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« Letzter Beitrag von Feuersänger am Gestern um 16:40 »
Leider hat D-D Fusion mehrere sehr große Haken. Die wichtigsten:
1. ist das Lawson-Criterion nochmal doppelt so hoch wie bei D-3He.
2. entstehen dabei wesentlich mehr Neutronen und mehr Bremsstrahlung, was alles wieder abgeschirmt werden müsste.
Zu letzterem trägt auch noch bei, dass durch D-D auch Tritium erzeugt wird, welches dann bei hinreichender Konfinierung mit Deuterium fusionieren kann, und nochmal mehr Neutronen produziert. Unterm Strich landen hier ca 40% der Energie in Neutronen.
Zur Bremsstrahlung lese ich wiedersprüchliche Angaben, die einen reden von grob 15-20% (was ähnlich wie bei D-3He wäre), andere geben bis zu 50% der Gesamtenergie an, die sich quasi ausschließlich aus der Energieausbeute der geladenen Teilchen speist. Das macht auch iwie Sinn, da das höhere Lawson Kriterium auch höhere Plasmadichten beinhaltet, was der Verursacher von Bremsstrahlung ist. Wenn also das so stimmt, wäre die Gesamtausbeute pro kg Deuterium:
- 10,5TJ nutzbare Energie in geladenen Teilchen
- 34TJ in Neutronen
- 44TJ Bremsstrahlung
Im Vergleich dazu D-3He, pro kg Brennstoff (also 0,6kg 3He und 0,4kg D):
- 264TJ geladene Teilchen (75%)
- 17TJ in Neutronen (5%, aus D-D Nebenreaktionen)
- 70TJ Bremsstrahlung (20%)
--> selbst wenn man die D-D Fusion ans Laufen kriegt - wie gesagt mit doppeltem Aufwand ggü D-3He - frisst sie sich fast komplett selber auf, und mit Glück hat man am Ende 12% Wirkungsgrad. Und da ist die zusätzliche Heizleistung, um die Fusion in Gang zu halten, noch gar nicht abgezogen.
Das könnte für planetare Kraftwerke _vielleicht_ noch irgendwo interessant sein, wo man dann halt die durch Neutronen und Bremsstrahlung erzeugte Wärme wieder auf altmodischem Wege über Wärmekraftmaschinen in Strom umwandeln kann. Aber auch nur dann, wenn man wirklich lieber den ca 33fachen Aufwand gegenüber D-T-Fusion in Kauf nehmen will, nur um sich das Erbrüten von Tritium aus Lithium zu ersparen.
Also für Raumschiffantrieb würde ich das schonmal komplett streichen. Selbst wenn man es mit Open Lattice / Magnetic Bottle schafft, 80% der Verlustleistung kontaktfrei ins All entweichen zu lassen (wovon ich auch bei D-3He ausgehe), bekommt man trotzdem für jedes MW Antriebsleistung ca 2MW Abwärme ins System, die man managen muss. Damit kommt man also nicht besonders schnell vorwärts.
Für Kraftwerke von Raumstationen wäre es vielleicht wieder was anderes. Da käme dann zwar noch die elektrische Konversion dazu, aber hier wären schlechte Wirkungsgrade vielleicht eher tolerierbar, wenn dafür der Brennstoff praktisch kostenlos und überall verfügbar ist. Also kurz gesagt, hier ist das Problem nicht die Brennstoffverfügbarkeit, sondern das Abwärmemanagement.
Aber halt wie gesagt: D-D ist doppelt so schwer zu erreichen wie D-3He und liefert dafür pro Abwärmeeinheit nur ca 4,5% der nutzbaren Leistung. Ich glaube, für diesen gewaltigen Unterschied lohnt sich der Aufwand mit dem 3He-Abbau dann schon. ^^