Autor Thema: Balancing  (Gelesen 17249 mal)

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Offline Oberkampf

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Re: Balancing
« Antwort #25 am: 4.06.2011 | 12:19 »
Ich finde es aber allgemein schwer, bei diesen Spielen von Balancing zu sprechen, denn Balancing vom System aus funktioniert eigentlich nur über die Regeln und bei den ST-Systemen werden die Regeln meist als Hilfsmechanismus gesehen, um das Geschichtenerzählen zu unterstützen.

Dafür, dass die Regeln nur Hilfsmechanismen zum (flüssigen?) Erzählen bereitstellen sollen, hat Scion aber zu viel Crunch. Jedes der drei GRW-Bücher besteht zu mindest 50% aus Boons oder Knacks oder sonstigen kleinen Freuden für den bastelbegeisterten Charakteroptimierer. (WtF und vor allem CtL kam mir ähnlich crunchig vor.)

Viele Szenen kommen mit wenig Proben aus und es geht mehr darum, was die Charaktere tun und welche Entscheidungen sie treffen - da gibt es dann kein Regelbalancing...

Was Charaktere tun und welche Entscheidungen sie (bzw. ihre Spieler) treffen steht doch bei jedem Rollenspiel im Mittelpunkt. Proben ersetzen doch keine Entscheidungen, sondern ermitteln Resultate der Entscheidungen.

Was die Charaktere tun und welche Entscheidungen sie treffen kann ja mehrere Ebenen betreffen. Im anderen Thread wurde ja auch darüber diskutiert. Eigentlich ist es dazu egal, welche Systeme man betrachtet: einige Sachen, die meisten sogar, sind regelunabhängige Entscheidungen, welche die Spieler für ihre Charaktere treffen. (Manchmal schreibt ein Regelwerk natürlich vor, was die Charaktere unabhängig vom Spielerwunsch tun müssen, bei einigen WoD-Storytellersystemen z.B. während einer Frenzy.)
 
Unter den Entscheidungen der Spieler sind ein paar Entscheidungen, die zu Handlungen der Charaktere führen, deren Erfolg oder Misserfolg einen ausreichenden Einfluss auf das Abenteuer hat, um einen Würfelwurf/Blick ins Regelwerk zu rechtfertigen. (Gewürfelt werden soll ja auch bei Scion nur in interessanten Situationen, die Konsequenzen haben - Scion Hero p. 172). Bei der Frage, ob für eine Charakterhandlung die Spielmechanismen berührt werden, spielt das Regelwerk eine große Rolle.

Es hängt u.a. stark davon ab, bei welchen Handlungen der Erfolg(sgrad) (+Auswirkungen bzw. Konsequenzen) nach Regelwerk RAW behandelt wird. Für manche Szenen - in Scion z.B. Kampfszenen - stellt das Regelwerk eine ausgefeilte Mechanik zur Verfügung, also sind das die vom Spiel gewünschten Standardszenen. (Deswegen beschäftigt mich bei Scion die Frage, ob die wählbaren Charakteroptionen hinsichtlich der Kampffertigkeiten gebalanced sind - Scion fällt nach meinem Eindruck in die selbe Kategorie A wie D&D(4): ein sehr aufs Kämpfen fixiertes System mit ein paar interessanten, aber nicht besonders abenteuerrelevanten Nebenmechanismen wie Fatebinding, um zwischen den Kampfszenen Überleitungen zu schaffen.)

Im GRW der nWoD werden Mechanismen für eine ganze Menge anderer Szenen/Situationen neben Kämpfen angeboten (ist schon eine Weile her, aber mir blieben angenehm die Regeln für Chases und Kneipentouren in Erinnerung). Also eher ein System der Kategorie B, wo es darum geht, dass die abenteuerrelevante Balance zwischen den unterschiedlichen Szenen gewahrt bleibt und die "spezialisierten" Charaktere in ihrem Bereich auch tatsächlich größere Erfolgsaussichten haben als die unspezialisierten.
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Offline Herr der Nacht

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Re: Balancing
« Antwort #26 am: 4.06.2011 | 13:36 »
Um auch mal ein bisschen aufzuzeigen dass Balancing bei Storytelling durchaus kein Fremdwort ist und die Probleme nicht unbekannt sind, ein paar Threads aus dem White-Wolf-Forum:

nWoD and Balance between the races?
Are mages overpowered?
Crossover Friendly Mage Restrictions

um nur ein paar zu nennen die ich auf die Schnelle gefunden habe.

Im GRW der nWoD werden Mechanismen für eine ganze Menge anderer Szenen/Situationen neben Kämpfen angeboten (ist schon eine Weile her, aber mir blieben angenehm die Regeln für Chases und Kneipentouren in Erinnerung). Also eher ein System der Kategorie B, wo es darum geht, dass die abenteuerrelevante Balance zwischen den unterschiedlichen Szenen gewahrt bleibt und die "spezialisierten" Charaktere in ihrem Bereich auch tatsächlich größere Erfolgsaussichten haben als die unspezialisierten.
:d

Kann ich nur zustimmen. Mehr Fähigkeiten und mehr Würfel bedeuten eine potentiell höhere Durchsetzungswahrscheinlichkeit bei Ingame-Situationen, ergo mehr Screentime für den betreffenden Spieler. Immer unter der Vorraussetzung dass er das vorhandene Potential auch ausnutzt.

Natürlich kann man auch Mages sehr moderat ausspielen, so dass z.B. Machtunterschiede zwischen den verschiedenen Subsystemen nicht dermaßen stark auffallen am Spieltisch.

Aber das ist etwas was nichts mit dem Regelwerk und den Spielbänden zu tun hat, weshalb ich einem Mage-Spieler auch nicht anlasten kann, wenn er seinen Charakter den Möglichkeiten nach ausspielt.

alexandro

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Re: Balancing
« Antwort #27 am: 4.06.2011 | 13:54 »
Ich finde es aber allgemein schwer, bei diesen Spielen von Balancing zu sprechen, denn Balancing vom System aus funktioniert eigentlich nur über die Regeln und bei den ST-Systemen werden die Regeln meist als Hilfsmechanismus gesehen, um das Geschichtenerzählen zu unterstützen.
Dem widerspricht aber der eher klassische Ansatz der nWoD-Regeln: gescheiterte Würfe schließen den Charakter effektiv von der Geschichte aus (im Gegensatz zu einigen Indie-Erzählspielen, bei denen Fehlschlag genauso interessant ist, wie Erfolg).

Folglich sind die Regeln in der nWod, was das Geschichtenerzählen angeht, keine Hilfsmittel, sondern Hürden.

Offline Oberkampf

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Re: Balancing
« Antwort #28 am: 4.06.2011 | 14:26 »
Dem widerspricht aber der eher klassische Ansatz der nWoD-Regeln: gescheiterte Würfe schließen den Charakter effektiv von der Geschichte aus (im Gegensatz zu einigen Indie-Erzählspielen, bei denen Fehlschlag genauso interessant ist, wie Erfolg).

Folglich sind die Regeln in der nWod, was das Geschichtenerzählen angeht, keine Hilfsmittel, sondern Hürden.

Ist das in der nWoD so? 

Das wäre ein echter Rückschritt, denn zumindest auf Scion trifft das nicht zu: "Roll dice when the outcome should matter and be interessting either way a player rolls. Storytellers and players should work together to achieve this end." (Scion Hero, p. 172).
Das könnte fast wörtlich so auch bei FATE oder PDQ stehen.

Die Regeln (bei Scion) stören das gemeinsame Erzählen eher, weil sie (relativiert: nach meinem Geschmack) zu viele Kinkerlitzchen behandeln, zu sehr aufs Kämpfen fixiert sind und dort (dem vom System gewünschten Kernthema) nicht ausgewogen sind.
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Re: Balancing
« Antwort #29 am: 4.06.2011 | 15:05 »
Dem widerspricht aber der eher klassische Ansatz der nWoD-Regeln: gescheiterte Würfe schließen den Charakter effektiv von der Geschichte aus
Also das glaube ich jetzt mal, als Behauptung die nur so eingeworfen wurde, nicht.
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Offline 8t88

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Re: Balancing
« Antwort #30 am: 4.06.2011 | 15:13 »
Dem widerspricht aber der eher klassische Ansatz der nWoD-Regeln: gescheiterte Würfe schließen den Charakter effektiv von der Geschichte aus (im Gegensatz zu einigen Indie-Erzählspielen, bei denen Fehlschlag genauso interessant ist, wie Erfolg).

Folglich sind die Regeln in der nWod, was das Geschichtenerzählen angeht, keine Hilfsmittel, sondern Hürden.
Schließt aus?
Was?!
Ich versteh kein Wort von dem was Du da gesagt hast, erklär es mir bitte. :)
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Offline Scimi

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Re: Balancing
« Antwort #31 am: 4.06.2011 | 16:26 »
Und das ist für mich ein Mythos mit den wenigen Proben. Wenn man sich alleine mal das Spielbeispiel im WoD Grundbuch anschaut, kann man sehen wieviel Proben durchaus bei Actionsituationen angebracht und sinnvoll sind.

Liest du auch, was ich schreibe? Ich hatte doch gesagt, dass die Regeln im Bereich Action ziemlich genau definiert sind.
Aber zumindest die WoD sieht sich ja nicht als Action-Rollenspiel, sondern dreht sich um Themen wie Horror, Drama, Politik, Beziehungen. Es gibt keine Dungeons oder Encounter, sondern ausgestaltete Charakterhintergründe und Beziehungsgeflechte.

Wenn die Gruppe ihr Vorgehen beim Prinzen der Stadt rechtfertigen muss, das Rudel einen Pakt mit einem mächtigen Geist aushandelt oder es darum geht, die Neubesetzung des Consiliums zu besetzen, dann sind die Regeln Verhandlungssache. Bedeutet eine misslungene Probe, dass der Prinz das Todesurteil spricht oder runzelt er nur die Braue und lässt mich erstmal weiterreden? Zwingt ein überragender Erfolg den Geist, mit fliehenden Fahnen überzulaufen oder legt der nur fest, dass er geneigt ist, zuzuhören?
Das steht alles nicht fest. Wenn die Gruppe sich allerdings entschließt, den Prinzen oder den Geist zu vermöbeln oder mit irgendwelchen Kräften zu beharken, dann sind die Dinge plötzlich sehr klar.

Daher kann man vorrechnen, ob ein Sterblicher mit den-und-den Werten und einer Schrotflinte eine Chance gegen einen Vampir mit Celerity sonstwienoch und diesen-und-jenen Werten hat. Aber wie ein überzeugender Manipulator gegen einen Vampir mit Dominate aussieht, ist unklar, da nicht festgelegt ist, was die Werte des Manipulators "tun". Vergleiche sind  nur in dem gut definierten Bereich möglich, aber der macht ja nicht allein das Spiel aus...

Offline Teylen

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Re: Balancing
« Antwort #32 am: 4.06.2011 | 16:48 »
Es gibt keine Dungeons oder Encounter, sondern ausgestaltete Charakterhintergründe und Beziehungsgeflechte.
Also zumindest in dem nWoD Abenteuer das ich kaufte finden sich ganze 10 Encounter, 0 Beziehungsgeflechte und minimale Hintergründe.
Nun und auch ansonsten behauptet eigentlich keine der beiden WoDs das die Werte keine Rolle spielen.

Zitat
Wenn die Gruppe ihr Vorgehen beim Prinzen der Stadt rechtfertigen muss, das Rudel einen Pakt mit einem mächtigen Geist aushandelt oder es darum geht, die Neubesetzung des Consiliums zu besetzen, dann sind die Regeln Verhandlungssache.
Nun und deswegen gibt es auch 26 Fertigkeiten die das abbilden.
Deswegen gibt es auch sowas wie social Combat,::

Zitat
Aber wie ein überzeugender Manipulator gegen einen Vampir mit Dominate aussieht, ist unklar, da nicht festgelegt ist, was die Werte des Manipulators "tun".
Zumindest in der oWoD was ziemlich definitiv klar was ein Dominate macht.
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Eulenspiegel

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Re: Balancing
« Antwort #33 am: 4.06.2011 | 17:11 »
Zumindest in der oWoD was ziemlich definitiv klar was ein Dominate macht.
Ich glaube, Scimi meinte:
Du hast zwei Vampire: Der erste Vampir hat Manipulation auf 5, aber dafür kein Dominate.
Und der zweite Vampir hat Manipulation 1 und Dominate.

Wie wirkt es sich jetzt aus, wenn diese beiden Vampire gegenseitig versuchen, das Tribunal von ihrer jeweiligen Sicht zu überzeugen und den jeweils anderen der Lüge bezichtigen?

Offline Oberkampf

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Re: Balancing
« Antwort #34 am: 4.06.2011 | 17:24 »
Aber zumindest die WoD sieht sich ja nicht als Action-Rollenspiel, sondern dreht sich um Themen wie Horror, Drama, Politik, Beziehungen. Es gibt keine Dungeons oder Encounter, sondern ausgestaltete Charakterhintergründe und Beziehungsgeflechte.

Drama, Politik, Beziehungen sind doch Themen jedes Rollenspiels (oder können es zumindest sein). (Horror mit Sicherheit nicht.) In jeder Version von D&D kann man letztendlich vier, fünf plotimmune und werttechnisch für die SCs nahezu jenseitige NSCs entwerfen, die (im Idealfall mit den SCs) Liebesgeschichten erleben, Intrigen spinnen und zueinander in Beziehungen stehen. Und ob man eine Spielsequenz jetzt an Dungeonräume bindet, sie "Encounter"/Begegnung oder eine "Szene" nennt, ist nun wirklich nicht ausschlaggebend.

Das ist das Verrückte an der oWoD gewesen: Spielwelt und Spielregeln passten nicht zusammen, Spielziele/Spielversprechungen und Spielmechanismen passten nicht zusammen usw. Alles das, was oWoD bot, waren leidlich verkorkste Kampfregeln und der Ratschlag, bei anderen Situationen (Nicht-Kämpfen) auch mal irgendwie zu würfeln, oder es eben bleiben zu lassen, je nach Meisterwunsch...

Vergleiche sind  nur in dem gut definierten Bereich möglich, aber der macht ja nicht allein das Spiel aus...


Jau, aber auch nur der einigermaßen gut definierte Bereich ist interessant für Balancefragen. Und im Grunde ist nur der einigermaßen gut definierte Bereich das, was das System "rollenspielbar" macht (was nicht heißt, dass der andere, unverregelte Bereich unwichtig wäre). Und das ärgert mich ein bisschen an Scion: es hat Attribute und Kniffe für soziale Interaktion, aber es bleibt (wie viele Rollenspiele) auf halber Strecke stehen...

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Re: Balancing
« Antwort #35 am: 4.06.2011 | 17:34 »
Balancing bedeutet für mich, dass sich die Spieler ihre ihre Spaßquellen selber suchen können, ohne sich dabei gegenseitig ins Gehege zu kommen. Wenn der SL ihnen ihre parcellierten Spotlights selber zuteilen muss, dann wurde dass Balancing vernachlässigt.

Das ist ein hübscher Gedanke. Vielen Dank. Werde ich bei Zeite zitieren.


Es wäre einfacher, wenn wir beim Balancing des Storyteller/ing Systems bleiben. Denn bei Rollenspielen, die ihren Fokus auf Taktik legen, wäre meine Definition von Balancing eine andere, als diejenige, die ich oben beschrieben habe.

Das Problem ist: Du spielst immer mit dem Powergamer; bzw. der Powergamer spielt mit dir.

Sobald Zahlen auf dem Zettel stehen und es eine Auswahlmöglichkeit gibt, welche Zahlen da stehen sollen, wird irgendjemand diese Auswahlmöglichkeit benutzen um zu gewinnen. (Dazu sind die Zahlen letztlich auch da.) Daraus folgt: Sobald da Zahlen auf dem Zettel stehen, dreht sich das Spiel um Taktik.

alexandro

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Re: Balancing
« Antwort #36 am: 4.06.2011 | 18:04 »
Ist das in der nWoD so? 

Das wäre ein echter Rückschritt, denn zumindest auf Scion trifft das nicht zu: "Roll dice when the outcome should matter and be interessting either way a player rolls. Storytellers and players should work together to achieve this end." (Scion Hero, p. 172).
Das könnte fast wörtlich so auch bei FATE oder PDQ stehen.

Dann lies dir mal die Fehlschlags-Beschreibungen für die Mentalen Fertigkeiten durch. In der Regel läuft es auf "Nichts passiert" hinaus, was nicht gerade förderlich für die Geschichte ist.

Auch bei die anderen Fertigkeiten arbeiten mit einem simplen Ja/Nein-Schema, die über den Ausgang einer einzelnen Handlung, ohne das Drumherum. Bestenfalls der Dramatische Fehlschlag liefert noch (aus Story-Sicht) interessante Ergebnisse, aber wie oft kommt der schon vor? "Glückswürfe" (besonders die der Story-kritischen Art) kann man an einer Hand abzählen (ohne meine Hausregeln zur langsameren WK-Regeneration würden sie bei uns wahrscheinlich überhaupt nicht vorkommen).

Offline Herr der Nacht

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Re: Balancing
« Antwort #37 am: 4.06.2011 | 23:29 »
Liest du auch, was ich schreibe? Ich hatte doch gesagt, dass die Regeln im Bereich Action ziemlich genau definiert sind.
Aber zumindest die WoD sieht sich ja nicht als Action-Rollenspiel, sondern dreht sich um Themen wie Horror, Drama, Politik, Beziehungen. Es gibt keine Dungeons oder Encounter, sondern ausgestaltete Charakterhintergründe und Beziehungsgeflechte.

Wenn die Gruppe ihr Vorgehen beim Prinzen der Stadt rechtfertigen muss, das Rudel einen Pakt mit einem mächtigen Geist aushandelt oder es darum geht, die Neubesetzung des Consiliums zu besetzen, dann sind die Regeln Verhandlungssache. Bedeutet eine misslungene Probe, dass der Prinz das Todesurteil spricht oder runzelt er nur die Braue und lässt mich erstmal weiterreden? Zwingt ein überragender Erfolg den Geist, mit fliehenden Fahnen überzulaufen oder legt der nur fest, dass er geneigt ist, zuzuhören?
Das steht alles nicht fest. Wenn die Gruppe sich allerdings entschließt, den Prinzen oder den Geist zu vermöbeln oder mit irgendwelchen Kräften zu beharken, dann sind die Dinge plötzlich sehr klar.

Daher kann man vorrechnen, ob ein Sterblicher mit den-und-den Werten und einer Schrotflinte eine Chance gegen einen Vampir mit Celerity sonstwienoch und diesen-und-jenen Werten hat. Aber wie ein überzeugender Manipulator gegen einen Vampir mit Dominate aussieht, ist unklar, da nicht festgelegt ist, was die Werte des Manipulators "tun". Vergleiche sind  nur in dem gut definierten Bereich möglich, aber der macht ja nicht allein das Spiel aus...

Jein. Natürlich wird in den Texten gerne das Storytelling betont. Gleichzeitig hat man haufenweise Regeln, in jedem Vampir-Extraband kommen neue Blutlinien mit neuen Cool Powers. Soziale Fragen ebenso wie die Anwendung von Manipulationen SIND geregelt, genauso wie Kampfsituationen und Actionsequenzen.

Für mich klingt das gefährlich nahe an einer Ausrede marke "ihr spielt halt nicht storytellermässig" wenn man mangelndes Regelbalancing innerhalb der Splats kritisiert.

Man muss daher gar nicht über physische Konflikte alleine reden, wenn es ums Balancing geht, das betrifft ALLE Bereiche die potentiell geprobt werden können. Und dazu zählen die von dir aufgezählten Verhandlungen mit Prinzen ebenso wie die Anwendung von Disziplinen wie Dominate. Natürlich gibt es weichere Regelstellen, das sind i.d.R. immer Social Skills, im Vergleich zu eindeutiger geregelten Situationen wie Kampf. Aber dennoch gibt es auch für sie Regeln und so unklar sind die mal gar nicht.

Es gibt klare Informationen was es bedeutet, jemand mit 5 Erfolgen zu überreden, es gibt klare Infos was der Opponent für einen Gegenwurf machen darf, etc...

Ob sich die WoD also als Horror-Drama-Sonstwas-Spiel sieht, ist erstmal egal, solange man ein Regelsystem mitgeliefert bekommt was crunchig alle Spielelemente behandelt und sich nicht nur auf Drama und Taschenlampenfallenlassen konzentriert, erwarte ich das innerhalb der Publikationslinien grundlegend aufs Balancing geachtet wird.

Wie Horrorbasiert ein Spiel mit einem Werwolf-Rudel oder einem Vampirklüngel noch ausfällt (Stichwort Horror= Hilflosigkeit) wäre wohl einen eigenen Thread wert. Wer Vampire oder Werwölfe spielt, der will sich nicht gruseln, der will als SC rocken. Ansonsten könnte man auch bei einem schwächlichen Menschen bleiben, ohne Cool Powers und mit Taschenlampe  ;D

Offline Oberkampf

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Re: Balancing
« Antwort #38 am: 5.06.2011 | 00:05 »
Dann lies dir mal die Fehlschlags-Beschreibungen für die Mentalen Fertigkeiten durch. In der Regel läuft es auf "Nichts passiert" hinaus, was nicht gerade förderlich für die Geschichte ist.

Nee, danke, so sehr, dass ich mir die Sache gründlich durchlesen würde, interessiert die nWoD mich dann doch wieder nicht, und hinsichtlich Scion werde ich wahrscheinlich in den Stiefeln sterben, ohne es je geleitet zu haben (oder konvertieren)   ;D
Trotzdem schade zu hören/lesen, denn ich dachte (hoffte  ;)) bisher wirklich, die WoD hätte sich deutlich verbessert.

Für mich klingt das gefährlich nahe an einer Ausrede marke "ihr spielt halt nicht storytellermässig" wenn man mangelndes Regelbalancing innerhalb der Splats kritisiert.

So wie ich Scimi einschätze, ist das eher nicht sein Ansatz.

Wie Horrorbasiert ein Spiel mit einem Werwolf-Rudel oder einem Vampirklüngel noch ausfällt (Stichwort Horror= Hilflosigkeit) wäre wohl einen eigenen Thread wert.

Auf soeinen Thread hätte ich auch Lust, aber vielleicht noch allgemeiner und nicht auf Storytelling-Systeme beschränkt (damit ich als Dresden-Files-SL auch von der Diskussion profitiere). Aber jetzt bin ich zu müde dafür.

Wer Vampire oder Werwölfe spielt, der will sich nicht gruseln, der will als SC rocken. Ansonsten könnte man auch bei einem schwächlichen Menschen bleiben, ohne Cool Powers und mit Taschenlampe  ;D

Sehe ich bei den Werwolfsettings aus den WoDs genauso, die Werwölfe sind ja noch deutlicher dunkle moralisch unfehlbare Superhelden als die Vamps, quasi Paladine mit Fell und Fängen.
Bei den Vampirsettings kann ich mir aber schon vorstellen, dass es einige Spieler gibt, die es als angenehmen Grusel empfinden, so eine Kreatur zu spielen, deren Persönlichkeit langsam, aber unaufhaltsam zerfällt. Und dazu gabs noch einen Grusel vor dem eigenen inneren Dunkel als Bonus. (Spätestens durch die Veröffentlichung der Sabbat-Bücher mit den Alternativpfaden zur Menschlichkeit und der "Rette die Welt vor den Großen Bösen Alten"-Ideologie war das natürlich auch völlig dahin.)
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Re: Balancing
« Antwort #39 am: 5.06.2011 | 01:58 »
Soziale Fragen ebenso wie die Anwendung von Manipulationen SIND geregelt, genauso wie Kampfsituationen und Actionsequenzen.

Soziale Interaktion ist gleichwertig mit Kämpfen geregelt? Ich spiele WoD nun schon seit über zehn Jahren, muss ich wohl irgendwie die ganze Zeit überlesen haben. Ach, nein, sorry, Exalted hat in der 2ten Regeledition ein System für soziale Interaktion, das hattest du sicher gemeint?

Offline Teylen

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Re: Balancing
« Antwort #40 am: 5.06.2011 | 02:31 »
Soziale Interaktion ist gleichwertig mit Kämpfen geregelt? Ich spiele WoD nun schon seit über zehn Jahren, muss ich wohl irgendwie die ganze Zeit überlesen haben.
Also die nWoD über 10 Jahre zu spielen ist schon beeindruckend.
Nun und ich habe zumindest gehört das Requiem for Rome beeindruckende Regeln für soziale Auseinandersetzungen haben soll,..
und das es in Mirrors thematisiert worden wäre.
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Re: Balancing
« Antwort #41 am: 5.06.2011 | 03:17 »
Also die nWoD über 10 Jahre zu spielen ist schon beeindruckend.
Nun und ich habe zumindest gehört das Requiem for Rome beeindruckende Regeln für soziale Auseinandersetzungen haben soll,..
und das es in Mirrors thematisiert worden wäre.

Da steht ja kein "n" vor dem "WoD"  ;) - obwohl ich, als die nWoD rauskam, auf das neue System gewechselt und die alten Bücher kaum mehr angefasst habe. Ich muss zugeben, dass ich RfR als Nicht-Vampirfan nicht besitze und auch zu Mirrors nichts sagen kann. Wenn da ergänzende Regeln für Nichtkampfsituationen drin sind, kann das das Gesamtsystem natürlich in anderem Licht erscheinen lassen.

Aber ich will eigentlich auch nicht den Thread in Richtung "Soziales Kampfsystem in der WoD" derailen. Vielleicht habe ich mich da zu sehr in irgendwelche Beispiele verrannt und diskutiere jetzt bedeutungslose Details.

Ich bleibe aber nach wie vor dabei, dass die Regeln der neuen WoD zwar zwischen den verschiedenen Splats kompatibel sind, es aber nichts über die Fähigkeit der Charaktere aussagt, Situationen im Spiel zu bewältigen oder als nützliche und aktive Gruppenmitglieder zu erscheinen, wenn man nicht als Abenteuer eine Kampfarena heranzieht.

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Re: Balancing
« Antwort #42 am: 5.06.2011 | 11:35 »
Ich muss zugeben, dass ich RfR als Nicht-Vampirfan nicht besitze und auch zu Mirrors nichts sagen kann. Wenn da ergänzende Regeln für Nichtkampfsituationen drin sind, kann das das Gesamtsystem natürlich in anderem Licht erscheinen lassen.

RfR hat tatsächlich eine Art Dabattiersystem, das wohl die sehr formalisierten Rhetorikschlachten in der Antike (oder der Populärversion der Antike) nachbilden soll. Im Grunde ein Wettwürfeln zweier (oder mehrerer) Redner, teilweise um die Gunst eines noch unentschlossenen Dritten (oder einer Gruppe, z.B. einem Senat). Mit welchen Attributen/Skills die Redner würfeln basiert auf ihrer Gesprächstechnik, und auch die Bereitschaft des Dritten, einer bestimmten Argumentationslinie zu folgen, kann Unterschiede ausmachen. Wenn man ein gewisses Risiko eingeht kann man auch an der Schwierigkeit (=Summe der notwendigen Erfolge) drehen. Außerdem gibts passende Merits & Flaws. Ich habs leider nie in Aktion erlebt.

Aber ich will eigentlich auch nicht den Thread in Richtung "Soziales Kampfsystem in der WoD" derailen. Vielleicht habe ich mich da zu sehr in irgendwelche Beispiele verrannt und diskutiere jetzt bedeutungslose Details.

"Soziales Kampfsystem" in den Storytellerspielen halte ich für Balancefragen insofern wichtig, weil dadurch zumindest ansatzweise eine Möglichkeit besteht, soziale Interaktionsszenen, in denen sozial angelegte Charaktere ihre Stärken ausspielen können, ähnlich wie Kampfszenen/Szenen mit physischen Hindernissen in einem Abenteuer zu gewichten. Immmerhin sind unter den 9 Standardattributen mindestens drei soziale Attribute (und ein paar mentale auch für Soziale Interaktion wichtig).
(Es würde mich freuen, in diesem Thread ein paar Beispiele zu lesen, wo eine vom z.B. RfR-System unterstützte Sozialszene an Bedeutungsrang für das Abenteuer/die Gruppe gleichwertig zu einer Kampfszene war.)
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Re: Balancing
« Antwort #43 am: 5.06.2011 | 12:55 »
Social Combat gibt es in vielen nWoD-Bänden, Vampire the Requiem - Invite Only hat welche (mit Einbindung von Disziplinen), im Band Night Horrors: Grim Fears gibt es den Fighting Style Social Maneuvers, Requiem for Rome hat ihn, viele SAS-Szenen beinhalten Regelkonstrukte für soziale Auseinandersetzungen und selbst das Grundregelwerk besitzt Regelungen für soziale Auseinandersetzungen (Kapitel: Skills) ...etc

Aber das ist nur ein Regelbereich von vielen, die WoD deckt eigentlich sämtliche Bereiche gleichwertig mit Regeln ab, egal ob Kampf, mentale oder soziale Bereiche.

Ja, es gibt bei WoD auch die goldene Regel, ja, es wird über Storytelling geschrieben. Ja es wird gesagt Rules are Tools.

Nur wehre ich mich gegen die Aussage, die WoD wäre streng nach Buch regelärmer als andere Regelwerke und würde daher kein Balancing benötigen aufgrund der Storyteller-Ausrichtung. Das hat nichts mit der Spielausrichtung zu tun. Wenn die Werkzeuge nicht untereinander funktionieren, dann kann das bei jedem Spielstil zu Problemen führen.

Dass man per Gruppenvertrag und Hausregeln hier natürlich fixen kann, ist klar. Aber die vielbetonte Aussage, die nWoD wäre in sich balanced, kann ich zumindestens was Mage angeht, nicht bestätigen. Wenn das Balancing über die verschiedenen Splatbooks White Wolf wichtig gewesen wäre, hätten sie auch direkt für ALLE die gleichen Regelgrundlagen nehmen können (z.B. Supernatural Template+Boni+Cool-Powers) und diesen einfach nur andere Colors verpasst.

Daher denke ich, ist Balancing innerhalb der Splats gegeben, bei Crossovern funktioniert es, solange man einen guten Gruppenvertrag hat. Aber RAW ist das Balancing nicht gegeben.

alexandro

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Re: Balancing
« Antwort #44 am: 5.06.2011 | 13:56 »
Die nWoD ist schon besser als die alte WoD, was die Genauigkeit der Regeln angeht. Sie ermöglicht ein faireres Zusammenspiel und es gibt weniger Auslegungsstreitigkeiten im Bezug auf die Regeln. Außerdem gehen die Regeln etwas flüssiger von der Hand, umständliche Subsysteme wurden gekürzt und die Regeln stören weniger beim spielen (OK, außer die Würfelpoolmods).

Leider kommt diese Genauigkeit auch zu einem Preis: das eher "assoziative" Spiel der alten WoD wird durch D&D3-artige Regelprozeduren ersetzt, bei denen jede Fertigkeit, jeder Vorzug, jede übernatürliche Kraft eine klar umrissene Anwendung, klar umrissene Modifikatoren und (relativ) klar umrissene Auswirkungen hat. Durch das exception-based-design muss man nicht nur schauen was mit einer bestimmten Fertigkeit geht, sondern auch was nicht gehen kann (weil es da einen speziellen Vorzug gibt, welcher das abdeckt).

Offline Scimi

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Re: Balancing
« Antwort #45 am: 5.06.2011 | 16:39 »
Social Combat gibt es in vielen nWoD-Bänden, Vampire the Requiem - Invite Only hat welche (mit Einbindung von Disziplinen), im Band Night Horrors: Grim Fears gibt es den Fighting Style Social Maneuvers, Requiem for Rome hat ihn, viele SAS-Szenen beinhalten Regelkonstrukte für soziale Auseinandersetzungen und selbst das Grundregelwerk besitzt Regelungen für soziale Auseinandersetzungen (Kapitel: Skills) ...etc

Na gut, da ich mich vor allem auf die Bände der Grundreihe und von Mage und Werwolf eingeschossen habe, kann ich keinen der genannten Bände mein Eigen nennen. Das Grundregelwerk bietet einige spezialisierte Skillanwendungen, die aber in den meisten Fällen asymetrisch sind und daher nicht die Qualität des Kampfsystems erreichen.

Beispiel
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Das Grundsystem basiert auf den Attributen und Skills und schreibt Regeln fürs Würfeln und für Erfolge und Misserfolge vor. Das Kampfsystem baut auf diesen Regeln auf und fügt weitere Elemente wie einen genauen Handlungsablauf, Defensivwerte und Gesundheit hinzu. Damit ist das Kampf- und Schadenssystem sehr viel genauer geregelt als andere Bereiche im Spiel und nicht umsonst gibt es im Grundbuch neben dem Regelkapitel ein extra Kapitel für Kampf.

Ebenso gibt es weitere Regeln, die an die Kampfregeln anknüpfen, etwa verschiedene Kampfmanöver, exakte Ausrüstungsboni in Form von Waffen und Regeln für das Zerstören von Gegenständen, die wieder Grundlage für die Fahrzeugkampfregeln sind. Im Gegenzug gibt es in den Grundregeln keine sozialen Manöver und es gibt kein Ausrüstungsbuch für Makeup, Krawatten und Schönheits-OPs.

Wenn ich im Spiel eine Glasflasche zerdeppern oder ein Loch in eine Brandschutztüre reißen will, dann kann ich genau nachlesen, wie das geht. Wenn ich an einem Türsteher vorbeikommen oder den Prinzen der Stadt erpressen will, dann muss mit dem ST verhandelt werden, welche Fähigkeiten zum Einsatz kommen, welche Schwierigkeiten und Boni es gibt und welche Ergebnisse möglich sind.

Auch andere Spielelemente wie Morality oder Nachteile sind regeltechnisch schwammig: Ok, das Paradox schlägt zu, du erleidest Bedlam und bist jetzt geisteskrank. - Cool, was macht das? - Nix, spiel es halt aus.


Natürlich kann man immer Werte gegenrechnen, aber ich finde, das macht wenig Sinn, wenn dieselben Werte im System verschieden eingesetzt werden. Brawl und Weaponry sind nicht gleichwertig, weil ich aus Weaponry mit Waffenboni sehr viel bessere Werte herausbekomme. Ob es Sinn macht, Punkte in Firearms oder Persuasion zu stecken, liegt daran, ob der SL großzügig mit "Boni für gute Einfälle" ist, so dass ich im sozialen Bereich auch mit schlechten Werten auf dem Blatt gute Chancen habe. Ob ein Vampir mit Majesty oder ein Sterblicher mit gutem Aussehen und einem schicken Auto in einer gegebenen Situation besser abschneiden, lässt sich ohne Weiteres nicht sagen, wohingegen ein Gangrel mit Claws of the Wild und ein Söldner mit Schutzweste und AK 74 direkt miteinander vergleichbar sind.

Nur wehre ich mich gegen die Aussage, die WoD wäre streng nach Buch regelärmer als andere Regelwerke und würde daher kein Balancing benötigen aufgrund der Storyteller-Ausrichtung. Das hat nichts mit der Spielausrichtung zu tun. Wenn die Werkzeuge nicht untereinander funktionieren, dann kann das bei jedem Spielstil zu Problemen führen.

Andere Regelwerke haben aber andere Ansätze. D&D4 etwa ist ein Action-Kampf-System, das zwar auch andere Bereiche abdeckt, aber im Kampf spezialisiertes Heldenteam gegen exotische Monster ganz klar seine Stärken hat.
Fiasco ist ein Spiel, in dem es um Beziehungen und katastrophale Ereignisse geht und das diese Dinge auch vornehmlich mit den Regeln abbildet.
Reign dreht sich um Konflikte in großem Maßstab und auch auf politischer und wirtschaftlicher Ebene und bietet dazu Regeln an.

Die WoD will ein Horror-Rollenspiel sein, bietet aber Regeln an, die eher zu einem Action- oder Superheldenrollenspiel passen würden. Allerdings mit der Idee, dass die Aufteilung dazu dient, Charakterinteraktion und Stimmung nicht mit Regeln zu überfrachten, während Action schnell über Regeln abgewickelt werden kann.
Das funktioniert nach meiner Ansicht ganz gut, macht aber Aussagen zum Balancing schwerer.

Daher denke ich, ist Balancing innerhalb der Splats gegeben, bei Crossovern funktioniert es, solange man einen guten Gruppenvertrag hat. Aber RAW ist das Balancing nicht gegeben.

So wie du Balancing beschreibst, kann ich dem zustimmen: Die verschiedenen Splats sind von den Regeln her kompatibel, aber nicht darauf ausgelegt, miteinander zu funktionieren oder ausgeglichen zu sein.

Ich sehe beim Balancing allerdings im Vordergrund, ob alle Charaktere gleich nützlich sind und ob die Regeln es allen Spielern ermöglichen, in gleicher Weise am Spiel teilzunehmen und da muss ich sagen, dass das ST-System zumindest der WoD ziemlich ausgeglichen ist: In fast jeder Situation gibt es für die meisten Charaktere Gelegenheit, sich sinnvoll einzubringen und auch für einen gewöhnlichen Sterblichen ist es möglich, sich in einem Gebiet zu spezialisieren und dort kompetent zu sein, ohne dass einer der "Übernatürlichen" ihm dort automatisch den Rang ablaufen würde.

Und ja, mit Mages ist es am einfachsten, in allen möglichen Bereichen gut zu sein...

Seth

  • Gast
Re: Balancing
« Antwort #46 am: 5.06.2011 | 16:54 »

(Es würde mich freuen, in diesem Thread ein paar Beispiele zu lesen, wo eine vom z.B. RfR-System unterstützte Sozialszene an Bedeutungsrang für das Abenteuer/die Gruppe gleichwertig zu einer Kampfszene war.)

Wir spielen zwar ein Rom-Setting in der oWoD, das Debattensystem habe ich dazu allerdings ziemlich weitestgehend aus Requiem for Rome übernommen - deswegen kann ich, denke ich, dazu was sagen.

Ich weiß nicht genau, ob ich deine Bitte richtig verstehe, in unseren Runden sind die sozialen "Kampfsysteme" allerdings meist den physischen übergestellt, allein was die Gewichtung / Bedeutungsrang innerhalb der Story angeht. Drei der vier / fünf Charaktere haben einen klaren Fokus darauf, vor Allem die Senatoren und der Anwalt. Debatten finden bei uns in den meisten Runden statt und ich versuche es noch ein wenig mehr in den Vordergrund zu rücken, da es immer besser funktioniert und den Spielern, sowie auch mir, offensichtlich ne ganze Menge Spaß zu bereiten beginnt. Gerade der Anwaltscharakter fußt einen Großteil seines Konzepts mehr oder weniger auf der Redekunst, die durch solche "sozialen Kämpfe" zum Tragen kommt.

Durch Gerichtsprozesse und hitzige Debatten im Senat (und entsprechend ausgespielte Szenen nach den Regeln der sozialen Kämpfe) wird die Story bei uns also definitiv effektiver vorangetragen und beeinflusst, als durch etwaige Kämpfe, auf die wir natürlich auch nicht zur Gänze verzichten (allein deswegen, weil einer der Charaktere Soldat ist).

Ich hoffe das traf ungefähr die Richtung, in die deine Bitte ging.
« Letzte Änderung: 5.06.2011 | 16:57 von Sol Invictus »

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Re: Balancing
« Antwort #47 am: 5.06.2011 | 20:18 »
Die WoD will ein Horror-Rollenspiel sein, bietet aber Regeln an, die eher zu einem Action- oder Superheldenrollenspiel passen würden.

Das mit dem Horrorrollenspiel ist wirklich einen eigenen Thread wert (ich sehe es zumindest nicht so, außer vielleicht bei CtL).

Ich hoffe das traf ungefähr die Richtung, in die deine Bitte ging.

Ja, das war interessant zu lesen und ging in Richtung meiner Bitte/Frage. Ich wollte/will Beispiele hören, in denen der Ausgang von Sozialszenen genau wie bei Kampfszenen systematisch nach der Würfelmechanik ermittelt wird (was nicht das Schauspielern ausschließt!), und Beispiele, in denen erfolgreich oder erfolglos gespielte Sozialszenen in etwa die gleiche Bedeutung für den Abenteuerverlauf haben wie gewonnene oder verlorene Kämpfe.
« Letzte Änderung: 5.06.2011 | 20:28 von Tümpelritter »
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Seth

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Re: Balancing
« Antwort #48 am: 8.06.2011 | 14:31 »
Ich wollte/will Beispiele hören, in denen der Ausgang von Sozialszenen genau wie bei Kampfszenen systematisch nach der Würfelmechanik ermittelt wird (was nicht das Schauspielern ausschließt!), und Beispiele, in denen erfolgreich oder erfolglos gespielte Sozialszenen in etwa die gleiche Bedeutung für den Abenteuerverlauf haben wie gewonnene oder verlorene Kämpfe.

Also da hier bisher sonst Niemand geantwortet hat, könnte ich meine Umschreibung da oben ja noch anhand von greifbaren Beispielen illustrieren.

Wie gesagt haben wir in der Runde mehrere Charaktere, die im "vampirischen" Senat aktiv sind. Da es da eher gesittet und ohne viel Blutvergießen ablaufen soll, die Konflikte jedoch genauso tödlich/weitgreifend sind wie direkte Kämpfe, kam es da definitiv zu mehreren Aktionen, die ein ähnliches Gewicht für die Charaktere und die Chronik besaßen.

Die Basis für den Konflikt, den ich darstellen möchte, war eine Reihe von langwierigen Intrigen und Konflikten, die schon eine ganze Weile im Voraus stattfanden - und schließlich in einer ganz bestimmten Senatssitzung mündeten. Die Charaktere wussten das und der entsprechende Charakter um den es hauptsächlich ging hatte sich umfassend vorbereitet um seinen Gegner in den Boden zu stampfen. Es lief, rein regeltechnisch, dann ab wie ein besonders hervorgehobener - "End-" - Kampf gegen einen alten Vampir und damit ziemlich wichtigen Gegenspieler. Die Debatte wurde ausgeführt, dabei versuchen wir stets das schauspielerische, das du schon erwähnt hast, mit einfließen zu lassen - da vor Allem in der römischen Rhetorik neben der Sprache und Betonung vor Allem auch Gestik, Mimik und Haltung des Redners für das Publikum wichtig sind. Das heißt es wurde zuvor das Argument - als Angriff quasi - gewürfelt (mit den entsprechenden Fähigkeiten, du schienst ja das Requiem-System zu kennen) und schließlich danna auch ausformuliert. Irgendwann bekam es dann einen Selbstläufer und es wurden Techniken wie der Dolchstoß angewandt um den Gegner unmittelbar zu attackieren, ähnlich wie mehr oder weniger effektive Manöver in einem taktischen Kampf.
Der Charakter schaffte es letztlich tatsächlich, den Senat in einer wichtigen Frage (bezog sich auf die aktuelle Politik der Sterblichen und darauf, wie die Vampire agieren sollten - und als Nebenthema auch auf die Person des Gegenspielers selbst, der ziemlich demontiert zurückblieb) für seine Sache zu gewinnen. Dadurch wurde der Konflikt zu einem Höhepunkt getrieben, regeltechnisch ausgefochten und das hatte letztlich enorme Konsequenzen für den Weiterverlauf der Chronik.

Andere Beispiele sind weniger "bombastisch" - da kommt es in vielen Situationen zu kleinen Debatten. Beim Feilschen um Sklavenpreise oder dem Handel von Informationen kann man das System auch ganz gut anwenden, wenn man es nicht zu formal aufzieht.

Formal wurde es bei uns allerdings vor Allem bei dem Anwaltscharakter, bei dem die Debatte und der soziale Kampf den Kern eines jeden Prozesses ausmacht. Das artete bei einem besonders prekären Fall (einem NSC, den der Charakter vertrat, wurde Ketzerei im schlimmsten Maße vorgeworfen) derart aus, das aus den zwei Teilnehmern der Debatte (Anklage und Verteidigung) plötzlich vier wurden, da sich der zuständige Richter/Praetor und ein bedeutender Senator ebenfalls einschalteten. Das wurde alles mithilfe des Systems ausgewürfelt und wie ein taktischer Kampf in Runden behandelt - wer auf "0 Lebenspunkte" nach System fiel, schied aus (weil die Menge ihn ausbuhte oder weil er einfach keine Argumente mehr hatte). Hier war der Ausgang für den Charakter katastrophal: sein Mandant wurde zur Vernichtung verurteilt und er nahm einen gehörigen Knacks seiner persönlichen Reputation mit davon.

Um ein weniger dramatisches Ereignis zusätzlich zu nennen:

Die Charaktere flohen gerade in Richtung Ostia, wurden durch einige mächtige Gegenspieler gesucht - und landeten bei einer Straßensperre. Die wurde zwar nicht eigens für sie errichtet, die Charaktere erkannten jedoch ein paar der Soldaten als familiae (in Verbindung mit Vampire stehende Menschen) ihrer Gegenspieler wieder. Das endete in einer Debatte mit dem dort zuständigen Zenturio über die Weiterfahrt, bei der unser hauptsächliche Rednercharakter (die Spielerin auch schauspielerisch hervorragend) die anderen Soldaten davon überzeugte, das sie es leichter hätten, wenn sie sie durchließen. Da der Charakter die familiae durch den Einsatz von Präsenz nicht aufschrecken wollte, lief es ganz regulär nach rhetorischen Maßstäben und nach System ab. Die Konsequenz reichte aus um ihre Flucht zu ermöglichen - bei anderem Ausgang wäre es ihnen vielleicht schlechter ergangen.
« Letzte Änderung: 8.06.2011 | 14:34 von Sol Invictus »