Autor Thema: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.  (Gelesen 46809 mal)

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Offline pharyon

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #250 am: 16.05.2017 | 20:41 »
Habe ich dich also richtig verstanden, dass du Designern empfiehlst, erst die Ausgangsgrößen/-variablen festzulegen / zu bestimmen / zu erfassen, und darauf aufbauend im zweiten Schritt (oder noch später) etwaige Würfelsysteme ins Auge zu fassen?

p^^
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Offline 1of3

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #251 am: 16.05.2017 | 21:16 »
Ja. Ganz oft kommen auch in diesem Kanal Themen wie: Ich hab mir dieses voll tolle Würfelsystem ausgedacht! Und das ist für gewöhnlich nicht sehr zielführend. Genauso kommen oft Themen wie: Sollte ich lieber diese oder jene Attribute nehmen? Hilft letztlich auch nicht.

Was da passiert ist eine Art fehlender Perspektivenwechsel. Natürlich ist der Wert auf dem Charakterblatt das erste, was man bei einem Spiel zu Gesicht bekommt. Dicht gefolgt von der Art und Weise wie gewürfelt wird. Genau deshalb ist es das letzte, was man festlegt. Etwa so wie man bei einem Buch die Einleitung zuletzt schreibt.

Daraus folgt denn auch, dass man nicht alles gleich würfeln muss. Natürlich ist es doof, wenn man mal hoch und mal niedrig würfelt. Wenn sich die Ergebnisse trivial ineinander übersetzen lassen, macht es keinen Sinn verschiedene Methoden oder Skalen zu verwenden. Wenn aber die Unterschiede qualitativ werden, dann können mehere Arten zu würfeln durchaus ihren Platz haben.

Offline Wandler

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #252 am: 16.05.2017 | 21:19 »
Wärst du so lieb und würdest erklären was du mit fehlendem Perspektivenwechsel meinst?

Offline 1of3

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #253 am: 16.05.2017 | 21:28 »
Zwischen Konsument und Produzent. Das Charakterblatt und die anderen greifbaren Hilfsmittel, wie zum Beispiel die verwendeteden Würfel, sind gleichsam das Interface für das Spiel. Sie sind das erste, womit ein Konsument in Berührung kommt. Sie sind aber keine guten Ratgeber für die Entwicklung. Man legt ja das Interface über die Maschinerie. Das heißt, die muss erst mal stehen.

Offline Wandler

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #254 am: 16.05.2017 | 21:29 »
Danke!

Online Maarzan

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #255 am: 16.05.2017 | 22:20 »
Nein, nein. Wir machen hier Design. Das Spiel ist Schuld. Wenn du das nicht einsiehst, bist du hier falsch.

OK,akzeptiert.

Aber zum Design gehört dann zuerst einmal auch eine Vorstellungsbildung von Probenschwierigkeiten beim Designer und die entsprechende Vermittlung vomUmgang im Text mit diesenfür den Benutzer, oder?
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Offline pharyon

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #256 am: 16.05.2017 | 22:30 »
Aber auch erst, wenn du als Designer weißt, wovon das Spiel handeln soll und insbesondere welche Spielanteile du darin mit Regeln unterstützen willst.

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Online Maarzan

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #257 am: 16.05.2017 | 22:43 »
Aber auch erst, wenn du als Designer weißt, wovon das Spiel handeln soll und insbesondere welche Spielanteile du darin mit Regeln unterstützen willst.

p^^

Das war ja mein primärer Einwurf zum Thema hier.
Vor der Diskussion zu den geeigneten Werkzeugen und Methoden gehört eine Überlegung, was denn überhaupt das Designziel sein soll.
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Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #258 am: 16.05.2017 | 22:44 »
Ja. Ganz oft kommen auch in diesem Kanal Themen wie: Ich hab mir dieses voll tolle Würfelsystem ausgedacht! Und das ist für gewöhnlich nicht sehr zielführend. Genauso kommen oft Themen wie: Sollte ich lieber diese oder jene Attribute nehmen? Hilft letztlich auch nicht.
Hier ist die Frage, welchen Bereich jemand bearbeiten will. Wenn z.B. jemand an Regelmechanismen experimentieren will (z.B. "ich möchte mit einem W12 arbeiten"), ist es sinnvoll, eben das zu probieren. Und dann die Welt an diesen Regelmechanismen aufzubauen: Also eine Welt, die die Regeln unterstützt — bzw. ein Spiel, das auf den Regeln aufbaut.

Wenn es aber um das Design von Regeln für einen bereits bestehenden Hintergrund mit einer bereits bestehenden Vorstellung des Spielablaufs geht, bin ich bei dir.
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Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #259 am: 17.05.2017 | 18:22 »
Bloß wird keiner sich ein Rollenspiel kaufen, weil "Da kommen so tolle W12 vor."

Klar kannst du dir ein Rollenspiel um diese Würfelmechanik basteln. Aber es bringt nichts. Welchen Sinn hat es.

Wenn ich dagegen ein System erstelle, in dem es "um den persönlichen Horror und das Abgleiten in den Wahnsinn" geht, dann ist dieses Ziel hilfreicher. Es wird wesentlich mehr Spieler geben, die ein Spiel kaufen, bei dem "Persönlicher Horror und das Abgleiten in den Wahnsinn" gut umgesetzt ist. Dagegen wird kein Spieler ein Spiel kaufen, weil es "die Nutzung des W12" gut umsetzt.

Regelmechaniken sind eben kein Selbstzweck. Regelmechaniken sind Mittel zum Zweck.

Versteh mich nicht falsch: Mich juckt es auch in den Fingern, endlich mal ein vernünftiges W100-System zu designen. Aber nicht, weil ich das System spielen will, sondern einfach nur, weil ich zeigen möchte, dass es möglich ist. Für den Ansatz: "Wie designe ich ein gutes System zum spielen?" hat dieses Vorhaben aber das komplett falsche Designziel.

Offline Wandler

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #260 am: 17.05.2017 | 18:31 »
Ich bin ja jemand der irre auf die Stochastik und Haptik und das Drumherum an Würfelsystemen steht. Für mein System habe ich vermutlich fast so viel Zeit reingesteckt in das Würfelsystem wie in die anderen Dinge (bisher). Ich finde ein Würfelsystem und seine Stochastik und Haptik und auch Visuelles sind verdammt wichtig. ABER genau wie viele Stimmen es hier sagen zuerst muss man genau wissen was möchte man.

Mir was es wichtig zu wissen, wie oft würfelt man, wie viele Würfel werden das sein. Dann sind auch solche Faktoren wichtig: Welche Granularität möchte ich (Simulation vs Narration). Gibt es viele Faktoren oder wenige. Überhaupt was kann man im Spiel dann tun? Möchte ich ganze Armeeschlachten simulieren oder einzelne Aktionen. Wie sieht es aus wenn X vs Y Personen zeitgleich agieren, was ist wenn unterschiedliche Fertigkeiten einfließen sollen.

Ich gehe hier d'accord mit Eulenspiegel zuerst muss man das Rollenspiel haben, dann kann man das System dazu entwerfen. Macht man es andersrum, schränkt einen das System beim Design vom Spiel ein - oder man schränkt sich nicht ein und das System passt nicht mehr gut dazu.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #261 am: 17.05.2017 | 22:31 »
Es wird wesentlich mehr Spieler geben, die ein Spiel kaufen, bei dem "Persönlicher Horror und das Abgleiten in den Wahnsinn" gut umgesetzt ist. Dagegen wird kein Spieler ein Spiel kaufen, weil es "die Nutzung des W12" gut umsetzt.

Regelmechaniken sind eben kein Selbstzweck. Regelmechaniken sind Mittel zum Zweck.
Das könntest du genauso übersetzen als "das Thema ist ein Mittel zum Zweck, damit Leute es kaufen" (wobei ich keine der beiden Extremaussagen unterschreiben würde: Rollenspiel sind weder nur Thema noch nur Regeln noch nur Welt, sondern alles zusammen, jeweils mit unterschiedlicher Gewichtung).

Wobei sich Splittermond um Größenordnungen besser verkauft als all die hochfokussierten Genrespiele.
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Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #262 am: 17.05.2017 | 22:40 »
Macht man es andersrum, schränkt einen das System beim Design vom Spiel ein - oder man schränkt sich nicht ein und das System passt nicht mehr gut dazu.
Ansonsten schränkt einen das Design bei der Optimierung des Systems ein. Du könntest auch ein Spiel schreiben, das Regeln ideal umsetzt. Auch dann passen die Regeln ideal zum Spiel.

Beide Ansätze begrenzen die Freiheit in einem Aspekt der Entwicklung, um im anderen Aspekt mehr Freiheit zu haben. Und das ist OK, solange am Ende ein tolles Spiel herauskommt. Als Beispiel: Für DnD wurden viele tolle Welten geschaffen — obwohl der Großteil des Regelwerks vorher feststand.
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Offline Wandler

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #263 am: 17.05.2017 | 22:59 »
Die Frage ist doch: Hätten diese tollen Welten mit einem für sie geschaffeneren System nicht noch mehr Spaß gemacht oder war D&D halt einfach verfügbar - natürlich ist Bekanntheit/Vertrauen und Bestehen eines qualitativen Regelwerks ein Pluspunkt, ganz klar.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #264 am: 17.05.2017 | 23:50 »
Die Frage ist doch: Hätten diese tollen Welten mit einem für sie geschaffenen System nicht noch mehr Spaß gemacht oder war D&D halt einfach verfügbar - natürlich ist Bekanntheit/Vertrauen und Bestehen eines qualitativen Regelwerks ein Pluspunkt, ganz klar.
Die Frage lässt sich genauso umgekehrt stellen: Hätte das Spiel mit einer für das System geschaffenen Welt nicht noch mehr Spaß gemacht, oder war das Genre halt einfach verfügbar - natürlich ist Bekanntheit/Vertrauen und Bestehen starker Archetypen ein Pluspunkt, ganz klar.

(ja, ich will hier darauf hinaus, dass es für das Endergebnis unerheblich ist, mit welchem Aspekt das Design angefangen wurde, solange am Ende ein tolles Spielgefühl herauskommt — und dass jede Einschränkung ihre eigenen Probleme bringen kann; aber auch eigene Vorteile liefert. Das soll nicht heißen, dass das beliebig ist: Wenn ich das System festlege, kann ich nicht mehr jeden denkbaren Spielablauf¹ gut abbilden, und wenn ich den Spielablauf festlege, passt nicht mehr jedes System gleich gut)

¹: Spielablauf: Akut guter Name gesucht. Design ist zu umfassend. Welt reicht nicht. Hintergrund und Genre kommen dem nahe.
« Letzte Änderung: 17.05.2017 | 23:54 von ArneBab »
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Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #265 am: 18.05.2017 | 00:07 »
Wobei sich Splittermond um Größenordnungen besser verkauft als all die hochfokussierten Genrespiele.
Bei Splittermond war das Designziel: "Schaffe eine High Fantasy Welt, in der man klassische Abenteuer spielen kann und die einen möglichst breiten Geschmack von Fantasy-Fans trifft."

Ein Designziel muss nicht immer hochfokussiert sein. Nicht hochfokussiert, sondern breit aufgestellt zu sein, kann auch ein Designziel sein.

Beide Ansätze begrenzen die Freiheit in einem Aspekt der Entwicklung, um im anderen Aspekt mehr Freiheit zu haben. Und das ist OK, solange am Ende ein tolles Spiel herauskommt. Als Beispiel: Für DnD wurden viele tolle Welten geschaffen — obwohl der Großteil des Regelwerks vorher feststand.
D&D ist hochfokussiert auf Dungeoncrawl. In D&D 4 kam noch Balancing und "Figuren auf der Battlemap-schieben" dazu.

(ja, ich will hier darauf hinaus, dass es für das Endergebnis unerheblich ist, mit welchem Aspekt das Design angefangen wurde, solange am Ende ein tolles Spielgefühl herauskommt
Das Problem ist, dass bei Spielen, die kein Designziel verfolgen, am Ende kein tolles Spielgefühl herauskommt.

Offline 1of3

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #266 am: 18.05.2017 | 07:07 »
Rollenspiel sind weder nur Thema noch nur Regeln noch nur Welt, sondern alles zusammen, jeweils mit unterschiedlicher Gewichtung).

Dem stimme ich unbedingt zu. Ich denke auch, dass die meisten Leute beim Thema Spielwelt falsch rum anfangen. Spieldesign ist auch kein Weltenbau.

Eine nützlichere Frage ist Core Story: Was spielt man da?

Bei D&D spielt man krasse Magier und Kämpfer, die gegen Drachen antreten und Berge an Schätzen in alten Gewölben finden. Bei Vampire spielt man Vampire. Die sind unheimlich und edgy und spinnen Intrigen. Man kann D&D auch ganz hervorragend mit Raumschiffen spielen. Dann hat man vielleicht Guardians of the Galaxy. Starlord ist ein Rogue. Drax ist ein Fighter.

Eine Core Story muss nicht eng sein, aber erkennbar. Die Unterschiede zwischen DSA und D&D kann ich durchaus schätzen.

Insofern ist auch nicht ganz richtig, dass D&D fürs Dungeon Crawling gebaut ist. D&D ist für gewisse Archetypen von Figuren gebaut. Einige Leute machen mit D&D relativ wenig klassische Dungeons. Diese Archetypen sind für sie interessant. Der Dungeon bleibt aber als Idee wirkmächtig: D&D-Abenteurer gehen in wilde Gebiete voller Monster und Gefahren. Ob da ein Dach drüber ist, ist weniger wichtig.

Online Maarzan

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #267 am: 18.05.2017 | 12:47 »
Bezgl. Corestory

Corestory wäre ja auch nur wie es von außen aussieht.
Und dass dies auf unterschiedlichste Art und Weise beantwortet werden kann, zeigt ja die Zahl der unterschiedlichsten Spiele, wo man Ritter auf Drachenjagd sein kann.

Ich denke die Frage müßte man eher von der Spiel-/figurenseite aus stellen:
Welche Arten von Entscheidungen sollen dafür getroffen werden und worauf sollen diese relevant basieren?
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Offline 1of3

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #268 am: 18.05.2017 | 13:21 »
Ich denke die Frage müßte man eher von der Spiel-/figurenseite aus stellen:
Welche Arten von Entscheidungen sollen dafür getroffen werden und worauf sollen diese relevant basieren?

Da sind wir uns ziemlich einig.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #269 am: 18.05.2017 | 23:17 »
Bei Splittermond war das Designziel: "Schaffe eine High Fantasy Welt, in der man klassische Abenteuer spielen kann und die einen möglichst breiten Geschmack von Fantasy-Fans trifft."
Dass das das Designziel war, klingt plausibel. Nur: Wie leitet das den Entwurf der Regeln? Wie führt es auf das Tick-System für Kämpfe (von dem ich wenn ich mich richtig erinnere hier schon Vorgänger gesehen habe, als :T: noch GroFaFo hieß)?

Wenn du herausfindest, dass die Regeln, die du für dein (noch unveröffentlichtes¹) Spiel entworfen hast, unglaublichen Spaß machen, dass sie aber das Spiel von seinem Designziel entfernen, verwirfst du dann die Regeln — oder änderst du das Designziel (und passt jeden Aspekt des Spiels an das neue Ziel an)?

¹: Unveröffentlicht, weil du ansonsten die Erwartungen deiner existierenden Spieler brechen würdest, was die Antwort ungleich komplizierter macht.
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Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #270 am: 19.05.2017 | 00:01 »
Inwiefern machen Regeln Spaß, die nicht meinem Designziel entsprechen? Ob eine Regel Spaß macht oder nicht, hängt immer von der Zielgruppe ab.
Eine Regel per se ist macht nicht "unglaublich Spaß". Es ist das Zusammenspiel der Regeln und der Ziele des Publikums.

Nehmen wir die Kampfregeln von D&D: Diese Regeln machen in D&D total viel Spaß. Jetzt nehmen wir die D&D Kampfregeln und fügen sie bei Fate ein. Plötzlich machen die D&D Kampfregeln keinen Spaß mehr, weil Fate einen komplett anderen Ansatz verfolgt.

Oder nehmen wir den Probenmechanismus von Dogs in the Vineyard. Für Dogs in the Vineyard ist dieser Probenmechanismus genial. Wenn ich diesen Probenmechanismus jedoch bei D&D einfügen wollen würde, wäre es plötzlich ein unglaublich häbiges und kompliziertes Gebilde.

Regeln an sich sind daher weder spaßig noch langweilig. Sie müssen zum Gesamtkonzept passen.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #271 am: 19.05.2017 | 23:39 »
Inwiefern machen Regeln Spaß, die nicht meinem Designziel entsprechen?
Sie machen Spaß, wenn die damit gespielten Runden Spaß machen. Du spielst nicht das Designziel. Das Designziel ist eine Blaupause, die zur Grundlage eines Spiels wird. Wenn das Spiel nun von deiner Blaupause abweicht, ihr aber alle viel Spaß damit habt, dann machen die Regeln Spaß, obwohl sie nicht dem Designziel entsprechen.

Die Annahme, dass nur das Spaß macht, was zum vorher festgelegten Designziel passt, geht davon aus, dass alle Beteiligten erstens eine perfekte (und gleiche) Vorstellung von dem Designziel haben und zweitens (als Vorbedingung, um das Designziel zu wählen) genau wissen und erklären können, was ihnen selbst Spaß macht.

Zusätzlich verhindert dein Ansatz ein Experimentieren mit neuen Regelkonzepten: Um zu wissen, ob Regeln zu einem bestimmten Designziel passen, musst du erst Erfahrung mit diesen Regeln haben. Um diese Erfahrung zu machen, musst du die Regeln allerdings mindestens ein Mal in einem Spiel verwendet haben. Und für dieses erste Spiel kannst du logischerweise nicht gewusst haben, welche Auswirkungen die Regeln haben würden. Da bestimmte Auswirkungen von Regeln sich oft erst nach längerem Spiel zeigen, läufst du mit einem sehr starren „Regel-an-Ziel-anpassen“-Ansatz Gefahr, dass du durch deine Anpassungen Teile dessen zerstörst, das die anderen Beteiligten Lieb gewonnen haben.


Nebenbei: Du bist bisher nicht darauf eingegangen, dass das von dir genannte Designziel für Splittermond keine Grundlage für den Regelentwurf bietet.
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Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #272 am: 20.05.2017 | 00:57 »
Sie machen Spaß, wenn die damit gespielten Runden Spaß machen. Du spielst nicht das Designziel. Das Designziel ist eine Blaupause, die zur Grundlage eines Spiels wird.
Richtig. Aber ich wähle mir doch nicht ein Designziel aus Langeweile aus. Ich wähle das Designziel doch so, dass es mir Spaß macht.

Wenn ich Lust auf Monster schnetzeln habe, macht es wenig Sinn, sich als Designziel "ein pazifistisches RPG ohne Kampf" zu wählen. Und wenn mich Kämpfe langweilen, macht es wenig Sinn, als Designziel "Gegen Monsterhorden kämpfen" zu wählen.
Das Designziel wird natürlich so gewählt, dass ich bzw. das Zielpublikum damit Spaß hat.

bzgl. Experimentieren
Hattest du schonmal etwas designt? Egal, ob Autodesign, Flugzeugdesign, Wohnungsdesign oder Spieldesign: Natürlich muss man beim designen auch etwas experimentieren. Man kennt zwar das Ziel, aber man kennt nicht den Weg zum Ziel.
Natürlich muss man hier ein wenig experimentieren und unterschiedliche Wege ausprobieren, um herauszufinden, welcher letztendlich zum Ziel führt.

bzgl. Liebgewinnen
Normalerweise sind Beta-Tester nicht unbedingt diejenigen, die das Spiel anschließend auch kaufen.
Aber auch in den Fällen, wo die Beta-Tester das Spiel letztendlich kaufen, habe ich es selten erlebt, dass ihnen beim fertigen Spiel Sachen fehlen, die sie beim Beta-Test liebgewonnen haben.
Es ist ja gerade Sinn und Zweck vom Beta-Test festzustellen, was die Spieler gerne haben und was nicht. Wobei die Beta-Tester natürlich ähnliche Vorlieben wie das Zielpublikum haben sollten. Wenn ich ein pazifistische Romantik-Komödie designen möchte, macht es wenig Sinn, als Beta-Tester Diablo-Spieler zu nehmen.

bzgl. Splittermond
Ja, manchmal fehlen einem die Grundlagen für das Design. Das ist der Grund, weshalb Design etwas Kreatives ist. Wenn man alle Grundlagen kennen würde, müsste man nur einem Computer mit dem Designziel füttern und er würde das perfekte Design dafür berechnen.
Das dies nicht möglich ist und Design immernoch Kreativität erfordert, liegt unter anderem daran, dass hin und wieder die Grundlagen fehlen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Splittermond nicht von zahlreichen anderen Designs.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #273 am: 26.05.2017 | 00:35 »
Richtig. Aber ich wähle mir doch nicht ein Designziel aus Langeweile aus. Ich wähle das Designziel doch so, dass es mir Spaß macht.
Unter der Annahme, dass du schon beim Wählen des Designziels genau weißt, was dir so wie es am Ende wird wirklich Spaß macht.
Zitat
Wenn ich Lust auf Monster schnetzeln habe, macht es wenig Sinn, sich als Designziel "ein pazifistisches RPG ohne Kampf" zu wählen. Und wenn mich Kämpfe langweilen, macht es wenig Sinn, als Designziel "Gegen Monsterhorden kämpfen" zu wählen.
Das Designziel wird natürlich so gewählt, dass ich bzw. das Zielpublikum damit Spaß hat.
Du vermischt hier Designziel und Kernhandlung.
Zitat
bzgl. Experimentieren
Hattest du schonmal etwas designt? Egal, ob Autodesign, Flugzeugdesign, Wohnungsdesign oder Spieldesign: Natürlich muss man beim designen auch etwas experimentieren. Man kennt zwar das Ziel, aber man kennt nicht den Weg zum Ziel.
Ich hatte Erfahrung mit Kampagnendesign, Weltendesign und Spezialregeldesign.

Die Annahme ist hier, dass du wirklich vorher weißt, wo das Ziel liegt.

Wenn ich mir anschaue, wie sich das bei Software-Entwicklung im letzten Jahrzehnt verändert hat — wie stark es immer mehr in Richtung dynamischer Anpassung des Designs an die Bedürfnisse der Nutzer geht: Weg vom Wasserfall-Design mit seiner Annahme des perfekten Designers — halte ich es für fraglich, dass ohne mehrere Prototypen das Ziel wirklich konkretisiert werden kann; und welches Ziel auf dem gewählten Weg wirklich erreichbar ist.

Und um wirklich herauszufinden, was funktioniert, reichen Prototypen auch nicht: Dafür müssen viele andere Leute es spielen. Wenn es dann nicht das Designziel erreicht, kannst du entscheiden, das Spiel einzustampfen und die bisherigen Fans mit einer neuen Version zu vergraulen, die für die Leute, denen deine bisherige Fassung gefällt, nicht mehr wirklich passt.

Oder, wenn du merkst, dass das praktisch erreichte Ziel dir selbst auch gefällt, kannst du entscheiden, das Ziel anzupassen (und damit all die zu vergraulen, die das Ziel toll fanden, das bisher veröffentlichte Spiel aber nicht).
Zitat
bzgl. Liebgewinnen
Normalerweise sind Beta-Tester nicht unbedingt diejenigen, die das Spiel anschließend auch kaufen.
Aber auch in den Fällen, wo die Beta-Tester das Spiel letztendlich kaufen, habe ich es selten erlebt, dass ihnen beim fertigen Spiel Sachen fehlen, die sie beim Beta-Test liebgewonnen haben.
Wer würde diese Sachen denn auch rausnehmen — selbst wenn sie nicht direkt aus dem Design folgen?

Doch obwohl die meisten Spiele Beta-Tester haben, schlagen nur die wenigsten wirklich ein. Und das sind nicht immer die mit konsequent durchgezogenen Design.
Zitat
bzgl. Splittermond
Ja, manchmal fehlen einem die Grundlagen für das Design. Das ist der Grund, weshalb Design etwas Kreatives ist. Wenn man alle Grundlagen kennen würde, müsste man nur einem Computer mit dem Designziel füttern und er würde das perfekte Design dafür berechnen.
Das dies nicht möglich ist und Design immernoch Kreativität erfordert, liegt unter anderem daran, dass hin und wieder die Grundlagen fehlen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Splittermond nicht von zahlreichen anderen Designs.
Benutzt du jetzt "Design" als Beschreibung des gesamten Werkes? Also nicht als Blaupause, sondern als alle Texte, Bilder, Regeln, usw. zusammen?
« Letzte Änderung: 26.05.2017 | 00:43 von ArneBab »
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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #274 am: 26.05.2017 | 22:03 »
Ich glaube, wir reden aneinander vorbei.
Ich mache das ganze mal deutlich am Design eines Flugzeuges:
Designziel: Ziviles Flugzeug, das bis zu 200 Passagiere auf Langstreckenflüge transportiert
Design: Konkrete Eigenschaften, z.B. Aerodynamik, 2 Ebenen mit je 100 Sitzen (Obere Etage 1st class, untere Etage 2nd class), Ladefläche, Treibstofftanks unter der Ladefläche, 10 Mann Crew (inkl.  Service-Personal).
Blaupause: Konkrete technische Daten.
Prototyp / Beta-Spiel: Umsetzung der Blaupause.