Autor Thema: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?  (Gelesen 1829 mal)

Ainor, Crimson King (+ 1 Versteckte) und 4 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline Tudor the Traveller

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Bei dem fantasy typischen Götterreigen graben die sich doch gegenseitig das Wasser ab. Gut möglich, dass das selbstregulierend ist.
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Bei dem fantasy typischen Götterreigen graben die sich doch gegenseitig das Wasser ab. Gut möglich, dass das selbstregulierend ist.

Das sollte sich dann aber in massive Konflikte bei den Followern übertragen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
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J.W. von Goethe

Offline Tudor the Traveller

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Das sollte sich dann aber in massive Konflikte bei den Followern übertragen.

Nicht zwingend. Bzw. die Konflikte könnten auch eher als "Werbeschlacht" ausgetragen werden. Läuft Missionierung besser mit Schwert oder mit Keksen? Tote Leute können nicht beten... (oder nur zu den Falschen  ;) )
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Was heißt da "das Wasser abgraben"? Götter zumindest desselben Pantheons (und wieviele davon es in der Spielwelt überhaupt gibt, kann frei festgelegt werden) stehen traditionell einfach nicht in hochkapitalistischer Erzkonkurrenz um Exklusivansprüche auf den hinterletzten Lohnsklaven Kunden Anbeter, sondern die sind im selben Team und betreiben schlicht Arbeitsteilung, um die Welt am Laufen zu halten...

...ist die Idee von schlichtem Polytheismus wirklich so weit aus der Mode gekommen, daß die Leute schon bei dem reinen Konzept Verständnisprobleme kriegen? :think:

Offline 1of3

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Magie, die Lügen sicher entdeckt macht viele Ermittler der Stadtwache überflüssig. Gleiches gilt für den Bedarf an Juristen in Strafverfahren.

Ich denke, da kann man tiefer reinschauen. Wenn man Lügen magisch erkennen kann, dann ist das ein Werkzeug von Ermittlern. D.h. entweder ist der typische Ermittler ein solcher Magier. Oder wenn es so komplziert ist diesen einen Zauber zu können, wird das eine sinnvolle Spezialisten-Position. Man heuert also einen Magier an, der Daumen hoch, Daumen runter sagt, und bei diversen Fällen assistiert. Womöglich macht der noch andere Sachen, wenn man automatisch andere Zauber mitbekommt und das Aufkommen am Ort für kriminalistischs Consulting nicht so hoch ist.

Das Vorhandensein spezifischer Zauber ist also auch nur eine Technologie und je nach der Wirkung und den Kosten wird sich die Ökonomie darum herum verschieben. Und wenn zum Feuerballen Fledermaus-Kot gebraucht wird - hallo D&D - dann werden Fledermaus-Kot-Zuliefer ein Wirtschaftszweig, sobald hinreichend viele Magier feuerballen.

Das heißt womöglich fallen gewisse Berufsbilder weg. Aber dafür kommen dann eben neue. Und fünf Schritte weiter gibt es dann Diskussionen über artgerechte Haltung von Fledermäusen.

Offline Tudor the Traveller

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Was heißt da "das Wasser abgraben"? Götter zumindest desselben Pantheons (und wieviele davon es in der Spielwelt überhaupt gibt, kann frei festgelegt werden) stehen traditionell einfach nicht in hochkapitalistischer Erzkonkurrenz um Exklusivansprüche auf den hinterletzten Lohnsklaven Kunden Anbeter, sondern die sind im selben Team und betreiben schlicht Arbeitsteilung, um die Welt am Laufen zu halten...

...ist die Idee von schlichtem Polytheismus wirklich so weit aus der Mode gekommen, daß die Leute schon bei dem reinen Konzept Verständnisprobleme kriegen? :think:

Schau dir mal die FR an... erstens sind da mehrere Pantheone parallel vorhanden, und mindestens in dem Hauptpantheon gibt es diverse Feindschaften.

Edit: und wenn deine göttliche Existenz an der Masse deiner Follower hängt, fahren da etliche sicherlich die Ellbogen aus.
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Das griechische Pantheon ist ein Hort der Zwietracht. Das nordische ist da anders gestrickt. Da hat man aber auch den einen oder anderen äußeren Feind.
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J.W. von Goethe

Offline Maarzan

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Schau dir mal die FR an... erstens sind da mehrere Pantheone parallel vorhanden, und mindestens in dem Hauptpantheon gibt es diverse Feindschaften.

Edit: und wenn deine göttliche Existenz an der Masse deiner Follower hängt, fahren da etliche sicherlich die Ellbogen aus.

Aber du brauchst deine Göttergenossen, weil dein Portfolio alleine typischerweise nicht reicht, um deinen Anhängern das gedeihen, ggf gar nur das Überleben zu sichern. Alleine deswegen dürfte es ja Pantheons geben, welche irgendwie zusammen arbeiten. Du musst sie ja nicht mögen, aber du bist halt auch als eben nicht allmächtiger Gott irgendwo auf sie angewiesen.

Entsprechend auch in der Magie sind es die Limitationen, welche letztlich das Bild prägen. Allmächtiges X ist halt allmächtig, Fall abgeschlossen.

Interessant wird es doch da, wo Limitationen ziehen und folglich angefangen werden muss mit und um diese herum zu arbeiten.

Ich versuche Magie folgend zu limitieren:
> Magie kann ohne entsprechend schwierig zu beschaffene Essenzen ähnlich wie Ars-Magika-Vis keine dauerhaften Effekte erzeugen. Damit ist eine dauerhafte Versorgung Industrie alleine auf Evocation-Basis weitgehend raus.
> Die Welt ist ein Flickenteppich von Bereichen mit leicht anderer "Physik", insbesondere was Magie angeht und dort einer Chaos-Ordnung-Diametrie. Die falschen Zauber aber auch mythischen Wesen werden in den entsprechenden "falschen" Gegenden schwächer bzw. unzuverlässig. Aber die Grenzen lassen sich durch entsprechende (mühsame) Aktionen verschieben. Zu sehr in ein Extrem führt aber auch wieder zu unangenehmen Nebenwirkungen.
Gerade Langstreckenzauber werden damit schwierig und unsicher, da sie dann typischerweise mehrere solche Gebiete queren müssten. 
> Magie kann von einer Menge Leute und wesen in unterschiedlicher Stärke und Genauigkeit wahrgenommen werden. Aber damit kann auch ein erfolgreich zaubernder Magiern nie sicher sein nicht genau damit Aufmerksamkeit zu erzeugen.
> Zu einem Zauber gehört auch ein Verständnis des Vorgangs. Wer einen Zauber haben will, welcher ein Kleidungsstück aus Stoff erzeugt sollte Schneidern können oder er braucht einen speziellen Zauber, welcher aus genau vorgegebenen Bahnen genau ein bestimmtes Kleidungsstück erstellt - und das wird typischerweise kein besonders kompliziertes Kleidungsstück sein, da die benötigte Fertigkeit dann unveränderbarer Teil der "Zauberprogrammierung" sein muss. 
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

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Schau dir mal die FR an... erstens sind da mehrere Pantheone parallel vorhanden, und mindestens in dem Hauptpantheon gibt es diverse Feindschaften.

Edit: und wenn deine göttliche Existenz an der Masse deiner Follower hängt, fahren da etliche sicherlich die Ellbogen aus.

Das wäre also ein "Ja" -- denn gerade den Machern von D&D unterstelle ich frecherweise schon, daß sie entweder (a) das Konzept selbst nicht recht verstanden haben oder es aber (b) ihrem teils ja schon recht fanatisch-christlichen US-Markt nicht unverdünnt zumuten wollten und deshalb "vertraute" Kirchenapparate, Zank zwischen den Konfessionen, und dergleichen mehr mit dazugepackt haben. ;)

Und was so'n richtiger Gott ist und nicht bloß YouTube-Influencer, dessen Status hängt zumindest aus meiner Perspektive auch gar nicht groß von der Zahl seiner Abonnenten ab, sondern für den ist das bestenfalls ein "Nice to have". In den Realms gibt's durch die Avatarkrise und Aos Neuregelung wenigstens einen metaplotbedingten ausdrücklichen Grund dafür, daß die Dinge dort jetzt so sind, wie sie eben sind, aber das läßt sich nicht einfach beliebig verallgemeinern.

Das griechische Pantheon ist ein Hort der Zwietracht. Das nordische ist da anders gestrickt. Da hat man aber auch den einen oder anderen äußeren Feind.

Die griechischen Götter haben so ihre Familienzwiste, in die auch schon mal persönliche sterbliche Favoriten oder Lieblingsfeinde hineinverwickelt werden können, sicher. Aber in einen großen Knatsch zwischen ihren organisierten Anhängern mündet das zumindest in den Sagen und Mythen nie -- wohl auch deshalb, weil's da über den einzelnen Priester speziell dieser oder jener Gottheit hinaus gar keine großen Einzelgemeinden gibt, sondern eh jeder dieselben unsterblichen Götter und ihre Launen eben ertragen muß.

Offline Feuersänger

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- ad Götter:
Ja, es gibt zB in den FR zwischen einzelnen Göttern teilweise Feindschaften, ebenso aber auch Bündnisse und Freundschaften. Bei den Feindschaften geht es teilweise "nur" um Alignment-Konflikte, teilweise will aber auch der eine Gott dem anderen sein Portfolio wegnehmen.

Dennoch: sich gegenseitig "das Wasser abgraben" fußt wiederum auf einer sehr schrägen Idee von Polytheismus. Dass Fantasy-PT nicht direkt so funktioniert wie historisch hatten wir zwar schon gesagt, aber es ist trotzdem mE in den aller-aller-allermeisten Settings ausdrücklich NICHT so gedacht, dass sich ein Sterblicher eine einzige Gottheit aussucht und dann ausschließlich diese verehrt oder überhaupt anerkennt, so wie das hier teilweise durchklingt.
Zugegben: was so eine Denkweise befeuern könnte, ist die Unart von vielen D&D-Abenteuern, selbst zur Identifizierung simpler Symbole der Hauptgottheiten sowas wie einen DC10 Religion Check zu verlangen. Das würde also bedeuten, der durchschnittliche Commoner kennt 50% der Gottheiten nicht, und zwar komplett random. Man stelle sich einen Bauern vor, der noch nie von Chauntea gehört hat. Aber wie gesagt, das liegt nur an der gamistischen Unart, für jeden feuchten Furz eine Probe zu verlangen.

Also ich stelle mir Fantasy-Polytheismus so vor:
Man hat halt eine Schutzgottheit (Patron Deity), der man sich in Sachen Philosophie besonders nahe fühlt. Dennoch wird auch der Tyr-Anhänger vor einer Reise zu Shaundakul beten, bei einer anstehenden Geburt zu Lathander, und einen wichtigen Handel besiegelt man unter Anrufung Waukeens. Vielleicht schwört er Rache bei Hoar, opfert vor einer Seereise an Umberlee obwohl diese CE ist, und erbietet vielleicht sogar heimlich Beshaba Ehre um Unglück von sich abzuwenden.


--

Zitat
Das Vorhandensein spezifischer Zauber ist also auch nur eine Technologie und je nach der Wirkung und den Kosten wird sich die Ökonomie darum herum verschieben. Und wenn zum Feuerballen Fledermaus-Kot gebraucht wird - hallo D&D - dann werden Fledermaus-Kot-Zuliefer ein Wirtschaftszweig, sobald hinreichend viele Magier feuerballen.

Danke dass du mich erinnerst, auf den Punkt wollte ich auch noch zu sprechen kommen.

In meinem Setting gibt es zumindest die Ansätze einer regelrechten magischen Industrie, also zur Herstellung magischer Gegenstände. nach 3E-Regeln sind diese sehr teuer und verlangen 50% des Listenpreises an Materialien. Das heisst, die Verzauberung eines einfachen +1 Schwertes benötigt so viel Kokolores (in Form von Räucherwerk, Schmiedesalzen, Juwelen, Silberdraht, was weiß ich), dass man damit ein Dutzend Zulieferer einen Monat lang auf Trab hält, obwohl der Verzauberer am Ende für seine Arbeit gerade mal 2 Tage benötigt.

Jetzt wäre vielleicht die vernünftigere Lösung, mal die Kostenberechnung für magische Gegenstände komplett zu überdenken, aber ich wollte mit dem Setting ja gerade durchexerzieren, wie eine nach 3E-Regeln laufende Welt funktionieren würde.

--> das Ganze hat zu einer Art mago-industriellen Revolution geführt, wobei am Anfang der Kette die Ertragssteigerung in der Landwirtschaft steht, um möglichst viele Leute für andere Arbeiten verfügbar zu machen. Ich bin da ungefähr dabei rausgekommen, dass nur noch ca 1/4 bis 1/3 der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist, ungefähr 1/3 in "normalen" Berufen, und 1/3 quasi ausschließlich als Zulieferer für Verzauberer arbeitet, zB als Juwelier, Kräutersammler, Goldschmied, Alchemist usw.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat