Autor Thema: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion  (Gelesen 1156 mal)

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Offline Feuersänger

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Wie gesagt: nur wenn das Geburtsalter nicht mitwächst. Und Léonisation bzw. medizinische Unsterblichkeit ist ja keine echte Unsterblichkeit mit unendlicher Lebenserwartung. Und selbst dann wäre es kein exponentielles Wachstum.

Natürlich wäre es exponentielles Wachstum. Wir hatten IRL bis vor nicht allzu langer Zeit sogar noch superexponentielles Wachstum, das sich inzwischen auf "nur noch" exponentielles Wachstum reduziert hat. Und das obwohl hier noch gestorben wird.

Zitat
Ich glaube Ressourcen werden die Menscheit viel früher in den Weltraum locken als Platz.

Wie gesagt, das ist der Standpunkt von dem ich bei "normaler" Lebenserwartung ausgehe. Bei Unsterblichkeit wäre ich mir nicht mehr so sicher, aber ist jetzt auch nicht mehr wichtig, da ich mittlerweile meine Entscheidung fürs Setting getroffen habe.

Zitat
Beim Weltraum Hab muss man für dieselbe "Nutzfläche" viel mehr Masse in den Weltraum bringen als bei der Besiedelung von Planeten.

Der Großteil dieser Masse muss aber nicht erst in den Weltraum gebracht werden, der ist schon da. Allerdings ist es zugegeben bei Mega-Habitaten immer noch ein riesen Problem, diese Masse zur Baustelle zu schubsen. Gemeinerweise gibt es nirgends im Sonnensystem (außer auf der Erde) alle benötigten Rohstoffe auf einem Haufen - irgendwas muss man immer von weiter weg rankarren. Gerade Substrat / natur-ähnlicher Erdboden ist da ein riesen Problem, weil man für ein großes Habitat so irrwitzig viel davon braucht. Wie gesagt, das war letzten Endes der Grund warum ich Mega-Habs erstmal hintan gestellt habe.

Zitat
Mit oder ohne Space Elevator?

Richtige Space Elevator gibt es nicht, jedenfalls nicht für die Erde. Was ich anbieten kann, sind Rotating Tether, die einem den Aufstieg um ein paar km/s verbilligen, aber selber ihre Tücken haben. Für Mars hingegen könnte es einen stationären Tether geben, der an Phobos oder Deimos aufgehängt ist, das ist schon ein sinnvoller Plan.

Zitat
Wo sich die vertikalen Farmen (bzw. kontrollierte Umgebungen) befinden ist eigentlich egal. Und der  Ertrag wird nicht mehr pro Hektar sondern pro Kubikkilometer berechnet.

Ja, es ist egal wo sie sind, weil man kräftig Energie benötigt, die man nicht von der Sonne kriegen kann, sondern man muss künstlich beleuchten. Außerdem sind die für Vertikalfarming geeigneten Produkte begrenzt - Getreide zB steht nicht mit auf der Liste.
Vertikalfarming habe ich durchaus für die integrierte Nahrungsproduktion in Orbitalstädten vorgesehen (auf einem von vier oder fünf Decks) -- damit kann man schon einiges erzeugen, aber halt wie gesagt nicht alles. Für den Rest gibt es das Rennen zwischen Agri-Ringen und Mars-Gewächshäusern.
Für Mars habe ich das sogar schonmal durchgerechnet: da ist es tatsächlich billiger, einfach mehr Fläche zu überdachen (mit lokal produziertem Stahl und Glas) und konventionell anzubauen, als permanent Fusionsbrennstoff für künstliche Beleuchtung ranzukarren.
Umgekehrt dürfte ein Agri-Ring für Getreideanbau im Saturnsystem ein ziemlicher Luxus sein, da man hier nur eine Ebene hat und diese mangels Sonnenlicht künstlich beleuchten muss -- aber da die Saturnianer ja an der Quelle sitzen, werden sie sich vielleicht einfach gönnen.  8)

Was aber auch noch ganz spannend ist: auf Mars ist tatsächlich der CO2-Partialdruck höher als auf der Erde. Da lag ich also insofern falsch: man muss die Marsluft nicht verdichten, sondern womöglich sogar verdünnen. Keine Ahnung ob normale Pflanzen mit so einer hohen CO2-Konzentration zurechtkämen. (Gengineering wäre freilich eine Option.) So oder so brauchen Pflanzen ja aber auch Sauerstoff zum Atmen, um Gewächshäuser und künstliche Atmosphären kommt man halt doch nicht rum.
« Letzte Änderung: 22.06.2025 | 11:31 von Feuersänger »
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Offline Aedin Madasohn

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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate
« Antwort #1 am: 22.06.2025 | 08:24 »
Gerade Substrat / natur-ähnlicher Erdboden ist da ein riesen Problem, weil man für ein großes Habitat so irrwitzig viel davon braucht. Wie gesagt, das war letzten Endes der Grund warum ich Mega-Habs erstmal hintan gestellt habe.

So oder so brauchen Pflanzen ja aber auch Sauerstoff zum Atmen, um Gewächshäuser und künstliche Atmosphären kommt man halt doch nicht rum.

aber alles überschaubar

- schau dir an, was Pestizide/Pflanzenschutzmittel an Ressourcen brauchen (inklusive der Arbeitszeit, diese mit dem Traktor - Sprit - zu verteilen) und jetzt hast du eine Spacefarm, wo alles "geschlossen" ist und zur "Neusterilisation" einfach mal alles im schattenlosen Zustand mit UV-Bombardemont DNA-zerlegt wird.

- Bodensubstrat brauchst du nicht, bereits jetzt gibt es Pflanzgitter, in den der Setzling ganz ohne Erde seinen Wurzelballen in eine wässrige Nährstofflösung (Salze und Stickstoffquelle etwa) wachsen lässt. In einem geschlossenen Space-Gewächshaus bleibt auch der Wasserumlauf erhalten  ;)

- Umsetzungsmasse an Salzen und Kohelstoffquelle, ganz locker gesagt, wenn 100.000 Tonnen Mampf zum Wohnhabitat geschippert werden, schippert dann der Space-Frachter leer zurück? oder karrt er dann die "Gülle" zurück? Atemluft-Abgeschiedenes CO2 lässt sich ab rund 80 bar verflüssigen (kennt einige von der Bier-Zapfanlage) und schupps hat man was fürs Spiel (Sabotage an einem 80 bar Kessel, der dann brutale Verdampfungsexpansion samt Abkühlung - denkt an die CO2 Feuerlöscher - als Folgeschaden generiert, dass könnte schon spielbare Investigatoren/Havariespezialisten auf den Plan rufen, so als Einstieg ins Abenteuer, warum ein Frachter geentert werden muss) als auch was für die Space-Farmen. Wenn flüssig CO2 (Kompressorenenergie wieder aus unermüdlichen Solarpanellen) in der Farm ankommt, dann würde damit ja auch schon massiv gekühlt werden können. Geschlossene System halt, in denen Kreislaufwirtschaftlich gerechnet wird.

- Pflanzen verbrauchen wenig Wasser in Photosyntese und setzen deutlich mehr Wasser für Verdunstungs-Pumpen um - auch/gerade, um sich zu kühlen. In einem Makro wie der Erde weht das Verdunstungswasser in der Luft (Luftfeuchtetransit) wild hin und her (Tau und Regen bringen es im Makro zurück, aber nicht unbedingt an deiner Pflanze) - und dieser Kühlung-duch-Verdunstung Prozess ließe sich in der Space-Farm-Klimaanlage als Tauumschlag zurück einspeisen. Solarpanells bei einer 24/7 Dauerbelichtungsfarm würden ja auch 24/7 den nötigen Anlagen-Strom liefern und im Space sollte dafür genügend Platz vorhanden sein.

- wieviel Sauerstoff Planzen (selbst) wieder verbrauchen, hängt auch von dem Photosynteheszyklus ab, auf dem sie laufen. Gibt zwei Hauptsyteme mit unterschiedlichen Effizienzen, da einmal giftige Nebenprodukte anfallen, deren Spaltung nochmals wieder Energie (und damit Sauerstoff-Oxidation) verbrauchen. Die klassische nächtliche CO2 Emission der Zimmerpflanzen, wenn ihre Photosynthese ruht, sie aber Schlacken abbauen müssen. Genschere CrisperCas9-Excellsior und schupps werden solche Ineffizenzien glattgebogen. Crisper hilft auch bei dem Pflanzen-Design zur Gewinnung von Brotgetreidekörner mit Wurzelballen in Wasser Anpflanzung. Alleine die Frage nach der Mehrjährigkeit bei der Korn-Mutterpflanze ließe sich Aufwand ohne Ende einsparen. Quasi Weizenbüsche, wo die Ähren von den Zweigen geschnitten werden und der Busch jahrzehntelang Ähre und Ähre austreibt. Halt Überwindung der kurzumlaufadaptiven mesopotamischen Trockensommer-Konditionierung einjähriger Gräser  ;)
(das könnte übrigens die Ernährungsprobleme der Menschheit auf der Erde lösen, aber wer will den so was satanische wie CrisperCAS entfesseln? das überlassen die satten Gutmenschen dann lieber den "skrupellosen" Chinesen, welche sich damit ihre Vorherrschaft im globalen Süden ausbauen können - also, die common-Sprache in einem Zukunfstsetting sollte daher schon chinesisch sein)   

- Wasserverlust durch Nahrungsproduktion als Export von Wasser in den Früchten. Wird viel drüber geredet, Funfact: Getreide wird "natürlich" bis rund 16% Restfeuchte getrocknet, um besser lagerbar zu sein. Zum Mahlen wird es benetzt, damit es mahlbar wird und nicht zu fein zerknirscht wird (Pulverstaubexplesion ist da auch noch ein Therma - in Bremen ist da schon ein ganzes Mahlwerk abgedeckt worden). Per Vakuumdestillation (Gefriertrocknung bei empfindlichen Sachen) lassen sich Restfeuchten von 5% erreichen. Macht bei 100.000 Tonnen Getreide 16.000 Tonnen Wasser, welche ich um 11.000 Tonnen bereinigen kann. Außerdem ist das Getreide (Kohlenhydrate, pflanzliche Fette und Eiweiße) jetzt Ultralanghaltbar, weil da echt nichts mehr drin wächst. Da liegen vielleicht noch ein paar Sporen in Stasis vor, aber Pilz-Verderbnis oder Insektenfraß ist nicht mehr möglich. Rieselfähige Tomaten gibt es auch, sprich so viel "frisches" Wasser muss die Spacefarm gar nicht einführen und mit der Gülle-Rücknahme kommt ja auch schon was zurück.

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Offline Ainor

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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate
« Antwort #2 am: 22.06.2025 | 10:00 »
Natürlich wäre es exponentielles Wachstum. Wir hatten IRL bis vor nicht allzu langer Zeit sogar noch superexponentielles Wachstum, das sich inzwischen auf "nur noch" exponentielles Wachstum reduziert hat. Und das obwohl hier noch gestorben wird.

Definitiv nicht. Normales Bevölkerungswachstum ist exponentiell. Mit 4 Kindern pro Frau verdopplet sich die Bevölkerung beispielsweise in jeder Generation. Für Superexponentielles Wachstum müsst die Generationenfolge dauerhaft kürzer werden, was biologisch nicht möglich ist.

Wenn jetzt plötzlich Unsterblichkeit vom Himmel fällt und grob 4 Milliarden unter 30 ewig leben und sie z.B. in 100 Jahren 2 Kinder pro Frau bekommen, und sich dass in alle Ewigkeit fortsetzt, dann ist die Wachstumsrate 4 Milliarden in 100 Jahren. Das ist aber linear und nicht exponentiell.

Wie gesagt, das ist der Standpunkt von dem ich bei "normaler" Lebenserwartung ausgehe. Bei Unsterblichkeit wäre ich mir nicht mehr so sicher, aber ist jetzt auch nicht mehr wichtig, da ich mittlerweile meine Entscheidung fürs Setting getroffen habe.

Nimm die Zahlen oben. Es dauert 1000 Jahre un die 40 Milliarden zu erreichen. Bevor der Platz wirklich ausgeht wäre man technologisch so weit von heute entfernt dass es unmöglich ist zu sagen was dann passiert.

Der Großteil dieser Masse muss aber nicht erst in den Weltraum gebracht werden, der ist schon da. Allerdings ist es zugegeben bei Mega-Habitaten immer noch ein riesen Problem, diese Masse zur Baustelle zu schubsen.

Was meinst du mit "schon da"? Dass man kleinere Asteroiden auseinandernimmt? Da sehe ich nicht den Vorteil gegenüber bauen auf grösseren Asteroiden, bis auf die Lage.

Ja, es ist egal wo sie sind, weil man kräftig Energie benötigt, die man nicht von der Sonne kriegen kann, sondern man muss künstlich beleuchten. Außerdem sind die für Vertikalfarming geeigneten Produkte begrenzt - Getreide zB steht nicht mit auf der Liste.

Klingt nach einem lösbaren Problem. Und ich vermute dass die Kosten für ein riesiges zweidimensionales Hab die Kosten für Beleuchtung des viel volumeneffektiveren "vertikalen" Habs  locker in den Schatten stellen.

Für Mars habe ich das sogar schonmal durchgerechnet: da ist es tatsächlich billiger, einfach mehr Fläche zu überdachen (mit lokal produziertem Stahl und Glas) und konventionell anzubauen, als permanent Fusionsbrennstoff für künstliche Beleuchtung ranzukarren.

Tjo, solange Platz und Baustoff quasi gratis ist sollte das hinkommen. Auf der Erde reden wir ja auch vor allem über Vertikalfarmen weil uns der horizontale Platz ausgeht.

Umgekehrt dürfte ein Agri-Ring für Getreideanbau im Saturnsystem ein ziemlicher Luxus sein, da man hier nur eine Ebene hat und diese mangels Sonnenlicht künstlich beleuchten muss -- aber da die Saturnianer ja an der Quelle sitzen, werden sie sich vielleicht einfach gönnen.  8)

Irgendwie bezweifle ich dass Beleuchten so viel teurer ist als Transport.

Was aber auch noch ganz spannend ist: auf Mars ist tatsächlich der CO2-Partialdruck höher als auf der Erde. Da lag ich also insofern falsch: man muss die Marsluft nicht verdichten, sondern womöglich sogar verdünnen. Keine Ahnung ob normale Pflanzen mit so einer hohen CO2-Konzentration zurechtkämen.

Lustigerweise habe ich kürzlich den Vorschlag gehört Vertikalfarmen mit abgeschiedenem CO2 anzureichern. Würde funktionieren, aber das Limit ist wohl grob das fünffache der Konzentration in der Erdatmosphäre.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Offline Feuersänger

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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate
« Antwort #3 am: 22.06.2025 | 12:20 »
@Aedin:
Wow, das klingt alles sehr detailliert und fundiert. Bist du da irgendwie vom Fach? ^^
Jedenfalls vielen Dank für den Input, da kann ich einiges von gebrauchen.

Generell habe ich bei Orbitalhabitaten unterschiedliche Größenordnungen im Sinn:

Wie gesagt, die "kleinen" hätten so ca 1,8km Durchmesser (diese Zahl ergibt sich aus: 1 Umdrehung pro Minute bei 1G künstlicher Schwerkraft -- ist also nur eine Konvention, man kann auch größer oder kleiner bauen, schneller oder langsamer drehen, sich mit 0,5G zufrieden geben...)

Postulieren wir zB so einen Ring mit 300m Breite, wären das ebenerdig ca 170ha. Ich hab jetzt keine Ahnung, wie dick das Substrag sein sollte _wenn_ man solches verwendet - 30cm? 50cm? Bei 30cm wären es 500.000m³. Nehmen wir 1,5g/cm³ Dichte an, wären das also 750.000 Tonnen. Also grob 1000-1500 Schiffsladungen -- nicht ganz von heute auf morgen zu erledigen, aber innerhalb weniger Jahre machbar.

Klar, wenn es nur um die reine Produktion geht, kann man darauf auch verzichten wie du sagst. Aber zB für die Freilichtebene (also das innerste Deck des Rings) einer orbitalen Stadt _will_ ich da gar nicht drauf verzichten; ich will damit eine schöne natürliche Umgebung für die Bewohner bieten, damit die nicht bei permanentem Neonlicht in trostlosen Plastikkästen den Weltraumkoller kriegen.

Wie gesagt, das ist alles ambitioniert aber handhabbar.

Bisher gescheitert jedoch bin ich beim Entwurf der Mega-Habs nach Art eines Bishop Rings, und das obwohl ich da bei den Dimensionen noch viel konservativer bin als beim Bishop-Entwurf. Der Sinn ist hier ja quasi, eine künstliche Welt zu erschaffen, die den Bewohnern ein ähnliches Lebensgefühl vermittelt wie die gute alte Erde.
Bereits mit zarten 160km Radius und 100km Breite kommen wir da auf 100.000km², das ist etwa die Größe von Südkorea oder Bulgarien. Selbst wenn wir hier tricksen und nur zB 50% der Fläche mit Erde bedecken wollen, sind wir hier ruck-zuck bei 75 Gigatonnen. Das wären also einige Millionen Frachterflüge. (Herzustellen wäre dieses Substrat zB aus Regolith oder Gesteinsasteroiden). Ich habe da schon alle möglichen Ideen gewälzt, bis hin zu "den Asteroiden zur Baustelle schleppen" und "das Material mit Mass Driver direkt vom Steinbruch in den Ring schießen". Ist aber alles schwierig: selbst wenn man es schafft, 10 Tonnen Material pro Sekunde einzubringen (24/7/365), wäre man ca 240 Jahre beschäftigt. Und da ist dann noch kein Wasser dabei.

Bei aller Liebe zum langfristigen Denken ist das schon ein Stretch -- will ich Wohnraum für 100 Millionen Menschen bauen, wenn ich gar nicht weiß ob es in 300 Jahren den Bedarf dafür gibt?

Die ganze Ambition ist zugegeben eine Nachwehe meines früheren Setting-Entwurfs mit FTL und außerirdischen Freiluftwelten. Ich hatte gehofft, mit solchen Habitaten wenigstens exotische Welten anbieten zu können, auf denen der Himmel violett ist und sich morgens ein Gasriese über den Horizont schiebt. Aber selbst wenn ich sage okay, das machen wir -- dann kann es diese Welten ja erst ab etwa 2500AD geben, und das finde ich dann schon wieder sehr far out.
Also wenn ihr da Ideen habt wie man da die Bauzeit deutlich verkürzen könnte, immer her damit. ^^
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #4 am: 22.06.2025 | 13:40 »

Der Orbit der Marsmonde ist meines Wissens allerdings nicht wirklich stabil (die werden früher oder später auf den Planeten fallen), das könnte auf Dauer Schwierigkeiten machen.
Keine Ahnung um wieviele Millimeter pro Jahr die genau sinken und ob das ein wirklich ein relevantes Problem ist (oder ob sich das vielleicht sogar zur Energiegewinnung ausnutzen lässt).
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #5 am: 22.06.2025 | 13:43 »
Da geht es um Millionen von Jahren, ist also nicht super dringend.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #6 am: 22.06.2025 | 21:38 »
Habe hier mal ausgeputzt und die ganzen Beiträge, die sich um Bevölkerungsentwicklung bei Unsterblichkeit drehen, in den Unsterblichkeitsthread überführt.
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Alexandro

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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #7 am: 23.06.2025 | 18:13 »
Was aber auch noch ganz spannend ist: auf Mars ist tatsächlich der CO2-Partialdruck höher als auf der Erde. Da lag ich also insofern falsch: man muss die Marsluft nicht verdichten, sondern womöglich sogar verdünnen. Keine Ahnung ob normale Pflanzen mit so einer hohen CO2-Konzentration zurechtkämen. (Gengineering wäre freilich eine Option.) So oder so brauchen Pflanzen ja aber auch Sauerstoff zum Atmen, um Gewächshäuser und künstliche Atmosphären kommt man halt doch nicht rum.

Ich glaube, du wirfst da unterschiedliche Sachen durcheinander. Der CO2-Partialdruck beschreibt den Druck, welches CO2 innerhalb der (praktisch nicht vorhandenen) Marsatmosphäre ausübt. Und natürlich ist der (bei nur 1,2% der Dichte der Erdatmosphäre, und weniger Anteilen von anderen Gasen in dieser) höher als auf der Erde - das bedeutet nicht, dass man "die Marsluft verdünnen" müsste, ebenso wenig wie die Tatsache dass der Sauerstoff-Partialdruck in den Weltmeeren fast genauso hoch ist wie in der Erdatmosphäre bedeutet, dass wir alle unter Wasser atmen können.

Die dünne Atmosphäre bedeutet, dass ohne Druckanzüge deine Hautzellen einfach platzen (von menschlichen Lungen will ich gar nicht erst anfangen). Auch Strahlung und Mikrometeoriten sind bei einer derart dünnen Atmosphäre ein Problem, wenn man die Kolonie nicht komplett in unterirdischen Bunkern aufziehen will.

Wie bekommt man also dichtere Atmosphäre auf den Mars*? Schmelzen wir Polarkappen oder pflanzen wir massive Vegetation in unsere Habitate, und leiten Teile des produzierten Sauerstoff in die Marsluft raus?

Leider würde das nicht auf Dauer funktionieren, da der Mars nur ein schwaches Magnetfeld hat. Das heißt, dass ein Großteil der Atmosphäre nicht dauerhaft am Planeten anhaftet, sondern regelmäßig durch Sonnenwinde etc. abgetragen wird. Wenn wir also nicht ständig neue Atmosphäre aufbauen wollen, und ein selbst erhaltendes System konstruieren wollen, dann brauchen wir also eine Möglichkeit, um das Magnetfeld des Mars stärker zu machen.

Und da stoßen wir an das Problem, dass wir noch nicht soviel über Magnetfelder auf anderen Planeten wissen (selbst im Verständnis unseres Erdmagnetfeld gibt es - obwohl wir uns da am meisten auskennen - noch Lücken), daher kann das folgende in ein paar Jahren, mit höherem Forschungsstand, schon wieder überholt sein:
1.) Der Marskern ist fast komplett flüssig, und leichtere Elemente darin verhindern, dass er sich verfestigt - ein Gedanke mit dem ich einmal (für "Alien Communities" rumgespielt habe, wäre der, dass man massives Deep Core Mining betreibt, und damit die Temperatur im äußeren Kern ausreichend senkt, dass sich dieser verfestigen kann. Dann hätte man möglicherweise einen Geodynamo (allerdings mit einer festen Hülle um einen flüssigen Kern, statt umgekehrt wie auf der Erde) und damit u.U. ein stärkeres Magnetfeld.
2.) Man müsste irgendwie die leichteren Elemente aus dem Eisen und Nickel rausraffinieren, und dem Kern auf diese Weise die Möglichkeit geben, sich im Inneren zu verfestigen - aber da wüsste ich noch weniger, ob das irgendwie mit Technologie, die in keine "fucking magic" ist, machbar ist.

Just my 2cents.

* Über deren Zusammensetzung machen wir uns erstmal keine Gedanken - selbst eine reine CO2-Atmosphäre mit, sagen wir mal, 70% der Dichte der Erdatmosphäre, wäre lebensfreundlicher, als das, was wir im Moment haben - atmen kann man das zwar immer noch nicht, aber wenigstens braucht man dann keinen Druckanzug mehr, und ist besser gegen Strahlung und Gesteinsbrocken abgeschirmt.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #8 am: 23.06.2025 | 18:34 »
Leider würde das nicht auf Dauer funktionieren, da der Mars nur ein schwaches Magnetfeld hat. Das heißt, dass ein Großteil der Atmosphäre nicht dauerhaft am Planeten anhaftet, sondern regelmäßig durch Sonnenwinde etc. abgetragen wird. Wenn wir also nicht ständig neue Atmosphäre aufbauen wollen, und ein selbst erhaltendes System konstruieren wollen, dann brauchen wir also eine Möglichkeit, um das Magnetfeld des Mars stärker zu machen.

Müsste es nicht auch möglich sein, den Mars vor den Sonnenwinden abzuschirmen? Ein durchsichtiger Schild, wie die Streulinse für die Erde, nur eben ohne Streueffekt?

Wenn man schonmal die Technologie für die Streulinse, die Feuersänger beschreibt, hat, wäre es zu so einem Projekt nicht mehr weit - erst recht verglichen mit irgendwelcher Manipulation des Planetenkerns.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #9 am: 23.06.2025 | 19:03 »
Das sind alles verschiedene Baustellen.

Zum einen: mir war tatsächlich neu, dass der Mars einen flüssigen Kern hat. Ich dachte, der Planet wäre komplett erstarrt, was auch der Grund wäre warum es keine aktiven Vulkane mehr gibt. Aber dem ist wohl tatsächlich nicht so.

Zweitens, CO2-Partialdruck: stimmt, da habe ich wohl irgendwie die Zahlen durcheinandergebracht. Google sagt, die Marsatmosphäre habe nur 4-5mmHg, während der CO2-Partialdruck auf der Erde bei ca 40mmHg liegt. Die beiden Zahlen hatte ich wohl verwechselt.

Drittens: Terraforming wäre eine sehr langfristige Bemühung, weit jenseits des Scopes meines Settings -- dieses soll ja so ungefähr 2250 spielen, bis dahin könnte sich da beim besten Willen noch nicht viel getan haben, selbst wenn man morgen damit anfinge.

(Darum gilt Mars in Redshift im Allgemeinen als wenig attraktives Ziel -- was dann für manche Kolonialmächte wiederum interessant ist, weil sie da schalten und walten können wie sie wollen, ohne dass ein Konkurrent sich einmischen würde.)

Kurz, auf dem Mars baut man Kuppeln oder Hallen, aus in-situ hergestellten Werkstoffen, v.a. Stahl und Glas (Eisen und Silikat liegt ja überall rum). Vielleicht hat man auch den einen oder anderen kleineren Asteroiden auf den Mars crashen lassen, um die Verfügbarkeit von zB Wasser und Stickstoff zu erhöhen. Befüllt werden die Bauwerke mit einer Atmosphäre aus CO2, Stickstoff, ein wenig Sauerstoff und Wasserdampf.

Ich habe da sogar schonmal ausgerechnet, wieviel Material man für solche Bauwerke benötigt. Laut meinen Notizen kommt da zB ein 40ha großes Gewächshaus auf ca 9-14000t. (Uns spielt hierbei die geringere Schwerkraft in die Karten.) Die Dimensionierung beruht auf der Annahme, dass ein einzelner Marsbauer mit seinem Marstraktor an einem Arbeitstag 1 solchen Marsacker bearbeiten kann.

Müsste es nicht auch möglich sein, den Mars vor den Sonnenwinden abzuschirmen? Ein durchsichtiger Schild, wie die Streulinse für die Erde, nur eben ohne Streueffekt?

Witzig, ich habe auch schonmal über so eine Linse am Mars nachgedacht, allerdings hier als Sammellinse, um im fraglichen Äquatorialbereich die Sonneneinstrahlung zu erhöhen. Vielleicht könnte das dann Double Duty als Strahlenschutz fahren. Um aber hier genügend Sonnenlicht einzusammeln, bräuchte man meiner Rechnung nach eine Linse mit ca 7000km Durchmesser. Ich habe das Projekt erstmal hintan gestellt.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #10 am: 23.06.2025 | 19:09 »
Witzig, ich habe auch schonmal über so eine Linse am Mars nachgedacht, allerdings hier als Sammellinse, um im fraglichen Äquatorialbereich die Sonneneinstrahlung zu erhöhen. Vielleicht könnte das dann Double Duty als Strahlenschutz fahren. Um aber hier genügend Sonnenlicht einzusammeln, bräuchte man meiner Rechnung nach eine Linse mit ca 7000km Durchmesser. Ich habe das Projekt erstmal hintan gestellt.

Man dürfte das Projekt innerhalb des Settings aber auf dem Schirm haben - und sei es nur als eines dieser Dinger, das schon seit Jahrzehnten irgendwann in den nächsten 10-15 Jahren in Angriff genommen wird. Da könnte es zumindest in irgendeiner Form als Abenteuer-Aufhänger dienen.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #11 am: 23.06.2025 | 21:21 »
Man dürfte das Projekt innerhalb des Settings aber auf dem Schirm haben - und sei es nur als eines dieser Dinger, das schon seit Jahrzehnten irgendwann in den nächsten 10-15 Jahren in Angriff genommen wird. Da könnte es zumindest in irgendeiner Form als Abenteuer-Aufhänger dienen.

Ja, das wäre vorstellbar. Besonders ironisch da es natürlich am sinnvollsten wäre, die Linse als allererstes zu bauen.

Generell gilt für solche Lagrange-Linsen freilich, dass die benötigte Masse von Durchmesser, Dicke und Material bestimmt wird, und gerade bei der Dicke gehen die Schätzungen und Potentiale halt ganz gewaltig auseinander.

Für die Erd-Linse (zur Reduktion der Sonneneinstrahlung) habe ich ja iirc im anderen Thread ca 1 Mio t veranschlagt. Das mag aber etwas zu optimistisch sein, bzw zumindest würde dies eine Dicke von nur ca 50-60µm bedingen (bei einer Dichte von ca 1,3g/cm³). Das entspricht von der Dicke her immerhin 4-6 Lagen Haushalts-Alufolie. Mit modernen Metamaterialien mag das erreichbar sein. Wenn man stattdessen viel konservativer von zB ø1cm Linsendicke ausginge, wäre man ruck-zuck bei 200 Millionen Tonnen.
Will damit nur sagen: es gibt hier einen sehr großen Spielraum.

Bei der Erdlinse haben wir wie gesagt den Vorteil, dass wir das Licht nicht um 100% konzentrieren, sondern um rechnerisch ca 2-3% streuen wollen, das dürfte technisch viel einfacher zu erreichen sein. Außerdem ist der Bau dieser Linse im Interesse der ganzen Erdbevölkerung, damit dürfte die Finanzierung auch gut zu stemmen sein.

Bei einer Marslinse wäre es also genau umgekehrt: die Linse muss einen viel größeren Durchmesser haben, dann ist die Bündelung _vermutlich_ aufwendiger als Streuung und mag eine größere Dicke bedingen (aber da habe ich wohlgemerkt keine wirkliche Ahnung), und das ganze Projekt interessiert nur den einen Block, der den Mars wirtschaftlich nutzen will, und der müsste sich das erstmal leisten können. Oder aber diese Leute sagen pfeif drauf, bauen wir halt einfach doppelt so viele Gewächshäuser, das ist viel billiger.

Wie gesagt, da ist von Terraforming noch keine Rede. Soweit ich mich da einigermaßen dran erinnere, wäre das ein Projekt das eher so Jahrtausende dauern würde. Habe da keine konkreten Zahlen im Kopf, aber das könnten wir ja gerne mal durchrechnen. Die Kernprobleme dabei sind:
- Magnetfeld erzeugen, zB so wie von alexandro vorgeschlagen über Manipulation des Kerns,
- atembare Atmosphäre erzeugen, und zwar so dass sie auch bleibt wo sie hingehört und sich nicht ins All verflüchtigt
- ausreichend Wasser heranschaffen.

Das sind schon drei ziemlich gewaltige Wünsche auf einmal. Die Linse wäre da relativ gesehen pipifax.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #12 am: 23.06.2025 | 21:38 »
Ja, das wäre vorstellbar. Besonders ironisch da es natürlich am sinnvollsten wäre, die Linse als allererstes zu bauen.

Generell gilt für solche Lagrange-Linsen freilich, dass die benötigte Masse von Durchmesser, Dicke und Material bestimmt wird, und gerade bei der Dicke gehen die Schätzungen und Potentiale halt ganz gewaltig auseinander.

Für die Erd-Linse (zur Reduktion der Sonneneinstrahlung) habe ich ja iirc im anderen Thread ca 1 Mio t veranschlagt. Das mag aber etwas zu optimistisch sein, bzw zumindest würde dies eine Dicke von nur ca 50-60µm bedingen (bei einer Dichte von ca 1,3g/cm³). Das entspricht von der Dicke her immerhin 4-6 Lagen Haushalts-Alufolie. Mit modernen Metamaterialien mag das erreichbar sein. Wenn man stattdessen viel konservativer von zB ø1cm Linsendicke ausginge, wäre man ruck-zuck bei 200 Millionen Tonnen.
Will damit nur sagen: es gibt hier einen sehr großen Spielraum.

Wir auch immer die Dicke aussieht, sie dürfte für beide Projekte ungefähr gleich sein, oder vorhersehbar für die Marslinse das X-fache der Erdlinse; man müsste also sagen können, je nachdem wie ambitioniert das Projekt Marslinse sein soll, kostest es etwa das Y-fache bis Z-fache der Erdlinse.

Zitat
Bei der Erdlinse haben wir wie gesagt den Vorteil, dass wir das Licht nicht um 100% konzentrieren, sondern um rechnerisch ca 2-3% streuen wollen, das dürfte technisch viel einfacher zu erreichen sein. Außerdem ist der Bau dieser Linse im Interesse der ganzen Erdbevölkerung, damit dürfte die Finanzierung auch gut zu stemmen sein.

Bei einer Marslinse wäre es also genau umgekehrt: die Linse muss einen viel größeren Durchmesser haben, dann ist die Bündelung _vermutlich_ aufwendiger als Streuung und mag eine größere Dicke bedingen (aber da habe ich wohlgemerkt keine wirkliche Ahnung), und das ganze Projekt interessiert nur den einen Block, der den Mars wirtschaftlich nutzen will, und der müsste sich das erstmal leisten können. Oder aber diese Leute sagen pfeif drauf, bauen wir halt einfach doppelt so viele Gewächshäuser, das ist viel billiger.

Wie gesagt, da ist von Terraforming noch keine Rede. Soweit ich mich da einigermaßen dran erinnere, wäre das ein Projekt das eher so Jahrtausende dauern würde. Habe da keine konkreten Zahlen im Kopf, aber das könnten wir ja gerne mal durchrechnen. Die Kernprobleme dabei sind:
- Magnetfeld erzeugen, zB so wie von alexandro vorgeschlagen über Manipulation des Kerns,
- atembare Atmosphäre erzeugen, und zwar so dass sie auch bleibt wo sie hingehört und sich nicht ins All verflüchtigt
- ausreichend Wasser heranschaffen.

Das sind schon drei ziemlich gewaltige Wünsche auf einmal. Die Linse wäre da relativ gesehen pipifax.

Wie schnell schwindet die Atmosphäre eigentlich - insbesondere wenn man wirklich einen Schild baut, um die Sonnenwinde abzuhalten? Wenn es Jahrhunderte bis Jahrtausende dauert, bis der Luftdruck am Boden von "mehr oder weniger Erdniveau" auf "unbewohnbar" sinkt, könnte man auf den Gedanken kommen, sich die Sache mit dem Magnetfeld erstmal zu sparen und das Problem den Leuten in ein paar hundert Jahren zu überlassen.


Nebenbei kam mir gerade der Gedanke, dass Projekte wie die Marslinse, oder generell Terraforming, nicht nur als ernst gemeintes Vorhaben im Setting vorkommen könnte, sondern auch als Betrugsmasche (in Form einer todsicher extrem lukrativen Investitionsmöglichkeit) oder als Luftschloss, mit dem Politiker auf Stimmenfang gehen. Auch im 23. Jahrhundert versteht sicher nicht jeder genug von Wissenschaft und Ingenieurwesen, um das direkt zu durchschauen.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #13 am: 23.06.2025 | 23:06 »
Ich gehe das gerade mal systematisch durch. Es gibt da auch ein Kurzgesagt-Video in dem sie ein Mars-Terraforming _sehr_ optimistisch für innerhalb von 1-200 Jahren für machbar halten. Da bin ich mir aber ziemlich sicher dass das nicht sauber durchgerechnet ist.

Der Magnetring und Lupe an L1 ist an dem ganzen Projekt dabei noch so ungefähr das handzahmste. Wie gesagt, das könnten sie in Redshift bereits umsetzen, wenn sie wollten; Technologie und Logistik sind vorhanden.

Aber dann kommt als nächster Schritt die Atmosphäre, und da kracht es dann schon ganz gewaltig im Gebälk:
Ein ganz fieser Punkt ist, dass wir auf dem Mars, obwohl er so viel kleiner ist, aufgrund seiner geringen Gravitation wesentlich MEHR Gas brauchen als die ganze Erdatmosphäre umfasst.
Selbst wenn wir uns auf der Oberfläche mit einem Sauerstoffpartialdruck von 0,1 bar zufrieden geben - das entspricht so etwa 5000m Höhe auf der Erde - und dann noch ca 0,1 bar Stickstoff hinzufügen wollen, würde sich diese Atmosphäre so weit nach oben ausdehnen, dass wir insgesamt jeweils ca 5,3 Billionen Tonnen Sauerstoff und Stickstoff (nochmal: jeweils!) benötigen. Das ist insgesamt doppelt soviel Masse wie die ganze Erdatmosphäre.
Bei dieser Berechnung ist schon einkalkuliert, dass wir eine Durchschnittstemperatur von 10°C statt -60° anstreben.

Nur den Sauerstoff können wir theoretisch in situ herstellen, den Stickstoff müssen wir so oder so importieren.

Aber damit fangen die schlechten Nachrichten erst so richtig an.
Um diesen Sauerstoff aus dem Eisenoxid auf dem Mars zu erzeugen, brauchen wir per Thermolyse 17,2MJ/kg O2. Das macht auf den Gesamtbedarf hochgerechnet: ca 9e25J, das ist wohl etwa der 150,000fache aktuelle (IRL) Jahresenergieverbrauch der Menschheit.
Um dieses Projekt innerhalb von 300 Jahren durchzuziehen, bräuchte man eine Dauerleistung von 10 Petawatt (10e15W).

Selbst mit Fusionsenergie hätten wir da einen Jahresbedarf von knapp 600.000 Tonnen Helium-3. Wiederum auf meinen aktuellen Redshift-Settingstand bezogen, entspricht das ungefähr dem 200fachen der Gesamt-Jahresausbeute von dem Stoff.

Alternativ könnte man überlegen, mit Solarenergie zu arbeiten. Träumen wir mal von PV-Modulen mit ~50% Wirkungsgrad (aktuell krabbeln wir allmählich auf 25% zu, aber man hat schon fast 50% im Labor geschafft). Da auf dem Marsorbit wie gesagt nur ca 590W/m² ankommen, brauchen wir dann ca 2m²/kWp; also insgesamt 20 Millionen Quadratkilometer an Solarzellen. Im Orbit aufgehängt wäre das ein Kreis mit 5000km Durchmesser; auf der Marsoberfläche quasi ein mehrere tausend km breiter Ring um den Äquator. Massenbedarf spare ich mir mal.
(Es ist übrigens genau diese Stelle, die in dem kurzgesagt-Video gehandwedelt wurde.)

Aufgrund der immensen Dimensionen wird das auch nicht wesentlich besser, wenn man sich ein, zwei Jahrhunderte länger Zeit lässt. Erst wenn man das Ganze über mehrere Jahrtausende ausdehnt, fangen die Zahlen an, plausibler auszusehen.

Ich hatte auch die Idee, statt per Thermolyse eher auf genmanipulierte Mikroorganismen zu gehen, die Eisenoxid fressen und Sauerstoff furzen, aber das hat erstens seine eigenen Probleme, zweitens hilft es uns zwar ganz enorm bei der Energie-Infrastruktur, würde aber dann wohl eher noch länger dauern.

Schwierig!

--> Momentan sieht es in der Tat eher so aus, dass solche Pläne eher wie von Chaos vorgeschlagen höchstens als Betrugsmaschen ihren Platz im Setting haben könnten.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #14 am: 23.06.2025 | 23:44 »
Ja, eine solche Linse müsste schon ordentlich groß sein, und wahrscheinlich auch näher am Mars dran, um die Sonnenwinde wirklich sinnvoll umzulenken. Das ist schon eine ziemliche Hausnummer (wobei auch eine "nur" L1-Linse vom Driften abzuhalten nicht trivial ist).
 
Zum einen: mir war tatsächlich neu, dass der Mars einen flüssigen Kern hat. Ich dachte, der Planet wäre komplett erstarrt, was auch der Grund wäre warum es keine aktiven Vulkane mehr gibt. Aber dem ist wohl tatsächlich nicht so.

Ja, diese Erkenntnis ist relativ neu (in Folge der 2018 durch die INSIGHT-Mission gewonnenen Daten), und einige Wissenschaftler sind sich auch nicht 100% sicher, ob im Flüssigkern nicht doch noch irgendetwas festes ist. Da hat man also (noch) etwas Spielraum.

Zitat
Kurz, auf dem Mars baut man Kuppeln oder Hallen, aus in-situ hergestellten Werkstoffen, v.a. Stahl und Glas (Eisen und Silikat liegt ja überall rum). Vielleicht hat man auch den einen oder anderen kleineren Asteroiden auf den Mars crashen lassen, um die Verfügbarkeit von zB Wasser und Stickstoff zu erhöhen. Befüllt werden die Bauwerke mit einer Atmosphäre aus CO2, Stickstoff, ein wenig Sauerstoff und Wasserdampf.

Oberirdische Gebäude sind, wie weiter oben schon ausgeführt, keine besonders gute Idee. Strahlung, Mikrometeoriten, da kann einfach zuviel schiefgehen (und ein relativ kleines Loch kann schon massive Probleme bereiten). Unterirdische Komplexe ("Mars-Vaults") mögen nicht so "sexy" auf Planungsunterlagen aussehen, sind aber auf Dauer deutlich lebensfähiger.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #15 am: 24.06.2025 | 01:00 »
Ja, eine solche Linse müsste schon ordentlich groß sein, und wahrscheinlich auch näher am Mars dran, um die Sonnenwinde wirklich sinnvoll umzulenken. Das ist schon eine ziemliche Hausnummer (wobei auch eine "nur" L1-Linse vom Driften abzuhalten nicht trivial ist).

Ich habe den Verdacht, ein L1-Magnetfeldgenerator wäre das einzig praktikable. Es gibt da auch eine NASA-Studie dazu. Wenn ich das richtig verstehe, würde schon ein 200km großer Supraleiter-Ring ausreichen, gefüttert mit Strom im Megaampere-Bereich, damit der Planet noch mit 23µT geschützt wird, was dem Erdmagnetfeld entspricht. Es wird quasi eine Schutzblase aufgebaut, die die Partikel um Mars herumleitet.

Eine Alternative oder evtl ergänzend dazu wären kleinere, areostationäre Generatoren (auf 17000km Höhe über Grund), die mit jeweils ca 100kA auskämen. Dieser Ansatz hat ein paar Vor- und Nachteile gegenüber dem L1-Plan.

Jeder dieser Ansätze ist aber sicherlich um einige Größenordnungen praktikabler als das Vorhaben, in den flüssigen Kern des Mars runterzubohren und dort das Material zu filtern oder sonstwie zu tun was man tun muss, damit sich dort ein "natürlicher" Elektromagnet bildet.

Zitat
Oberirdische Gebäude sind, wie weiter oben schon ausgeführt, keine besonders gute Idee. Strahlung, Mikrometeoriten, da kann einfach zuviel schiefgehen (und ein relativ kleines Loch kann schon massive Probleme bereiten). Unterirdische Komplexe ("Mars-Vaults") mögen nicht so "sexy" auf Planungsunterlagen aussehen, sind aber auf Dauer deutlich lebensfähiger.

Das mag prinzipiell richtig sein, aber das ist dann sicher auch deutlich teurer zu bauen. Wie gesagt, darum ist mein Ansatz, dass der Mars eher so ein Shithole ist, dessen Bewohner großteils als "expendable" gelten. Eben so in der Art Sträflingskolonie, auch wenn es mitnichten alles Sträflinge sein müssen -- es reicht wenn es einfach arme Schlucker sind, für die es auf der Erde keine Arbeit gibt und denen mit sexy Bildern von malerischen Kuppelstädten ein besseres Leben auf dem Mars vorgegaukelt wurde, damit sie freiwillig kommen. Für den Staat ein Win-Win; sie liegen ihm auf der Erde nicht mehr mit Sozialhilfe auf der Tasche, können auf dem Mars produktive Arbeit verrichten, und wenn sie in einem tragischen Unfall umkommen, naja, wo die herkommen gibt's noch mehr.

Wie dem auch sei:
Ja, vielleicht sind die eigentlichen Wohneinheiten trotzdem doch eher unterirdisch.
Und wie gesagt, die Partikelstrahlung kriegen wir ja ganz gut in den Griff.
Mikrometeoritentreffer in eine Kuppel sind auch nicht unbedingt der Weltuntergang: bei einem niedrigen Luftdruck im inneren dauert es lange, bis da durch ein kleines (!) Leck so viel entwichen ist, dass es gefährlich wird. Genug Zeit um zu reagieren. Denkbar ist auch, die Kuppeln mehrschichtig (Whipple-Prinzip) und mit Verbundglas zu bauen. Klar treibt das den Massenbedarf etwas hoch, und der PVB-Kleber für das Verbundglas muss importiert werden, bleibt aber alles im Rahmen.

« Letzte Änderung: 24.06.2025 | 01:02 von Feuersänger »
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #16 am: 24.06.2025 | 16:20 »
Das mag prinzipiell richtig sein, aber das ist dann sicher auch deutlich teurer zu bauen. Wie gesagt, darum ist mein Ansatz, dass der Mars eher so ein Shithole ist, dessen Bewohner großteils als "expendable" gelten. Eben so in der Art Sträflingskolonie, auch wenn es mitnichten alles Sträflinge sein müssen -- es reicht wenn es einfach arme Schlucker sind, für die es auf der Erde keine Arbeit gibt und denen mit sexy Bildern von malerischen Kuppelstädten ein besseres Leben auf dem Mars vorgegaukelt wurde, damit sie freiwillig kommen. Für den Staat ein Win-Win; sie liegen ihm auf der Erde nicht mehr mit Sozialhilfe auf der Tasche, können auf dem Mars produktive Arbeit verrichten, und wenn sie in einem tragischen Unfall umkommen, naja, wo die herkommen gibt's noch mehr.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass Gruppen, die weg wollen von der Erde, aber die Gewohnheit nicht aufgeben wollen, auf einem Planeten zu leben, auf den Mars ziehen - eben weil er relativ gesehen ein Shithole ist und dort deswegen nicht so ein furchtbares Gedränge herrscht, ohne dass man gleich vollkommen vom Rest der Menschheit isoliert ist.

Ich denke da an Religionsgemeinschaften (die Mormonen haben es ja einst vorgemacht), an Rassisten, die eine abgeschlossene Ethno-Gemeinschaft bilden wollen, oder an Gruppen wie Libertäre oder Kommunisten, die einfach nur ungestört ihr Ding praktizieren wollen.

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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #17 am: 24.06.2025 | 16:53 »
Was aber auch noch ganz spannend ist: auf Mars ist tatsächlich der CO2-Partialdruck höher als auf der Erde. Da lag ich also insofern falsch: man muss die Marsluft nicht verdichten, sondern womöglich sogar verdünnen. Keine Ahnung ob normale Pflanzen mit so einer hohen CO2-Konzentration zurechtkämen. (Gengineering wäre freilich eine Option.) So oder so brauchen Pflanzen ja aber auch Sauerstoff zum Atmen, um Gewächshäuser und künstliche Atmosphären kommt man halt doch nicht rum.

Was bringt der Partialdruck wenn der Gesammtdruck gering ist? Der liegt bei laut Wiki bei 6e-3Bar - das ist reichlich wenig das ist eigentlich schon grob-Vakuum. (was dann auch "lustig" ist wenn man gewisse Filme sich anschaut mit den gewaltigen Stürmen auf dem Mars,... die aber eben keine "Masse" hinter sich haben.) Stürme auf dem Mars machen zwar optisch was her aber ohne den Druck können die nur die kleinsten Staubteilchen bewegen.

In der Erdgeschichte gab es auch schonmal deutlich höhere Sauerstoffkonzentrationen - daraus resultiertzen wohl auch viele Waldbrände und daraus eine höhere Fluktuation des CO2,...
Einerlei - ohne Gewächhäusser wird man auf dem Mars nicht drumrum kommen. Nicht genug gravitation um eine dichtere Atmosphäre zu halten.

Mars bekommt zwar deutlich weniger Sonnenstrahlung ab aber dafür bekommt er alles davon ab. Kein Magnetfeld um die hochenergie abzufangen und keine dichte atmosphäre um den anderen krahm abzufangen - ist aber fast egal da man eh im Gewächshaus sachen anbauen muss.

Mir stellt sich eher die Frage ob die Sonnenstrahlung ausreicht um Pflanzen wachsen zu lassen oder ob ich eh mit künstlicher Beleuchtung arbeiten muss. Ich vermute stark lezteres.
« Letzte Änderung: 24.06.2025 | 17:02 von unicum »

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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #18 am: 24.06.2025 | 19:02 »
Ich denke da an Religionsgemeinschaften (die Mormonen haben es ja einst vorgemacht), an Rassisten, die eine abgeschlossene Ethno-Gemeinschaft bilden wollen, oder an Gruppen wie Libertäre oder Kommunisten, die einfach nur ungestört ihr Ding praktizieren wollen.

Mars wäre (in der Wahrnehmung der restlichen Menschheit) ein Ort für Sträflinge, Verzweifelte, und Spinner.

Immer müssen die Mormonen herhalten, war ja auch schon in Expanse so. xD

Anyway, ist halt die Frage wie plausibel das ist, selbst mit Spinner-Faktor.

Stichwort "furchtbares Gedränge" -- Stand heute gibt es riesige, gewaltige, quasi menschenleere Landflächen auf der Erde, etwa fast ganz Kanada, Sibirien, und die Präriestaaten der USA. Natürlich sind die klimatisch und infrastrukturell herausfordernd (oder "herausgefordert"), aber immer noch ungefähr um Faktor 100 angenehmer als Mars.

In 1-200 Jahren dürfte sich freilich klimatisch einiges verändert haben - Auftauen von Permafrostböden, Desertifikation, was weiss ich. Aber immer noch besser als Mars. Es ist freilich im Detail schwer vorauszusagen, vor allem wenn man keine Klimawissenschaften studiert hat.
Beispielsweise für den Verbleib der USA nur mal zwei denkbare Szenarien:
A) die USA brechen aufgrund gesellschaftlicher Scherkräfte auseinander, die Leute ziehen entsprechend ihrer politischen Präferenzen hin und her, es finden aber keine großen Netto-Migrationen statt. Die Präriestaaten werden sich selbst überlassen; hier bietet sich mehr als genug Landfläche für Rassisten, Libertäre und religiöse Spinner.
B) die Südstaaten werden aufgrund des Wet Bulb Effekts unbewohnbar, die Prärie kann aufgrund zunehmender Aridität keine Fluchtströme aufnehmen. Es gibt Migrationen Richtung Great Lakes und evtl Kanada. Doch auch hier ist die Prärie immer noch wohnlicher als Mars.

Zu den Libertären habe ich ja schon ein paar Takte gesagt. Mal ausführlicher:
Libertäre Ideale scheitern an der Materialität des Weltraums. Genau da ist der inhärente Widerspruch: Libertarismus basiert auf individueller Souveränität, aber Raumkolonien sind strukturell auf totale Interdependenz und zentralisierte Kontrolle angewiesen. Du kannst keine Luft privatisieren, wenn das Nichtbezahlen sofort den Tod bedeutet.

Denkbar wäre da mE höchstens eine Art "SpaceXodus" unter Federführung eines Unternehmens, wobei das eben ein reiner "Unternehmensstaat" wäre, und letztendlich die libertäre Grundidee vollumfänglich unterläuft, da auf dem Mars zwangsläufig jeder vollkommen von der Infrastruktur abhängig wäre. Es wäre also dann quasi Libertarismus für genau 1 Person, nämlich den in Nährflüssigkeit konservierten Kopf von Elmo Skum.

Es KANN natürlich sein, dass die ganzen Libertarier da halt einfach komplett geleimt werden. Lassen sich mit Versprechungen von einem libertären Utopia auf den Mars locken, und wenn sie dann da sind müssen sie feststellen, dass sie jetzt de facto Sklaven sind, und wer nicht spurt kriegt den Hahn abgedreht.
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« Antwort #19 am: 24.06.2025 | 20:00 »
Immer müssen die Mormonen herhalten, war ja auch schon in Expanse so. xD

Anyway, ist halt die Frage wie plausibel das ist, selbst mit Spinner-Faktor.

Die Unwirtlichkeit des Mars ist in der Sache ein Vorteil. Selbst die ungastlichste Ecke der Erde gehört immer noch zu den begehrenswertesten Ecken des ganzen Sonnensystems, und selbst die entlegendste Insel oder hinterste Ecke der (Ant-)Arktis ist für Eindringlinge oder Erdregierungen wesentlich einfacher zu erreichen als der Mars. Wer allein gelassen werden will, der sucht sich eine Ecke, für die sich möglichst niemand interessiert, und da passt der Mars noch eher als die Erde.

Zitat
Zu den Libertären habe ich ja schon ein paar Takte gesagt. Mal ausführlicher:
Libertäre Ideale scheitern an der Materialität des Weltraums. Genau da ist der inhärente Widerspruch: Libertarismus basiert auf individueller Souveränität, aber Raumkolonien sind strukturell auf totale Interdependenz und zentralisierte Kontrolle angewiesen. Du kannst keine Luft privatisieren, wenn das Nichtbezahlen sofort den Tod bedeutet.

Libertäre Ideale scheitern ja schon an den Realitäten auf der Erde. Zivilisation ist und bleibt ein Teamsport. Und doch, es gibt auf der Erde Libertarier.

Von daher kann man von der Tatsache, dass sie krachend scheitern würden, nicht automatisch darauf schließen, dass sie es nicht versuchen, vielleicht sogar mehrfach. Als ich noch mehr in den US-zentrischen Teilen des Internets unterwegs war, hatte ich öfter mit Libertären zu tun, einschließlich eines ihrer Kandidaten für eine Kongresswahl - und glaub mir, die sind echt so verblendet; einer von ihnen wollte mir weismachen, die Tragedy of the Commons sei nur dadurch zu vermeiden, dass der Staat sich vollkommen aus der Sache raushält, und ein anderer hat behauptet, der Bürgerkrieg sei damals ausgebrochen, weil die Sklavenbesitzer in den Südstaaten ihre Sklaven befreien wollten, die Bundesregierung das nicht zugelassen hat, und die Südstaaten deshalb ihre Unabhängigkeit erklären mussten.

Zitat
Denkbar wäre da mE höchstens eine Art "SpaceXodus" unter Federführung eines Unternehmens, wobei das eben ein reiner "Unternehmensstaat" wäre, und letztendlich die libertäre Grundidee vollumfänglich unterläuft, da auf dem Mars zwangsläufig jeder vollkommen von der Infrastruktur abhängig wäre. Es wäre also dann quasi Libertarismus für genau 1 Person, nämlich den in Nährflüssigkeit konservierten Kopf von Elmo Skum.

Es KANN natürlich sein, dass die ganzen Libertarier da halt einfach komplett geleimt werden. Lassen sich mit Versprechungen von einem libertären Utopia auf den Mars locken, und wenn sie dann da sind müssen sie feststellen, dass sie jetzt de facto Sklaven sind, und wer nicht spurt kriegt den Hahn abgedreht.

Das ist der andere mögliche Ausgang für diese Geschichte.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #20 am: 24.06.2025 | 22:52 »
Libertäre Ideale scheitern ja schon an den Realitäten auf der Erde. Zivilisation ist und bleibt ein Teamsport. Und doch, es gibt auf der Erde Libertarier.

Jop, weil sie auf der Erde damit durchkommen, wenn sie sich selbst in die Tasche lügen. Du hast ja schon ein paar Bespiele genannt, die auch zu meinen Erfahrungen passen. Und die allerwenigsten schaffen es auch in den USA, so komplett ohne jegliche öffentliche Infrastruktur zurechtzukommen - keine Straßen etc, um nur ein Beispiel zu nennen.

In Bezug auf SF muss ich da immer an den Webcomic "Escape from Terra" denken, der ein rein libertäres Propagandagarn ist. Und viele der Talking Points die da demonstriert werden sollen, sind wirklich einfach nur zum Fremdschämen.

Nebenbei, ich gucke ja gerade die Fallout Serie, und da ist es schon witzig: dafür, dass die ganze Vault-Strategie aus amerikanischem Konzernkapitalismus und Commie-Scare entstanden ist, ist die Vault-Gesellschaft nahezu perfekt kommunistisch. So eine Lebenslüge muss man erstmal hinkriegen. Also ja, vielleicht denkbar dass sich sowas ähnliches auch etwa auf dem Mars etablieren kann.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #21 am: 25.06.2025 | 01:24 »
Nebenbei, ich gucke ja gerade die Fallout Serie, und da ist es schon witzig: dafür, dass die ganze Vault-Strategie aus amerikanischem Konzernkapitalismus und Commie-Scare entstanden ist, ist die Vault-Gesellschaft nahezu perfekt kommunistisch. So eine Lebenslüge muss man erstmal hinkriegen. Also ja, vielleicht denkbar dass sich sowas ähnliches auch etwa auf dem Mars etablieren kann.
Ach, jemand der es schafft jahrzehntelang "oh mein Gott, das Defizit, DAS DEFIZIT!" zu schreien, aber wenn König Donald I. daherkommt und die Staatschulden auf das Vierfache ausblasen will, damit plötzlich überhaupt kein Problem mehr hat, der bekommt sowas auch hin.

Die Frage ist halt, ob das "Marsprojekt" finanziell echt funktioniert und man am Ende (unbewusst) nicht doch mehr reinsteckt, als man rausbekommt (oder das ganze effektiv ein Nullsummenspiel bleibt). Anderseits sind auch die großen Libertären von heute ja schon ziemlich gut darin, sich auch bei sowas selbst zu belügen und immer dem nächsten großen Hype nachzurennen (erst die Dotcom bubble, dann Crypto und das Metaverse, jetzt KI...).
« Letzte Änderung: 25.06.2025 | 01:36 von Galatea »
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« Antwort #22 am: 25.06.2025 | 16:23 »
Jop, weil sie auf der Erde damit durchkommen, wenn sie sich selbst in die Tasche lügen. Du hast ja schon ein paar Bespiele genannt, die auch zu meinen Erfahrungen passen. Und die allerwenigsten schaffen es auch in den USA, so komplett ohne jegliche öffentliche Infrastruktur zurechtzukommen - keine Straßen etc, um nur ein Beispiel zu nennen.

In Bezug auf SF muss ich da immer an den Webcomic "Escape from Terra" denken, der ein rein libertäres Propagandagarn ist. Und viele der Talking Points die da demonstriert werden sollen, sind wirklich einfach nur zum Fremdschämen.

Mir kam gerade der Gedanke, dass der Mars sich wunderbar als Abenteuerschauplatz eignet, wenn man mal festen Boden unter den Füßen haben will.

Entweder, die Charaktere werden angeheuert, um jemanden aus einer dieser "freiwilligen" Arbeitskolonien herauszuholen. Oder sie finden sich (nachdem sie besoffen etwas unterschrieben haben, oder ihre Unterschrift gleich ganz gefälscht wurde, oder sie einfach verzweifelt genug waren) selbst in so einem Loch wieder, und müssen entkommen.

Gerade Letzteres wäre auch ein möglicher Kampagneneinstieg.

Zitat
Nebenbei, ich gucke ja gerade die Fallout Serie, und da ist es schon witzig: dafür, dass die ganze Vault-Strategie aus amerikanischem Konzernkapitalismus und Commie-Scare entstanden ist, ist die Vault-Gesellschaft nahezu perfekt kommunistisch. So eine Lebenslüge muss man erstmal hinkriegen. Also ja, vielleicht denkbar dass sich sowas ähnliches auch etwa auf dem Mars etablieren kann.

Kommunismus in relativ überschaubarem Rahmen und mit rein freiwilliger Teilnahme könnte sogar ganz gut funktionieren - gerade in einer lebensfeindlichen Umgebung, wo man sowieso schon extrem aufeinander angewiesen ist und kooperativ sein muss. Und auf dem Mars fiele noch der Aspekt des (empfundenen oder tatsächlichen) Wettkampfs um Leben und Tod gegen den Kapitalismus weitgehend weg.
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« Antwort #23 am: 30.06.2025 | 00:35 »
Ich habe den Verdacht, ein L1-Magnetfeldgenerator wäre das einzig praktikable. Es gibt da auch eine NASA-Studie dazu. Wenn ich das richtig verstehe, würde schon ein 200km großer Supraleiter-Ring ausreichen, gefüttert mit Strom im Megaampere-Bereich, damit der Planet noch mit 23µT geschützt wird, was dem Erdmagnetfeld entspricht. Es wird quasi eine Schutzblase aufgebaut, die die Partikel um Mars herumleitet.

Das mit den 200km sehe ich in der Studie ehrlich gesagt nicht. Im Gegensatz zu einer Sonnenlinse müsste das Magnetfeld dann 333 Marsradien umspannen, was ziemlicher Overkill wäre, was den Energiebedarf angeht.

Zitat
Eine Alternative oder evtl ergänzend dazu wären kleinere, areostationäre Generatoren (auf 17000km Höhe über Grund), die mit jeweils ca 100kA auskämen. Dieser Ansatz hat ein paar Vor- und Nachteile gegenüber dem L1-Plan.

In erster Linie die Probleme, sie stationär zu halten.

Zitat
Das mag prinzipiell richtig sein, aber das ist dann sicher auch deutlich teurer zu bauen. Wie gesagt, darum ist mein Ansatz, dass der Mars eher so ein Shithole ist, dessen Bewohner großteils als "expendable" gelten. Eben so in der Art Sträflingskolonie, auch wenn es mitnichten alles Sträflinge sein müssen -- es reicht wenn es einfach arme Schlucker sind, für die es auf der Erde keine Arbeit gibt und denen mit sexy Bildern von malerischen Kuppelstädten ein besseres Leben auf dem Mars vorgegaukelt wurde, damit sie freiwillig kommen. Für den Staat ein Win-Win; sie liegen ihm auf der Erde nicht mehr mit Sozialhilfe auf der Tasche, können auf dem Mars produktive Arbeit verrichten, und wenn sie in einem tragischen Unfall umkommen, naja, wo die herkommen gibt's noch mehr.

Das klingt ziemlich dystopisch.
Und dann stellt sich für mich die Frage: warum Mars, und nicht der Mond? Klar, ist kleiner, aber... Habitate von der Größe der gesamten Mondoberfläche (geschweige denn größer) sind ohnehin nicht praktikabel - die Größe des Mondes/Planeten ist gar nicht der limitierende Faktor.

Zitat
Ja, vielleicht sind die eigentlichen Wohneinheiten trotzdem doch eher unterirdisch.
Und wie gesagt, die Partikelstrahlung kriegen wir ja ganz gut in den Griff.
Mikrometeoritentreffer in eine Kuppel sind auch nicht unbedingt der Weltuntergang: bei einem niedrigen Luftdruck im inneren dauert es lange, bis da durch ein kleines (!) Leck so viel entwichen ist, dass es gefährlich wird. Genug Zeit um zu reagieren. Denkbar ist auch, die Kuppeln mehrschichtig (Whipple-Prinzip) und mit Verbundglas zu bauen. Klar treibt das den Massenbedarf etwas hoch, und der PVB-Kleber für das Verbundglas muss importiert werden, bleibt aber alles im Rahmen.

Naja, bei Fast-Vakuum ist auch recht schnell Sense, einen gewissen Luftdruck im Inneren braucht man drinnen schon, um eine halbwegs lebensfähige Umgebung aufrecht zu erhalten.
Und auch bei mehrschichtigen Kuppeln muss man recht schnell die äußere Schicht reparieren, wo sich wieder die Frage stellt: wer geht raus und riskiert dass sein Anzug durchlöchert wird, wie managed man den recht hohen Bedarf an Reparaturmaterialien (exponentiell steigend mit der Größe/Anzahl der Habitate), welche importiert werden müssen.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #24 am: 30.06.2025 | 02:09 »
Das mit den 200km sehe ich in der Studie ehrlich gesagt nicht. Im Gegensatz zu einer Sonnenlinse müsste das Magnetfeld dann 333 Marsradien umspannen, was ziemlicher Overkill wäre, was den Energiebedarf angeht.

Kann ich jetzt nicht nachvollziehen.

Zitat
Das klingt ziemlich dystopisch.
Und dann stellt sich für mich die Frage: warum Mars, und nicht der Mond? Klar, ist kleiner, aber... Habitate von der Größe der gesamten Mondoberfläche (geschweige denn größer) sind ohnehin nicht praktikabel - die Größe des Mondes/Planeten ist gar nicht der limitierende Faktor.

Naja, irgendwelche Konfliktquellen braucht man im Setting, soll ja nicht vollends My Little Pony werden.

Gegen den Mond sprechen für diesen Zweck einige Dinge:
- 29-Tage Tag-Nacht-Zyklus, d.h. wir können nicht mit Sonnenlicht beleuchten (es sei denn wieder mit viel orbitaler Infrastruktur, Spiegel und so... komplex, teuer, fehleranfällig)
- Überhaupt keine Atmosphäre, d.h. wir müssen auch den Kohlenstoff importieren
- trotz geringerer Fluchtgeschwindigkeit insgesamt viel höhere delta-V vonnöten, um in den Belt zu gelangen.

Zitat
Naja, bei Fast-Vakuum ist auch recht schnell Sense, einen gewissen Luftdruck im Inneren braucht man drinnen schon, um eine halbwegs lebensfähige Umgebung aufrecht zu erhalten.
Und auch bei mehrschichtigen Kuppeln muss man recht schnell die äußere Schicht reparieren, wo sich wieder die Frage stellt: wer geht raus und riskiert dass sein Anzug durchlöchert wird, wie managed man den recht hohen Bedarf an Reparaturmaterialien (exponentiell steigend mit der Größe/Anzahl der Habitate), welche importiert werden müssen.

Selbst bei einem veritablen 20cm-Loch hat man etwa 30 Minuten, ehe der Druck zB von 0,5bar auf ein bedrohliches Maß (0,3bar) abgefallen ist. Bei einem kleinen Leck unter 5cm hat man über 9 Stunden.
Und um es erstmal abzudichten, muss man nichts weiter machen als von INNEN eine Platte über das Loch zu legen (zB mittels Drohnen). Solange noch Druck vorhanden ist, dürfte der schon ausreichen um das Leck abzudichten. Wenn nicht, schmiert man halt etwas Kleber drauf.
Um die Reparatur der äußeren Schichten kann man sich kümmern, wenn der Meteoritenhagel vorüber ist. Und es wird ja wahrscheinlich auch nicht unbedingt täglich passieren.

Ich hatte mir mal die ganzen Daten mit Materialbedarf usw von Claude zusammenrechnen lassen. Für eine 120m durchmessende geodätische Kuppel mit Dreifach-Verbundglas und Whipple-Shield kamen am Ende heraus: ca 500t Glas (in situ hergestellt), Stahlgerüst ca 120t (ebenfalls in situ), und 10t PVB-Kleber (importiert).

Das wäre jetzt also eher eine Wohnkuppel. Ein Gewächshaus würden wir wie weiter oben schon beschrieben lieber wesentlich größer anlegen (ca 40ha und nicht als Kuppel), aber dafür vielleicht sektioniert sodass bei einem kritischen Leck der betroffene Bereich abgeriegelt werden kann.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #25 am: 30.06.2025 | 13:04 »
Schiffe haben es auch schon immer geschafft Löcher in ihrer Hülle abzudichten, und da hat man nicht Luft die rausgeht, sondern Wasser das reinkommt, was in der Praxis ein viel größeres Problem ist.

Für ein Kuppelloch braucht man einfach nur sowas wie eine Hartgummimatte (sollte etwas biegsam sein, damit es abschließt) und ggf. ein wenig schnellhärtendes Gel. Dann kann man von innen eine abgedichtete Kabine anbringen (mit Luftschleuse nach innen) und gemütlich eine richtige Reparatur durchführen (was wahrscheinlich auf das Ersetzen eines Glaspanels hinausläuft).
« Letzte Änderung: 30.06.2025 | 13:06 von Galatea »
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #26 am: 1.07.2025 | 22:55 »
Selbst bei einem veritablen 20cm-Loch hat man etwa 30 Minuten, ehe der Druck zB von 0,5bar auf ein bedrohliches Maß (0,3bar) abgefallen ist. Bei einem kleinen Leck unter 5cm hat man über 9 Stunden.

Und wieviel Sauerstoff hat man verloren, bevor Druck und Temperatur soweit gesunken sind, dass man es registriert (gerne auch bei 5 Löchern <1cm über den Zeitraum von einer Woche - was deutlich unter der Trefferquote von Mikrometeoriten auf der Erde ist).

Zitat
Um die Reparatur der äußeren Schichten kann man sich kümmern, wenn der Meteoritenhagel vorüber ist. Und es wird ja wahrscheinlich auch nicht unbedingt täglich passieren.
Erfahrungswerte zeigen: täglich einer pro 72 Quadratmeter. Da muss man recht häufig raus um zu fixen, und irgendwann ist halt die Statistik gegen einen und der Anzug wird getroffen (zumal es nicht wirklich zuverlässige Systeme gibt, um die Annäherung einzelner pistolenkugelgroßer Objekte vorherzusagen).

Zitat
Ich hatte mir mal die ganzen Daten mit Materialbedarf usw von Claude zusammenrechnen lassen. Für eine 120m durchmessende geodätische Kuppel mit Dreifach-Verbundglas und Whipple-Shield kamen am Ende heraus: ca 500t Glas (in situ hergestellt), Stahlgerüst ca 120t (ebenfalls in situ), und 10t PVB-Kleber (importiert).

Das wäre jetzt also eher eine Wohnkuppel. Ein Gewächshaus würden wir wie weiter oben schon beschrieben lieber wesentlich größer anlegen (ca 40ha und nicht als Kuppel), aber dafür vielleicht sektioniert sodass bei einem kritischen Leck der betroffene Bereich abgeriegelt werden kann.

Abgesehen davon, dass für die Glasherstellung in situ mindestens eine Komponente nicht oder sehr selten unter den Bodenschätzen des Mars zu finden ist...
Das wären 10t Kleber, die man durchs All schippert, um die Fläche von 1,5 Fußballfeldern zu bebauen. Und da kann man dann nichtmal in die Höhe bauen (weil man sonst das Trefferrisiko erhöht, und die Reparaturen erschwert), sondern muss die möglichst flächig nebeneinander bauen (was die interne Infrastruktur belastet). Und der Bedarf berücksichtigt wie gesagt nur den Klebstoff für die Herstellung, nicht den für die (häufigen) Reparaturen - wenn man nur 10 solche Wohnkuppeln hat, dann kann man sich auf etwa 15.700 Einschläge auf deren Oberfläche pro Tag einstellen - nehmen wir an, diese Mikrolöcher brauchen jeweils nur 5ml Reparaturkleber, dann wären wir immer noch bei einem Verbrauch von fast 80 Liter Klebstoff (wieder: pro Tag), was bedeutet: in knapp einem halben Jahr (125 Erdentage) muss man soviel Kleber für Reparaturen importieren, wie zur Errichtung einer komplett neuen Habitatskuppel erforderlich wären.

Und mit jeder Vergrößerung der Angriffsfläche (mehr Wohnkuppeln, evtll. auch größere Gewächshäuser) wird das schlimmer.  :(
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #27 am: 2.07.2025 | 00:30 »
Und wieviel Sauerstoff hat man verloren, bevor Druck und Temperatur soweit gesunken sind, dass man es registriert (gerne auch bei 5 Löchern <1cm über den Zeitraum von einer Woche - was deutlich unter der Trefferquote von Mikrometeoriten auf der Erde ist).

Also jetzt versuchst du echt, Probleme herbeizureden, wo keine sind. Man stellt in jede Kuppel ein paar Barometer, sobald eines ungeplant fällt gibt es Alarm, fertig. It's not rocket science.
Zitat
Erfahrungswerte zeigen: täglich einer pro 72 Quadratmeter.

Erfahrungswerte von wo? Die Zahlen die ich habe, besagen dass die Flussdichte von "großen" Mikrometeoriten, die es bis zum Marsboden schaffen, dort ca 100x geringer ist als auf Erde oder Mond. Die Rede ist von 10-4 bis 10-3 pro m² und Tag, das ist weniger als bei der ISS, und die fliegt auch noch.

Also pro Tag etwa 1 pro 1000-10000m². Ja das ist nicht nichts -- aber wenn die ISS das aushalten kann, können Marskuppeln das auch. Insbesondere wenn man sie - wie oben dargelegt - nach dem Whipple-Shield Prinzip auslegt. Da können viele viele Partikel auftreffen, sie werden fast immer an der äußeren Whipple-Lage zerplatzen oder verdampfen, und nur in den seltensten Fällen auch das Verbundglas durchschlagen. Das Whipple Shield kann Impaktoren bis ca 1mm Größe und 5km/s zuverlässig stoppen; vielleicht auch mehr. Die Gefahr, dass wirklich etwas trifft und durchschlägt, dürfte pro Kuppel bei ca 1 in 1000 Jahren liegen. Und dann wäre es immer noch ein Leck, das sich leicht abdichten lässt.

Mal eben einen Reality Check: auf Mars sind jetzt viele Jahre lang relativ große Rover rumgefahren. Wäre da die Trefferwahrscheinlichkeit so hoch wie du behauptest, müsste ein Brummer wie Perseverance (ca 9m² Oberfläche --> nach deiner Rechnung 1 Treffer alle 8 Tage) längst zersiebt worden sein. Didn't happen.

Zitat
Abgesehen davon, dass für die Glasherstellung in situ mindestens eine Komponente nicht oder sehr selten unter den Bodenschätzen des Mars zu finden ist...

Und welche Komponente soll das sein? Das einzige was _vielleicht_ nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sein könnte, ist Bor. Muss man für Borsilikatglas dann eben importieren, oder darauf verzichten. Alle anderen Rohstoffe für alle möglichen Glassorten - Silikat, Eisen, Natrium, Calcium, Aluminium, Magnesium, Sauerstoff - gibt es dort zum saufuodern, wie der Bayer im Weltall sagt.



EDIT / Nachtrag: auf Mars gibt es sogar Kaliumquellen, wir können also per Ionenaustausch "Superfest" bzw sowas wie Gorilla-Glas herstellen.

Zitat
Das wären 10t Kleber, die man durchs All schippert, um die Fläche von 1,5 Fußballfeldern zu bebauen. Und da kann man dann nichtmal in die Höhe bauen (weil man sonst das Trefferrisiko erhöht, und die Reparaturen erschwert)

10t Importbedarf für 11000m² ist ein sehr guter Deal. Und das ist schon für Verbundglas mit _2_ Kleberschichten. Wenn es einem wirklich so weh tut, macht man halt eine Schicht und spart die Hälfte. Für Gewächshäuser spart man sich vielleicht den Aufwand komplett und nimmt einfach nur Mehrfachverglasung ohne Verbundkleber.
Ein typisches interplanetares Frachtraumschiff hat bei mir eine Nutzlast von grob 500-700 Tonnen. Eine Schiffsladung karrt also Kleber für ca 50 Kuppeln ran.
Es sind halt geodätische Kuppeln mit 120m Durchmesser und entsprechend ca 60m Höhe. Entsprechend viel Platz kann man im Inneren nutzen.

Aber wie gesagt, schon deine Einschlagprognosen sind um das zigfache überzogen.

Was wirklich _größere_ Impaktoren angeht wie die von dir postulierten Pistolenkugeln -- was so groß ist, kann auch von Ortungssystemen erfasst und mittels Point Defence (Gauss Guns) abgepflückt werden. Die gleiche Tech habe ich auch schon für Raumschiffe als Sicherheitsmaßnahme etabliert.
Aber es bringt mich gerade auf eine Idee: das hieße, dass die Marsianer quasi schon Bewaffnung frei Haus zur Verfügung haben, wenn sie einmal den Aufstand proben.
Allerdings - gerade mal nachrecherchiert - beträgt die Wahrscheinlichkeit für so einen Boliden nur ca 1 pro 100km² pro Jahr. Da könnte man also ca 9000 Kuppeln aufstellen. So viele Kuppeln wird es wahrscheinlich nicht annähernd geben. Also sehr gut möglich, dass der Einschlag eines Boliden in eine Arbeiterkuppel ein Risiko ist, das die Kolonialherren einzugehen bereit sind.



Mit PDCs geschützt wären dann nur die repräsentativen Luxuskuppeln der Oberschicht.

Gerade auch mal weiter gerechnet: ein 10mm Bolide mit typischer Dichte hätte im GAU (15km/s Einschlag) etwa die Zerstörungskraft von ca 40g TNT. Nicht nichts, aber keine Atombombe. Zuviel um vom Whipple Shield gestoppt zu werden, aber nicht genug um ein ganzes Segment Verbundglas komplett zu zertrümmern. Es gäbe ein Leck, welches dann im Stundenbereich geflickt werden muss. Natürlich dürften die Trümmer in der Kuppel gewisse Schäden anrichten und könnten Opfer fordern -- aber wenn so ein Event auf dem ganzen Mars etwa 1x pro Jahr eintritt --> Farquard.
« Letzte Änderung: 2.07.2025 | 00:46 von Feuersänger »
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #28 am: 2.07.2025 | 00:51 »
Die größte Gefahr dürfte nicht mal der Meteorit selbst sein, sondern das spalling, das er verursacht. Kann man wahrscheinlich verhindern, indem man dem Habitat eine Doppelhülle verpasst, dann bleibt die Schrotladung Glas- und Gesteinssplitter in der zweiten Hülle stecken (oder prallt im Ideafall ab und sammelt sich am Boden zwischen den beiden Hüllen).
Und hat man eine Doppelhülle kann man auch leicht ein Gefährt konstruieren, dass sich zwischen den beiden Kuppelnhüllen bewegen kann, und dabei sogar noch Ersatz-Glasplatten transportieren kann.

Dann muss man auch nicht "raus" (was sowieso dämlich wäre, wenn man das Loch auch von innen reparieren kann).
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #29 am: Heute um 01:07 »
Die größte Gefahr dürfte nicht mal der Meteorit selbst sein, sondern das spalling, das er verursacht. Kann man wahrscheinlich verhindern, indem man dem Habitat eine Doppelhülle verpasst, dann bleibt die Schrotladung Glas- und Gesteinssplitter in der zweiten Hülle stecken (oder prallt im Ideafall ab und sammelt sich am Boden zwischen den beiden Hüllen).

Ja, das ist mehr oder weniger das, was ich mit "Whipple Shield" meine. Das ist auch IRL die Strategie zur Abwehr von Meteoritentreffern - im Wesentlichen "spaced armour". Man hat eine (dünne) äußere Schicht, die der Impaktor zwar durchschlägt aber dabei Energie abgibt und idealereweise schon zerstäubt; die Fragmente fächern dann auf und verteilen sich auf der inneren Hülle über eine größere Fläche, was die restliche Energie weit genug verdünnt um nicht mehr zu durchschlagen.

Normalerweise - im All - nimmt man da jeweils Metall, aber für die Marskuppeln wollen wir aus verschiedenen Gründen die Paneele aus Glas bauen. Aber wie gesagt, da kann man ja mittels Ionenaustausch auch hohe Festigkeiten erzielen.

--

Für Mars ist da auch ein Orbital Tether plausibel, um die Lasten in den Orbit hochzuhieven. Da wäre freilich dann der Massebedarf interessant zu wissen. CGPT spuckt da auf Anhieb eine Abschätzung von 67000t aus (CNT) für einen Deimos-Aufzug; ich hab die Herleitung jetzt nicht mit der Lupe kontrolliert aber auf den ersten Blick sieht sie plausibel aus.

Das Ganze konkurriert ja wie gesagt mit orbitalen Agri-Ringen, die je nach Standort verschiedene Vor- und Nachteile haben. Insbesondere wenn wir als Fokus die Versorgung des Saturnsystems mit Nahrungsmitteln im Sinn haben. Sie sind natürlich zum einen aufwendiger zu konstruieren als so eine paar Gewächshäuser aus Stahl und Glas. Aber immerhin hat ja iirc Aedin neulich schon drauf hingewiesen, dass man für diese Ringe kein Substrat bräuchte, das spart einen Haufen Masse. Grob zusammengefasst:

- Agri-Ring im Venus-Orbit: viel Solarenergie, daher viel Ertrag, Kohlenstoff vor Ort, aber weiter Weg zum Saturn ( --> relativ viel delta-V)
- Agri-Ring im Mond-Orbit: Solareintrag wie Erde, mittlerer Ertrag, alle Rohstoffe müssen rangekarrt werden, delta-V zum Saturn etwas günstiger
- [Mond-Gewächshäuser: aufgrund Tag/Nachtzyklus nicht praktikabel]
- [ab Erdboden: aufgrund Schwerkraftsenke nicht praktikabel]
- Mars-Gewächshäuser: mäßiger Solareintrag, eher schlechter Ertrag, aber billig in der Konstruktion; delta-V zum Saturn aber höher als von Luna aus.
- Agri-Ring im Saturn-System: quasi keine Solarenergie, künstliche Beleuchtung durch Fusion nötig, dafür direkt vor Ort ohne lange Transfers.

Alle Import-Lösungen haben schonmal eine benötigte Basis-Delta-V von Terra-Mars-Transfer bis Titan Low Orbit von ca 6,7km/s.
Hinzu kommen:
- ab Deimos: ca 2km/s (von Marsboden bis Deimos mit Aufzug)
- ab Low Luna Orbit: ca 1,1km/s
- ab Low Venus Orbit: 4km/s
- [zum Vergleich: ab Erdboden: 12,55km/s - voller Weltraumaufzug bei diesem Techlevel nicht machbar]

Der billigste Transfer ist also ab LLO mit ca 7,8km/s, Mars etwas teurer mit ca 8,7km/s, Venus wäre 10,7km/s; der teuerste wäre ab Erdboden mit ca 20km/s; denke da wird klar dass man sich diese Kosten nicht antun will. Umgekehrt muss man aber auch beachten ob und woher man Kohlenstoff, Stickstoff und Wasser rankarren muss.
Die Energiekosten für Anbau mit künstlicher Beleuchtung am Saturn wären nun mit diesen Energiekosten für den Transport zu vergleichen, das mache ich vielleicht die Tage mal, für heute ist die Konzentration durch.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #30 am: Heute um 01:30 »
Zitat
- [Mond-Gewächshäuser: aufgrund Tag/Nachtzyklus nicht praktikabel]
Wie sieht es beim Mond mit den Polregionen aus? Gibt es da Bereiche, die für Teile des Jahres eine Polarnacht/einen Polartag haben?
Dann könnte man nämlich dort Gewächshäuser bauen und während des Polartages nutzen. Die Nacht simuliert mit z.B. Jalousien. Dann kann man die zwar nicht ganzjährig nutzen, aber es sollte genug Pflanzen geben, bei denen ein paar Monate bis ein halbes Jahr für eine Ernte reichen. Die wären noch schlechter vor Meteoriten geschützt als auf dem Mars, aber bekämen mehr Sonneneinstrahlung.

Edit: Je nachdem, wie voll du dir den Mond vorstellst, würde es vielleicht natürlich nur für die örtliche Bevölkerung reichen und nicht für den Export.


« Letzte Änderung: Heute um 01:55 von Kurna »
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #31 am: Heute um 02:35 »
Es gibt tatsächlich so "Peaks of eternal light" an den Polen, vor allem am Südpol. Aber: das sind dann mehr oder weniger lange, aber schmale und steile Streifen. Sehr gut geeignet um da Solarkraftwerke hinzustellen, nicht aber Gewächshäuser.

Tatsächlich ist das in Redshift einer der ersten Schritte der solaren Expansion, es ist also vermutlich alles mit PV zugepflastert. ;)

Mit der Energie wurde dann in der Frühzeit vor allem Eis abgebaut und mit Mass Drivern in den Orbit geschossen, um dann als Treibstoff zu dienen. Auch andere Rohstoffe wie Aluminium. Kann aber sein, dass das dann in der Settinggegenwart nicht mehr so relevant ist.
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Re: [Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
« Antwort #32 am: Heute um 08:43 »
@"Glas"

die meisten Glassorten wurden nur entwickelt, um die exorbitanten Energiemengen zum Schmelzen von SiO2 und A2O3 zu vermeiden

Boratsilikatglas als Laborglas, weil es keine Natriumionen ausschwemmen lässt: relevant für Glaskuppeln: Null

Alkalimetalle wie K und Na zur Verringerung der Temepratur, wo geschmolzen werden kann: Energie allgemein, Kosten und nicht zuletzt die Frage nach dem Schmelzwannenmaterial. Ein bissel weniger 17.Jahrhundert Schamotten-Sota und etwas mehr 21.Jahrhundert Werkstoff-Sota und schon bleiben nur Energie (kann ja aus der Südpol-PV kommen) und "Kosten" - am Ende also SiO2 Glas in der Kuppel (und was an Festigkeits-Spannung in reinem SiO2 möglich ist, sieht man an den ganzen Laborgeräten für Vakuum)

übrigens verblindet "normales Fensterglas" gegenüber den SiO2-Sandkörnern im Staub(wind). Das wäre dann auch abgefrühstückt.
mit SiO2 Fensterglas reduziert man auch massiv die UV Strahlung im Inneren. Wird die Delta9-THC Bauern treffen, ist aber gut für die Gesundheitsfürsorge... 

löst man das Problem mit dem Schmelzwannenmaterial (ist aluminumoxidlastig, da beißt sich aktuell die Schamotten-Katze in den Werkstoff-Schwanz) steht auch Al2O3 Glas zur Verfügung. bei Bedarf mit ein paar Fremdionen in Smaragdgrün, Saphierblau und Rubinrot verfügbar  ^-^
danach ist UV überhaupt kein Thema mehr.
der typische Marsianer also als gebleichter Weißer.

das Al2O3 ist dann extrem hart (ein SandStaubMetalloxid-losematerial Impakter zieht da den kürzeren, da ist die Reibungswärme beim Abgleiten noch relevant, aber da hat Al2O3 auch noch die Nase vorne  ~;D) und so ein Impakter hätte auf der ballistisch-runden Kuppel auch noch eine gewisse Abrutschneigung, sprich, die Impakterfestigkeit wäre recht hoch.

Panelle müssen ja "irgendwo" gelagert/befestigt sein - da lassen sich mit Elastomer-Schwing-Puffer-Faltenbalgen-Hüffburgenpatent-Stoßgelabsorber schon ruhende-Masse-muss-erst-angeschoben-werden-Kompensation von Impaktenergien mit betreiben (gibt so was auch bei Panzern, wo Gummipuffer Panzerplatten halten und Schweißnähte schonen)

bei einer Mehrphasen- Bedachung müssten die Außenschicht ja auch gar nicht die Gasdichtigkeit liefern.

Schnellabdichtung von Rissen in der Druckhalteschicht könnten auch integrierte Mikrokanäle mit Spritzkleber-Hochdruckpumpen (Injektorpumpen stecken in den Streben) leisten.
Kanäle stehen unter Druck und härten nicht aus, weil ja das Lösungsmittel nicht verdampfen kann. Impakter sorgt für einen Riss und aus der angestochenen Kanüle quillt jetzt der Kleber in die Schadstelle (klassische Folie verhindert, dass die Glassplitter sich zu schnell aus der Impakterzone entfernen und werden so wieder eingeklebt; gibt doch einen Begriff aus dem japanischen "Kintsugi" für das zusammenfügen von Porzelanscherben mit Gold, dass ließe sich doch stylisch nutzen  ^-^). Pumpe schiebt nach, bis das sich aushärtende Material einen Gegendruck aufbaut. Erledigt. Gelegentlich mal die Drohen hinfahren lassen und neue Kartuschen bei der Pumpe einsetzen.
 
je nachdem, wie opak dieser Kleber dann wird, "ver-flecken" "ältere" Kuppeln dann. Etwa wenn die Bonzenkuppel an die niedere Beamtenschaft und dann die arbeitende Bevölkerung weitergereicht wird.

ebenso sind Airbags zur Hüllenbruch-Stopfung denkbar. Dicker Schaumstoff, um auch scharfe Kanten und Grate umzuschließen und dann solide Drücke zum seitlich festkeilen. so ließen sich auch schnell-Aktions-Schotte darstellen, wo halt nicht tonnenschwere Panzertüren zuschwingen, sondern aus dem Türrahmen kommende Airbag-Gummilippen eine Erstabschottung in sekundenschnelle leisten. Bei durchdachter Linienführung der Druckspannungskammern würde sogar eine "seitlich durchwind-Schleuse für Menschen" bleiben, welche mit Sota-Druckfest-Zipzopp eine Notevakuierung noch ermöglicht und dann hinter sich wieder gezipzoppt wird. Die Reparatur-Luftschleuse ließe sich dann immer noch vorsetzen, wenn die Baukolonne da ist...

Funfakt: in der großen-großen Lagerhalle "findet" ein aktivierter freifallender Propfen schon sein einmal-in-hundert-Jahren-echtes-Leck-Loch  ~;D
wem das zu unfuture vorkommt: eine Segeldrohne mit KI-Steuerung kamikaziert sich in das Leck, Millisekunden vor Erreichen dann die Bags aufblasend und mit Ultrakleber einsprühen und flupps, alles gepropfet und gesiegelt ^-^