Wie angekündigt, wollte ich gerne noch etwas ausführlicher auf eure Antworten eingehen. Vorneweg möchte ich noch darauf hinweisen, dass es wahrscheinlich viel mehr bringt, wenn ich irgendwo im entsprechenden Board konkret schreibe, was ich vorhabe und dann darauf bezogen noch einmal die Frage stelle, wo ihr mögliche Probleme seht. Das werde ich bezeiten nachholen.
Nun zu den einzelnen Punkten. Ich habe die einmal so angeordnet und so formuliert, wie ich es verstanden habe.
Kontext, damit die Bedeutsamkeit der Charakterentwicklung sichtbar wird
Mögliches Problem: Ohne einen Plot, ist die Charakterentwicklung uninteressant. Charaktere entwickeln sich nun einmal nicht im luftleeren Raum. Und wenn man nicht sieht, was es für sie und ihr Leben bedeutet, wenn sie sich so oder anders entscheiden, dann fehlt der ganze Witz der Charakterentwicklung. - Ja, dem stimme ich natürlich zu. Wahrscheinlich ist es hilfreich, hier noch eine weitere Unterscheidung einzuführen, die ich eingangs unterschlagen habe.
Man kann den Ruf nach einem Plot natürlich auf unterschiedlichen Ebenen ansiedeln. Jeder Charakter kann seine eigene Geschichte erleben - unabhängig von den anderen. Oder alle Charaktere sind Teil derselben Geschichte. Ich glaube, dass es ausreicht, dass jeder Charakter seine eigene Geschichte erlebt, um den inneren Konflikten und der Charakterentwicklung einen angemessen Horizont zu geben. Allerdings kann man sich hier fragen, wie ausgefeilt diese individuelle Geschichte sein muss. Einzelne Szenen, in denen wichtige Aspekte des Charakters thematisiert werden, könnten möglicher Weise schon genug Kontext bringen, um die Charakterentwicklung auf elektrisierende Weise zu thematisieren.
Eigene Ziele der NPCs
Ja, die sind wichtig. Derzeit muss der SL sich da selbst überlegen, was die NPCs wollen. Das tut er allerdings immer vor dem Hintergrund, dass wichtige Dinge für den Charakter auf dem Spiel stehen (was dem Charakter wichtig ist, wird vom Spieler bestimmt). Ich behalte den Hinweis im Hinterkopf und prüfe, ob die NPCs möglicher Weise zu blass bleiben könnten (wobei ich glaube, dass dies letztlich vom SL abhängig sein wird).
Charakterentwicklung als Geschichte
Sehr guter Hinweis. Ich habe schon überlegt, wie man das in eine Struktur übersetzen kann, die potentiellen Spielern dann tatsächlich ermöglicht, die Art von Geschichten zu erzählen, die mir im Kopf herumschwebt. Auf jeden Fall ist es richtig, dass Charakterentwicklung narrativen Charakter haben kann - und das Potential sollte ich ausschöpfen, so gut es geht. (Wobei trotzdem eine hinreichende "Bühne" geboten werden muss.)
Charakterentwicklung als Motor der Plotentwicklung
Das ist der Gedanke, der mich sofort gepackt hat: wenn ich es schaffe, die Charakterentwicklung dafür zu nutzen, eine Geschichte zu entwickeln, wäre das fabelhaft. Auf diese Weise könnte man den Fokus auf den inneren Konflikten des Charakters belassen und könnte gleichzeitig einen größeren Rahmen entwickeln, der die Konsequenzen der Charakterentwicklung lebhaft vor Augen stellt.
Charakterentwicklung als individuelles Vergnügen - also langweilig für die anderen?
Gerade bei diesem Hinweis fällt mir noch einmal auf, dass ohne konkreten Systembezug nur mit halber Kraft diskutiert werden kann. Was ich vorhabe, ist ein Spiel mit permanenter Spielerinteraktion. Die inneren Konflikte eines Charakters werden nämlich jeweils auf mehrere Spieler aufgeteilt, so dass man nicht zugucken muss, während es um die anderen geht, sondern selbst massiv eingreift. Langeweile aufgrund von Nichtstun ist hier also nicht möglich.
Mir haben eure Antworten geholfen, das Verhältnis Charakter-Plot weiter zu überdenken, und ich nehme einige konkrete Anregungen mit zur weiteren Arbeit. Vielen Dank dafür!
(Und auch, wenn sich das wie ein Schlusswort anhört, entziehe ich mich natürlich nicht einer weiteren Diskussion.)