Autor Thema: Zeitgemäße Systeme  (Gelesen 5767 mal)

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Offline YY

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Zeitgemäße Systeme
« am: 19.11.2019 | 00:24 »
So, nachdem das Con-Wochenende überstanden ist, kann ich das hier noch mal in den Ring werfen.
Im verlinkten Thread kam am Rande die Sprache auf zeitgemäße Systeme und da haben wir uns mMn noch nicht ausreichend dran abgearbeitet ;D
Gibts das überhaupt und wenn ja, was macht ein zeitgemäßes System allgemein und im Speziellen heute aus?


Ich hangele mich mal an den Zitaten lang.

Können wir aufhören, Spiele zu empfehlen, die schon alt waren, als wir selbst 15 waren? Es ist ja nicht so als gäbe es keine zeitgemäßen Rollenspiele...

Damit sind wir wie drüben schnell fertig:
Aktuelle Systeme sind etwas anderes als zeitgemäße Systeme.
Natürlich hat es Vorteile, wenn Systeme aktuell bzw. "lebendig" und damit weit(er) verbreitet sind, aber das hat mit dem eigentlichen Spieldesign nicht viel zu tun.
Denn:
Laut Duden bedeutet das Wort "den erfordernissen der jeweiligen Gegenwart entsprechend". Das kann auf Rollenspiele im engeren Sinn nicht zutreffen, weil es keine Erfordernisse für Rollenspiel gibt.

Für Rollenspiel an sich mag es keine allgemein feststellbaren Erfordernisse/Ansprüche geben, aber für bestimmte Spielstile kann man jeweils schon recht konkrete Anforderungen formulieren. Da ist der Knackpunkt mMn ein anderer: Diese Anforderungen sind a) weitgehend zeitlos und stehen damit gerade nicht im Kontext der jeweiligen Gegenwart und b) massiv von der jeweiligen Ziel- bzw. Nutzergruppe abhängig und damit auch in dieser Hinsicht nicht verallgemeinerbar.

Was es gibt sind ein paar best practices, die sich über kurz oder lang in fast jedem (flächendeckend) erfolgreichen System einer bestimmten Strömung finden lassen.

Aber wenn man sich da die Beispiele aus grauer Vorzeit anschaut, wirds schon wieder wacklig:
Ein WEG Star Wars hat heute noch mal gelesen eine ziemlich "moderne" Perspektive auf Pacing, Plotaufbau und ganz generell darauf, was für das Spiel wirklich wichtig ist und was nicht (und zieht daraus sehr deutliche spielmechanische Konsequenzen).
Ist das jetzt deswegen immer noch oder wieder zeitgemäß?


Ich kann mich an genau eine Gelegenheit erinnern, bei der ich dachte: "Endlich mal ein zeitgemäßes Spieldesign". Das war bei der Ankündigung von DSA4, als u.A. eine teilweise Abkehr von Stufen und eskalierenden Hitpoints und ein komplettes Entfernen der zufallsbasierten Charaktererschaffung präsentiert wurde.
Da dachte ich tatsächlich, dass man so "heute" (also damals ;)) Systeme für solche Zwecke entwirft.

Mit etwas zeitlichem Abstand muss ich aber feststellen, dass das erstens nur ein Designtrend und keine echte "technische" Weiterentwicklung war und - viel wichtiger - dass der Anreiz für die Verwendung dieses Designs die mangelhafte Umsetzung einiger Elemente des Vorgängers waren; in Abgrenzung von grundsätzlich mangelhaften oder zumindest überholten Designelementen.
Lies: man kann zufällige Charaktererschaffung ebenso interessant und spaßig machen wie eskalierende Hitpoints usw. Hat DSA3 mMn nicht gemacht, andere Systeme aber damals wie heute durchaus.

Damit wäre ich bei:
Aber in punkto Game Design hat sich in so ziemlich allen Spielstilen in den letzten Jahren einfach sauviel getan.

Gibt es irgendwo die o.g. ziemlich flächendeckende technische Weiterentwicklung?
Ich sehe auch da wieder nur Trends, die noch dazu heute wesentlich weiter auffächern als früher, weil es insgesamt mehr Material gibt (das dann irgendeine Nische finden muss) und weil ältere Strömungen nie ganz verschwinden.

Ja, neue Systeme für einen Spielstil X sind heute anders als ihre direkten oder weitläufigeren Vorgänger von vor 10, 20 oder 30 Jahren.
Aber eine breite Weiterentwicklung sehe ich da nicht. Manche arbeiten sich in irgendeiner Form an ihren Vorläufern ab, indem sie gezielt deren wenige Probleme beseitigen wollen (mMn eine sehr dankbare Herangehensweise), andere setzen umgekehrt auf weitgehende Abkehr vom Vorgänger, die nächsten treten auf der Stelle oder schauen gar nicht, was gerade insgesamt so abgeht und wursteln mit mehr oder weniger großem Erfolg vor sich hin.


Vieles ist heute anders, weniges ist wirklich rundum besser und so manches, was wieder oder immer noch erfolgreich ist, ist das genau deswegen, weil es mit kleinen Änderungen so ist wie früher.

Ist z.B. ein Shadow of the Demon Lord oder ein Zweihänder zeitgemäß, nur weil sie einige Macken der Vorgänger/Vorbilder beseitigen und das auch noch mit Änderungen in einer Art und einem Umfang, dass diese nicht nur jederzeit bei den Vorlagen hätten stattfinden können, sondern das sogar früher schon passiert ist - nur eben als dezentrale Hausregel und nicht in offiziell abgedruckter Form?

Ist ein Warhammer 4 zeitgemäß (und sogar eher zeitgemäß als Zweihänder) bzw. "technisch" weiterentwickelt, wenn es manche Sachen sehr "modern" abhandelt, aber dafür hier und da bei Basics patzt, von denen man im Rollenspielsektor allerspätestens seit den 90ern und in der Brettspielverwandtschaft schon ein paar Jahrzehnte früher genau wusste, wie man sie sinnvollerweise umsetzt?
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline takti der blonde?

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #1 am: 19.11.2019 | 01:32 »
Es gibt klare Gewinne an Verständlichkeit, weil die Präsentation dahingehend besser geworden ist. Aber das Spiel selbst entwickelt sich nicht fundamental weiter, sondern wächst lediglich in die Breite.

Grüße

Hasran

Offline 1of3

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #2 am: 19.11.2019 | 03:58 »


... dass der Anreiz für die Verwendung dieses Designs die mangelhafte Umsetzung einiger Elemente des Vorgängers waren; in Abgrenzung von grundsätzlich mangelhaften oder zumindest überholten Designelementen.
Lies: man kann zufällige Charaktererschaffung ebenso interessant und spaßig machen wie eskalierende Hitpoints usw. Hat DSA3 mMn nicht gemacht, andere Systeme aber damals wie heute durchaus

Ich glaube das ist der Punkt. Betrachte die Situation, in der Jiba das gesagt hat. Was wollte er ausdrücken: "Bitte empfehlt keine Spiele, von denen wir wissen, dass sie schlecht gemacht sind." Die Bezeichnung "nicht zeitgemäß" in diesem Zusammenhang ist also eine Höflichkeit. Es deutet an, dass man die entsprechenden Fehler früher ich nicht habe erkennen können. Die Angesprochenen müssen sich also dafür nicht grämen. Auf der Sacheebene beutetet das nicht mehr und nicht weniger, als das die Spiele eben solche Probleme hätten, wie du sie hier andeutest, YY.

Ich habe die Links übrigens nicht angeklickt und weiß nicht um welche Spiele es geht.

Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #3 am: 19.11.2019 | 09:47 »
Das sind ja fast philosophische Fragen... :D
OK, meine 0,5 Cent:
"Zeitgemäß" und "zeitlos" sind zwei unterschiedliche Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung.
Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass "zeitlos" von der jeweiligen Zeit unabhängig funktioniert.
Als Spiel fällt mir da "Schach" ein, oder auch "Rommé" , "Monopoly" die Spieleklassiker eben.
Der Mechanismus funktioniert. Und er ist gut genug, um zeitlos für Unterhaltung zu sorgen.

Nur wie stellt man fest, ob ein Rollenspiel System zeitlos ist?
Ich schätze auf die gleich Art.
Wenn man etwas Altes auf den Spieltisch packt, und das Spielsystem macht aktuell immer noch Spaß, dann ist es vermutlich zeitlos.


Und dann gibt es vermutlich noch einen Unterschied zwischen:
"neu" und "innovativ"
Was "neu" ist, muss nicht zwangsläufig auch "gut/originell "oder "innovativ" sein.
Was "innovativ" ist, ist dagegen vermutlich "gut/originell" und "neu".

Und was noch dazu kommt : Nicht alles was "innovativ" ist, ist auch zwangsläufig "zeitlos".
Wobei es sicher mit einer hohen Wahrscheinlichkeit als "zeitgemäß" empfunden wird.

Außerdem muss ein neues, innovatives Spiel ja nicht zwangsläufig alle sogenannten "Klassiker" bzw. zeitlosen Spiele entwerten.
Beides kann mMn. nebeneinander existieren.

Edit.
Zu DSA 4- Da dachte man vermutlich, dass mehr mehr ist, und hat dann vermutlich irgendwann  festgestellt dass zuviel trotzdem zuviel ist.
Es gibt Leute die immer noch oder als Einstieg DSA 1 spielen, weil es so schön einfach ist.
 ~;D
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 10:03 von Issi »

Offline First Orko

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #4 am: 19.11.2019 | 10:41 »
Laut Duden bedeutet das Wort "den erfordernissen der jeweiligen Gegenwart entsprechend". Das kann auf Rollenspiele im engeren Sinn nicht zutreffen, weil es keine Erfordernisse für Rollenspiel gibt.

Ich würde Spielspass schon als inherente Anforderung an ein Spiel jeglicher Art sehen. Und das Gesagte müsste dann ja auch für Brettspiele gelten. D.h. "Spiel des Lebens" wäre noch genauso "zeitgemäß" bzw. zeitlos wie Gloomhaven und völlig unironisch stundenlang voller Spass und Spannung spielbar...? Das zweifle ich mal ganz stark an. Zumindest kenne ich niemanden, der das noch (unironisch!) spielt.
Und wie schon von 1of3 angemerkt: Bestimmte Spielregeln haben sich als dem Spielspass eher abträglich dargestellt. Damit sind nicht nur Würfelmechaniken gemeint sondern eben auch die Erkenntnis, dass alle am Tisch gleichermaßen ein gewissen Recht am Einfluss auf den gemeinsamen Spielspass haben. So Regeln wie "SL hat immer das letzte Wort" haben einen Einfluss auf Gruppendynamik, die man nicht mehr eingeschränkt überall so haben will.
Über die einzelnen Ausprägungen kann man sicherlich noch diskutieren, aber die Behauptung, es gäbe keine Erfordernisse für (Rollen)Spiel ist in meinen Augen schwer beweisbar.

Die Erfordernisse haben sich vielleicht nicht geändert aber durchaus die Erkenntnisse, wie man sie erfüllt.
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Offline nobody@home

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #5 am: 19.11.2019 | 10:43 »
Das sind ja fast philosophische Fragen... :D
OK, meine 0,5 Cent:
"Zeitgemäß" und "zeitlos" sind zwei unterschiedliche Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung.
Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass "zeitlos" von der jeweiligen Zeit unabhängig funktioniert.
Als Spiel fällt mir da "Schach" ein, oder auch "Rommé" , "Monopoly" die Spieleklassiker eben.
Der Mechanismus funktioniert. Und er ist gut genug, um zeitlos für Unterhaltung zu sorgen.

Vorsicht: wenn du dir die Geschichte der "Klassiker" näher betrachtest, wirst du wahrscheinlich feststellen, daß selbst die nicht einfach als platonisches Ideal direkt von jetzt auf gleich in der Welt der Spieler materialisiert sind, sondern sich auch im Laufe der Zeit teils aus anderen Spielen entwickelt und dann immer noch ihre diversen Veränderungen durchgemacht haben. Beispiel Schach. ;)

Insgesamt würde ich schon sagen, daß im Bereich Rollenspiel eine Entwicklung stattgefunden hat -- da muß man sich nur anschauen, wie das Hobby seinerzeit mit Ur-D&D an den Tischen von Gygax und Arneson seinen Anfang genommen hat, und wird wahrscheinlich im Vergleich zu heute doch den einen oder anderen klitzekleinen Unterschied wahrnehmen. Nur ist diese Entwicklung aus meiner Sicht eher evolutionär als revolutionär; soll heißen, es kochen halt regelmäßig hier und da quasi-zufällige neue oder wiederverwertete Ideen hoch und bleiben dann für eine Weile, vielleicht auch dauerhaft, hängen oder eben auch nicht, aber eine Abfolge systematischer Riesenumbrüche oder gar eine bewußte und gezielte Entwicklung in Richtung "immer besser, besser, besser" (wie auch immer man das definieren möchte) kann ich eigentlich nicht ausmachen. Und natürlich ist das Hobby mit gerade fünfundvierzig Jahren im Vergleich zu manchen "Spieleklassikern" noch ziemlich jung; wieviel Entwicklung können wir da eigentlich überhaupt sinnvollerweise erwarten? :think:

Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #6 am: 19.11.2019 | 10:57 »
Zitat
"SL hat immer das letzte Wort"
Oh ja. Dieser Satz wurde leider von einigen SL falsch verstanden. Und hat so Manchen der ein Spiel -"Leiter" sein sollte, zum Spiel- "Tyrannen" gemacht.
Es gibt ja Spiele die haben zum Spaß einen solchen Tyrannen- "Der große Dalmuti" oder "Ja, großer Herrscher und Meister."-
- Aber so war das im Rollenspiel sicher nie gedacht.

Auch die Tatsache, dass ein SL kein Gegner der Gruppe ist, sondern mit der Gruppe zusammen gewinnt, scheint sich mEn. selbst heute teilweise noch nicht genügend etabliert zu haben.
Diese Anweisung gab es meinen Nachforschungen nach auch schon seit Beginn des Hobbys. Sie wurde nur (noch?) nicht von allen verstanden oder ignoriert.

@
nobody
Naja und doch ist der Spielmechanismus bei Schach ja schon geraume Zeit recht stabil.
Länger als es z.B. Monopoly und andere Spieleklassiker gibt.
Wenn man so will, gab es in der Geschichte des Menschen vermutlich immer schon irgendwelche Spiele, die zum Zeitvertreib gespielt wurden.
Nur betrachtet man vermutlich immer die der jeweilgen Zeit, in der man gerade lebt.
Wenn ein Spiel schon ein paar Jahrzehnte stabil existiert und gespielt wird, reicht das fast um den Namen "Klassiker" zu bekommen.
Und/oder in so einer Spielesammlung zu landen.

Edit.
Insofern ist "Rollenspiel" als Spiel- eigentlich auch längst ein Klassiker.
Nur gibt es  eine Vielfalt an Varianten davon.
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 11:13 von Issi »

Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #7 am: 19.11.2019 | 11:25 »
Das ist das was ich meinte, war bei uns in den Achtzigern bis hinein in die Neunziger so.
Funktionierte, wir hatten Spaß aber wir kannten keine Alternativen.
Dann kam das GroFaFo und man spielte mit anderen Leuten zusammen, die einen ganz anderen Spielstil pflegten und solche Dinge wie cinematische Systeme tauchten auf.

Heute will ich als Spieler in einem großen Maß die Geschichte mitgestalten und mit dem richtigen SL an meiner Seite geht das auch wunderbar.
Wenn man dann einen SL trifft. der es sich auf seinem Thrönchen bequem gemacht hat, ist das schon ein Schock und den SL überfordert man dann auch ganz schön.
Ich hatte kürzlich so eine Begegnung mit so einem SL. Was vielleicht gut war- Weil ich dachte, die gibts nicht mehr.
Und ja es war ein Schock. Vermutlich für beide Seiten.
Doch dieser SL tat wirklich alles um sein Thrönchen zu verteidigen.
Dass mal irgendjemand  anderes leitet, um ihm zu zeigen, wie das auch gehen kann, konnte und wollte er leider nicht zulassen.

Doch das sehe ich (zumindest) tatsächlich nicht so stark abhängig vom jeweiligen System.
Man  könnte jetzt zum Beispiel selbst DSA 1  so leiten, dass sich alle Spieler am Tisch wohlfühlen, und genug Möglichkeiten haben, das Spiel aktiv mitzugestalten.
Und man könnte es auch einigermaßen Movie-like spielen, sofern man sich mal mit Storybuilding, Drama und dergleichen beschäftigt.

Selbst diverse Mechanismen wie Zufallsbegegnungs- Tabellen könnte man dem System mMn. schadlos hinzufügen.

Offline First Orko

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #8 am: 19.11.2019 | 11:32 »
Zeitgemäß ist vielleicht auch die Tatsache, dass man überhaupt AUSWAHL hat und nicht gezwungen ist, zwischen den 5 Platzhirschen, für die man überhaupt Spieler findet, zu entscheiden welches am Wenigsten nervt.
Zeitgemäß ist auch die Erkenntnis, das Rollenspiel, was man gerade spielt eher als Werkzeug zu sehen, welches man auf seine und die Bedürfnisse der Gruppe anpassen darf/kann/sollte und nicht als Dogma und als Abgrenzungsvehikel ggü. anderen Gruppen. Systemkriege und der arrogante Blick auf das "falsche" Rollenspiel sind in meinen Augen höchtens noch eine Randeerscheinung von ein paar Alteingessenen aber interessiert die heutigen Rollenspieler kein Stück.
Zeitgemäße Systeme langweilen damit auch nicht mit Regeln, die irgendeinem Dogma folgen sondern fokussieren eben auf den Spielspass.

Und noch ein Wort zu Klassikern: Das ist m.E. eine vollkommen andere Diskussion. Klassiker werden Spiele aufgrund sozialer/kultureller Konventionen: Man "einigt" sich darauf, welche Spiele in den Kanon der Allgemeinheit aufgenommen werden. Das hauptsächliche Erfordernis hierfür ist leichte Zugänglichkeit, simple Regeln und ein klares Sieg/Niederlage-Verhältnis.
Über die QUALITÄT sagt das erst einmal nichts aus. Bestes Beispiel: Spiel von Ur -> Pachesi -> Mensch-Ärgere-Dich-Nicht - Spielmechanik und Taktische Tiefe haut einen heutzutage nicht mehr wirklich vom Hocker. Aber man kann es eben bieliebig branden und mit Schnaps spiele und am Ende ist klar, wer gewinnt. Das reicht offenbar.
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 11:34 von First Orko »
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Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #9 am: 19.11.2019 | 11:55 »
Zitat
Zeitgemäß ist vielleicht auch die Tatsache, dass man überhaupt AUSWAHL hat und nicht gezwungen ist, zwischen den 5 Platzhirschen, für die man überhaupt Spieler findet, zu entscheiden welches am Wenigsten nervt.
Zeitgemäß ist auch die Erkenntnis, das Rollenspiel, was man gerade spielt eher als Werkzeug zu sehen, welches man auf seine und die Bedürfnisse der Gruppe anpassen darf/kann/sollte und nicht als Dogma und als Abgrenzungsvehikel ggü. anderen Gruppen. Systemkriege und der arrogante Blick auf das "falsche" Rollenspiel sind in meinen Augen höchtens noch eine Randeerscheinung von ein paar Alteingessenen aber interessiert die heutigen Rollenspieler kein Stück.
Zeitgemäße Systeme langweilen damit auch nicht mit Regeln, die irgendeinem Dogma folgen sondern fokussieren eben auf den Spielspass.
Tun das nicht grundsätzlich alle Spiele? Sich auf den Spielspaß zu fokusieren, meine ich.
Oder anders: Welche Spiele folgen denn deiner Meinug nach einem bestimmten Dogma?
(Da habe ich bislang keine Infos zu)

Denke das Entscheidende ist, dass es ganz unterschiedliche Arten von Spielspaß gibt. Nicht bloß eine.
Die Regeln haben da uU.  natürlich auch Einfluß darauf- was mit dem Spiel geht und wie es empfunden wird.
Ideal ist natürlich wenn man genau weiß, mit welchem Spiel man welche Art von Spaß haben kann.

Zitat
Und noch ein Wort zu Klassikern: Das ist m.E. eine vollkommen andere Diskussion. Klassiker werden Spiele aufgrund sozialer/kultureller Konventionen: Man "einigt" sich darauf, welche Spiele in den Kanon der Allgemeinheit aufgenommen werden. Das hauptsächliche Erfordernis hierfür ist leichte Zugänglichkeit, simple Regeln und ein klares Sieg/Niederlage-Verhältnis.
Ist das so?
Bei leichte Zugänglichkeit, und verständliche Regeln gebe ich dir Recht.
Bei klares Sieg/Niederlage- Verhältnis bin ich mir zugegeben nicht sicher.
Da gibt eventuell auch unterschiedliche Präferenzen.

Zitat
Über die QUALITÄT sagt das erst einmal nichts aus. Bestes Beispiel: Spiel von Ur -> Pachesi -> Mensch-Ärgere-Dich-Nicht - Spielmechanik und Taktische Tiefe haut einen heutzutage nicht mehr wirklich vom Hocker. Aber man kann es eben bieliebig branden und mit Schnaps spiele und am Ende ist klar, wer gewinnt. Das reicht offenbar.
zu Mensch Ärgere Dich nicht.
Kommt vielleicht auch darauf an, wer es spielt.
Kinder oder Erwachsene. Das ist halt auch ein Spiel, das selbst Rentner noch kennen.
Ein gewohntes Spiel, dessen Regeln man kennt, bedeutet hier uU. weniger Stress.
Beim Spielen, gerade in Gesellschaft, ist  ja nebenbei auch immer noch das Soziale /Miteinander wichtig.
Was nützt Dir ein Spiel, das von der Spielmechanik zwar genial ist, das aber die wenigsten am Tisch kennen?
Oder anders- Ein Gesellschafts-Spiel ist eine Beschäftigung die man in Gesellschaft spielt.
Spielen bringt Menschen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, zusammen.


Edit. Wahrscheinlich ist ein Klassiker  eine Mischung aus-  (zumindest genügend) Qualität und Verbreitung.
Da geht es nicht zwingend um"vom Hocker hauen."
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 12:07 von Issi »

Offline Rorschachhamster

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #10 am: 19.11.2019 | 12:00 »
Spiel doch was du willst, ich tue das ja auch. Aber Zeitgemäß ist so ein nichtssagendes Wort. Wahrscheinlich zuwenig Trump in alten Spielen, gell?  :,,( |:(( :gaga:
Rorschachhamster
DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

Offline First Orko

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #11 am: 19.11.2019 | 12:11 »
Oder anders: Welche Spiele folgen denn deiner Meinug nach einem bestimmten Dogma?
(Da habe ich bislang keine Infos zu)

Wirst du auch nicht finden, das wird sich nur schwer belegen lassen. Als prominentes Beispiel fällt mir Vampire: The Masquerade ein, was vordergründig auf Gothic-Storytelling aus war aber mit harten PG-Regeln kam. Daraus leiteten sich manche "seltsame" Vorstellunge über das gemeinsame Spiel ab. Das kann ich aber halt nur anekdotisch belegen (oder müsste laaaange in diversen alten Forensträngen graben und der Mehrwert daraus ist minimal).
Das man auf unterschiedliche Arten Spielspass heraus ziehen kann, ist ja auch schon so eine Erkenntnis, die bei Vampire eben zu Diskrepanz führte: Der ein will Sozialdramen mit Vampiren, der andere mit coolen Kräften furchbar abgehen. Sind die Regeln dieses 90er-Jahre-Systems für beides zeitgemäß? Gab es da wirklich keinerlei erwähnenswerte Fortschritte?

Beispiele anderer Dogmen:

DND ist geiler als DSA
Simulation steht über Allem
Story steht über Allem
Niemand braucht einen SL
Der SL hat immer recht
Nur OSR ist echtes Rollenspiel
Auf Zufall basiertes Spiel ist immer schlechter
usw.

Diese Dogmen waren meiner Wahrnehmung nach alle mal deutlich präsenter als heutzutage und standen dem Spielspass damit im Weg. Einiges davon wird immer mal wieder aufgerollt, gerade online. Aber im "echten Leben" nehme ich die Rollenspielcommunity als ziemlich locker und offen ggü. anderen Spielweisen war. Je mehr man von den Mitgliedern irgendwelcher Foren weggeht und mal schaut, wo sich anderen Runden "einfach so" auftun, desto weiter sind diese dann von den o.g. Vorstellungen entfernt - auch dafür kann ich nur auf eigene Erlebnisse und Berichte verweisen.
Dazu beigetragen haben eine Vielfalt an Systemen, Franchises, Online-Marketing, Kickstarter usw.
Ein System wie Ur-DSA, was im Kern noch das kiesowsche Ideal á la "Es wird genau SO gespielt und falls nicht, schlag das Buch zu und sag deinen Spielern, was sie für Psychos sind" (überzogen wiedergegeben aber tasächlich eine Passage aus einem DSA-Abenteuer) würde ich aus genau diesen Gründen keinem neuen Spieler empfehlen.

edit: gelöscht wegen Mißverständnis meinerseits   ^-^
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 12:17 von First Orko »
It's repetitive.
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Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #12 am: 19.11.2019 | 12:42 »
Zitat
Wirst du auch nicht finden, das wird sich nur schwer belegen lassen. Als prominentes Beispiel fällt mir Vampire: The Masquerade ein, was vordergründig auf Gothic-Storytelling aus war aber mit harten PG-Regeln kam. Daraus leiteten sich manche "seltsame" Vorstellunge über das gemeinsame Spiel ab. Das kann ich aber halt nur anekdotisch belegen (oder müsste laaaange in diversen alten Forensträngen graben und der Mehrwert daraus ist minimal).
Das man auf unterschiedliche Arten Spielspass heraus ziehen kann, ist ja auch schon so eine Erkenntnis, die bei Vampire eben zu Diskrepanz führte: Der ein will Sozialdramen mit Vampiren, der andere mit coolen Kräften furchbar abgehen. Sind die Regeln dieses 90er-Jahre-Systems für beides zeitgemäß? Gab es da wirklich keinerlei erwähnenswerte Fortschritte?
Nur kurz- So gut kenne ich mich mit "Vampire" nicht aus. Ich habe es nie geleitet, nur gespielt.- Und das nicht mal in der Zeit in der es noch aktuell war.
Deshalb  allgemein, nur mein Eindruck: Es gibt Systeme die wollen sich extra nicht auf eine bestimmte Spielpräferenz festlegen. Sondern sie lassen das offen.
So kann man mit den Regeln quasi auch Sozial Drama haben-  aber man muss es nicht.
Das empfinde ich jetzt als nicht so schlimm, denn so wird es tatsächlich einer breiteren Masse an Spielern mit unterschiedlichen Vorlieben zugänglich.- (Die dann quasi selbst ihre Schwerpunkte legen können.)
Also - ich würde das jetzt nicht zwingend als Nachteil ansehen.
Auch wenn es sicher andere Systeme gibt , die sich ganz auf Drama spezialisiert haben, und dafür noch maßgeschneiderte Tools  anbieten.
Dafür sind sie, was die Präferenzen ander Spieler betrifft, vermutlich auch etwas eingeschränkter.

Zitat
Beispiele anderer Dogmen:

DND ist geiler als DSA
Simulation steht über Allem
Story steht über Allem
Niemand braucht einen SL
Der SL hat immer recht
OSR ist echtes Rollenspiel
Auf Zufall basiertes Spiel ist immer schlechter
usw.

Oh je!
 ~;D

Zitat
Diese Dogmen waren meiner Wahrnehmung nach alle mal deutlich präsenter als heutzutage und standen dem Spielspass damit im Weg. Einiges davon wird immer mal wieder aufgerollt, gerade online. Aber im "echten Leben" nehme ich die Rollenspielcommunity als ziemlich locker und offen ggü. anderen Spielweisen war. Je mehr man von den Mitgliedern irgendwelcher Foren weggeht und mal schaut, wo sich anderen Runden "einfach so" auftun, desto weiter sind diese dann von den o.g. Vorstellungen entfernt - auch dafür kann ich nur auf eigene Erlebnisse und Berichte verweisen.
Dazu beigetragen haben eine Vielfalt an Systemen, Franchises, Online-Marketing, Kickstarter usw.
Ein System wie Ur-DSA, was im Kern noch das kiesowsche Ideal á la "Es wird genau SO gespielt und falls nicht, schlag das Buch zu und sag deinen Spielern, was sie für Psychos sind" (überzogen wiedergegeben aber tasächlich eine Passage aus einem DSA-Abenteuer) würde ich aus genau diesen Gründen keinem neuen Spieler empfehlen.
Arrgh!
Naja, ich habe DSA1 Retro - mal gespielt und selten geleitet. Aber sowas ist mir jetzt nicht aufgefallen. Vermutlich, weil ich die Abenteuer idR. selbst schreibe.
Das Regelsystem selbst ist halt einfach.

Diese Debatten darüber wer jetzt den einzig wahren Spielstil kennt, sind insofern schon etwas hinfällig, da DSA1 ja nun wirklich nicht zum allerneusten Schrei gehört.
Das kann man ja den Neulingen auch sagen, und sie ggf. vorwarnen. (Für mich) jetzt kein Grund, wegen irgendwelcher Autoren Grabenkämpfe von Anno dazumal, auch das Regelsystem in die Tonne zu werfen.

Edit. Abseits des Spiels gibt es doch auch sowas wie Recycling. Das könnte ich mir auch gut fürs Rollenspiel vorstellen. ;D
Wenn man es genau nimmt, sind sowieso die meisten Spielmechanismen in der ein oder anderen Form schon mal dagewesen.
Was an alten Sachen gut ist und war, kann man weiterverwenden, und was daran genervt hat, macht man anders.
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 13:06 von Issi »

Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #13 am: 19.11.2019 | 12:52 »
Als zeitgemäß würde ich Spiele ansehen, welche sich den besonderen aktuellen Bedürfnissen der Benutzer oder auch gewünschter aktueller Neubenutzer annehmen.

Für die Generation Handy könnten da Kriterien sein:
> maximal eine Seite (oder gar Handybildschirm) Regeln - mehr kann eh nicht mehr verarbeitet und gemerkt werden.
> maximal Rechenoperationen bis 5, die Finger der anderen Hand halten gerade das Handy und Kopfrechnen ist was aus dem letzten  Jahrtausend.
> Freie Erfolgswahl um keine empfindsamen Seelen durch mögliche Misserfolge (oder auch nur weniger Erfolg als ein Mitspieler) zu belasten.
> keinerlei Ähnlichkeiten zu Wesen oder Vorgängen aus der Realität, damit sich keine schützenswerte Gruppe direkt oder per Assoziation diskriminiert fühlen kann.
> "Cooler Fluff" bei der Eigendarstellung und explosive Action sollte aber beibehalten werden. Das ist man dann doch aus sonstigen Medien gewohnt und will das in ähnlicher Weise persönlich genießen.
> Idealerweise ein Einpersonenspiel mit Handybeifalltönen. Dann kann JEDER und IMMER ein uneingeschränkter Star des Geschehens sein.

 >;D




Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline takti der blonde?

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #14 am: 19.11.2019 | 14:47 »
Zeitgemäß ist vielleicht auch einfach, das man nicht mehr mit Büchern um die Ecke kommt, die aussehen, als wären die Bilder von Kinderhand gemalt worden

Das ist keine Frage der Zeit, sondern des Geschmacks. Naive Malerei, Primitivismus etc. werden durch andere Stile nicht obsolet.

Grüße

Hasran

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #15 am: 19.11.2019 | 15:01 »
Das ist keine Frage der Zeit, sondern des Geschmacks. Naive Malerei, Primitivismus etc. werden durch andere Stile nicht obsolet.

Grüße

Hasran

Kunst != Design  ;)
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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #16 am: 19.11.2019 | 15:05 »
Kunst != Design  ;)

Habe ich auch nie behauptet. :)

... Wieso sollte allerdings Design keine Kunst sein?

Grüße

Hasran

Offline takti der blonde?

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #17 am: 19.11.2019 | 15:30 »
Ich finde schon, das es eine Frage der Zeit und den daraus sich verändernden Kundengeschmacks ist, einfach mehr Professionalität.
Und ich habe nicht von Stilen in der Kunst gesprochen, nur davon das heute Publikationen nicht mehr wie aus dem privaten Drucker mit Bleistiftskizzen wirken sollten.

Es wird von einem Verlag, der 60 Teuronen für ein Buch haben will heute einfach mehr verlangt, als von einem Verlag der damals 60DM für ein Buch haben wollte.

Damals hieß es: "Pass mit dem Buch aus, damit es nicht auseinanderfällt", heute bekommt der Verlag über alle möglichen Kanäle entsprechende Reaktionen.

Da vermischen sich viele unterschiedliche Dinge. Professionalität z.B. vermutlich ein zeitloser Anspruch, wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich unbedingt Professionalität in Rollenspielen brauche. Nutzbarkeit und Aufbereitung von Informationen ist mir wichtiger als Hochglanzpapier. Da dürfen gerne die Zeichnungen aussehen wie aus dem privaten Drucker. Und Bleistiftskizzen finde ich sowieso geil. Eine Zeichnung wird nicht besser, weil sie mit anderen Dingen hergestellt wurde. Ist wie gesagt eine reine Geschmackssfrage.

Geschmack verändert sich, aber ungerichtet.

Grüße

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Offline Deep One

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #18 am: 19.11.2019 | 15:37 »
Als zeitgemäß würde ich Spiele ansehen, welche sich den besonderen aktuellen Bedürfnissen der Benutzer oder auch gewünschter aktueller Neubenutzer annehmen.

(...)

 >;D

Ich fand's lustig. :)

Content tax: Bedeutet nicht "zeitgemäß" für jeden etwas anderes?

Beispielsweise ist es für mich in meiner OSR-Ecke zeitgemäß, die ganzen Klone wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen, die den alten Regelkern nutzen, um so ungefähr jedes Genre abzubilden (na ok, White Box: Downton Abbey müßte ich selbst schreiben :D). Jemand, der auf Co-Op abfährt, schielt dahingegen eher auf das neueste aus der PtbA/Fate/...-Ecke. Na, und so was.

In diesem Zusammenhang, ist D&D4E nicht eigentlich das zeitgemäßeste Spiel, das je geschrieben wurde? - Sie haben ja die damals neuesten rollenspieltheoretischen Erkenntnisse genommen und das Gaspedal durchgetreten, um das gamistischste D&D ever zu bauen. Und es paßte zum Zeitgeist, denn es erschien ungefähr zu der Zeit, als Brettspiele wie Descent populär wurden.

Offline First Orko

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #19 am: 19.11.2019 | 15:39 »
@Hassran:
Kann, muss nicht! Design (wie ich es verstehem, da gibt es ja auch unterschiedliche Ansichten und Schulen) ist funktional. Ist die Aufgabe "Mit [hübschen] Design neue Spieler erreichen"* dann ist die Funktion dem Wunsch nach Reichweite unterworfen. Mach das, was viele gut finden! Über den Kunstgehalt von DnD5-Produkten kann man geteilter Meinung sein aber es scheint viele Menschen anzusprechen - und es ist eben nicht im Stil naiver Kunst oder primitivistisch ;)
Dasselbe gilt für Regeln. So ein System wie Dread würde ich auch als eher....hm... experimentell? avangardistisch? aber bestimmt nicht als "auf Reichweite ausgelegt" ansehen. Es funktioniert gut, aber ich bezweifle, dass man Außenstehende und ihre (durch Medien und Erzählungen vorgeprägte) Vorstellung vom Rollenspiel damit besonders gut erreichen kann.



* Das setzte ich mal als implizite Grundannahme für diese Diskussion voraus, da daraus ja der Wunsch nach zeitgemäß entstand.

EDIT: Und auch monochrom geht in schick. Die BtW-Bücher mit ihren grünen/braunen Holzstichen kamen optisch ausnahmslos bei JEDER Person gut an, der ich die gezeigt habe. Labyrinth Lord ist dagegen schon eher "Special Interest" - viele finden es halt "Hässlich". Ob es das ist, kann man damit nicht beweisen. Aber Reichweite kriegste damit nicht und geiles Cover zieht eben AUCH.
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 15:47 von First Orko »
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Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #20 am: 19.11.2019 | 15:52 »
Klingt das jetzt blöd wenn ich behaupte: DnD kann an Artwork rausbringen, was es will. Es ist DND. ?
(Das ist überspitzt, keine Frage. - Es sollte schon einen gewissens Schaffensgrad haben.
Aber am Ende punktet ein System ja auch über seinen Bekanntheitsgrad).

Für brandneue Systeme- da muss man halt schauen auf welches Publikum die abziehlen.
Sich von den großen Systemen abzuheben ist teilweise gar nicht so einfach.
Eine ganz bestimmte Nische anzusprechen, kann da ein möglicher Weg sein.
Und dann darf sich auch das Artwork vom Mainstream entsprechend abheben.
So ist z.B. auch kein Zufall, dass Retro Spiele vom Artwork - Retro wirken,. Das ist Absicht.
Leute die auf Vintage stehen, stellen sich z.B. auch ansich neue Möbel in die Wohnung, die jedoch optisch extra auf alt gemacht sind.
« Letzte Änderung: 19.11.2019 | 15:55 von Issi »

Offline takti der blonde?

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #21 am: 19.11.2019 | 16:12 »
* Das setzte ich mal als implizite Grundannahme für diese Diskussion voraus, da daraus ja der Wunsch nach zeitgemäß entstand.

Dann ist zeitgemäß mainstream? Könnte sein, dass diese Begriffe weitestgehend deckungsgleich sind. Besonders hilfreich finde ich es als Kategorien dann nicht mehr.
Aber das ist ja ohnehin meine Grundthese: Geschmäcker ändern sich, aber Jazz ist nicht besser als Polka, weil das eine beliebter oder "zeitgemäßer" sei als das andere. Deshalb ist auch die Forderung nur "zeitgemäße Spiele" vorzuschlagen so schräg; Retroklone sind auch deshalb so beliebt, weil die Regeln gut sind und die alte Darstellung nicht immer besonders verständnisfördernd war.

Grüße

Hasran

Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #22 am: 19.11.2019 | 16:20 »
Konstruktiver:

Zeitgemäß hat 2 unabhängige Achsen:
1. Zeitgemäß = Stand der Technik -> Umsetzung eines bestimmten fixen Konzepts mit eher mehr als nicht messbarer Verbesserung zum Erreichen desselben spezifischen Ziels.
2. Zeitgemäß: = Der aktuellen Mode und Geschmack entsprechend.

Und als netter rhetorischer Tiefschlag deutet man ein Versagen bei 1 an, wenn eigentlich nur eine Geschmacksdivergenz bei 2 vorliegt.



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Offline unicum

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #23 am: 19.11.2019 | 16:21 »
In dem zusammenhang nur als Randnotiz:

Die Aufmachung scheint heute wichtiger zu sein als früher. Ich erinnere mich das jemand mal schrieb das man heute in einem Rollenspiel erwarten muss das es 4Frabdruck ist, viele bunte Bilder (das sind nicht notwenigerweise Grafiken in welchen etwa etwas erklärt wird) angenehmes hochglanz Papier und natürlich auch ein Pdf hat. (das dies alles den Preis extrem treibt steht mal aussen vor, günstig soll es aber eben auch sein  ~;D )

Mich hat jedenfalls damals das an der roten Box von D&D, dem Dia4 von Midgard2 und Rolemaster (um meine ersten 3 zu nennen) nicht gestört das die Schwarz/weis waren und keine Hardcover.

Also zusammengefasst: einfache Aufmachung ist auch nicht mehr zeitgemäß.

"Dont judge a booky by the cover" (ja, leider falle ich da immer noch drauf rein,...)

Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #24 am: 19.11.2019 | 16:31 »
"Dont judge a booky by the cover" (ja, leider falle ich da immer noch drauf rein,...)

Womit wir wohl irgendwie doch wieder bei der Handygeneration sind: nur gucken, nicht lesen.
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Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #25 am: 19.11.2019 | 16:45 »
Womit wir wohl irgendwie doch wieder bei der Handygeneration sind: nur gucken, nicht lesen.
Und das geht auch....
.z.B. mit  Youtube....  :D ~;D

Offline First Orko

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #26 am: 19.11.2019 | 16:47 »
Und als netter rhetorischer Tiefschlag deutet man ein Versagen bei 1 an, wenn eigentlich nur eine Geschmacksdivergenz bei 2 vorliegt.

Schau mal - da hätte ich dir beinahe zugestimmt aber nach diesem Satz überlege ich tatsächlich, ob du den Beitrag nur geschrieben hast, um anzudeuten, dass das bei der ganzen Diskussion nur darum geht, den überlegenen Geschmack als absolut darzustellen. Denn wenn du nicht den Eindruck hättest, warum dann diesen Beitrag schreiben?
Zusammen mit deinen "lustigen" Anmerkungen zur Handygeneration nehme ich deine Beiträge zu dieser Diskussion nicht unbedingt als konstruktiv war. Ich kann da zumindest keinen argumentativen Ansatz erkennen sondern mehr der Versuch, die Diskussion um den Begriff ins Lächerliche zu sehen. Fände ich ziemlich daneben.
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Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #27 am: 19.11.2019 | 17:03 »
Schau mal - da hätte ich dir beinahe zugestimmt aber nach diesem Satz überlege ich tatsächlich, ob du den Beitrag nur geschrieben hast, um anzudeuten, dass das bei der ganzen Diskussion nur darum geht, den überlegenen Geschmack als absolut darzustellen. Denn wenn du nicht den Eindruck hättest, warum dann diesen Beitrag schreiben?
Zusammen mit deinen "lustigen" Anmerkungen zur Handygeneration nehme ich deine Beiträge zu dieser Diskussion nicht unbedingt als konstruktiv war. Ich kann da zumindest keinen argumentativen Ansatz erkennen sondern mehr der Versuch, die Diskussion um den Begriff ins Lächerliche zu sehen. Fände ich ziemlich daneben.

Der erste Beitrag sollte Satire sein - überzogen mit aber was ich denke einem Kern an Wahrheit.

Beim zweiten habe ich konstruktiv aufgeführt, auf welcher sachlichen Begriffsdiversität da meiner Sicht nach die Kommunikationsprobleme basieren und dazu gefügt, warum es damit dann noch öfter knallt als alleine auf Verwechslung zurück zu führen wäre: weil sich diese Doppeldeutigkeit eben auch für Nickeligkeiten eignen.

Und ich glaube nicht, dass YY selbst auf letzteres hinaus wollte, denke aber, dass so ein Faden meiner Erfahrung nach das ausgeprägte Potential hat dafür aufgegriffen zu werden. Ich hoffe, dass dieser Umstand da so bereits angesprochen, damit ausbleibt.


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Offline takti der blonde?

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #28 am: 19.11.2019 | 17:05 »
@First Orko

Ich finde Marzaans Analyse sehr treffend und vermute tatsächlich, dass dieser kleine rhetorische Trick hier recht häufig Anwendung findet.

Grüße

Hasran

Offline YY

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #29 am: 19.11.2019 | 17:21 »
Ich persönlich empfinde Klassen-, Stufensysteme und Systeme mit einem überdimensionalen Regelkonstrukt als altbacken.

Gutes Beispiel - mir geht es genau so und ich bin damals direkt ein großes Stück von Klassen- und Stufensystemen weg, sobald ich wusste, dass es was anderes gibt ;D
Jetzt ist es natürlich so, dass ausgerechnet der omnipräsente Erstling Klassen und Stufen hatte, was viele Konkurrenten gleich mit geprägt hat. Aber diese Konstruktion ist genau so ein Stück weit historischer Zufall (im Sinne von: man hätte es angesichts der Vorläufer und Entwicklungsumstände auch damals schon ohne Weiteres anders machen können) wie der eigene Erstkontakt:
Wenn ich mit einem System starte, das mir nicht so ganz zusagt, dann empfinde ich das leicht als "veraltet", wenn ich auf ein anderes System treffe, das mir besser gefällt - aber das ist dann eben mehr die Frage nach der persönlichen Historie und nicht nach der Erscheinungschronologie der verglichenen Systeme.

Für diese Perspektive spricht auch der Umstand, dass es sehr früh anders geartete Systeme gab und umgekehrt bis heute (erfolgreiche) Klassen- und Stufensysteme gibt.


Es gibt klare Gewinne an Verständlichkeit, weil die Präsentation dahingehend besser geworden ist.

Die sehe ich ehrlich gesagt nicht - jedenfalls nicht so pauschal und quer über die ganze Palette.
Es gibt immer noch Totalausfälle, mittelmäßige Versuche und ein paar Perlen.

Heute gibt es insgesamt mehr, aber ob sich da die Anteile verschoben haben...kann ich aus dem Bauch nicht sagen.

Mir fallen jedenfalls auf Anhieb drei Große Alte ein, die in ihrer aktuellen Edition eher Rückschritte gemacht haben; da sitzen aber auch längst nicht mehr die alten Teams dran und das ist mMn auch der wichtigste Faktor. Wie ein System präsentiert wird, steht und fällt mit einigen wenigen Leuten - und die konnten 198x genau so Pfeifen oder Leuchten sein wie 201x.
Da sehe ich auch keine große Verbesserung durch kürzere Kommunikationswege, mehr gute und schlechte Beispiele u.Ä.; jeder geht persönlichkeitsbedingt genau so weit, bis er sich für kompetent hält und wurstelt dann vor sich hin (gilt für andere Sektoren genau so - da werden immer wieder Fehler gemacht, die seit Jahrzehnten keiner mehr machen "muss", weil man das mittlerweile ohne Weiteres besser wissen könnte, wenn man wollte (und die nötige Medienkompetenz hätte)).

Was wollte er ausdrücken: "Bitte empfehlt keine Spiele, von denen wir wissen, dass sie schlecht gemacht sind."

Kurz danach ging es drüben explizit darum, dass man bei alten Spielen im nächsten Schritt mühsam auf dem Gebrauchtmarkt suchen muss, wenn es einem gefällt und man mehr Material will. Das war also viel eher auf "lebendig" gemünzt statt auf "schlecht gemacht". Und wie oben gerade geschrieben: gut und schlecht gab es früher auch, und bestimmt ist nicht alles von früher schlecht ("geworden").

Das ist das was ich meinte, war bei uns in den Achtzigern bis hinein in die Neunziger so.
Funktionierte, wir hatten Spaß aber wir kannten keine Alternativen.
Dann kam das GroFaFo und man spielte mit anderen Leuten zusammen, die einen ganz anderen Spielstil pflegten und solche Dinge wie cinematische Systeme tauchten auf.

Auch wieder so eine persönliche Sache.
Ich habe diese "moderne" Perspektive in meiner SL-Frühzeit recht schnell aus einigen wenigen als negativ empfundenen SL-Beispielen (oder auch mal aus konkreten Spielsituationen) entwickelt.
Das hat dann u.A. dazu geführt, dass ich Kaufabenteuer (gerade jene im damaligen Stil mit detaillierten Abläufen, Vorlesetexten etc. pp.) jahrelang als total überflüssig oder sogar kontraproduktiv empfunden habe.

Wenn ich heute z.B. in die Enemy Within-Kampagne der ersten Edition WHFRP schaue, wo mir knallhart gesagt wird, an welchen Stellen ich Ergebnisse hindrehen und was ich den Spielern wo aufzwingen muss, denke ich mir auch: Das würde heute keiner mehr so schreiben.
Das liegt aber nicht daran, dass das früher halt so war™ und damit damals zeitgemäß war und heute nicht mehr.
Ich hätte es damals schon anders gemacht, ich habe es in ähnlichen Fällen damals anders gemacht und ich sage: Das war früher schon genau so scheiße wie es heute scheiße ist und stand nur drin, weil einzelne Autoren dafür - warum auch immer - kein Problembewusstsein hatten.

Dass die Ansichten einiger weniger dann so breit und lange gewirkt haben, darf und muss man den damaligen Spielleitern und der folgenden Autorengeneration aber genau so vorwerfen. 

Hat Würfeldrehen und "schwarzes" Railroading damals mehr stattgefunden als heute? Ja.
War es (deswegen) damals zeitgemäß? Ganz bestimmt nicht, wenn man mich fragt. 

Zeitgemäß ist vielleicht auch die Tatsache, dass man überhaupt AUSWAHL hat und nicht gezwungen ist, zwischen den 5 Platzhirschen, für die man überhaupt Spieler findet, zu entscheiden welches am Wenigsten nervt.

Das ist doch aber nur die Folge davon, dass es bei längerer Laufzeit des Hobbys natürlich mehr Auswahl* gibt, dass die Produktionshürden gesunken sind usw. usf.
Den Bedarf hätte man früher aber auch schon gehabt. Nach der hier angerissenen Definition von zeitgemäß wäre also eine größere Auswahl auch damals schon eben das gewesen... ;)

*Was sich ja nicht in der reinen Zahl von verfügbaren Spielen erschöpft, sondern auch an der Verfügbarkeit von Spielern hängt. Da sind moderne Kommunikationsmittel genau so hilfreich wie nicht völlig pleite und immobil irgendwo in der Provinz zu sitzen.

Zeitgemäß ist auch die Erkenntnis, das Rollenspiel, was man gerade spielt eher als Werkzeug zu sehen, welches man auf seine und die Bedürfnisse der Gruppe anpassen darf/kann/sollte und nicht als Dogma und als Abgrenzungsvehikel ggü. anderen Gruppen.

Was soll daran zeitgemäß sein?
Das war in den Anfangstagen völlig offensichtlich und selbstverständlich, nur hat sich dann der "Hunger" nach mehr offiziellem Material verselbständigt und es gab eine Zeitlang eine gewisse Strömung von Hausregelwiderständlern u.Ä.
Hier sei nur auf das Kuriosum verwiesen, dass es mal ein offizielles DSA-Regeltelefon gab. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, da anzurufen, aber der Bedarf war wohl da.

Dazu dann auch das:
Zeitgemäße Systeme langweilen damit auch nicht mit Regeln, die irgendeinem Dogma folgen sondern fokussieren eben auf den Spielspass.

Wer sich verrannt hat, hat sich verrannt, früher wie heute. Für mich wieder keine Frage von altbacken oder zeitgemäß, sondern von gut oder schlecht umgesetzt.


Zeitgemäß ist vielleicht auch einfach, das man nicht mehr mit Büchern um die Ecke kommt, die aussehen, als wären die Bilder von Kinderhand gemalt worden und beim ersten Aufschlagen in alle Einzelteile zerfallen.

Das hat sich tatsächlich ein Stück weit gewandelt.
Hardcover und Farbe sind heute weitgehend normal, wo es früher Boxen mit schwarz-weiß-Heftchen waren. Oder auch nur Heftchen ohne Box :)
(Randbemerkung: Ein hiesiger Forenuser hat einen französischen Traveller-Abklatsch, der in Format, Layout und sonstigem Produktionsgedöns als völlig normales Taschenbuch daherkommt...sehr kurios, ungewohnt und unpraktisch, aber so gehts auch)


Aber auch heute sieht man es immer wieder, dass selbst solche vermeintlichen "Edelprodukte" stinken wie die Pest oder in kürzester Zeit auseinanderfallen, was dann noch mal wesentlich ärgerlicher ist als bei früheren Produkten - wobei geklammerte Heftchen ja idiotensicher sind. Da ist eher das Mittelfeld gefährdet.

Und wenn man den höheren Preis bezahlt, steigen natürlich auch die Erwartungen an das Gesamtbild, das mit dem Preisunterschied erstmal nichts zu tun hat: Dann muss/soll gefühlt auch in Sachen Lektorat, Regeldesign, Spieltest usw. alles perfekt passen, obwohl das ja beim günstiger produzierten Regelwerk nicht anders wäre. 

Content tax: Bedeutet nicht "zeitgemäß" für jeden etwas anderes?

So wirds sein, wie bei "modern" auch.

Wer seinen Geschmack gut bedient sieht, für den ist das entsprechende Produkt "zeitgemäß" oder gar eine ganze Branche "erwachsen" geworden, wenn deren Mainstream sich mal zufällig mit seinen lang gehegten Vorlieben deckt.

Für die andere Bedeutung von "zeitgemäß", also Maarzaans Achse 1, sehe ich wie ausufernd beschrieben keine hinreichende Grundlage.
Eine wirklich weitgehend flächendeckende technische Veränderung finde ich nur bei der physischen Umsetzung, nicht aber beim Spieldesign, was der Anlass für diesen Thread war.

Gerade die Jay Little- und Fria Ligan-Generation an Systemen (GeneSys inklusive Vorläufer, 2d20, Y0 Engine) sind ein Trend, aber keine Weiterentwicklung in dem Sinne, dass zukünftige Spieldesigner nicht drum herum kommen, sich damit zu befassen.

In diesem Zusammenhang, ist D&D4E nicht eigentlich das zeitgemäßeste Spiel, das je geschrieben wurde? - Sie haben ja die damals neuesten rollenspieltheoretischen Erkenntnisse genommen und das Gaspedal durchgetreten, um das gamistischste D&D ever zu bauen. Und es paßte zum Zeitgeist, denn es erschien ungefähr zu der Zeit, als Brettspiele wie Descent populär wurden.

Wie kann es aber zeitgemäß gewesen sein, wenn es ein ziemlicher Flop war? Die aktuellen Erfordernisse der damaligen Kundschaft hat es dann doch eher schlecht bedient.

MMn war dieser absolute Gamismus- und CaS-Fokus der letztlich letale Geburtsfehler von D&D4. Dabei war die Umsetzung dieses Ziels gar nicht mal schlecht, nur wollte und will die breite Kundschaft eher das etwas Unfokussierte, Verzettelte, den gewissen "für jeden ist was dabei"-Faktor - siehe DSA und D&D5.
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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #30 am: 19.11.2019 | 17:22 »
Ich stimme Marzaans zu - erstens ist das der Unterschied und zweitesn wird es so gemacht.

Was aber nach 2 ein zeitgemäßes Spieldesign ist, das würd eich wie folgt definieren:
Das Spiel emuliert das abzubilddend e Genre oder Spielwiese durch seine Regeln und Regelmechaniken.

Klar kann man auch sagen, dass das bloß die Unterscheidung von gut und schlecht ist, aber da she ich schon noch einen Unterschied, wenn man sich Spiel von FGU oder andereren Firmen aus den frühen 80er ansieht:

Entweder das sind D&D-Klone oder aus den Wargames kommende Regelwüsten, in denen man schon mal Wurzeln ziehen musste, um sein Körpergewicht in Relation zur Stärke, Größe und Konstitution zu ermitteln.
Oder der Regelmechansmus variiert. Z.B. wird bei dem Vietnam-Spiel RECON (Palladium Games) waffenloser Kampf/ Nahkampf anders abgewickelt als der Einsatz von Schusswaffen.

Ich finde es zeitgemäß, wenn ein Spiel, das "Spielerermächtigung" und "kooperatives Geschichtenerzählen" als Ziel hat, auf einen SL verzcihtet und Regelmechanismen hat, die das Geschichtenentwickeln am Tisch auch forcieren. Mit dem Sawo-Regelmotor komme ich da nicht so weit.

Will ich in Höhlen marodieren wie 1974, dann machen OSR-Spiel meist alles oder viel richtig - vor allem, wenn sie dumme Regelklopper von Anno Saturday Night Fever reformieren und nicht dumm kopieren ("Jau, lassen wir drin. War damals schon so dumm, dass das jeder hausregelte oder ignorierte aber - hey! - Altmeister Gygax hat ... " - "Die Regel auch nie benutzt!").

Wenn das aus einem Guss ist, dann ist der Gorilla froh. Vielleicht mag er das Genre nicht oder findet das Spielziel (der"Ermächtigungskram" und kein SL in meinem Falle) abtörnend - dennoch kann es ein zietgemäßes Spiel sein. Ich verbringe dann da bloß keine Zeit mit.  ;)
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Offline First Orko

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #31 am: 19.11.2019 | 17:23 »
@First Orko

Ich finde Marzaans Analyse sehr treffend und vermute tatsächlich, dass dieser kleine rhetorische Trick hier recht häufig Anwendung findet.

Grüße

Hasran

Um das mal provokant umzudrehen: "Dieser kleine rhetorische Trick" anderen Leuten kleine rhetorische Tricks zu unterstellen...?  8]

Dass in einer Diskussion mit unterschiedlichen Positionen keine absolute Neutralität gewahrt wird und man versucht, seine persönliche Meinung mit vordergründig neutralen Argumenten zu unterfüttern ist das eine. Dass man manchmal den eigenen Geschmack mit allgemeingültigen Prinzipien verwechselt halte ich für eine zutiefst typische menschlichen Irrtum, der uns allen mehr oder weniger inneliegt.

Das Problem ist: Jemand anderen rhetorische Mittel zu unterstellen, zieht die Diskussion weg vom Thema auf eine anderer Ebene und verschärft das m.E. ohne jeglichen Gewinn denn den Beweis zu erbringen dürfte schwer bis unmöglich werden.  Du schreibst ja selbst, du vermutest. Dies aber als Vorwurf zu formulieren führt m.E. weg von einer auf konstruktives Miteinander ausgerichtete Diskussionskultur und auch vom wohlwollenden Lesen.
Bei mir führen solche Einwürfe dazu, dass ich mich beim Lesen mehr mit der (letzlich von mir auch nur vermuteten!) Agenda des Autors befasse als mit dem Inhalt.
Das kann ja wohl auch nicht das Ziel sein?

Wohlgemerkt: Mir geht es hier um die Form! Dass einem der eigene Geschmack bei neutraler Beurteilung im Wege stehen kann finde ich einen wichtigen Einwurf. Aber das kann man auch neutraler formulieren, ohne Leuten etwas zu unterstellen.
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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #32 am: 19.11.2019 | 17:30 »
@YY

Vermutlich selection bias auf meiner Seite. Ich suche aktiv vor allem Rollenspiele, die ich besonders gut aufbereitet halte. Z.B. die ganzen Pyramiden bei NBA.
Das erklärt, warum es mir so vorkommt.

@First Orko

Statt zu diskutieren, ob jetzt etwas ein rhetorischer Trick sei, kann ich aus der Analyse, dass es sie gibt, für mich versuchen sie selbst zu vermeiden. Bzw. das ist mein Einsatz. Mal mehr, mal weniger erfolgreich umgesetzt natürlich. ;)

Grüße

Hasran

Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #33 am: 19.11.2019 | 17:39 »
Um das mal provokant umzudrehen: "Dieser kleine rhetorische Trick" anderen Leuten kleine rhetorische Tricks zu unterstellen...?  8]

Dass in einer Diskussion mit unterschiedlichen Positionen keine absolute Neutralität gewahrt wird und man versucht, seine persönliche Meinung mit vordergründig neutralen Argumenten zu unterfüttern ist das eine. Dass man manchmal den eigenen Geschmack mit allgemeingültigen Prinzipien verwechselt halte ich für eine zutiefst typische menschlichen Irrtum, der uns allen mehr oder weniger inneliegt.

Das Problem ist: Jemand anderen rhetorische Mittel zu unterstellen, zieht die Diskussion weg vom Thema auf eine anderer Ebene und verschärft das m.E. ohne jeglichen Gewinn denn den Beweis zu erbringen dürfte schwer bis unmöglich werden.  Du schreibst ja selbst, du vermutest. Dies aber als Vorwurf zu formulieren führt m.E. weg von einer auf konstruktives Miteinander ausgerichtete Diskussionskultur und auch vom wohlwollenden Lesen.
Bei mir führen solche Einwürfe dazu, dass ich mich beim Lesen mehr mit der (letzlich von mir auch nur vermuteten!) Agenda des Autors befasse als mit dem Inhalt.
Das kann ja wohl auch nicht das Ziel sein?

Wohlgemerkt: Mir geht es hier um die Form! Dass einem der eigene Geschmack bei neutraler Beurteilung im Wege stehen kann finde ich einen wichtigen Einwurf. Aber das kann man auch neutraler formulieren, ohne Leuten etwas zu unterstellen.

Noch war gar keiner hier offensichtlich in dem Faden, dem man das jetzt hätte unterstellen können.
In dem Sinen verwundert mich der Vorwurf hier.
Außer natürlich du fühlst dich gerade um einen Trick gebracht ...  8)

Das Problem im Zusammenhang mit der Anwendung des Begriffs ist (nicht nur) meines Erachtens existent, es wurde beschrieben - nicht mehr und nicht weniger.
Ich könnte nachvollziehen, wenn du die Darstellung oder den Fakt bezweifeln würdest, aber die Erwähnung an sich ..?
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Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #34 am: 19.11.2019 | 21:59 »
Geldwert ist ja noch einmal eine ganz andere Frage.
Für einen sagen wir mal 12jährigen ohne Vorbelastung dürfte die alte 1E- DSA-Einsteigerbox doch eigentlich immer noch genauso gut udn damit wertvoll sein wie für uns damals.
Die Ansprüche ans Design dürften wohl eher aus dem Miterleben des Wandels und der Alternativen gewachsen sein - und sind trotzdem ggf. auch wieder Geschmackssache. (Die Tendenz zum Auseinanderfallen mancher Produkte eher nicht!)   
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Offline Nodens Sohn

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #35 am: 20.11.2019 | 11:32 »
Geldwert ist ja noch einmal eine ganz andere Frage.
Für einen sagen wir mal 12jährigen ohne Vorbelastung dürfte die alte 1E- DSA-Einsteigerbox doch eigentlich immer noch genauso gut udn damit wertvoll sein wie für uns damals.
Die Ansprüche ans Design dürften wohl eher aus dem Miterleben des Wandels und der Alternativen gewachsen sein - und sind trotzdem ggf. auch wieder Geschmackssache. (Die Tendenz zum Auseinanderfallen mancher Produkte eher nicht!)   
+1

Wenn ich so an meine Kurzen denke, haben die Spaß an den Sachen die ich damals gespielt habe. Und noch keiner von den Zweien hat sich an den Bildern von D&D1 gestört. Der Drache auf der roten Box ist immer noch cool! Ich denke es ist eher das was wir im älter werden als Zeitgemäß erachten.
Das muss aber nichts damit zu tun haben, was Jugendliche als zeitgemäß, spannend oder cool finden. Daher finde ich diese zeitgemäß-Diskussion nicht sehr zielführend.

Offline Deep One

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #36 am: 20.11.2019 | 13:42 »
Wie kann es aber zeitgemäß gewesen sein, wenn es ein ziemlicher Flop war? Die aktuellen Erfordernisse der damaligen Kundschaft hat es dann doch eher schlecht bedient.

MMn war dieser absolute Gamismus- und CaS-Fokus der letztlich letale Geburtsfehler von D&D4. Dabei war die Umsetzung dieses Ziels gar nicht mal schlecht, nur wollte und will die breite Kundschaft eher das etwas Unfokussierte, Verzettelte, den gewissen "für jeden ist was dabei"-Faktor - siehe DSA und D&D5.

Wenn man kommerziellen Erfolg als einen Faktor für "Zeitgemäßigkeit" einbezieht, dann hast Du Recht. Wiederum, wäre 4E als Dungeons&Dragons Tactics oder Dreamscape RPG (DAS wäre mal was mit der 4E engine und den schrägen Dreamscape-Monstern gewesen!) veröffentlicht worden, hätte es sich mit Kritik und Erfolg womöglich anders verhalten.   

Offline Teylen

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #37 am: 20.11.2019 | 13:52 »
Ich halte Spielsysteme respektive Spiel-Mechaniken für zeitlos.
Das heißt, meiner Erfahrung nach haben Personen unabhängig von dem Wandel der Zeit Spaß an verschiedenen Spiel-Mechaniken bzw. Spiel-Systemen. Unabhängig davon ob es Go, Schach, Snake & Ladders ist, ob es sich um Skat, Poker, Rommee, MauMau handelt, ob man Monopoly, Spiel des Lebens, Das verrückte Labyrinth, Risiko spielt, ob man Gloomhaven, Pandemie, Die Siedler spielt.

Das heißt, ich kenne mehr Leute die Spiel des Lebens gespielt haben oder spielen würden, als Personen die Die Spieler spielen oder spielen würde. Auf die Idee Spiel des Lebens ironisch zu spielen bin ich noch nicht gekommen. Wobei sich persönliche Präferenzen mit der Zeit natürlich verändern. Wobei die Veränderung keine (Weiter-)Entwicklung darstellen muss.

Insofern vage ich zu behaupten das alle Systeme zeitgemäß sind.
Es sind allerdings nicht unbedingt alle Settings zeitgemäß.
Da die Betrachtung und Bewertung des Setting normalerweise auf dem gegebenen kulturellen Kontext vorgenommen wird.
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Offline JollyOrc

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #38 am: 20.11.2019 | 14:11 »
ich werfe an dieser Stelle mal einen Verweis auf meinen Post von annodunnemal zum Thema "was ist ein modernes Rollenspiel?", sowie die ergänzende Erklärung etwas später dazu ein.

Irgendwie finde ich das immer noch passend. :)
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #39 am: 20.11.2019 | 14:18 »
Ein Funfact, der mir noch einfällt: Zu Zeiten der ersten Editionen gab es ja logischerweise ausschließlich Neulinge.
D.h. lauter Menschen, die sich unter Rollenspiel rein gar nichts vorstellen konnten.
Und auch heute noch gibt es jede Menge davon.
Und zudem jede Menge Leute, die das Spiel schon kennen.
Und obendrein noch verschiedene Systeme, verschiedene Editionen und und und.

Immer wieder treffe ich auf Leute, die von Rollenspiel noch nie was gehört haben.
a la "Rollenspiel?! Was ist denn das?"

Ich habe mir dann angewöhnt zu fragen: Kennst du bzw. kennen sie "Der Herr der Ringe"? (Denn diese Frage können nahezu 98% mit Ja beantworten)
Dann sage ich meistens: Ja Rollenspiel ist so ähnlich. Also es spielt auch in einer Fantasy Welt. - Nur dass man selbst einen Held in dieser Welt spielt.
Dann kommt meistens: Wie spielt? Am Computer?
Darauf ich: Nein nicht am Computer, sondern zusammen am Tisch.
Man stellt sich die Welt nur vor- doch es wird auch gewürfelt, und es gibt Regeln, was ein Held innerhalb dieser Welt alles machen kann.

Darauf folgt dann nicht selten ein: Aha. Noch nie was davon gehört.
 ~;D
« Letzte Änderung: 21.11.2019 | 07:51 von Issi »

Offline YY

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #40 am: 20.11.2019 | 20:37 »
Mit 46 erwarte ich für mein hart erarbeitetes Geld etwas Anderes als, noch mit 16.

Geht mir nicht viel anders, wobei ich ja interessanterweise im Vergleich zu früher (also mit 16) Unsummen ausgebe (aber zugleich bei Weitem nicht so viel wie mit Mitte 20) und mich das eigentlich deutlich weniger brennt, wenn ich da mal daneben greife.
Ich habe höhere Ansprüche und bin im Vergleich zu meiner Hochphase viel selektiver geworden - so viel ausgeben kann ich letztlich also nur, weil das Angebot so explodiert ist.
Letztlich geht es da gar nicht darum, dass ich das Geld jetzt selbst verdienen muss, sondern nur darum, dass ich meine Zeit nicht mehr mit suboptimalem Zeug vertun will, wenn es so viel Besseres gibt.

Allerdings gehöre ich auch zu der kleinen Gruppe oben erwähnter, die vergleichsweise viel für eine Bleiwüste zahlen würden, wenn die Regeln dafür genau das tun, was sie sollen und zum Benutzen geschrieben sind.
Dafür gibt es aber kaum einen Markt.

Wenn man kommerziellen Erfolg als einen Faktor für "Zeitgemäßigkeit" einbezieht, dann hast Du Recht.

Na, oben kam ja der Verweis auf "neueste rollenspieltheoretische Erkenntnisse" - da muss man sich doch irgendwo gewaltig vertan haben, sonst wäre es mehr oder weniger zwingend ein Erfolg gewesen.
Zeitgemäß heißt doch nach einer hier gefallenen Definition: Es tut, was gerade gewünscht bzw. benötigt wird.

Was also so gut den Zeitgeist trifft, kann eigentlich nicht so floppen.
Daher sage ich: Es war eben nicht zeitgemäß. Man hat einen recht radikalen Ansatz gefahren und das noch nicht mal handwerklich schlecht.
Aber man hat sich schon weit davor ordentlich verschätzt bei der Frage, ob dieser Ansatz überhaupt gewünscht ist.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Issi

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #41 am: 21.11.2019 | 08:18 »
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Rollenspieler mit der Zeit besser rausfinden, was ihnen besonders Spaß macht, und was nicht so.
Und je nachdem findet man dann seinen persönlichen Schwerpunkt oder auch unterschiedliche Schwerpunkte, und Systeme, die das am Besten erfüllen können.
Nach Robin D. L. gibt es ja verschiedene Spielertypen, und die meisten haben ja auch schon den Test gemacht zu wieviel Prozent sie Powergamer, Monstermetzger, Method Actor, Geschichtenerzähler usw. sind.
Aber was wenn man jetzt eine Gruppe aus unterschiedlichen Typen mit unterschiedlichen Vorlieben am Tisch hat?
So geht es mir nämlich.
Also Buttkicker, Taktiker und Geschichtenerzähler etc.  in einer Runde. Die werden sich schlecht auf nur einen Schwerpunkt einigen können.
Folglich bieten sich Systeme an, die verschiedene Geschmäcker bedienen können, ohne sich nur auf einen festzulegen.

Das hat vielleicht den Nachteil, dass sich ein System nicht wirklich spezialisieren kann. Auf der anderen Seite aber evtl.  auch den Vorteil, dass unterschiedliche Menschen leichter auf einen gemeinsamen Nenner kommen können.
Das finde ich tatsächlich einen wichtigen Aspekt. Also eine Besonderheit, die ich so nur im Rollenspiel habe.
Bei Brett und Kartenspielen ist das dagegen ja oft ziemlich genau definiert.

Jetzt wurde ja als Vorteil bzw. genannt, dass zeitgemäße Systeme genau wissen, welchen Spielspaß sie wie bedienen können.
Nur wissen das häufig selbst die Spieler nicht. Eine Gruppe ist nicht zwingend homogen. Es kann unterschiedliche Geschmäcker geben.
Daher finde ich es nicht unzeitgemäß, wenn ein System versucht, das mit berücksichtigen.

Wenn man jetzt nur seinem Geschmack folgt, und dafür ein spezialisiertes System wählt, dann geht das ja nur mit Spielern, die genau das auch spielen wollen.
Nur tauscht man ja nicht einfach so seine Spieler aus. Also Leute, mit denen man ansich gerne seine Freizeit verbringt.
Ein Spiel, das bewusst verschiedene Geschmäcker bedient, macht mEn. auch das dauerhafte Zusammenspielen von unterschiedlichen Spielertypen möglich.
Das Spiel selbst wird dadurch auch entsprechend abwechslungsreich.

Es ist klar mehr Mainstream- wie jetzt zum Beispiel DnD oder DSA. Aber das ist vielleicht auch mit ein Grund, warum die heute noch (also hochaktuell)so breit aufgestellt sind.
« Letzte Änderung: 21.11.2019 | 10:09 von Issi »

Offline Exar

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #42 am: 21.11.2019 | 10:46 »
Zeitgemäß ist wohl eine sehr individuelle Betrachtung, die mit vielen persönlichen Faktoren zu tun hat.
Wie alt bin ich? Bin ich neu im Hobby Rollenspiel, oder habe etwas/viel Erfahrung? Weiß ich überhaupt was genau mir gefällt?
Wie anspruchsvoll bin ich, kann ich über Schwächen hinwegsehen, wenn mir andere Aspekte am System gefallen? Wie sehr beeinflusst mich das Setting?
Faktoren wie Freizeit/Geld/Verbreitung haben sicher auch ihren Anteil.

Offline D. Athair

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #43 am: 21.11.2019 | 18:28 »
Nachdem ich den Anfang und einen guten Teil verpasst habe: Einmal quer durch Zitate.
Man möge mir verzeihen.

Damit sind wir wie drüben schnell fertig:
Aktuelle Systeme sind etwas anderes als zeitgemäße Systeme.
Natürlich hat es Vorteile, wenn Systeme aktuell bzw. "lebendig" und damit weit(er) verbreitet sind, aber das hat mit dem eigentlichen Spieldesign nicht viel zu tun.
Denn:
Für Rollenspiel an sich mag es keine allgemein feststellbaren Erfordernisse/Ansprüche geben, aber für bestimmte Spielstile kann man jeweils schon recht konkrete Anforderungen formulieren. Da ist der Knackpunkt mMn ein anderer: Diese Anforderungen sind a) weitgehend zeitlos und stehen damit gerade nicht im Kontext der jeweiligen Gegenwart und b) massiv von der jeweiligen Ziel- bzw. Nutzergruppe abhängig und damit auch in dieser Hinsicht nicht verallgemeinerbar.

Das unterschreibe ich alles. DOCH: Nicht verallgemeinerbare Anforderungen heißt nicht, dass es keine Regeln und Qualitätsmerkmale für gutes Design gibt. Schlechtes Design z.B. plagiiert, mischt neu ab, kann Anforderungen nicht identifizieren und vor allem: Es kennt seine Design-Ziele nicht. (Siehe auch was JollyOrc verlinkt hat.)

Das ist für mich tatsächlich ein allgemeingültiger Anspruch an ein zeitgemäßes System: Dass die Autoren sich mit Design-Zielen auskennen und Wege abstecken wie sie die warum erreichen können. Das beinhaltet auch das Management von Abenteuern, Quellenmaterial und generell die Präsentation des Spiels.

Old School Essentials ist für mich z.B. ein zeitgemäßes Spiel, weil es weiß, dass OS Regeln prinzipiell funktionabel sind, aber Regelerläuterungen, Referenzierbarkeit, Präsentation und Nachvollziehbarkeit für Leute, die funktionale Spielkulturen mit OS-Spielen nicht miterlebt haben, etwas total Wichtiges sind. Das Spiel bemüht sich die Mischung aus Freiform- und regelgeleitetem Spiel und DIY als Philosophie zu vermitteln.

Was es gibt sind ein paar best practices, die sich über kurz oder lang in fast jedem (flächendeckend) erfolgreichen System einer bestimmten Strömung finden lassen.
Gibt es die? Ich hab eher den Eindruck, dass fächendeckend erfolgreiche Systeme - teilweise bewusst - eierlegende Wollmolchsäue sind, die vielen vieles versprechen, aber allzuoft an konkreten und hilfreichen "How-to" Erläuterungen kranken.


Ich glaube das ist der Punkt. Betrachte die Situation, in der Jiba das gesagt hat. Was wollte er ausdrücken: "Bitte empfehlt keine Spiele, von denen wir wissen, dass sie schlecht gemacht sind."
  Das ist auf den Punkt!

Die Erfordernisse haben sich vielleicht nicht geändert aber durchaus die Erkenntnisse, wie man sie erfüllt.
+1

Es gibt klare Gewinne an Verständlichkeit, weil die Präsentation dahingehend besser geworden ist.
+1

Zeitgemäß ist auch die Erkenntnis, das Rollenspiel, was man gerade spielt eher als Werkzeug zu sehen, welches man auf seine und die Bedürfnisse der Gruppe anpassen darf/kann/sollte [...]
Ja. Und eben das reflektieren mMn zeitgemäße Spiele in den Regeln und im Umgang mit dem Setting.


Zeitgemäß ist vielleicht auch einfach, das man nicht mehr mit Büchern um die Ecke kommt, die aussehen, als wären die Bilder von Kinderhand gemalt worden und [...] noch ein vernünftiges Layout haben.
Stimme ich beidem nicht zu. Die Illus von Scrap Princess oder für 50 Shades of Vorpal sind sehr zeitgemäß. Auch das Layout von WFRP1 ist jetzt nicht unterste Schublade. Auch heute nicht.

Entscheidend ist vielmehr zu wissen, was man warum wie macht. Dazu gehört auch ne gewisse Informiertheit.
Also: Dass so ein völlig überzogenes, knalliges Layout für Pathfinder 2 vielleicht noch akzeptabel ist, aber in andern Kontexten völlig daneben wäre. Dass ich unkonventionelle Künstler.innen wie eben Scrap Princess oder Andrew Walker nicht für konventionelles High-Klischee-High-Magic-High-Fantasy Spiel nehmen kann - obwohl Scrap Princess zu Paizos Inklusionspolitik gut passen würde.


Ich finde Marzaans Analyse sehr treffend und vermute tatsächlich, dass dieser kleine rhetorische Trick hier recht häufig Anwendung findet.
Sie bleibt aber dahingehend unsauber, als dass es weitere rhetorische Taschenspielerkniffe gibt.

Zeitgemäß hat 2 unabhängige Achsen:
1. Zeitgemäß = Stand der Technik -> Umsetzung eines bestimmten fixen Konzepts mit eher mehr als nicht messbarer Verbesserung zum Erreichen desselben spezifischen Ziels.
2. Zeitgemäß: = Der aktuellen Mode und Geschmack entsprechend.

Und als netter rhetorischer Tiefschlag deutet man ein Versagen bei 1 an, wenn eigentlich nur eine Geschmacksdivergenz bei 2 vorliegt.
Tiefschlag #2: Man tut so als wäre der Stand der Technik bloß mondänes Gehampel.
Tiefschlag #3: Bei Vorliegen eines Trends wird vorgeschoben, um einen neuen Stand der Technik nicht anerkennen zu müssen.
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline Maarzan

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Re: Zeitgemäße Systeme
« Antwort #44 am: 21.11.2019 | 19:29 »
Sie bleibt aber dahingehend unsauber, als dass es weitere rhetorische Taschenspielerkniffe gibt.
Tiefschlag #2: Man tut so als wäre der Stand der Technik bloß mondänes Gehampel.
Tiefschlag #3: Bei Vorliegen eines Trends wird vorgeschoben, um einen neuen Stand der Technik nicht anerkennen zu müssen.

Bei Nr. 1 steht der Geschmack des Wertenden als Messlatte für "zeitgemäß" -> die Annahme das Geschmack nicht treffen mangelnde Technik ist. Bei der unsauberen Basisprämisse ist schwer gegen anzuargumentieren.

Bei den Umkehrungen #2 und #3 wäre die Prämisse doch: das (d.h. der stil des Gegenüber) geht mit neuen Techniken besser.
Und wenn das nicht doch ein verkapseltes #1 über "besseren" Geschmack sein sollte, müsste dabei ja aufzeigbar sein, dass die Geschmacksnische welcher der  Zweifler angehört mit neuen Techniken für deren explizite Anhänger besser bedienbar wäre. Und das sollte dann prinzipiell machbar sein.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...