Autor Thema: Die Gurkentruppen von Savage Worlds - oder warum ich mit SW nicht warm werde  (Gelesen 5242 mal)

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Online tartex

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Irgendwie werden SW und ich keine Freunde mehr. Auf dem Papier klingt das System wie für mich gemacht, Stichworte: Fast! Furious! Fun!...aber im Spiel wird es unabhängig zum Setting für mich immer wieder zum Rohrkrepierer. Warum? Weil die sogenannte Heldentruppe eigentlich immer wieder zu einem Haufen Freaks, Vollpfosten oder wandelnden Klischees verkommt. Das System begünstigt, ja fordert das Erstellen von Helden mit Schwächen oder Charakterdefiziten. Vermeintlich interessante Figuren sind dann am Spieltisch eigentlich nur noch Karikaturen.

Was spielt ihr denn sonst so - oder genauer gesagt, in welchem System sind denn für dich die Charaktere kein "Haufen [von] Freaks, Vollpfosten oder wandelnden Klischees"?

Wenn ich mir z.B. Vox Machina oder Criticial Role anschaue, kann ich das zu D&D doch genauso sagen - und das ist gut so.

Natürlich: Baukastensysteme legen noch eines drauf und fördern das volle Ausschöpfen von Nachteilen, bei uns werden die am Spieltisch aber dann doch eher vergessen als überbetont. Mir wäre letzteres eigentlich sogar lieber, aber ein SL muss ja auch nicht strikten Lehrer spielen. Und Spass haben wir so auch alle.
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Offline Philipp.Baas

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1. Postapokalypse (SL ich): Ein adipöser Rocker und Schläger, der sich kaum bewegen konnte; ein Mechaniker mit nur einem Bein und paranoiden Wahnvorstellungen; ein halbblinder Doktor, der seine besten Jahre schon weit hinter sich hatte; Ein überaus gewalttätiger Scharfschütze...die Ersteigung eines nächstgelegenen Berges wurde mit dieser Truppe schon zur Herausforderung
2. Deadlands: Ein chinesischer Messerwerfer, der kaum die Landessprache kann; Ein blinder japanischer Schwertkämpfer; Ein alter Doktor mit Schwerhörigkeit; ein zynischer Engländer mit Bandenvergangenheit (me)
3. Superheldenagenten in einem alternativen Russland der 80er: Ein verkrüppelter alter Mann mit Telekinese; eine narzistische Expertin für Nahkampf mit Zwangsstörungen; ein Typ, der sich bestimmten Situation in einen unkontrollierten explodierenden Säureball verwandelt; ein unsterblicher Mann mit Amnesie und Wahnvorstellungen (me)...diese Heldentruppe soll sich unerkannt in ein Sperrgebiet einschleusen lassen.

Ich verstehe, dass ein langes ernsthaftes Spielen mit den Truppen kaum möglich ist, aber ehrlich das klingt doch wie ein "Kommen füge Typen von Oben ein in eine Bar..." Da hast als SL und auch Spieler einen oder zwei Abende richtig Spaß und dann baust neue Chars. Ich wollte nur sagen, dass ich über die Vorstellung lachen musste.
Wahrscheinlich hätte ich mit denen Fail-Forward gespielt. Die schaffen quasi alles, ABER und aus jedem ABER hätten sich weitere lustige Szenen entwickelt...aber ich verstehe dich. Musste nur echt hart lachen.

Offline unicum

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Dann kommt halt noch hinzu, dass dieses "Schwächen anspielen für Bennies" sich meist als Minusgeschäft erwiesen hat, weil durch das Triggern der Hindrance Schwierigkeiten auftraten, die die ganze Gruppe regelmäßig deutlich mehr kosteten als den einen lausigen Bennie, den _einer_ dafür bekam.

Das ist es was ich allgemein bei den ganzen "Schwächen" nicht mag.
Oft genug ist eine Schwäche die ein Spieler nimmt eine Schwäche welche die ganze Gruppe dann hat.
Exemplarisch "Blutrünstig - macht keine Gefangenen" etwas das ich in einer Gruppe als extrem störend empfand, keine Gefangenen - keine Infos und wenn die Gruppe sich doch mal ergeben will hat sich das mit dem "keine gefangenen" auch rumgesprochen.
Das ist im übrigen Systemübergreifend für viele Systeme die so etwas haben, auch Systeme die "offiziell" kein Vorteile/Nachteile System haben.

Selbst wenn man etwas nimmt das sehr persönlich ist, etwa "heilt langsam" - "glasknochen", verweise ich auf das Sprichwort "Eine Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied" und mit den Hinderances baut man sich dann eine Kette die ... ziemlich schwach ist (oder besser geschrieben "Sein kann")

Auch andere Regelwerke haben das, machmal eben auch in ein "paket" verpackt - exemplarisch: die geschwindigkeit mit welcher eine Gruppe fliehen kann wird durch einen Gnom in der Gruppe nachhaltig ausgebremst,... der sagt "müsst mich halt tragen" woraufhin der Zwerg meint "dafür müsste ich das Gold zurücklassen,..."

Das heist nun etwa nicht das ich vehement gegen dieses System bin, ich sehe aber durchaus schwächen.

Offline bobibob bobsen

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Als ich das erste mal SW gespielt habe dachte ich mir das ein Konzept mit Superschau und heftigen Nachteilen ja ganz lustig sein würde. Mein superschlauer blinder Uropa war dann aber tatsächlich ziemlicher Mist.
Im Nachhinein habe ich für mich abgespeichert das SW Nachteile dazu da sind mir mir Atributsboni zu verschaffen ohne mich wirklich was zu kosten. (Goldfischaversion als Beispiel)

Online tartex

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Dann kommt halt noch hinzu, dass dieses "Schwächen anspielen für Bennies" sich meist als Minusgeschäft erwiesen hat, weil durch das Triggern der Hindrance Schwierigkeiten auftraten, die die ganze Gruppe regelmäßig deutlich mehr kosteten als den einen lausigen Bennie, den _einer_ dafür bekam.

Vor 10 Jahren war "Schwächen anspielen für Bennies" allerdings nicht RAW, sondern nur verbreitete Hausregel.
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Offline Alexandro

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Vor 10 Jahren war "Schwächen anspielen für Bennies" allerdings nicht RAW, sondern nur verbreitete Hausregel.

Also in meinem 1st Edition Regelwerk ( (c)2003 ) steht das schon als explizit drin, als Empfehlung der Spieledesigner (auch wenn da noch etwas mehr steht für was man Bennies bekommen sollte, was später weggefallen ist).
« Letzte Änderung: 22.02.2023 | 13:31 von Alexandro »
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Online nobody@home

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Vor 10 Jahren war "Schwächen anspielen für Bennies" allerdings nicht RAW, sondern nur verbreitete Hausregel.

Und selbst heute (oder zumindest Stand Adventure Edition) haben genügend Schwächen noch ganz real fest verdrahtete mechanische Nebenwirkungen. Wenn mein Charakter schlechte Augen hat und -1 auf Würfe kriegt, bei denen Sehen eine Rolle spielt (Fernangriffe eingeschlossen) -- kriege ich dann tatsächlich jedesmal einen Benny, wenn ich so einen Wurf machen muß? Ich meine, immerhin "spiele" ich seine Schwäche dann ja auch voll "aus"... :think:

Offline Alexandro

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Ja (zumindest sehe ich das so). Wobei ja nicht jeder Wahrnehmungswurf automatisch nur auf Sehen basiert - oft ist das ein Zusammenspiel unterschiedlicher Sinne.
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Offline Megavolt

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Wir hausregeln die Bennies so, dass jeder für den Spieleabend seine drei Stück bekommt und das wars dann. Benniepädagogisches Rollenspiel lehne ich ab.

Die Nachteile werden bei uns nicht so drastisch ausgespielt. Wie die konkret gehandhabt werden, das obliegt der Verantwortung der Spieler oder den Regelvorgaben oder einer guten Mischung von beidem.

Offline First Orko

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Wir hausregeln die Bennies so, dass jeder für den Spieleabend seine drei Stück bekommt und das wars dann. Benniepädagogisches Rollenspiel lehne ich ab.

Die Nachteile werden bei uns nicht so drastisch ausgespielt. Wie die konkret gehandhabt werden, das obliegt der Verantwortung der Spieler oder den Regelvorgaben oder einer guten Mischung von beidem.

Tatsächlich läuft das bei uns realistischerweise auch so. Hab als SL genug zu tun und will da nicht auch noch ständig Aufmerksamkeit drauf legen. Allerdings gibts nen Gruppenpool (Bennies in Anzahl der Mitspielenden) wo sich die Spieler·innen gegenseitig Bennies draus verteilen dürfen.
Als Quasi-Balancing bin ich dann auch weniger ausgebefreundlich mit meinen eigenen und nutz SL-Bennies faktisch nur für Wildcards.
Das kommt ganz gut hin so und macht das Spiel imho auch etwas bodenständiger.
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Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Online schneeland

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Ggf. käme auch noch in Frage, einfach direkt auf Veteran zu starten. Dadurch, dass die Progression bei SaWo einigermaßen moderat ist, lassen sich die Charaktere dann ja trotzdem noch lange spielen, ohne dass es gleich die Spielwelt aus den Angeln hebt. Und gerade die ersten paar Advances machen m.E. schon einen merklichen Unterschied im Kompetenzempfinden.
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Offline Hereagain

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Danke für die Beispiele! Jetzt kann ich das besser verstehen! Solche krasse Kombinationen von "Gurken"-Charakteren sind mir auch noch nie untergekommen. Scheint ja fast ein "Wettbewerb" in euerer Gruppe zu sein, den "nutzlosesten Problem-Schneeflocken-Charakter" zu erstellen  ~;D

Wenn du mal Beispiel Charaktere anschaust, z.B. die von Deadlands, dann sieht man eigentlich, dass man auch vernünftige, abenteuertaugliche Chars erstellen kann. Auf ganz krasse Nachteile sollte dann verzichtet werden. Vielleicht hilft es die Beispielcharaktere als Basis nehmen, damit man nicht komplett abdriftet? Ansonsten kann ich gar nicht mehr viel neues zu den vorherigen Beiträgen hinzufügen.

Abgesehen von der großen Gurken-SC-Thematik, gefällt dir Würfelsystem, Spielgefühl, etc. von Savage Worlds und lohnt es sich da überhaupt was fixen zu wollen? Falls nicht, dann können wir ja auch gerne nach einen passenderen System suchen, am besten eines ohne Hinderances :)

Das mit den Archetypen kann ich auch empfehlen.
Wobei der Taschenspielerei mit dem Nachteil Nachtschreck auch nicht ohne ist.

Offline unicum

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Also in meinem 1st Edition Regelwerk ( (c)2003 ) steht das schon als explizit drin, als Empfehlung der Spieledesigner (auch wenn da noch etwas mehr steht für was man Bennies bekommen sollte, was später weggefallen ist).

War imho auch beim Vorläufersystem deadlands classic so. (ist aber schon lange her das ich das spielte)

Online tartex

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Mit Action habe ich kein Problem, ich komme schließlich von D&D. SW sollte als System da moderne Settings abbilden und ein ähnliches Spielgefühl erzeugen. Aufgrund der Charakterzusammenstellung entsteht das aber keineswegs. Die Figuren werden regelmäßig eher ne Zirkustruppe als ne Heldengruppe.

Ich finde die Charaktere nicht schlimm. Ehrlich gesagt ärgert es mich viel mehr, wenn Leute "den Krieger", "den Magier", den "Teflon-Billie" spielen und dann aus irgendeinem Grund ihre Standard-Darstellung davon als total bahnbrechend betrachten - weil "jetzt mit lila Augenfarbe!"
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Offline KhornedBeef

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Also Ihr spielt alle falsch, alle miteinander!
[/übertreibend]

"Ich bekomme nur einen lausigen Bennie für eine ausgespielte Schwäche!"
Nein, man bekommt einen permanenten Bonus in einem System mit relativ wenig Steigerungsstufen, und Bennies dann on-top (!)

"Blutrünstig sein bedeutet, dass es keine Gefangenen gibt!"
Ok, das steht da so. Aber ist die ganze Gruppe blutrünstig oder warum machen die anderen das dann nicht? Ach, die sind alle ein Lauch neben dem anderen und deswegen gibt es nur den einen der überhaupt mit irgendwem kämpft? JA dann habt ihr das wohl verdient dass der Murderhobo den Ton angibt, die Spieler haben sich das ja offensichtlich so ausgesucht. Andernfalls würde ja wohl der Spieler von Riddick Kurgan McRagefest mit den anderen kooperieren, um nicht ein mechanisches Element seines Charakters jede einzelne Kampfsituation definieren zu lassen.

Das ist jetzt etwas böse geschrieben, ich wollte nur darauf hinweisen, dass man auch anders kann. Dass die so formulierten Nachteile ein paar völlige Newbies in die falsche Richtung weisen könnten, kann sein. Dann kommen die eben meckernd hierher und wir norden sie ein ;)
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Feuersänger

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Kleiner Exkurs:

Und was "ab wann man ist man kompetent" angeht: finde ich recht witzig im Vergleich zu D&D3.x/PF1, wo Charaktere in ihren (deutlich breiter gestreuten) "weak skills" froh sein können, wenn sie nur jede dritte Standardprobe verkacken.

Ja, das stimmt. Fand ich auch erstmal merkwürdig, da man in D20-Systemen in den schwachen Skills meist deutlich unter 50% Erfolgschance hat (wenn wir mal DC15 als "Standardschwierigkeit" ähnlich TN4 annehmen), und es mehr Skills insgesamt gibt in die man niemals einen Punkt senken wird. Dennoch finde ich es da meistens nicht so tragisch. Warum?
Vermutlich, weil man bei D20-Charakteren halt von vornherein weiß: niemand wird von meinem SC je erwarten, eine erfolgreiche Probe in den Skills X, Y, Z abzulegen. Außerdem habe ich ja so je nach Klasse meist so ca 4-5 oder auch deutlich mehr Skills, in denen ich kompetent bin -- UND davon sind Kampffertigkeiten völlig unberührt. In Sawo gehen die Kampffertigkeiten vom gleichen Skillbudget wie der Rest; auch hat man hier noch "Guts" was quasi der Rettungswurf-Skill ist (wofür man in D20 ebenfalls keine Punkte ausgeben muss). Nebenbei ist die Skill-Liste zwar kürzer als bei D20, aber ich hatte den Eindruck, dass davon eine breitere Auswahl regelmäßig abgefragt wird -- und zwar eben mehr, als man Punkte zum steigern hat.

Somit komme ich zu dem Schluss, dass das dann unterm Strich schon zusammenpasst: kurz gesagt hat man bei Sawo ein knappes Budget, aus dem man mehr Dinge bezahlen muss als bei D20, sodass die resultierenden SCs sich trotz höherer stochastischer Basiskompetenz irgendwie schmalspuriger und schwächer anfühlen.
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Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Offline Alexandro

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Naja, es gibt auch bei D20 Skills die jeder braucht ("Perception" z.B., in älteren Versionen auch noch in mehrere Skills aufgeteilt, oder "Akrobatik" oder wenigstens "Schwimmen"). Und wenn man bei bestimmten Skills keinen "Backup" hat, schaut man ziemlich in die Röhre, wenn der Charakter der den Skill hatte auf 0 TP fällt. Es ist aber oft so, dass man wenn ein Skill kein Klassenskill ist, man in diesen keine Punkte versenkt (weil man nicht soviele davon hat und gerade am Anfang "Du wirst darin 5% besser" den Braten nicht fett macht).

Aber was braucht man bei SaWo: Kämpfen damit man nicht so leicht getroffen wird, evtll. Wahrnehmung, evtll. Guts (wenn das überhaupt ein eigener Skill im Setting ist und nicht über Willenskraft läuft) - wenn man die alle auf W6 nimmt, dann hat man immer noch 9 Punkte übrig für andere (nicht-essenzielle) Skills, damit kann man was machen. Und auch wenn man sich nicht zu dünn streuen will, so lohnt es sich durchaus einen Skill den jemand anderes hoch hat auf W4 zu kaufen (+30,2% in der Kompentenz gegenüber Ungelernt)*, jedenfalls mehr als einen Skill in seinem Spezialgebiet von d8 auf d10 zu steigern (nur +3,7% Kompetenz), wenn man den Wert nicht gerade für ein Talent braucht. Das sorgt dafür, dass man nicht nur "Inselbegabte" hat, die außerhalb ihres Spezialgebiets nichts können, sondern eher eine funktionale Gruppe.

* Man hat erstens einen Rückhalt, wenn der "Experte" mit dem Skill gerade mit 4 Wunden down ist und jemand anderes auf "Überleben" würfeln muss, um den Weg durch die Wildnis nach Hause zu finden... und außerdem kann man, wenn man nicht ungelernt ist, den Experten bei seinem Wurf unterstützen und +1 pro Erfolg und Steigerung rausholen.
« Letzte Änderung: 22.02.2023 | 18:30 von Alexandro »
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Online General Kong

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Mit Action habe ich kein Problem, ich komme schließlich von D&D. SW sollte als System da moderne Settings abbilden und ein ähnliches Spielgefühl erzeugen. Aufgrund der Charakterzusammenstellung entsteht das aber keineswegs. Die Figuren werden regelmäßig eher ne Zirkustruppe als ne Heldengruppe.
1. Postapokalypse (SL ich): Ein adipöser Rocker und Schläger, der sich kaum bewegen konnte; ein Mechaniker mit nur einem Bein und paranoiden Wahnvorstellungen; ein halbblinder Doktor, der seine besten Jahre schon weit hinter sich hatte; Ein überaus gewalttätiger Scharfschütze...die Ersteigung eines nächstgelegenen Berges wurde mit dieser Truppe schon zur Herausforderung
2. Deadlands: Ein chinesischer Messerwerfer, der kaum die Landessprache kann; Ein blinder japanischer Schwertkämpfer; Ein alter Doktor mit Schwerhörigkeit; ein zynischer Engländer mit Bandenvergangenheit (me)
3. Superheldenagenten in einem alternativen Russland der 80er: Ein verkrüppelter alter Mann mit Telekinese; eine narzistische Expertin für Nahkampf mit Zwangsstörungen; ein Typ, der sich bestimmten Situation in einen unkontrollierten explodierenden Säureball verwandelt; ein unsterblicher Mann mit Amnesie und Wahnvorstellungen (me)...diese Heldentruppe soll sich unerkannt in ein Sperrgebiet einschleusen lassen.

Das mag auf dem Papier zwar witzig sein, aber am Spieltisch gestalten sich das Gruppenspiel als extrem schwierig.  Von Pulphelden oder gar Fast! Furios! Fun! ist da dann nicht viel zu merken. Im Gegenteil das Spiel wird aufgrund der Freakshow häufig nur anstrengend, bestenfalls ein alberner Spaß.
Meine These ist, dass SW mit seinem System aus Edges und Hindrances diese Art von Freakshow geradezu fördert und Gefahr läuft, dem eigentlichen Pulpanspruch so im Wege zu stehen.

Nun, wenn IHR euch so Freaks erstellt, dann könnt ihr das natürlich machen. Aber wenn dann das System schuld daran sein soll, dass ihr Freaks spielt ... äh ... nö. Das macht ihr schon ganz gut selber.

 Die Argumentation liegt auf dem Niveau von jemandem, der den Kühlschrank dafür die Schuld gibt, dass er immer fetter wird, weil er ihn leerfrisst - früher, ohne Kühlschrank, war er ja immer gertenschlank ....

Nicht alles, was per Regeln geht, geht im Spiel gut. Mein Rat: Macht euch mal gescheiten Charaktere, dann wird das auch was.  8)
A bad day gaming is better than a good day working.

Offline Hereagain

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Ja, das stimmt. Fand ich auch erstmal merkwürdig, da man in D20-Systemen in den schwachen Skills meist deutlich unter 50% Erfolgschance hat (wenn wir mal DC15 als "Standardschwierigkeit" ähnlich TN4 annehmen), und es mehr Skills insgesamt gibt in die man niemals einen Punkt senken wird. Dennoch finde ich es da meistens nicht so tragisch. Warum?
Vermutlich, weil man bei D20-Charakteren halt von vornherein weiß: niemand wird von meinem SC je erwarten, eine erfolgreiche Probe in den Skills X, Y, Z abzulegen. Außerdem habe ich ja so je nach Klasse meist so ca 4-5 oder auch deutlich mehr Skills, in denen ich kompetent bin -- UND davon sind Kampffertigkeiten völlig unberührt. In Sawo gehen die Kampffertigkeiten vom gleichen Skillbudget wie der Rest; auch hat man hier noch "Guts" was quasi der Rettungswurf-Skill ist (wofür man in D20 ebenfalls keine Punkte ausgeben muss). Nebenbei ist die Skill-Liste zwar kürzer als bei D20, aber ich hatte den Eindruck, dass davon eine breitere Auswahl regelmäßig abgefragt wird -- und zwar eben mehr, als man Punkte zum steigern hat.

Somit komme ich zu dem Schluss, dass das dann unterm Strich schon zusammenpasst: kurz gesagt hat man bei Sawo ein knappes Budget, aus dem man mehr Dinge bezahlen muss als bei D20, sodass die resultierenden SCs sich trotz höherer stochastischer Basiskompetenz irgendwie schmalspuriger und schwächer anfühlen.

Guts gibt es schon seit zwei Editionen nicht mehr... Nur so nebenbei.

Und es gibt jetzt 5 allgemeine Fertigkeiten mit denen man mit einem W4 startet. Dazu kommen noch 12 weitere Fertigkeitspunkte.
« Letzte Änderung: 22.02.2023 | 19:19 von Hereagain »

Offline DerEskapist

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Steckt vielleicht ein Teil des Problems am Baukasten - System, wo deine Mitspieler offenbar Katalogartig die schrägsten Kombinationen zusammenstellen?

Bei Fate kommen die Aspekte nicht aus dem Katalog und haben bereits bei der Charaktererschaffung zwischen den Spielern einen Zusammenhang.

Ich will jetzt nicht unbedingt einfach sagen "Spiel halt Fate" sondern man kann bei der Erstellung halt auf ein organisch funktionierendes Gesamtbild des Charakters achten wo die Schwächen sich einfügen und nicht wie eine tickende Zeitbomben - Karikatur wirken.

Blinde Schwertkämpfer sind aber trotzdem cool...
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Offline Weltengeist

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Das Problem ist ja nicht, wenn sich einer einen durchgedrehten Char mit extremen Schwächen baut - das Problem ist, wenn es alle gleichzeitig tun. Für mich klingt das nach einer Gruppe, die einfach mal Bock auf totalen Trash hat. Sowas gibt's. Ob man da aber als Spielleiter auch drauf steht, muss jeder für sich entscheiden. Ich kenne Gruppen, da haben die Spielleiter in solchen Konstellationen nach zwei Sitzungen frustriert das Handtuch geworfen und gesagt: Okay, euch noch viel Spaß, sucht euch einen anderen Dummen.

Wie schon oben mehrfach geschrieben: Hier ist das Problem mMn nicht das Regelwerk, sondern die unterschiedlichen Erwartungen der Leute am Spieltisch. Und das kriegt man nur in den Griff, indem man miteinander redet - idealerweise bevor man solch extreme Charaktere fertiggebaut hat, ohne sich mit den Mitspielern und dem Spielleiter abgestimmt zu haben.
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"Blutrünstig sein bedeutet, dass es keine Gefangenen gibt!"
Ok, das steht da so. Aber ist die ganze Gruppe blutrünstig oder warum machen die anderen das dann nicht? Ach, die sind alle ein Lauch neben dem anderen und deswegen gibt es nur den einen der überhaupt mit irgendwem kämpft? JA dann habt ihr das wohl verdient dass der Murderhobo den Ton angibt, die Spieler haben sich das ja offensichtlich so ausgesucht. Andernfalls würde ja wohl der Spieler von Riddick Kurgan McRagefest mit den anderen kooperieren, um nicht ein mechanisches Element seines Charakters jede einzelne Kampfsituation definieren zu lassen.

"Ich spiel doch nur meinen Character aus,... der bringt dann eben auch die gefangenen der anderen um,..."

Ja ist ein Element der Spielregeln die man so auslegen kann das sie vorgeben wie man seine Spielfigur zu spielen hat. (das hatte ja auch schon jemand bemängelt)
Kann ja ein anderer in der Gruppe den "barmherzigen Samariter" als Nachteil nehmen,... dann kann man sich als SL schon mal zurücklehnen und zuschauen wie sich die Spieler selbst an die Gurgel gehen weil das kozept des einen nicht zum anderen passt,...

Bleibt dabei das es hinderances "da draussen" gibt welche man in der Session 0 am besten ausdiskutiert.
Man kann ja solche Nachteile auch in einem System speilen das ohne solche Regelteile auskommt.
Den Coleriker der keine gefangenen macht - kann man so ziemlich überall spielen. Nur wenn es eben solche regeln dazu gibt muss man sich klar sein das es eben so ist.

Gibt da draussen genügend Spieler die da ein Bohei draus machen,... zu meinem Glück gibt es aber eben auch andere. (Will sagen: das ist nicht mein Spielstiel.)

Offline Christian

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Joa, da gibt es schon heftige Sachen. Da nehme ich lieber Nachteile, die eh meinem üblichen Spielstil entsprechen. Oder darf ich mich auch heldenhaft vor andere werfen, wenn ich den Nachteil Heroic nicht habe? ;D
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Offline Weltengeist

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Joa, da gibt es schon heftige Sachen. Da nehme ich lieber Nachteile, die eh meinem üblichen Spielstil entsprechen. Oder darf ich mich auch heldenhaft vor andere werfen, wenn ich den Nachteil Heroic nicht habe? ;D

Das hast du sehr schön gesagt!
(Und von mir kriegst du den Benny auch dann fürs Vor-Witwen-und-Waisen-werfen, wenn du die zugehörige Hindrance nicht hast :d)
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Offline KhornedBeef

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"Ich spiel doch nur meinen Character aus,... der bringt dann eben auch die gefangenen der anderen um,..."

Ja ist ein Element der Spielregeln die man so auslegen kann das sie vorgeben wie man seine Spielfigur zu spielen hat. (das hatte ja auch schon jemand bemängelt)
Kann ja ein anderer in der Gruppe den "barmherzigen Samariter" als Nachteil nehmen,... dann kann man sich als SL schon mal zurücklehnen und zuschauen wie sich die Spieler selbst an die Gurgel gehen weil das kozept des einen nicht zum anderen passt,...

Bleibt dabei das es hinderances "da draussen" gibt welche man in der Session 0 am besten ausdiskutiert.
Man kann ja solche Nachteile auch in einem System speilen das ohne solche Regelteile auskommt.
Den Coleriker der keine gefangenen macht - kann man so ziemlich überall spielen. Nur wenn es eben solche regeln dazu gibt muss man sich klar sein das es eben so ist.

Gibt da draussen genügend Spieler die da ein Bohei draus machen,... zu meinem Glück gibt es aber eben auch andere. (Will sagen: das ist nicht mein Spielstiel.)
Unsere Präferenzen sind dann eher ähnlich. Ich finde eben, dass jeder Spieler lernen muss, dass seine Verantwortung schon bei der Charaktererstellung beginnt. Habe ich woanders vor längeren Zeit schon geschrieben: wenn man seinen Charakter hart ausspielen will, muss man bei der Erstellung flexibel sein und mit den anderen kooperieren. Und wenn jeder vor sich hin bastelt, dann muss man am Tisch eben "metagamen" und eine interessante aushandeln, die das Spiel zusammenhält. Alles bei den Regeln und der SL abladen kann man bei Monopoly.
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