Autor Thema: Wann wird gewürfelt?  (Gelesen 7010 mal)

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Shadom

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #25 am: 22.09.2014 | 15:36 »
Ich finde das spannend. Welche Spiele spielt ihr denn eigentlich alle? Es hört sich in den Darstellungen der meisten hier an, als sei das benutzte Spiel nicht relevant. Das mag ich kaum glauben.

Meine dreier Regel da oben
Ich lasse würfeln wenn:
1. Ein Misserfolg nicht das Charakterbild bricht (Professioneller Taxifahrer muss in seiner Heimatstadt unter normalen Umständen niemals würfeln um sich zu orientieren, denn wenn er scheitern würde, dann wäre die Situation lachhaft.)
2. Das Ergebnis allgemein wichtig für den Verlauf der Story/des Abenteuers ist (Auch eine schwere Klettern Probe wird nicht gewürfelt, wenn der betreffende nur an der schwersten Wand im Kletterpark übt)
3. Nicht schon eine "Probenübersättigung" bei den Spielern durch viel würfeln aufgekommen ist oder dadurch aufgkommen würde. (Wenn die Spieler in dieser Szene schon 5 Proben hinter sich haben, sollte man sich wirklich überlegen ob eine 6te notwendig ist. Besser von Anfang an in 1-2 zusammenfassen wenn das absehbar ist)

Das funktioniert für mich in jedem System.
Wie diese Regeln funktioniert ändert sich mich aber  je nach Genre, System und Setting.
Beispiel:
In einer pulp Runde mit kampfokussierten detaillierten Regeln werde ich außerhalb des Kampfes selten würfeln lassen, weil ich durch das System schon so eine recht große "Probensättigung" im Kampf habe. Außerdem werde ich noch seltener Würfeln dadurch, dass im Pulp Genre die meisten Charaktere extrem kompetent in 1-2 Bereichen sind und daher Regel 1 in diesen Bereichen nur selten gewürfelt wird. Und zu guter letzt sind pulp Geschichten bei mir nicht sehr komplex also würde es dort vermutlich nicht sehr viele potentielle Proben geben an denen die Story hängt.
Im Kampf drehen sich aber alle diese Punkte um. Detaillierte Regeln führen dazu, dass ich oft würfeln muss. Probensättigung ist außerhalb des Kampfes gering also kann ich da auf die Kacke hauen und die Kampfkompetenz ist im Pulp meist bei allen Charakteren etwa gleich hoch, deswegen verliert man nicht das Charakterbild wenn man doch mal was auf die Fresse kriegt.



Deine Idee zum Würfelinteresse finde ich sehr interessant. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, dass man im Kampf der meisten System würfeln WILL(um möglichst viel schaden zu machen) und in den anderen Szenen oft würfeln MUSS (um scheitern zu vermeiden). Ich würde das nicht so trennen. Bei mir gibt es auch außerhalb des viele "Gewinn" Proben und auch im Kampf "Verlust" Proben. Die Dichotomie an sich ist aber klar vorhanden. Darüber muss ich mal in mich gehen.

Ucalegon

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #26 am: 22.09.2014 | 15:41 »
Meine Meinung ganz knapp:

Wenn ich leite, versuche ich Würfeln (Würfelproben der Charaktere) in der Regel zu vermeiden. Manchmal würfeln Spieler ungefragt, und ich frage mich dann, was sie mir mit diesem Würfelwurf sagen wollen?

Wenn ich als Spielleiter einen Würfelwurf möchte, dann handelt es sich um eine Situation, in der ich mindestens zwei interessante, spielrelevante Ausgänge sehe. Das Würfelergebnis entscheidet dann, welcher Ausgang zum Weiterspielen genommen wird (oder gibt die Tendenz an, wenn es sich um ausgedehnte Proben handelt).

ebenfalls +1

Damit wäre das als Antwort auf die Frage: "Wie oft würfeln?" allerdings ein Zirkelschluss.
Ich würde auch sagen, dass "wie oft würfeln" eine andere Frage ist. Ob ich nun in 2 oder in 20 Situationen die Würfel zücke, das Entscheidende beim "wann" ist, dass es Situationen sind, in denen ich mindestens zwei interessante Ausgänge habe, wie Huntress sagt. Das soll freilich nicht heißen, dass "wie oft würfeln" irrelevant wäre. Bei Dungeon World kann ich das als SL z.B. ziemlich frei skalieren und muss mich dementsprechend fragen, wie detailliert ich einen bestimmten Abschnitt der Story ausgestalten will. Das ist doch aber grds. eine andere Frage oder?

Offline 1of3

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #27 am: 22.09.2014 | 16:03 »
OK. Ja, ich habe die Frage verwechselt, weil ich gedanklich schon einen Schritt weiter war. Aber die meine Nachricht funktioniert genauso, wenn dort "Wann" steht. Damit wird es sogar sinnvoller. Also hier noch mal, wie es eigentlich heißen müsste.

Damit wäre das als Antwort auf die Frage: "Wann würfeln?", allerdings ein Zirkelschluss. Denn wenn ich mein Spiel darauf trimme, an bestimmten Stellen zu würfeln, weiß ich ja, dass da gewürfelt wird. Viel mehr wäre es dann so, dass wir innere Vorlieben haben, wie oft in einer Sitzung gewürfelt werden soll und dann die Handlung entsprechend gestalten.

Ich bitte die Verwirrung zu entschuldigen.


Meine dreier Regel da oben [...]
Das funktioniert für mich in jedem System.
Wie diese Regeln funktioniert ändert sich mich aber  je nach Genre, System und Setting.

Sicher? Auch wenn an Würfelproben so Sachen wie Learning by Doing hängen und von den Würfen somit der Erfahrungsgewinn abhängt (z.B. Apocalypse Engine)? Auch wenn das Spiel eine gewisse Anzahl an Encountern pro Tag vorsieht, damit die Attrition richtig funktioniert (D&D)? Auch wenn in dem Spiel explizit drin steht, dass für jede Taxifahrt jeden Hyperraumsprung eine Astrogationsprobe fällig wird (Edge of Empire)?

Nun kann es sein, dass du sowas nicht spielst. Das weiß ich aber nicht.

Mich stört hier also etwas Grundsätzliches. Durch die Nicht-Nennung des Spiels wird das Diskussion Larifari. Irgendwann sind kluge Menschen zu dem Schluss gekommen, dass das System mattert. Die Information, welches System vorliegt, ist also niemals irrelevant. Wir sehen hier schon, wie das funktioniert: Das Thema steht im "Allgemeinen", nicht im "Systemspezifischen"; da muss man also allgemeine Aussagen treffen, nicht systemspezifische, ist vielleicht die Idee. Dabei könnten detaillierte Informationen viel nützlichere Schlüsse zulassen.

So z.B. wenn der Mann ohne Zähne "traditionelle" Spiele anspricht, wo das Verfahren nicht so genau geregelt sei. Mein Bild von "traditionellen Spielen" sagt: Die SL sagt, dass gewürfelt wird. Und das schiene mir ziemlich klar geregelt. Es gäbe jetzt verschiedene Möglichkeiten. Vielleicht hab ich mich immer verlesen. Vielleicht hat der MoZ nicht genau gelesen oder hausregelt die Sache souverän. Oder einfacher: Wir haben unterschiedliche Vorstellungen, was ein "traditionelles Spiel" ist.

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Shadom

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #28 am: 22.09.2014 | 16:15 »
Okay okay.

Ich spiele momentan meistens Fate Core. Ansonsten habe ich meine dreier Regel implizit schon verwendet in:
Savage Worlds, oWod, nWod, Scion, Engel, Shadowrun, Pathfinder, GURPS und noch ein paar mehr die mir gerade nicht einfallen.

Nicht funktioniert hat diese Regel in Dread, da der "Würfelmechanismus" dort wirklich mit zu vielen Sachen verknüpft ist, als dass man die Würfelei so einschränken kann. Nichtsdestotrotz hat mich mein Baugefühl, dass extrem von meinem dreier Vorsatz geleitet ist auch dort positiv beeinflusst. Ich konnte es eben nur nicht so extrem umsetzen.

Generell bin ich bereit Buchregeln für meine "dreier Regel" zu überschreiben, solange das System dadurch nicht komplett auseinander fällt. By Learning by doing Sachen wie der World Engine würde ich wohl in den sauren Apfel beißen müssen und mich dem System as written anpassen.

Offline Skele-Surtur

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #29 am: 22.09.2014 | 16:41 »
Ich spiele derzeit D&D5 und WHF 3rd Edition. Meine längste Spielzeit habe ich mit D&D 3e und 3.5 gehabt, zwei Jahre sehr intensiv L5R 3rd Edition, daneben einiges an Vampire (Masquerade, Requiem und ein wenig Dark Ages), dann noch D&D 4th eine ganze Weile. Außerdem noch ein wenig FATE in verschiedenen Settings (Dresden Files Malmsturm u.a.). SR gehört eher zu meinen Jugendsünden, da weiß ich auch nimmer viel von. Das sind jetzt nur die Sachen, die ich länger gespielt habe, One-Shots und kurzlebige Erfahrungen mal nicht mitgerechnet, sonst wird das hier zu viel.

Ich würde meine grundsätzliche Aussage aber auf alle diese Spiele anwenden, ohne Ausnahme.
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Offline Der Nârr

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #30 am: 22.09.2014 | 16:43 »
Im Moment spiele ich Schildwacht (traditionelles Rollenspiel von Falcon) und spielleite Lamentations of the Flame Princess (LotFP, OSR). Prinzipiell tritt die Frage bei mir aber auch insbesondere bei BRP auf und ist auch bei anderen Systemen schon aufgetreten. Bei Spielen wie SW, AC und D&D3.f wird das Problem ja meiner Meinung nach durch genaue DC-Vorgaben gelöst, da habe ich mir auch nie groß die Frage gestellt, wann gewürfelt wird, da ich ja einfach nur den DC anhand der vorgegebenen Tabellen herausfinden konnte und ggfs. war das Ergebnis dann so einfach, dass nicht gewürfelt werden musste oder so schwer, dass ein Wurf nahezu aussichtslos war. Mir wurde die Entscheidung "wann wird gewürfelt" vom Regelsystem abgenommen. "Der SL sagt, wann gewürfelt wird" ist für mich leider eine komplett unklare Regel. Ich finde das fürchterlich. Es gibt manchmal Regelwerke, die sind so geschrieben, als würden sie nur von den Spielern gelesen und richten sich an diese. "Vielleicht macht der SL es auch so oder so." Aber diese Regelwerke vergessen dann, dem SL zu erklären, aus welchen Gründen er es denn bitte so oder so machen sollte. Ein Beispiel für so einen Fall findet man in Stars Without Numbers auf Seite 10 zum Attribute würfeln... Für die Spieler ist das ganze natürlich klar: Der SL sagt, wie es gemacht wird. Aber wie entscheidet denn der SL, wie es gemacht wird, also wann gewürfelt wird?

Aber in Spielen wie BRP, wo es leichte, normale und schwere Proben gibt, aber keine Kriterien, wann etwas vom SL als leicht, normal oder schwer eingestuft werden soll... Wie gesagt ist "die Spieler entscheiden gemeinsam" für mich kein Ausweichen, da verschiebt man nur die Rollen bzw. die Entscheidungsbefugnis, aber offen bleiben die Kriterien.

Desweiteren: Ich spielleite nicht aktiv auf Würfelproben hin. Manchmal wird, wenn ich spielleite, stundenlang gar nicht gewürfelt. Das passiert insbesondere dann, wenn ein Spiel keine Fertigkeiten für Sozialskills hat. So habe ich in zwei Spielrunden LotFP gerade neu eingeführt, in der einen Runde gab es in der ersten Sitzung gar keinen Wurf und in der anderen nur einen auf Archäologie, als ein Zwerg einen Tempel genauer angeschaut hat. In unserer Runde gehen die Ansichten, wie oft man würfeln lassen sollte, weit auseinander. Im Gegensatz dazu lasse ich bei Savage Worlds sehr oft würfeln, da ich es so sehe, dass ich ja vom Regelwerk aufgefordert werde. Bei mir ist es also schon regelwerksabhängig, wann ich würfeln lasse. Ich glaube aber sofort, dass viele Spielleiter einen Stil drauf haben, den sie automatisch auf andere Regelwerke übertragen.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #31 am: 22.09.2014 | 19:08 »
Kommt völlig aufs System an. In den meisten Spielen halte ich es in der nähe von "Say yes or roll the dice" wie es in Dogs und Burning Wheel beschrieben wird. Das geht aber natürlich absolut nicht mit Powered by the Apocalypse; wenn der trigger da ist wird gewürfelt; egal was wir alle wollen.

Also hängt primär vom System ab.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #32 am: 23.09.2014 | 08:55 »
Also: SAGT VERFICKT NOCH MAL WAS IHR SPIELT!

Verficktes Rollenspiel  :P

Ich nehme das etwas anders wahr. Du schreibst davon, dass Du einen Schritt weiter wärest. Für mich liest es sich so, als ob Du einen Schritt abseits stündest.
Die Fragestellung impliziert schon gewisse Systeme und klammert andere aus.
Außerdem werden einige Systeme (und damit verdammt viele familiäre Systeme) bereits im Startpost genannt:
LotFP, GURPs 4th, D&D, SW, Arcane Codex,
Dazu dann dieser Kommentar:
Aber niemand weiß, wann eine Situation hart oder abenteuerlich ist. Das wird ja erst im Spiel definiert, und zwar immer dann, wenn der SL eine Probe fordert.
Damit ist schon verdammt viel gesagt ... aber:

Später folgt dann jener, wichtige Satz:
(Ich habe absichtlich nicht im Theoriebereich oder im Systemvergleichsbereich gepostet. Es geht mir mehr um praktische Erfahrungen und Anwendung, als um Theorie und auch nicht so sehr um Regeln by the book - Systemvergleich - als um das, was dann tatsächlich am Spieltisch gemacht wird.)
Was Dir nicht liegt, wie wir wissen.
Aber dennoch ist genau DAS gefordert. Technische und praktikabe Anwendung. Eben keine Theoriediskussion, die Du gerne daraus machen möchtest.

Allerdings sehe ich auch, dass es dieses Thema durchaus "theoretisch" zu diskutieren gibt. Entweder machst Du dann einfach einen Fred im entsprechenden Bord auf und verweist hier an diesen, oder lässt es sein (was ich recht schade fänd!).

Aber wie gesagt, mir drängt sich auf, dass Du die Spur verlässt. Ohne böse sein zu wollen.

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #33 am: 23.09.2014 | 09:10 »
Wir können auch gerne mehr Theorie einbringen, solang es nicht überhand annimmt. Ein Thread entwickelt sich ja und wenn ja Theorie nötig ist, um im Thema weiterzukommen, ist das so. Bis jetzt fand ich die Beiträge von 1of3 auch hilfreich, also weiter so :).

Ich glaube aber, dass viele Spieler unabhängig vom System gleich spielen. Natürlich, system does matter. Aber gerade das Würfeln lassen ist eine Entscheidung, die der Spielleiter trifft und daher kommt es hier viel mehr auf die praktizierte Spielweise als die niedergeschriebenen Regeln an. Wir hatten ja jetzt auch mehrere Posts, in denen die Spielleiter erklärten, dass sie in unterschiedlichen Systemen das Würfeln unterschiedlich handhaben, andere schrieben von allgemeinen Kriterien. Letzteres finde ich naturgemäß interessanter, als wenn ein Regelsystem eine klare Angabe macht. BTW: "Sag ja oder lass würfeln" ist auch nicht sonderlich hilfreich, da würde ich direkt zurück fragen: WIE soll ich denn entscheiden OB ich ja sagen soll? Und da ist man wieder bei dem Problem: Soll die Story interessant sein, möchte ich die SC am Leben halten, findet mein GMV die Situation würfelswert usw.

Im OSR-Sinne ist die Entscheidung, Würfeln zu lassen, ja eine Entscheidung, also ein "Ruling". Vielleicht ist das ja auch ein Ansatzpunkt. Soweit ich weiß, gibt es in der OSR keine Lösung zu der Frage, wie der SL entscheiden soll bzw. verliert sich in Schwammigkeiten und Diffusitäten. Auch im Primer von Matthew Finch sind Beispiele der Art "hier hat der Old-School-SL sich so entschieden, aber er hätte sich auch anders entscheiden können". Er kann das ganze also auch nicht auflösen.

Nicht nur das Würfeln liefert ein kontingentes Ergebnis (es kann so oder anders kommen), schon die Entscheidung, würfeln zu lassen, ist also kontingent (ich hätte auch anders entscheiden können und ein anderer SL sowieso).
« Letzte Änderung: 23.09.2014 | 09:13 von Der Narr »
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #34 am: 23.09.2014 | 09:48 »
@Der Narr:

Wobei viele Systeme schon sehr genau definieren wie sich die Schwierigkeit einer Probe ergibt und wann die Würfel bemüht werden sollen.
Bei d20-D&D ist die Standard-Schwierigkeit für alles ja DC10, der Standard-Wert für einen Durchschnittsmenschen die 10 (Bonus +0), was bedeutet das die Handlung ohne Druck mit Take10 immer ein Erfolg ist, unter Druck, also Würfeln, eine 50% Chance hat.

Die WH40K Spiele (d100, Roll Under) arbeiten ja mit einem Qualitätssystem. Es wird also nicht nicht geprüft ob eine Handlung geklappt hat, es kommt auf das wie an (Skill Wert +/- Mod unterwürfeln, alle vollen 10er Werte die man unterwürfelt ergeben einen Erfolg). Die grundlegende Annahme ist aber das ein halbwegs kompetenter Charakter (50er Skillwert nach Mod) automatisch alle Handlungen mit zumindest einem Erfolg absolvieren kann und dann kein Würfeln notwendig ist. Erst wenn mehr Erfolge benötigt werden oder die Schwierigkeit für die Aufgabe steigt wird zu den Würfeln gegriffen.

Bei L5R gibt es Mikro und Makro Aufgaben (Mikro = kleine Handlungen, etwa Kampf, Makro = längere Handlungen, etwa eine Intrige spinnen). Hier ist recht klar verregelt das man seine Intention ankündigt, basierend auf dieser den Mindestwurf festlegt, diesen dann versucht zu überwürfeln und aus dem Ergebnis dann die kommende Szene ableitet. Gerade bei den Makro-Szenen würfeln man also immer dann, wenn es darum geht den Status Quo der Spielwelt zu beeinflussen/verändern.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #35 am: 23.09.2014 | 10:00 »
Ja, ich gestehe, die Auflistung von Spielsystemen hat mir nun auch nicht den erhofften Erkenntisgewinn gebracht. Wir müssen noch weiter runter. Ich mache mal etwas sehr Konkretes:

Wir haben am letzten Spielabend Charaktere für eine Werwolfrunde gemacht. Ein Spieler brauchte recht lange. Zuletzt war noch das Vorzeichen zu wählen. Ich zitiere aus dem Gedächtnis:

Es kam der Vorschlag: "Würfel das doch aus."
Spieler: "Hat das denn großen Einfluss?"
Ich: "Du bekommst eine bestimmte Fähigkeit davon und die Werwolfgesellschaft könnte die Erwartung haben, dass du eine bestimmte Rolle erfüllst. Das Vorzeichen ist sowas wie ein Horoskop, die Mondphase unter der du dich das erste mal verwandelst."
Spieler: "OK. Dann ist ja quasi schon zufällig. Ja, das würfel ich dann."

Spannend. Warum wollte die erste Person, dass gewürfelt wird? - Damit es schneller geht. Das hat den langsamen Spieler - kaum verwunderlich - aber nicht überzeugt. Durchschlagend war aber die Erklärung, dass der Charakter da keinen Einfluss drauf hat. Mich persönlich hätte nun alles überzeugt, aber nicht das.

Leute können also würfeln wollen, damit etwas schneller geht oder wenn ihr Charakter keinen direkten Einfluss auf die Sache hat. Und wirklich hat das auch noch niemand hier so geschrieben, außer vielleicht Chaos am Spieltisch andeutungsweise. Konkrete Beispiele sind also sehr nützlich.

Tatsächlich jedoch sind Aussagen, wie "Ich lasse würfeln, wenn es zwei interessante Alternativen gibt", in höchstem Maße theoretisch, sie sind nämlich von konkreten Anwendungen abgehoben. Die Wirklichkeit funktioniert üblicher Weise nicht so. Aussagen dieser Art haben daher auch eine starke normative Komponente; sie entsprechen nämlich gängigen SL-Tipps.


@Slayn: Gegenbeispiel für genau festgelegte Schwierigkeiten ist z.B. die WoD in allen Varianten.

Offline Der Nârr

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #36 am: 23.09.2014 | 11:37 »
Wobei viele Systeme schon sehr genau definieren wie sich die Schwierigkeit einer Probe ergibt und wann die Würfel bemüht werden sollen.
Bei d20-D&D ist die Standard-Schwierigkeit für alles ja DC10, der Standard-Wert für einen Durchschnittsmenschen die 10 (Bonus +0), was bedeutet das die Handlung ohne Druck mit Take10 immer ein Erfolg ist, unter Druck, also Würfeln, eine 50% Chance hat.
Das habe ich ja schon im Eingangsposting geschrieben. Wobei ich gerade "Standard-Schwierigkeit" *nicht* als genaue Festlegung sehe, das ist dann ja so wie im BRP mit einfachen/normalen/schwierigen Proben. Wer legt denn fest, was Standard oder normal ist? Die Festlegung geschieht in D&D3.x, indem zu den verschiedenen Fertigkeiten für verschiedene Anforderungen verschiedene DCs genannt werden. Da weiß man genau, welchen DC man knacken muss, wenn man wie weit springen möchte.

Von Falcon kam out-of-Forum aber der Hinweis, dass in solchen Regelwerken die Entscheidung "wann wird gewürfelt" auf den Designer ausgelagert wird und ER dann natürlich entscheiden muss, wann gewürfelt wird. Finde ich trotzdem noch insofern gut, als dass mir als SL die Verantwortung genommen wird, es gut zu machen.

Zu 1of3's Aufzählung möchte ich noch hinzufügen: Ich kenne einen Spieler, der immer so geschafft von der Woche ist, dass er gerne beim Spiel am Freitag Abend Power-Naps einlegt. Erfahrungsgemäß muss er das aber nicht bei Brettspielabenden. Seine Beobachtung war, dass ihn Würfeln wach hält. Darum würfelt er gerne und viel im Rollenspiel.

Ob es spannende Alternativen gibt, das ist übrigens ein Gedanke, der für mich eigentlich nie maßgeblich war.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #37 am: 23.09.2014 | 12:03 »
Das habe ich ja schon im Eingangsposting geschrieben. Wobei ich gerade "Standard-Schwierigkeit" *nicht* als genaue Festlegung sehe, das ist dann ja so wie im BRP mit einfachen/normalen/schwierigen Proben. Wer legt denn fest, was Standard oder normal ist?

Tja, genau das ist dann dein Problem und führt somit zu deiner Frage. Der Nullpunkt ist im jeweiligen System integriert und sollte auch als solcher verstanden werden, ansonsten macht die ganze Nutzung des Systems keinen Sinn.  Die ganzen Sachen wurden schon festgelegt und sie in Frage zu stellen oder selbst definieren zu wollen bringt einfach nichts.

@1of3:

Würfeln als Rondomizer und Würfeln um ein System zu benutzen sind doch zwei vollkommen unterschiedliche Paar Stiefel.
Ich könnte auch Aussagen darüber treffen das ich meinen Charakter entweder Option A oder B nutzen lasse und eine Münze werfe (oder schaue ob der Wurf auf einem d6 im Bereich 1-3 oder 4-6 liegt), das hat wenig damit zu tun warum es normalerweise Würfelwürfe im Spiel gibt.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #38 am: 23.09.2014 | 12:08 »
Was daran spannend sein soll, weiß ich nicht.

Ich sehe das hier aber mehr im Kontext von Fertigkeitsproben, von Handlungen der Charaktere, insofern trifft das Beispiel ohnehin nicht den Kern der Sache.
Natürlich würfelt man auch auf Zufallstabellen (ob sie nun explizit abgedruckt sind oder nicht).
Das kann man machen, um wortwörtlich Zufall darzustellen (Dinge, auf die ich keinen Einfluss habe).
Natürlich sind die Motive für das Würfeln unterschiedlich. Letztlich läuft es aber darauf hinaus, das man die Entscheidung über das Ergebnis eben dem Zufall überlässt.

Etwa kann der Spielleiter etwas auswürfeln, wenn er die Verantwortung für ein Ergebnis nicht übernehmen will:
"Ich würfel jetzt, bei einer X-Y stürtzt das Hausdach ein." (Seht her, ich bin nicht schuld! Es war der Würfel!)

Ich kann auch speziell Spaß am Würfeln haben (Ich bin gespannt, was jetzt passiert!)

Ich kann etwas dem Zufall überlassen, da ich als Spieler aus Gründen der Immersion nicht die Metaentscheidung zu treffen bereit bin. (Da hab ich doch keinen Einfluss drauf, unter welchem Stern ich geboren bin! Ich würfel das aus!)

Ich kann würfeln, wenn ich mich nicht entscheiden kann... (So komm' ich nie zu einer Entscheidung, ich würfel jetzt!)
Oder weil mir etwas völlig egal ist, andere am Tisch aber eine Entscheidung wollen. Da ich nicht bereit bin, mir den Aufwand zu machen und über die Entscheidung nachzudenken, würfel ich einfach.

Ich kann auch würfeln, um mich inspirieren zu lassen... (z.B.: Welche Haarfarbe hat der Charakter? Schauen wir doch mal, was der Würfel sagt...)

Ich kann würfeln, um einen Charakter darzustellen, der selbst nicht weiß, was er als nächstes tut (Hat mal eine Spielerin mit ihrem Malkavianer bei VtM gemacht, mit einem Ja-Nein-Würfel)

Diese Dinge haben aber eine andere Qualität als Fertigkeits- und Attributswürfe, die ich als den Standardwurf im Rollenspiel betrachte.
« Letzte Änderung: 23.09.2014 | 12:39 von Skele-Surtur »
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #39 am: 23.09.2014 | 12:21 »
Würfeln als Rondomizer und Würfeln um ein System zu benutzen sind doch zwei vollkommen unterschiedliche Paar Stiefel.
Ich könnte auch Aussagen darüber treffen das ich meinen Charakter entweder Option A oder B nutzen lasse und eine Münze werfe (oder schaue ob der Wurf auf einem d6 im Bereich 1-3 oder 4-6 liegt), das hat wenig damit zu tun warum es normalerweise Würfelwürfe im Spiel gibt.

Das hat aber auch mit dem Charakter und der Denkweise eines Individuums zu tun.
Es gibt Leute, die mögen Zufälle, sind recht chaotisch, ordnen sich fremder Fügung unter und geben Entscheidungen gern aus der Hand.
Es gibt aber auch Leute, die gern die Kontrolle behalten, Möglichkeiten im Voraus abwägen, Chancen ausrechnen und tendetiell wissenschaftlich denkend an ihre Entscheidung herangehen.

Das ist natürlich erstmal recht grobkörnig. Aber man sollte nicht nur die bespielten Systeme in die Betrachtung einbinden, sondern auch den Typ Mensch, der sich fürs oder gegens Würfeln entscheidet.


Tatsächlich jedoch sind Aussagen, wie "Ich lasse würfeln, wenn es zwei interessante Alternativen gibt", in höchstem Maße theoretisch, sie sind nämlich von konkreten Anwendungen abgehoben. Die Wirklichkeit funktioniert üblicher Weise nicht so. Aussagen dieser Art haben daher auch eine starke normative Komponente; sie entsprechen nämlich gängigen SL-Tipps.

Ich gebe ja nichts auf diese "gängigen SL Tipps" und lese keine Bücher darüber. Gut, ich lese viele Beiträge in Foren zu dem Thema, aber aus anderen Gründen. Egal.
Ich finde die Sichtweise übrigens nicht theoretisch. Sie ist praktisch, denn sie wird auf ganz konkrete Situationen angewandt. Und die Wirklichkeit funktioniert übrigens genau so.
Ist es wichtig, ob der Zwerg das Seil erklimmt, oder nicht?
Ja: dann würfle er, ob er es denn schafft.
Nein: Er schafft es.


Zum "Ja":
hier ist es spannend, ob er es schafft, weil es Bedingungen im Umfeld gibt, welche die Probe spannend machen. Zeitdruck, entdeckt werden, Absturzgefahr.
Alles Faktoren, die eine Probe (in meinem Empfinden) erfordern.
Hier sind es zwei Alternativen, welche zwei völlig unterschiedliche Ausgänge der Situation produzieren. Und daher wird gewürfelt.
Die Willkür des Würfelwurfes an sich (darüber streiten wir wohl nicht, oder?) kann man reduzieren, indem die Proben sowohl von der Befähigung des Charakters, als auch der Erschwernis durch die Umgebung modifiziert werden.
Ergo ist das, was übrig bleibt bestenfalls eine Restchance, mit der sich die Beteiligten einverstanden erklären.

Warum also, 1of3, bist Du damit nicht einverstanden?
« Letzte Änderung: 23.09.2014 | 12:22 von Luxferre »

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #40 am: 23.09.2014 | 12:31 »
@Luxferre:

Das läuft dann auf die Unterscheidung einer aktiven und einer passiven Spielweise hinaus.
Die passive Spielweise läuft dann hauptsächlich auf die Interpretation von externen Einflüssen hinaus und benötigt keinen Input, nur Output.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #41 am: 23.09.2014 | 12:41 »
Ich finde die Sichtweise übrigens nicht theoretisch. Sie ist praktisch, denn sie wird auf ganz konkrete Situationen angewandt. Und die Wirklichkeit funktioniert übrigens genau so.
Ist es wichtig, ob der Zwerg das Seil erklimmt, oder nicht?
Ja: dann würfle er, ob er es denn schafft.
Nein: Er schafft es.


Zum "Ja":
hier ist es spannend, ob er es schafft, weil es Bedingungen im Umfeld gibt, welche die Probe spannend machen. Zeitdruck, entdeckt werden, Absturzgefahr.
Alles Faktoren, die eine Probe (in meinem Empfinden) erfordern.
Hier sind es zwei Alternativen, welche zwei völlig unterschiedliche Ausgänge der Situation produzieren. Und daher wird gewürfelt.

Genau so sehe ich das auch.
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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #42 am: 23.09.2014 | 13:14 »
Tja, genau das ist dann dein Problem und führt somit zu deiner Frage. Der Nullpunkt ist im jeweiligen System integriert und sollte auch als solcher verstanden werden, ansonsten macht die ganze Nutzung des Systems keinen Sinn.  Die ganzen Sachen wurden schon festgelegt und sie in Frage zu stellen oder selbst definieren zu wollen bringt einfach nichts.
Da ist doch gar nichts festgelegt! Die umschreiben doch nur mit Begriffen wie Routine, einfach, schwer, normal, Standard. "Normal" bezieht sich ja schon auf eine "Herausforderung" oder eine "abenteuerliche Situation", aber was ist denn bitte eine abenteuerliche Situation? Es ist dir noch nicht eingepflanzt, was normal oder Standard ist, du entscheidest das doch (bewusst oder unbewusst, reflektiert oder unreflektiert). Das hat zur Folge, dass jeder Spielleiter anders entscheiden wird, wann wie gewürfelt wird. Also definiert jeder Spielleiter für sich das System immer wieder neu. Und ganz richtig - so macht die ganze Nutzung des Systems keinen Sinn, weil man niemals "das System x" spielt, sondern immer nur "den Spielleiter Sowieso".

Im Eingangspost habe ich ja Systeme mit anfangs sehr geringen Erfolgschancen angesprochen. Mit einem Spielleiter, der viel würfeln lässt, hat man schnell das Gefühl, Versager zu spielen. Mit einem Spielleiter, der selten würfeln lässt (was bei einem anderen schon "schwierig" wäre, für diesen Spielleiter aber erst eine abenteuerliche Situation ausmacht), wäre derselbe Charakter mit nur 20% Erfolgschance viel stärker, von mir aus auch potenter oder weniger ohnmächtig, weil die 20% in viel weniger Situationen zur Geltung kommen.

Und selbst wenn die Sachen schon festgelegt worden sind und es nichts bringt, sie infrage zu stellen - was ich aus Überzeugung ablehne, ich glaube, dass es lohnenswert ist, auch fundamentale oder banal scheinende Annahmen zu hinterfragen - muss man das ja tun, wenn man selber ein RPG designed oder größere Hausregeln vornimmt. Die RPG-Designer sind ja keine göttlichen Wesen, die von Natur aus wissen, wie man ein Rollenspiel richtig schreibt. Im Idealfall haben sie also reflektiert, wann gewürfelt werden soll und dazu Erläuterungen in den Regeln aufgenommen. Da sehe ich aber nachwievor nur die zwei Varianten: Entweder gibt es ein positivistisches Regelwerk, das mit Modifikatoren und DCs quasi alle Situationen auflistet, in denen gewürfelt wird (SW, D&D3.f, AC) oder es wird eben nur eine grobe Richtlinie gegeben wie normale Proben, schwere Proben, einfache Proben (BRP, Qin, Talislanta) und es damit komplett an den Spielleiter abgeben. Das ist ja im Grunde optimal für Old-School-Gaming:

"Just as the players need to lose the idea that their characters are in a level-appropriate, tournament-like environment, you’ve got to lose the idea that situations are governed by rules. They’re not governed by rules, they’re governed by you." -Matthew Finch, A Quick Primer for Old School Gaming


In diesem Sinne würde ich einen Schritt weiter gehen wollen und herausfinden, nach welchen Kriterien man "regiert" und seine Entscheidungen trifft. Ich sehe nur diese harte Grenze zwischen Old School und New School nicht. (Widerspricht meiner Erfahrung im Umgang mit anderen Spielern und deren Umgang mit Spielen.)
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Offline sindar

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #43 am: 23.09.2014 | 15:36 »
In diesem Sinne würde ich einen Schritt weiter gehen wollen und herausfinden, nach welchen Kriterien man "regiert" und seine Entscheidungen trifft.
Auf die Gefahr hin, dass dir das jetzt wenig hilft, mein Vorgehen als Spielleiter: Bauchgefuehl. OK, ich spiele jetzt seit ueber 20 Jahren (wenn auch nicht durchgehend) oefter Rollenspiel, und es war immer irgendwas "Klassisches" (DSA, D&D3.5 und 4, Savage Worlds, Splittermond, dergleichen), ich habe da also etwas Erfahrung gesammelt.
Als Spieler habe ich da bisher immer dem SL vertraut und bin gut damit gefahren.
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Offline mattenwilly

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #44 am: 24.09.2014 | 19:14 »
Wann würfeln?

Immer wenn eine nicht triviale Aktion ansteht also jedes mal wenn ein Spieler die Fertigkeiten seines SC einsetzt.

Ich bin konsequent für "Du bist was auf dem Bogen steht! Nicht mehr, nicht weniger!" Und daher wird für jede Interaktion zwischen SC und NSC die über "Guten Tag" hinausgeht genau so gewürfelt wie für Mauern übersteigen oder den Kampf. Es hilft das Twilight:2000 und CP2020 recht schnelle Systeme sind. Anspielen ist nett aber optional und bringt AUF KEINEN FALL Boni. Nicht anspielen sondern einfach sagen "Mein Char macht X" ist genau so okay und bring KEINE MALI.
Manchmal kommt bei Foren der Punkt wo man einem "Diskussionsteilnehmer" mental mit einem freundliches "Ja, Ja" den Kopf tätscheln und ihn dann ganz leise auf die Ignore-Liste setzen sollte. Die gewonnene Zeit kann man dan mit interessanten Sachen verschwenden. Etwa Staubmäusen beim wachsen zu sehen

Offline 1of3

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #45 am: 28.09.2014 | 10:06 »
Vom gestrigen Spielabend, besagte Werwolfrunde. Es ist die Demokampagne, "Manitou Springs".

Wir hatten nicht auf dem Weg nach Manitou Springs angefangen, sondern in einem Kaffee in Denver, da ein Charakter, die anderen nicht in sinnvoller Weise kennen konnte. Dabei wurde gar nichts gewürfelt. Ich hätte würfeln lassen können, ob sich alle als Werwölfe erkennen. Ich habe da großzügig drauf verzichtet und wahrscheinlich 3000 Regeln ignoriert. Ich beschrieb nur, "Person X riecht nach Wolf".


Unsere Szene 2 war damit die erste im Abenteuer, spielt auf der Strecke nach Manitou Springs, als ein Fahrzeug der SCs tanken muss.

Spielx1 lässt Char1 den Tank-Shop betreten. Okkultismuprobe, um eine anwesende Gruppe als Besessene zu erkennen. (War im Abenteuer vorgesehen.) Ich benutzte eindeutig das Wort.

Sie geht raus und beschreibt die Gruppe als "komisch". Spielx2 fragt, ob er nun auch würfeln dürfe. Ich verneinte das. Keine Interaktion bzw. Augenschein, kein Okkultismus.

Spielx3 benutzt Todesblick, um den Wagen der Gruppe zu untersuchen. Schlägt im Regelwerk nach, was da gewürfelt werden muss, und schafft das. Todesblick sieht Gespenster, sieht, dass Leute an einem Ort gestorben sind, ggf. woran sie gestorben sind. Was passiert jetzt? Die Besessenen sind voll "geclaimt", von Glasgeistern. Die Geister können also nicht mehr exorziert werden und geben ihren Gefährten Superkräfte. Was passiert jetzt unter Todesblick? - Ich beschreibe, dass der Bus aussieht wie eine Komastation, auf welcher der Charakter einmal war.

Als die Truppe den Shop verlässt, geht Char2 hinein und "empfiehlt" mit einer Gabe dem Tank-Angestellten doch mal hinten das Lager aufzuräumen. Er hat schon nachgeguckt, was man da würfeln muss. Klappt mäßig. Ich erkläre, dass der Angestellte, wahrscheinlich gerade sowieso keinen Bock mehr auf Kundschaft hat, nachdem die Truppe da war.

Währenddessen hat Char4 den Wagen der Truppe untersucht. Zunächst wurde unter dem Auto die Benzinleitung durchtrennt. Ich glaube, Spielx4 hat dafür irgendwas gewürfelt. Wenn das so ist, weiß ich weder was genau noch, was dabei rauskam, aber anscheinend erfolgreich. Bei der Untersuchung des Innenraums hätten auch die Schlüssel gesteckt (Ich hatte die Truppe in allen menschlichen Dingen als nachlässig etabliert; wo sollten sie sonst sein?).

Ich gebe ein paar weitere Hinweise auf die Wesenheit der Truppe. Char4 ist aber quasi mittellos und sucht nach Wertvollem. Ich lasse eine Standard-Wahrnehmungsprobe würfeln. Der Wurf ist gut, es findet sich eine ziemlich große Kiste mit ziemlich teurem Kameraequipment (denke Wildtierbeobachtung). Das war natürlich keine Wahrnehmungsprobe im eigentlichen Sinne. Das war quasi Stake Resolution.

Gerade als Char4 mit der Kiste den Wagen verlässt, kommt die Truppe und steigt ein. Die weggetragene Equipment-Kiste wird nicht beachtet. Der Truppe geht quälend langsam auf, dass ohne Schlüssel ihr Gefährt nicht fährt. Sie saugen die verbleibenden Autoscheiben auf und wollen aussteigen.

Char2 lehnte aber schon am Auto und ein Kampf entbrennt. Gauru-Formen for da win. Gewürfelt ziemlich Standard das Kampfsystem. Als zwei Charaktere Gegner beißen, lasse ich sie je 1d Schaden gegen sich selber würfeln, weil auf Glas gebissen.

Es geht Wölfe 1 : Bad Guys 0 aus und die Entsorgung der Leichen wird eine ganz eigene Geschichte.

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #46 am: 28.09.2014 | 10:19 »
@1of3:

Was soll dieses Beispiel nun aussagen, außer das es manchmal seltsam wirken kann wenn Regeln und Proben eigentlich verschiedenen Designphilosophien* folgen und dann zusammengeworfen werden?

* Etwa: Proben zur Bestimmung der Spielwelt, Geschlossene Proben innerhalb eines Subsystems, etc.
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Offline 1of3

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #47 am: 28.09.2014 | 10:34 »
Woher soll ich das wissen? Ich mach hier ja keine Theorie! Es fühlte sich auf jeden Fall nicht so an, als würden Teile nicht zusammenpassen.

Offline Oberkampf

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #48 am: 28.09.2014 | 11:52 »

Dann ist die Sache nämlich anders herum. Dann wird nicht gewürfelt, "wenn es spannend ist", "wenn es mindestens zwei interessante Alternativen gibt", wenn es "abenteuerrelevant" ist, sondern die Situationen sind so gestaltet, damit man würfeln kann. Shadom deutet das, wenn er von "Würfelübersättigung" redet. Man will also nicht zu häufig würfeln. Umgekehrt sättigen wir unseren Würfelhunger, indem wir würfelwürdige Situationen provozieren.

Ich hab den Thread nicht mehr so verfolgt, darum kann ich Dir leider erst jetzt eine Antwort geben, die natürlich nur für meine Leitvorlieben gilt und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit hat.

Ich frage mich meistens nach dem Kontext der Szene im Abenteuer. Geht es z.B. um Atmosphäre, Vorbereitung, Planung, Organisation, Ausrüstungsbeschaffung oder Informationsermittlung? Dann versuche ich Würfeln zu vermeiden. Wenn eine Szene mit dieser Situation nicht einfach "durchgewunken" werden kann (garniert mit etwas Laienschauspiel), dann gibt es oft Alternativen zum Würfeln. Bietet das Spiel/System solche an? Beispielsweise Entscheidungen anhand der Werte der Charaktere (Karma-Entscheidungen anstatt Drama oder Random-Entscheidungen). Typische beispiele wären: Take 10 bei d20 Systemen. Oder der Aufbau von Ressourcen bei Marvel Heroic Roleplaying. Natürlich gibt es auch Systeme, die in solchen Situationen Würfeln verlangen. Bei FATE kann eine Vorbereitung darin bestehen, dass man mit einem Skill einen Aspekt erschafft - darüber tröstet es hinweg, dass das System die Möglichkeit des kreativen Scheiterns vorsieht.

Auf der anderen Seite sehe ich Szenen, in denen es "um etwas geht", in denen die Spieler/SCs etwas erreichen wollen, was nicht risikolos ist, was mit evtl. mit Kosten verbunden ist und was Auswirkungen auf den Verlauf und/oder das Ergebnis des Abenteuers hat. Also Sachen, wo die Charaktere etwas verlieren können, oder ihre Ziele nicht erreichen können. Das sind für mich die offenen oder zumindest teiloffenen Actionszenen, wobei ich den Begriff großzügig verwende. Ein Rededuell vor einem Gericht kann genauso eine Actionszene sein wie der Kampf gegen Echsenmenschen in einem brütend heißen Dschungel. Die Fragen, die ich mir stelle, sind: Kann das Erreichen des Ziels die Charaktere Ressourcen kosten (HP, Verbündete usw.) und kann das Verfehlen des Charakterziels zu einem interessanten weiteren Verlauf des Abenteuers führen?

Dabei bin ich ein Freund von ausgedehnten Würfelmechaniken, um solche Szenen zu entscheiden, also Kampfregeln oder Skill Challenges. Ich möchte Szenenausgänge ungern von einem einzigen Wurf abhängig machen. Ein Wurf ist im Idealfall entweder Teil einer ausgedehnten Probe oder er hat zumindest unmittelbar angebundene Kosten.

Natürlich ist das alles ein theoretischer Anspruch. Ob ich den in der Hitze des Spielleitens immer realisieren kann, wage ich stark zu bezweifeln. Da kann es mir durchaus passieren, dass ich auch mal für (notwendige) Informationsvergabe reflexartig würfeln lasse und mich dann frage, was ich mir dabei eigentlich gedacht habe, wenn die Probe misslingt. Im besten Fall werde ich dann ein bisschen kreativ, überlege mir eine unterhaltsame/spannende Nebenwirkung und gehe nach Fail Forward Prinzip vor und verteile die erwünschte Info - mit angebundenen Kosten.

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Offline Oberkampf

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Re: Wann wird gewürfelt?
« Antwort #49 am: 28.09.2014 | 12:26 »

Also: SAGT VERFICKT NOCH MAL WAS IHR SPIELT!

Ach so:

Momentan leite ich Savage Worlds. Da funktioniert mein beschriebenes System ganz gut, da es mehrere Möglichkeiten zu ausgedehnten Proben gibt (Erfolge zählen oder nach Vorbild der Massenkampfregeln oder entsprechend der Probenmechanik in der Deluxe Edition). Wissensskills gibt es zum Glück nicht so viele, und da frage ich oft, ob es ok ist, wenn ich Infos abhängig von der Höhe des Skillwürfels verteile. Ärgerlich sind dämliche Proben, die vom Regelwerk vorgeschrieben sind, aber für Abenteuer oft kaum eine Rolle spielen.

Ab und zu komme ich zum Warhammer 3 leiten. Das ist super, da Warhammer 3 dank dem Progress Tracker auf ausgedehnten Skillchallenges mit Konsequenzen und Nebeneffekten aufbaut.

Ich habe FATE probiert und würde es wieder leiten, wenn ich Spieler fände. Dort passt das System nicht, wenn es um Infobeschaffung oder Vorbereitung geht, weil Aspekte durch Deklarations/Manöver in die Welt gesetzt werden. Dafür gibt es aber Möglichkeiten, die Proben so zu formulieren, dass ein Misserfolg interessante Konsequenzen hat. Für Actionszenen gibt es aber mehrere ausgedehnte Würfelmechanismen, z.B. in Fate Core die Regel, dass drei Exchanges ausgewürfelt werden, um das Ergebnis einer Challenge zu bestimmen.

D&D4 (und 13th Age) würde ich gerne leiten, da lasse ich bei Kämpfen und Skillchallenges würfeln - und beides kommt in Actionszenen vor. Die Take 10 Regel erleichtert es, nicht zu würfeln, wenn die Szenen keine interessanten Alternativenden haben.

Mich interessieren entsprechend auch Systeme wie Gumshoe oder Marvel Heroic Roleplaying, wo in einigen Szenen explizit andere Mechanismen als das Auswürfeln einer Konsequenz von den Regeln her vorgesehen sind, oder Systeme wie die World Systeme, wo im Würfelwurf negative Konsequenzen bei Misserfolg verankert sind.

Was mir dagegen mittlerweile auf den Geist geht, sind Systeme, die unheimlich viele Werte zum Würfeln haben, z.B. zehntausend und mehr Skills, aber nicht richtig sagen, was passiert, wenn ein Wurf daneben geht - oder so detailliert jeden einzelnen Wurf abklären, dass er nur in Ausnahmefällen mal vorkommt. Im Augenblick habe ich z.B. überhaupt keinen Trieb, Midgard 5 auszuprobieren, obwohl Midgard lange Zeit für mich lange Zeit das A und O des Rollenspiels war.

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