Ich meine, dass Komplexität sozusagen die Anzahl der Optionen beschreibt - je mehr Optionen und Stellschrauben zur Verfügung stehen und je mehr man sozusagen "machen" kann, desto komplexer wird das System, insbesondere wenn verschiedene Wechselwirkungen dazu kommen.
Ein System ist kompliziert, wenn die verschiedenen Aspekte nicht mehr nachvollziehbar sind und weder aus der Logik des Charakters, der Spielwelt oder der Regeln noch einen tieferen Sinn ergeben sondern losgelöst für sich sind. Das ist nicht der einzige Weg, um undurchschaubare Regelwerke zu bauen, aber fehlende Intuitivität des Regelwerks ist immer ein deutliches Zeichen von schlechtem Regeldesign.
Ein komplexes System kann man aber wiederrum mit einem sehr einheitlichen und einfachen Mechanismen sehr stark vereinfachen. Wenn das Regelwerk so aufgebaut ist, dass man jederzeit extrapolieren kann, wie Eigenschaft X funktioniert, weil Eigenschaften Y, B, Π und Senf genauso funktionieren und das ganze nachvollziehbar und in sich logisch ist, dann bleibt das System zwar komplex, aber es ist gleichzeitig so kohärent und intuitiv, dass es trotzdem einfach ist. Siehe Gurps.
Und was ich persönlich immer etwas, nun ja, herablassend, finde ist die Annahme, dass ein neuer Spieler, nur weil er neu in der Materie ist, sozusagen auch "zu blöd" ist, um auch komplexere Zusammenhänge oder Systeme zu verstehen. Das soll keine Unterstellung gegen irgendwen sein, aber ich finde diese Einstellung grundsätzlich erst mal überdenkenswert.
Meines Erachtens und meiner Erfahrung nach ist Gurps mit das beste System für Rollenspieleinsteiger überhaupt, weil es konsequent zeigt, wie wichtig Selbstständigkeit ist, sehr gute Anreize bietet, interessante und dreidimensionale Charaktere zu bauen, ohne oberlehrerhaft zu wirken. Gerade weil das System in seinen Grundzügen so einfach und schlicht intuitiv nachvollziehbar aufgebaut ist, was den tatsächlich ziemlich hohen Komplexitätsgrad eben erst erfahrbar und nutzbar macht.
Das funktioniert mit DSA4 nicht, weil das System alles mögliche ist, aber nicht intuitiv nachvollziehbar oder einheitlich. Dadurch, dass jeder Furz nach eigenen Regeln und Systemen fungiert oder alle Möglichen Sonder- und Ausnahmeregeln mit sich bringt, muss man den ganzen Mist immer wieder nachschlagen und die Regeln verklumpen regelrecht mit nutzlosem Ballast.