Hab den Thread (noch) nicht gelesen. ich antworte hier nur auf den ersten Post von 1of3.
Von meinem Blog: Link
Moin.
Wie wir wissen, ist "klassisches Rollenspiel" als kategorialer Begriff nicht zu brauchen, dass soll mich aber - ich hab da aktuell Anlass - nicht davon abhalten dafür pragmatiche Tipps zu geben. Fangen wir los.
Ich halte es generell für seltsam, wenn jemand einen Begriff für nicht zu gebrauchen hält, dann aber dafür Hinweise gibt - und dass ohne zu erklären, was der Begriff - zumindest für ihn in dem folgenden Zusammenhang- bedeuten soll.
Was ist denn das Schöne am Spielleiten?
Ich spiel gerne viele Charaktere!
FALSCH. Wenn du Charaktere spielen willst, mach dir nen SC und spiel. SL-Sein ist nicht Charaktere Spielen. Der SL benutzt seine NSCs nur für seine Arbeit. Merke: Wenn die NSCs mehr reden als die SCs, ist da was faul.
Blödsinn. Natürlich ist SL-tum auch Charakterspiel. Wenn du natürlich CHARAKTERspiel mit CHARAKTER (=Held, Spieleravatar etc) gleichsetzt, hast du klar ein Problem. Aber das ist dann dein Unvermögen zu verstehen, dass ein Begriff (Charakter) durchaus verschiedene Bedeutungen (Held, Wesen, Rolle etc) haben kann.
Was du vlt. sagen wolltest, oder besser gesagt hättest, ist, dass die NSC nicht die Hauptpersonen sind. Also, bei allem Spaß am Ausspielen der NSC darf der SL nicht vergessen, dass die SCs die Protagonisten sein sollen.
Ich erzähl gerne Geschichten!
FALSCH. Die Geschichte entsteht, aus dem was die Spieler mit deiner Arbeit machen. Du bist kein Geschichtenerzähler.
Blödsinn. DAs ABENTEUER entsteht aus dem, was die Spieler mit der Geschichte des SL machen.
Das ändert, aber nichts daran, dass der SL durchaus eine Geschichte erzählt, auch wenn er nicht der alleinige Autor sein mag, und die Protagonisten selbstständiger handeln, als das bei einem Romanautor der Fall ist.
Was arbeitet denn aber der Spielleiter? - Ganz einfach: Er gibt den Spielern Dinge zu tun. Nun muss man sich überlegen, was dieses Tun beim Rollenspiel genau bedeutet. Das ist ganz einfach: Die Spieler entscheiden.
Daraus folgt:
Aufgabe des Spielleiters ist es, die Spieler vor Entscheidungen zu stellen.
Ist irgendwie ein bischen dürftig... denn es ist nur eine der vielen Aufgaben des SL.
Wie das geht, wollen wir gleich sehen. Zuvor drei typische Einwände.
Meine Spieler wollen eh nur Kämpfen!
FALSCH. Es ist nur so, dass ein Kampfsystem dir die Arbeit abnimmt. Denn sobald da ein Gegner steht, sorgt das Regelwerk dafür, dass die Spieler taktische Entscheidungen treffen. Wenn deine Spieler also scheinbar nur Kämpfen wollen, bist du einfach nur zu schlecht darin, selbst andere Entscheidungssitationen zu kreieren.
Und schon wieder liegst du falsch. Ob das Kampfsystem dem SL Arbeit abnimmt (was ich bei den gängigen Systemen sehr, sehr, sehr, sehr, sehr...stark anzweifle), hat nicht das geringste etwas damit zu tun, ob die Spieler lieber kämpfen als andere Lösungswege zu suchen.
Was ist, wenn sie offenbar "nur kämpfen" wollen? Oder offensichtlich "nur kämpfen" wollen?
Kann es nicht sein, dass viele Spieler im Rollenspiel gerne kämpfen? Weswegen sonst nimmt jemand einen Kämpfer oder einen Kampfmagier?
Aber Charakterspiel ist doch schön!
JA, ABER die einzigen Charaktere bei deinen das Ausspielen einen Wert darsstellt, sind die SCs. Deine NSCs sind nur Staffage. Wenn die Spieler also ein Kaffee-Kränzchen spielen wollen, lass sie machen und genieß die Show. Du hast damit nichts zu tun. Versuche insbesondere nicht Charakterspiel zu provozieren.
Wo ziehst du denn diesen Murks her? "Ausspielen" hat in keinem System, das ich kenne (oder kennen möchte), einen Wert. denn sonst könnte man ja darauf würfeln....und das wäre wohl irgendwie absurd. *1
Ob man wirklich jeden NPC mit ellenlangen Monologen ausspielen muss, ist eine Geschmacksfrage, die wohl jede Runde für sich klären muss. Aber einigen NPCs durch Ausspielen Leben einzuhauchen, das genießen ja auch die Spieler.
"Kaffeekränzchen" Das mag der SL als Gelegenheit nutzen, andere Szenen vorzubereiten oder mal auf's WC zu verschwinden, aber wenn solche PC-only Sessions zu lange dauern, ist das alles andere als schön, wenn man als SL nicht teilnehmen kann.
"Charakterspiel provozieren" Das einzige provozierende hier, ist deine Art zu formulieren. Wie zum Geier "provoziert" man denn Charakterspiel?!? Man kann die Spieler zum Ausspielen auffordern oder zum Charakterspiel ermuntern, aber erzwingen kann man es ja wohl nicht. Ich bin in meinen Runden immer mit gutem Beispiel vorangegangen, und alle diejenigen, die "Ausspielen" wollen, machen das auch. Die anderen bekommen dann eben eine andere Art Szene, in der sie sich wohlfühlen.
Entscheidungen? Geil! So richtiges Character Drama! Aber die Spieler geben mir nichts...
TJA, Entscheidungen, die den Charakteren an die Nieren gehen und sie bis in die Grundfesten ihrer Seele erschüttern, sind mit Sicherheit ansprechend. Nur brauchst du dafür die richtigen Spieler. Wenn du das willst, rede mit ihnen und versuchs ggf. mit Techniken wie R-Mapping, Character Flags oder direkt mit TSoY Keys. Qualifizerte Hilfe dazu wirst du z.B. auf Tanelorn finden. Bedenke aber, dass gewisse Spieler da einfach keinen Bock drauf haben.
Na endlich etwas Inhalt! Ich möchte hier nur anfügen, dass es wohl auch SLs gibt, die auf solches Character Drama "keinen Bock haben". D.h. die Gruppe sollte sich bewusst machen, welche Art Rollenspiel die Spieler und der SL wollen - vom Dungeon Bashing über ARS bis hin zum freien, dramtischen, Erzählspiel.
Nun gut, hier also einige klassische Entscheidungssituationen, die nichts mit Kämpfen und nichts mit der Psychologie der SCs zu tun haben:
- Mehr als ein interessanter Ort: Mehr als einen Ort anbieten und schauen, wo die SCs hinwollen.
- Viele Angebote: Mehrere Parteien würden die SCs gerne unter Vertrag nehmen, aber die Mitgliedschaften schließen einander aus.
- Viele Zeugen: So macht man Krimi-Abenteuer. Keine NSCs, die nichts sagen, sondern ganz viele Redseelige, die alle Verschiedenes sagen. Die Entscheidung ist dann, wem man glauben soll.
- Mehrere planbare Anwendungen: So benuzt man mächtige Artefakte. Keine McGuffins, die "irgendwie mächtig und mysteriös" sind, sondern Objekte, mit klaren Anwendungen und Grenzen, über deren Einsatz die Charaktere dann entscheiden können.
Now we're talking! Dafür dass das aber schon alles ist (wie du ein paar Posts später sagst), ist es trotzdem zu spärlich und eigentlich auch nicht wirklich neu. Hier fehlen MEHR Entscheidungssituationen mit ein paar etwas konkreteren Beispielen.
Und vlt. bei dem einen oder anderen Beispiel etwas genauer sagen, wwas man damit ausdrücken will, und wieso das nun besser sei.
Danke, Stefan, du hast mich erleuchtet. Fehlt noch was?
Nein, eigentlich nicht, nur sollte man nochmal herausstellen, dass ohne Informationen keine Entscheidung möglich ist. NSCs dienen also dazu kurz und bündig (möglicher Weise widersprüchliche) Informationen zu liefern, die SCs also geradezu mit Information zu überrennen.
Dir ist schon klar, dass du dich da widersprichst? Sollen die NSCs "kurz und bündig" reden oder die NSC mit Infos "überrennen".
Außerdem funktioniert der Informationsschwall nur, wenn die SC auch mit vielen NSC reden. Aber welche SC bürden sich denn mehr Gespräche auf als sie für nötig halten?
(Und bevor hier jetzt jemand kommt: Ich weiß, dass ich dich da falsch interpretiere)
Und um es es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Jede von dir vorbereitete Szene, die nicht in einer Entscheidung durch die Spieler resultiert, ist nicht spielenswert.
Jein. Das kommt darauf an, wie man "Szene" nun definiert, also ob eine Aktion/Entscheidung eines Spielers immer nur am Ende einer Szene stehen kann.
Ansonsten stimm ich hier voll zu.Es gibt leider zu viele (Kauf)abenteuer, in denen die SCs zu Zuschauern verkommen, in denen also Szenen auch genauso ohne die SCs abgelaufen wären bzw. es egal ist, wie sich die SCs entscheiden oder was sie entscheiden (DSA liefert da viele (un)schöne Beispiele).
Entscheidungen der Spieler müssen Wirkung zeigen. Szenen müssen je nach Entscheidung der SC anders verlaufen.
-----------------
*1 Außer vlt. bei meinem Meta-Rollenspiel (TM) "Roleplayers"(TM) bei dem die Charaktere Rollenspieler darstellen, die natürlcih einen Wert im "Ausspielen" einer Rolle haben.