Umfrage

Ich bin sowohl LARPer als auch P&P-Spieler, und ich erlebe die Spielsituation...

...im LARP als viel realer als im P&P.
13 (28.9%)
...im LARP als etwas realer als im P&P
6 (13.3%)
...im P&P als viel realer als im LARP.
9 (20%)
...im P&P als etwas realer als im LARP.
2 (4.4%)
...in beidem als gleich real.
5 (11.1%)
...sowieso nicht als real, weil es mir darum nicht geht.
10 (22.2%)

Stimmen insgesamt: 40

Autor Thema: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?  (Gelesen 12459 mal)

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Offline YY

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #25 am: 20.06.2018 | 16:12 »
NATÜRLICh ist das immersiv, was soll das denn sonst sein?

Das ist per se intensiv, aber nicht immersiv.

Im Gegenteil fällt es dem Spieler sogar immer schwerer, noch seinen Charakter zu spielen, je stressiger und "echter" die Situation wird.
Je größer die Unterschiede zwischen Spieler und Charakter, je eher bricht das komplett zusammen - auf der reinen Handlungsebene* und noch viel mehr auf der psychologischen Ebene.

Man kann natürlich dieses intensive Erlebnis im Nachhinein dem Charakter zuordnen - aber das ist im Grunde genau das Gegenteil davon, den Spieler möglichst nah an seinen Charakter zu bringen. Mogelpackung.



*Es klappt also am Besten, wenn man sich im schwammigen Mittelfeld von Punktespiel und DKWD(D)K bewegt. Am einen Ende bricht die Immersion/SoD aufgrund der bewussten Wahrnehmung der Unterschiede zusammen und am anderen Ende hat der Spieler gar keine mentalen Kapazitäten mehr, auch noch seine Spielfigur abzubilden.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Issi

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #26 am: 20.06.2018 | 16:14 »
Darum geht es mir aber hier nicht, sondern es geht mir explizit um das Thema, wie real fühlt es sich an, wo ist die Suspension of Disbelief absolut, wo verschwimmen die Grenzen zwischen Spieler und Charakter, werden die Emotionen des Charakters zu den eigenen, bis hin zu den entsprechenden neuro-chemischen Reaktionen.
Du meinst tatsächlich empfundene Angst,  Unsicherheit, Freude, Scham, Wut etc.
die man als Spieler (in Rolle)empfindet?
Kenne ich jetzt aus dem PnP genauso.

Hängt vielleicht auch von der jeweiligen Situation ab.
Beispiel. Wenn eine Situation Intensiv ist, dann lässt sie einen idR. auch nicht kalt.

Man fühlt für seinen Charakter, ohne der Charakter zu sein.
Die Gefühle sind "echt".Aber die Figur und die Situation nicht.

Eine Figur ist an sich eine imaginäre Hülle in die man vorübergehend schlüpft. (mit seinen eigenen Gedanken und Gefühlen)
« Letzte Änderung: 20.06.2018 | 16:22 von Issi »

Online First Orko

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #27 am: 20.06.2018 | 16:26 »
Das ist per se intensiv, aber nicht immersiv.

Im Gegenteil fällt es dem Spieler sogar immer schwerer, noch seinen Charakter zu spielen, je stressiger und "echter" die Situation wird.
Je größer die Unterschiede zwischen Spieler und Charakter, je eher bricht das komplett zusammen - auf der reinen Handlungsebene* und noch viel mehr auf der psychologischen Ebene.

Zustimmung. Aber kein Nachteil- bzw nur dann, wenn erlebte und dargestellten Gefühle auseinander liegen sollen, also wenn der Charakter so nicht ist. "Ich spiel nen harten Hund, den nix kratzt" - NSC stirbt überzeugend, Spieler zu Tränen gerührt => Konflikt.
Ich denke im PnP ist das wahrscheinlicher, weil man dort eher Charaktere zu verkörpern sucht, die doch "ganz anders" (geht eh nix 100%) als man selbst ist. Das kann man schauspielern, aber sobald es immersiv wird übernimmt der Körper dann doch. Man möge mal daran denken, wenn man ingame von jemanden angeflirtet wird, der einem real unsympathisch ist.

Gerade bei den beiden beschriebenen Actionszenen passt aber doch die Spannung / Angst zu dem, was passiert - egal wie der Charakter nun sein soll. Es mag da Grenzfälle geben, wo das kollidiert (ich vermute, dass das mehrheitlich auch kommunikative Situationen sind in denen jemand anders darstellen will, als er sich normalerweise verhällt) aber en Gros würde ich erwarten, dass im LARP beides eher und öfter übereinstimmt als beim PnP.

Das zugrunde liegende Problem könnte sein, dass sehr viele Menschen gar nicht richtig gut miteinander kommunizieren (nicht: Reden!) können und das immer wieder in aufgeladene Konflikte führt. Warum sollte das bei PnP / LARP anders sein als sonst auch?
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Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Online Isegrim

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #28 am: 20.06.2018 | 16:48 »
Aber es gibt ja Rollenspieler, die das für sich in Anspruch nehmen, und sich dafür dann im P&P auch erhebliche Beschränkungen auferlegen, die ansonsten unnötig wären.

Da liegt der Fehler schon im Ansatz. Wenn man LARP-Immersion haben will, sollte man hinfahren. Was immer man am PnP-Spieltisch auch veranstaltet, hat mit LARP nichts zu tun. Außer, man will einen Abend ausspielem, in der man sich in der Taverne betrinkt und IT über Unsinn redewt. Da könnte das Spielgefühl ähnlich sein, aber das ist es eigentlich nicht, was beides aussmacht (auch wenns auf die eine oder andere Art hin und wieder dazu gehören mag...).

Das ist per se intensiv, aber nicht immersiv.

Im Gegenteil fällt es dem Spieler sogar immer schwerer, noch seinen Charakter zu spielen, je stressiger und "echter" die Situation wird.

Ja, wie immer man die Wörter da hin biegt ist da was dran. Bei mir ist ganz klar, dass ich beim LARP mehr "mich selber" spiele, meine Charaktere viel näher an meinem "wahren" Ich (was immer das sein mag...) dran sind als Charaktere beim PnP. Bei anderen liegt das mE ähnlich. Liegt schon daran, dass man viel länger diese Person sein muss, und dass man immer wieder mit anderne Leuten in der gleichen Position interagiert, anstatt mit dem kleinen Kreis eines PnP-Runde.
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Offline Maarzan

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #29 am: 20.06.2018 | 17:03 »
Meine Kontakte zu Larp sind über Erzählungen und der Mithilfe bei ein paar Kleinlarps. In dem Sinne muss das nicht repräsentativ sein.

Aber was da an Eindruck hängengeblieben ist:
> Auch im LARP haben Leute massive Probleme nicht zu metagamen: (Ich traue dir nicht, ich habe gesheen, dass du beim NSC-Briefing warst ...")
> "Ich weis wer du bist. Du kommst hier nicht rein"... Ja, weil du auch beim NSC-Briefing warst: Ich bin hier aber im Auftrag eines SLs ich soll etwas für ihn nachfragen. "Ha, du (als figur) bist als Schurke bekannt, da kannst du viel erzählen". Facepalm...
> Die Beschränkungen durch Sicherheitsregeln sind schon erwähnt worden.
> und auch die kann man metagamen...
> Es bilden sich wohl regelmäßig Cliquen, die dann basierend auf RL-Freundschaften IC agieren, gerne auch zum Nachteil von Neulingen.
> So etwas beeinflusst dann wohl auch die sozialen Reaktioenn deutlich mehr als z.B. IC-Status etc.
> Körperliche Unterschiede sind doch noch viel mehr an die eigene Person bindend als es "reden" wäre.
> Die "Sozialisation" der Figur fehlt den Spielern doch trotzdem. Also ist das was da als "IC-Sprech" kommt ohne Regelunterstützung durch Wissens- oder Entscheidungswürfe noch viel schiefer als freie Rede am Tisch.
> auch die zwangsläufig begrenzte Zeit- und Raumausdehnung des events verändert massiv die "Realität".

Letztlich ist Larp meines Erachtens dann doch ICH-heute im Wald in grünen Strumpfhosen... .
Mit Rollenspiel hat es eher weniger zu tun und damit auch nicht mit Immersion in eine Rolle. 

Was nicht bedeutet, das es nicht Spaß machen kann. Tut Bloodbowl-live auch so einigen ... .
« Letzte Änderung: 20.06.2018 | 18:29 von Maarzan »
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Offline Crimson King

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #30 am: 20.06.2018 | 17:28 »
Das ist per se intensiv, aber nicht immersiv.

Wenn ich echte Angst davor habe, von einem Freak mit Latex-Orkmaske beim Schleichen bemerkt zu werden, ist das schon extrem immersiv. Bei allen Einschränkungen, die das LARP so hat und die dazu führen, dass ich keines spiele, lässt sich die Möglichkeit, dort Immersion zu erzeugen, nicht wegleugnen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Offline YY

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #31 am: 20.06.2018 | 18:10 »
Wenn ich echte Angst davor habe, von einem Freak mit Latex-Orkmaske beim Schleichen bemerkt zu werden, ist das schon extrem immersiv.

Gerade dann nicht.
Je mehr stakes, Stress und Druck im Spiel sind, um so weniger kann ich als Spielleitung den Spieler zu seiner Figur finden lassen oder gar führen - ich reduziere ihn im Gegenteil auf die Spielerebene und er muss das im Nachgang, wenn ihm wieder bewusst wird, dass die Situation fiktiv war, zu seiner Figur rüberschieben.

Man kann den Spieler nur tiefer in die Situation bringen, aber nicht den Spieler näher zur Figur. Je "echter" die Situation über das o.g. Maß hinaus empfunden wird, um so weiter ist die Figur weg.
Geht es um das Verkörpern der Figur, muss man den Mittelweg finden. Geht es um ein möglichst intensives Erlebnis, ist das weniger relevant und die Verbindung zur Figur muss der Spieler sich im Nachhinein zurechtlegen.


Im P&P habe ich diese Trennung von Situation und Figur nicht, da deckt Immersion stets beides ab.


Dazu:
Gerade bei den beiden beschriebenen Actionszenen passt aber doch die Spannung / Angst zu dem, was passiert - egal wie der Charakter nun sein soll.

Ja, Im LARP hat man dankbarerweise meist die Tendenz, eher normale Figuren zu verkörpern, die halbwegs nah an einem selbst dran sind. Dann passt das allein schon deswegen relativ gut, weil die Figur erst mal genau so Mensch ist wie der Spieler und die Unterschiede je nach Situation in den Hintergrund treten.
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Offline Tarin

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #32 am: 20.06.2018 | 18:25 »
Zu dem, was marzaan sagte:

Es gibt so viele Arten, zu larpen, wie PnP zu spielen. Sachen, die ich mit der Kneifzange nicht anfassen würde (WoD Live, High Power, aber auch Akademiespiel) über „Standardkost“ Abenteuercons, Großcons, Stadtspiele, Star Wars Cantinas und was noch.

Deine Erfahrungen decken sich in bestimmten Genres mit meinen und waren der Grund, dem Thema so ab 2009 den Rücken zu kehren. Ich würde mittlerweile wieder auf Cons fahren, dann aber auf sehr ausgewählte Veranstaltungen oder im Fall eines Großcons mit dem Wissen, den Plot fröhlich zu ignorieren und mir entweder selbst Plot mitzubringen oder einfach als Ambientecharakter dabei zu sein.
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

Offline Nria

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #33 am: 22.06.2018 | 18:59 »
Ich war mal LARPer, so vor 15 Jahren und möchte dahin auch nicht zurückkehren. Mich hat einiges daran abgeschreckt, aber konkret im Zusammenhang zu diesem Thema bleibt da eigentlich nur ein Punkt: Menschen in für sie sehr unpassenden Rollen, die mich sofort haben aus der Immersion plumpsen lassen.
Wobei sich Larp in den letzten 15 Jahren auch sehr stark verändert hat - die Qualität der Kostüme usw. ist definitiv eine andere Welt als damals.

@Maarzan: Was du beschreibst, hat mit meiner Larp-Erfahrung tatsächlich nichts zu tun.

Ich finde Larp und P&P gleich immersiv, aber auf unterschiedliche Art. Ich bin da aber offenbar anders gestrickt als die meisten Larper - ich habe 2003 mit Larp angefangen (P&P vielleicht ein Jahr früher) und höre seitdem ständig, dass Leute nach dem Con "runterkommen" müssen. Muss ich nie - so tief tauche ich nicht ein. Wirkliche Immersion habe ich im Larp nur sekundenweise, dafür ist die Atmosphäre sehr viel "gewaltiger", besonders auf Cons wie dem Epic Empires, wo viel Wert auf thematisch passende Charaktere und ein ambientiges Umfeld gelegt wird. Immersion findet für mich eher beim Betrachten der anderen statt; ich "verliere" mich nicht in meiner eigenen Figur (das meine ich nicht negativ! Mir fällt nur keine bessere Beschreibung ein ;)).
Es kommt aber drauf an: Am ehesten erlebe ich Immersion in einer "perfekten" Umgebung wie in einer möglichst wenig "jugendherbergigen" Burg; auf Zeltplätzen fällt es mir schwerer. Da gab es dann aber tatsächlich Momente, bei denen ich mich wie eine Filmfigur gefühlt habe (im positiven Sinn - wie wenn man im Kino ist, aber IM Film). Die Tannenburg z.B. ist ziemlich gut.
[Das Spielelement, bei dem ich - leider! - absolut in den Charakter eintauche, ist, wenn mich jemand im Spiel zur Schnecke macht: wenn man angeschrien wird, spürt man keinen Unterschied mehr zwischen Spiel und Realität und da muss ich gut aufpassen, dass ich das dann nicht persönlich nehme, weil meinem Charakter in dem Moment exakt das gleiche widerfährt wie mir als Spielerin. Körperliche Gewalt fühlt sich für Charakter und Spieler dagegen unterschiedlich an.]
Beim P&P dagegen kann ich besser wie beim Lesen oder im Kino die Zeit vergessen, das passiert mir beim Larp eher nicht.

Und Kämpfe sind einfach "anders" - einerseits ist man direkt betroffen und nicht eine abstrakte Figur, sprich, der Gegner steht vor dir und er schaut DICH an, andererseits spürt man natürlich genau, dass der Schlag zum Glück nur simuliert ist, weil die Waffen eben gepolstert sind. Es ist also gleichzeitig immersiver und weniger immersiv.
« Letzte Änderung: 22.06.2018 | 19:01 von Nria »

Offline Feuersänger

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #34 am: 22.06.2018 | 20:27 »
Verzaget nicht, denn ich bringe die definitive Antwort auf die Frage des TE:



Es kommt darauf an.



Und zwar nicht nur auf das jeweilige Spiel, sondern auch auf die jeweilige Person.

Ich persönlich spiele kein Larp (nachdem ich es in meiner Jugend mal ausprobiert habe), u.a. weil bei all der vielen Mühe, die viele Larper in ihre dann oft wirklich geniale Gewandung stecken, die Kampf-Props für mich persönlich alles unrettbar verderben. Will sagen, diese Latexwaffen; von Feuerball-Stoffsäckchen mal ganz zu schweigen. Passionierte Larper mögen Stein und Bein schwören, dass man das irgendwann gar nicht mehr wahrnimmt, aber das ist dann eben _deren_ Wahrnehmung, nicht meine. Mir fällt es wesentlich leichter, mich an einem Spieltisch zumindest szenenweise in ein schönes P&P zu versenken, als das bei einem Larp der Fall wäre.

Und für manch andere Leute ist das halt genau umgekehrt. Nicht zuletzt kennt man in der Larpszene auch den Begriff "Bleed", für das Überschwappen von Emotionen zwischen Charakter und Spieler. Ich kenne auch eine Larperin, die mir neulich erst von einem "üblen Bleed" in ihrem letzten Larp erzählt hat (vielleicht meldet sie sich ja auch noch hier zu Wort, falls sie das zufällig liest). Sie ist zwar auch im P&P sehr immersiv, aber so wie ich das verstehe, kriegt sie vom larpen den größeren "Kick".
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Offline JaneDoe

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #35 am: 22.06.2018 | 21:11 »

Man kann den Spieler nur tiefer in die Situation bringen, aber nicht den Spieler näher zur Figur. Je "echter" die Situation über das o.g. Maß hinaus empfunden wird, um so weiter ist die Figur weg.
Geht es um das Verkörpern der Figur, muss man den Mittelweg finden. Geht es um ein möglichst intensives Erlebnis, ist das weniger relevant und die Verbindung zur Figur muss der Spieler sich im Nachhinein zurechtlegen.
Im P&P habe ich diese Trennung von Situation und Figur nicht, da deckt Immersion stets beides ab.


Diese Aussage kann ich als langjährige PnP-Spielerin (25 Jahre) und langjärige Larperin (fast 20 Jahre) absolut nicht nachvollziehen.
Gerade in PnP habe ich immer eine "Trennung von Situation und Figur" und im LARP eben nicht...klar ist die Figur auch ich...das geht ja gar nicht anders. Ich kann als zierliche Frau keine 2m große muskelbepackte Kriegerin spielen...
Aber dafür sind eben auch das Adrenalin, die situative Spannung und die Gefühle echt. Ich würde NIEMALS einen PnP ABend als immersiv bezeichnen...als toll, spannend ja, aber Immersion erlebe ich nur im LARP. Was absolut nicht heißen soll, dass PnP doof wäre und LARP toll, nein, sie decken nur einfach ganz unterschiedlichen Ansprüche und Bedürfnisse an Rollenspiel ab.

Nachtrag: der hauptsächliche Unterschied zwischen beiden Formen liegt für mich auch nicht unbedingt an der Immersion sondern an der Darstellbarkeit. Bestimmte Dinge (ich sage nur abstürzende Städte, riesige Drachen etc.) sind im LARP (im Rahmen eines vernünftigen Aufwandes ;D ) einfach nicht darstellbar, weshalb der Rahmen zur Interaktion halt auch anders gesteckt ist, als im PnP. Das ist für mich neben dem "echten Adrenalin" tatsächlich der größte Unterschied.
« Letzte Änderung: 22.06.2018 | 21:16 von fettes_chinchilla »

Offline Nria

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #36 am: 22.06.2018 | 21:32 »
Ich persönlich spiele kein Larp (nachdem ich es in meiner Jugend mal ausprobiert habe), u.a. weil bei all der vielen Mühe, die viele Larper in ihre dann oft wirklich geniale Gewandung stecken, die Kampf-Props für mich persönlich alles unrettbar verderben. Will sagen, diese Latexwaffen; von Feuerball-Stoffsäckchen mal ganz zu schweigen. Passionierte Larper mögen Stein und Bein schwören, dass man das irgendwann gar nicht mehr wahrnimmt, aber das ist dann eben _deren_ Wahrnehmung, nicht meine.
Kurze Anmerkung: Es gibt inzwischen schon sehr echt aussehende Waffen. Klar, 100% werden nie möglich sein, weil Larpwaffen immer zumindest etwas dicker sein müssen als das reale Pendant, aber es kommt schon recht nah ran.

Offline Feuersänger

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #37 am: 22.06.2018 | 21:34 »
Naja. Sämtlicher Krempel, der mir bisher als "fast ganz total echt aussende Waffen" vorgeführt wurde, sieht in meinen Augen immer noch aus wie Kinderfasching.
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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #38 am: 23.06.2018 | 06:30 »
Gerade in PnP habe ich immer eine "Trennung von Situation und Figur" und im LARP eben nicht

Ich kann es nur leicht anders formuliert wiederholen:

Im P&P ist eine getrennte Wahrnehmung von Situation und Figur gar nicht denkbar. Wenn das Bild vor dem geistigen Auge ausreichend "lebendig" wird, beinhaltet es immer die Figur in der Situation, nicht nur das eine oder andere. Je nach Spielertyp und -haltung ist das dann sogar vollständig auf die Charakterperspektive verengt.


Weil man im LARP aber direkt auf den Spieler einwirkt, zieht man auch nur diesen in die Situation und muss ihm den mentalen Freiraum lassen, sich den Parameter Figur selbst dazu zu denken.

Nehmen wir als kleines Gedankenexperiment mal an, dass Spielleitung und NSCs nichts über die LARP-Figur wissen, sich aber mächtig ins Zeug legen, was die Darstellung/Umsetzung einer bestimmten Spielsituation angeht.
Da wird es genug Spieler geben, die hier von (guter/tiefer) Immersion sprechen - das kann sich dann aber eben nur auf die Situation beziehen und nicht auf die Figur, weil es eben z.B. mein Adrenalin ist und nicht das der Figur. 

Im P&P gibt es das in der Form nicht, weil ständig über die Rolle der Figur in der Situation verhandelt wird (und verhandelt werden muss), sei das über Spielmechanik/Werte oder frei(er).

Ansonsten kann ich nur noch darauf verweisen, was Orko und Isegrim in diesem Kontext geschrieben haben.



Das mag wie kleinteilige Erbsenzählerei aussehen, aber man muss beim Thema "automatische" Immersion im LARP schon genau hinschauen, was von wo kommt und wer welche Leistung erbringt. Die Figur ist beim LARP eigentlich eine ziemliche Randerscheinung.

Dazu auch:
[Das Spielelement, bei dem ich - leider! - absolut in den Charakter eintauche, ist, wenn mich jemand im Spiel zur Schnecke macht: wenn man angeschrien wird, spürt man keinen Unterschied mehr zwischen Spiel und Realität

Es ist doch genau umgekehrt: Man wird aus der Rolle rausgerissen, weil die Interaktion direkt mit dem Spieler in einer Weise stattfindet, dass er die Figur nicht mehr als Puffer dazwischen bringen kann.
Das wird aber oft dadurch verschleiert, dass sich die mutmaßliche Reaktion der Figur und die tatsächliche Reaktion des Spielers so ähnlich sind (siehe Orko).



Naja. Sämtlicher Krempel, der mir bisher als "fast ganz total echt aussende Waffen" vorgeführt wurde, sieht in meinen Augen immer noch aus wie Kinderfasching.

Dabei geht es ja nicht nur ums Aussehen, sondern auch um die gesamte Handhabung und das zugehörige Regelwerk.
Wenn man das in vielerlei Hinsicht "echter" machen will, geht es ganz schnell um technische/kämpferische Kompetenzen, die zugehörige mentale Stärke, eine ausreichende Vertrauensbasis aller Beteiligten untereinander und soliden Szenarioaufbau mit entsprechend dichter Kontrolle von außen.

Da bespaßt man dann mit einem riesigen Aufwand eine so verschwindend kleine Spieler- bzw. Zielgruppe, dass es mich schon sehr überraschen würde, wenn das überhaupt irgend jemand in dieser Form macht.
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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #39 am: 23.06.2018 | 07:52 »
Nehmen wir als kleines Gedankenexperiment mal an, dass Spielleitung und NSCs nichts über die LARP-Figur wissen, sich aber mächtig ins Zeug legen, was die Darstellung/Umsetzung einer bestimmten Spielsituation angeht.
Da wird es genug Spieler geben, die hier von (guter/tiefer) Immersion sprechen - das kann sich dann aber eben nur auf die Situation beziehen und nicht auf die Figur, weil es eben z.B. mein Adrenalin ist und nicht das der Figur. 

Im P&P gibt es das in der Form nicht, weil ständig über die Rolle der Figur in der Situation verhandelt wird (und verhandelt werden muss), sei das über Spielmechanik/Werte oder frei(er).
Sorry aber da liegst Du falsch. Natürlich kannst Du auch (oder gerade?) beim PvP eine solche Verschmelzung von Figur und Spieler haben. Ist mir selber sogar (leider) schon ein paar mal passiert. Zum Beispiel Nrias Beispiel habe ich schon ein paar Mal erlebt. Also mein Charakter wurde angeschrieen bzw. gemobbt und ich war in der Figur (oder besser ich war an Stelle der Figur) in dem Moment (und habe die Situation entsprechend erlebt und reagiert).
Ich kenne auch ein paar andere Fälle in denen Spieler (durch Charakterspiel) getriggert wurden.
Dieser Puffer der Figur ist manchmal wesentlich dünner als Du glaubst.
« Letzte Änderung: 23.06.2018 | 07:54 von 6 »
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #40 am: 23.06.2018 | 10:19 »
Die Kernfrage ist dann aber doch: Wird der Spieler als Real-Ich angesprochen oder wird der Spieler als Figur angesprochen, sprich ist das dann die direkte Reaktion des Spielers selbst oder ist die Reaktion diejenige, welche von der vom Spieler abweichenden Rolle, die er da ja nominell spielen will, ausgeht?

Mitreißend wäre beides - und im LARP wahrscheinlich sogar einfacher zu generieren - aber dort dann eben auch schnell am eigentlichen Ziel der Rollendarstellung vorbei.
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Offline Feuersänger

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #41 am: 23.06.2018 | 10:25 »
@YY re Waffen:
Ja, absolut. Danke für die Anmerkung. Als ich das erste Mal bei einem Larp mitgemacht habe, hatte ich schon etwa 1 Jahr Schwertkampftraining hinter mir. (Nichtmal reines HES) Beim Larp wurde mir ein Gummiknüppel zur Verfügung gestellt. Hat sich natürlich schonmal falsch angefühlt. Und dann bei einem kleinen Sparring kam alle zwei Sekunden "Halt halt, das darfst du nicht". Keine Stöße ("Stiche"), keine Angriffe in Richtung Kopf, keine Passierschläge... Witzlos. Absolut witzlos.
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Nria

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #42 am: 23.06.2018 | 10:59 »
Weil man im LARP aber direkt auf den Spieler einwirkt, zieht man auch nur diesen in die Situation und muss ihm den mentalen Freiraum lassen, sich den Parameter Figur selbst dazu zu denken.
Ich denke mir die Figur aber automatisch dazu, weil ich ohne die Rolle ja gar nicht in der betreffenden Situation wäre. Die Rolle ist der Grund für die Mitspieler, mit mir zu interagieren - der NSC hat ja überhaupt keinen Grund, mich als Person anzugreifen, sondern er als Rolle greift mich als Rolle an.

Zitat
Es ist doch genau umgekehrt: Man wird aus der Rolle rausgerissen, weil die Interaktion direkt mit dem Spieler in einer Weise stattfindet, dass er die Figur nicht mehr als Puffer dazwischen bringen kann.
Das wird aber oft dadurch verschleiert, dass sich die mutmaßliche Reaktion der Figur und die tatsächliche Reaktion des Spielers so ähnlich sind (siehe Orko).
Nein, das sehe ich anders und empfinde es auch anders (nicht als Trennen vom Charakter, sondern als Verschmelzen). In so einer Situation fühle ich mich nicht weniger, sondern mehr in den Charakter versetzt - und genau das ist meine Definition von Immersion.
Ich nehme die Situation als echter wahr, aber näher am Charakter, nicht näher an der OT-Realität.
Ich als Spielerin bin untrennbar mit der OT-Welt verbunden - IT-Erlebnisse können mich nicht aus der Rolle reißen.

Offline YY

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #43 am: 23.06.2018 | 11:11 »
Sorry aber da liegst Du falsch. Natürlich kannst Du auch (oder gerade?) beim PvP eine solche Verschmelzung von Figur und Spieler haben.

Ich habe geschrieben, dass es im P&P keine "richtige" Immersion an der Figur vorbei geben kann, also keine lebendige Situation ohne Beteiligung der Figur.


Natürlich kann man auch da den Spieler treffen, wo man eigentlich die Figur angespielt hat/anspielen wollte, aber das ist doch wieder gerade keine Verschmelzung von Figur und Spieler, sondern ein (versehentliches) Durchbrechen auf die Spielerebene.
Wie soll das denn Spieler und Figur näher zusammenbringen, wenn die entsprechende Reaktion beim Spieler selbst hervorgerufen wird und mit jeder anderen Figur (!) genau die selbe wäre?

Spieler in so eine emotionale Fluglage zu bringen ist doch keine Immersion - und den Spieler absichtlich ungeachtet der Figur bzw. gezielt an der Figur vorbei anzuspielen, ist im P&P ganz schlechter Stil.


In so einer Situation fühle ich mich nicht weniger, sondern mehr in den Charakter versetzt - und genau das ist meine Definition von Immersion.

Was macht denn da die größere Nähe zum Charakter konkret aus?
Bedenke: Das lässt sich sowieso nur trennen, wenn der Charakter deutlich anders reagieren würde als du (!) - ist die Reaktion die gleiche oder zumindest sehr ähnlich, weil es z.B. um grundlegende (zwischen)menschliche Dinge geht, entsteht ein Zuordnungsfehler.
Genau das meinte ich weiter oben mit dem Stichwort Mogelpackung.
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Online Sashael

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #44 am: 23.06.2018 | 11:17 »
@YY re Waffen:
Ja, absolut. Danke für die Anmerkung. Als ich das erste Mal bei einem Larp mitgemacht habe, hatte ich schon etwa 1 Jahr Schwertkampftraining hinter mir. (Nichtmal reines HES) Beim Larp wurde mir ein Gummiknüppel zur Verfügung gestellt. Hat sich natürlich schonmal falsch angefühlt. Und dann bei einem kleinen Sparring kam alle zwei Sekunden "Halt halt, das darfst du nicht". Keine Stöße ("Stiche"), keine Angriffe in Richtung Kopf, keine Passierschläge... Witzlos. Absolut witzlos.
Einer der Gründe, warum ich LARP für mich nicht als geeignet eingeordnet habe. Ich hatte das Gefühl, die Liste der Sachen, die man NICHT im Kampf machen darf, ist länger als die Kampfmanöver von allen Waffengattungen zusammengenommen.
Mein Eindruck: 98% aller LARPer mit Kampfcharakteren wären in realen Auseinandersetzungen innerhalb von Sekunden tot, weil sie überhaupt nicht wüssten, was man gegen die meisten effektiven Kampfmanöver machen könnte/sollte.

Ich finde die Diskussion um Immersion übrigens ziemlich spannend. So weit ich das hier für mich verstehe, geht es nicht per se um "Passiert" und "Passiert nicht", sondern primär um die Definition "Was ist eigentlich Immersion?".
Ist es Immersion, wenn man als Gerd/Heike/Frank/Sandra die Emotionen zu 100% voll erlebt, oder ist Immersion, wenn man in Andralion/Rufnelda/Gronkh/Tzichlich steckt und die Rolle mit all ihren vom eigenen Ich abweichenden psychologischen Eigenarten durchexerziert und tatsächlich ein "Anderer" ist?
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Offline Tarin

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #45 am: 23.06.2018 | 11:21 »
@YY re Waffen:
Ja, absolut. Danke für die Anmerkung. Als ich das erste Mal bei einem Larp mitgemacht habe, hatte ich schon etwa 1 Jahr Schwertkampftraining hinter mir. (Nichtmal reines HES) Beim Larp wurde mir ein Gummiknüppel zur Verfügung gestellt. Hat sich natürlich schonmal falsch angefühlt. Und dann bei einem kleinen Sparring kam alle zwei Sekunden "Halt halt, das darfst du nicht". Keine Stöße ("Stiche"), keine Angriffe in Richtung Kopf, keine Passierschläge... Witzlos. Absolut witzlos.

Larpkampf ist eben überhaupt kein Kampf. Es ist die Darstellung einer Kampfsituation mit Props und Regeln, die die Sicherheit der Darsteller gewährleisten. Im besten Fall sind die Darsteller daher auch nicht auf den Sieg, sondern auf eine gute Show aus (mit- statt gegeneinander). Larpkampf ist daher tierisch unimmersiv, wenn man eine echte Kampfsituation erwartet. Das gilt aber ebenso für alle anderen Bereiche des Spiels und deshalb poche ich so auf Darstellung und meide alles, was irgendwie nach Telling und nicht Darstellbarem riecht, wo ich kann.

Ich tauche im Larp nie in meinen Charakter ein - da bin immer ich, der eine Rolle darstellt. Insofern ist mein eigener Anteil total unimmersiv (und deshalb kann ich problemlos als Magier technische Gimmicks auffahren, in abgesprochenen Duellen kämpfen oder die Wirkung von irgendwas (Verletzung, Fluch, Verzauberung etc.) ausspielen, obwohl nichts davon da ist. Immersion im weitesten Sinne kommt dann, wenn die anderen ebenso agieren und ihre Darstellung im Blick haben. Dann kann ich bei den anderen Teilnehmern schon eher fiese Möpps, strahlende Helden, Monster usw. erkennen.

Larp ist auch für Einzelspieler ein Teamspiel. Du bist die Weltdarstellung der Anderen.
« Letzte Änderung: 23.06.2018 | 11:24 von Tarin »
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

Offline YY

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #46 am: 23.06.2018 | 11:51 »
Ist es Immersion, wenn man als Gerd/Heike/Frank/Sandra die Emotionen zu 100% voll erlebt, oder ist Immersion, wenn man in Andralion/Rufnelda/Gronkh/Tzichlich steckt und die Rolle mit all ihren vom eigenen Ich abweichenden psychologischen Eigenarten durchexerziert und tatsächlich ein "Anderer" ist?

Für mich letzteres - wie man sich vielleicht schon denken konnte ;)
Weitgehend mit dem Spieler deckungsgleiche Charaktere bohren da halt deutlich dünnere Bretter und verzerren die Betrachtung/Bewertung.


Larpkampf ist eben überhaupt kein Kampf. Es ist die Darstellung einer Kampfsituation mit Props und Regeln, die die Sicherheit der Darsteller gewährleisten. Im besten Fall sind die Darsteller daher auch nicht auf den Sieg, sondern auf eine gute Show aus (mit- statt gegeneinander).

Z.B. im Szenariotraining muss ich als Leitender auch scharf trennen zwischen den "Spielern", sprich den Trainierenden und den Darstellern - das hat stellenweise ein kompetitives Element, aber die Darsteller müssen schon drauf achten, innerhalb ihrer Vorgaben zu bleiben, um den "Spielern" ein ordentliches Bild zu liefern.


Unterm Strich geht es mir da vor Allem und den Regler "Sicherheit vs. Darstellung". Der ist beim LARP üblicherweise ganz am Anschlag auf Sicherheit.
Das könnte man auch anders machen, ohne dass es allzu schlimm wäre - Szenariotraining ist ja gerade so ein Beispiel, wie man es auch machen könnte.

Aber wenn man da was ändert, schrumpft die Zielgruppe mit rasender Geschwindigkeit zusammen - nicht nur, weil da generell viele keinen Bock drauf haben, sondern auch, weil dann zwingend Spielerfähigkeiten immer weiter in den Vordergrund rücken und sich das schnell deutlich mit dem Grundgedanken beißt.
Da pfeifen die paar Interessierten ziemlich flott auf den kleinen Rest Charakterdarstellung und sonstiges Drumherum und gehen lieber ins HEMA-Sparring oder fahren zu Battle of Nations.
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Offline Issi

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #47 am: 23.06.2018 | 11:53 »
Zitat
Nehmen wir als kleines Gedankenexperiment mal an, dass Spielleitung und NSCs nichts über die LARP-Figur wissen, sich aber mächtig ins Zeug legen, was die Darstellung/Umsetzung einer bestimmten Spielsituation angeht.
Da wird es genug Spieler geben, die hier von (guter/tiefer) Immersion sprechen - das kann sich dann aber eben nur auf die Situation beziehen und nicht auf die Figur, weil es eben z.B. mein Adrenalin ist und nicht das der Figur.
Es ist immer dein Adrenalin.Das du empfindest.  Deine Figur kann selbst kein Adrenalin produzieren, weil sie gar nicht existiert.

Zum reinen Darstellen- Um Angst möglichst echt darzustellen, versuchst du dich an Situationen  in deinem Leben zu erinnern, in denen du Angst hattest.
Dieses Gefühl rufst Du dann quasi ab. Du holst dir das Gefühl der Angst in Erinnerung, obwohl du selbst im Moment eigentlich gerade keine Angst hast.
Aber bevor du das machst, versetzt du dich in die Situation, als wäre sie für dich real.

Kurz.- Es ist immer eine "ich tue so als wäre es real Situation."

Im Rollenspiel oder LARP befindet man sich beim immersiven Spiel die ganze Zeit in einer- "Das ist jetzt meine "Realität" Situation.
Das Reallife existiert nicht (für den Moment) und wird bewusst ausgeschaltet.
Je besser man das Reallife ausblenden kann, desto realer und authentischer werden auch Gefühle sein.
Im Traum haben Menschen auch Angst, ohne, dass die Situation real ist.
Sie haben deshalb Angst, weil sie nicht wissen, dass die Situation nicht real ist.
Im Rollenspiel weiß man das zwar irgendwo-aber man entscheidet sich dafür diesen Umstand zu vergessen.(für eine gewisse Zeit)
Beim Schauspielern weiß man das auch. Aber man kann das Reallife und seine Realliferolle ausblenden, um (zeitlich begrenzt) in einer anderen Situation und Rolle zu sein.
(Kostüme und Kulisse können natürlich helfen- aber es geht auch ohne, mit Phantasie)

Aber auch eine scheinbare lebensbedrohliche Situation kann spannend  genug sein um eigenes Adrenalin zu produzieren.
Das geht auch über das Mit- oder Nachempfinden. Wenn wir in traurigen Filmen heulen müssen, dann ja nicht, weil wir uns selbst in der Situation befinden, sondern weil uns das Schicksal einer Figur berührt.
Gefühle müssen also keine aktuellen Reallife Gefühle sein, damit man sie empfinden kann.
Man kann Gefühle auch "klauen"-(aus seiner eigenen Erinnerung oder von anderen)- und sie dadurch zu seinen eigenen machen.
« Letzte Änderung: 23.06.2018 | 11:55 von Issi »

Offline Maarzan

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #48 am: 23.06.2018 | 11:56 »
Mal als Beispiel:
Du spielst einen kalt berechnenden Untoten ohne (üblicherweise) Schmerzempfinden (keine Ahnung ob Vapire damit übereinstimmt, aber mal generell gesehen)

Als Spieler kommt da bei einem Kampf natürlich Adrenalin auf - welches die Figur gar nicht mehr hat.
Die Intensität hier wäre also aus der Rolle heraus gesehen einfach falsch am Platz.

Ähnliches in sozialen Situationen, wo RL-Beziehungen und Dynamiken dann ja scheinbar nicht selten aus dem angenommenen Setting stammende soziale Beziehungen überschreiben. Oder wo Spielerwissen und Charakterwissen dann nicht getrennt werden und eben Charakterfähigkeiten/Geschichte nicht mit den Spielerfertigkeiten übereinstimmen. 
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Issi

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Re: Wie real fühlt sich LARP im Vergleich zu P&P an?
« Antwort #49 am: 23.06.2018 | 12:08 »
Zitat
Du spielst einen kalt berechnenden Untoten ohne (üblicherweise) Schmerzempfinden (keine Ahnung ob Vapire damit übereinstimmt, aber mal generell gesehen)

Die bösen, gefühllosen Figuren spielen ja mehr die SL als die Spieler.
Auch wenn das jetzt vielleicht blöd klingt:
Man kann sich auch als SL fremdidentifizieren, mit den SC.
Böse NSC sind Spiegelungen, von denen du glaubst, dass sie der Figur in der Situation Angst manchen könnten.
Die Identifkation geschieht dann nicht über die gefühllosen Figuren sondern auch über die gefühlvollen SC, quasi als Spiegelung.

Sowohl Spielleiter als auch  Spieler denken sich: Wie würde es der Figur(mit Gefühl) in der Situation gehen?
Nur, dass der SL eiskalte NSC bringt um solche Gefühle beim SC auszulösen- Und der SPL braucht sie nur noch zu empfinden.
« Letzte Änderung: 23.06.2018 | 12:10 von Issi »