Autor Thema: Stillstand bei den großen Systemen - oder verliere ich bloß das Interesse?  (Gelesen 1037 mal)

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Offline AndreJarosch

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Was ich mir von meinem Hobbyleben wünsche ist nicht ständig was Neues (neue Spielsysteme), sondern ein paar Spielsysteme die ich mag, die dann mit Quellenbänden, Abenteuern und Kampagnen und einer gelegentlichen Regelergänzung ausgebaut werden.

Ich bin mit Stabilität (nicht Stillstand!) von z.B. Cthulhu oder Pendragon eigentlich recht zufrieden.

Offline Weltengeist

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Neben dem z. T. recht hohen Ausstoß an Material (egal ob von kleinen Verlagen, Crowfunding oder die x-te Neuauflage von alten Systemen) geht es mir ähnlich wie Weltengeist: So richtig triggert mich im Moment nichts mehr. Alles schonmal gehört, gelesen oder erlebt.

Ja, das ist eine Frage, die ich mir auch stelle: Liegt meine Unzufriedenheit gar nicht so sehr daran, dass wenig kommt, sondern daran, dass das, was kommt, so dermaßen immer das selbe ist?

Klar gibt es den tausendsten D&D-Klon, aber das nützt mir wenig, wenn ich kein D&D mag. Und klar gibt es endlich mal wieder ein Cthulhu-, Wikinger- oder Steampunk-London-Setting. Hatten wir ja noch gaaar nicht.

Vielleicht geht es mir einfach ein bisschen wie im Kino, wo gefühlt auch nur noch Fortsetzungen, Spin-Offs, Prequels, Sequels, Neuverfilmungen, Serienadaptionen, Animations- bzw. Realverfilmungen usw. von altbekanntem Stoff aus den 80ern kommen.

Zugegeben - den Glauben, dass doch noch jemand das Regelwerk, das ich haben will, für den Massenmarkt rausbringt, habe ich mittlerweile aufgegeben. Was ich aber immer noch für realistisch halte, wäre ein Setting, das mal wieder den Mut zum großen Wurf abseits des Fäntelalter- und Franchise-Mainstreams hat. Sowas wie es Eberron, Fading Suns, Spelljammer, Dark Sun, Talislanta oder Myranor einmal waren.

Klar versucht das ab und zu mal ein Kleinstverlag, aber dann kratzen sie mit Mühe und Not 20.000 Euro im Crowdfunding zusammen, womit klar ist, dass außer dem Weltenband nichts mehr kommen wird. Daher meine Vermutung, dass so etwas von einem großen Verlag kommen müsste. Aber die sind meist damit beschäftigt, die 6. Edition von XY in Echtleder mit Goldschnitt für den zahlungskräftigen Grognard rauszubringen...
« Letzte Änderung: Gestern um 18:04 von Weltengeist »
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Offline Mr. Ohnesorge

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Offline Prisma

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Ja, das ist eine Frage, die ich mir auch stelle: Liegt meine Unzufriedenheit gar nicht so sehr daran, dass wenig kommt, sondern daran, dass das, was kommt, so dermaßen immer das selbe ist?
Wenn mal guckt, nichts ist erfolgreicher als EDO-Fantasy, gleichzeitig ist nichts langweiliger als EDO-Fantasy.
Mit einem 7er-Set, stehen ganze Universen offen.

Offline gunware

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ist nichts langweiliger als EDO-Fantasy.
Das fühle ich nicht.
Gerade jetzt bei Pf2, toter Gott, Charaktere, die bis zum Gott oder zum Reiter der Apokalypse aufsteigen können, schön mit funktionierenden Regeln unterfüttert. Trotz meines langen Lebens habe ich das noch nirgendwo anders in einem System entdeckt.
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Offline nobody@home

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Wenn mal guckt, nichts ist erfolgreicher als EDO-Fantasy, gleichzeitig ist nichts langweiliger als EDO-Fantasy.

Ich weiß gar nicht mal, ob ich speziell den Platzhirsch D&D so zwingend als EDO einsortieren würde -- das hatte schon immer ganz selbstverständlich -zig intelligente Völker in seinen Settings, nur die offiziell spielbare Auswahl war und ist halt im Vergleich zur Gesamtheit eng beschränkt. Und wenn auf einer einzigen Standard-D&D-Spielwelt schon mehr deutlich verschiedene denkende Spezies herumhocken als bei Star Trek in der gesamten Föderation, dann ist "EDO" eigentlich schon Etikettenschwindel.

Aber mal davon abgesehen? Klar, der Mensch ist ein Stück weit einfach auch ein Gewohnheitstier und will also gar nicht unbedingt ständig mit neumodischer Originalität bombardiert werden. Wenn "EDO-Fantasy" also der McBurger des Rollenspiel ist -- kulinarisch nicht besonders anspruchsvoll und womöglich sogar ungesund, aber halt vertrautes "comfort food" --, dann wird sie wohl auch weiter ihre Kundschaft finden. Muß man selbst ja nicht mögen, aber ich würde mir bei Versuchen, Leute, die das trotzdem tun, zu "höheren Ansprüchen" zu "erziehen", auch keine hohe Erfolgsaussicht ausrechnen.

Offline Weltengeist

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Klar, der Mensch ist ein Stück weit einfach auch ein Gewohnheitstier und will also gar nicht unbedingt ständig mit neumodischer Originalität bombardiert werden. Wenn "EDO-Fantasy" also der McBurger des Rollenspiel ist -- kulinarisch nicht besonders anspruchsvoll und womöglich sogar ungesund, aber halt vertrautes "comfort food" --, dann wird sie wohl auch weiter ihre Kundschaft finden. Muß man selbst ja nicht mögen, aber ich würde mir bei Versuchen, Leute, die das trotzdem tun, zu "höheren Ansprüchen" zu "erziehen", auch keine hohe Erfolgsaussicht ausrechnen.

Tut ja auch keiner. Wer mag, darf EDO-Fäntelalter-mit-allem-und-scharf spielen bis zur Rente und darüber hinaus. Es wäre nur schön, wenn es (um in deinem Bild zu bleiben) ab und zu auch mal einen größeren Laden gäbe, der was anderes als Burger und Pizza im Programm hätte.
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Offline Swanosaurus

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Ich weiß gar nicht mal, ob ich speziell den Platzhirsch D&D so zwingend als EDO einsortieren würde -- das hatte schon immer ganz selbstverständlich -zig intelligente Völker in seinen Settings, nur die offiziell spielbare Auswahl war und ist halt im Vergleich zur Gesamtheit eng beschränkt. Und wenn auf einer einzigen Standard-D&D-Spielwelt schon mehr deutlich verschiedene denkende Spezies herumhocken als bei Star Trek in der gesamten Föderation, dann ist "EDO" eigentlich schon Etikettenschwindel.

Ich finde sogar ehrlich gesagt, dass EDO, so wie ich es verstehe, heute eher Mangelware ist. Bin da halt DSA-geprägt (wobei auch AD&D2 sich doch in den Grundregeln an Elfen, Zwerge, Halblinge und Gnome gehalten hat, oder?). Der Mainstream umfasst ja heute eindeutig deutlich mehr und auch einen längeren Zeitstrahl historischer Vorbilder. Insofern war Myranor für uns DSA-Spieler damals noch was total Abgedrehtes, aber heute sieht es gegen die meisten D&D-Welten doch eher zahm aus, was die reine Diversität von Wesen, Technologien und Magien angeht.

Richtig EDO macht doch aktuell fast nur noch The One Ring ...

Wodurch sich RSPs für mich noch interessant vom Mainstream absetzen können, ist weniger durch ein Angebot jenseits von EDO und mehr durch eine gewisse konzeptionelle Geschlossenheit. So was wie Myranor passt da gut rein, da steht hinter der Vielfalt immer noch ein recht organisches Gesamtkonzept. In letzter Zeit gefällt mir deshalb auch das Elric-angelehnte Tierras Quebradas so gut, oder jetzt Dolmenwood. Da gibt es halt eine ganze Menge NICHT, und während man immer alles einbauen kann, ist schon klar, dass das, WAS es gibt, so auch zusammengehört.

Das passt dann halt wieder nicht ins 5e-Konzept, zu dem irgendwie gehört, dass alle auch immer alles spielen können, worauf sie Bock haben, und es alles überall geben muss ...

Okay, ist wieder ein anderes Thema, hat in Bezug auf 5e aber vielleicht etwas mit dem Thema zu tun: Wenn es immer und überall alles gibt, ist es halt ganz schwierig, irgendetwas noch als neue Idee wahrzunehmen. Der Markt ist natürlich voll mit tollen neuen Ideen, aber die wenigsten davon werden jemals zu einer runden Sache. Was schön ist, weil sie das als Steinbruch tauglicher macht, aber andererseits: Ich brauche wirklich nichts mehr, wo ich Steine brechen kann. Ich habe hier mehr Steine rumliegen, als ich jemals verbauen kann.

Was mich ganz banal als "Kunde" dagegen anmacht, sind Dinge, die mir konzeptionelle Geschlossenheit vermitteln. Und die kommen für mein Gefühl tatsächlich immer weniger. Für mein Gefühl herrscht eine Art rasender Stillstand. Mit einem gemächlichen Fortschreiten könnte ich mehr anfangen.
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Meine Veröffentlichungen:
Season of the Snail für Troika!: https://www.drivethrurpg.com/de/product/524068/season-of-the-snail
Lover's Gaze für Cloud Empress: https://www.drivethrurpg.com/de/product/515643/lover-s-gaze-for-cloud-empress
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Offline Weltengeist

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Was mich ganz banal als "Kunde" dagegen anmacht, sind Dinge, die mir konzeptionelle Geschlossenheit vermitteln. Und die kommen für mein Gefühl tatsächlich immer weniger.

Amen, Brother.

Ein leckeres Essen entsteht für mich auch nicht, indem man einfach ALLES, was in der Küche ist und jemals geschmeckt hat, in einen Topf kippt und kräftig umrührt. Ich lobe mir da die Kunst des Weglassens. Und die scheint mir zumindest im Mainstream eine aussterbende zu sein.

Wobei das ja mögen darf, wer will. Ich würde mir nur wünschen, dass es neben den großen Kitchen Sinks auch wieder mehr Mut zu größeren Produktlinien mit einem klaren Profil gibt, wie es sie gefühlt früher häufiger gab.

Zitat
In letzter Zeit gefällt mir deshalb auch das Elric-angelehnte Tierras Quebradas so gut

Ist das jetzt vorsätzliche Grausamkeit, dass du mir ein Rollenspiel servierst, dass total interessant klingt, das es aber scheinbar nur auf Spanisch gibt? :think:
« Letzte Änderung: Gestern um 20:09 von Weltengeist »
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Offline Swanosaurus

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Ist das jetzt vorsätzliche Grausamkeit, dass du mir ein Rollenspiel servierst, dass total interessant klingt, das es aber scheinbar nur auf Spanisch gibt? :think:

Den Schnellstarter gibt's inzwischen auf Englisch: https://www.drivethrurpg.com/de/product/517642/broken-lands-quickstart

Und das Grundregelwerk ist wohl auch auf Englisch in Arbeit, kann aber noch ein bisschen dauern ...
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Offline Weltengeist

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(wobei auch AD&D2 sich doch in den Grundregeln an Elfen, Zwerge, Halblinge und Gnome gehalten hat, oder?)

Wie gesagt: das waren ja nur die offiziell spielbaren Völker. Aber man schlage nur ein beliebiges Monstrous Compendium aus der Zeit auf und schon springen einem die ganzen anderen oft denk- und wenigstens zum Teil auch durchaus kulturfähigen Geschöpfe, mit denen die Elfen, Zwerge, Halblinge und Gnome (und Orks!) ihre Welt eben "ganz nebenbei" auch noch teilen, schon regelrecht ins Gesicht...

Und ja, der Punkt "konzeptionelle Geschlossenheit" hat definitiv was für sich, denn die bietet D&D mit seinen typischen Alles-muß-rein-Welten in der Tat schon praktisch rein grundsätzlich eben nicht und das ist mMn auch eine seiner Schwächen. Sicher, ein Kitchen-Sink-Setting kann absolut Spaß machen, auch und vielleicht gerade über eine lange Kampagne hinweg...aber als ewig verbindliche Dauereinstellung für alles Fantasyrollenspiel überall? wtf?