Egon, Jas, und Ray stehen in der Dunkelkammer der Feuerwache im künstlichen Halblicht, und ziehen nach und nach die Fotos aus dem Wasserbad, die Jas im Museum geschossen hatte. Sie sind alle drei ziemlich aufgeregt. Schon die ersten Anläufe haben klar darauf schließen lassen, dass das Ölgemälde kein durchschnittliches, psychokinetisches Relikt ist.
„… Was immer Johnny uns da angeschleppt hat“, sagt Jas mit fasziniertem Grinsen, „er ist hier auf Gold gestoßen! Ob er selbst es nun wusste, oder nicht!“
Durch die Kirlian-Fotografie werden die elektromagnetischen Auren sichtbar, überall um die brutale Fresse von Vigo dem Karpathen herum. Jedes der großformatigen Fotos an der Wäscheleine vor ihnen zeigt andere Variationen, bringt andere Details zum Vorschein.
„Tatsächlich“, bestätigt Egon, die Lupe in der Hand, „Multiplanare Kirlian-Emanationen.“
Vigos dämonisches Starren scheint durch das Vergrößerungsglas auf sie zu fallen. Ray läuft ein Schauder über den Rücken.
„Sowas habe ich bisher noch nie gesehen“, ergänzt Egon, „Seht mal, hier. Der Farbauftrag ist äußerst dick. Ich vermute eine zweite, verborgene Farbschicht unterhalb der ersten an der Oberfläche.“
„Wir müssten das Gemälde röntgen!“, sagt Stantz.
„Wir sollten versuchen, es von der Polizei für uns beschlagnahmen zu lassen!“, sagt Elliott, „Hardemeyer kann doch nicht gegen
alles was wir machen dagegen sein, mal muss der ja auch mal ein Einsehen haben und uns mal unter die Arme greifen!“
„Wir können ihn ja mal fragen, wenn wir demnächst wieder zum Essen bei ihm eingeladen sind!“, schnaubt Ray.
„Auf diesem Abzug hier scheint das Kirlian-Bild nicht das Portrait selbst zu zeigen, seht Ihr?“, sagt Jas, und deutet auf den letzten Abzug in der Reihe, „Sondern … tatsächlich ein verborgenes Bildnis
darunter.“Egon sagt, „In der Tat … Die elektromagnetischen Auren formieren etwas anderes … Eine Art Landschaft ...“
„Ja, stimmt! Aber keine Landschaft, eher ein Flusslauf!“, nickt Jas.
„Das
kenne ich ...!“, raunt Ray, „Das habe ich schon einmal in Wirklichkeit gesehen!“
Beide schauen ihn an.
„Als ich wie ein Wurm am Haken unter der First Avenue gebaumelt bin. Es ist der Strom aus Schleim.“
„Eine verborgene zweite Farbschicht stellt etwas dar, das erst 386 Jahre später geschehen wird?“, fragt Egon, „Das würde von einer wirklich phänomenalen Hellsichtigkeit des Malers Zeugnis ablegen.“
In diesem Moment entflammt einer der Abzüge nach dem anderen in spontaner Selbstentzündung. Die drei Forscher schrecken zurück, als Hitze ihnen entgegen schlägt. Die Fotochemikalien brennen natürlich wie Zunder! Über den Aufschreien hört man nicht das leise Klicken, als das Türschloss der Dunkelkammer sich telekinetisch von selbst verriegelt.
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Dana und Peter stehen um halb ein Uhr früh um einen Stehtisch in der halbdunklen Regency Bar, in der nahen Park Avenue, mit Jimbo Henderman. Der Fusselbart redet drein, als sei sein Einschleichen im Hotel überhaupt nichts besonderes gewesen für ihn.
„… Euer Janosz Poha, der ist alles andere als kontaktscheu! Obwohl er ja nicht so wirkt, mit seinem verschrobenen Gefasel und dem beknackten Dialekt und allem. Aber wenn man für den was aus dem Hut zaubert, sagen wir mal, mögliche neue Connections für ihn aus der Stadt, dann schnappt der sofort zu!“, erklärt Jimbo gerade fröhlich.
Dana fragt, „Und Du hast so getan als würdest Du Janosz und die Litvinovs mit so jemandem bekannt machen wollen?“
Jimbo nickt selbstzufrieden, „Ich habe denen gesagt, ich bin losgeschickt worden von Niles Fernstrom. Eurem Konkurrenz-Parapsychologen.“
„Diese Schlaftablette!“, kommentiert Peter.
„Was sollten die drei denn mit dem wollen?“, will Dana wissen.
„Wie sich herausstellt, wollen die
so einiges mit dem, Leutchen!“, sagt der Rechercheur und schlürft an seinem Drink, „Und ich würde so weit gehen, dass die Litvinovs auch die Ghostbusters auf ihrer Seite haben wollten, wenn sie nicht wüssten, dass da unvereinbare Interessen im Spiel sind. Ganz so klang das vorhin! Diese Ivanka hat durchscheinen lassen, dass es ein informelles Treffen mit Stantz, Spengler, und Elliott gab vor einiger Zeit. Die wollten natürlich ursprünglich nur über die Geisterjäger an
Sie ran, Miss Barrett. Aber wenn nebenher eine Kooperation auch mit Ihrer Firma, Venkman, rausgesprungen wäre, hätten die doch Luftsprünge mit Dreifachsalto gemacht! Darum sind die jetzt heiß darauf, ersatzweise mit Niles Fernstrom Küssdiehand zu spielen.“
„Und mit der Foundation!“, zischt Dana verschüchtert.
Henderman wiegt unschlüssig den Kopf, „Nee, der Verdacht scheint sich nach wie vor nicht zu bewahrheiten. Die wollen ein lecker‘ Süppchen kochen mit allen Spiritisten und Parapsychologie-Heinies dieser Stadt. Nur nicht mit den Ghostbusters, und der Shandor Foundation!“
„Mit welchem Ziel?“, fragt Dana.
„Dafür bräuchte ich noch ein paar Anläufe, Miss“, sagt Henderman schulterzuckend, „Noch fressen die mir nicht komplett aus der Hand. Ich kann bisher sagen: Die Litvinovs haben Janosz Poha und ein paar andere aus dessen Sippe hier platziert, und vor Kurzem in Aktion versetzt. Der soll irgendwas im Manhattan Museum of Arts für sie bewerkstelligen. Von Ihnen, Miss Barrett, wurde da zwar nicht gesprochen, aber man konnte es Dr. Poha an der Nasenspitze ansehen. Es wurde irgendwas gesagt von wegen, ‚Gebetsmühlen der Verehrung seien in Gang gesetzt worden‘. Ziemlich schauerlicher Hokuspokus! Wenn die fertig sind, wollen sie ihr stadtweites Netzwerk aufgebaut haben. Nur fragt sich: Geht’s diesen Spinnern um das Museum selbst?“
„Numerologie“, sagt Dana grimmig, „Und darum, was ins Museum
gebracht wurde.“„Aber was wollen die mit Dana?“, verlangt Peter zu wissen.
„Bisher nur im Auge behalten!“, sagt Jimbo, „Es geht ihnen offensichtlich um die Barretts.“
„Der Kram mit der Ahnenforscherei …“, sagt Peter, „Dann war das nicht nur vorgeschoben?“
„Scheinbar nicht“, sagt Jimbo schulterzuckend und leert sein Glas, „Hey, wer zahlt eigentlich die Drinks, machen Sie das? Dann nehme ich noch einen!“
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Winston hat mit einem Feuerlöscher die Tür der Dunkelkammer zu Kleinholz geschlagen und den Brand gestoppt. Die Gesichter der vier sind immer noch leicht rußverschmiert, und ihre Augenbrauen sind angesengt, als sie in der Fahrzeughalle sitzen. Der Schreck lässt langsam nach.
„… Wisst Ihr, was das alles hier bedeutet, Leute? Das bedeutet, wir haben die Aufmerksamkeit des Gemäldes auf uns gezogen!“, sagt Ray etwas matt, „Und nun will es uns ebenfalls an den Kragen!“
„Im Gesamtkontext sollte uns das nicht übermäßig überraschen“, kommentiert Spengler ungerührt, „Ihr seid da im Museum viel zu unvorsichtig vorgegangen, geradezu wie Schulbuben!“
„
Ich war auch dabei, Du Nase“, grummelt Janine.
„Und ein Schulmädchen also!“, grinst Jas.
Winston sagt mit Bestimmtheit, „Dann sind wir jetzt also im Zugzwang! Wir rücken aus in die Tunnels, und packen das Übel an der Wurzel. Und zwar auf der Stelle, bevor Vigo, dieses dahin geschmierte Strichmännchen, sowas nochmal versucht!“
Janine sagt, „Meinetwegen, aber das Kanalisationssystem ist groß. Wo sollen wir da anfangen?“
„Wir müssen zu diesem Zeitpunkt noch mit Spekulationen weiterarbeiten“, sagt Egon, „Aber es gibt denkbare Ansatzpunkte.“
„Spekulationen? Ihr wollt sagen, Ihr
ratet schlicht und einfach, wo wir nachgucken müssen?“, fragt Winston mit amüsiertem Lächeln.
Egon kommentiert, „Es ist eine
sehr präzise durchgerechnete Spekulation“, und er zieht auf Mister-Spock-Art eine Augenbraue hoch.
„Also, wo führt die Schleimspur hin?“, will Janine wissen.
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Soundtrack: Simple Minds,
Ghost Dancinghttps://www.youtube.com/watch?v=6XtRoVofo8ADana und Peter sind nicht gerade wenig beschallert von ihren Drinks, als sie auf der kleinen Tanzfläche der Regency Bar stehen. Wenn Jimbo Henderman eins kann, mal abgesehen von seinen Recherchen, dann ist das Saufen, und andere zum Mitsaufen animieren!
Die beiden tanzen gerade eine Art wilden Freistil-Rumba, wahrscheinlich etwas zu unkonventionell für die schick angezogenen Gestalten um sie herum, aber die sind im Alkoholrausch sowieso eher nebulös zu sehen. Sie umgeben die beiden wie eine unwirkliche Kulisse.
They‘re all gone, just ghost dancing, schallt der Popsong aus den Lautsprechern.
Peter findet seine Moves jedenfalls trotz allem äußerst präzise. Danas sind es objektiv tatsächlich. Sie lächelt kaum, ihr Gesicht ist die meiste Zeit ernst. Das war früher schon so — bei Dana Barrett sieht Tanzen aus, als sei es eine äußerst ernsthafte Angelegenheit, obwohl sie sich dabei amüsiert. Heute Nacht muss jedenfalls eine Menge Anspannung raus, und da scheint diese kleine Tanzfläche hier gerade recht zu kommen.
„Lustig mit Dir!“, sagt Peter irgendwann an Danas Ohr. Ihre schwarzbraunen Locken haften dabei an seiner Wange.
„Ja, wir müssten eigentlich viel mehr Straftaten miteinander planen!“, sagt sie an sein Ohr, „Wenn das beinhaltet, dass wir hinterher tanzen gehen!“
„Ach, Dana!“, sagt er, „Das ist ehrlich gesagt genau die Art von Frohsinn, die ich bräuchte, um so langsam mal wieder zurecht zu kommen!“
„Sag’ Bescheid, ob es klappt!“, lacht sie, „Du kannst ja dann irgendwann bis zum Jahr 2000 bei mir durchklingeln, wenn es hinhaut mit dem Frohsinn! Oh, hör‘ mal, was da läuft ist ‚Ghost Dancing‘, genau unsere Thematik, was?“
„Lenk’ nicht ab. Warum soll ich nicht jetzt gleich bei Dir durchklingeln?“, fragt er.
„Ja, warum eigentlich nicht?“, kichert sie, nimmt sein Gesicht zwischen die Hände und küsst ihn. Sie stehen auf der Tanzfläche und knutschen zu den Klängen der Simple Minds. Die feinen Damen und Herren Clubgäste machen in ihrem Weitertanzen einen Bogen um sie, und scheinen womöglich Anstoß an ihrer Knutscherei zu nehmen. Was es zugegebenermaßen noch besser macht.
Die Stadt ist mit ihren Lichtern wie weichgezeichnet vorbei gezogen, blassblau und violett.
Kaum sind sie in Peters Apartment angekommen, klingelt sein Telefon.
„Wer kann das sein?“, fragt sie, „Es ist zwei Uhr morgens!“
Er räumt unordentliche Klamotten von der Couch, damit dort genug Platz zum Sitzen ist und sieht Dana an, „Untersteh‘ Dich, dran zu gehen!“
„Vielleicht aber ein Notfall?“
„Das können nur die Jungs oder Janine sein! Aber ich habe heute keine Schicht, habe ich doppelt gecheckt!“
Abermals knutschend landen sie auf dem alten Ledersofa.
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„Venkman geht nicht ran!“, sagt Ray besorgt, „Dabei wäre es gut, ihn dabei zu haben dort unten!“
Jas nickt übertrieben ernsthaft, während er Egon das Giga-Meter rüberreicht und seinen eigenen Ausrüstungsgürtel festzieht, „Ja, es könnte beispielsweise eine neue Brutwoge in der Manhattaner Kakerlakenpopulation sein, auf die wir heute Nacht stoßen! Das würde er doch nicht verpassen wollen! Damit hättest Du ihn bestimmt überzeugen können!“
Ray schnallt die Ironie nicht, und sagt nickend, „Ich ruf‘ nochmal an.“
„Wir sind genug Geisterjäger für das bisschen Kakerlaken dort unten!“, sagt Janine, und zieht energisch den Reißverschluss ihrer Uniform hoch, „Los jetzt!“