Ich finde die Bezeichnung "Zoo" echt grenzwertig...
Als SL frage ich mich zuerst, was nützt es? Dass man als Elf oder Katzenmensch einfach ein paar Boni abgreift, sie aber ansonsten als Mehrheits-Menschen durchlaufen, halte ich für lahm. Zumal sich das exotische Aussehen allein doch irgendwie nach dem zweiten, dritten Spielabend abgespielt hat. Und wenn man Exoten spielen möchte, die nichts Exotisches haben, dann ist man doch irgendwie auf dem falschen Dampfer.
Und ich habe in sehr heterogenen Gruppen selten erlebt, dass dabei mehr rausgekommen ist, als dass ein und dasselbe Klischee wieder und wieder auf den Tisch gebracht wurde. Das nervt mich irgendwann und bringt mich auch zum Fremdschämen. Und spätestens dann hat es Auswirkungen auf meinen Spielspaß.
Ich habe mit meinen Gruppen schon eine Menge durch: Bei Shadowrun sitzt so ziemlich alles am Tisch, was die Regeln hergeben. Leider oder Gott sei Dank spielen die Spezies ansonsten so richtig gar keine Rolle. Ich muss mich mühsam dran erinnern, was die anderen für Spezies spielen, weil man es im Spiel nicht merkt. Das ist entweder gut - der Rassismus ist überwunden und es spielt in der Welt keine Rolle, wie man aussieht - oder es ist einfach nicht ausgespielt, was in Shadowrun zumindest früher mal angelegt war: Die Hautfarbe spielt keine Rolle mehr, die Spezies aber schon.
In unserer Gruppe könnte man jedenfalls alle anderen Spezies auch untern Tisch fallen lassen. Man merkt es nicht und es hat keine Bewandtnis - wofür braucht man es dann?
Vor Jahren hatten wir mal auf eine Homebrew-Welt eine Elfengruppe aus den verschiedensten Elfenvölkern plus einem Quoten-Wikinger. Das war eigentlich sehr witzig, weil das Rollenspiel wirklich spürbar um ein ganzes Stück verschoben war: Es ging sehr viel um elfische Politik und Befindlichkeiten, lange Zeiträume, Kultur usw. und natürlich um eine als Monstranz vor sich hergetragene Toleranz gegenüber einem einfachen, menschlichen Barbaren vom Lande. Erstens haben sich die ElfenspielerInnen sich gegenseitig beständig Resonanz gegeben, um auch in ihrer Rolle zu bleiben. Und der Wikinger hat das Gleiche bewirkt, indem er einen Kontrast bot. Wenn man also "was Anderes" spielen wollte, kam man da auf seine Kosten.
Und jetzt nicht meckern, dass Elfen nichts anderes wären. Wären sie eben doch, wenn sie nicht bloß die Waldläufer mit den spitzen Ohren und der Laute wären, sondern wirklich eine Kultur und ein bestimmtes Interesse dahinter steht. Wenn sie sich in der Spielweise unterscheiden.
Was passiert mit einem Elfen unter lauter Menschen? Ich denke, dass das "Elfisch Sein" sich entweder rollenspieltechnisch abschleift oder eben wieder auf ein oder zwei Klischees reduziert. Das Andere braucht Resonanz, sonst gleicht es sich an oder zieht sich zurück.
Was ich als SL gern mache: Ich spielleitere erst mal gern auf eigenen Welten, d.h. die Spieler wissen tatsächlich nicht wirklich, was hinter der nächsten Bergkuppe kommt. Und sie müssen sich die Kulturen im Laufe der Kampagne auch erst mal freispielen, sie im Spiel näher kennenlernen, Und dann beginne ich gern mit einer vergleichsweise homogenen Gruppe aus einem Dorf, einer kleinen Stadt oder so. Die Gruppe soll einen verbindenden Hintergrund haben. Eine Heimatstadt, die sie verteidigen wollen. Einen Stamm, den sie nach vorn bringen wollen. Und je mehr sie erkunden, desto mehr Möglichkeiten hätten sie, wenn sie neue Figuren einführen wollen. Das Ergebnis ist eine organisch heterogener werdende Gruppe.
Mittelalterliche Settings, die ohne jede Erläuterung bis ins hinterletzte Dorf multi-kulti sind, sind mir ein Graus. Da ist einfach ein urbaner Ist-Zustand unbedacht in die Vergangenheit gespiegelt worden. Das soll modern sein, ist aber letztlich unabsichtlich rassistisch: Wieso leben eigentlich in einem Hobbitdorf offensichtlich seit Jahrhunderten Halblinge weißer und schwarzer Hautfarbe tolerant nebeneinander, ohne dass irgendwie mal zwischen den Familien sexuell und nachkommensmäßig mal eine Vermischung eingetreten ist? Ärgert mich jedes Mal.
Ich fände es schön, wenn man auch im Rollenspiel differenzieren würde: In einer Piratenbucht, eine Hafenstadt, einem Söldnerhaufen soll es ein wildes Völker- und Speziesgemisch geben. Abseits davon soll das deutlich abnehmen. Und in der Provinz mag jemand, der anders aussieht auch ein echter Exot sein.
Wobei ich nicht meine, dass Exoten überall mit Rassismus und Xenophobie zu tun haben sollen. Dass man kulturell ein Volk von Fieslingen so aufstellt, aus dramaturgischen Gründen meinetwegen. Aber als Grundstimmung einer Spielwelt finde ich das toxisch und den Spielern auch den falschen Floh ins Ohr gesetzt. Rassismus ist nicht natürlich.
Und natürlich: Star Wars oder wenn man die Storm-Welt Pandarve als Vorbild nehmen würde - da herrscht ein buntes Durcheinander und da ist es auch plausibel. Aber eben nicht in jedem Fantasy-Setting, in dem schon die Reise in die nächste Stadt ein Angehen ist, das man lieber den Abenteuern überlässt.
Fazit: Ich bin mit Exoten eher vorsichtig, vor allem am Start einer Kampagne. So eine Haltung "Ich will mal was ganz anderes spielen", halte ich für reichlich oberflächlich, wenn dann am Ende auch nichts anderes bei rauskommt, außer dass man am Lagerfeuer sein Fell leckt ("Geh rüber zu dem Krieger, der in jeder freien Minute sein Schwert schärft"). Ich finde, man sollte das Potential der Exotik nutzen. Es reicht nicht, das evolutionär zu verballern.
Und natürlich bin ich nicht die Rollenspielpolizei. Aber ich denke mir eben meinen Teil. Ich habe zwei Gruppen, mit denen ich gern spiele und in denen wir uns einigermaßen einig sind.