Autor Thema: Der Hang zu "negativen" Settings  (Gelesen 13532 mal)

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Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #100 am: 25.07.2022 | 10:27 »
Ich glaube nicht, aber vielleicht hab ich mich irgendwo in diesem Thread missverständlich ausgedrückt. (Oder auch jemand anders.)

Hast du mE nicht, weswegen mich der aufgebaute Strohmann wundert, alles, was nicht von Grund auf dystopisch ist, sei eine Li-La-Laune-Welt ohne Probleme.

Naja, mE läufts halt auf "Get rich (or mighty or whatever) or die tryin'" hinaus. Kann man machen, hab ja selbst lang genug SR gespielt. Ein Setting, dass dies zur Essenz der Existenz erklärt, find ich inzwischen schlicht ziemlich langweilig und eindimensional.

Das schlimmste war eins wo nem Typen hintereinander beide Augen ausgestochen wurden.

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Offline nobody@home

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #101 am: 25.07.2022 | 10:30 »
Aber auch jenseits von Fantasy haste viel Sex& Crime, und natürlich Horror.
(Breaking Bad, Walking Dead etc.)
Bedeutet mehr Adrenalin für die Zuschauer.
Stumpft auf Dauer aber auch ab.

Neulich zwei ältere Menschen getroffen, die sich darüber aufgeregt haben, dass es mittlerweile selbst in jedem Tatort um Sex geht." Das war früher Mal anders " bemängelten sie.  :D

Ja, ja, heute müßte man jung sein... ;D

Es scheint meinem rein subjektiv-anekdotischen Eindruck nach aber schon zu stimmen, daß Film und Fernsehen von heute irgendwie deutlich mehr Streß und Hetze enthalten (und dadurch auch beim Zuschauer abladen) als die aus meiner Kindheit und Jugend. Das ist allerdings, wohlgemerkt, keine "in den letzten Jahren..."-Entwicklung, sondern ein langfristiger Trend.

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #102 am: 25.07.2022 | 10:41 »
Es scheint meinem rein subjektiv-anekdotischen Eindruck nach aber schon zu stimmen, daß Film und Fernsehen von heute irgendwie deutlich mehr Streß und Hetze enthalten (und dadurch auch beim Zuschauer abladen) als die aus meiner Kindheit und Jugend. Das ist allerdings, wohlgemerkt, keine "in den letzten Jahren..."-Entwicklung, sondern ein langfristiger Trend.
Ausschließlich schlecht finde ich das gar nicht.
Vielleicht weil da auch teilweise an Themen gekratzt wird, die mal Tabus waren (oder noch sind).
Und auch zT. menschliche Abgründe beleuchtet werden, die sonst unter einem Teppich landen würden.


Edit. Wenn die harten Sachen allerdings zum Selbstzweck werden, nur um die Zuschauer emotional zu fesseln, verfehlt das irgendwie auch.
« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 10:46 von Issi »

Offline tartex

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #103 am: 25.07.2022 | 10:57 »
Also wenn ich mir die 80iger-Actionfilme anschaue und mit den heutigen Serien-Hits vergleiche, haben wir nicht mehr Gewalt, aber deutlich  mehr Tiefgang. Tiefgang kann auch an vielen unguten Stellen kratzen. Aber zum Glück gibt es ja Trigger-Warnings.  ;D
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Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #104 am: 25.07.2022 | 11:12 »
Also wenn ich mir die 80iger-Actionfilme anschaue und mit den heutigen Serien-Hits vergleiche, haben wir nicht mehr Gewalt, aber deutlich  mehr Tiefgang. Tiefgang kann auch an vielen unguten Stellen kratzen. Aber zum Glück gibt es ja Trigger-Warnings.  ;D
Hab die uralt Robin Hood Serie auf DVD.
In der der Sohn von Sean Connery den Robin Hood spielt. (Glaube im dritten Teil)

Die Story ist ja echt interessant. Die Charaktere haben Charme.

Aber - Mei- die Kampfszenen kriegt ja jede LARP Gruppe besser hin.
 ;D
Glaube heute wäre das top choreographiert, und mit Sicherheit blutiger.

Wie zum Beispiel in "Last Kingdom".
Oder in "Wikings" etc.

Auch gäbe es mit Sicherheit einige Sexszenen. (Die der alten Serie komplett fehlen)

« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 11:17 von Issi »

Offline tartex

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #105 am: 25.07.2022 | 11:20 »
Auch gäbe es mit Sicherheit einige Sexszenen. (Die der alten Serie komplett fehlen)

Ich habe dagegen den Eindruck, dass die Nippelquote seit den 1980igern stark rückläufig ist. Damals gabe es doch in so guten wie jeden Action-Film blanke Brüste zu sehen. Sowas wie die Highlander-Sex-Szene ist ja das beste Beispiel für das Klischee.
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Offline Raven Nash

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #106 am: 25.07.2022 | 11:21 »
Hab die uralt Robin Hood Serie auf DVD.
In der der Sohn von Sean Connery den Robin Hood spielt. (Glaube im dritten Teil)

Die Story ist ja echt interessant. Die Charaktere haben Charme.

Aber - Mei- die Kampfszenen kriegt ja jede LARP Gruppe besser hin.
 ;D
Glaube heute wäre das top choreographiert, und mit Sicherheit blutiger.

Wie zum Beispiel in "Last Kingdom".

Auch gäbe es mit Sicherheit einige Sexszenen. (Die der alten Serie komplett fehlen)
Die Kampfszenen in Last Kingdom sind auch nicht viel besser choreografiert - aber Schnitt und CGI übertünchen das kämpferische Unvermögen. Damals war's halt Bühnenfechten und die Kamera musste entsprechend geführt werden, was aber oft eher mäßig gelang.

Und Sexszenen sind so unnötig wie ein Pickel am Allerwertesten. Daran hat sich nichts geändert - auch Van Dammes nackter Hintern, der in jedem Film mindestens einmal zu sehen sein musste, war schon unnötig...

Was heute anders wäre: Die Leute wären dreckiger, weil im Mittelalter hat man sich ja bekanntlich nicht gewaschen (was die Badehäuser dann sollten, ach was...). ;)
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Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #107 am: 25.07.2022 | 11:36 »
Ich habe dagegen den Eindruck, dass die Nippelquote seit den 1980igern stark rückläufig ist. Damals gabe es doch in so guten wie jeden Action-Film blanke Brüste zu sehen. Sowas wie die Highlander-Sex-Szene ist ja das beste Beispiel für das Klischee.
OK, ich habe den Film gesehen.
Aber höchstwahrscheinlich in einer nachträglich geschnittenen Version.
Ist das möglich?
Oder habe ich das schlicht übersehen?
 :think:

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #108 am: 25.07.2022 | 11:40 »
Und Sexszenen sind so unnötig wie ein Pickel am Allerwertesten. Daran hat sich nichts geändert - auch Van Dammes nackter Hintern, der in jedem Film mindestens einmal zu sehen sein musste, war schon unnötig...
;D
Naja " Sex Sells" - ist halt der Grund, warum das in vielen Filmen und Serien drin ist.

Bräuchte man sicher nicht unbedingt.
Wird aber, so vermute ich zumindest, häufig sogar erwartet.
Edit.
Game of Thrones ist ja mehr oder weniger eine Anhäufung von "Sex and Crime", "Spartacus" ist mMn. sogar noch schlimmer.

« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 12:23 von Issi »

Offline felixs

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #109 am: 25.07.2022 | 12:56 »
Und auch zT. menschliche Abgründe beleuchtet werden, die sonst unter einem Teppich landen würden.

Das ist in vielen Fällen genau das, was ich nicht möchte und weshalb ich "fynstere" (schönes Wort) Spielwelten meide.

Mich belastet das dann potentiell mein restliches Leben lang und das muss ich nicht haben. Der Dreck und  die Widerlichkeiten des sogenannten "echten Lebens", ob Geschichte, Nachrichten oder selbst erlebt, reichen mir da völlig.

Dazu gibt es viele mögliche Positionen, die alle irgendwie legitim sind.
Einen Trend zu mehr Dingen, die zumindest ich schlecht verarbeiten kann, beobachte ich auch. Ob das wirklich zugenommen hat, ob es - warum auch immer - "sichtbarer" geworden ist, ob ich empfindlicher geworden bin - weiß ich nicht.
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Noir

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #110 am: 25.07.2022 | 13:10 »
Ich glaube, es hat niemand behauptet, "helle" Settings wären besser als düstere. Aber vielleicht wurde etwas mißverständlich ausgedrück. Generell ist das schlicht eine Geschmacksfrage. Der Punkt ist eigentlich vielmehr, das gefühlt viele neue Systeme einfach auf einem "düsteren Ausgangspunkt" das Setting aufbauen. Dabei spielt es für mich persönlich sogar eine untergeordnete Rolle, ob das Setting noch immer "düster" ist oder sich bspw. in einer Wiederaufbauphase befindet. Ich finde es einfach schade, dass vielfach erstmal alles vorherige im Setting kaputt gegangen ist, um zur aktuellen Situation zu gelegen, obwohl man diesen Kniff mMn nicht zwingend benötigt, um trotzdem spannende Geschichten zu erzeugen.

Nein, im Gegenteil: Ich habe mich hier vermutlich missverständlich ausgedrückt. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass das jemand behauptet hat. Ich wollte eigentlich tatsächlich die Frage stellen, warum man denn in einem eher positiven Setting spielen möchte. Denn das erschließt sich mir wirklich nicht so richtig. Aber das liegt eben vermutlich tatsächlich an meinem Geschmack. Ich mag - wie gesagt - meine Settings in allen Unterhaltungsmedien so düster wie nur irgendwie möglich.

Was das Rollenspiel angeht, ist das düstere Setting einfach vollgestopft mit Abenteuermöglichkeiten. Und diese können so "düster" oder auch so "freundlich" wie möglich erzählt sein. Ich kann durchaus in Warhammer die Geschichte erzählen, wie die Protagonisten eine Jungfrau vor einem Chaoskult rettet. Inkl. Happy End mit Hochzeit der Jungfrau mit ihrem Geliebten. Das ist absolut möglich und beißt sich nicht mit dem Setting. Im nächsten Abenteuer ist man 100 Kilometer weiter in einem Bauerndorf, dass leider gerade von Tiermenschen dem Erdboden gleich gemacht wurde und die Aufbauarbeiten sind von Krankheit und Hoffnungslosigkeit gezeichnet. Die Rache an den Tiermenschen ist die nächste Geschichte. Die Bauern sind am Ende immer noch tot, die Krankheiten sind immer noch da und die überlebenden Menschen des Dorfes ziemlich sicher dem Untergang geweiht. Beides möglich. Beides das gleiche Setting. Beides logisch.

Das Ganze aber in einem kunterbunten Setting zusammenzukriegen halte ich dann doch für ziemlich unmöglich.

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #111 am: 25.07.2022 | 13:11 »
Das ist in vielen Fällen genau das, was ich nicht möchte und weshalb ich "fynstere" (schönes Wort) Spielwelten meide.

Mich belastet das dann potentiell mein restliches Leben lang und das muss ich nicht haben. Der Dreck und  die Widerlichkeiten des sogenannten "echten Lebens", ob Geschichte, Nachrichten oder selbst erlebt, reichen mir da völlig.

Dazu gibt es viele mögliche Positionen, die alle irgendwie legitim sind.
Einen Trend zu mehr Dingen, die zumindest ich schlecht verarbeiten kann, beobachte ich auch.
Ich bin da auch empfindlich was Gewalt angeht.
"Wikings" habe ich deshalb abgebrochen.
Und bei " Last Kingdom" und Game of Thrones " musste ich zT. in manchen Szenen rausgehen.
Ich vertrage ja nicht Mal Folterszenen im Rollenspiel gut.( Als SPL)

Als SL schon eher, da ich mehr Kontrolle darüber habe, wie brutal eine Situation wird.
Oder nicht wird.
Auch wenn ich Szenen schreibe ist das weniger problematisch.

Edit.
Verrückterweise kann man vielleicht sogar sagen, dass die Gewalt die man sieht, ja nicht unrealistisch ist.
Nichts ist brutaler als die Realität.
Und das meiste was wir da konsumieren  gab es wirklich oder gibt es immer noch.
- Das zu thematisieren kann ein Licht darauf werfen. Und klar machen: "Sowas passiert.
Auch wenn wir das in unserer geschützten Bubble nicht wahrnehmen."
Aber sowas gespielt über ein Unterhaltungsmedium serviert zu bekommen ist auch nicht ganz ohne.

Kunst darf schon auch Mal aus der eigenen Komfort Zone rausholen, provozieren und sogar schockieren.
Funktioniert bei mir auch ziemlich leicht... :-)
« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 13:46 von Issi »

Offline Alexandro

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #112 am: 25.07.2022 | 13:51 »
Nicht-düstere Settings bedienen Ambitionen und Ziele, und erlauben Aufbaustrategen-Spielern sich auszutoben.

Wenn es einfacher ist etwas einzureißen als aufzubauen (wie es bei düsteren Settings eher der Fall ist), dann kommt da keine Freude auf, wenn man:
- mit NSC zusammenarbeiten, Aufgaben an diese delegieren und sein Vertrauen in diese setzen will (ohne dass man erwarten muss dass sie einen verraten oder aus Dysternys-Gründen ge-fridged werden)
- sich ein Umfeld von Support aufbauen, statt sich nur auf den einzelnen Charakter zu konzentrieren (und damit echte Erfolge zu erzielen, statt sich nur Probleme einzuhandeln, die man als Murder Hobo nicht hätte)
- in der Lage zu sein, auch mal suboptimale (aber nachvollziehbare) Entscheidungen zu treffen, ohne dass gleich mit einer Keule auf den gerade am Boden liegenden Charakter eingeprügelt wird (z.B. wir gefangen genommen - in dysteren Settings idR Game Over, in helleren Settings nur ein Rückschlag um zu entkommen und evtll. dabei noch etwas über die gegnerische Organisation zu erfahren).
usw. usf.
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #113 am: 25.07.2022 | 13:52 »
Ich wollte eigentlich tatsächlich die Frage stellen, warum man denn in einem eher positiven Setting spielen möchte. Denn das erschließt sich mir wirklich nicht so richtig.

Um zu spielen, wie aus dem hinterhältigen Schmuggler Han Solo der geachtete Rebellengeneral wird, der sein Leben für eine gute Sache riskiert, statt für eine möglichst hohe Profitquote. Um in einer Welt zu spielen, in der eine Rede, in der es heißt "Der Tag mag kommen, da der Mut der Menschen erlischt, da wir unsere Gefährten im Stich lassen und aller Freundschaft Bande bricht. Doch dieser Tag ist noch fern!", sich nicht wie leerer Hohn anhört. Um eine Jungfrau vor einem Chaos-Kult zu retten, ohne befürchten zu müssen, dass sie am nächsten Tag samt Bräutigam von der Inquisition abgeholt wird, die mittels Daumenschrauben & Scheiterhaufen "prüfen" will, ob die Zeit als Geisel der Kultisten nicht i-welche Chaos-Makel hinterlassen hat.

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Noir

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #114 am: 25.07.2022 | 14:34 »
Das erklärt, warum es mir keinen Spaß macht, solche Settings zu bespielen. Ich will Verfall und das Ende direkt vor der Nase. Immer :D

Offline Quaint

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #115 am: 25.07.2022 | 15:11 »
Naja, letzten Endes sind Settings halt auch meist vielschichtiger als hell-dunkel. Beispielsweise macht es ja auch einen Unterschied ob die Protagonisten bei ggf. vorhandenem "Schweinkram" mitmachen, oder ob die Protagonisten eher "gute Leute" sind.

Herr der Ringe beispielweise ist ja an sich recht finster: Eine Mehrheit der Welt dient Sauron, Krieg droht die freie Welt zu verschlucken usw.
Aber die Protagonisten sind halt Ausbünde von Moral und Tugend, und selbst als Boromir dem Ring so halb nachgibt, opfert er sich quasi im nächsten Atemzug um die Hobbits zu retten.

Bei sowas wie Shadowrun unterscheidet sich das klar von Spielrunde zu Spielrunde, aber von dem Romanen her und der Karmaregelung habe ich eigentlich den Eindruck, dass auch da die Protagonisten dazu tendieren ganz nette Typen zu sein (für Berufsverbrecher).

Und ich finde, sowas mildert die Fiesheit des Setting nochmal etwas.

Ich spiele ganz gern sowas wie Warhammer 40K oder Shadowrun oder the Witcher, was ja jetzt alles Settings sind die deutlich weniger harmonisch sind als z.B. DSA/Aventurien, aber wenn meine Spieler das zum Anlass nehmen würden, saufiese Mistsäcke als SC zu erschaffen, würde ich glaube auch die Krise kriegen. Ich muss halt irgendwie mit den Protagonisten sympathisieren können.
Besucht meine Spielkiste - Allerlei buntes RPG Material, eigene Systeme (Q-Sys, FAF) und vieles mehr
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Offline felixs

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #116 am: 25.07.2022 | 15:22 »
Ich muss halt irgendwie mit den Protagonisten sympathisieren können.

Wichtiger Punkt. Vielleicht könnte man noch ergänzen, dass man auch mit - zumindest einigen - Figuren und Gegebenheiten in der Spielwelt sympathisieren können muss. Sonst wird es mit der Motivation sehr schwierig.
Und dann ist man schon sehr weit weg von dunkelfiesen Welten.

Natürlich funktioniert eine Spielwelt ohne Konflikte nicht so gut oder gar nicht. Denn ohne Konflikte gibt es ja wenig oder nichts, was die Figuren in der Welt tun können. Aber nicht jeder Konflikt muss super-finster-böse-brutal-blutrünstig sein um Bedeutung zu tragen.

Vermutlich landet man am Ende bei "Geschmacksfrage", wenn auch mit ziemlich polarisierten Lagern an den äußeren Rändern.

Was ich problematisch finde ist, eine Spielwelt als grundsätzlich nicht sinnvoll bespielbar zu bewerten. Sie mag für einige Leute mit gewisser Geschmackslage nicht bespielbar sein. Dem einen mögen in nicht ausreichend dunklen Welten die Konflikte nicht drastisch genug sein. Mir z.B. bekommen die meisten Spielwelten mit drastischeren Konflikten psychisch nicht gut. Ich sehe aber auch keine Schwierigkeit, Abenteuerideen für ziemlich helle Spielwelten (z.B. Castle Falkenstein) zu finden.
Ich würde vorschlagen: Nicht alles ist für alle (gut) spielbar. Alles andere ist eine Frage der Geschmackslage.

Und das meiste was wir da konsumieren  gab es wirklich oder gibt es immer noch.
- Das zu thematisieren kann ein Licht darauf werfen. Und klar machen: "Sowas passiert.
Auch wenn wir das in unserer geschützten Bubble nicht wahrnehmen."
Aber sowas gespielt über ein Unterhaltungsmedium serviert zu bekommen ist auch nicht ganz ohne.

Kunst darf schon auch Mal aus der eigenen Komfort Zone rausholen, provozieren und sogar schockieren.
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Klar kann man das machen.
Es ist aber dann auch legitim zu entscheiden, dass man das nicht möchte.
Den Unterschied würde ich so ziehen: Es ist völlig legitim, Darstellungen fiktionaler Grausamkeiten zu vermeiden. Es ist wahrscheinlich nicht legitim, die Existenz realer Grausamkeiten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Ersteres scheint mir ganz unstrittig zu sein. Zweiteres muss man vermutlich mit diversen Abstufungen versehen und wahrscheinlich kann die volle Brutalität und Tragweite dessen, was real zwischen Menschen passiert ist und passiert, nicht jedem völlig ungefiltert zugemutet werden.
« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 15:26 von felixs »
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Camo

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #117 am: 25.07.2022 | 15:36 »
Ich trau mich nicht, ich hab jetzt noch Angstzustände weil die alle so brutal und kaputt waren.
Ich kann immer noch nicht glauben dass mich meine Mutter sowas hat anhören lassen.

Das schlimmste war eins wo nem Typen hintereinander beide Augen ausgestochen wurden.

Dann sollte ich jetzt nicht erwähnen, dass die Märchen, die in den letzten 80 Jahren oder so verfügbar waren, ALLE extrem verharmlost wurden und im Original SEHR viel brutaler und finsterer waren? Siehe Dornröschen: Die schlafende Schönheit wird nach hundert Jahren durch den Kuss der Liebe von ihrem Prinzen gerettet? Nicht ganz. Im Original-Märchen findet der Prinz sie, kann sie aber nicht wecken. Das hindert ihn nicht daran, sie zu vergewaltigen, woraufhin sie schwanger wird und noch immer schlafend Zwillinge zur Welt bringt. Erst, als ihre Tochter an ihrem Finger saugt und so den Giftdorn der Spindel entfernt, wacht sie auf.

Nun gibt es zwei Varianten, wie es weitergeht: In der einen verliebt Dornröschen sich in ihren Vergewaltiger, als er sie das nächste Mal besucht, und sie heiraten. In der anderen sucht sie ihn und findet heraus, dass er verheiratet ist. Seine Frau ist derart eifersüchtig, dass sie Dornröschens Zwillinge töten und kochen lässt, um sie anschließend ihrem Gemahl zu servieren. Hier kann das „Happy End“ erst kommen und Prinz und Dornröschen heiraten, als die mordende Ehegattin hingerichtet wurde.
Mehr dazu kann man hier lesen.


Es scheint meinem rein subjektiv-anekdotischen Eindruck nach aber schon zu stimmen, daß Film und Fernsehen von heute irgendwie deutlich mehr Streß und Hetze enthalten (und dadurch auch beim Zuschauer abladen) als die aus meiner Kindheit und Jugend. Das ist allerdings, wohlgemerkt, keine "in den letzten Jahren..."-Entwicklung, sondern ein langfristiger Trend.

Das ist korrekt. Heute müssen Filme und Serien vor Allem Action enthalten, da muss was passieren. Wenn es Blut gibt, wird voll draufgehalten, das war früher nicht so. Ich habe, als meine Tochter jünger war, tatsächlich Serien und Filme von heute und früher (aus meiner Jugend oder davor, bin ja auch über 50 inzwischen) verglichen und festgestellt, dass ich Krimis und Western aus den 70ern und 80ern problemlos mit ihr gucken kann, die heutigen aber definitiv nicht. Sex und Gewalt werden heutzutage sehr viel expliziter dargestellt als früher... und selbst viele amerikanische Filme VOR dem sogenannten "Hays Code", der vieles verbot, waren softer als heutige, selbst wenn da Menschen komplett nackt waren.

Offline nobody@home

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #118 am: 25.07.2022 | 15:43 »
Den Unterschied würde ich so ziehen: Es ist völlig legitim, Darstellungen fiktionaler Grausamkeiten zu vermeiden. Es ist wahrscheinlich nicht legitim, die Existenz realer Grausamkeiten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Ersteres scheint mir ganz unstrittig zu sein. Zweiteres muss man vermutlich mit diversen Abstufungen versehen und wahrscheinlich kann die volle Brutalität und Tragweite dessen, was real zwischen Menschen passiert ist und passiert, nicht jedem völlig ungefiltert zugemutet werden.

Mm. Einerseits ist es durchaus legitim, beispielsweise keine zu brutal-graphischen Gewalttaten in seiner persönlichen Unterhaltung zu wollen -- für viele von uns reicht da "Pistole macht bumm und Gegner fällt um" wahrscheinlich immer noch völlig aus. Was für Verletzungen solche Dinger real am menschlichen oder sonstigen Körper anrichten können, ist ein anderes und deutlich gruseligeres Thema und gehört in die Fiktion also auch nicht zwingend hinein, wird aber andererseits natürlich spätestens bei Fragen zum Thema im richtigen Leben sofort wieder relevant...

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #119 am: 25.07.2022 | 15:56 »
@
Felix

Wie stellst du denn dann z.B. Kämpfe und Gewalt im Rollenspiel dar?

Mir geht's so. - Verharmlosen will ich Gewalt (Mord und Totschlag) bei den Beschreibungen irgendwie auch nicht.
Das "Böse" ist deshalb schon böse.

Allerdings ist alles, was ich beschrieben kriege, für mich jedenfalls, besser zu verkraften, als wenn ich das in einem Film sehe.

Offline Ma tetz

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #120 am: 25.07.2022 | 16:22 »
Also viele Rollenspiele thematisieren ja Gewalt als legitime und naheliegende Konfliktlösung. Das ist für mich per se gewaltverherrlichend. Ich kann damit gut leben.

Der eine Pol ist halt die Konsequenzen nicht aktiv zu beschreiben und es bei "Du verletzt Dein Gegenüber... Er fällt tot um" zu belassen. Was in gewisser Weise eine Verharmlosung ist.

Der Andere Pol ist dann Gewaltporno, bei dem Blut und Eiter nur so spritzen.

Ich schwanke bei meinen Runden zwischen diesen Polen mit einem Drall zum weniger Expliziten.

Keines von Beidem ist für mich besser.

Zum Thema: Ich habe viele eher düstere Welten im Schrank (Warhammer, Shadowrun, Schatten des Dämonenfürsten, Trudvang und auch das mit den schwarzen Landen und der Wildermark so garnicht li-la-lustige DSA). Aber mir ist wichtig, dass wir immer die spielen, die zumindest das Gute wollen und meist auch das Gute tun. Folter, Vergwaltigung, Verstümmelung ist Teil der Welt und wird unterschiedlich stark erzählerisch thematisiert, aber es gehört nicht zum Instrumentenkasten meiner SC.

Gewalt gegen Kinder mag ich, seit ich selber Kinder habe überhaupt nicht. Insgesamt geht mir explizite Gewaltdarstellung mittlerweile näher, als früher.

Diese Video fasst die Eigenschaften von  grimdarkem Spiel imho ganz gut zusammen:

https://youtu.be/1S8k5R5hdao
« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 23:07 von Ma tetz »
Ihr interessiert Euch für den Schatten des Dämonefürsten? Dann kommt zur Höllenpforte (Discordserver).

Camo

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #121 am: 25.07.2022 | 16:29 »
Ich sag meinen Spielern im Vorwege immer ganz deutlich "Was ihr tut, das können auch eure Gegner anwenden... wenn ihr also foltert, verstümmelt, schändet etc, dann kann das auch euch passieren. Ich habe seit Jahrzehnten nichts derartiges mehr in meinen Runden gehabt... kann mir gar nicht vorstellen, woran das liegen könnte? ;)

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #122 am: 25.07.2022 | 16:36 »
Also viele Rollenspiele thematisieren ja Gewalt als legitime und naheliegende Konfliktlösung. Das ist für mich per se gewaltverherrlichend. Ich kann damit gut leben.

Der eine Pol ist halt die Konsequenzen nicht aktiv zu beschreiben und es bei "Du verletzt Dein Gegenüber... Er fällt tot um" zu belassen. Was in gewisser Weise eine Verharmlosung ist.

Der Andere Pol ist dann Gewaltporno, bei dem Blut und Eiter nur so spritzen.

Ich schwanke bei meinen Runden zwischen diesen Polen mit einem Drall zum weniger expliziten.

Keines von Beidem ist für mich besser.
https://youtu.be/1S8k5R5hdao
Jo.
Bei mir ähnlich.

Man könnte im Extremfall sicherlich auch zu: "Der ist weg", " der ist weg", "der ist weg" übergehen.
Andererseits haben viele SPL auch kein Problem damit, wenn man Alla "300" Mal die verbale Ketchup Flasche rausholt.

Oder anders: Ich hatte noch nie jmd. am Tisch, der der Meinung war: Das ist mir jetzt zu brutal.
Außer mich selbst... ~;D
« Letzte Änderung: 25.07.2022 | 16:44 von Issi »

Offline Raven Nash

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #123 am: 25.07.2022 | 16:37 »
Warum macht man eigentlich "düster" an Gewalt fest?
EIn Kampf, egal wo und wann, war und ist eine brutale Angelegenheit. In den Sagas wurde zwar heroisch überhöht - aber wenn jemand seinen Gegner mit dem Schwert spaltet und das Pferd drunter gleich mit, ist das wohl unrealistisch, aber deshalb nicht weniger brutal. Und auch wenn der edle Paladin sein Schwert gegen das BöseTM erhebt - das Blut wird seinen weißen Waffenrock dennoch besudeln.

"Düsternis" hat IMHO viel mit "Hoffnung" zu tun, bzw. deren Abwesenheit. Mittelerde z.B. wäre extrem düster - wäre da nicht die Hoffnung. Solange es das GuteTM noch gibt und es sich aktiv zur Wehr setzt, ist nicht alles verloren.
D.h. ein Setting wird umso düsterer, umso weniger Hoffnung es gibt, dass sich etwas ändert. Wenn also die Welt zwar großteils in Trümmern liegt, die Bewohner daraus aber wieder etwas aufbauen, ist das Ganze nicht besonders düster. Selbst wenn es Monster, Scharmützel, Diebe, usw. gibt.
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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #124 am: 25.07.2022 | 16:43 »
Der eine Pol ist halt die Konsequenzen nicht aktiv zu beschreiben und es bei "Du verletzt Dein Gegenüber... Er fällt tot um" zu belassen. Was in gewisser Weise eine Verharmlosung ist.

Da wird doch ausgerechnet die Konsequenz explizit genannt :think:

Ich kann es nicht so recht nachvollziehen, das Unterlassen einer ausufernden und detailreichen Beschreibung (schon) als Verharmlosung zu sehen.


Warum macht man eigentlich "düster" an Gewalt fest?

Nicht am großen Überbegriff Gewalt, sondern an der Art der Darstellung.
Da gehört das schon hin.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer