Action Economy Kontrolle/Negierung in der Art, wie es in 3.5 tatsächlich gespielt wurde war sicherlich nicht im Sinn des Erfinders. Die komplette Schaden/HP Interaktion wird ab einem gewissen Optimierungsgrad nahezu komplett negiert und der Build diktiert deinen Spielstil von vornherein. Da ist letztlich null Taktik dabei, denn entweder bietet dein Build einen Konter gegen den Gegner, oder er kontert dich. Beispiel Mageslayer Featkette&Stand Still mit Combat Reflexes: Entweder der gegnerische Zauberwirker hat einen passenden Konter (z.B. Shielded Casting) oder er hat verloren. Und damit sind wir beim Kernproblem der Sache angekommen: Die Strategie in jedem Kampf läuft darauf hinaus, dass man die jeweils andere Seite am spielen der Charaktere hindert.
Charakterbau wurde dadurch eher wie Deckbau in einem Sammelkartenspiel, nur das man von Anfang an alle Karten auf der Hand hat. Das eigentliche Gedankenspiel wurde einem durch praktische Handbücher auch abgenommen, wodurch alle die optimalen Builds einfach kopieren konnte. Im übrigen wie bei Sammelkartenspielen (Netdecking nennt sich sowas).
Im Gegensatz zu einem Sammelkartenspiel kennt hier jedoch eine der Parteien dein Deck (also den Build) im voraus, und das ist der SL. Der darf dann Encounter bauen, die die binäre Action Economy Manipulation soweit umgeht, dass die Encounter eine Herausforderung bleiben ohne das sich der betroffene Spieler gezielt gegängelt oder ausgekontert fühlt. Je binärer die gewählten Fähigkeiten des SC, desto schwieriger ist das letztlich. Ein beliebter Build sind z.B. die sogenannten Charger, also optimierte Sturmangreifer. Diese sind als einige der wenigen Nahkämpfer hochmobil und verursachen Schaden in Höhe von "Du bist tot" durch das kombinieren von dubiosen Charakterbauoptionen. Will der SL nicht, das der besagte SC die Kämpfe trivialisiert, dann kann er:
a) Schwieriges Gelände einbauen. Wenn er das dann in jedem Kampf macht, was er letztlich tun muss, dann wurde dadurch der Build dieses Spielers vollständig ausgekontert. Resultat: Dieser Spieler hat keinen Spaß. Alternative: Der SL und/oder der Rest hat keinen Spaß, wenn man dem Charger freie Hand lässt.
b) Unangreifbare Gegner, wie z.B. Magier mit etlichen Zwiebelschichten an Defensivzaubern. Willkommen beim Magierpoker. Die ersten paar Runden dreht der Charger Däumchen, bis die eigenen Caster die gegnerischen Caster ausgezaubert haben, dann darf er seinen Trick anwenden. Konsequenz: Der eigentliche Kampf findet zwischen den Castern statt, der Krieger ist Dekoration.
Eine gute Möglichkeit um zu prüfen ob bestimmte Action Economy Manipulationen fair sind besteht darin, sie den Gegnern auch zu geben. Wenn der Spieler sich dann beschwert ist die Option nicht fair
Das Problem ist auch, dass die Optionen in D&D 3.5 zu 90% aus Schrott bestehen (à la Toughness). Weitere 5% verursachen beim SL Hirnblutungen, wenn er sie nur sieht. 5% sind brauchbar und gut.
Letztlich ist es eine enorme Vorbereitungsarbeit für den SL passende Kämpfe in einem solchen System zu erstellen. Man muss eine Gratwanderung zwischen Herausforderung und TPK bewältigen und der entsprechende Grat ist sehr sehr schmal. Vom erstellen der eigentlichen Kämpfe ganz zu schweigen. Das ganze offizielle Material ist entweder ähnlich binär designed (Hallo, körperlose Untote mit Attributsschaden auf Stufe 3!) oder schlicht zu einfach für Charaktere mit derartigen Optionen. Das führt dazu, das der SL alle Kämpfe von Hand bauen darf, was ein enormer Zeitaufwand ist. Ob dieser Zeitaufwand einen entsprechenden spielerischen Mehrwert hat, muss jede Gruppe für sich entscheiden.
5E ist letztlich für den SL deutlich entspannter. Die Gegner aus den Büchern funktionieren mit wenigen Ausnahmen sehr gut, und die Schere zwischen kopiertem Forenbuild und Anfängercharakter auch nicht unüberwindlich wie in 3.5. Es gibt nach wie vor noch taktische Optionen und Schlachtfeldmanipulation, aber nicht in dem Ausmaß von "Du spielst diesen Kampf nicht mehr mit" oder "Du ignorierst was auf deinem Charakterbogen steht". Binäre, kampfentscheidende Optionen die man schon beim Charakterbau treffen muss gibt es nicht mehr.