Autor Thema: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games  (Gelesen 6986 mal)

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Offline Alexander Kalinowski

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Wie sich Powered by the Apocalypse-Spiele von klassischen Rollenspielsystemen unterscheidet war hier ja bereits Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Ich glaube, dass es der Debatte gut tun würde, mal konkrete Spielbeispiele von PbtA-Spielen heranzuziehen und das Geschehen damit zu vergleichen wie es stattdessen in D&D oder DSA oder Cyberpunk oder Shadowrun abgelaufen wäre. Und wo findet man maßgeblichere Spielbeispiele als in dem (frei erhältlichen) Apocalypse 1E-Regelwerk bzw. dem Dungeon World Guide? Lasst es uns also direkt aus berufenem Munde vernehmen! Falls euch in diesen beiden Beispielen noch weitere Differenzen auffallen, irgendetwas was ich übersehen haben mag, können wir dies gerne noch zur folgenden Liste hinzufügen.

Die Punkte wären im Einzelnen:

  • Übergehen: Dies ist nur zum Teil eine Regelfrage, zum anderen ein Unterschied in der Spielphilosophie (zumindest im Vergleich zu simulationischen Systemen). So werden Szenen uU nicht zu Ende gespielt (laut AW-Beispiel: "Do you stick around?" - "Fuck no." - "Where do you go?" - "I go home, I guess."), die Situation selbst wird nicht simuliert. So erhält in dem obigen Beispiel Plover keine Chance zu entdecken, dass Isle angegriffen wurde. Und in dem DW Guide-Beispiel handwedelt der GM den gezielten Angriff auf den Arm. Beide Situation könnten sich zwar genau so auch in manchen Trad Games ereignen, aber wahrscheinlich eher nicht in Systemen mit stark simulationistischem Einschlag, sondern wenn, dann eher in abstrakteren Regelwerken.
  • Umstände: Dies ist nur ein Spezialfall des Übergehens, dafür aber ein kritischer Spezialfall auf Regelebene: es gibt prakitsch keine situativen Modifikatoren auf Würfe. Ein riesiger Unterschied zu Trad Games. Zitat Dungeon World Guide: "Remember, Dungeon World isn't about diffculty, it's about consequences." Dementsprechend ist ein gezielter Angriff auf einen Arm auch nicht schwieriger als ein normaler Angriff.
  • GM-Großzügigkeit: Dies ist primär eine Frage des Spielethos. In dem AW-Beispiel akzeptiert der GM blindlings, dass Marie jederzeit ihren Violation Glove trägt. In Trad Games ist man häufig selbst dafür verantwortlich den Handschuh als getragen zu markieren - sonst erhält man bestenfalls eine Prozentchance vom GM, dass der Charakter von selbst daran gedacht hat.
  • Gruppendynamik: Die PCs hängen in dem AW-Beispiel gar nicht zusammen ab - was vermutlich durch die die "Übergehen"-Philosophie begünstigt wird: Man kann ja Raum und Zeit schnell mal durch etwas Handwedeln überbrücken und Charaktere jederzeit zusammenbringen, wenn nötig. Darüberhinaus unterstützen sich PCs nicht notwendigerweise so stark wie es in klassischen Runden der Fall ist (siehe Keeler's Einwilligung, dass Plover gegen Marie vorgeht).
  • Komplikationen: In dem DW-Guide-Beispiel droht einer der besiegten Golems auf einen der PCs zu fallen. In Trad Games würde entweder der GM willkürlich entscheiden, dass einer der PCs mal einen Ausweichen-Wurf machen muss oder -unter einem simulationistischen Ansatz- vielleicht mit einem W12 auswürfeln in welche Richtung der Golem fällt (im letzteren Falle wäre so eine Situation viel rarer als in dem drama-getriebenen DW-Regelwerk - 1 in 12 versus 7-9 mit d2d6). Komplikationen kommen in PbtA vermutlich tendenziell häufiger vor als in Trad Games, insbesondere da man ja in PbtA einen "Schneeballeffekt" anvisiert. Wenn man diesen "Schneeballeffekt" mag, dann ist das ganze aufregend und sorgt für anhaltende Spannung. Wenn man das hingegen nicht mag, dann wirkt's schnell mal atemlos.
  • Wahl der Konsequenzen: Verknüpft mit den Komplikationen ist der Umstand, dass in den Spielbeispielen die Spieler regelmäßig eine (beschränkte) Auswahl haben, was das Ergebnis ihres (teilerfolgreichen?) Moves ist ("I’ll choose to inlict terrible harm, and to impress, dismay, or frighten my enemy”). Dies ist viel, viel seltener in traditionelllen RPGs - in denen üblicherweise der GM einseitig festlegt, wie genau sich das Resultat eines erfolgten Wurfs gestaltet.

Vor einem Schlussfazit warte ich erst einmal die Diskussion ab. Irgendwelche Einwände bis hierhin?  :D
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Offline Suro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #1 am: 24.07.2019 | 14:50 »
Ich bin gerade nur am Handy und kann daher noch nicht in Gänze antworten, nur schonmal ein kleiner Hinweis zum Thema Umstände:

Dem hier stimme ich vollends zu, und bin auch nicht sonderlich glücklich damit:
Zitat
es gibt prakitsch keine situativen Modifikatoren auf Würfe.
Allerdings heißt einen Fehlen von Wahrscheinlichkeitsmodifikatoren nicht, dass unterschiedliche Umstände keinen Einfluss haben. Es gibt sowohl "Ist so einfach, löst keinen Spielzug aus und gelingt automatisch" (Vgl. Dungeonworld S. 264: "Manchmal tun sie etwas, das keinen Spielzug auslöst, zum Beispiel einen wehrlosen oder überraschten Feind angreifen. Dann ist es nicht Hauen & Stechen, sondern automatischer Schaden.") als auch "Aufgrund der Umstände ist der Spielzug nicht einsetzbar" (Vgl. Dungeonworld S. 162: "Einen mit zolldicken, magischen Metallschuppen bedeckten Drachen mit einem gewöhnlichen Schwert zu attackieren, ist wie mit einem Fleischerbeil auf einen Kampfpanzer einzuschlagen: Es wird einfach keinen Schaden anrichten können, daher kommt Hauen & Stechen nicht zur Anwendung. Allerdings können sich die Umstände ändern: Wenn du in einer Position bist, von der du in den weichen Bauch des Drachen stechen kannst, könntest du ihn verletzen, also ist es ein Angriff.") Es gibt noch eine Reihe von weiteren Optionen, Umstände abzubilden, z.B. "Nenne Voraussetzungen oder Konsequenzen und Frage", also wenn man z.B. gezielt auf den Arm schießen will, kann man als GM angeben, dass das ganze längeres Zielen erfordert, und u.U. im Kampf einen "Einer Gefahr trotzen"-Spielzug auslöst.

Wie gesagt, Zustimmung zum Grundproblem, aber leichte Unterschiede in den Details :)
« Letzte Änderung: 24.07.2019 | 14:51 von Suro »
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Offline Alexandro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #2 am: 24.07.2019 | 15:15 »
  • Übergehen: Dies ist nur zum Teil eine Regelfrage, zum anderen ein Unterschied in der Spielphilosophie (zumindest im Vergleich zu simulationischen Systemen). So werden Szenen uU nicht zu Ende gespielt (laut AW-Beispiel: "Do you stick around?" - "Fuck no." - "Where do you go?" - "I go home, I guess."), die Situation selbst wird nicht simuliert. So erhält in dem obigen Beispiel Plover keine Chance zu entdecken, dass Isle angegriffen wurde. Und in dem DW Guide-Beispiel handwedelt der GM den gezielten Angriff auf den Arm. Beide Situation könnten sich zwar genau so auch in manchen Trad Games ereignen, aber wahrscheinlich eher nicht in Systemen mit stark simulationistischem Einschlag, sondern wenn, dann eher in abstrakteren Regelwerken.

Inwiefern ist das etwas pbta-spezifisches? Auch in TradGames werden Sachen einfach so beschrieben und Szenen gekürzt oder übersprungen. Und wenn es keine Möglichkeit gibt etwas festzustellen, dann gibt es die halt nicht (gerade im Simulationismus) - die Szene mit Isle und Marie hätte z.B. in GURPS genauso aussehen können.

Ich denke das ist eher eine Frage des SL-Stils, als des Systems (z.B. hätte ein anderer SL im Spielbeispiel auch entscheiden können, dass der Spieler von Plover sofort einen Read the situation Move bekommt, um zu bemerken, dass es Isle schlecht geht und dann Fragen stellen, wie er darauf reagiert - und das wäre auch innerhalb der Principles von AW gewesen).
« Letzte Änderung: 24.07.2019 | 15:22 von Alexandro »
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Offline Suro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #3 am: 24.07.2019 | 15:29 »
Weiterer Unterschied:

Die Reaktionen der Spielleiterin auf die Handlungen der Spieler sind kodifiziert.

In eigentlich allen PbtA Titeln die mir bekannt sind werden für die SL Agenda, Principles und Moves beschrieben. Manche Leute mögen diese Besonderheit, da sie der SL klarer vermitteln, wie sie sich im Spiel verhalten soll und welche Optionen ihr zur Verfügung stehen, insbesondere im Hinblick auf das Spielgefühl, das im vorliegenden Genre erzeugt werden soll. Außerdem wird recht häufig geäußert, dass die SL-Kapitel die Spielweise, die manche Leute ohnehin schon praktizieren, klar und deutlich ausdrücken. Kritiker stört häufig (manchmal merkwürdigerweise gleichzeitig  ;)), dass diese Hinweise 1) zu sehr einschränken 2) zu weich sind um als Regeln gelten zu können 3) nichts neues bieten, das man als SL nicht sowieso immer schon wusste.

Edit: Ich entschuldige mich, dass ich hier noch nicht konkret auf die von dir verlinkten Spielbeispiele verweise, glaube aber das eben gesagte ist nicht kontrovers. Kann ich bei Bedarf nachliefern.
« Letzte Änderung: 24.07.2019 | 15:32 von Suro »
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Offline Alexandro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #4 am: 24.07.2019 | 15:42 »
Naja, wenn man auf eine Handlung X einen beliebigen Move aus der Liste nehmen kann, dann ist das nicht wirklich kodifiziert. Mir wäre es lieber gewesen, wenn bei den Moves selber ein paar Sachen dabeistehen würden, was der SL machen kann, wenn der Move misslingt. Und vielleicht ein paar allgemeine Moves, die man benutzen kann wenn die Spieler gerade keinen Move einsetzen, man aber trotzdem irgendwie reagieren muss.

Das würde das Ganze etwas übersichtlicher machen und dafür sorgen, dass die Regeln stärker in den Hintergrund treten und man sich auf das gemeinsame Erzählen konzentrieren kann.
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Offline 1of3

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #5 am: 24.07.2019 | 17:05 »
Das gesamte Konzept des Moves ist wichtig. Ein Move hat einen klar definierten Trigger, ein definiertes Attribut (außer bei den Spielen oder Moves, wo das nicht so ist), hat klar definierte Auswirkungen mindestens bei Erfolg und - wie gesagt - keine variable Schwierigkeit. Man muss so weniger über die entsprechenden Regeln an sich diskutieren und verhandeln.

Dann haben die Spiele natürlich Playbooks. Playbooks sind Klassen, also vorgegebene Charaktertypen des jeweiligen Spiels. Sie sind dabei nicht auf die Fähigkeiten des Charakters beschränkt, sondern geben ganz aktiv Ansätze zu möglichen Geschichten, Auswahlen zum Hintergrund und ähnliches. Man könnte sagen: Klassen in gut.

Die Werkstatt-Regeln sind eine sehr schöne Erfindung: Wenn der Bastler oder Magier irgendwas Wildes will, gibt die SL ein Rezept aus, dass zu erfüllen ist. Wie üblich mit fertigen Auswahlen. Wenn das Rezept erfüllt ist, funktionierts einfach.

Offline Thaddeus

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #6 am: 24.07.2019 | 18:02 »
  • GM-Großzügigkeit: Dies ist primär eine Frage des Spielethos. In dem AW-Beispiel akzeptiert der GM blindlings, dass Marie jederzeit ihren Violation Glove trägt. In Trad Games ist man häufig selbst dafür verantwortlich den Handschuh als getragen zu markieren - sonst erhält man bestenfalls eine Prozentchance vom GM, dass der Charakter von selbst daran gedacht hat.
...würde mit ein SL mir vorschlagen einen W% zu werfen, um zu sehen ob ich dran gedacht habe, mir den Handschuh anzuhiehen, würde ich vom Tisch aufstehen und gehen.

Traditionelles Rollenspiel hat (leider) teilweise noch sehr oft den Ansatz, Dinge in der Erzählung zu beleuchten, die für die Entwicklung der Story vollkommen belanglos und sinnfrei sind.
Zitat
"Würfelt mal alle auf Wahrnehmung, alle die über 23 haben, sehen folgendes..."
Solche und ähnliche kapitalen Spielleitungsfehler findet man leider immer noch sehr häufig. Für die Erzählung und die Entwicklung der Geschichte sind m.E. 90% aller Würfelwürfe sinnfrei.

Ein Würfelwurf ist nur dann interessant, wenn jedes Ergebnis die Geschichte voranbringt. Ein simples "Oh, du hast den DC nicht geschafft. Ok, schaffst es halt nicht...", ist für die Erzählung vollkommen uninteressant. Der Erzählfluss kommt zum erliegen.

Das Zug-System (Moves) bei PbtA wird mE auch häufig sehr mißverstanden. Es geht nicht darum, den Spielern jedes Mal Echsenmenschen an die Backe zu tackern, wenn sie eine 6- würfeln. Es begrenzt den Spieleiter in seinen Handlungsmöglichkeiten und gibt einen Handlungsspielraum vor.

Bei AW gibt es eine schöne Formulierung "On a 2 - 6 make a move as hard as you like." Nicht: "as hard as can."

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #7 am: 24.07.2019 | 18:12 »
Für die Erzählung und die Entwicklung der Geschichte sind m.E. 90% aller Würfelwürfe sinnfrei.

Ein Würfelwurf ist nur dann interessant, wenn jedes Ergebnis die Geschichte voranbringt. Ein simples "Oh, du hast den DC nicht geschafft. Ok, schaffst es halt nicht...", ist für die Erzählung vollkommen uninteressant. Der Erzählfluss kommt zum erliegen.

Als OSR-esker Spielleiter entgegne ich, dass ich es interessanter finde, wenn die Geschichte Würfel-emergent ist. Ich habe nämlich gar kein Bild von der Richtung der Geschichte. Die wird bestimmt durch die Handlungen der Personnagen. Und wenn sie wegen ihres schlechten Wahrnehmungswurfes, die Botenreiter des korrupten Magistrats nicht hören, können diese ungestört den Magistrat rechtzeitig warnen, sodass jener Vorkehrungen treffen kann etc.

Grüße

Hasran

Offline JollyOrc

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #8 am: 24.07.2019 | 18:49 »
Das ist ja die Gemeinsamkeit und der Unterschied zwischen PbtA und OSR:

Beide halten Würfelergebnisse für wichtig. Sie sollen nicht ignoriert werden, und sie sollen eine Bedeutung haben. Der Zufall ist bei beiden Spielvarianten ein geschätztes Element.

Der Unterschied ist, dass OSR im Regeltext relativ wenig Hinweise und Regeln gibt, wann gewürfelt werden soll, und vor allem wie das Würfelergebnis über die konkrete Situation "geschafft oder nicht?" hinaus verwendet wird.

Bei OSR wird die SL sich weitgehend selbst überlassen, PbtA gibt hingegen konkrete Hinweise und Vorschläge. Das passt nicht zu jedem Spielstil.

Warum macht PbtA das? Um ein bestimmtes "Gefühl" zu gewährleisten. Die Moves drücken die Handlung immer in eine Richtung, die dem gewählten Genre oder Setting entspricht.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Alexandro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #9 am: 24.07.2019 | 20:38 »
Und wenn sie wegen ihres schlechten Wahrnehmungswurfes, die Botenreiter des korrupten Magistrats nicht hören, können diese ungestört den Magistrat rechtzeitig warnen, sodass jener Vorkehrungen treffen kann etc.

Ich denke, dass ist ein wichtiger Punkt: in dem Beispiel ist es nämlich so, dass es vollkommen egal ist, ob die Spieler am Tisch anwesend sind. Wenn die Spieler einfach ihren Charakterbogen dalassen und der SL (oder ein anwesender Mitspieler) für sie würfelt, ist das für das Spiel das gleiche. Ob die SC-Handlungen einen Einfluss auf die Geschichte haben - ja, ob sie überhaupt die Möglichkeit haben zu handeln - wird von einem Würfelwurf abhängig gemacht.

Bei PbtA ist es dagegen so, dass egal ob der Wurf gelingt oder fehlschlägt, der Spieler auf jeden Fall Entscheidungen für seine Figur treffen muss. Wenn ein Spieler da nicht anwesend ist, fehlt immer (und nicht nur in einem Prozentsatz möglicher Ergebnisse) ein wesentlicher Input (den SC eines abwesenden Spielers "einfach mitlaufen lassen", wie es in der OSR teilweise gemacht wird, geht bei pbta gar nicht).
« Letzte Änderung: 24.07.2019 | 20:48 von Alexandro »
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Offline JollyOrc

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #10 am: 24.07.2019 | 23:35 »
Ich denke, dass ist ein wichtiger Punkt: in dem Beispiel ist es nämlich so, dass es vollkommen egal ist, ob die Spieler am Tisch anwesend sind. Wenn die Spieler einfach ihren Charakterbogen dalassen und der SL (oder ein anwesender Mitspieler) für sie würfelt, ist das für das Spiel das gleiche. Ob die SC-Handlungen einen Einfluss auf die Geschichte haben - ja, ob sie überhaupt die Möglichkeit haben zu handeln - wird von einem Würfelwurf abhängig gemacht.

Das stimmt nur so halb - gerade die OSR-Tradition geht eigentlich davon aus, dass die Personnagen weit mehr sind, als ihre Werte. Die Idee ist dabei ja, dass die Aktionen so einfallsreich beschrieben werden sollen, dass im Idealfall gar nicht mehr gewürfelt werden müsste. Das geht natürlich nicht immer, und zusätzlich gibt es dann ja auch noch bewusste Zufallsereignisse. Aber im Ergebnis sind bei der OSR sowohl das Würfelergebnis als auch die Spielerentscheidungen und -Inputs wichtig.

Also:

OSR: "Was tut Ihr, während Ihr in der Taverne sitzt?" -  "Aufmerksam nach draußen lauschen, könnte ja was wichtiges passieren." -> kein Würfelwurf, der Bote wird bemerkt. Ansonsten eben schauen, was die Würfel sagen. Auf jeden Fall wird die was-passiert-dann-Maschine angeworfen.

PbtA: Ihr feiert Euren letzten Erfolg in der Taverne. Würfelt mal auf "Die Sau rauslassen" - "eine 9. Ich kann also entweder etwas wichtiges am Rande mitbekommen, oder beim Pokern gewinnen. hmm.. ich brauch das Geld!" Gruppe stöhnt, während die SL beschreibt, wie draußen der Bote des Magistrats ungesehen vorbeireitet. Alle freuen sich auf das Drama nächste Woche!

Trad1): "Ihr sitzt in der Taverne. Würfelt mal alle Aufmerksamkeit." Klickerklacker "Nur Theo hat es geschafft." SL geht mit Theo raus und erzählt ihm, was er sieht. Theo findet das sein Charakter das nicht interessant findet, tut geheimnisvoll, teilt sein Wissen aber nicht. Eine Woche später rätseln alle, warum der korrupte Magistrat ihnen schon wieder zuvorkommen konnte.


1) Ok, das Beispiel für Trad ist fast schon bösartig. Aber ja, so haben zumindest wir früher mal gespielt, wir wussten es halt nicht besser!
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Alexandro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #11 am: 25.07.2019 | 00:18 »
Ich würde sagen: Entweder das Würfelergebnis oder die Spielerentscheidungen und Inputs. Also entweder man beschreibt haarklein, welche Fließe man gerade mit seine 10-Fuß-Stange abklopft oder man muss halt damit leben, dass ein Würfelwurf darüber entscheidet, ob der Charakter lebt oder stirbt (ohne dass dann noch eine relevante Entscheidung getroffen wird, alá "Du hast die Falle zwar ausgelöst, aber...") - Würfelwürfe bilden recht grobe Prozesse ab, während die Entscheidungen vor den Würfelwürfen feingranular sind (was gelegentlich zu Unmut führt - leicht überspitzt: "Ich muss jede angetatschte Fließe beschreiben, aber wenn ich das mal nicht mache, beschreibst du, wie sich der Boden auftut, ich auf einer Rutsche zehn Ebenen tiefer rutsche und in einem Säurebecken im Hort des Grünen Drachens lande") Aber prinzipiell hast du schon schon recht.

Mir ging es auch nicht so sehr um OSR-Systeme, sondern eher um neuere Vertreter der TradGames, die wie Rube-Goldberg-Maschinen verregelt sind, so dass der Spieler einen kompletten Würfelzyklus durchläuft, prozedual verschiedene Iterationen der Fiktion generiert, ohne dabei auch nur eine Entscheidung zu treffen.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 00:30 von Alexandro »
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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #12 am: 25.07.2019 | 06:15 »
Das stimmt nur so halb - gerade die OSR-Tradition geht eigentlich davon aus, dass die Personnagen weit mehr sind, als ihre Werte. Die Idee ist dabei ja, dass die Aktionen so einfallsreich beschrieben werden sollen, dass im Idealfall gar nicht mehr gewürfelt werden müsste. Das geht natürlich nicht immer, und zusätzlich gibt es dann ja auch noch bewusste Zufallsereignisse. Aber im Ergebnis sind bei der OSR sowohl das Würfelergebnis als auch die Spielerentscheidungen und -Inputs wichtig.

Also:

OSR: "Was tut Ihr, während Ihr in der Taverne sitzt?" -  "Aufmerksam nach draußen lauschen, könnte ja was wichtiges passieren." -> kein Würfelwurf, der Bote wird bemerkt. Ansonsten eben schauen, was die Würfel sagen. Auf jeden Fall wird die was-passiert-dann-Maschine angeworfen.

PbtA: Ihr feiert Euren letzten Erfolg in der Taverne. Würfelt mal auf "Die Sau rauslassen" - "eine 9. Ich kann also entweder etwas wichtiges am Rande mitbekommen, oder beim Pokern gewinnen. hmm.. ich brauch das Geld!" Gruppe stöhnt, während die SL beschreibt, wie draußen der Bote des Magistrats ungesehen vorbeireitet. Alle freuen sich auf das Drama nächste Woche!

Trad1): "Ihr sitzt in der Taverne. Würfelt mal alle Aufmerksamkeit." Klickerklacker "Nur Theo hat es geschafft." SL geht mit Theo raus und erzählt ihm, was er sieht. Theo findet das sein Charakter das nicht interessant findet, tut geheimnisvoll, teilt sein Wissen aber nicht. Eine Woche später rätseln alle, warum der korrupte Magistrat ihnen schon wieder zuvorkommen konnte.


1) Ok, das Beispiel für Trad ist fast schon bösartig. Aber ja, so haben zumindest wir früher mal gespielt, wir wussten es halt nicht besser!

Also entweder ist das Beispiel schief oder warum sollte man beim ptbA Beispiel überhaupt würfeln?

Also mit dem Spieler rausgehen müssen um ihn/ihr was zu verklickern ist wirklich 90ziger und nicht traditionell sondern altbacken. Verweisst aber auf einen Unterschied, das aufgrund der Emulation von Genres oder sogar - ich sags mal auf Deutsch - Spielen (DW - DnD) durch die ptbA Spielzüge eine gewisse Metaebene in das ptbA Spiel kommt, der dafür sorgt besser zw SC u Spieler*innen (Wissen)am Tisch zu unterscheiden, führt für mich zu einem entspannteren und reiferen Spiel.

Auch die oft geringere Regeldichte und Defokkusierung sorgt dafür das im Durchschnitt eine andere Klientel am Tisch hockt.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 06:18 von Bildpunktlanze »
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Offline 1of3

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #13 am: 25.07.2019 | 06:35 »


Also entweder ist das Beispiel schief oder warum sollte man beim ptbA Beispiel überhaupt würfeln?

Laut dem Beispiel triggert es offenbar, "wenn du in der Taverne die Sau raus lässt". Das gehört jetzt nicht 1:1 zu einem bekannten Spiel, aber der Move war schon eindeutig beschrieben.

Die nächsten beiden Charakterisierungen scheinen mir da gewagter.

Offline Bildpunkt

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #14 am: 25.07.2019 | 06:47 »
Ah ok dann ist aus meiner Sicht der adhoc ausgedachte Spielzug krum : die Sau rauslassen verbinde ich jetzt nicht unbedingt primör mit Informationsgewinnung, die als Ereignis auf 10+ o 7-9 plaziert wird. Die Sau rauslassen 10+ wäre eher Party machen ohne die körperlichen Konsequenzen tragen zu müssen u auch noch beim Pokern gewinnen/Traumpartner kennenlernen etc...
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 06:50 von Bildpunktlanze »
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Offline Der Tod

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #15 am: 25.07.2019 | 08:16 »
Da greift bei pbtA eben die Genre-Frage. Ist es für das Genre wichtig, dass die Helden in der Taverne die Sau rauslassen? Dann gibt es dafür vermutlich einen Spielzug. Bei Dungeon World etwa:
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Etwas, das ich recht wichtig finde was die Spielzug-Struktur von pbtA angeht, was mMn aber zu selten erwähnt wird, ist Kontrolle. Ganz wie in traditionellen Spielen (wobei ich diesen Ausdruck seltsam finde) kann man ja auch hier Dinge versuchen, für die es keinen Spielzug gibt, und die SL sagt mir dann einfach, ob es klappt (oder was ich würfeln soll). Aber die Spielzüge stellen durch ihre kodierte Struktur einen Moment der (begrenzten) Sicherheit dar. Als Abenteurer weiß ich vorher, was passieren kann, wenn ich im Nahkampf einen Feind angreife oder eine gefährliche Reise unternehme und kann meine Chancen vorausberechnen.
Die Spielzüge bilden also auch in sofern Genre ab, als dass sie den Charakteren einen Grundstock an Kompetenzen (oder Inkompetenzen!) geben, auf die sie sich auch ohne SL-Entscheid verlassen können. Das heißt nicht, dass es kein Risiko mehr gäbe, sondern dass Spieler wie Charaktere das Risiko hier einschätzen können.

Ist das jetzt näher an OSR oder weiter weg?

EDIT: Die im Eingangspost beschriebene, PvP-lastige Gruppendynamik würde ich übrigens als genrespezifisch für AW ansehen, nicht repräsentativ für pbtA im Allgemeinen.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 08:30 von Der Tod »

Luxferre

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #16 am: 25.07.2019 | 08:24 »
...
Ist das jetzt näher an OSR oder weiter weg?

Haben wir nicht irgendwie schon immer so gespielt?  :d

edit:
Mich erinnert das gerade irgendwie an die D&D4e Diskussionen, als die Skillchallenges als der neue ShitTM abgefeiert wurden.
Ja, das war eines der ersten Regelsysteme, welches diese Mechanik ausformuliert in die breite Masse getragen hatte, aber an sich haben viele Gruppen bereits so -oder so ähnlich- gespielt. Dass es für diese Leute eben nicht der HotShit war, wurde recht "munter" diskutiert.

DW hat diese Mechanik ausformuliert und mit etwas Futter versehen. Neu? Für mich und einige aus meinem Umfeld nicht.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 08:35 von Luxferre »

Offline nobody@home

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #17 am: 25.07.2019 | 08:47 »
Haben wir nicht irgendwie schon immer so gespielt?  :d

Tja...wer ist in diesem Zusammenhang nun "wir", und wie lange ist "immer"? Das bleibt bei rhetorischen Fragen dieses Formats immer so unbefriedigend wolkig-vage, fast schon, als ob der Frager es bewußt verschleiern wollte... :think:

Luxferre

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #18 am: 25.07.2019 | 09:06 »
Tja...wer ist in diesem Zusammenhang nun "wir", und wie lange ist "immer"? Das bleibt bei rhetorischen Fragen dieses Formats immer so unbefriedigend wolkig-vage, fast schon, als ob der Frager es bewußt verschleiern wollte... :think:

Nichts Anderes war mein Ansinnen, als die Verschleierung einer Verschwörung um die elitären Bibabesserspieler im Dunstkreise Luxferres' des Großen  >;D

Nee, ernsthaft: wir spielen "irgendwie" -also nicht ganz genau so- schon immer. Also wir = meine Jungs und ich (und mindestens noch eine Person aus dem T, mit der ich demletzt darüber sprach). Immer = 20 Jahre+  ;)

Offline Thaddeus

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #19 am: 25.07.2019 | 09:16 »
EDIT: Die im Eingangspost beschriebene, PvP-lastige Gruppendynamik würde ich übrigens als genrespezifisch für AW ansehen, nicht repräsentativ für pbtA im Allgemeinen.
Überhaupt nicht. PVP ist die Achillesferse von PbtA und kommt z.B. bei DW regelseitig einem Dividieren durch null gleich.
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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #20 am: 25.07.2019 | 09:26 »
Haben schon mal Hauen u Stechen zw SC gehabt. Wo ist da das Problem?
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Offline Thaddeus

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #21 am: 25.07.2019 | 09:52 »
Es darf nicht vergessen werden, dass "traditionelle" Games in Wahrheit Hybriden aus Tabletop/CoSim und Erzählspiel sind. Der modernere Ansatz von pbta versucht diese Überbleibsel loszuwerden und sich ganz auf das Erzählen zu konzentrieren. Das hat Vor- und Nachteile. Wie oben beschrieben, ist PVP bei pbta so wie wir es in klassischen Rollenspielen kennen, tatsächlich unmöglich (ja, ich kenne AW und ja, da gibt es pvp).

Andererseits nehmen wir - wie bereits angedeutet - in "traditionellen" Rollenspielen Absurditäten hin, welche wir nur deshalb als normal empfinden, weil sie tradiert sind (Siehe mein Beispiel mit dem Wahrnehmungswurf). Der Urfehler besteht in dem Fehlvorstellung, dass eine Welt irgendwie "simuliert" werden könnte und unter dem Mantra der Simulation werden dann wie wild Würfel durch die Gegend geworfen, um eine "Würfel-emergente" Geschichte zu erhalten. Kann man schon so machen und auch Spaß bei haben. Aus dramaturgischer Sicht kommt dabei aber sehr oft ziemlicher Quark heraus. Traditionelles Rollenspiel ist damit eine recht spezielle Form der Unterhaltung. Muss man eben mögen... mein Ding isses nich...

Was nicht heißt, dass Ihr (Hassran, Luxferres, et. al.) mit oder bei traditionellen Rollenspielen keine spannenden Geschichten am Spieltisch erzählt! Ich möchte aber behaupten: Trotz und gerade nicht wegen der Regeln.

"Traditionelle" Rollenspiele haben die Angewohnheit, einem in dramaturgischer Hinsicht häufig das ein oder andere Bein zu stellen. PbtA und andere moderne Ansätze (in Grenzen Fate) versuchen demgegenüber das Erzählen und den Erzählfluss mit ihren Regeln zu unterstützen. Das ist eigentlich der Hauptunterschied.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 10:02 von Thaddeus »
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Offline schneeland (N/A)

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #22 am: 25.07.2019 | 09:56 »
Haben schon mal Hauen u Stechen zw SC gehabt. Wo ist da das Problem?

Du hast hier schon etwas das Problem, dass entweder der angreifende Spieler oder der verteidigende Spieler würfelt. Das kann man schon hinbekommen, ist aber m.E. im Vergleich zum klassischen "Würfelduell" schwieriger.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #23 am: 25.07.2019 | 10:01 »
Inwiefern ist das etwas pbta-spezifisches?

Der Originalpost hatte eigentlich bereits alles dazu gesagt.

Die Reaktionen der Spielleiterin auf die Handlungen der Spieler sind kodifiziert.

Das gibt es in klassischen Rollenspielen auch, allerdings in anderer Form - wenn zB in den Fertigkeitsbeschreibungen drine steht, wie weit man springen kann, etc pp. Lass ich aber trotzdem gelten, weil das noch einmal eine ganz andere Hausnummer in PbtA ist.

Man muss so weniger über die entsprechenden Regeln an sich diskutieren und verhandeln.

Dafür steckt man uU dann allerdings nicht so in der Situation drin, weil die gegenwärtige Spielsituation ja gar nicht ernsthaft simuliert wird. Stattdessen befindet man sich irgendwo im Plot und muss einfach schauen wie es weitergeht (was in PbtA üblicherweise heißt: Wie komm ich aus der Bredouille?).

...würde mit ein SL mir vorschlagen einen W% zu werfen, um zu sehen ob ich dran gedacht habe, mir den Handschuh anzuhiehen, würde ich vom Tisch aufstehen und gehen.

OK.

Traditionelles Rollenspiel hat (leider) teilweise noch sehr oft den Ansatz, Dinge in der Erzählung zu beleuchten, die für die Entwicklung der Story vollkommen belanglos und sinnfrei sind.Solche und ähnliche kapitalen Spielleitungsfehler findet man leider immer noch sehr häufig. Für die Erzählung und die Entwicklung der Geschichte sind m.E. 90% aller Würfelwürfe sinnfrei.

Das liegt daran, dass Story nicht das Maß aller Dinge im Rollenspiele ist und auch nicht sein sollte. Es ist stattdessen eine, wichtige Facette des Spiels.

Ein Würfelwurf ist nur dann interessant, wenn jedes Ergebnis die Geschichte voranbringt.

Nein.

Das ist ja die Gemeinsamkeit und der Unterschied zwischen PbtA und OSR:
Beide halten Würfelergebnisse für wichtig. Sie sollen nicht ignoriert werden, und sie sollen eine Bedeutung haben. Der Zufall ist bei beiden Spielvarianten ein geschätztes Element.

Das trifft ganz genauso auch für andere Rollenspiele zu.


Ich denke, dass ist ein wichtiger Punkt: in dem Beispiel ist es nämlich so, dass es vollkommen egal ist, ob die Spieler am Tisch anwesend sind. Wenn die Spieler einfach ihren Charakterbogen dalassen und der SL (oder ein anwesender Mitspieler) für sie würfelt, ist das für das Spiel das gleiche. Ob die SC-Handlungen einen Einfluss auf die Geschichte haben - ja, ob sie überhaupt die Möglichkeit haben zu handeln - wird von einem Würfelwurf abhängig gemacht.

Ein Rollenspiel ist eben auch ein Spiel.


Mir ging es auch nicht so sehr um OSR-Systeme, sondern eher um neuere Vertreter der TradGames, die wie Rube-Goldberg-Maschinen verregelt sind, so dass der Spieler einen kompletten Würfelzyklus durchläuft, prozedual verschiedene Iterationen der Fiktion generiert, ohne dabei auch nur eine Entscheidung zu treffen.

Keine Entscheidung ist schlecht (kenne ich so auch nicht, man hat immer eine Wahl), aber man kann Sachen (zB im Kampf) bis zu einem gewissen Grad auch einfach mal auswürfeln.

Das heißt nicht, dass es kein Risiko mehr gäbe, sondern dass Spieler wie Charaktere das Risiko hier einschätzen können.

Nur, dass das Risiko im Crunch nicht eng an das Risiko im Fluff gehalten ist. Es wird ja gar nicht erst versucht die Schwierigkeit einer Aufgabe abzubilden (s. Dungeon World Guide).

EDIT: Die im Eingangspost beschriebene, PvP-lastige Gruppendynamik würde ich übrigens als genrespezifisch für AW ansehen, nicht repräsentativ für pbtA im Allgemeinen.

Der besagte Post beschreibt allerdings keine PvP-lastige Gruppendynamik.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 10:22 von Alexander Kalinowski »
Knights of the Black Lily RPG - Black Fantasy-RPG mit Next Gen Fantasygenre-Simulationssystem.
KotBL spielt auf Ilethra, einer Welt in der es keine guten Götter gibt.

Luxferre

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #24 am: 25.07.2019 | 10:06 »
Was nicht heißt, dass Ihr (Luxferres, et. al.) mit oder bei traditionellen Rollenspielen keine spannenden Geschichten am Spieltisch erzählt! Ich möchte aber behaupten: Trotz und gerade nicht wegen der Regeln.

"Traditionelle" Rollenspiele haben die Angewohnheit, einem in dramaturgischer Hinsicht häufig das ein oder andere Bein zu stellen. PbtA und andere moderne Ansätze (in Grenzen Fate) versuchen demgegenüber das Erzählen und den Erzählfluss mit ihren Regeln zu unterstützen. Das ist eigentlich der Hauptunterschied.

Hast Du mal HârnMaster gespielt? Dort leiten die Regeln die Narration ab. Seit 1986 ;) Mehr später - wenn Interesse.