Spiele mitzuarbeiten oder gleich ganz sein Hobby zum Beruf zu machen.
Auf meine Antwort hin wandelt sich die Frage dann meist in: „Warum zahlt UIlisses seinen freien Mitarbeitern so wenig?“ Gern werden dann die wenigen öffentlich zugängigen Honorarspiegel für freiberufliche Autoren, Lektoren, Grafiker und Layouter zitiert, in denen Verbände deutlich höhere Standardsätze empfehlen.
In diesem Artikel möchte ich euch an einem Beispielprodukt erläutern, wie wir bei Ulisses Spiele unsere Preise und Honorare kalkulieren und einen Einblick geben, welche einzelnen Arbeitsschritte dabei wie zu Buche schlagen.

Allgemeine Worte zur Rollenspielbranche

Bevor ich ans konkrete Beispiel gehe, will ich eine Beschreibung des Rollenspielbereichs und seiner Besonderheiten vorwegschicken, die vielen Spielern nicht bewusst sind.
Rollenspiel ist ein extremer Nischenmarkt. Rollenspiele werden in Deutschland in den meisten Fällen wenige Hundert Mal (200 bis 500) gedruckt, im besten Fall einige Tausend Mal. Ein Rollenspielbuch, von dem binnen drei Jahren eine Auflage von 1000 Stück verkauft wird, darf schon als großer und seltener Erfolg gelten. Regelwerke werden dabei im Allgemeinen besser verkauft als Quellenbücher und diese besser als Abenteuer. Sogar die Grundregelwerke (also die Topseller) der ganz großen Spiele knacken heutzutage die Grenze zur Fünfstelligkeit selten und wenn dann meist erst nach mehreren Jahren. Das war früher anders. Das Schwarze Auge hatte bei Schmidtspiele z.T. sechsstellige Auflagen. Aber die Zeiten sind leider vorbei, der Rollenspielmarkt ist massiv geschrumpft. Um weiterhin Spiele herausbringen zu können, muss darum sehr bedacht und realistisch kalkuliert werden.

Es gibt das geflügelte Wort, dass Rollenspielprodukte nur noch durch die Selbstausbeutung aller daran Beteiligten überhaupt möglich sind, und da ist leider einiges dran. Fans arbeiten kostenlos oder für ein Belegexemplar unzählige Stunden für Kleinverlage und die wenigen Festangestellten der deutschen Rollenspielredaktionen (ich würde ihre Zahl auf unter 15 schätzen) machen unbezahlte Überstunden, um Kleinauflagen und im branchenübergreifenden Vergleich ausgesprochen niedrige Preise zu ermöglichen (mehr dazu siehe unten).

An dieser Stelle sei eine Besonderheit von Ulisses erwähnt, auf die wir – wie ich finde zurecht – stolz sind: Bei uns wir jeder, der den Auftrag bekommt, als Autor, Illustrator, Layouter, Lektor oder Korrektor an einem Produkt mitzuarbeiten, bezahlt. Und das in 99,9% der Fälle binnen einer Woche nach Rechnungseingang.

Die Preisfrage

Rollenspielbücher sind für ihren eigentlichen Wert viel zu billig. Wenn man gerade 60 Euro für ein Grundregelwerk auf den Tisch gelegt hat, ist diese Aussage vermutlich erstmal schwer einzuordnen, vor allem, wenn Dumpingpreisangebote direkt daneben liegen. Ich will es trotzdem versuchen: Ein Grundregelwerk enthält eine Menge Text. Das sind oft über 2 Millionen Zeichen (oder mehr). Es hat um die 300-400 Seiten, ist heutzutage eigentlich immer vollfarbig und ein Hardcoverbuch.

Schauen wir uns zum Vergleich einen ganz normalen Roman  aus einem Publikumsverlag an. Er ist schwarz-weiß, hat um die 400.000 bis 600.000 Zeichen. Ein solcher Roman kostet 10 bis 15 Euro, im Hardcover eher 20 oder mehr. Und hier sprechen wir in der Regel von Auflagen in mindestens geringer fünfstelliger Höhe, was die Produktionskosten immens senkt. Allein die Zeichenmenge, die in einem Grundregelwerk steckt, würde also eigentlich den Preis von drei bis vier Romanen verlangen.
Dann kommen in modernen Rollenspielbüchern die Illustrationen. Eine Zahl von einer Illustration pro drei Seiten ist mittlerweile üblich, außerdem gibt es Ränder, Verzierungen und aufwendige Cover, die allesamt gezielt für dieses eine Buch angefertigt werden. Bei 300 Seiten also um die 100 Illustrationen. Deren Kosten tragen meist einen sehr erheblichen Batzen zu den Produktionskosten bei.

Zu guter Letzt muss dieses Meisterwerk auch noch in ein höchst komplexes Layout gebracht werden, mit Kästen, Wertebereichen, unzähligen Tabellen – da fließt in jedes einzelne Rollenspielbuch mehr Arbeit als in manche Firmenkataloge mit 1000 Seiten.

Wenn man sich all das vor Augen führt, bekommt man eine Ahnung davon, welchen Aufwand ein solches Buch bedeutet und warum das Grundregelwerk nicht 60, sondern eher 150 bis 200 Euro kosten würde, wenn alle Beteiligten Honorare und Gehälter bekämen, wie sie in der freien Wirtschaft üblich sind (und auf diese zielen die oben erwähnten Honorarspiegel ab).

Unser Beispiel

Als Beispiel, an dem ich euch durch unsere Kosten- und Honorarstruktur führen möchte, haben wir den „Almanach der okkulten Geheimnisse“ aus der Pathfinder-Reihe ausgewählt. Es handelt sich dabei um ein Quellenbuch mit 68 Seiten und 4 Seiten Umschlag, Softcover und natürlich ist es vollfarbig. Es enthält 321.604 Zeichen.

Im Laden kostet dieses Buch 19,95 Euro. Davon geht die Mehrwertsteuer direkt ans Finanzamt.  Wir verkaufen das Buch auf Messen oder im F-Shop an Endkunden. Außerdem verkaufen wir es an Händler sowie an Großhändler, bei denen dann noch entsprechende Rabatte abgehen. Schlussendlich kommen von den 19,95 Euro im Schnitt dann noch Einnahmen von 9,98 Euro bei uns an, also aufgerundet 10 Euro.

Das Buch hat eine Auflage von 350 Stück. Bei Pathfinder rechnen wir bei Quellenbüchern damit, dass wir diese 350 Stück im Laufe von 2 bis 4 Jahren verkaufen. Die wenigsten Bücher werden danach noch einmal aufgelegt, denn mehr als 350 Stück bekommen wir erfahrungsgemäß nicht an den Mann. Bei Pathfinder-Regelwerken sind es mehr, die aktuellen Abenteuerpfade liegen eher bei 200 Stück in 2 bis 3 Jahren.

Wenn wir die gesamt Auflage verkaufen, nehmen wir also aufgerundet 3500 Euro ein. Davon bezahlen wir:

- Die Übersetzung mit 0,75 Euro pro 1000 Zeichen, konkret also 241,20 Euro. Bei Produkten, die wir selber verfassen lassen, zahlen wir je nach Komplexität des Textes 2,20 bis 3,00 Euro pro 1000 Zeichen.
- Das Lektorat mit 0,25 Euro pro 1000 Zeichen, also hier 112,56 Euro
- Das Fahnenkorrektorat mit 0,15 Euro pro 1000 Zeichen, also 48,24 Euro
- Das Layout mit 3 Euro pro Seite, also 204 Euro
- Der Druck kostet uns für 350 Exemplare 1288 Euro
- An Lizenzgebühren zahlen wir 280 Euro. Bei eigenen Produkten fallen diese natürlich weg.
- Bei Pathfinder kommt noch der Sonderpunkt Glossar/Regelabgleich hinzu, der mit 0,25 Euro pro 1000 Zeichen auf 80,40 Euro kommt.

Insgesamt fließen also von den 3500 Euro Einnahmen rund 2255 Euro in die Herstellung des Buches. Oder anders gesagt: Bevor Ulisses am Almanach den ersten Euro verdient, müssen zwei Drittel der Bücher verkauft sein.

Davon kann doch keiner leben?


Es ist vollkommen richtig, dass niemand von den Honoraren, die wir freien Mitarbeitern zahlen können, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, wenn er nicht entweder sehr geringe Ansprüche hat oder extrem schnell und viel arbeitet. Wir weisen darauf auch gerne und oft hin, wenn freie Mitarbeiter bei uns anfangen. Die Mitarbeit als freier Autor, Lektor oder Layouter bei einem Rollenspielverlag kann nicht mehr sein als eine Hobbytätigkeit oder ein Zubrot. Das ist ausgesprochen bedauerlich, aber leider bittere Lebenswirklichkeit. Glaubt mir, wir würden ihnen und auch uns selbst sehr gerne mehr zahlen. Das würde sich jedoch in direkter Folge auf die Buchpreise auswirken, und wer schon mal erlebt hat, wie die Szene sich über eine Preisanpassung von 5 Euro aufregt, der weiß, warum wir keine 100 oder 150 Euro für ein Grundregelwerk oder 40 Euro für ein Quellenbuch wie unseren Beispielalmanach nehmen können.
Gleichzeitig sind aber die Qualitätsansprüche (unsere eigenen und die der Szene) sehr hoch, so dass wir aus dem Pool derjenigen, die von dieser Tätigkeit nicht leben müssen, auch noch die heraussuchen wollen, die besonders gut darin sind. Das war unter anderem der Grund für unseren sehr aufwendigen Lektorenaufruf, mit dem uns genau das gelungen ist.

Unterm Strich

Dann bleiben uns also 1245 Euro Reingewinn, wenn wir alle Exemplare vom Almanach verkauft haben? Leider nein. Denn von dieser Summe gehen auch noch die sogenannten Arbeits- und Gemeinkosten ab, unter anderem:

- Die Stunden, die der Redakteur für die Planung des Produkts, die Koordination mit dem Lizenzgeber, den freien Mitarbeitern und der Druckerei aufgewendet hat; in denen er die Bücher gelesen und Blogartikel oder Texte für den Vertrieb geschrieben hat; in denen er online Fragen dazu beantwortet
- Die Arbeit, die im Lager anfällt, um die Bücher in die Regale zu räumen und dann an die Kunden und Händler zu verschicken
- Porto- und Verpackungskosten bei der Versendung an Endkunden
- Die anteiligen Kosten für Miete, Heizung, Telefon usw., die für das Bürogebäude und die Lagerräume anfallen
- Die Zeit in der Buchhaltung, die auf die Rechnungen und Käufe des Produktes sowie deren Versteuerung aufgebracht wird.
- Messe und Conauftritte
u.v.m.

Aber ihr macht doch schlussendlich Gewinn?
Ja, das tun wir. Und das müssen wir auch, denn wenn ein Unternehmen keinen Gewinn macht, ist es nicht in der Lage, Fehler und nicht gut angenommene Spiele abzufangen, neue Produkte zu entwickeln oder langfristige Planungen vorzunehmen. Ulisses Spiele möchte euch auch in fünf, zwanzig und fünfzig Jahren noch Spiele bringen können und seinen Angestellten Sicherheit bieten. Für einen Kleinverlag kann es in Ordnung sein, wenn ein Buch so gerade eben seine Kosten wieder hereinholt, und das auch nur, wenn man die Arbeitsstunden vieler engagierter Fans und des Verlagsinhabers nicht einrechnet. Für einen Verlag von der Größe von Ulisses Spiele ist das kein gängiges Modell. Wenn wir von Gewinn reden, sprechen wir allerdings von unternehmerisch sehr überschaubaren Summen, die vollständig wieder in die Ulisses Spiele und damit in unser gemeinsames liebstes Hobby fließen.

Wow, jetzt hast du aber echt viel gejammert!
Ja, mag sein – dabei ist wirklich jeder hier bei Ulisses froh, in einem so kreativen Beruf tätig sein zu dürfen und den Spielern damit tolle Abende und Wochenenden ermöglichen zu können. All die umhergeworfenen Zahlen sollen nicht verschleiern, dass Spaß zu haben und Spaß zu bringen das Hauptziel der Ulisses Spiele und aller Angestellten und freien Mitarbeiter ist.
Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Artikel einen Einblick bieten konnte, der euch eine realistische Einschätzung der Gesamtlage ermöglicht. Wenn ihr Fragen habt, nur zu! Habt jedoch bitte Verständnis dass wir in einigen Bereichen nicht mit konkreten Zahlen antworten können.

Euer André
DORP - Wir kochen mit Äther!

Ulisses Spiele Universalredakteur

Offline Quendan

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Re: Autorenvergütung
« Antwort #24 am: 22.06.2019 | 12:29 »
Ein angestellter Redakteur beginnt seine Karriere mit vielleicht 35.000 € Jahresgehalt

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