Autor Thema: Reading Challenge 2025  (Gelesen 13848 mal)

Menthir, Belfionn und 1 Gast betrachten dieses Thema.

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Re: Reading Challenge 2025
« Antwort #200 am: 17.11.2025 | 14:21 »
#26 - J.R.R. Tolkien - Beowulf

Dieses Werk gehört zum sprachwissenschaftlichen Kanon Tolkiens, und als solches, nimmt seine Übersetzung des Beowulf einen kleineren Teil des Buches ein. Ein viel größerer Teil ist seine Kommentierung, die er in diversen Kursen in seiner Lehrzeit entwickelt und weiterentwickelt hat. In seiner sprachwissenschaftlichen Verdichtung ist das Werk dann außergewöhnlich gut editiert von seinem Sohn, und man kann es mit einigem Erkenntnisgewinn lesen.

Es lässt sich aber mit entsprechendem Hintergrundwissen aus Tolkiens Schaffen deduktiv lesen, in Hinblick darauf, wie sehr seine Beschäftigung mit Beowulf und der flankierende Geschichte seine Darstellung Rohans geprägt hat, oder inwieweit sich das Motiv Smaugs darin wiederfinden lässt, oder in Erweiterung, was Túrin Turambar und sein Kampf mit Glaurung damit zu tun haben.
Dieses Verknüpfungen bildet Christopher Tolkien nicht, aber sie werden einem automatisch vor Augen geführt, wenn man sich mit Tolkiens Werk beschäftigt hat.

Die sprachlichen Einlassungen sind interessant und informativ, sodass dieses Buch auch ein wenig eine weiterverwertbare Schatztruhe an Eindrücken ist.

Letztlich sind die Infos auch in einen kulturell-historischen Zusammenhang - soweit der zu Zeit Tolkiens bekannt war - eingebettet, und das Werk zeichnet die Blaupause für einen tragischen Heldenweg nach, der im Beowulf archetypisch angelegt ist.
Häufig wird Beowulf ja nur bis zum Kampf gegen Grendel betrachtet, vielleicht darüber hinaus noch bis zum Kampf mit dessen Mutter; und noch weniger mit dem abschließenden, tragischen Kampf gegen den Drachen, der ihm und dem Drachen das Leben kostet.

Die Übersetzung selbst, ich kann sie nicht qualitativ beurteilen, liest sich gut, wenn auch bisweilen knöchern. Ich habe weitere Übersetzungen geordert, um das besser einordnen zu können.

Dieses Nachzeichnen, seine eigene Bearbeitung, v.a. aber die sprachwissenschaftlichen und kulturellen Einlassungen habe ich mit großen Gewinn gelesen.

8,5 von 10 Punkten
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Re: Reading Challenge 2025
« Antwort #201 am: 19.11.2025 | 20:19 »
#31 Die Rache der Rose von Michael Moorcock aus Die illustrierte Gesamtausgabe als Hörbuch
Ein längerer und späterer Roman um Elric und ein Wechselbad.
Die Figur des Ernest Wheldrake pendelt zwischen amüsant und nervig. Die Geschichte ist ein wilder Ritt und hat Phasen mit Längen,
aber irgendwie auch Spannungsphasen, Verknüpfungen und Wendungen, die einfach richtig gut erzählt sind.
10 von 15 Punkten

#32 Trost von Andrew Brown
Ein Kapstadt Krimi(thriller), den ich gut lesen konnte, zwar nicht ganz an die Romane von Deon Meyer und Mike Nicol heranreicht, aber dennoch ordentlich erzählt war. Der Autor hat als Deon Meyer-Fan seine Hauptfigur, den Ermittler Februarie, mit der Hauptfigur vieler Meyer-Romane Benny Griessel verknüpft - das war nett gemacht. Nicht perfekt oder super, aber kurzzweilig genug, so dass ich mir den zweiten Roman mit Februarie als Ermittelnden noch gebraucht geschossen habe.
10 von 15 Punkten
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Re: Reading Challenge 2025
« Antwort #202 am: 19.11.2025 | 21:12 »
56 Robert Galbraith / JK Rowling : The Ink-Black Heart (Strike 6)
Fokus liegt hier auf Social Media Dynamiken, Extremismus und Manosphere. Erzählerisch nicht ganz so stark wie andere Strike Romane
09/15

57 Ken Follett - Stonehenge
Das Gute: Der Autor beschreibt das Leben in der Steinzeit zu Beginn recht interessant. Und Stonehenge an sich. Das Schlechte: Leider lässt das schnell nach. Es gibt viele Figuren und die Erzählung schwenkt immer hin und her. Manche Figuren werden nach kurzer Zeit gar nicht mehr behandelt, sodass sich Handlungsstränge unvollständig anfühlen. Leider liest sich der Roman wie “Gute Zeiten Schlechte Zeiten” in der Steinzeit. Oberflächlich in aller Hinsicht. Am Ende wissen wir, dass Stonehenge errichtet wurde, weil es Ärger zwischen Stämmen gab und eine Priesterin (die alle lesbisch sind)  das dann beschlossen hat - als sie glücklicherweise gerade nicht mit einer anderen Frau geturtelt hat. Aha. Besonders Schlimm: Follett pflegt einen Altherrenstil in Bezug auf Sexszenen. Er kann nicht davon lassen, sie zu beschreiben, aber es fühlt sich manchmal so an, als fände er selbst es erregend sie zu formulieren. Ebenfalls schwer erträglich: wie auch in anderen Follett-Büchern gibt es Bösewichte (™) in der Form von Klischee-Abziehbild-Bösewichtern. Diesen gelingt immer fast alles, während sympathischere Figuren dumm und naiv sind. Zum Ende hab ich mich durchgequält.
05/15

58 SenLinYu - Alchemised
Ein Klopper von 40 Stunden Hörlänge.Nach einem Drittel abgebrochen, weil ich die Dynamik zwischen Protagonistin und Antagonist absolut fürchterlich fand. Es kommt mir so vor wie Fifty Shades of Grey ohne Porno, aber dafür mit mehr impliziter und emotionaler Gewalt. Schlimm.

59 Neil Gaiman - Stardust
Ebenso wie der Film ein toller kurzer Roman mit vielen ungewöhnlichen Ideen. Großartig!
12/15

60 Jack El-Hai - Der Nazi und der Psychiater
Zuerst recht interessant, aber zunehmend redundant. Wenig Neues.
07/15

61 Anne Applebaum - Der Gulag
Von 2004 und recht dick. Ich habe das Buch schnell komplett durchgehört. Die Autorin ist Expertin auf dem Gebiet und ich habe sehr viel Neues erfahren. Absolut empfehlenswert!
14/15

62 Robin Hobb - Der Weitseher (Weitseher-Trilogie 1)
Charmante freundliche Erzählweise und Protagonist. Für mich etwas zu langsam und es könnten mehr Konflikte und Spannung auftauchen für meinen Geschmack. Mal sehen ob ich die Reihe weiterhören werde.
09/15

63 Caroline Wahl - 22 Bahnen
Kurz und ganz nett.
10/15

64 Philipp Peyman Engel und Hamed Abdel-Samad - Was darf Israel?
Ich vermute, dass ich mich in dem Thema schon ganz gut auskenne. In diesem Büchlein findet man sämtliche Argumente beider Perspektiven auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Herr Engel ist Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Zeitung, Herr Abdel-Samad ist seit Jahren als Islamkritiker bekannt, bei diesem Thema sehr klar auf der Seite der Palästinenser. Unbedingt lesen, wenn man sich in beide Standpunkte hineinversetzen möchte.
15/15

Online Menthir

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Re: Reading Challenge 2025
« Antwort #203 am: 20.11.2025 | 11:18 »
#27 Peter Sawyer (Hrsg.) - Die Wikinger - Geschichte und Kultur eines Seefahrervolkes

Das Buch ist umfassend und informativ geschrieben, da es einen weiten Überblick über verschiedene Aspekte der Wikingerzeit bietet, und das in zweierlei Hinsicht. 1. nämlich geografisch (Großbritannien und Irland, Skandinavien, in Osteuropa, im Atlantik etc.) und 2. thematisch von Schiffbau und Handel bis hin zu Bestattungsritualen und Sagas.
Was die Ordnung und die Bandbreite angeht, ist es für mich immer noch eines der Standardwerke zum Thema Wikinger. Formalistisch ist es sehr gut.

Die Beiträge selbst sind ebenfalls interessant, aber nicht gerade fesselnd geschrieben. Und dann in der Tiefe nicht so ergiebig, wie sie sein könnten. So wird nicht das gesamte kulturelle Spektrum bedient und auch die geografischen Zuordnungen sind nicht vollständig, wenn auch umfassend genug. Viele Querverweise - bspw. auf die Waräger - lassen sich nur dann einordnen, wenn man sich bereits mit der Geschichte der Wikinger/Skandinavier beschäftigt hat. Methodisch verweist das Buch noch auf eine alte Generation von Forschern, die v.a. Personengeschichte macht. Auf die Spitze getrieben ist das im Beitrag von Irland, Wales, Isle of Man und die Hebriden von Donnchadh Ó Corráin. Es ist ein Endlosband von Fakten und Personennamen sowie Schlachten, die kaum in einen gedanklichen Zusammenhang gebracht werden können und den Text unfassbar schwer lesbar machen.

Der Band ist aus dem Jahr 2000 und damit natürlich schon etwas in die Jahre gekommen, aber auch zur Jahrtausendwende hat es durchaus schon struktur- und sozialgeschichtliche Forschung im Bereich der Wikinger gegeben, und freilich auch kulturgeschichtliche Forschungen, die über Sagas, Edda und Runensteine hinausging. Das Buch ignoriert das und die doch sehr stark vertretende, archäologische Forschung, was die materielle Geschichte der Skandinavier angeht, soweit das den Autoren möglich ist. Sehr ergiebig ist der Sammelband hingegen religionsgeschichtlich, weil der Christianisierung viel Raum gegeben wird, und zwar durch alle Beiträge.

Wer sich aber durch die teilweise sehr trockenen Beiträge kämpft, wird mit einem guten und verwertbaren Überblick belohnt. Wer das Buch als Arbeitsmappe nutzt und weniger als Lesevergnügen, kann diesem Werk sogar noch mehr abgewinnen.

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Offline Albrun Gebikung

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Re: Reading Challenge 2025
« Antwort #204 am: 21.11.2025 | 17:02 »
"Kind 44" hab ich auch durch. Wurde ab der Hälfte richtig spannend.

Jetzt noch 2. Noch schaffbar bis Jahresende, obwohl das letzte fast 800 Seiten hat...

Online Menthir

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Re: Reading Challenge 2025
« Antwort #205 am: Heute um 17:56 »
#28 Emanuele Arioli - Ségurant. Die Legende des Drachenritters. Das vergessene Mitglied der Artusrunde

Zunächst einmal ist es ein schönes Buch, welches der Autor hier ediert hat, und der Abschluss einer spannenden Forschungsgeschichte, die in der deutschen Variante aber auf das Notwendigste reduziert ist. Dasselbe gilt für die Einordnung des Werkes, welche zwar spannend zu lesen ist, aber durch die Einkürzung für Nichtkenner der Materie - zu denen ich auch gehöre - in der Luft bleibt und den Anschluss an andere Artussagen schwierig macht; und es dem Grund nach auch bleiben wird, da Ségurant eher eine Ergänzung als alter Kern der Materie ist.

Die Geschichten zu Ségurant sind ansprechend und sinnfällig kompiliert, und wie in der Übertragung von Texten aus Mittelalter und früher Neuzeit üblich natürlich nicht abschließend, so dass manche Fäden der Geschichte ins Nichts laufen, sich teils widersprechen oder Vorwissen benötigen, welches wir 500 bis 700 Jahre später nicht mehr ohne Weiteres vorhalten können.

Das Werk wird als Weltsensation gepriesen. Ob es das ist, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall ist es ein lesenswerter Exkurs in den (spät-)mittelalterlichen Ritterroman. Der Editor versucht damit ein Stück weit durch die Übertragungsgeschichte auch die Lücke zwischen den Zeiten zu schließen, sozusagen von Sigurd/Siegfried im Sinne der Nibelungen/nordischen Mythologie über Ségurant bis Don Quijote, was aber nur sehr ansatzweise gelingt.

Spannend für mich selbst war eher der Aufbau und die Symbolik der Haupterzählung, in der Ségurant zwar unbesiegbar erscheint, aber eben nur was das Ritterhandwerk angeht, dann aber durch Zauber einer Illusion erliegt und einen mehr oder minder imaginären Drachen jagt und darüber verloren geht. Bei aller körperlicher Unantastbarkeit, eben doch anfällig bleibt; und damit insgesamt das Rittercredo spielerisch hinterfragt. Noch spannender war für mich der Charakter des Dinadan, der nicht nur spöttisch ist, wie im Begleittext beschrieben, sondern eher sogar starke, kynische Züge trägt, und selbst eine eher graue Gestalt ist. Darüber hinaus werden die Gestalten der klassischen Artusrunde in diesen Erzählungen eher kritisch behandelt, allen voran der unreflektiert folgsame Lancelot (Grüße gehen raus an Niniane ;)), welcher der Dame vom See blind und uneingeschränkt folgt, und der als äußerst schwach und semidebil dargestellte König Artus, der seine Schwester Morgana einfach nicht in den Griff bekommt.

Die Ausgabe ist ausnahmslos schön gestaltet und ansonsten gut kompiliert. Es ist jedoch mitnichten eine kritische Ausgabe, sondern eben eine Grundlagenkompilation, die eher ein Lesevergnügen sein darf und soll; und sicher eines Tages durch eine kritische Ausgabe ergänzt werden wird.

7 von 10 Punkten
« Letzte Änderung: Heute um 17:59 von Menthir »
„Zutrauen veredelt den Menschen, ewige Vormundschaft hemmt sein Reifen“ - Johann Gottfried Frey

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