In meiner Runde kam die Frage auf - wir sind an sich DSA-Spieler, die sich aber von unsäglichen DSA4-Regelwerk etwas befreit haben -, ob es nicht auch einigermaßen elegante Kampfsysteme gibt, die auf Hitpoints oder ein Derivat derselben verzichten.
Eigentlich sind Hitpoints gar nicht so verkehrt als abstrakter, "globaler" Schadensindikator parallel zu konkreten Effekten auf bestimmten Trefferzonen.
Das setzt aber voraus, dass auf diesen Zonen auch was Nennenswertes passieren kann und nicht automatisch so viele HP mit verloren gehen, dass es ohnehin egal wäre.
Die Suche geht zwar in Richtung "mehr Realismus", aber mir ist wohl bewusst, dass der eine Utopie ist - und letztlich ist er auch nicht wirklich gewollt, man hängt ja an seinen Charaktern.
Ah, eine meiner Lieblings-Denkfallen
Ein wie auch immer geartetes "Mehr" an Realismus ist nicht zwingend gleichbedeutend mit größerer Tödlichkeit und je nach Setting auch nicht gleichbedeutend mit mittelfristig total verkrüppelten und sonstwie permanent zugerichteten Charakteren. Und gerade Letzteres ist eine Stelle, wo sich die allerwenigsten über ein paar kleinere Zugeständnisse an die Spielbarkeit beschweren
Ich dachte aber an ein konkreteres System: Also beispielsweise "Treffer im Arm, Kampfeinbußen, aber nicht lebensbedrohlich" (auch nicht wenn es der fünfte ist) oder "Treffer im Bauch mit fieser Auswirkung". Wie gesagt, es muss und soll am Ende nicht ultrarealistisch sein, das geht ohnehin nicht, aber eben weg von der Abstraktion, die die HP u. ä. darstellen.
Ich habe den Eindruck, dass du dazu ansetzt, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Wie gesagt, so komplett bescheuert sind HP noch nicht mal, und dein Kernproblem ist - wenn ich dich richtig gelesen habe - der additive Schaden.
Also die berühmten 50 Nadelstiche zu je 1 HP, an denen man dann letztlich stirbt.
Das kann man mit einigen "Hacks" beheben, die in manchen Systemen fest eingebaut sind und sich oft recht leicht an andere HP-Systeme anflanschen lassen.
GURPS zum Beispiel hat HP und additiven Schaden, aber keine 100% verlässlichen Auswirkungen. Bei bestimmten Grenzen werden "nur" Würfe fällig, ob man bei Bewusstsein bleibt, stirbt oder weiteren Schaden durch Verbluten erleidet.
So ist es möglich, dass drei identische Gegner jede Runde den gleichen Schaden kriegen und der eine nach drei Runden direkt tot umfällt, der nächste durch seine Wunden irgendwann auch ohne weitere Treffer bewusstlos wird und verblutet und man den dritten buchstäblich in Stücke hacken muss, bis er nicht mehr weiter macht.
Das hat mMn einige positive Aspekte.
Zusätzlich gibt es die optionale "Last Wounds"-Regelung, die eine bestimmte Schwelle (1/3 HP) festsetzt, aber der nur noch Treffer gelten, die entweder die verbliebenen HP auf einen Schlag wegmachen oder konkrete Auswirkungen an einer bestimmten Lokation haben (dann aber ohne den üblicherweise zugehörigen HP-Verlust).
Die ersten beiden Editionen von WHFRP und die 40K-Regelwerke arbeiten mit einem HP-Puffer und sich daran anschließenden Tabellen mit kritischen Auswirkungen. Lässt man den Puffer weg und macht die kritischen Treffer nicht additiv (wie es in einigen Systemen der Fall ist), hat man genau das Gewünschte: Schon der erste Treffer kann tödlich sein, meistens braucht es aber eine ganze Anzahl an Treffern, um das Ziel so weit einzuschränken, dass man einen ordentlichen Volltreffer landen kann, der den Kampf endgültig beendet.
Auf der anderen Seite ist es oft ein höherer Verwaltungsaufwand, weil man schnell mehrere Effekte von unterschiedlicher Dauer parallel nachhalten muss - und dann stellt man irgendwann fest, dass in der Spielpraxis der Unterschied zu "normalen" HP-Systemen gar nicht so groß ist.