Autor Thema: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik  (Gelesen 1779 mal)

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Online gilborn

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #25 am: 15.04.2025 | 23:35 »
@gilborn
So mache ich es auch in meinen langsam vorankommenden 3.5e-Kampagne. Welches System ist es bei Dir, gehausregeltes DSA? Und auch wenn Würfeldrehen nicht dabei war, hast Du manchmal Werte spontan verdeckt "nachjustiert"?
Ja, gehausregeltes DSA bei der G7. Da habe ich nie verdeckt nachjustiert, aber Kämpfe erzählerisch zuende geführt, wenn sie langweilig und zugunsten der Spieler vorhersehbar geworden sind.

Bei meiner DnD Kampagne habe ich speziell auf höheren Leveln oft nachjustiert um Gegner ansatzweise gefährlich zu machen. Die Systemimmanente Progression beim Level up konnte ich nicht mehr überblicken und ich habs einfach nicht hingekriegt, spannende Encounter zu entwerfen. Hat mir auch nachhaltig die Lust verdorben DnD auf höheren Leveln (7+) zu leiten.
« Letzte Änderung: 15.04.2025 | 23:40 von gilborn »

Online 1of3

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #26 am: 16.04.2025 | 09:52 »
Okay, irgendwie ist das in beide Richtungen, außer vielleictht zum Zwecke der Selbstreflektion, nur bedingt tauglich - ich spiele unterschiedliche Spiele aus unterschiedlichen Gründen. Und diese Fragen laden schon wieder zum verallgemeinern ein. Ich glaube es ist zielführender, sich ein Spiel zu nehmen, die Techniken darin anzuschauen und für sich zu prüfen: Will ich das spielen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Das hilft vielleicht, die eigene Vorstellung von "als erfüllend" empfundenen Spielstilen ein wenig zu schärfen.

Unbedingt ja. Verschiedene Spiele. Mit verschiedenen Leuten. An verschiedenen Orten. Ich spiele auf dem Oneshot-Abend im örtlichen Verein anders als auf dem :T:reffen anders als auf einem Con anders als im Internet anders im privaten Wohnzimmer. Ich würde z.B. nicht unbedingt Monsterhearts auf einem Con spielen. Beacon würde ich nicht im Verein anbieten. D&D mit random Leuten im Internet muss auch nicht sein.


Ich kann die Fragen z.B. beantworten für was ich zuletzt gespielt habe. Also Montag mit zwei Tanelornis und noch einer Person online Beacon. Wir spielen, wenns klappt, zweiwöchentlich. Haben jetzt vier Sitzungen nach Sitzung 0. Das Spiel geht theoretisch bis Stufe 12, die SCs sind jetzt 2. Es ist unwahrcheinlich, dass wir dort ankommen werden.

Charaktere können nicht sterben. Charaktere können nach jeder Mission quasi mehr oder weniger reskillt werden. Charakterklasse ist in gewisser Weise Ausrüstung. Es gibt also wenig Veranlassung einen neuen Charakter zu machen.

Die Schwierigkeit für Würfelwürfe außerhalb des Kampfs ist immer 10+ und 20+ Crit. Gegner werden aus Templates zusammengeklickt. Für Kampfencounter hat die SL 1.5 mal SC-Anzahl in Monsterslots als Basis. Es gibt verschiedene Encounter-Modi. Montag waren sie einer alten Welten-Klima-Kontrollmaschine und mussten die verteidigen, bis sie läuft. Das ist ein Hold. Da ist heißt Budget Basis+3 und ausgeschaltete Gegner kommen nach einer Anzahl von Runden gleich ihrem Wundmaximum wieder. Und der Encounter geht sechs Runden und danach dürfen höchstens zwei Gegner sich in der Zielzone befinden.

War fein. Die SCs waren alle auf oder vor der zweiten Wunde und einer hatte sein Limit Break gezogen. Hätte nicht nötig getan, aber man hats ja. Werde zukünftig noch mehr auf Bewegung setzen und den fiesen Beserker besser austänzeln.

Online Zed

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #27 am: 16.04.2025 | 12:23 »
@Johann

Du hast meine zentralen Punkte ganz ausgezeichnet zusammengefasst, danke!

Zitat
Das von dir vorgeschlagene Bild eines Spektrums ist versöhnlich, denn es vermittelt die Botschaft: Wir sind alle auf einem Kontinuum.
So ist es.

Zitat
Für mich ist "Schummeln" vs. "Nicht-Schummeln" indes tatsächlich binär

Erstmal danke, dass Du "Schummeln" in Anführungszeichen setzt. In manchen Spielstilen ist das nicht notwendig, da sind verdeckte SL-Eingriffe schummeln, aber in vielen anderen Spielkontexten sind es legitime verdeckte Eingriffe.

Du bist ja in guter Gesellschaft mit Deiner Präferenz. Viele hier haben sich von dem Spielstil begeistern lassen, der die verdeckten SL-Eingriffe ablehnt. Das finde ich spannend.

Problematisch ist ja nur - und das betrifft Dich nicht - wenn Spielstile, in denen verdeckte SL-Eingriffe gestattet oder sogar gewünscht sind, abgewertet werden. Für Dich gibt es ein bisschen "gutes" verdecktes Eingreifen nicht, aber eben für andere.

Meine Erfahrungen
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Also kurz: Ich habe keine Erfahrung mit komplett ungesteuerten Geschichten.

Aber: Ich habe mal ein Abenteuer (56 Seiten) nach der Vorgabe geschrieben, ein funktionierender Kompromiss zu sein zwischen Freiheit für die SCs und guten Hooks, an denen sich die Geschichte entspinnt. Besser kann mir ein Abenteuer von seiner Mischung an tiefem Durchdringungsgrad, Abwechslungsreichtum und Handhabbarkeit nicht gelingen.

Ich betone die Freiheit der SCs in dem Abenteuer sehr, und es würde mich interessieren, ob für Dich das Abenteuer "ungesteuert" genug wäre.

Offline chad vader

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #28 am: 16.04.2025 | 13:53 »
Unbedingt ja. Verschiedene Spiele. Mit verschiedenen Leuten. An verschiedenen Orten. Ich spiele auf dem Oneshot-Abend im örtlichen Verein anders als auf dem :T:reffen anders als auf einem Con anders als im Internet anders im privaten Wohnzimmer. Ich würde z.B. nicht unbedingt Monsterhearts auf einem Con spielen. Beacon würde ich nicht im Verein anbieten. D&D mit random Leuten im Internet muss auch nicht sein.
Hast du nicht sowas wie nen Ausgangspunkt für dich? Eine Grundhaltung zur Verantwortungsverteilung?

Klar spiele ich auch mal sowas wildes wie "InSpectres", wo "gelenktes Spiel" aber auch das Konzept von Sessionprep generell wenig Sinn ergibt, weil Spielende jederzeit im Confessional irgendwelche Klopper drauflegen können à la "Damals wussten wir noch nicht, wie tief Heidi Klum darin verwickelt war."

Aber ich würde das immer als Ausnahme charakterisieren und eine Unterscheidung zu meinem "Normal" herstellen können, auf des ich Haukrinns Frage instinktiv bezogen habe. Bei mir ist das in >90 % meiner Spielzeit konstant.
« Letzte Änderung: 16.04.2025 | 13:58 von chad vader »

Offline Johann

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #29 am: 17.04.2025 | 17:27 »
Ich habe mal ein Abenteuer (56 Seiten) nach der Vorgabe geschrieben, ein funktionierender Kompromiss zu sein zwischen Freiheit für die SCs und guten Hooks, an denen sich die Geschichte entspinnt. Besser kann mir ein Abenteuer von seiner Mischung an tiefem Durchdringungsgrad, Abwechslungsreichtum und Handhabbarkeit nicht gelingen.

Ich betone die Freiheit der SCs in dem Abenteuer sehr, und es würde mich interessieren, ob für Dich das Abenteuer "ungesteuert" genug wäre.

Nein -- aber das sagt erst einmal nichts über seine Qualität aus.

Zitat von: Drachenfieber
"Jetzt sollte einer der Helden der Dame so etwas wie ein Angebot machen. Wenn nicht, dann knallen ein paar Donnerschläge die Dame erneut und schwerer gegen den Felsen."

Das dürfte gut funktionieren, lässt aber auch die Hand der Spielleitung spüren. Ich tendiere da eher zu Notizen wie "Wenn nicht sofort jemand eingreift, ist der NSC tot".

Im Ernst. Ein krasses Beispiel aus Sterben muss Gunther, meinem Einführungsabenteuer für Im Reich der Nibelungen. Das dürfte mit Sicherheit nicht jedermanns Sache sein:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

*Das ist kein Sandkasten, d.h. die Mission ist vorgegeben -- aber das WIE und das GELINGEN sind offen (und das ÜBERLEBEN irgendwelcher Spielercharaktere sowieso). Wenn dein Charakter keine Lust auf diese Mission hat, dann spiel bitte einen Charakter, der dabei mitmachen würde.

"Ungesteuert" heißt keinesfalls "Anything goes": Es gibt einen Rahmen und der kann sehr unterschiedlich aussehen, z.B. Schiffbruch (Charaktere und Motivation weitgehend frei, Insel plus Anschwemmen vorgegeben) oder klassischer D&D-Sandkasten (Du bist in Stadt X und Du bist ein Glücksritter auf der Suche nach Abenteuern: 'Startstadt', Abenteuertauglichkeit und Motivation vorgegeben). Der Schlüssel ist, dass die Spielleitung nichts steuert, wenn es innerhalb des gesetzten Rahmens losgeht.

*-*-*

Zitat von: Drachenfieber
"oder es kommt zu einer Gefangennahme und die Helden finden sich [im Gefängnis] wieder"

Ui! Die Charaktere gefangen zu nehmen ist m.E. eine ebenso klassische wie große Herausforderung für eine 'schummelnde' Spielleitung: Sie muss ein ganz bestimmtes Ergebnis herbeiführen - Gefangennahme, üblicherweise alle & keine Toten - , was zudem den Interessen der Charaktere massiv zuwiderläuft.

Hier halte ich es sogar für nachteilig für diesen Spielstil (d.h. mit 'Schummeln'), wenn die Spieler nicht genau wissen, ob ihre Charaktere sterben können oder nicht: Wenn da Unsicherheit besteht, fühlen sich Eingriffe der Spielleitung (z.B. um gute oder auch einfach verzweifelte Fluchtideen zu torpedieren) schnell frustrierend an!

Ich will jetzt dein Abenteuer nicht auseinandernehmen -- es passt einfach nicht zu meinen derzeitigen Spielvorlieben. Die Karte sieht cool aus, du hast dir viel Mühe mit der Atmosphäre auf der Lichtung gegeben und ohne jetzt weiter gelesen zu haben, dürfte derlei z.B. in einer DSA-Runde funktionieren. Wenn die Spielleitung die Gefangennahme nicht in den Sand setzt...

[Addendum: Meine Kommentare zur Gefangennahme sind doch nicht ganz passend, denn die Charaktere dürfen den Kampf auch einfach gewinnen. Ergo: Das Abenteuer sieht hier zumindest zwei unterschiedliche Ergebnisse vor. Aber der Tod der Charaktere scheint ausgeschlossen zu sein.]
« Letzte Änderung: 17.04.2025 | 17:33 von Johann »
Im Reich der Nibelungen ist eine Spielwelt mit eigenwilligen magischen Gesetzen für Swords & Wizardry Continual Light. Mehr dazu bei Blogger und DriveThruRPG (dank Fans auch auf Französisch und Englisch).

Online 1of3

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #30 am: 17.04.2025 | 17:55 »
Hast du nicht sowas wie nen Ausgangspunkt für dich? Eine Grundhaltung zur Verantwortungsverteilung?

System does matter. Spiel jedes Spiel, wie es gespielt werden will. Das Rollenspiel ist groß und bunt.

Du hattest vielleicht auch meinen Blick auf die gänzlich andere Sitzung unmittelbar davor gesehen. Wenn ich auf mein Rollenspielleben blicke, fallen die beiden größten Batzen Spielzeit auf D&D3.5 und Masks. Und die spielen sich doch irgendwie unterschiedlich.

Ich kann dir natürlich auch gern beschreiben, wie ich Masks leite, wenn dir das lieber ist.

Offline Sphinx

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #31 am: 17.04.2025 | 18:57 »
So recht weiß ich nicht wie ich das ganze Kategorisieren soll.

Mein Spielstiel sagt -> Ich hab 0 bock auf ein Spiel wo irgend jemand schummelt. Egal ob DM oder Spieler.

Daraus ergibt sich -> Ein System dessen Spielmechanik nicht solide ist. Dessen Spieltechnik nicht gut genug ist oder den Spielleiter nicht unterstützt sauber zu Planen. Sodas man auf die Mechanik "Schummeln" zurückgreifen muss. Aktuell nichts für mich ist.

Jetzt kann ich aber Spieltechnik gerne noch unterteilen. Ein Systemtechnik = Regeln.
Und Erzähltechnik = Wie die Geschichte aufgebaut wird und sich entwickelt.

Ohne der Godfather of DM-ing zu sein oder viel zu viel Zeit für die Planung aufzuwenden bin ich mir ganz sicher das eine gute Story konstante Anpassungen erfordert.
Ich habe schon von Spielern die Kritik gehört "Es passiert immer dann was wenn wir zufällig da sind". Einfach weil Ereignisse im Spiel in stase sind und erst passieren wenn die Spieler auf sie stoßen.
Ich persönlich erlebe im Spieler aber lieber was interessantes, von daher muss ein SL im Endeffekt bei der Story schummeln. Dann ist der General des BBEG eben in der Taverne wo die Spiele sind und nicht wie geplant in der Taverne im Nachbarort.
Das ganze hat natürlich auch Grenzen was noch durchgeht. Ich nutzte diese Erzähltechnik sehr häufig, will den Spielern ja was interessantes bieten. Aber ich würde nachträglich nicht an den HP des Generals drehen. Ebenso würde die Zeit ticken wenn festgelegt ist das die Geiseln in 3 Tagen getötet werden, dann sind sie in 3 Tagen tot wenn die Spieler zu sehr trödeln.
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Offline Haukrinn

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #32 am: 18.04.2025 | 11:43 »
Ja, da sprichst du einige wichtige Dinge an. Ich denke, die Unterscheidung zwischen Systemtechnik und Erzähltechnik ist eine wichtige, viele Spiele versuchen das ja auch klar zu strukturieren, mit unterschiedlichem Erfolg. Ich gehe übrigens mit deiner Grundeinstellung zu 100% mit, ich hab auch keinen Bock auf schummeln und Spiele, die nicht so designt sind, dass man das nicht muss -- nee, da passe ich.

Ich denke, ein gutes Spiel gibt dir als SL für beide Arten von Technik die Möglichkeit von Rulings mit. Und die würde ich von dramaturgischen Zwängen oder reglementiertem Würfel ignorieren abtrennen. Und da kann man vielleicht schon ein wenig was definieren. Für mich bedeutet das beispielsweise:

Rulin heißt ich tue etwas, was nicht irgendwo steht, damit das Spiel am Tisch für die Gruppe weitergeht.
Das würde ich klar von Dingen trennen (nennen wir die mal Non-Rulings), die gemacht werden, damit das Spiel im Kopf der SL weitergeht. Das führt in der Praxis dazu, dass die Geschichte vielleicht am Tisch weiter geht, aber das Spiel nicht. Denn Spiel impliziert Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten für die Spielenden.

Ich finde das passt auch gut zu deinem Beispiel mit dem General. Wenn die SC in einer Kneipe sitzen und es passiert im Nachbarort was, dann gewinnt das Spiel dadurch nichts. Da per Ruling den General zu verlegen finde ich nicht nur legitim, sondern sogar notwendig. Das ist ein Ruling im eigentlichen Sinne, genauso wie ein Schiri entscheiden muss, ob bei schlechtem Wetter weiter gespielt wird oder nicht. Den General aber im Tumult einfach entkommen zu lassen, ohne dass die SC etwas dagegen tun können, das ist kein Ruling. Das ist ein Bruch mit etablierten Systemtechniken.

Das gilt übrigens für mich auch im selben Maße für Erzählspiele. Egal wie da die Erzählrechte verteilt werden, non-rulings machen Erzählspiele schnell zur Vorlesestunde. Will man vielleicht auch nicht. Und ich ganz bestimmt nicht.
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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #33 am: 18.04.2025 | 12:24 »
Ich sehe nicht, was das mit SL-sein zu tun hat. Generell wollen wir vermutlich alle, dass das Spiel weitergeht und haben Interesse daran, dass alle sich einbringen.

Ich find auch den Begriff Ruling merkwürdig. Wenn du sagst, du lässt den General auftreten. Dann hast du keine Regelung getroffen. Regelung bedeutet, dass sich andere daran halten müssen. OK, wenn der General jetzt da ist, müssen wir alle annehmen, dass der General jetzt da ist. Und wenn ich sage, mein Charakter hat eine rote Jacke an, dann nehmen jetzt bitte alle an, der Charakter habe eine rote Jacke an. Generäle auftreten zu lassen ist einfach das, was du eben tun kannst und sollst. Und ich kann und soll das Äußere meines Charakters beschreiben.

Du kannst natürlich "Ruling" als anderes Wort für Entscheidung benutzen. Du hast ja entschieden den General auftreten zu lassen. Ich sehe aber den Gewinn daran nicht.

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #34 am: 18.04.2025 | 12:46 »
Das dürfte gut funktionieren, lässt aber auch die Hand der Spielleitung spüren. Ich tendiere da eher zu Notizen wie "Wenn nicht sofort jemand eingreift, ist der NSC tot".

Ich habe Zeds Abenteuer vollständig gelesen und deine Auszüge erzeugen ein schiefes Bild (ich unterstelle dir keine Absicht). Drachenfieber ist im Prinzip eine kleine Sandbox, die mit einem "in medias res" Start beginnt (der übrigens auch für meinen Geschmack etwas weniger "geskriptet" sein könnte). So ein "strong start" hat u.a. den großen Vorteil, das die Spieler direkt ins Abenteuer gezogen werden. Ich selbst arbeite gerne mit dieser Technik und kann sie wärmstens empfehlen.


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Falls Gunthers Befreiung zentrales Ziel des Abenteuers wäre, fände ich das einen Mega-Abtörner. Doch auch sonst sehe ich keine Notwendigkeit Spielern, die ein optimales Vorgehen wählen (das ruhig sehr anspruchsvoll sein darf), so ihren Erfolg zu stehlen nehmen. Wo liegt da der Mehrwert - außer, dass es zum Abenteuertitel passt ;)?
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #35 am: 18.04.2025 | 12:58 »
Ich sehe nicht, was das mit SL-sein zu tun hat. Generell wollen wir vermutlich alle, dass das Spiel weitergeht und haben Interesse daran, dass alle sich einbringen.

Wenn das so wäre, würden wir hier nicht diskutieren. Ich hatte eigentlich gedacht, meine obige Definition macht klar, dass das nicht so sein muss.

Zitat
Du kannst natürlich "Ruling" als anderes Wort für Entscheidung benutzen. Du hast ja entschieden den General auftreten zu lassen. Ich sehe aber den Gewinn daran nicht.

Ich finde den Begriff so wie er aus dem Sport entlehnt ist eigentlich ziemlich passend und im Unterschied zur Entscheidung halt auch klar auf die SL bezogen.
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Offline Tudor the Traveller

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #36 am: 18.04.2025 | 14:54 »
Drachenfieber ist im Prinzip eine kleine Sandbox, die mit einem "in medias res" Start beginnt (der übrigens auch für meinen Geschmack etwas weniger "geskriptet" sein könnte). So ein "strong start" hat u.a. den großen Vorteil, das die Spieler direkt ins Abenteuer gezogen werden.

Ich habs quergelesen und würde dir widersprechen. Es ist imo ein relativ geschlossenes Szenario mit optionalen Schauplätzen. Das ist nicht das, was ich unter Sandbox verstehe. Und auch dem Anspruch "Freiheiten zu lassen" steht das geschlossene Szenario im Weg.
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Offline flaschengeist

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #37 am: 18.04.2025 | 15:00 »
Ich habs quergelesen und würde dir widersprechen. Es ist imo ein relativ geschlossenes Szenario mit optionalen Schauplätzen. Das ist nicht das, was ich unter Sandbox verstehe. Und auch dem Anspruch "Freiheiten zu lassen" steht das geschlossene Szenario im Weg.

Hmm, ich habe es vor einigen Monaten gelesen, vielleicht trügt mich die Erinnerung.
Für wahrscheinlicher halte ich aber offen gestanden, dass es am Querlesen gelegen hat. Lese es doch mal ganz.
Kann natürlich auch sein, dass unsere Definition von Sandbox zu unterschiedlich ist.

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #38 am: 18.04.2025 | 15:18 »
Ich habs quergelesen und würde dir widersprechen. Es ist imo ein relativ geschlossenes Szenario mit optionalen Schauplätzen. Das ist nicht das, was ich unter Sandbox verstehe. Und auch dem Anspruch "Freiheiten zu lassen" steht das geschlossene Szenario im Weg.

Als Autor von Drachenfieber muss ich hier widersprechen.

Es gibt den Flaschenhals, der endet, wenn der verängstigte Handwerker Garog sein Kind in den Himmel hält, das Feuer hustet und daran verstirbt.

Ab dann ist alles offen. Alles ist möglich, und bei beinahe jedem Handlungsort gibt es Hinweise auf einen Teil dessen, was "dahinter" liegt. Die ganzen Handlungsorte müssen allerdings nicht aufgesucht werden. Die Historie hinter den Drachenfieber muss nicht entdeckt werden.

Ob die Gruppe sich von Garog distanziert, ob sie gegen seine (und evtl auch ihre) Verhaftung kämpft, oder ob sie einfach erstmal in den Wald flieht, das alles ist offen. Der Abschnitt "Was alles passieren kann" kann und soll natürlich nicht alle Möglichkeiten aufzählen, wie die Gruppe sich entscheidet.

Edit: Es kann natürlich sein, dass wir unter "Sandbox" unterschiedliches verstehen. Darf oder soll eine Sandbox einen Flaschenhals haben? Ich für mich jedenfalls könnte kein nicht-lineareres Abenteuer spielleitern.

Offline Johann

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #39 am: 18.04.2025 | 17:18 »
Drachenfieber ist im Prinzip eine kleine Sandbox, die mit einem "in medias res" Start beginnt (der übrigens auch für meinen Geschmack etwas weniger "geskriptet" sein könnte). So ein "strong start" hat u.a. den großen Vorteil, das die Spieler direkt ins Abenteuer gezogen werden. Ich selbst arbeite gerne mit dieser Technik und kann sie wärmstens empfehlen.

In medias res ist für Oneshots und Kampagneneinstiege super -- danach kniffliger: Insbesondere wenn die Charaktere abrauchen können, dann ist halt die Frage, ob diese Startsituation etwas ist, was sie hätten verhindern können. Eine dämonische Invasion der Stadt: vermutlich nicht. Waffenlos in einem Badehaus in einen Hinterhalt zu laufen: je nach Charaktertyp, Stufe, Persönlichkeit usw. vielleicht schon.

Mir ist wichtig, dass ab Spielbeginn alles neutral abgewickelt wird: Die Entführung Gunthers passiert deshalb off-screen und wird den Charakteren erzählt. Wenn sie dabei wären, dann müsste ich Versuche, die Entführung zu vereiteln, scheitern lassen -- und das kommt für mich bei diesem Spielstil nicht in Frage.

Zitat
Falls Gunthers Befreiung zentrales Ziel des Abenteuers wäre, fände ich das einen Mega-Abtörner. Doch auch sonst sehe ich keine Notwendigkeit Spielern, die ein optimales Vorgehen wählen (das ruhig sehr anspruchsvoll sein darf), so ihren Erfolg zu stehlen nehmen. Wo liegt da der Mehrwert - außer, dass es zum Abenteuertitel passt ;)?

Das kann ich gut nachvollziehen - die Geschmäcker sind verschieden & das ist völlig okay.

Da ich weiß, dass das ein potenziell kontroverses Element ist, kündige ich das zu Beginn immer an, inkl. des Würfelmechanismus. So können sich die Spieler mental darauf einstellen (und theoretisch die Runde verlassen). Da im Steckbrief für das Abenteuer auf Cons aber die Ergebnisoffenheit & Tödlichkeit hervorgehoben werden, hat die Vorauslese bisher immer geklappt...

Alle 40+ Spieler haben das bisher akzeptiert -- wobei die Post-Game-Gespräche gezeigt haben, dass manche das nicht mögen, andere aber schon.

Warum darf Gunther sterben?

1) Es passt zur Logik des Szenarios, also der Vorgeschichte. Natürlich könnte ich diese anders gestalten, aber ich finde sie stimmig und habe bisher ausschließlich sehr positive Rückmeldungen dazu erhalten!

2) Die Welt fühlt sich lebendig an, d.h. sie hat ein 'Eigenleben', nimmt keine Rücksicht auf die Charaktere, folgt keiner Dramaturgie usw.

Wenn sich bei einem solchen Spielstil ergibt, dass das Wetter auf einmal wichtig ist (um einer Spur zu folgen, einen Waldbrand zu legen o.Ä.) und der Wetterwurf lautet "Dauerregen", dann ist das halt so. Pech gehabt. An anderer Stelle haben die Charaktere aber auch Dusel. Für mich 'atmet' die Welt bei diesem Spielstil.

3) Ein bewusstes Signal an die Spieler, auch da es sich um ein Einführungsabenteuer handelt: Das ist ab jetzt eure Welt! Kein NSC ist 'immun' -- nicht einmal Gunther, eine zentrale Figur des Nibelungenliedes. Nichts ist ab jetzt vorherbestimmt.

So steht's auch im Abenteuer - und Sterben muss Gunther ist ein fester Teil des Datenpakets für Im Reich der Nibelungen:

Eine plausible Modellierung der Spielwelt, die Entscheidungen der Spieler*innen sowie das Würfelglück ergeben einen für alle Beteiligten unvorhersehbaren Verlauf. Die Figuren und Entwicklungen des Nibelungenliedes sind nur der Rohstoff für diesen Prozess. Es ist ausdrücklich nicht Aufgabe der Spielleitung, diese zu bewahren. Sterben darf Gunther.
« Letzte Änderung: 18.04.2025 | 17:30 von Johann »
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Online ghoul

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Re: Vermengung von Spielstil und Spieltechnik
« Antwort #40 am: 18.04.2025 | 18:22 »
Pro-Tipp: Einfach nicht den überstrapazierten Begriff "Sandbox"  verwenden, dann wird er nicht falsch verwendet.
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.
Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.