Du sprichst etwas an, was ich für ein großes Problem halte: die Rollenspielsozialisierung durch CR oder andere YouTube Creator.
Wirklich? Du findest es also schlimm, dass jemand anderen Leuten Rollenspiel vorspielt und zeigt, wie er selber zu spielen gedenkt und damit ein paar hunderttausend Leute ins Hobby holt, die sich sonst wahrscheinlich vor ihr Computerrollenspiel gehockt hätten?
Nur, weil die sich dann abgucken, wie der das macht und versuchen auf die gleiche Weise Spaß zu haben?
Dann sollten wir also den Gratisrollenspieltag abschaffen? Und keine Neulinge mehr ins Hobby holen in dem wir sie einfach mal mitspielen lassen?
Statt dessen werden wir dann Gratisregelwerke an Ziegelsteine binden und sie irgendwelchen Fremden mit den Worten
"Und jetzt sieh zu, wie Du damit klar kommst, von mir erfährst Du nichts! Sonst ahmst Du mich noch nach!" an der Kopf werfen? Oder was?

Cirtical Role und die anderen Medien (Stranger Things, BBT) haben "mal eben" eine ganze neue Generation von Rollenspielern ins Hobby geholt.
Die haben wie vielen Leuten gezeigt, was man am Tisch (oder online machen kann) und wievielen Leuten damit die Corona Pandemie etwas erträglicher gemacht?
Wieviele Leute haben damit wiederum ihr Geschäftsmodell im Rollenspielsektor gefunden?
Und du findest das
"gefährlich"?
Ganz ehrlich und ohne Ironie: das ist echt die bescheuerteste Form von Gatekeeping, die ich bisher wahrgenommen habe.
(Anmerkung: weiter unten nehme ich das zurück und entschuldige ich mich - für den Kontext der weiten Debatte lass ich das stehen.
Ach, die Spieler wollen DSA?

Nein, das wollen sie nicht. Denn DSA (bzw. die DSA Community aus den 90ern) ist auch eine Form von Gapekeeping gewesen, denn sie hat sich missionarisch dafür eingesetzt, dass es nur eine einzige wahre Art und Weise geben kann, wie man richtig Rollenspiel macht. Und alles andere was kein Rollespiel und wurde schlecht geredet.
Und darin enthalten war zum einen ein "sich aufzwingender" Aventurien-Kanon inklusive einer Mindestkenntnis, die man besitzen muss, um überhaupt mitspielen zu dürfen. Und das, was vielfach an Abenteuern (auch kommerziell) gespielt wurde, war eher "Reenactment" und kein Storytelling - denn beim Storytelling entwickeln Spielleiter und Spieler gemeinsam eine Geschichte (meist ergebnisoffen) und spielen nicht die Geschichte nach, die irgendein Autor in ein Kaufabenteuer abgedruckt hat.
Zum Thema Scripting: Ich glaube, dass sich diese Runde einfach zu lange und zu gut kennt und sich auch privat (da sind Leute miteinander befreundet und verheiratet - meint irgendwer, dass die nicht abseits der Kamera übers Rollenspiel reden?) austauscht. Und das deswegen Vorlagen erkannt und aufgenommen werden. Und der Spielleiter seinerseits auch seine Buddies kennt und weiß was er zu liefern hat, um die happy zu machen - oder wo er ihnen Screentime geben sollte, damit sie sich in Szene setzen können.
Das gleiche hab ich in meiner Runde. Ich spiele seit 1984. Mit drei von vier Leuten spiele ich jetzt mindestens seit 1989 zusammen. Und wir sind alle befreundet, treffen uns zu Feiern, gehen zusammen auf Parties, fahren teilweise gemeinsam in den Urlaub. Letztens haben wir "the Watch" angeguckt (BBC TV serie zur Stadtwache aus der Scheibenwelt (Pratchett)). Und Lady Cybill holt aus der Tasche einen Sumpfdrachen und nutzt ihn als Flammenwerfen.
Unsere Spielerin kreischt "das will ich für meinen Charakter auch!!!" - so what? Klar wusste ich, dass sie das sagen würde, und ich wusste, dass sie ab diesem Moment die Serie suchten wird. Und nein, das gibt es für ihren Charakter aktuell nicht, weil es nicht passt, aber es wird natürlich vorgemerkt.
Und wenn man das filmen würde, wird irgendwer kreischen "Das war doch abgesprochen, das ganze Spiel ist doch gescriptet! Diesen Boba halte ich für eine Bedrohung für das freie Rollenspiel. Er nümmt Einfluss auf die armen unschuldigen Noobs!"
Was ich aber glaube, ist, dass diese Runde ihr spiel gut "cuttet", also brutale Versprecher, Lachsalven oder irgendwas anderes rausschneidet. Die werden sicherlich auch Pausen machen und sich dann unterhalten und das findet bei uns ("Raucher...") auch statt. Und da spielt man als Spielleiter natürlich auch gern Mäuschen.