Autor Thema: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen  (Gelesen 14543 mal)

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eldaen

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Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« am: 5.04.2018 | 08:36 »
Liebe  :t: ies,

Folgende Posts von Greifenklause brachten mich auf die Idee, hier mal zu diskutieren, auf welche Weise ihr bei welchen Gelegenheiten welche Railroading-Elemente konstruktiv einsetzt. Bin gespannt!

Bitte seht in diesem Thread von Kommentaren ab, die nur vermitteln, wie negativ Railroading pauschal ist.

Sobald die Spieler auf dem Schlauch stehen, wird geliefert. Man merkt doch, ob die würfeln wollen, rätseln wollen oder gerne ne Zugfahrkarte gelöst haben wollen, weil sie nicht weiterkommen...

Witzigerweise enthält meine Kampagne auch Sandboxanteile zumindest aber viel Improvisation.
Railroading-Anteile werden plötzlich leichter geschluckt bzw sogar hinundwieder dankend angenommen, wenn im übrigen Bereich die Handlungen der Charaktere eher starken Einfluss auf die Plotentwicklung haben.
Man sollte nur einzwei alternative Plotlösungen bereits im Hinterkopf haben... einfach schon aus dem Grund, dass man dann schon selbst opferbereiter bzgl der Wunschlösung ist und ggü alternativen Lösungsansätzen der Spieler psychologisch schon offener.

Offline Greifenklause

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #1 am: 5.04.2018 | 09:01 »
Mal am eigenen Beispiel:
Meine DSE-Kampagne ->
Joah
1. Tag: MadMax-artig aus nem Bergwerk geflohen
2. Tag: Untertasse gefunden und überlegt, wie man die fit machen kann
3. Tag: Entschieden, den verlassenen Abba-Freizeitpark aufzusuchen und zu plündern zwecks Ufo.... äh Fo-Reparatur, Kontakt mit Mister Chow (Hangover) und Liebelei zwischen ihm und unserem Mutanten.
4. Tag: Eine Verbündete aus der dortigen Gang gefunden, die einem gegen Raider beisteht
5. Tag: Man nimmt Zeitverschiebungen wahr, sucht den Freizeitpark auf, verhandelt mit der dortigen Clownsgang und wird auf eine Zeitmaschine aufmerksam gemacht, auf ein Pflanzenmonster und auf IndianaJones, der im pflanzeninduzierten Tiefschlaf liegt.
6. Tag: In dessen Traumwelt eingedrungen und "Raiders of the lost Arc" angespielt
7. Tag: Über die Zeitmaschine aufgeklärt, in das Berlin der 1990er gereist, um Zeitmanipulationen festzustellen und zu verhindern.
8.-9. Tag: Mit einem Stasioffizier aus der Zukunft, dessen jüngeres Ich gerettet, indem man den mit diesem zusammen an einer Zeitmaschine forschenden Dr. Blofeld (aus der Vergangenheit) erledigt. Heilloses Chaos, ein Reptilianer aus dem Kreidezeitalter taucht auf und bittet um Hilfe
10. Tag: Ende des Kreidezeitalters wird die Welt durch Außerirdische zerstört, die reptilianische Zeit- und Genmanipulatoren aus der Zukunft auslöschen müssen. Man hilft netten Reptilianern gegen böse Reptilianer, zerstört deren Kult und die Zeitmaschine und benutzt vorher selbige, um wieder nach 1990 zu kommen. UUps, die Stasi war nicht untätig: Meine Herren willkommen in der DDR-Dystopie!

ZACKZACKZACK

Zu 1. Tag: Stark gerailroadet: Den Spielern 1-2 war klar, dass sie aus dem Bergwerk entkommen sollten und Spieler 3, dass er sie befreien sollte.
Sobald dies gelang, kurz "Sandbox": "Wollt ihr euch in die 'Große Stadt' schmuggeln? Oder lieber in der Wildnis euer Glück versuchen?"
Anschließend "All Roads to Rome": Ihr solltet das Gebiet eures Herrschers verlassen. Am Besten erstmal ins Hoheitsgebiet anderer Raider flüchten! Osten klingt gut, da im Norden die befeindete Gang auch nicht besonders freundlich ist. Nehmt ihr den Highway oder die Wildnis? Wollt ihr jemanden überfallen und euch n Fahrzeug klauen oder lieber still und heimlich und langsam?"

Zu 2.Tag: Der Plot mit Mr. Chow war vorbereitet, wie sie ihn verwenden, war aber komplett offen. Von einer netten Zufallsbegegnung bis "Wir rauben seine Limousine" wäre alles drin gewesen. Dass sich der Mutant prostituiert, damit habe ich trotz meines obszönen Scherzes ("Ich gebe euch 200 Shots mehr, wenn ich mit dem Dicken in die Büsche verschwinden kann!") überhaupt nicht gerechnet.
Der Fund des FO's war "von Spielerseite gerailroadet": Einer der Spieler hatte beim Stufenaufstieg die Klasse Pilot gewählt und sich für eine Untertasse entschieden, was ihm klassenmäßig zustand.

Zu 3. Tag: Allerdings war das Ding stufenmäßig zu mächtig, deshalb waren umfangreiche Ersatzteile vonnöten. Zur Beschaffung gab es drei Ansätze: Auf einer Kirmes einen Backautomaten mit KI erwerben; in einer weiteren Stadt Ersatzteile beschaffen; den Abba-Freizeitpark plündern. Eher Sandbox

Zu 4. Tag: Railroad, da ein neuer Charakter eingeführt wurde als Verbündeter
Zu 5. Tag: Railroad, Indiana Jones zu befreien war Grundbedingung für die Gewähr von Ersatzteilen
Zu 6. Tag: Jeder kennt den Film. Allerdings ging die Anfangsszene durchaus anders aus als im Film, ergo eher "Railroad mit der Option auf Sandburgen"
Zu 7. Tag: Sandbox: Sich ums Fo kümmern oder Indiana Jones helfen? Falls letzteres: 1959 Süddeutschland? 1990 Ostdeutschland? Oder im hier und jetzt (2100) zeitgestrandeten Nazis "Der Gerät" klauen?
Zu 8.Tag: Eher Sandbox: Einfach mal Berlin kennenlernen und hoffen nichts falsch zu machen.... sie wurden innerhalb kürzester Zeit wegen Mordes an einer Nazigang von selbigen und der Polizei gesucht...
Zu 9. Tag: Was der Auftrag war, war klar: Verhindern, dass Dr. Blofeld die Zeitmaschine benutzt und in Zukunft die Welt beherrscht. Aber wie sie wiederum mit dem zeitreisenden Stasioffizier zusammenarbeiten, war offen.
Dem Reptilianer zu helfen, war ein Plot Angebot, sie hätten in 1990 auch bleiben können.
Zu 10. Tag: Sehr hohe RailroadAnteile

Für den 11. Tag "Flucht aus dem Stasi-Geheimgefängnis" habe ich verschiedene Optionen und die Spieler auch (teilweise aufgrund von Klassenfähigkeiten). Ob sie anschließend die "DDR-Dystopie" durch eine erneute Zeitreise verhindern oder wieder nach 2100 zurückreisen, das Fo fertig machen und endlich in den Weltraum aufbrechen, bleibt ihnen überlassen.
Also anfängliches "All Roads to Rome" mit Sandboxelementen und Plotangeboten
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Offline Greifenklause

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #2 am: 5.04.2018 | 09:12 »
Railroad darf nie Selbstzweck sein. Aber als Hilfsmittel ist es zulässig. Es kann dem SL die Arbeit erleichtern. Es kann auch Spielern die Last abnehmen. Bei längeren Abenteuern oder gar Kampagnen, würde ich aber davon abraten, es für den Hauptstrang nur anzuwenden.
Da empfehle ich eher eine
-- Sandbox
-- Sandbox mit Bahnhöfen und Schienen
-- Railroading mit Sandburgenbau
-- (Neben-)Plotangebote

Am Besten funktionieren in meinen Augen Mischungen und ungezwungene Stilwechsel.
Reines Railroading funktioniert in meinen Augen nur dann, wenn die Spieler Spaß dran haben, dass der SL im Grunde nur erzählt und dieser das aufgrund seines Talents oder der Tagesform auch spannend hinbekommt.
Je länger, desto schwieriger wird das zwangsläufig. Und auch wenn ich viele Spieler kenne, die gerne sich mal zurücklehnen, zuhören und sinnlos würfeln, gilt das selten für einen ganzen Spielabend.
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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #3 am: 5.04.2018 | 09:13 »
Ich habe gute Erfahrungen als Spieler sowie als SL mit folgender Prämisse gemacht:
Railroading kann als Werkzeug dienlich sein, wenn das zugrunde liegende Problem (volgo: der Plot) nicht von den Spielern im Rahmen eines freien, durch SC-Motivation getriebenen Spiel erzeugt wird sondern durch die SL selbst vorgegeben sein soll. Wichtig ist, dass ab einem Zeitpunkt die Spieler frei mit der Probleme interagieren und ab da der Ausgang offen ist.

Gründe, das so zu machen gibt es einige:

  • Zeitmangel (zur Vorbereitung einer Sandbox zBsp)
  • Fehlende Motivationen der SCs (Oneshot, fehlende Inspiration, Unsicherheit o.ä.)
  • das Bedürfnis, eine Idee zu präsentieren und die Neugier darauf, wie die Spieler damit umgehen
  • Angst/Unsicherheit vor zu viel Freiheit / Improvisation bei SL
  • Und natürlich: Bequemlichkeit

Ich sehe ein, dass mit der notwendigen Routine und Werkeugen ein völlig improvisiertes Spiel all das liefern kann, was ich mit einem "angerailrodeten" Plot machen kann. Indes, es hat sich bei mir gezeigt sich das bei einer gewissen beruflichen Einbindung mit viel Kopfarbeit und Stress meine geistige Leistungsfähigkeit in der Woche irgendwann nur noch ein gewisses Level bieten kann.
Und dann fällt es einfacher, immer mal zwischendurch ein paar Notizen zu sammeln und daraus einen "Plot" zu stricken. Da ich ab einem Punkt wieder alles offen lasse, muss ich mir um die Auflösung auch keine Gedanken machen und bin daher offen für alle Lösungen der Spieler.

Konkrete Beispiele kann ich jetzt nicht liefern, aber ich leite eine lockerer Three-Shot-Runde, wo wir Settings und Systeme so nach 2-3 Spielabenden wechseln. Da dient mir meine Form des Railrodings zum einen der Zeitplanung, aber auch um das Spielgefühl, den Flair des Settings über ein "typisches" Problem der Spielwelt abzubilden.
Meine Befürchtung ist, dass bei völlig freiem Spiel (a) wir uns in aufgemachten Plothooks verzetteln und entweder vorzeitig abbrechen müssten oder ggf. lange nicht zum Wechseln zu kommen und (b) der leichteren Zugänglichkeit für Spieler. Denn oft fällt es gerade unerfahreneren Spielern (= zwei von den ings. drei Spielern) schwierig, SC-Motivationen in neuen Settings zu erstellen.
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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #4 am: 5.04.2018 | 09:14 »
Bevor jetzt wieder die grosse Begriffsschlacht losgeht, weil jeder Railroading unterschiedlich defininiert oder den Begriff unterschiedlich verwendet.

Ich benutze hier fuer meine Posts, mal den neutralen Ausdruck : "Spielleiter Hilfe." Oder SLH
Dass man Spielern, die mit einem Raetsel oder Problem nicht weiterkommen, Tips gibt oder hilft, ist fuer mich absolut kein RR.
Es ist fuer mich kein RR den Spielern bei Stagnationen im Spiel zu helfen. Das ist als Spielleiter doch mein Job.

Im Prinzip geht es darum den Spielfluss fuer die Spieler am Laufen zu halten. Und ihnen zu helfen, wenn sie lange auf dem Schlauch stehen.
Auch hat man als SL idR. den Spannungsaufbau im Blick. Wenn die Spieler nicht weiterkommen und sich womoeglich dazu noch in eine Ecke der Langeweile manoevriert haben, gibt es fuer den SL Moeglichkeiten diese Forum von Langeweile durch bestimmte Ereignisse zu durchbrechen.
Zum Beispiel durch Zufalls-Begegnungen oder -Ereignisse.

Den Spielfluss im Blick zu haben ist fuer mich kein RR.
Ich sorge als SL hier nur dafuer dass es ueberhaupt weitergeht.
Ich sage den Spielern dabei nicht, wo sie am Ende ihrer Reise stehen werden.


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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #5 am: 5.04.2018 | 09:22 »
Es hängt doch davon ab, wie ich es meine:

Als Werkzeug auf der Mikroebene, also von Szene zu Szene hier und da, um eben stockende Handlung zum Laufen, Information rüber oder Spielergrüppchen wieder zusammen zu bringen? Klar, das ist tägliches Brot beim Spielleiten.

Als Spielstil auf der Makroebene, der alles überspannt? Da sind wir an der Stelle, an der die Leute zu mosern beginnen. Manchmal. Vom Rollenspieltouristen, der einfach mal wichtigen NSC bei der Arbeit zuschauen will, bis zum Action-Spiel, in dem einfach viel Handlung in kurzer Zeit mit wenig “Blabla“ dazwischen passieren soll, hat das auch Vorteile gegenüber anderen Varianten.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #6 am: 5.04.2018 | 09:23 »
Ich habe den Eindruck, dass der Begriff Railroading hier massiv ausgehöhlt wird.

Railroading meint die Entwertung von Spielerentscheidungen.*

Was hier teilweise als Beispiel genannt wird, sind eher Mittel aus Scene Framing bzw. cutting und Pacing. Es gibt zwar fließende Übergänge, aber im Kern ist Railroading nun mal etwas anderes.


* Beispiel:
Es ist egal, ob die Spieler den linken oder rechten Gang nehmen, sie werden immer dem Schoßhündchen vom Obermotz begegnen.
Es ist egal, wie viele Ressourcen die Spieler opfern, Borbarad wird trotzdem zurück kehren.
Die ganze Gruppe begeht kollektiven Selbstmord? Kein Problem, dann wird die damsel in distress halt durch einen anderen befreit.
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 09:24 von Hotzenplot »
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Offline Greifenklause

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #7 am: 5.04.2018 | 09:25 »
Ich stimme dir zu, Issi, dass nicht jede SL-Hilfe gleich RR ist.
Auch bei einem unzufällig zufällig auftauchenden Informanten, der den Spielern hilft (denn um die geht es in dem Moment ja, weniger um die SC), würde ich noch nicht zwingend von RR sprechen.
Aber wenn ein kompletter Handlungsstrang von SL "heruntererzählt" wird und/oder die Spieler sich an einem offenkundigen klaren Plotstrang "entlangarbeiten", dann schon.

Der moralische Faktor, wenn man den einen sehen will, setzt hier an:
Ebenso wie wenn die Spieler da keinen Bock drauf haben, ich den Zug mal anhalten sollte oder gar den nächsten Bahnhof abreißen sollte und die Spieler aussteigen dürfen sollten und sich in der Sandbox austoben sollten oder wenn mir das nicht möglich ist, ich zumindest einen alternativen Bahnhof anbieten sollte...

...sollte ich im umgekehrten Fall, wenn sich die Spieler in der Sandbox nicht (mehr) wohlfühlen oder bei "Finde den Plot" ratlos sind, einfach mal stumpf vor ihren Augen Schienen verlegen und ihnen noch beim Einsteigen in den Zug helfen.

Im Grunde geht es darum eine Nachfrage zu befriedigen und die Spieler nicht zum Konsum von Gütern (hier Stilmittel) zu zwingen, die sie nicht oder auch nur nicht mehr interessieren.
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Offline Greifenklause

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #8 am: 5.04.2018 | 09:31 »
Echt jetzt? Schon wieder?
Ich habe den Eindruck, dass der Begriff Railroading hier massiv ausgehöhlt wird.

Railroading meint die Entwertung von Spielerentscheidungen.*

Was hier teilweise als Beispiel genannt wird, sind eher Mittel aus Scene Framing bzw. cutting und Pacing. Es gibt zwar fließende Übergänge, aber im Kern ist Railroading nun mal etwas anderes.


* Beispiel:
Es ist egal, ob die Spieler den linken oder rechten Gang nehmen, sie werden immer dem Schoßhündchen vom Obermotz begegnen. [1]
Es ist egal, wie viele Ressourcen die Spieler opfern, Borbarad wird trotzdem zurück kehren. [2]
Die ganze Gruppe begeht kollektiven Selbstmord? Kein Problem, dann wird die damsel in distress halt durch einen anderen befreit.[3]

Den Vorwurf der Aushöhlung kann ich echt nicht mehr hören!
Der Begriff wird nun mal unterschiedlich verwendet. Und bei einem so bildlichen Wort ist es auch legitim, es bildlich zu verwenden, statt in einer strengen engen Auslegung.
Aber ich geh mal auf deine Beispiele ein:
Bei 3 stimme ich dir vorbehaltlos zu: Ganz böses Railroading.
Bei 2 stimme ich dir grundsätzlich zu: In meinen Augen ungeschicktes Railroading. Spielerentscheidungen der Dramaturgie willen zu entwerten funktioniert aus meiner Sicht bei sehr langen Kampagnen einfach nicht. Da wird soviel entwertet, dass die Dramaturgie (aus Spielersicht!) schon irrrrrrsinnig gut sein muss, um das auszugleichen.
Bei 1 kenne ich hingegen viele Spieler, die damit kein Problem haben, sei es, weil
a) es ihnen reicht, wenn die Illusion im Minimum aufrechterhalten wird
b) sie gerade wollen, dass es "weiter geht"
c) sie wollen, dass sie recht haben mit der Entscheidung links zu gehen "und da findet sich hoffentlich der Schatz/Endgegner/Ausgang"
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 09:33 von Greifenklause »
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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #9 am: 5.04.2018 | 09:33 »
Ich habe den Eindruck, dass der Begriff Railroading hier massiv ausgehöhlt wird.

Railroading meint die Entwertung von Spielerentscheidungen.*

Was hier teilweise als Beispiel genannt wird, sind eher Mittel aus Scene Framing bzw. cutting und Pacing. Es gibt zwar fließende Übergänge, aber im Kern ist Railroading nun mal etwas anderes.

Puuh... da gab es doch mal die versuchte Abgrenzung zu "Illusionismus" oder? Aber ja, sinnvoll wäre zumindest im Ausgangsbeitrag eine der (gefühlt) vielen Abstufungen von Railroading zu definieren, um die es hier gehen soll.
Ich bin mir zumindest sehr sicher, dass meine Art zu Leiten von Seiten gewisser... Lager... mindestens als "unredlich" tituliert würde  ::)
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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #10 am: 5.04.2018 | 09:35 »
Ich stimme dir zu, Issi, dass nicht jede SL-Hilfe gleich RR ist.
Auch bei einem unzufällig zufällig auftauchenden Informanten, der den Spielern hilft (denn um die geht es in dem Moment ja, weniger um die SC), würde ich noch nicht zwingend von RR sprechen.
Aber wenn ein kompletter Handlungsstrang von SL "heruntererzählt" wird und/oder die Spieler sich an einem offenkundigen klaren Plotstrang "entlangarbeiten", dann schon
Moment.
Jetzt haben wir schon den naechsten Begriff, den ich anders verwende. Ein "Plot" ist nur die Aufgabe, die die Helden zu bewaeltigen haben. (Ein Handlungs-Geruest)"Ob"die Helden das schaffen und "wie", ist dabei nicht zwingend vorher festgelegt.
Ist "ob"die Helden das schaffen, und vorallem "wie" die Helden das schaffen, schon vorher genau bestimmt(Ohne Alternativen ), dann koennen wir anfangen ueber Railroading im Plot zu sprechen.
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 09:40 von Issi »

Offline Der Tod

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #11 am: 5.04.2018 | 09:35 »
Ich stimme Hotzenplot zu. "Linearität" oder "scene framing" ist noch lange kein Railroading.

A: Okay, in dieser Szene geht es darum, dass ihr versucht, in den Hauptcomputer einzubrechen, wie besprochen. Legt los.
gegenüber
B: Nein, du nimmst das Angebot des Grafen jetzt an, weil sonst geht das Abenteuer nicht so weiter, wie es soll.

Ich reagiere immer etwas sensibel auf den raschen RR-Vorwurf, weil sich damit 1. schnell eigentlich legitime und interessante Alternativen zum "Anything goes-Endlosspiel-Vorwärtsbeschreiben" abbügeln lassen, und 2. wir scheinbar vergessen, wie furchtbar wirklich railroady manche älteren (und jüngeren?) Abenteuer waren ...
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 10:16 von Der Tod »

Offline Rhylthar

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #12 am: 5.04.2018 | 09:36 »


Bin ja ab gleich erstmal bis Sonntag weg, aber ich werde mal reingucken.

Edit:
Zitat
und 2. wir scheinbar vergessen, wie furchtbar wirklich railroady manche älteren (und jüngeren?) Abenteuer waren ...
Und "furchtbar" ist eben subjektives Empfinden. Womit wir wieder bei 1of3s Definition sind, dass es eigentlich kein Railroading gibt, sondern nur das Gefühl des "Gerailroadetwerden" (Neu im Tanelorn: Wir erfinden Wörter!).
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 09:38 von Rhylthar »
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Hotzenplot

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #13 am: 5.04.2018 | 09:44 »
Echt jetzt? Schon wieder?
Ja.  >;D

Den Vorwurf der Aushöhlung kann ich echt nicht mehr hören!
Der Begriff wird nun mal unterschiedlich verwendet. Und bei einem so bildlichen Wort ist es auch legitim, es bildlich zu verwenden, statt in einer strengen engen Auslegung.
Aber ich geh mal auf deine Beispiele ein:
Bei 3 stimme ich dir vorbehaltlos zu: Ganz böses Railroading.
Bei 2 stimme ich dir grundsätzlich zu: In meinen Augen ungeschicktes Railroading. Spielerentscheidungen der Dramaturgie willen zu entwerten funktioniert aus meiner Sicht bei sehr langen Kampagnen einfach nicht. Da wird soviel entwertet, dass die Dramaturgie (aus Spielersicht!) schon irrrrrrsinnig gut sein muss, um das auszugleichen.
Bei 1 kenne ich hingegen viele Spieler, die damit kein Problem haben, sei es, weil
a) es ihnen reicht, wenn die Illusion im Minimum aufrechterhalten wird
b) sie gerade wollen, dass es "weiter geht"
c) sie wollen, dass sie recht haben mit der Entscheidung links zu gehen "und da findet sich hoffentlich der Schatz/Endgegner/Ausgang"
Naja, "Vorwurf" ist relativ.

Bitte bedenke, dass ich nicht gewertet habe, ob (eurer Definition oder meiner nach) Railroading nun schlecht oder gut ist. Will ich auch gar nicht. Deshalb gehen m. E. deine Bewertungen meiner Beispiele auch ins leere. Die Beispiele sollen nicht zeigen, ob etwas gut oder schlecht ist, sondern nur, ob es railroading ist oder nicht. Es spielt meiner Meinung nach deshalb auch keine Rolle, ob es sich um eine Kampagne handelt mit oder ohne Dramaturgie. Völlig egal für die Betrachtung der meiner Meinung nach halbwegs gängigen Definition. Es spielt auch keine Rolle, ob die Spieler bei Beispiel 3 ein Problem haben oder nicht.
Wichtig ist nur: Die Entscheidung, die du als Spieler getroffen hast, wird entwertet. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht ist das etwas, dass allen Spaß macht, vielleicht auch nicht. Vielleicht ist es dramaturgisch sinnvoll, vielleicht auch nicht. Es ist aber railroading.

Die Diskussion um Railroading wurde ja nun auch oft genug geführt und soweit ich das in Erinnerung habe, hat man sich wenigstens darauf geeinigt, festzustellen, dass Railroading zunächst einmal weder "gut" noch "böse" ist. Es ist einfach ein Werkzeug oder ein Mittel.
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Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

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« Antwort #14 am: 5.04.2018 | 09:47 »
"Linearität" und "Railroading" sind für mich nahezu redundant. Dazu ist der letzte Begriff zu bildlich.
Oder andersrum ausgedrückt: Bei intuitiver Herangehensweise an den Begriff "Railroading" drängt sich auf, dass er zuerst als "linear" zu verstehen ist. Nebenbedeutungen wie "Entwertung von Spielerentscheidungen" drängen sich eben nicht auf, sind aber beim Bild einer Kabine einer Eisenbahn denkbar.

oder anders: Wenn es euch zu allererst um "Entwertung von Spielerentscheidungen" geht, dann hängt den Begriff "Railroading" an den Haken und verwendet einen intuitiv passenderen. Wie wäre es mit "am Nasenring ziehen"?

Ich meine das durchaus ernst: Mich regt es schlichtweg auf, dass hier unintuitiv verwendete Begriffe stets wieder zum ewig gleichen Streit führen.
Sprache entwickelt sich. Sollte man mal von beiden Seiten akzeptieren.

In den meisten Fällen ist doch klar, WIE der Poster die Begriffe meint. Spätestens, wenn er genaue Beispiele liefert, ist das doch klar.
Dann gibt es halt "Railroading nach Hotze" und "Railroading nach Greifenklause", ist dann halt so.

PS: Auf Hotzes jüngeren Post gehe ich gleich erst ein.

EDIT:
...
Bitte bedenke, dass ich nicht gewertet habe, ob (eurer Definition oder meiner nach) Railroading nun schlecht oder gut ist. Will ich auch gar nicht. Deshalb gehen m. E. deine Bewertungen meiner Beispiele auch ins leere. Die Beispiele sollen nicht zeigen, ob etwas gut oder schlecht ist, sondern nur, ob es railroading ist oder nicht. Es spielt meiner Meinung nach deshalb auch keine Rolle, ob es sich um eine Kampagne handelt mit oder ohne Dramaturgie. Völlig egal für die Betrachtung der meiner Meinung nach halbwegs gängigen Definition. Es spielt auch keine Rolle, ob die Spieler bei Beispiel 3 ein Problem haben oder nicht.
Wichtig ist nur: Die Entscheidung, die du als Spieler getroffen hast, wird entwertet. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht ist das etwas, dass allen Spaß macht, vielleicht auch nicht. Vielleicht ist es dramaturgisch sinnvoll, vielleicht auch nicht. Es ist aber railroading.

Die Diskussion um Railroading wurde ja nun auch oft genug geführt und soweit ich das in Erinnerung habe, hat man sich wenigstens darauf geeinigt, festzustellen, dass Railroading zunächst einmal weder "gut" noch "böse" ist. Es ist einfach ein Werkzeug oder ein Mittel.
Danke für die Klarstellung. Ich hatte dich wertend verstanden, verzeih.
Damit kann ich gut leben!
Bleiben wir dabei: "Railroading nach Hotze" finde ich zu eng. Und du meine Verwendung des Begriffs wahrscheinlich zu breit.
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 09:50 von Greifenklause »
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Offline Issi

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #15 am: 5.04.2018 | 09:55 »
@
Greifenklause
Die Entwertung der Spielerentscheidungen wuerde dann beginnen, sobald die Spieler versuchen, die vorgegebene Linie zu verlassen. Solange sie auf der vorgegebenen Linie bleiben, werden keine Spielerentscheidungen entwertet.
Es kann aber auch sein, dass es keine Vorgegebene Linie gibt, und der SL einfach nur will, dass das passiert, was er gerade selbst am Coolsten findet. Ganz spontan sozusagen.
Und das waere auch RR.  (Nach Forge- falls es die Spieler auch so empfinden )

Edit. Im Endeffekt -gibt es beim RR keine freien Spielerentscheidungen mehr, was passieren soll ist bereits vorbestimmt.
(Wenn die Spieler sich in ihren Entscheidungen dennoch frei fuehlen, bzw. den Betrug nicht bemerken, werden sie es idR. jedoch nicht als RR empfinden. )

Edit 2. Vielleicht geht es beim "Spieler wieder auf Kurs bringen" eher darum die Helden wieder ins Boot zu setzen, wo zufaellig "Abenteuer" draufsteht.
Irgendwo in der Ferne ist eine grosse Insel zu sehen, auf der, falls die Helden sie erreichen, ein Schatz voller Gold und XP auf sie wartet. Das Steuer aber haben die Helden selbst in der Hand.
(Um mal weg von Sand und Schienen zu kommen)

Koennen wir uns vielleicht auf :"Wie bringt man Spieler wieder auf Abenteuer Kurs ?" einigen. Das ist mMn. halbwegs neutral.
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 10:26 von Issi »

Offline BobMorane

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #16 am: 5.04.2018 | 09:58 »
Und ich glaube es ging dem HEXer nicht um Entwertungen von Spielerentscheidungen, sondern das Spieler in den Zug gesetzt werden und

a) Dinge passieren auf die sie keinen bis wenig Einfluss haben

oder

b) das Ab von ihnen erwartet, sich an einen Handlungsstrang entlang zu hangeln.

Offline Scimi

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #17 am: 5.04.2018 | 10:14 »
"Linearität" und "Railroading" sind für mich nahezu redundant. Dazu ist der letzte Begriff zu bildlich.
Oder andersrum ausgedrückt: Bei intuitiver Herangehensweise an den Begriff "Railroading" drängt sich auf, dass er zuerst als "linear" zu verstehen ist. Nebenbedeutungen wie "Entwertung von Spielerentscheidungen" drängen sich eben nicht auf, sind aber beim Bild einer Kabine einer Eisenbahn denkbar.

Intuitiv verstehe ich den Begriff so, dass bei einer Eisenbahnfahrt schon im Vorhinein durch einen Fahrplan entschieden ist, welche Strecke genommen wird, wo gehalten wird und wann. In Abgrenzung zu einer Autofahrt/einem Spaziergang, wo ich an jeder Abzweigung einen beliebigen Weg nehmen kann, die Geschwindigkeit selbst bestimme und an jeder Stelle anhalten oder weitergehen/-fahren kann.

Das ist mehr als linear, das bedeutet, dass bei der Zugfahrt egal ist, was ich mache oder ob ich die ganze Zeit verschlafe. Das einzige, was ich tun kann, um der Fahrt meinen persönlichen Stempel aufzudrücken ist, den Fahrplan zu stören oder den Zug zum Entgleisen zu bringen.

Und das Problem am Zugfahren ist nicht, dass man zuverlässig von A nach B kommt oder auf dem Weg interessante Orte sieht und besucht. Das Problem ist, wenn man das in aller Länge auswalzt und verlangt, da genauso aufmerksam, wach und konzentriert zu sein, als wenn ich die Reise am Steuer eines Wagens machen.

Offline felixs

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #18 am: 5.04.2018 | 10:25 »
Ich finde es ganz leicht, "Railroading" (wie ich es verstehen würde) konstruktiv einzusetzen.

Wenn es einen Plot gibt, dann gibt es, falls die Spieler etwas machen, was den Plot sprengen würde, ein kurzes Gespräch. Ich sage dann etwa: "Ihr könnt das machen, aber dann funktioniert das, was ich vorbereitet habe, nicht. Falls ihr das Abenteuer weiterspielen wollt, macht bitte das und das. Wenn euch das nicht passt, bitte ich um andere Vorschläge." Und dann sieht man weiter. Wenn sich herausstellt, dass die Spieler gern etwas anderes machen wollen, als den vorgesehen Handlungsstrang, versuche ich, das anzupassen. Wenn sich das häuft, schlage ich vor, dass jemand anderes leiten kann.

Beispiel aus der Praxis: Wir spielen gerade in der Midgard-Gruppe ein Abenteuer, wo es zu einer Situation kam, in der ich mir genau das gewünscht hätte. Die Ereignisse waren so, dass ziemlich klar war, dass ein bestimmtes Ergebnis vorgesehen ist. Die Alternativen waren zumindest teilweise Auslöschung der Gruppe (nicht vorgesehen) oder eine Rettungsaktion (wäre meine präferierte Option gewesen und fand ich auch für die Spielfiguren am passendesten, war aber auch nicht vorgesehen). Eine weitere Option wäre gewesen, die Gruppe dauerhaft zu trennen - das wären dann zwei voneinander räumlich durch hunderte km getrennte Handlungsstränge von längerer Dauer geworden, also nicht praktikabel. Ich hätte mir gewünscht, dass der SL sagt, was der erwartete Ausgang ist und was passieren muss, damit das Abenteuer weitergehen kann. Dann kann man das irgendwie so drehen, dass es konsistent ist und alle zufrieden sind.

Jedenfalls sollte klar sein, dass ein Plot nur funktioniert, wenn alle wollen, dass er funktioniert; und dann bereit sind, entsprechend zu agieren.

Also: Konstruktives Railroading ist offenes Railroading.
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Offline Greifenklause

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #19 am: 5.04.2018 | 10:52 »
@ Scimi
Sehr schöne Bildsprache. Da kommen wir zusammen.

@ felixs
Gutes Beispiel für konstruktiven Einsatz

@ All
Umgekehrt gilt das ja auch:
Bei ner "Plotwahl" ist das manchmal auch wichtig. Manchmal vermuten da die Spieler Railroading oder Linearität, tatsächlich ist der Plot aber optional und muss gar nicht zwingend angespielt werden. Da hilft es manchmal, kurz auf die Optionalität hinzuweisen, damit die Spieler nicht nur des SLs oder des Abenteuers wegen einen in ihren Augen unpassenden Plot anspielen.
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Offline Boba Fett

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #20 am: 5.04.2018 | 11:04 »
Ich setze die Spieler nicht in den Zug, weil ich ergebnisoffene Spiele mag. Ich möchte mich ja selbst überaschen lassen können...
Ich setze bei Abenteuern teilweise "Hinweisschilder", wo die offensichtliche Storyentwicklung hingehen könnte.
Ob und wie die Spieler das dann nutzen, ist ihre Sache.
Und meistens gibt es dann nicht den einen Plot zu dem einen Ziel, sondern mehrere, die sich verzweigen, zu unterschiedlichen Zielen führen können,
aber auch wieder zusammenführen können.

Beispiel:
Dienstag spielten wir Coriolis und die Spielerfiguren suchen eine Kundschafterin, die etwas entdeckt haben soll, aber vermißt wird.
Die letzte Nachricht war ein "Fax" von Algol (anderer Planet, anderes Sternsystem).
Dort angekommen, haben die Charaktere erstmal den Basar aufgesucht, dort aber nur gestöbert. Danach ging es in die Cantina.
Dort wurde mal nachgefragt, ob die Besitzerin wüsste, wo man eine Kundschafterin anheuern könnte, oder ob sie selbst eine wüsste.
Die Antwort war, dass vor einiger Zeit eine Frau nachgefragt hatte (Name und Beschreibung passten), die aber länger nicht mehr da war.
Als Kontaktadresse war ein bestimmtes Hotel angegeben. (das war der offensichtliche Hinweis - da kann es langgehen, fragt beim Hotel nach)
Aber sie hat bestimmt auch in einer Pilgerobhut nach einem Job gefragt und bei der Free League - das waren weitere Wege (die auch zu anderen Ergebnissen geführt hätten).
Im Hotel wurde der Nachfragende dann von der Polizei verhört und es kam raus, dass die Kundschafterin im Gefängnis sitzt, wegen Drogenschmuggel.
(offensichtlicher Hinweis: Gehe in das Gefängnis, gehe nicht über los, besuche eine Gefangene...)
Aber es gab noch weitere Möglichkeiten aus der Situation heraus - Zimmer untersuchen, Kontakt mit der Mafia bekommen, ...
...
Bei der Free League hätte sich ein Mitarbeiter des Erzfeindes der Gruppe eingemischt und bei den Pilgern wäre noch was anderes herausgekommen...
Und dann gibt es noch die Mafia, die sich irgendwann an die Gruppe gewandt hätte, weil sie Fragen stellen, über jemandem, die ihre Drogen versteckt und sich verhaften lassen hat...
...
Hätte die Gruppe etwas ganz anderes unvorhergesehenes gemacht (Bulletin untersuchen), dann wäre noch etwas ganz anderes herausgekommen, dem man auch hätte nachgehen können.

Wäre die Gruppe abgeflogen, weil ihnen die Sache zu heiß wird, wäre das eben das Ende des Abenteuers gewesen. Auch das hätte Konsequenzen (unzufriedene Auftraggeberin, die gleichzeitig Patron ist, Haftbefehl auf Algol, ...) gehabt.

So mache ich das.
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 11:11 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #21 am: 5.04.2018 | 11:10 »
Es ist egal, ob die Spieler den linken oder rechten Gang nehmen, sie werden immer dem Schoßhündchen vom Obermotz begegnen.

Würde ich nicht zwangsläufig als Railroading betrachten. Wenn die Spieler nämlich eh noch nicht wissen, was am Ende des jeweiligen Ganges auf sie warten "sollte", können sie auch keine informierte Entscheidung treffen, die sich nicht auch durch einen Münzwurf ersetzen ließe, und entsprechend gibt's da auch nicht wirklich etwas zu "entwerten".

Wenn natürlich der Hundegeruch deutlich von links kommt und sie dann rechts doch dem Schoßhündchen begegnen, obwohl sie gerade das eigentlich vermeiden wollten, oder sie einfach nur unbedingt nach rechts wollen und die SL dann sagt "upps, ihr verwechselt in einem kurzen Anfall von Orientierungslosigkeit die Richtungen und geht doch nach links"...dann können wir wieder über RR reden. :)

Offline Hotzenplot

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #22 am: 5.04.2018 | 11:12 »
Jain. Es gibt halt fließende Grenzen zum Illusionismus, wie Orko oben schon andeutete.

Folgende Posts von Greifenklause brachten mich auf die Idee, hier mal zu diskutieren, auf welche Weise ihr bei welchen Gelegenheiten welche Railroading-Elemente konstruktiv einsetzt. Bin gespannt!
So, und jetzt auch mal was Konstruktives im Sinne des TE:

Zur Erinnerung: Ich definiere Railroading als die Entwertung von Spielerentscheidungen.

Ich persönlich mag es nicht und setze es als SL eigentlich nie ein. Es gibt aber überschneidende Mittel, die ich teilweise benutze. Die Mittel der Wahl und die Häufigkeit des Einsatzes schwanken bei mir relativ stark nach Genre und Stil der jeweiligen Gruppe. Ein one-shot Film-Noir musst du eben anders leiten als eine klassische EDO-gut-gegen-böse Kampagne.

Aggressive Scene Framing ist wohl das Mittel, dass manchmal - insbesondere von außen - als Railroading wahrgenommen werden kann. Ich habe keine Lust, in langweiligen Szenen rumzuidlen, weshalb ich dann doch relativ schnell voranschiebe bzw. eben schneide. Dabei kann es natürlich passieren, dass jemand sich gerailroadet fühlt.

Außerdem schränke ich zuweilen die Handlungsmöglichkeiten in Absprache mit der Gruppe ein. Hier und da braucht es da manchmal noch eine Erinnerung nach dem Motto: "Klar, du kannst jetzt einfach den Kaiser töten, den du geschworen hast zu beschützen, aber wir hatten beschlossen, eine Kampagne mit SC zu spielen, die FÜR den Kaiser eintreten und das was du hier tust, ist maximal kontraproduktiv!"
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 11:30 von Hotzenplot »
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Offline Issi

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #23 am: 5.04.2018 | 11:22 »
Die Spieler wissen ja idR. nicht, was der SL vorher als "fix" festgelegt hat. Gibt es einen Plan auf dem genau eingezeichnet ist, welcher Gang zu den Hunden fuehrt?
Und bekommen den die Spieler nach dem Spiel zu Gesicht ?

Nein?- Nun dann kann der SL behaupten was er will, und willkuerlich und spontan jede Plausibilitaet festlegen, die ihm 1.einfaellt und die ihm 2.die Spieler abkaufen.

Will damit sagen: Die Spieler koennen idR. nicht wissen ob sie veraeppelt wurden, die koennen lediglich feststellen ob ihnen etwas mehr oder weniger plausibel vorkommt. (Was im Spiel jetzt vorher fix oder ganz spontan war, ist fuer SPL idR. nicht feststellbar)
Und ja das laesst einem SL natuerlich "unheimlich" viel Spielraum.

....Aber, sobald etwas nach "mal eben schnell  an den Haaren herbei gezogen" stinkt, zudem ziemlich haeufig vorkommt, und man halbwegs aufgeweckte Spieler am Tisch hat, kann es halt sein, dass sich der SL dadurch ziemlich unbeliebt macht.
« Letzte Änderung: 5.04.2018 | 11:35 von Issi »

Offline Greifenklause

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Re: Railroading-Elemente konstruktiv einsetzen
« Antwort #24 am: 5.04.2018 | 11:34 »
Eine Bitte:
Bitte belebt auch die alte "Wann ist Illusionismus ok und wann nicht" bzw die alte "Ziegenfleisch unterschieben"-Debatte nicht wieder auf.

Selbst in meinen Gruppen ist die Einstellung der Spieler innerhalb der Gruppe zu Illusionismus und all seinen Varianten sehr unterschiedlich.
So habe ich einen Spieler, den darf ich veräppeln, wie ich will, er will es nur nicht wissen. Er hasst auch Spoiler.
Anderen Spielern darf ich mehr Details erklären bis zu jedem Pups.
Wieder andere wollen vorher informiert werden, wenn es zB "gerailroadeter" sein soll oder ungewöhnliche Stilmittel verwendet werden sollen.

Klare Antworten kann da jeder SL nur auf Basis seiner individuellen Gruppen geben, wenn überhaupt.
Da bringt es hier nichts, zu moralisieren, ohne die spezifische Gruppe zu kennen...

Also bitte BTT
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