Autor Thema: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?  (Gelesen 273 mal)

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Offline Feuersänger

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Die Idee für diesen Thread kam mir eigentlich schon vor ein paar Tagen, ausgehend von der ganzen Welle hier:
DCC Funnel
Rahmenbedingungen von Abenteurergruppen
Abenteurergilden

Da wurde zum Ende hin auch moniert, dass Abenteurer (also SC) oft nicht in die Gesellschaft eingebunden seien oder zumindest (angeblich) sich so verhalten.
Da sollte man vielleicht erstmal fragen: Was denn für eine Gesellschaft? Wie sieht sie aus? Wer hat das Sagen? Welche Schichten gibt es? Wie sehen die internen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen aus?

Beispielsweise:
Gibt es Unfreiheit und wenn ja, in welcher Ausprägung? Leibeigenschaft, Hörigkeit, Sklaverei, Schuldknechtschaft..? Was bedeutet das für den Betroffenen? Wie kommt man da rein und wie wieder raus?

Okay ich muss zugeben, es ist bei mir schon länger her, dass ich offizielle Weltenbände verschlungen und mir jedes Detail gemerkt habe. Ich habe eine vage Erinnerung, dass auf solche Themen in einigen FR-Büchern eingegangen wurde, aber an die konkreten Inhalte kann ich mich nicht erinnern. :/

Ich bin sowohl an Infos über offizielle Settings / Welten interessiert, zB also Forgotten Realms, Golarion, Lorakis, als auch an Homebrews und Heartbreakern. =)
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
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Offline Boba Fett

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Ich finde die Frage nach den Gesellschaftsstrukturen bei der Kritik, dass sich die Spielercharaktere ausserhalb der Gesellschaft befinden, eigentlich irrelevant.
Zunächst einmal, weil die möglichen Gesellschaften in Rollenspielwelten höchst divers sind. Von den klassichen Monarchistischen oder absolutistischen Formen, über Demokratie, Theurgischen, kann es ja unendlich viele andere Formen geben und immer kann die Kritik greifen oder nicht.

Der große Unterschied ist meistens, dass die meisten Menschen seßhaft leben und arbeiten, während „Abenteurer“ nomadisch leben und eben keinen Beruf haben, sondern ihren Lebensunterhalt mit dem Ausüben von (meist rechtschaffener) Gewalt bekommen.

Ich würde insofern eher zwei Dinge Fragen: Wer sorgt normalerweise für Recht und Ordnung? Und Wie gerecht ist die Ordnungsmacht. Vielleicht auch noch: Wie sicher ist das Leben?

Wenn die meisten Wesen einem Beruf nachgehen, seßhaft sind und es staatliche Organe gibt, die Recht und Gesetz durchsetzen, dann sind Charaktere, die nicht seßhaft sind und sich ihren Lebensunterhalt mit Gewaltausübung verdienen eindeutig nicht integrierter Teil des Gesellschaft.
Und da spielt es keine Rolle, ob die Gesellschaft eine Demokratie, eine Monarchie oder eine andere Struktur inne hat.

Es geht viel mehr darum, dass die „Abenteurer“ ein vollkommen anderes Leben führen, andere Bedrüfnisse und Sorgen haben und sich im Notfall vielleicht auch einfach mal „absetzen“ während der normale Bürger eben Alltagssorgen hat und nicht so einfach seinen Heimatort zurückläßt.

Abenteurer sind vielleicht so etwas wie eine „Rockband“, die davon lebt, durch die Lande zu ziehen und mit Musik ihr Geld zu verdienen. Auch die haben andere Sorgen (Instrument ist kaputt…). Auch die entziehen sich vieler Probleme durch weiterziehen und auch die kennen ganz viele Alltagssorgen nicht mehr und haben dafür andere, die den normalen Wesen fremd sind.
Auch die sind vielleicht beliebt, solange ihr Wirken gefällig ist, aber eben auch nicht mehr, wenn sie Probleme bereiten.
Auch die Rockband kann in der Woche in der Kneipe die Nacht zum Tage machen, weil sie nächsten morgen eben nicht früh aufsteht, arbeiten oder die Familie versorgen muss. Auch die Rockband prellt vielleicht die Zeche, wenn die Kasse nicht stimmt und kommt im nächsten Dorf mit leeren Taschen an und hofft, dass sich ihre Eskapaden nicht rumgesprochen haben.
Und all das ist unabhängig vor der Gesellschaftsschicht. Weil die übliche Gesellschaft eben arbeitet und seßhaft ist, während andere ein Nomadenleben führen.

Und genau genommen, ist es diese Entfremdung - keine gemeinsamen Sorgen, unterschiedliche Vorstellung, wie man das Leben führt, unsteter Lebenswandel und keine langen Beziehungen durch nomadisches Umherziehen, die dafür sorgen, dass man nicht Teil der Gesellschaft sein kann.
« Letzte Änderung: Heute um 18:28 von Boba Fett »
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Offline flaschengeist

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Abenteurer sind vielleicht so etwas wie eine „Rockband“, die davon lebt, durch die Lande zu ziehen und mit Musik ihr Geld zu verdienen. Auch die haben andere Sorgen (Instrument ist kaputt…). Auch die entziehen sich vieler Probleme durch weiterziehen und auch die kennen ganz viele Alltagssorgen nicht mehr und haben dafür andere, die den normalen Wesen fremd sind.
Auch die sind vielleicht beliebt, solange ihr Wirken gefällig ist, aber eben auch nicht mehr, wenn sie Probleme bereiten.
Auch die Rockband kann in der Woche in der Kneipe die Nacht zum Tage machen, weil sie nächsten morgen eben nicht früh aufsteht, arbeiten oder die Familie versorgen muss. Auch die Rockband prellt vielleicht die Zeche, wenn die Kasse nicht stimmt und kommt im nächsten Dorf mit leeren Taschen an und hofft, dass sich ihre Eskapaden nicht rumgesprochen haben.
Und all das ist unabhängig vor der Gesellschaftsschicht. Weil die übliche Gesellschaft eben arbeitet und seßhaft ist, während andere ein Nomadenleben führen.

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Ich denke, ich stimme Boba da weitgehend zu...vielleicht mit der einen Einschränkung, daß Abenteurer bei der allgemeinen Bevölkerung gar nicht unbedingt so viel populärer sein müssen als anderes fahrende Volk auch. Immerhin sind gerade sie ja ausgesprochene Leute, die Ärger schon regelrecht suchen (und sei es auch nur, um sich um ihn zu kümmern) und damit leicht in den Ruf geraten können, ihn auch entsprechend anzuziehen und womöglich genau den Leuten aufzuhalsen, in deren Gegend sie sich gerade aufhalten...

Wobei auch das natürlich selbst im schlechtesten Fall nur das allgemeine Verhältnis sein kann, denn individuelle herumziehende Gruppen können durch gute Beziehungen und einen passenden Ruf logischerweise viele Vorurteile zumindest gegen sich selbst "als Ausnahme" außer Kraft setzen. Oder sie auch vollauf bestätigen und verstärken und so einen noch schlechteren Leumund genießen, als es andere Herumtreiber vielleicht schon tun...das liegt zumindest mit an ihnen.

Was die Fantasygesellschaft an sich angeht, kann die aus meiner Sicht in der Tat so gut wie alle Formen annehmen, die wir aus der Geschichte schon kennen, und potentiell gleich noch ein paar rein fiktive (wie z.B. ein irgendwie vermutlich durch Magie entstandenes Schwarmbewußtsein oder ein tatsächlich mal funktionierendes quasi-kommunistisches Utopia), wobei sich einzelne Kulturen dann wieder wenigstens zum Teil drastisch voneinander unterscheiden können. Da gibt's aus meiner Sicht eigentlich keinen definitiv verbindlichen "Standard", egal, wieviele Settingschreiber trotzdem versuchen, ihre Welten ein vages Gefühl von europäischem Mittelalter oder zumindest dem, was sie sich selbst spontan darunter vorstellen, verströmen zu lassen.

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Offline flaschengeist

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Ihr kennt "Kings of the Wyld"?

Ich nicht.
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Offline Eismann

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Ich finde es auch jenseits der Frage nach der Stellung von Charakteren in der Gesellschaft interessant, sich bei der Erschaffung fiktiver Welten über Gesellschaftssysteme Gedanken zu machen. Alleine schon, um eben nicht wieder irgendwo zwischen pseudo-mittelalterlichem Feudalismus und Disneykönigtum zu landen.
Daher aus meiner Praxis:
Die Katzen von DSK sind Anarchisten, die Herrschaft beispielsweise durch Abstammung ablehnen. Sie bilden zwar immer wieder Zweckbündnisse aus, die Anführern folgen, aber nur, wenn die ihren Anhängern ausreichend Versprechungen nach Wohlstand und Ansehen machen und diese dann idealerweise auch einlösen. Ansonsten werden die Anführer ausgetauscht oder die Anhänger wechseln zu anderen Gruppen. Neben diesem Wechselspiel breiten sich aber auch mafiöse Strukturen aus, und auch Familienverbände, meist über die weibliche Verwandtschaftslinie, spielen eine wichtige Rolle.
Die Hunde wiederum lehnen sich etwas einem leicht klischeeartigen Bild der japanischen Edo-Periode an. Loyalität und Ehre werden als besonders wichtig hochgehalten, man folgt jeweils einem Anführer, auch bis in den Tod. Die verschiedenen Anführer geben oft genug nur vordergründig etwas auf das ganze Loyalitätsthema, solange es ihnen nützlich ist. Es ist aber nur ein Mittel zum Zweck, genauso wie Auftragsmorde, Korruption und Betrügereien. Über allem stehen ein religiöser Anführer, der nominell der Chef ist, aber defacto wenig zu melden hat, und dessen militärischer Stellvertreter, der die eigentlichen Fäden zieht.
Die Wüstenfüchse wiederum sind Manchester-Kapitalisten, die gegenüber allen, die nicht zur direkten Familie gehören, keinerlei Skrupel kennen. Bereicherung ist Selbstzweck und religiös überhöhtes Ziel. Ein bisschen wie die Ferengi, nur mit stärkerem Familienbild.
Als Nebenschauplatz gibt es noch eine größere Gruppe an intelligenten Käfern, die Individualisten sind, weil sie mit Kollektiven schlechte Erfahrungen gemacht haben. Als Individualisten ringen sie entsprechend stark mit den Fragen, wie eine Gesellschaft funktioniert, wie Entschlüsse gefasst werden und wie man mit Minderheitsmeinungen umgehen sollte.

Allgemein finde ich Fantasysettings auch deswegen spannend, weil man mal andere Gesellschafssysteme skizzieren und "simulieren" kann.

Offline Aedin Madasohn

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schließe mich dem an

zum Thema:

Aventurien/DSA bildet das über ein Sozialstatussystem mit Punkten ab. Von einem persönlich freien "Herumtreiber von Habenichtse" bis zum verwöhnten horasischen Adligen kann hier skaliert werden.
Sobald man tiefer drin ist im Setting, weiß man, dass das horasische Adelsprädikat im Mittelreicher "etwas" weniger Wert ist als im Lieblichen Feld.
Im stolzen Gareth hat ein "nichtblaublüter" Altstädter (Stichwort Rat der Helden - quasi die Teaparty des Mittelreiches im Kampf gegen Horas-Despotie) ein anderes Standing als im feudalistisch-ritterlichen Weiden.
Das lässt sich dann bei Proben mit plus/minus einrechnen.

ebenso gibt es ganz viel Aventurien-deep-lore dazu.
ein Phexgeweihter auf Schattenmission mag ja einen hohen Sozialstatus als 12G-Geweihter haben, doch praktisch kommt nur der Sozialstatus seiner "Tarnung" zum Tragen.
Im Gegenzug würde eine Praiosgeweihte (12 Götter) mit zusätzlichem Amt "Inquisitorin" und Missionsbrief des Großinquisitors im Mittelreich alles niederwalzen, was an einem Stadttor auch nur eine blöde Frage nach dem geweihten Streitkolben und Recht auf Waffentragen stellt...

magische Orden wie die Grauen Stäbe senden Expeditionen aus, der hesindegeweihte Orden der Draconiter erforscht alte Geheimnisse, die Kaiserin braucht Babysitter...

wer will, kann natürlich auch als zunftloser Zuckerbäcker auf die Walz gehen und sich im nächstbesten Kerker wiederfinden, weil er mit seinem freiharster Löffel in einer zünftigen Zuckerdose erwischt wurde...
was für Galgenvögel er dort wohl antreffen würde  :think:
...und würde das nicht ein Flucht-in-Ketten-Buddy-Movie geben, dem Kerker dann entflohen zu sein...  :think:
...und dann verstecken die sich im nächstbesten Erdstall vor den Bluthunden und... WAIT!!!  ~;D

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Ich nicht.

Ok. Dachte, das wäre hier recht bekannt, weil mir das hier viele Leute bei der Suche nach Lesestoff mal nahegelegt haben.

Kurzfassung:
Der Roman tut genau das mit den Rockbands: Abenteurer schließen sich zu sogenannten Bands zusammen. Die heißen dann auch wie Rockbands und touren durch das Land, um in den Arenen für Geld gegen gefangene Monster zu kämpfen. Eigentlich töten sie die Monster, die aus dem "Wyld" - ein monsterverseuchter, verfluchter, den Kontinent dominierender Urwald - in die Reiche eindringen. Oder sie gehen selbst in den Wyld, um Schätze zu finden. Aber das ist vielen Bands zu gefährlich, die kämpfen lieber vor Publikum gegen die in der Regel vorher verkrüppelten Monster.

Bands werden von drn Leuten gefeiert. Gute Bands sind globale Prominente. Die Bands benehmen sich aber auch öfter mal daneben und sorgen für Ärger.

Das zweite Buch (Blody Rose) beleuchtet das dann zunehmend gesellschaftskritisch...
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Offline Yney

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Da es in Feenlicht den „Beruf“ des Abenteurers nicht in dem Sinne gibt, hat sich neben der Lust an einer konsistenten Welt (so weit das halt geht) auch dadurch die Notwendigkeit ergeben, dass die Welt Struktur besitzt. Denn nur wenn das neben der physischen Konsistenz vorhanden ist, gibt es eine Struktur, die der Begegnung mit den Spielerfiguren (bewusst nicht „Helden“) aushält und sich stimmig anfühlt. Allein daraus erwachsen dann auch Geschichten (natürlich gibt es aber auch genügend Ansätze für Erlebnisse).

Die Figuren haben da also meist ihren Platz in der Gesellschaft wie jede andere Person auch. Sie tendieren natürlich eher dazu, die Welt zu erkunden und herum zu kommen (einen Bäcker jeden Tag beim Brotbacken auszuspielen ist nicht sooo spannend).

Wie Boba Fett es ja formuliert kann da alles vorkommen. Da gibt es ein Matriarchat (kirchlich) an der Westküste, ein Königreich nahe der Berge (so richtig mit:„Ich allein bin hier der Chef!“), ein Reitervolk, die ihren obersten Anführer zwar König nennen, ihn aber wählen und bei schlechter Leistung schlicht samt Holzthron in den Fluss kippen (er überlebt das, aber eine Schmach ist es dennoch), ein Großmagierreich (nein, Magier lassen hier nicht die Erde wackeln, das ist gänzlich unmöglich) mit teilweise demokratischen Strukturen usw. usw.

Und die Abwechslung macht neben anderen Dingen Lust auf Entdeckung zu gehen. Eine meiner liebsten Gruppen formulierte mehrfach: „Ui, gehn wir da hin, da warn wir noch nicht!“

Offline Feuersänger

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Zunächst mal:
Zitat
Ich finde die Frage nach den Gesellschaftsstrukturen bei der Kritik, dass sich die Spielercharaktere ausserhalb der Gesellschaft befinden, eigentlich irrelevant.

Wie kann das eine für das andere irrelevant sein? Wie soll man denn einen SC als Teil oder nicht-Teil der Gesellschaft darstellen, wenn überhaupt nicht erklärt wird, was es für eine Gesellschaft _ist_?

Zitat
Wer sorgt normalerweise für Recht und Ordnung? Und Wie gerecht ist die Ordnungsmacht. Vielleicht auch noch: Wie sicher ist das Leben?

Das sind zweifelsohne legitime Fragen. Da kommt es halt drauf an, ob man eine bestimmte vor-moderne Epoche der Weltgeschichte emulieren will - zB sagen wir mal Spätmittelalter - oder ob man auf Historisierung pfeift und halt gleich vom Start weg sein Fäntel-Ding macht.

Dass wir oft eine viel zu moderne Vorstellung von solchen mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Gesellschaften haben, kam ja schon im anderen Thread auf. "In echt" gab es halt keine Polizei, und auch wenn man das Recht auf seiner Seite hatte, durchsetzen musste man es meistens selber. (Das war ja, soweit ich das verstanden habe, durchaus attraktiv an der Unfreiheit, weil da dein Herr verpflichtet war, dein Recht für dich durchzusetzen ; EDIT: _und_ auch die Mittel dazu hatte.)

Zitat
vielleicht mit der einen Einschränkung, daß Abenteurer bei der allgemeinen Bevölkerung gar nicht unbedingt so viel populärer sein müssen als anderes fahrende Volk auch.

Oh, ihr springt sofort wieder zu dem Thema, wie die Abenteurer in dieser Welt wahrgenommen werden.

Da wäre mal mein erster Eckpunkt: Kleider machen Leute.
Wenn eine Truppe in einem Ort eintrudelt, und der eine trägt eine schimmernde Ritterrüstung mit einem juwelenbesetzten Schwert an der Seit, der andere reich verzierte Roben, alle sind behängt mit kostbarem Schmuck bei dem man die Magie förmlich knistern hört, dann dürfte das auch den Dörflern und ihrer Obrigkeit einigen Respekt einflößen. Das mag auf Level 1 noch alles etwas anders aussehen. Es lascht mich aber wirklich dermaßen an, wenn ungeachtet solcher Kennzeichen jegliche noch so offensichtlich gestandene Abenteurer grundsätzlich als Herumtreiber und Tagediebe behandelt werden.

Zitat
Hatten wir im letzten Jahr nicht auch schon über (DnD-)Gesellschaftszusammensetzung gesprochen, als es um Klerus (Verfügbarkeit von magischer Heilung) und Magiekundige ging?

Ja, da ging es ja u.a. um die Prävalenz von Magiebegabung, und wie langwierig und schwierig es für einen NSC ist, Level zu machen. Also zumindest ich gehe über diesen Winkel an diese Frage heran. IIRC hatten wir damals in dem von dir referenzierten Thread erarbeitet, dass man schon allermindestens einen Ort mit 1000 Einwohnern braucht, um eine Chance auf einen (1) 5.-stufigen Zauberwirker (nach D&D-Maßstäben) zu haben, und das ist dann wahrscheinlich der Priester.

Da kann man wie gesagt auch noch einiges an Überlegungen anstellen: wie gründlich wird nach magiebegabten Kindern gesucht? Welche Konsequenzen hat das für dessen Familie?
Bspw in meinem Homebrew-Setting sieht das - zumindest im zentralen Imperium - ganz klar so aus, dass von den entsprechenden Institutionen sehr eifrig nach geeignetem Nachwuchs gesucht wird, und es den Eltern mit einem Haufen Geld versüßt wird, ihren Spross an eine Akademie, einen Tempel oder dergleichen in die Ausbildung zu geben.

--

Edit 2:
Zitat
Aventurien/DSA bildet das über ein Sozialstatussystem mit Punkten ab.

Das klingt so nach chinesischem Sozialpunktesystem. xD
Ist ja jetzt nicht so, dass da die Stadtwache den Abenteurer anpflaumt "Unter Sozialstatus 3 kommt hier keiner durch. Zeigen Sie mir erstmal Ihren Sozialausweis." Das wäre selbst für DSA zu beamtig.  ;D
Aber klar, so als Abstraktion kann man sowas freilich einbauen. D&D 5E macht sowas ein klein bisschen mit den Hintergründen, wo es aber eben keinen Punktwert gibt sondern je nach HG genau aufgedröselt ist: bist du "Noble", wirst du vermutlich in der Zivilisation generell mit Respekt behandelt (solange man das auch an deinem Verhalten und deiner Kleidung erkennen kann). Bist du "Soldier", hast du bei militärischen Strukturen einen Fuß in der Tür. Und so weiter.
« Letzte Änderung: Heute um 20:08 von Feuersänger »
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Offline flaschengeist

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Da wäre mal mein erster Eckpunkt: Kleider machen Leute.
Wenn eine Truppe in einem Ort eintrudelt, und der eine trägt... [...]

Ich würde erwarten, dass das nur für kulturell ähnliche Formen gilt. Respekt vielleicht, wenn die krassen Teile eben auch als krass erkannt werden. Sonst sind es einfach nur furchteinflößende Fremde.

@Thema: Unfreiheit ist imo in der 0815 Fantasy nicht der Fall. Meistens scheinen mir die Leute generell frei.
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@Thema: Unfreiheit ist imo in der 0815 Fantasy nicht der Fall. Meistens scheinen mir die Leute generell frei.

Den Eindruck habe ich allgemein auch -- von einzelnen speziell gekennzeichneten und daher besonderen "Villain States" mal abgesehen. Stichwort Bornland, Thay...
Da schlägt halt - bei der "alle sind frei und können hingehen wo sie wollen" mal wieder der Wildwest-Stallgeruch durch. Ist ja auch an sich okay. Ist vielleicht auch an sich besser, als wenn man eine Gesellschaft mit Unfreien automatisch als absolute Horrorshow darstellt.

Wie gesagt: wenn man Mittelalter simulieren will -- auch das ist ja nicht verwerflich -- sollte man sich zumindest vergegenwärtigen, woher im europäischen MA diese Strukturen kamen und wie sie gewachsen sind. Und dass es eben ganz eindeutig _nicht_ eine einseitige Beziehung darstellt, bei der der Herr alle Rechte und der Knecht alle Pflichten hat. Das mal "historisch korrekt" dargestellt zu bekommen, wäre vielleicht auch mal ganz reizvoll.
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Offline Aedin Madasohn

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DSA kennt den "Kriegerbrief" für die Absolventen der "Kriegerakademien", welcher dann zum Führen von Zweihänder berechtigt  :korvin:
Schwertgesellen können ebenfalls auf die Gesellenschaft pochen
in Ehren entlassener Soldat der Reichsarmee geht auch,
im Süden von Aventurien stehen Söldner ja zumeist im Dienst von Boronkirche und Granden, da regelt sich das über die Brötchensponsoren.

nur der BergarbeiterVeteranenGladiator mit breitgefächerter Bildung fällt da etwas durchs Raster...ist für den die Knappschaft zuständig?  ~;D

Gildenmagier haben ihre magisch eingebrannten Gildensiegel und Weiße Gilde ist stramm reichstreu, was da ebenfalls viele Türen öffnet.
Graue Gilde ist angesehen und Schwarze Gilde...zumindest gefürchtet  >;D
Druidenzirkel haben etwa in Andergast das Ansehen von Gilden
Elfen und Zwerge haben ihrer Völkerbund-Verträge mit dem Mittelreich
In Aranien sitzen Hexen (Töchter Satuarias) mit in der Regierung

einige Crossover mit Kirchen helfen da ebenfalls, etwa wenn der Hesindeorden "Schwesternschaft der Mada" auch Hexen aufnimmt.

es gibt also schon Möglichkeiten, als angesehenes (zumindest respektiertes) Mitglied der DSA-Gesellschaft(en) auf Abenteuer auszuziehen.

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@Thema: Unfreiheit ist imo in der 0815 Fantasy nicht der Fall. Meistens scheinen mir die Leute generell frei.

Es gibt beim einen oder anderen "klassischen" System zumindest für einige Settings (z.B. ein paar Basis-D&D-Gazetteers oder Midgard 2 scheinbar allgemein für ganz Magira) schon Würfeltabellen, die andeuten, daß Unfreiheit oder zumindest Armut, die dem praktisch gleichkommt, in den dazugehörigen Welten existiert und auch für Spielercharaktere zumindest anfangs relevant sein kann -- wie das nach ein paar Stufen als "Profi-Abenteurer" in der jeweiligen Klasse aussieht, ist natürlich ggf. wieder eine andere Frage, aber eine quasi-jugendliche Statusprägung findet da schon statt und die Implikationen für die Welt als ganzes sind auch da.

Nichtsdestotrotz bilden natürlich auch da die "typischen" SC keinen repräsentativen Querschnitt durch die Gesamtgesellschaft, sondern betonen in erster Linie die sozialen Klassen, die die Mittel und Freiheit zum unbeaufsichtigten Abenteuern einigermaßen plausibel haben können. Oder zumindest ist mir persönlich noch kein Trupp aus 4-6 reinen Sklaven und Leibeigenen untergekommen. :)

Offline Feuersänger

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Würfeltabellen, die andeuten, daß Unfreiheit oder zumindest Armut, die dem praktisch gleichkommt

Das sind ja historisch ganz verschiedene Paar Stiefel.
Du konntest ein freier Bettler sein oder ein qua Definition unfreier Ministerialer.
Klar schwelgten sicherlich die meisten Unfreien nicht im Luxus, aber dass sie generell in bitterer Armut gelebt haben ist halt ein blödes Klischee.
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Hm, da du das Bornland erwähnst: In Aventurien sind auch im Mittelreich die Mehrheit der Leute Leibeigene. Und an Gesellschaften, die genuine Sklaverei betreiben, gibt es einige: Kalifat, Tulamidenlande, Al'Anfa (natürlich!)
Ich würde schon eher sagen, bei DSA sind die Kulturen, in denen es keine Form von Unfreiheit gibt, in der Minderheit.

Ich glaube tatsächlich auch, dass DSA damit unbefangener umgeht, weil es eben kein amerikanisches Spiel ist. Man mache sich bewusst: Sklaverei überhaupt nur als Konzept im Hintergrund zu haben, wurde z.B. Pathfinder zu heikel, so dass Sklaven und Sklaverei einfach nicht mehr vorkommen bzw. nicht mehr erwähnt werden. Und andere Formen der Unfreiheit im Detail auszwälzen, wird man dann eher auch nicht machen, weil das zu sehr an Sklaverei erinnert. Liegt natürlich daran, dass das nicht welthistorisch eingeordnet, sondern einfach durch das Prisma der US-Geschichte die rassistisch basierte Südstaatensklaverei projiziert wird.
« Letzte Änderung: Heute um 21:32 von Skaeg »
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Du konntest ein freier Bettler sein oder ein qua Definition unfreier Ministerialer.
Klar schwelgten sicherlich die meisten Unfreien nicht im Luxus, aber dass sie generell in bitterer Armut gelebt haben ist halt ein blödes Klischee.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: wer arm genug ist oder war, hat(te) von seiner nominellen "Freiheit" bestimmt nicht viel.

Daß es auf der anderen Seite in historischen sklavenhaltenden Gesellschaften insbesondere auf dieser Seite des Atlantiks auch Sklaven gegeben hat, die bei allem "Du bist eigentlich nur persönliches Eigentum von X" geradezu im Luxus schwelgen konnten, tut dem ja keinen Abbruch. (Inwieweit die dann wieder zum Abenteurer taug(t)en, ist wieder eine andere Frage. Theoretisch könnte ein hinreichend großzügiger und hoher Herr, dessen Status auch auf seinen Diener ausstrahlt, diesem die Erlaubnis dazu schon geben -- das schlichte Recht dazu hätte er ja.)