Und dann eben noch ein Titel aus Miles Davis´ legendären Bitches Brew Album von 1969. Ich wähle "Miles runs the voodoo down" weil es in gewisser Hinsicht der am meisten verdichtete Track des Albums ist.
Miles Davis: Miles runs the voodoo downÜber einem simplen Bassriff und einem langsamen Rockgroove zeigt hier Miles Davis sein gesamtes Können: in mittlerer Lage erklingen bluesartige Spiele zwischen Dur und Moll (manchmal in einer Spielweise, die fast an eine Stimme erinnert), in der Tiefe erklingen langgezogene, überdehnte Töne, manche Klänge erinnern an ein Rufen, Raunzen oder Schreien, manchmal erklingen aber auch kurze, abgehackte Melodiefragmente. Die eigentliche Polyphonie wird durch die Überlagerung von sich ständig verändernden Rhythmen und melodischen Bögen erzeugt, die eine fast schon hypnotische Dichte erzeugt. Nach Miles Davis´ erstem Solo (ca. 4´08´´) groovt die Band erstmal eine Weile weiter, dann steigt Wayne Shorter in ein Solo ein (ca. 6´14´´), das er zu teilweise quietschigen, manchmal auch intensiv krächzenden Sounds weitersteigert - ständig begleitet von der gurgelnden Bassklarinette Benny Maupins. In der Folge spielen sich die E-Pianisten Chick Corea und Larry Young die Bälle zu (ab ca. 8´02´´). Achtet auf die zunehmend krasser werdenden und aus dem Rhythmus fallenden Sounds: Voodoo? Was auch immer: der Track hat einen weiteren Höhepunkt erreicht. Gegen Ende (ab ca. 10´43´´) meldet sich nochmals Miles Davis zu Wort. Nach ein paar Linien reduziert er seine Beiträge auf das Setzen von Akzenten (ab ca. 11´44´´). Hört euch an, mit was für einem Gespür die Band darauf reagiert: die Musik erhält für einen Moment neuen Drive und Action. Schließlich kehrt Miles Davis wieder zum Anfangsgestus zurück und führt das Stück zu einem Ende.
Ich liebe dieses Stück. Wenn irgendjemand behauptet, das sei die Geburtsstunde des Rockjazz gewesen, muss ich lachen. Das ist so viel mehr!