Ich denke, mit Fantasy gelingt es, RL-Probleme zu abstrahieren. Sexismus, Rassismus, Anti-Semitismus etc. legen allen die gleichen Probleme zu Grunde:
1) Vorurteile und Schubladendenken
2) Gruppenbildung ("wir" gegen "sie")
3) Moralische Wertung: anders = schlechter. Das heißt, was anders ist, ist auch automatisch schlechter.
Alle diese Sachen sind den o.g. Problemen inhärent. Egal, ob es nun um Sexismus, Rassismus, Anti-Semitismus oder ähnlichem geht.
Das Problem als Spieler ist nun: Ich habe Schwierigkeiten, mich in einen sexistischen, rassistischen oder anti-semitischen Menschen hineinzuversetzen. Daher gelingt es mir nicht, ihre Beweggründe nachzuvollziehen.
Aber ich kann mich problemlos in einen Menschen hineinversetzen, der Orks hasst, weil sie sein Dorf niedergebrannt haben. Das heißt, durch das Fantasy werden mir die drei Probleme (Vorurteile/Schubladendenken, Gruppenbildung, moralische Wertung) bewusst und ich kann damit auf einer abstrakten Ebene die RL-Probleme aus Täterperspektive nachfühlen.
Wenn man sich nicht nur dafür interessiert, die Täter zu verstehen, sondern auch, zu verstehen, wie sich ein Feindbild entwickelt, ist Fantasy oder SF ebenfalls sehr gut geeignet: Der SL lässt eine unbekannte Spezies auftauchen, die den Spielern feindlich gesinnt ist. Die meisten Spieler übertragen nun die feindliche Aktion vom feindlichen Individuum auf die gesamte Spezies (Schubladendenken). Aus einem feindlichen Individuum wird so ohne größeres Zutun des SLs schnell eine feindliche Spezies (Gruppenbildung: wir gegen sie).
Wenn man dann nach dem Spiel darüber reflektiert, wird einem erst klar, wie anfällig man selber für bestimmte Gedankengänge ist.
Man muss sich halt lösen von dem Wunsch, den konkreten Rassissmus des RL nachspielen zu wollen. Das gelingt in Fantasy nicht. Wenn es jedoch darum geht, die Quintessenz des Rassismus zu destilieren und diese erfahrbar zu machen, dann gelingt es mit Fantasy/SF hervorragend.
Was man sich klarmachen muss: Das was herauskommt, ist nicht der Rassismus des RL. Das was herauskommt, hat aber die gleiche Quintessenz wie der Rassismus des RL.