Autor Thema: [Dresden Files] Miami Files - Die Ritter von Miami (a.k.a. "Die schönen Männer")  (Gelesen 49762 mal)

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Online Timberwere

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Später. Gefüttert, getränkt, Hausaufgaben angeschaut. Kaffeebecher neben mir. Keine Ausreden mehr, Alcazár.

Während wir mit unseren jeweiligen Gegnern beschäftigt gewesen waren, hatten Lady Fire und Lord Frost allmählich aufgedreht, und als wir jetzt Zeit hatten, hinzusehen, fiel uns erst so richtig auf, wie sehr. Sie beharkten einander immer stärker, und das tat der Insel überhaupt nicht gut. Von der Hitze ihrer Feuerwalzen verglaste der Sand, und von der Kälte seiner Eiswellen knackte der Boden. Wenn das so weiterginge, bliebe von der Insel nichts, rein gar nichts, mehr übrig, das als Anker dienen könnte. Wir mussten die beiden von der Insel herunterholen, irgendwie. Nur wie?

Während des Kampfes hatte Lady Fire sich vom direkten Ufer weg und auf die Klippen ein Stückchen landeinwärts zubewegt. Jetzt machte sie Anstalten, dort hinaufzusteigen – und zwar nicht etwa kletternd die Felsen hoch, wie man das erwarten würde. Nein, wir reden von Lady Fire: Sie erhitzte einfach die Luft unter sich und schwebte auf diesem Polster nach oben.
Totilas warf seine übermenschliche Schnelligkeit an, um vor der Lady oben auf der Klippe zu sein, und dank Supermond war Edward nur knapp hinter ihm. So, wie sie sich oben positionierten, wollten sie Lady Fire von der Insel bugsieren, also rief ich von unten einen Sommerwind, der von der Insel weg in Richtung Meer wehte und den Totilas und Edward nutzen konnten, als die Lady oben ankam und die beiden sie mit einem kräftigen Tritt seitens Totilas und einem mächtigen Fausthieb seines Edwards gen Ufer trieben. Tatsächlich landete die Lady zwischen Lord Frost und dem Meer, und im weiteren Verlauf des Kampfes gewann Lord Frost immer mehr die Oberhand. Die Lady bewegte sich in einem Rückzugsmanöver seitwärts am Ufer entlang – denn vor sich der Winterfae, hinter sich das Meer, das konnte ihr beides nicht gefallen, und es wurde mehr als deutlich, dass sie nicht bereit war, das Wasser zu betreten.

Vanguard rief irgendwas von wegen, es sei keine Zeit mehr, und eilte mit Edward und Totilas los in Richtung Ritualplatz. Ich hingegen war immer noch der festen Überzeugung, dass die beiden Kämpfer von der Insel herunter mussten, also folgte ich stattdessen den beiden Fae. Sie mussten von der Insel runter, und... Und vielleicht gab es ja doch noch eine Chance. Einen allerletzten Versuch musste ich wagen. „Ich wollte doch das alles nie!“ rief ich ihr zu. „Können wir das nicht doch noch irgendwie klären?“ Kurz hielt Lady Fire inne und drehte sich zu mir. „Du hast mir das Herz gebrochen!“

Und dann...

Mierda. Ich brauche noch einen Kaffee, glaube ich. Oder einen Schnaps. Egal, dass es Nachmittag ist. Gleich wieder da.

Auf, Alcazár. Führt ja kein Weg daran vorbei.

„Du hast mir das Herz gebrochen“, rief Lady Fire und starrte mich dabei wutentbrannt an. Und dann...
„Technisch gesehen war ich das“, sagte Lord Frost ungerührt und…
...und durchbohrte sie mit einer Eislanze.

Lady Fire brach zusammen. Ich rannte zu ihr, fiel neben ihr auf die Knie. Unter der braunen Haut war sie bleich geworden, trüb die Flammen ihrer Augen. Die Eislanze in ihrer Brust war ein entsetzlicher, unendlich falscher Fremdkörper. „Es tut mir so leid“, stammelte ich, „das wollte ich alles nicht...“ „Ich hätte das alles nicht tun können, wenn du mir nichts bedeuten würdest“, wisperte Lady Fire. „Aber...“ - meine Stimme war auch nicht lauter als ihre - „warum?“ “Du hast mir das Herz gebrochen, und dann bin ich meinen Weg gegangen, und jetzt sind wir beide hier…” Ich bekam kein Wort heraus, fasste nur nach ihrer Hand. “Erzähl mir eine Geschichte…” Ich hielt ihre Hand fester, und meine Stimme war so erstickt, man sie kaum verstehen konnte. Aber doch laut genug. Laut genug für sie und für mich. “Es war einmal… eine wunderschöne Feenlady…”

Ich weiß nicht, wie lange ich dort neben ihr im Sand kniete, sie in den Armen hielt und mit Tränen in den Augen meine Geschichte für sie spann. Ich saß auch weiter da und hielt sie fest, als das Leben schon längst aus ihr entwichen war. Hielt sie fest, bis ihr Körper irgendwann in meinen Armen zu Asche zerfiel.
Auch nachdem Lady Fire nicht mehr war, saß ich noch lange reglos dort. Lord Frost hatte sich zurückgezogen, schon ganz am Anfang, gleich nach dem tödlichen Schlag. Aber das hatte ich kaum registriert.
Ich habe auch keinerlei Erinnerungen mehr daran, was ich ihr eigentlich erzählt habe. Das will ich auch gar nicht. Diese Geschichte war für Lady Fire, und für Lady Fire allein, und dass die Worte mit ihr vergangen sind, das fühlt sich seltsam passend an.

Irgendwann, ich weiß nicht, wieviel später, rappelte ich mich auf und stolperte los, um die anderen zu suchen. Am Landeplatz der Schiffe stieß ich auf Edward und seine Mutter, die gleichzeitig völlig erschöpft, verwirrt und aufgedreht wirkte. Und täuschte ich mich, oder zuckten Flammen in Marie Parsens Augen? Tatsächlich täuschte ich mich nicht. Mit Lady Fires Tod war das Amt der Lady auf den nächsten passenden weiblichen Menschen übergegangen, und das war Marie. Ihre so plötzlich erworbenen neuen Fähigkeiten überwältigten und überforderten Mrs. Parsen vollkommen, und sie musste sie herauslassen, und zwar gleich, aber eben nicht hier, nicht auf der Insel der Jugend. Also wollte Edward seine Mutter auf die nächstgelegene Insel bringen, auf die von Alex so treffend benannte “Kollateralschadeninsel”, wo Lady Fire - die vorige Lady Fire, meine Lady Fire - beim letzten Mal auch schon größere Teile des Bewuchses in Brand gesteckt hatte - damit sie dort in Ruhe ihren Ausbruch haben konnte.

Am Ufer sah Mrs. Parsen ganz erstaunt auf das Meer hinaus und zischte etwas davon, dass das Wasser ihr auf einmal so unsympathisch sei. Ein Schiff entfernte sich gerade; an Deck stand Lord Frost und winkte seiner neuen Konkurrentin ganz leger zu - offensichtlich gibt es eine gewisse Zeit der Ruhepause oder Waffenstillstand oder wie man es nennen will nach einem Wechsel des Lords oder der Lady. Aber er war Marie jedenfalls auch auf Anhieb unsympathisch, was sie wunderte, weil sie den Mann ja noch nie im Leben gesehen hatte. Also verbrachten wir die Überfahrt zur Kollateralschadeninsel damit, ihr so gut wie möglich ein bisschen was über ihre neuen Umstände zu erklären. Dank ihrer Beziehung zu Antoine und ihrem Wissen um das Übernatürliche war es weniger ein Problem, sie dazu zu bringen, dass sie es glaubte - aber überwältigend war das Wissen um die Tatsache, dass sie nun eine mächtige Sommerfee ist, die sich einen ewigen Kampf mit ihrem Gegenpart von Winter liefern muss und irgendwann von ihm umgebracht werden wird, wenn sie ihm nicht zuvorkommt, natürlich dennoch.

Während Mrs. Parsen im Inneren der Kollateralschadeninsel versuchte, mit ihren neuen Kräften klarzukommen, erzählte Edward mir, was am Ritualplatz geschehen war. Bei ihrer Ankunft hatten Alex und Roberto dort Sergeant Book brennend und in einer Feuersäule schwebend vorgefunden; Marie, Antoine und Jugend (der sehr kindlich und schwach aussah) lagen gefesselt am Boden. Zwei von Vanguards Leuten waren bei einem in die Erde gebrannten Bannkreis dabei, Dinge für das Ritual zurechtzulegen. Obgleich die Lykanthropen nicht bereit waren, ihre Gefangenen freizugeben, konnten die Jungs sich mit ihnen doch friedlich einigen, und gemeinsam bereiteten sie das Ritual weiter vor. Als Edward, Totilas und Vanguard dann dazukamen, untersuchte Edward erst einmal den Aufbau des Rituals, ob Lady Fire vielleicht eine geheime Agenda eingebaut hatte. Das hatte sie tatsächlich: Der Zauber würde zwar tun, was er tun sollte, und zwar das Biest unter Kontrolle bringen, aber diese Kontrolle sollte auf Lady Fire übergehen, nicht auf James Vanguard. Die Veränderungen am Ritualaufbau konnte Edward aber immerhin nutzen, um Vanguard bei seinem Vorhaben zu unterstützen. Allerdings brauchte er Roberto dazu, der ihm, wie bei dem Ritual am Lochan Dubh nan Geodh für Gerald, seelisch-magischen Beistand leistete. Als das Biest im Kreis - und zwar durch Alex hindurch, der gewissermaßen als lebendes Portal diente - erschien, erhielt Vanguard denselben seelisch-magischen Beistand von Edward, wie der ihn von Roberto bekam, wodurch er trotz aller Lykanthropenwut seinen menschlichen Intellekt weiterhin nutzen konnte und das Biest somit besiegte. Totilas fing indessen Sergeant Book ab, der mit Lady Fires Tod aus seiner Feuersäule freikam und der ansonsten ohne weitere Umstände auf den gerade kämpfenden Vanguard losgegangen wäre.

Tatsächlich siegte Vanguard und konnte den Zorngeist des Wolfs unter seine Kontrolle zwingen. Sein Erfolg blieb nicht unbemerkt - das wilde Freudengeheul seines Rudels hatte ich sogar in meiner Betäubung unten am Strand undeutlich mitbekommen.

Totilas bekam auch heraus - Edward sagte nicht, wie, aber wenn Totilas auf diese Weise einfach so über eine Information verfügt, dann meistens, weil er sie von seinem Dämon bekommen hat, das weiß Edward ebenso gut wie ich -, dass ein Outsider-Dämon, und zwar die Lady der Verschlungenen Wege, die Begleiterin von Luftballon-Jack, die beim letzten Mal auch auf der Insel war, sich wieder dort aufhielt, und zwar am Jungbrunnen selbst. Das war der Moment, als die Jungs sich trennten und Edward seine Mutter zum Strand brachte, nachdem sie die Gefangenen befreit hatten, während die anderen zum Jungbrunnen gingen. Das heißt, das, was jetzt kommt, habe ich hinterher von den Jungs erzählt bekommen.

Am Brunnen stellte Alex fest, dass irgendwie falsch anmutendes Wasser aus einem, hm, ich nenne es mal Netherriss (ja, ich habe zu viel Arcanos gespielt, dass mir diese Assoziation kommt) floss, der so geschickt im herabbplätschernden normalen Wasser versteckt war, dass man ihn ohne Alex’ besonderes Talent in dieser Richtung wohl kaum hätte bemerken können. Auf der Ummauerung des Brunnens stand für jeden ein Teller mit Kuchen - den rührte aber natürlich niemand an. Während Totilas das falsche Wasser auffing und Alex den Netherriss verschloss, nutzte Roberto einen seiner beiden Schleiertränke, um sich damit einmal umzuschauen. Und tatsächlich konnte er auf diese Weise die Lady der Verschlungenen Wege sehen, die sich im Gebüsch versteckt hatte. Als sie erkannte, dass sie bemerkt worden war, grinste sie Roberto zu und machte eine fragende Geste in Richtung der Kuchenteller. Da niemand reagierte, nahm sie die Kuchenstücke und schob sie sich samt Tellern in den Mund, ließ ein Stück aber draußen, um es Roberto gesondert hinzuhalten. Der schlug ihre Hand weg, und der Kuchen klatschte auf die Erde - wobei er für die anderen mitten aus dem Nichts erschien, weil die ja von der Lady nichts sehen konnten. Nur für Roberto zu erkennen, grinste diese noch einmal und verschwand dann spurlos.
Sowohl das falsche Wasser als auch der zu Boden gefallene Kuchen gingen an Sergeant Book zum Entsorgen. Jugend und seine Insel waren - sind - sehr geschwächt. Book meinte, sie würden sich vielleicht regenerieren, wenn die nächsten 100 Jahre niemand, aber auch wirklich niemand außer ihrem Hüter, die Insel betrete. Aber falls die menschliche Magie irgendetwas hergebe, was beim Stärken der Insel helfen könne, nur zu.
Book war zunehmend gereizt wegen des Wutmondes. Um dessen Wirkung etwas abzuschwächen, wirkte er einen Zauber, der Wolken vor den Mond rief und ein lokal begrenztes Gewitter auslöste.

Diese Verdunkelung des Himmels und das Gewitter drüben über der Insel der Jugend sahen wir auf der Kollateralschadeninsel natürlich auch, während wir darauf warteten, dass Edwards Mutter sich austobte. “Irgendwie romantisch, diese Gewitterstimmung da drüben”, meinte Edward versonnen, aber ‘romantisch’ war das allerletzte Wort auf Erden, das ich in diesem Moment hören wollte. Ich antwortete nicht, sondern grübelte weiter, und so warteten wir schweigend, bis Marie zu uns zurückkehrte.

Wieder zurück auf der Insel der Jugend stellten wir fest, dass George in der Zwischenzeit die Kämpfer des Winters schon wieder nach Hause gebracht hatte. Der Ritter ohne das Eidbrecher-Zeichen, den ich besiegt hatte, war von Hurricane in Gewahrsam genommen und ebenfalls abtransportiert worden. Es lag auch nur noch eines der beiden Feuerschiffe vor Anker; das andere hatten wohl die überlebenden Eidbrecher-Sidhe genommen, Sir Kieran eingeschlossen. Colins Ventilator-Motorboot, das von dieser seltsamen, unguten Magie angetrieben wurde, war ebenfalls verschwunden – das hätten wir uns ja denken können, dass der sich absetzen würde.

Weil Marie Parsen und ihre Feuerwichtel den übriggebliebenen Sommersegler nahmen wollten, brachte George die Vanguard-Leute und uns zurück nach Miami, und auch die reuigen Ritter schlossen sich uns an.
Auf dem Rückweg bat ich George außerdem, er solle in Zukunft die Lady Fire-Träume nicht mehr komplett auffressen. Ja, es mögen Alpträume gewesen sein, und ja, eigentlich war und bin ich meinem kleinen Traumfresserkumpel ja auch dankbar, dass er sie mir die ganze Zeit über erspart hat, aber... Aber. Irgendwie bin ich es ihr und ihrem Andenken schuldig, die Träume ab jetzt zu nehmen, wie sie kommen, und nicht den billigen Ausweg über George zu wählen.

Unsere Wunden waren glücklicherweise alle nicht lebensbedrohlich. Zum Teil hatte es uns schon ziemlich gebeutelt, aber gracias a Dios ging es bei uns allen einigermaßen.

Wie gestern vor dem Schlafengehen schon kurz geschrieben, kamen wir irgendwann mitten in der Nacht wieder in Miami an. Es war tatsächlich der 16. November, hier draußen in unserer Welt waren also einige Tage vergangen, während es im Nevernever nur ungefähr einer gewesen war. Aber wie vorhin auch schon kurz geschrieben, ist damit wenigstens der Supermond vorbei.

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17. November

Heute haben wir hin- und herüberlegt, welche Buße Sir Aiden und Sir Fingal, die beiden reumütigen Ritter, wohl tun könnten, damit sie es verdienen, wieder an Pans Hof aufgenommen zu werden.
Wie ich es erwartet hatte, war Pan durchaus damit einverstanden, sie wieder in seine Gegenwart zu lassen, und wenn es nach Pan ginge, dann hätte er sie als Strafe einfach Bier holen geschickt. Der Herzog ist nunmal absolut kein nachtragender Typ. Aber nein. Es muss eine angemessene Sühne sein. Genau das war ja das Problem. Die Sidhe-Ritter hatten, haben, keinerlei Respekt für Pans Hof, genau deswegen ließen sie sich ja von Lady Fire verleiten, ihr zu folgen und Pan zu verraten. Sie haben keinen Respekt für Pans Hof, und genau den muss Pan sich verschaffen - oder besser, ich muss ihn ihm verschaffen, denn ich bin sein Erster Ritter, und der Erste Ritter trägt eine Verantwortung dafür, wie die anderen Ritter bei Hofe ihren Herzog sehen. Weder Colin, noch der cabrón, noch Sir Hortie sind dieser Verantwortung nachgekommen, und um so mehr liegt es jetzt an mir, diese Scharte wieder auszuwetzen.

Totilas schlug vor, den beiden Reumütigen etwas aufzuerlegen, das eine echte Strafe und eine echte Demütigung wäre, aber nein. Es soll eine Strafe sein, ja, aber nichts, das sie entwürdigt. Es sind immer noch Ritter, und Hohe Sidhe dazu. Und nein, ich werde sie auch garantiert nicht beauftragen, den Babysitter für Edwina Ricarda zu machen. Ihnen die Tochter ihres Herzogs anvertrauen, den sie verraten haben? Oh nein. Dieses Vertrauen müssen sie sich erst wieder verdienen. Eine Queste. Wir brauchten eine echte, anspruchsvolle und eines Ritters würdige, aber dennoch durchaus als Strafe zu sehende Queste.

Gemeinsam (ich sage deswegen gemeinsam, weil ich beim besten Willen nicht mehr weiß, von wem der Vorschlag tatsächlich stammte) kamen wir schließlich auf eine Idee, die all das beinhaltet, was ich erreichen will. Einer der Jungs machte den Vorschlag, und gemeinsam arbeiteten wir die Idee dann genauer aus. Turniere. Wir schicken sie auf die Turniere der anderen Sommerhöfe, wobei sie grau tragen müssen - sie dürfen weder in ihren eigenen noch in Pans Farben antreten. Auf diesen Turnieren müssen sie Pans Hof vertreten und jederzeit mit Respekt von ihm sprechen, ohne sich zu abfälligen Bemerkungen hinreißen zu lassen. Auch Pan selbst müssen sie natürlich jederzeit Respekt erweisen. Und wenn jeder von ihnen eine bestimmte Anzahl Turniere gewonnen hat (wieviele genau, das muss ich mir noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen), dann dürfen sie an Pans Hof zurückkehren.

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Eben hat Cicerón Linares angerufen. Enrique und die anderen Flüchtigen sind tatsächlich derzeit auf den Hanffeldern der Santo Shango, aber dort können sie ja nicht ewig bleiben. Linares wollte wissen, wie es jetzt weitergehen solle, also verabredeten wir ein Treffen. In drei Stunden an der Way Station. Selva Elder wird begeistert sein.

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Was soll ich sagen: Selva Elder war begeistert. „Ihr schon wieder“, begrüßte sie uns, und dann wurde ihre Miene noch ein wenig abweisender, weil sich in Cicerón Linares' Begleitung auch Ilyana Elder befand, und deren Überlaufen zu den Santo Shango nimmt ihr ihre Familie offenbar immer noch übel. Aber es blieb bei Blicken – anscheinend haben sie sich doch irgendwie arrangiert.

Das Gespräch mit Linares verlief soweit völlig zivilisiert. Wir waren uns darüber einig, dass ein Unterschlupf auf den Hanffeldern kein Dauerzustand für Enrique und seine Begleiter sein kann, und dass eine Flucht nach Kuba vielleicht eine Lösung wäre. Ich werde mit Enrique reden – das hatte ich ja ohnehin vor – und Linares dann bescheid geben.

Cicerón bot an, er könne meinem Bruder und seinen Leuten auch einen Job in seiner Organisation anbieten – er könne Enrique gut gebrauchen. Ich konnte nicht verhindern, dass mein Tonfall ziemlich misstrauisch herauskam, als ich fragte: „Als was?“ „Naja, gute Leute werden immer gebraucht“, wich der Gangsterboss der Frage aus. Es müsse ja auch nicht unbedingt in Miami sein, es gäbe ja auch andere Möglichkeiten, in Kuba zum Beispiel. „Ja“, antwortete ich in extrem vorsichtigem Tonfall, bevor Linares weitersprach: Enrique habe ja auch Erfahrung in dem Geschäft – eine Aussage, die ich mit einem genauso reservierten „Ja“ wie das erste quittierte. Das blieb Linares natürlich nicht verborgen. „Ricardo, ich spüre da gewisse... moralische Bedenken?“ Dreimal dürft ihr raten, Römer und Patrioten: Er bekam noch ein „Ja“ von mir, wieder in genau demselben Ton. Linares' Antwort erfolgte nicht in Worten, sondern er warf lediglich mit hochgezogener Augenbraue einen Blick zu Totilas. Ja, por demonios, ich weiß, dass einer meiner Freunde nicht nur ein Vampir ist, sondern ein verdammter Crime Lord dazu. Also machte ich eine wiegende Handbewegung. „Moralische Bedenken... hindern einen unter gewissen Umständen nicht daran, sich zu... arrangieren.“

Diese Einstellung gefiel dem Santo Shango. War ja klar. Und er finde es ohnehin ziemlich gut, erklärte er dann, dass wir uns mal treffen würden, so ganz allgemein; immerhin läge das Wohl der Stadt ja uns allen am Herzen. Najaaaa. Was ein Cicerón Linares so „Wohl der Stadt“ nennt. Also bekam er noch ein sehr vorsichtiges, sehr verhaltenes „Ja“ von mir. „Und für das Wohl der Stadt kann man sich doch sicherlich...“ - er sah mich an, während er den von mir gewählten Begriff wieder aufgriff - „... arrangieren.“ Er hob sein Glas. „Salud.“ „Salud“, erwiderte ich und hob mein Glas ebenfalls leicht, während Totilas mit Linares anstieß. Und das erregte in der Waystation tatsächlich ein bisschen Aufmerksamkeit, Römer und Patrioten, denn immerhin sind die Santo Shango und der White Court ja eigentlich harte Konkurrenten.
« Letzte Änderung: 1.09.2017 | 01:18 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
Meine Rede.
Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

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Ach, ja, die Kollateralschadeninsel. Und der Cicerón. :D
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Kssssss. Der arme Cardo erlebt einen hoch tragischen Moment, ist völlig durch den Wind, und dir fällt nichts anderes ein zu sagen als "Ach ja, die Kollateralschadeninsel"? Kssssss. Echt jetzt. :P
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
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Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

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Nach meiner Rückkehr aus der Waystation rief ich Yolanda an, weil ich sie bei dem Treffen mit Enrique dabei haben möchte. Immerhin geht es um eine Familienangelegenheit, und unsere Schwester ist Juristin. Roberto wird auch dabei sein; er ist immerhin fast sowas wie Familie, vor allem, da sein Bruder Carlos und Enrique so dicke Freunde sind. Edward will lieber nicht mit, aber das ist ja klar: Er ist Polizist und müsste die Flüchtigen sofort festnehmen, wenn er sie sähe. Dass er das alles mitbekommt, ist eigentlich schon zu viel, aber so richtig davon abschirmen können wir ihn auch nicht. Aber weil er eben nicht mitkommen kann, bleibt er lieber in der Nähe des Hauses meiner Eltern und hält ein Auge auf ‘Jandra.

Auch mit Enrique wollen wir uns wieder in der Waystation treffen, das ist einfach einer der besten Orte für sowas. Linares haben wir entsprechend informiert, damit der der Gruppe auf den Hanffeldern bescheid geben kann. Morgen dann das Treffen.

Dazu haben wir heute noch besprochen, welche Optionen es überhaupt für Enrique gibt.
Ein ehrlicher Job wäre natürlich das Beste. Aber was? Für eine Karriere als Sportler ist er mit Mitte dreißig zu alt. Für den Posten als Rausschmeißer eines Clubs zu aggressiv. Körperliche Arbeit wäre ganz gut. Aber auch da wieder, wo? Auf einer Ölplattform, mit anderen harten Kerlen, die keinen Spaß verstehen, zusammengepfercht auf engem Raum ohne Rückzugsmöglichkeit? Als Koyanthrop? Keine Chance. Bauarbeiter? Vielleicht. Aber das ist auch nicht ideal. Irgendwas in der Einsamkeit wäre gut, wo Enrique sich aber trotzdem körperlich betätigen kann. Waldarbeiter oder sowas. Glades-Ranger. Aber dafür ist mein Bruder nicht der Typ.
Er könnte sich freiwillig stellen und wieder ins Gefängnis gehen. Sich auf die chaotischen Umstände bei dem Feuer herausreden, alles auf eine Kurzschlussreaktion schieben, Reue zeigen und darauf hoffen, dass sie ihm die Strafe nicht allzusehr verlängern. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass er auf Nachsicht hoffen kann? Nicht sehr, wenn man ehrlich ist.
Linares hat ja angeboten, dass Enrique für ihn arbeiten kann. Aber nein. Das wäre ja doch nur wieder irgendwas Illegales, und dann käme er aus den Gangsterkreisen gar nicht mehr raus.
Vielleicht ist nach Kuba absetzen doch die beste Option. Ximena hat ja ohnehin schon angefangen, alles Notwendige dafür zu organisieren.

Eines ist ziemlich sicher: Er wird seine Tochter haben wollen. Als Roberto diesen Einwurf brachte, merkte ich, dass der Supermond doch noch nicht ganz vorüber ist, sondern wir uns bis zum nächsten Vollmond noch mit den Nachwehen davon herumschlagen müssen. Ich fuhr nämlich ein kleines bisschen aus der Haut. NICHT ALS VERBRECHER. Ich meine, natürlich ist sie nicht meine Tochter, sondern seine. Aber ich werde nicht zulassen, dass sie ein Leben auf der Flucht führen muss oder als Kind eines Gangsters aufwächst.

Als ich fertig geschimpft hatte, brachte Alex die Option 'unfreiwillig ins Gefängnis zurück' ins Spiel. Immerhin wissen wir, welchen Weg sie zu und von dem Treffen nehmen werden. Gaaaah. Ja, es wäre eine Option. Aber sie gefällt mir ganz und gar nicht.
Aber einen Plan B sollten wir haben, beharrte Alex. Stimmt. das sollten wir. Na gut, Plan B. Falls es sonst nicht anders geht.

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18. November

Mierda y cólera, das ist ja mal so richtig schön schiefgelaufen. Ich habe es versemmelt, Römer und Patrioten. Ach seufz.

Aber gut, es ist jetzt so gelaufen, jetzt kann ich es auch nicht ändern, sondern muss einfach versuchen, das Beste daraus zu machen.

Edward kam wie gesagt nicht mit zu dem Treffen mit Enrique, sondern blieb in Miami, um aus der Ferne auf Alejandra aufzupassen. Totilas kam zwar mit uns in die Waystation, setzte sich aber mit guter Sichtlinie an einen anderen Tisch, während Alex im Auto ebenfalls in Reichweite blieb. Das wusste ich natürlich in dem Moment noch nicht, aber er kundschaftete schon einmal die Gegend aus, wo sich die Highway Patrol heute stationiert hatte, um sie im Notfall aufscheuchen zu können.

Selva Elder war heute auch nicht glücklicher, uns zu sehen, als gestern. Ich weiß auch nicht, warum sie glaubt, jedesmal, wenn wir kämen, gebe es Ärger. Nicht jedes Mal. Wir waren auch schon hier, ohne dass irgendwas passiert ist. Siehe gestern. Aber okay, ich verstehe schon, dass die Male, wo die Situation eskaliert ist, die anderen Gelegenheiten ein bisschen überschatten. Aber jedenfalls servierte Selva uns Getränke und Gumbo: Geschäft ist immerhin Geschäft.

Enrique – muskelbepackt und fit, aber klar, er hatte im Gefängnis vermutlich nicht viel anderes zu tun als Sport zu machen – tauchte mit seinen drei Mitflüchtigen auf, dazu Carlos Alveira, der sich seinen Freunden partout hatte anschließen wollen.

Anfangs freute Enrique sich ehrlich, mich zu sehen. Ich freute mich ja auch, so war es ja nun nicht, aber ich wusste eben, was das Thema dieser Besprechung sein würde, und war entsprechend angespannt. Mit einem erfreuten „Hey, du hast trainiert!“ zog Enrique mich in eine Umarmung, was ich mit einem „Schon. Ein bisschen“ quittierte und dann erstmal zusammenzuckte, weil das natürlich voll auf den Verband über der Schwertwunde in meiner Seite drückte.
„Hey! Hat dir etwa einer was getan?!“ fragte Enrique empört, aber ich winkte ab. „Es geht schon.“ „Hey, keiner tut meinem kleinen Bruder was!“ „Es war halt Supermond“, beschwichtigte ich, „die Kacke war am Dampfen. Es geht schon, ehrlich.“

Nach diesem erfreulichen Anfang kippte das Gespräch aber relativ schnell in eine unangenehme Konfrontation, weil Enrique gar nicht lange brauchte, bis er das Thema auf Alejandra brachte. Er erklärte, er wolle sie jetzt natürlich haben, und ich argumentierte nach Kräften dagegen. Dass Enrique ein gesuchter Verbrecher sei, dass ihm, wenn er sich nicht freiwillig stellen würde (was er natürlich vehement ablehnte), ein Leben auf der Flucht bevorstände, und ob er seine Tochter da wirklich mit hineinziehen wolle. Dass Stabilität und ein geordnetes Leben doch besser für sie seien. Enrique allerdings war keinen Argumenten zugänglich. Ein ums andere Mal wiederholte er: „Aber sie ist meine Tochter!“, und er wurde dabei immer ärgerlicher. Mein daraufhin vorsichtig angebrachtes Argument, er habe sich vielleicht auch nicht immer so perfekt unter Kontrolle, war allerdings der völlig falsche Ansatz, denn darauf reagierte er überhaupt nicht gut. „Ich könnte Alejandra nie etwas tun!“ tobte Enrique los, und einerseits glaubte ich ihm ja, dass er das glaubte - ich weiß sehr wohl, wieviel ihm an ‘Jandra liegt -, aber andererseits bin ich mir eben nicht sicher, ob er sich in voller Vollmondrage nicht vielleicht doch mal vergessen könnte.

So ging es noch ein paarmal hin und her, wobei Enrique immer hitziger wurde und ich versuchte, ruhig zu bleiben, bis er mir irgendwann wütend entgegenschleuderte: “Sie ist meine Tochter, und du hast kein Recht, sie mir vorzuenthalten!”
Und dann reagierte ich… unklug, um es mal vorsichtig auszudrücken. Ich bemühte mich nämlich eigens um einen sachlichen Tonfall und entgegnete: „Naja, was das betrifft… Wenn man es ganz genau nimmt, schon. Ich habe nämlich das Sorgerecht.“

Das war zu viel. Übergangslos holte Enrique aus und jagte mir seine Faust ins Gesicht, ehe ich auch nur daran denken konnte, auszuweichen - und hinter seinem Schlag steckte eine solche Wucht, dass er mich mit diesem einen Hieb auf die Bretter schickte.

Von einem Schütteln an der Schulter und ein paar strategisch platzierten Ohrfeigen Klapsen auf die Wange kam ich wieder zu mir. Mit dröhnendem Kopf und ziemlich groggy sah ich auf: Wir befanden uns außerhalb der Waystation; offenbar hatte Selva die Jungs wütend aus ihrem Etablissement herauskomplimentiert. Totilas hatte mich geweckt, Roberto hingegen war gerade am Telefonieren, reichte mir dann das Handy. Am anderen Ende der Leitung war Alex, der ohne Vorrede fragte: „Soll ich eher dafür sorgen, dass sie einkassiert werden, oder lieber, dass sie wegkommen?“
Wie gesagt, ich war groggy. Im ersten Moment wusste ich gar nicht, was Alex von mir wollte. „Enrique und seine Leute“, wiederholte er. „Ich kann dafür sorgen, dass sie verhaftet werden, oder ich kann ihnen zur Flucht verhelfen. Was soll es sein?“ Ehe ich antwortete, musste ich einfach die Gegenfrage stellen. „Alejandra?“ „Ist außen vor. Wenn sie abhauen, dann ohne sie. Also?“
Mir dröhnte höllisch der Kopf, und es war nicht viel Zeit, also konnte ich nicht groß nachdenken, sondern entschied aus dem Bauch heraus. „Ich weiß, ich werde das irgendwann bereuen, aber: hilf ihnen wegkommen.“

Das, was jetzt kommt, nämlich das, was während meines K.O.s alles geschehen war, bzw. das, was bei Alex im Auto passierte, habe ich erst hinterher erfahren. Aber es passt von der Chronologie her einfach besser, wenn ich es hier schon einfüge.

Nachdem Enrique mich niedergeschlagen hatte, zischte er seinen Leuten zu: „Los, wir gehen meine Tochter holen. Jetzt!“
Als sie fort waren, rief Roberto zuerst bei Edward an, um dem bescheid zu geben, dann Alex. Der ließ sich die Beschreibung und das Kennzeichen von Enriques Auto geben, dann fuhr er absichtlich in überhöhtem Tempo der Highway Patrol in den Weg, und sobald die ihm folgten, lenkte er sie auf die Strecke der Flüchtigen.
Der Plan ging auf: Als das Patrol Car mit Blaulicht und Sirene hinter ihnen auftauchte, wurden Enrique & Co. nervös und rasten los, obwohl ja eigentlich Alex derjenige war, der von den Gesetzeshütern verfolgt wurde. Aber das verdächtige Verhalten im Zusammenhang damit, dass deren Nummernschild schon als Fluchtfahrzeug bekannt war, führte dazu, dass die Patrolmen von Alex abließen – der würde sein Ticket schon bekommen – und sich mit der interessanteren Beute eine wilde Verfolgungsjagd in Richtung Stadt lieferten.

Das war der Moment, in dem Alex Roberto zurückrief und Bericht erstattete und mich dann fragte, wie er weiter vorgehen solle. Als ich sagte, er solle die Flucht der Kojanthropen unterstützen, legte Alex los. Auf die Schnelle organisierte er jede Menge Leute, die in der Stadt die Verfolgung behinderten. Flash Mob auf Speed, sozusagen. Hier ein defekter Laster, da ein fingierter Autounfall, sogar eine Herde Ziegen, wo auch immer die hergekommen sein mochte.

Während die Verfolgungsjagd lief, rief ich bei Ximena an, die ja ohnehin gerade schon die Flucht nach Kuba organisierte. Das Gespräch war der Hektik entsprechend kurz und knapp.
Dass die Exkremente im Ventilator seien und die Aktion sofort laufen müsse; das hatte Ximena aber schon gehört, und sie war schon an der Sache dran. Alex müsse wissen, wohin, sagte ich ihr noch, und bekam den Treffpunkt genannt – wieder ein Pier am Hafen, aber nicht dasselbe wie das, von dem aus wir ins Nevernever aufgebrochen waren. Im Auflegen hörte ich Ximena noch erfreut murmeln: „Wow. Ein ganzes Schiff unsichtbar machen!“, dann gab ich Alex die Nummer des Piers durch, und der organisierte seinen Flash Mob entsprechend und fuhr den Gangern dann nach.

Es klappte: Irgendwann mussten die Polizeikräfte aufgeben, und Enrique & Co kamen unbehelligt am Treffpunkt an. Dort gab Alex sich durch Vorbeifahren, Hupen (seit dem Dia de los Muertos und seiner Verbindung zum Kojotenzorngeist hat Alex als kleinen Insiderwitz seine Hupe zu dem „meep meep“ aus den Road Runner-Cartoons umgebaut) und Winken noch als Helfer zu erkennen, und während er vorbeifuhr, konnte er sehen, wie Enrique von Carlos beruhigt wurde. Alex konnte zwar nicht hören, um was es genau ging, aber ich vermute mal, das wird eine Aktion gewesen sein von wegen: „Wir können nicht weg, wir müssen meine Tochter holen!“ und von Carlos dann ein „lass erstmal verschwinden, deine Tochter holen wir später.“

Wir anderen waren indessen immer noch an der Waystation; ich fühlte mich immer noch nicht so richtig fit, und wütend auf mich selbst und bedrückt über die Entwicklung der Dinge war ich auch. „Hätte ich das irgendwie noch schlechter machen können? Ich glaube nicht.“
Aber Yolanda stärkte mir den Rücken: Alejandra sei bei mir definitiv besser aufgehoben als bei Enrique, und auch Roberto erklärte: „Ja. Du hättest derjenige sein können, der auf neutralem Boden zuerst zuschlägt.“

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19. November

Ich habe mich einigermaßen ausgeschlafen. Über Nacht habe ich ein astreines Veilchen entwickelt, aber dank Eispack geht es einigermaßen.

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Edward hat bei Cassius angerufen – bis heute hatten wir zu viel um die Ohren, aber bei der Konfrontation vor Edwards Haus war Cassius ja abgehauen, und seither hatte Edward nichts mehr von seinem Bruder gehört. Jetzt hat er erreicht, und zwar auf einem Transportschiff, das gerade nach Kuba unterwegs ist. Eigentlich wollte er sich nur für eine Weile auf dem Schiff verstecken, aber dann fuhr es los, und dann wurde Cassius als blinder Passagier entdeckt. Eigentlich wollen die Seeleute ihn in Kuba in Gewahrsam nehmen und dann in die USA zurückbringen lassen, aber Edward konnte sie davon überzeugen, dass er als nächster Angehöriger des Jungen dessen Kontaktperson sei und Cassius in seine Obhut gegeben werden solle. Da Ximena ja auch bald in Kuba ankommen durfte, wird sie den Jungen mit zurück nach Miami bringen, sobald sie Enrique und seine Leute abgesetzt hat. Edward hat seinem Bruder angeboten, dass er bei ihm wohnen könne – Edward hat zwar kein richtiges Rudel, aber er ist immerhin Cassius' Familie. Und vielleicht können die beiden ja zusammen eines bilden.

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20. November

Edwards Vater hat sich bei ihm gemeldet. Was sie genau beredet haben, weiß ich nicht im Detail; Edward hat nicht alles brühwarm erzählt, aber doch so die Grundzüge. Sie haben sich wohl über Cassius ebenso unterhalten wie darüber, dass Marie Parsen jetzt eine Fee ist – und Lewis Parsen hat sich anscheinend tatsächlich sowas ähnliches wie entschuldigt. Oder zumindest angedeutet, dass ihm klar ist, dass sein Verhalten früher nicht tragbar war. Und er scheint eingesehen zu haben, dass Cassius nicht bei ihm und seiner Mutter leben will, sondern bei Edward bleiben wird. Und Edward und sein Vater haben tatsächlich Telefonnummern ausgetauscht, man höre und staune.

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28. November

Heute habe ich den Nicht-mehr-Eidbrecher-Sidhe-Ritter verhört. Hurricane hatte ihn nach der Sache mit Enrique an den Sommerhof übergeben, aber ich hatte bis heute gewartet, weil ich nicht mit einem blauen Auge in Pans Kerker auftauchen wollte. Außerdem durfte der Sidhe – Sir Diarmuid heißt er – ruhig ein bisschen schmoren, dachte ich mir.
Bei dem Verhör kam nicht sonderlich viel heraus – aber das, was herauskam, war zutiefst beunruhigend.

Zuerst fragte ich Sir Diarmuid, warum er seinen Eid gegenüber Pan gebrochen habe. Das jedoch stritt der Ritter schlichtweg ab: Seinen Worten zufolge habe er Pan nie einen Eid geschworen, also habe er ihn auch nicht brechen können. Pan habe es einfach versäumt, ihm einen Eid abzuverlangen.
Na gut, das hätte ich ihm ja beinahe glauben können. Dass Pan einen Eidschwur völlig vergisst, das wäre nicht völlig abwegig. Aber auf meine nächste Frage log er ganz eindeutig, nämlich als ich wissen wollte, wie es komme, dass Lady Fire kein Eidbrecher-Zeichen mehr trage. Darauf erwiderte Sir Diarmuid nämlich, es sei ihm gar nicht aufgefallen, dass sie keines mehr habe, und das nahm ich ihm nicht ab.
Was Lady Fire und ihre Ritter so alles unternommen hätten, nachdem sie von Pan verbannt worden sei, das wollte er nicht sagen, da berief er sich darauf, dass ich Lady Fires Feind sei und er einem Feind seiner Herrin keine Auskunft geben werde. Dass ich nicht Lady Fires Feind sei, war von meiner Seite aus nicht gelogen, immerhin haben wir uns in ihren letzten Momenten versöhnt, aber das ließ der Sidhe nicht gelten. Als sie diese Aktivitäten unternommen hätten, sei ich noch ihr Feind gewesen, also werde er nichts sagen. Er habe seiner Herrin gedient, mehr werde er nicht sagen, und wenn ich ihn dafür umbringe.
„Ich finde eine Strafe für Euch, die schlimmer ist als der Tod“, spuckte ich, dann ließ ich ihn erst einmal wieder alleine im Kerker zurück.

Danach folgte natürlich die Diskussion mit den Jungs, was das alles zu bedeuten hatte. Sidhe können nicht lügen. Also warum konnte es  Lady Fire? Warum kann es Sir Diarmuid?
Sollte etwa ein dämonischer Einfluss dahinter stecken? Oder schlimmer, ein Einfluss von noch weiter draußen, von den Outsidern? Und mir kam ein schrecklicher Gedanke: Was, wenn Sir Diarmuid mit dem 'ich diente der Herrin' gar nicht Lady Fire gemeint hatte, sondern die Herrin der Verschlungenen Wege?

Deren Namen sprechen wir übrigens schon seit der Insel tunlichst nicht mehr aus. Dabei kommen mir natürlich Harry-Potter-und-Voldemort-Assoziationen, „He Who Must Not Be Named“ und so, aber tatsächlich ruft es die Aufmerksamkeit des Benannten auf den Nennenden, wenn ein Name ausgesprochen wird. Also vermeiden wir es, die Aufmerksamkeit der Dame auf uns zu lenken, wenn wir nur irgend können. Da „Die Tante mit den Wegen“ auf Dauer etwas ermüdend wurde – und weil es bei uns zwangsläufig irgendwie immer zu sowas kommt –, fanden wir einen Codenamen für die Dame. Ich weiß gar nicht mehr genau, über welche Assoziationskette – natürlich war „Voldemort“ auch dabei und wurde verworfen –, aber am Ende landeten wir bei „Fräulein Rottenmeier“, nach der strengen Gouvernante aus dem schweizerischen Kinderbuch „Heidi“, das Alejandra gerade mit Begeisterung liest. Es klingt aber auch einfach so schön dämonisch.

Einen Codenamen für die Tante mit den Wegen zu haben, half uns aber auch nicht bei dem Problem mit plötzlich des Lügens mächtigen Feen. Also trafen wir uns heute nachmittag mit Jack White Eagle, um den um Rat zu fragen. Er wusste zwar auch nichts über Feen, die lügen können aber er war definitiv der Ansicht, irgendetwas Großes sei im Gange. Und ja, auch Jack denkt dabei als erstes an die Outsider.

Wo wir schon einmal bei White Eagle waren, sprachen wir mit dem auch über die Insel der Jugend und wie man ihr am besten helfen könne.
Am besten sollte so schnell niemand mehr hinkommen, aber den Weg auf die Insel ganz abzuschneiden, ist keine Option, weil sie ja ein wichtiger Anker für die Realität ist, und ein Anker muss eine Verbindung zu dem haben, was er verankern soll, anders geht es schlecht.
Den Weg dorthin komplizierter zu machen, taugt auch nichts, denn ein komplizierter Weg wäre ein verschlungener Weg, und für wen wäre ein verschlungener Weg besonders einfach zu finden Richtig.
Aber wie wäre es mit Türen? Immerhin ist Fräulen Rottenmeier ja die Herrin über Wege, nicht über Türen. Man könnte mehrere Türen aneinanderreihen und diese auf verschiedenen Inseln aufstellen und dann noch bestimmte Bedingungen an deren Öffnen knüpfen. So schwer, dass kaum jemand überhaupt herausfindet, was denn nun alles benötigt wird, aber trotzdem nicht unmöglich, damit die Verbindung zur Realität erhalten bleibt und hinkommen kann, wer muss.
Diese Idee fand Jack unterstützenswert, mahnte aber auch, ein solches Unterfangen sollten wir besser nicht ohne Tanits Einverständnis durchführen. Immerhin ist sie die Herrin über die Inseln draußen im Cayo Huracan, und soweit Jack wisse, gebe es außer der Insel der Jugend noch weitere Inseln, die einen Anker für die Realität darstellen.

Tío. Wenn die Kollateralschadeninsel eine davon wäre, dann würde ich einen hysterischen Lachkrampf bekommen, glaube ich.

Aber gut. Tanit hätten wir mit ziemlicher Sicherheit auch ohne Jacks mahnende Worte kontaktiert, aber es war schon nicht schlecht, diese Information von den weiteren Ankerinseln bekommen zu haben. Und Totilas will bei Tanit ja ohnehin noch um Verzeihung für seinen Eidbruch bitten.
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
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Kssssss. Der arme Cardo erlebt einen hoch tragischen Moment, ist völlig durch den Wind, und dir fällt nichts anderes ein zu sagen als "Ach ja, die Kollateralschadeninsel"? Kssssss. Echt jetzt. :P

Na komm, ich war ja dabei. Das war ein sehr, sehr cooler Moment - aber mit der Kollateralschadeninsel und Cicerón kann ich in Zukunft noch spielen, und darauf freu ich mich halt schon.  :D
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Ach so meinst du das. Ohne die Erklärung las sich das für mich mehr so als rückblickende Reminiszenz.
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02. Dezember

Wir haben um eine offizielle Audienz bei Tanit angehalten und sie auch gewährt bekommen. Hurricane fuhr uns auf ihre Insel, wo uns die beiden Sturmriesen Juan und Pepe sowie einige Stormsprites in Spiralen den felsigen Pfad hinaufführten. Oben auf den Klippen befindet sich der größte Teil von Tanits Palast vermutlich auch im Nevernever, aber dorthin lud die Herzogin des Winters uns nicht ein, sondern empfing uns draußen im Freien in einer Art Amphitheater, die eigens diesem Zweck zu dienen schien.

Tanit verhielt sich kühl und höflich, während ich selbst meinen Sommermantel strikt unter Kontrolle hielt und eisern diplomatisch blieb. Immerhin habe ich nichts gegen Tanit.
Unseren Vorschlag, einen neuen Zugang zur Insel der Jugend zu schaffen, und zwar mit mehreren Toren auf mehreren Inseln, fand die Herrin der Stürme grundsätzlich gut und schlug zusätzlich noch vor, dass jedes Tor von einem der Höfe gestellt werden solle. Das klingt tatsächlich sinnvoll, das werden wir im Hinterkopf behalten.

Wir fragten sie nach den übrigen Ankerinseln neben der Insel der Jugend, um sicherzustellen, dass die Kollateralschadeninsel keine davon ist. Das ist sie nicht, zum Glück, aber Tanit fand den Gedanken etwas beunruhigend, dass wir der Insel einen Namen gegeben haben, wie scherzhaft der auch gemeint gewesen sein mag. Denn wenn etwas einen Namen hat, dann verändert es sich, und wer weiß, wie diese Veränderungen bei einem Namen wie ‘Kollateralschadeninsel’ wohl aussehen?
Also will sie jemanden hinschicken, der sich das Ganze einmal ansieht; das kann ja sicherlich nichts schaden.

Die drei Ankerinseln gehören jeweils einem der Höfe: Die Insel der Jugend dem Wyld, die Insel der Trauer dem Winter und die Insel der Stürme dem Sommer. Wobei das noch nicht so ganz geklärt sei, ob die Insel der Stürme nun dem Sommer oder dem Winter gehöre, sagte Tanit, aber das sei eine andere Geschichte. Auf meine Nachfrage bestand sie aber darauf, dass ich diese Geschichte von Pan hören solle, es sei nicht an ihr, davon dem Ritter des Sommers zu erzählen.
Natürlich, erklärte ich sofort: Alles habe ja immer zwei Seiten, und ich würde gerne beide Seiten der Medaille hören, also irgendwann später dann vielleicht?
Eigentlich hatte ich es nur höflich-diplomatisch gemeint, aber Tanit starrte mich finster an. “Das hier ist meine Insel, Ritter des Sommers, also wäre es gut, du würdest mich das letzte Wort haben lassen.”
Seufz. Feen. In einer kapitulierenden Geste hob ich beide Hände und sagte nichts weiter.

Am Ende, als alles andere bereits besprochen war, trat Totilas vor. Er hielt den Kopf gesenkt, und sein Haar wirkte viel stumpfer als sonst – er hatte tatsächlich Asche auf seinem Haupt verteilt. Dazu die einfache, graue Kleidung, die er trug, und er gab wirklich ganz das Bild eines reuigen Büßers ab. Tanits Ritter zückten bereits ihre Schwerter und wollten Totilas entgegentreten, aber die Herzogin hielt sie zurück und bedeutete unserem White Court-Freund, näherzutreten.
Von dem, was sie besprachen, bekamen wir nichts mit, weil Tanit einen schützenden Schirm aus Wind um sie herum wirkte, der alle Geräusche drinnen hielt, aber es sah sehr bedeutsam aus und nicht so, als wolle die Winterherrin ihm gleich den Kopf abreißen. Dann nickte Totilas ernsthaft, verneigte sich und trat zurück, und wir wurden wieder den Felsen hinuntergeführt.

Zurück in Miami besprachen wir ausgiebig, wie der neue Zugang zur Insel der Jugend genau aussehen könnte. Dabei kamen alle möglichen Vorschläge auf und wurden wieder verworfen, aber nach längerem Hin und Her einigten wir uns schließlich auf folgende Lösung:
Das erste Tor wird das des Sommers. Wir platzieren es auf einer sommerlichen, palmenbewachsenen Insel mit Urlaubsflair; das Tor selbst wird ein Kreis aus Muscheln, die in einen flachen Felsen eingelassen sind. Um durch das Tor zum nächsten Ort zu kommen, muss man eine bestimmte Tonfolge in ein Muschelhorn blasen und ein Sommergedicht aufsagen. Nur zwei Zeilen davon sollen das Tor wirklich aktivieren, aber zur Tarnung will ich diese beiden Zeilen in einem etwas längeren Gedicht verstecken.

Das Wintertor wird sich im Überhang eines Felsens befinden, auf einer entsprechend kalten und sturmumtosten arktischen Insel. Sowas haben wir vor Miami zwar nicht, aber spätestens im Nevernever sollte sich so etwas auftun lassen. Um das Tor aufzuschließen, muss man einen aus Eis geformten Schlüssel aus einem Teich mit Eiswasser fischen. Wenn man weiß, was man tut, ist das zwar alles andere als angenehm, aber möglich. Nur wenn man nicht ganz genau weiß, wo in dem Becken man den Schlüssel zu suchen hat, dann friert man sich die Hand ab, weil das Wasser einfach so kalt ist. Wärmt man sich vorher die Hand auf, um das zu vermeiden, schmilzt der Schlüssel, trägt man Handschuhe, kann man den Schlüssel gar nicht erst ertasten, also muss man mit der bloßen Hand hinein. Auf diese Idee bin übrigens nicht ich gekommen, wie man sich vorstellen kann; das war Hurricane, der unserer kleinen Runde als Vertreter des Winters beiwohnte.

Für das Wyld war George bei der Besprechung dabei, und er dachte sich mit unserer Unterstützung folgendes aus: Nach Durchqueren des Wintertors landet man in einer sehr traumartigen Struktur aus grauen Gängen, einem richtiggehenden Labyrinth, an dessen Ende ein von einer Bürolampe beleuchteter Schreibtisch steht. Hier muss man ein Antragsformular ausfüllen und über eine altmodische Gegensprechstelle Sergeant Book kontaktieren – bzw. den jeweiligen Hüter der Insel der Jugend, nicht notwendigerweise Sergeant Book. Wenn der Hüter damit einverstanden ist, den Ankömmling zu treffen, dann öffnet sich eine Tür, und derjenige kann einfach hindurchgehen und landet auf der Insel der Jugend. Ist Book nicht bereit, den Besucher zu empfangen, dann geht die Tür gar nicht erst auf, aber dafür öffnet sich am rückwärtigen Ende des Ganges eine andere Tür, durch die man zurück zum Startpunkt auf der Sommerinsel gelangt.

Soweit die Planung. Jetzt müssen wir sie nur noch in die Tat umsetzen. Wir müssen zwar alles selbst machen, denn je weniger Leute von dem neuen Weg auf die Insel wissen, umso besser, aber das geht schon. Es muss ja nicht alles innerhalb eines Tages geschafft sein.

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03. Dezember

Ich muss dringend über Sir Diarmuid nachdenken, den Feenritter, der plötzlich kein Eidbrechermal mehr trägt. In den letzten Tagen war zu viel zu tun, aber jetzt kann ich das nicht mehr auf die lange Bank schieben. Ihm hatte ich ja eine Strafe angedroht, die „schlimmer als der Tod“ sei, aber bisher ist mir dazu noch nichts eingefallen. Es geht mir auch gar nicht so sehr um „schlimmer als der Tod“ - diese Drohung habe ich einfach im Affekt ausgesprochen - sondern eben darum, den Mann angemessen zu bestrafen. Aber was ist 'angemessen'? Und vor allem um eines mache ich mir Sorgen: Wenn er wirklich unter dem Einfluss der Outsider steht, kann er dann vielleicht von dort im Gefängnis wiederum auch andere beeinflussen? Es bringen ihm Leute sein Essen; es haben Leute dort Wachdienst... werde ich schon paranoid oder sind das alles potentielle Kontaktpunkte und Gefahrenherde?

Ich muss mit den Jungs darüber reden. Vielleicht haben wir gemeinsam eine Idee.

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04. Dezember

Oh Dios. Auf eine angemessene Strafe kam ich auch mit Hilfe der Jungs nicht. Aber dafür zu der Entscheidung, dass Sir Diarmuid hingerichtet werden muss. Die Gefahr, dass er unbemerkt irgendeinen Outsider-Einfluss ausweitet und so Pans Palast korrumpiert, ist einfach zu groß. Die anderen hielten diese Sorge nämlich für überhaupt nicht paranoid, sondern für durchaus angebracht.

Die Frage war nur, ob – auch wenn die Sorge darum berechtigt war – er auch wirklich einem dämonischen Einfluss unterlag. Aber wie das herausfinden? Roberto weigerte sich, den Ritter mit dem zweiten Gesicht zu betrachten, weil er sich nicht dem aussetzen wollte, was er dabei sehen – und dann nie wieder vergessen – könnte, und das waren völlig legitime Bedenken. Also nicht über die Sight. Aber ich fragte George, der inzwischen als offizieller Anführer des Wyld in Miami auch außerhalb des Nevernever materialisieren kann und den ich zu diesem Zweck kontaktierte, ob Sir Diarmuid träume. Das tut er nicht – das tut keine Fee, wie George mir erklärte – aber es schwebe irgendetwas um ihn herum, das derart unangenehm sei, dass George ihn nicht anrühren wollte, selbst wenn er träumen könnte. Das war mir Bestätigung genug für den befürchteten Outsider-Einfluss. Mierda.

Mich betrachtete Roberto übrigens auch in der Sight. Immerhin hatte ich bei den Verhören einige Zeit mit Sir Diarmuid verbracht, und wenn dieser Einfluss so perfide unauffällig ist, wer weiß, ob ich nicht auch schon was davon an mir hatte? Da war aber nichts, zum Glück, und ich gebe zu, ich war schwer erleichtert. Ja, paranoid, ich weiß, aber sicher ist sicher. Vielleicht war das ein bisschen so wie bei einem AIDS-Test: Nein, man rechnet nicht wirklich damit, dass der Test positiv ausfällt, aber wenn man dann die Bestätigung hat, dass nichts ist, fällt einem doch ein Stein vom Herzen.

Totilas war derjenige, der mir den entscheidenden Punkt wieder ins Gedächtnis brachte. „Was ist dir wichtiger? Dass er keine Gefahr mehr darstellt oder dass er bestraft wird?“
Und natürlich hatte er recht. Dieses ganze Suchen nach einer 'angemessenen Strafe' war im Endeffekt eigentlich nichts als egoistisch. Nach meiner Drohung von wegen 'schlimmer als der Tod' wollte ich mich einfach nur nicht lächerlich machen, nicht das Gesicht verlieren dadurch, dass mir keine Strafe einfiel, die wirklich schlimmer war als der Tod. Aber das ist albern. Hier geht es um Wichtigeres als darum, ob ich vor einem korrumpierten Feenritter das Gesicht verliere oder nicht. Die Gefahr, die Sir Diarmuid darstellt, ist viel zu groß für solche kleinlichen Bedenken. Ich werde ihn hinrichten müssen.

Erst überlegten wir eine ganze Weile hin und her, mit welcher Berechtigung: Ob es vielleicht eine Gerichtsverhandlung geben sollte, bei der wir Sir Diarmuids Veränderung vielleicht offenlegen könnten, beweisen könnten, dass er gelogen hat, oder ihn gar während der Tat bei einer Lüge ertappen? Aber das wird kaum möglich sein, fürchte ich. Feen können sich dieses Konzept einfach nicht vorstellen; es geht beim besten Willen nicht in ihren Kopf.
Als wir Sir Anders danach fragten, ob er sich an Sir Diarmuids Eid Pan gegenüber erinnern könne und daran, ob er den abgelegt habe, war er völlig verwirrt und misstraute eher seiner eigenen Erinnerung als in Betracht zu ziehen, dass Sir Diarmuid zu einer Lüge fähig gewesen sein könnte. Ihm die Lüge nachweisen wird also nicht gehen; bei einer Gerichtsverhandlung würde er sich einfach weiter darauf herausreden, dass er nie einen Eid abgelegt habe, und niemand könnte ihm das Gegenteil beweisen.

Aber dann fiel uns ein, dass es eine solche Gerichtsverhandlung ja gar nicht braucht. Eidbrecher ja oder nein, das Mal losgeworden hin oder her, Sir Diarmuid hat Pans Bann missachtet, und das ist bereits Legitimation genug für ein Todesurteil.
Aber bevor wir – bevor ich – das vollstrecke, habe ich noch eine andere Sorge. Und ja, auch das mag wieder paranoid sein, aber: Ist denn sichergestellt, dass der Outsider-Einfluss im Moment der Hinrichtung nicht durch die Gegend explodiert und sich schön gleichmäßig auf alle Anwesenden verteilt?
Wir wissen einfach zu wenig über diesen ganzen Outsider-Kram, und sich zu viel damit zu beschäftigen, stellt ja auch schon einen Bruch der magischen Gesetze dar. Nur: Wieviel ist zu viel? Woher ¿por demonios soll man solche Dinge wissen und beachten, wenn man sie nicht herausfinden darf?

Wir wissen zu wenig darüber. Und es gibt kaum jemanden, dem wir in einer solchen Angelegenheit vertrauen können. Aber vielleicht kann Jack White Eagle uns weiterhelfen.

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Zurück aus der Kommune. Jack war gerade dabei, mit einem Ritual den Threshold um das Gelände hochzuziehen, danach aber gerne bereit, mit uns zu reden. Und tatsächlich fand er, die Gefahr bestehe durchaus, dass der Einfluss sich mit Sir Diarmuids Tod ausbreiten könnte. Na gut, dann müssen wir eben Vorkehrungen treffen. Jack sagte auch noch, diese ganze Sache mit den Outsidern mache ihm Sorgen. Bis vor ein paar Jahren hätte kaum jemand gewusst, dass sie überhaupt existieren, und jetzt hätten sie keine Scheu, ganz offen zu operieren. Er bat uns, die Augen offenzuhalten, und versprach, sich ebenfalls zu melden, wenn er etwas herausfinden sollte.

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14. Dezember

Es ist getan, Dios perdoname. Nachdem Pan das Todesurteil noch einmal hochoffiziell verkündet hatte, vollstreckte ich es. Ich weiß nicht so richtig, was das über mich aussagt – dass ich dazu imstande war, meine ich. Und dass ich jetzt gar keine so starken Schuldgefühle habe, wie ich dachte, dass ich sie haben würde. Beim Ritual der Elemente letztes Jahr im Sommer anwesend zu sein, ging ja schon in diese Richtung, aber das waren Freiwillige. Und da war ich nicht selbst derjenige. Aber ich hätte mir auch nicht mehr in die Augen sehen können, wenn ich dieses Urteil jetzt nicht selbst vollstreckt hätte. Ich will mich auch nicht darauf hinausreden zu sagen, Sir Diarmuid war 'nur eine Fee, und Feen haben ja keine Seele'. Fee oder nicht, Seele oder nicht, er war ein denkendes, fühlendes Wesen, und ich wünschte von Herzen, es hätte eine andere Lösung gegeben. Vielleicht hätte es das sogar, aber ich habe beim besten Willen keine gesehen. Also habe ich getan, was ich glaubte, dass getan werden musste. Ob es mir leichter fiel, diese Entscheidung zu treffen, weil ich den Mantel des Sommerritters trage? Ich weiß es nicht. Vielleicht. Aber nein, ich glaube, das war tatsächlich einfach Ricardo Esteban Alcazár, der diese Entscheidung getroffen hat und – glaube ich – auch ohne Sommerrittermantel so getroffen hätte.

Jedenfalls, philosophische Selbstbetrachtungen beiseite: Sir Diarmuid wurde in einem Schutzkreis platziert, damit der Einfluss an dessen Wänden abprallen sollte, statt sich im Raum zu verteilen; ich selbst blieb außerhalb des Kreises und vollführte die Hinrichtung mittels Pfeilschuss. Auf die geringe Entfernung war das zielgenaue Setzen des Schusses  zum Glück kein großes Problem, aber ich habe in den letzten Tagen auch eigens geübt. Ich wollte den Ritter ja nicht unnötig leiden lassen.
Wie erwartet, höhnte Sir Diarmuid, dass es ja wohl nun nichts sei mit der Strafe „schlimmer als der Tod“, aber ich ließ ihn reden. Ich will nicht behaupten, dass der Hohn völlig an mir abprallte, aber das war etwas, das ich ertragen musste. Wie gesagt: Ich wünschte, es hätte eine andere Lösung gegeben – oder mir wäre eine andere Lösung eingefallen – , aber da dem nun einmal nicht der Fall war, musste es sein.

Anschließend untersuchten wir Pans Hof. Den gesamten Hof und alle Höflinge. Also Roberto, genauer gesagt: Er musste die Untersuchung durchführen, weil er ja derjenige mit dem Zweiten Gesicht ist. Dabei stellte sich heraus, dass tatsächlich jemand beeinflusst worden war, und zwar die Nymphe Saltanda. Zum Glück war sie die einzige von allen Leuten Pans – sie hatte wohl ziemlich viel Zeit mit Sir Diarmuid verbracht; sie meinte, und er sei so eine tragische Figur gewesen, der edle Ritter, den man zu Unrecht eingekerkert habe, und er habe ihr so leid getan.

Roberto sagte, in der Sight habe Saltanda ausgesehen wie eine Weizengarbe, die aber von Mutterkorn befallen sei. Die Nymphe musste also mittels eines Rituals gereinigt werden – und was für ein Ritual eignet sich am besten bei einer Nymphe? Richtig, Römer und Patrioten: ein tantrisches.
Edward sollte die eigentliche Magie wirken, Roberto ihn – wie ja inzwischen schon mehrfach erprobt – durch ihre immer noch bestehende magische Verbindung dabei unterstützen. Und Totilas sollte die Nymphe, die eigentlich gar keine Lust darauf hatte, gereinigt zu werden, weil sie fand, das habe sie gar nicht nötig, derweil entsprechend „ablenken“.

Da mussten Alex und ich aber nicht dabei sein, herzlichen Dank. Wir hielten lieber draußen vor der Tür Wache, um sicherzustellen, dass niemand kam, um die Ritualwirker zu stören. Und stellten auf taube Ohren, oder besser, das Ritual sollte in einem Kreis stattfinden, aus dem auch keine Geräusche dringen sollten, wofür zumindest ich nicht undankbar war. Ja, nennt mich prüde, Römer und Patrioten, aber ich erinnerte – erinnere – mich nur allzu gut an meinen Fehler mit Saltanda.

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15. Dezember

Lidia hat eben angerufen. Sie meinte, Monica hätte gesagt, ich hätte so bedrückt gewirkt, als sie heute bei 'Jandra zum Spielen war. Demonios, und ich hatte gedacht, ich hätte mir nichts anmerken lassen. Aber ich fand es sehr nett, dass Lidia angerufen hat, und wir haben uns fast eine Stunde lang unterhalten. Ich habe ihr natürlich nichts von Sir Diarmuid erzählt, aber trotzdem hat mich das Gespräch ziemlich aufgemuntert.

Vielleicht gehen wir am Wochenende ins Kino.

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16. Dezember

Totilas hatte die Idee, dass wir uns mit Cleo duMorne unterhalten könnten. Sie weiß immerhin auch einiges über die Outsider und kann uns vielleicht mit Informationen weiterhelfen. Wir haben ihr über Oliver Feinstein die Nachricht zukommen lassen, dass Richards Sohn sie gerne sprechen möchte. Treffen im Buchladen.

---

Abends. Oh Mann. Das war... aufschlussreich. Und übel, irgendwie. Falls ich noch irgendwelche Zweifel daran gehabt haben sollte, dass Totilas in seiner neuen Aufgabe als Anführer des White Court von Miami gelernt hat, seine Karten sehr eng an der Brust zu spielen, dann wären sie spätestens jetzt ausgeräumt.

Wir trafen Cleo wie geplant im Buchladen. Sie war scheu wie immer, beantwortete unsere Fragen aber vergleichsweise bereitwillig. Ich sage 'vergleichsweise', weil sie über die Outsider eigentlich am liebsten überhaupt nicht sprechen wollte. Sie erklärte, sich auch nur mit dem Thema zu beschäftigen, könnte selbst schon einen Einfluss auf jemanden haben, was auch der Grund für das strikte Verbot durch die Gesetze der Magie sei. Ach seufz. Ich habe es ja vor ein paar Seiten schon mal geschrieben: Wie zum Nether soll man sich zu schützen wissen, wenn man nichts darüber herausfinden darf?

Als wir in den Laden kamen, las Cleo gerade in Faerie Storm. Von sich aus hätte sie sich natürlich niemals getraut, mich zu fragen, aber als ich ihr anbot, ob ich ihr das Buch vielleicht signieren solle, leuchteten ihre Augen richtiggehend auf.

Und dann waren wir mit unserem Gespräch fertig, und Cleo wollte aufbrechen. Aber ehe sie gehen konnte, sagte Totilas: „Cleo, warte“, und fuhr fort: „Ich muss dir von Tanit etwas ausrichten.“  Die junge Magierin hatte es plötzlich sehr eilig, sprang auf und wollte richtiggehend flüchten, aber Totilas sprach eilig weiter. „Ich muss dir von Tanit sagen: Die Zeit ist gekommen.“
Diese Worte ließen Cleo in sich zusammensacken wie eine zum Tode Verurteilte. Unter ihrer braunen Haut wurde sie kreidebleich, und ihre großen Rehaugen traten noch stärker hervor. Aus ihnen sah sie Totilas an, als habe der ihr höchstpersönlich ein Messer zwischen die Rippen gestochen. „Von allen hätte ich das erwartet... aber nicht von Richards Sohn...“

Ihr Gesicht nahm einen Ausdruck der Entschlossenheit an, und sie straffte sich, als müsse sie jetzt sofort den Gang zum Henker antreten. „Ich habe so darauf geachtet, mich nicht rufen zu lassen... Aber jetzt muss ich gehen... Lady Tanit wartet...“
Ohne ein weiteres Wort stolperte sie aus dem Buchladen. Sogar das signierte Faerie Storm ließ sie liegen. Oh Mann. Mierda.
Alex, der Gute, reagierte als erster. „Ich bleibe bei ihr“, sagte er, griff sich das Buch und ging Cleo nach.

Und da stehen wir jetzt. Alex ist schon etliche Stunden fort, und ich hoffe, es geht ihm gut. Und Cleo natürlich auch. Oh, Mierda.
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Yay! Sehr schönes Diary, ich bin schon sehr gespannt, wie es weiter geht!  :D
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17. Dezember, mittags

Alex hat sich eben erst wieder gemeldet, aber Cleo und ihm geht es gut. Also soweit es ihr bei der Herrin der Stürme gutgehen kann, aber ausführlicher konnte er am Telefon erst einmal nicht werden. Aber wir treffen uns gleich, dann wird er hoffentlich erzählen.

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Also. Cleo wollte eigentlich sofort los, aber Alex konnte die junge Magierin überzeugen, dass genug Zeit war, um einige Sachen zu packen und sich zu sammeln. Währenddessen erzählte sie ihm, was es mit Tanits Ruf eigentlich auf sich hatte, das schien ihr ein Anliegen zu sein. Tanit hatte ihr geholfen und ihr längere Zeit lang Zuflucht gewährt, als Lafayette duMornes Sohn Justin ihre Mutter und sie gejagt - oder besser einen Outsider hinter ihr hergejagt - hatte, und sich zur Gegenleistung bei Cleos magischer Kraft versprechen lassen, dass Cleo ihr dienen werde, wenn Tanit sie rufe. Cleo sei sich dessen bewusst gewesen, dass die Winterherzogin sie schon seit einer ganzen Weile rufen wolle, aber bisher sei es ihr immer gelungen, die Nachricht nicht entgegennehmen zu müssen. Bis gestern eben. Stimmt, das hatte Richard damals erzählt. Justin duMorne hatte sich mit einem Outsider eingelassen und seine Tochter nur gezeugt, damit er irgendwelche Experimente mit ihr machen konnte, deswegen war Cleos Mutter ja mit ihr geflohen und deswegen war Cleo ja auch so gut im Verstecken und Untertauchen.

Jetzt jedenfalls war es also an der Zeit für Cleo, ihr Versprechen einzuhalten, wenn sie ihre Magie nicht verlieren wollte. Alex begleitete sie nach Hause, damit sie einige Dinge zusammensuchen und zwei Briefe schreiben konnte, einen an Richard, einen an Spencer Declan, die sie Alex zu überbringen bat, dann brachte er sie auf den Cayo Huracán. Tanit empfing Cleo mehr als kühl, weil die ihr so lange ausgewichen war, und schickte sie ziemlich sofort in den Nevernever-Teil ihres Palastes, ohne ihr Zeit für lange Verabschiedungen zu lassen. Aber immerhin gelang es Alex noch, Cleo das vergessene Exemplar von Faerie Storm zurückzugeben, was ihr wohl ziemlich viel bedeutete.
Er versuchte auch, Tanit zu fragen, wie lange Cleo ihre Schuld würde abarbeiten müssen, aber darauf war Tanit nicht bereit zu antworten.

Mierda. Ich hoffe, der Kleinen wird es dort einigermaßen gehen. Ich denke – ich hoffe! – nicht, dass Tanit sie misshandeln wird, aber es ist eine Gefangenschaft, ganz gleich, wie gut man Cleo dort behandelt.

Ach ja, und sagte ich schon, dass das Eidbrechermal bei Totilas in dem Moment verschwand, als Cleo Tanits Botschaft überbrachte? Konnte man sich vermutlich schon denken, aber ja, die Übergabe der Nachricht war ganz klar das, was die Winterherzogin von unserem White Court-Freund verlangt hatte. Als wir ihn hinterher darauf ansprachen, erklärte er, er habe uns nichts sagen können, weil Tanit ja diesen Schweigeschirm um sie gezogen habe und er sich ja beim letzten Mal schon bei ihr in die Nesseln gesetzt habe, weil er etwas verriet, das sie im Vertrauen erzählt habe. Nun ja. Beim letzten Mal hatte er sein Wort gegeben, niemandem etwas zu sagen, und dieses Wort eben gebrochen. Da gibt es schon einen deutlichen Unterschied, es sei denn, Tanit hätte ihm auch diesmal ein ähnliches Versprechen abgenommen. Aber gut. Jetzt ist es so gelaufen, und Tatsache ist tatsächlich, um die Eidbrecheraura loszuwerden, musste Totilas Cleo diese Nachricht überbringen. Dass Totilas' Rehabilitation die arme Cleo in diese Zwangslage bringen würde, das war natürlich vorher nicht vorherzusehen. Oder vielleicht konnte Totilas sich auch etwas in der Art denken, zog seine Aufgabe aber trotzdem durch. Demonios. Ich kann der Kleinen nur von ganzem Herzen alles Gute und viel Kraft wünschen.

Eigentlich habe ich nach all dem nicht viel Lust, heute abend wie geplant mit Lidia ins Kino zu gehen. Aber ich kann sie jetzt nicht hängen lassen. Verabredet ist verabredet. Okay, Alcazár. Gute Miene machen. Du willst Lidia nicht auch herunterziehen.

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Abends.

Wir waren in La La Land, und es war tatsächlich richtig schön. Wir hatten noch überlegt, ob wir lieber La La Land oder den neuen Star Wars-Spinoff schauen sollten, aber ich glaube, das Musical war die richtige Entscheidung. Lidia sagte mir auf den Kopf zu, dass etwas nicht in Ordnung sei, und sie ist ja genug über die Magie und dergleichen im Bilde, dass ich ihr ungefähr erzählen konnte, um was es ging. Nicht in allen Details, aber genug über das grundlegende Dilemma.
Und der Film war tatsächlich sehr nett. Einfach rundum erfreulich, und das, obwohl ich mit Musicals normalerweise nicht so viel anfangen kann.

Und ich habe mit Lidia verabredet, dass Monica und sie an Weihnachten zu uns kommen. Jandra und Monica hätten sich ohnehin zum Spielen getroffen, da können wir auch gleich gemeinsam feiern.

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19. Dezember

Ich habe Pan nach den Ankerinseln gefragt. Wie er es erzählte, gehörten die Ankerinseln einst alle drei dem Sommer, aber die Insel der Tränen schenkte Pan dem Winter, weil er fand, Trauer und Sommer passten nicht zusammen, und die Insel der Jugend habe er vor einigen Jahren bei einem Kartenspiel an Sergeant Book verloren. Was nun die Insel der Stürme angehe, so sei das ein strittiger Punkt mit Tanit. Die Winterherzogin habe behauptet, sie sei ja die Herrin der Stürme, also sollte die Insel viel eher ihr – und damit dem Winter – gehören. Und in diesem Streit habe er ihr versprochen, er werde ihr die Insel schenken, wenn sie sie so gerne haben wolle – als Hochzeitsgeschenk. Aber da Tanit sich ja weigere, ihn zu heiraten, war es das eben bisher mit der Inselübergabe. Wenn sie denn doch mal irgendwann heiraten würden, dann gerne. Tanit allerdings behaupte, er habe ihr die Insel ohne Heiratsbedingung, sondern einfach so zum Geschenk gemacht, und damit gehöre sie schon dem Winter.

Ooookay. Das ist, glaube ich, ein Thema, bei dem ich mich heraushalte. Sollen das die beiden mal schön untereinander klären, dazu brauchen sie ihre Ritter nicht. Wobei ich persönlich ja der Ansicht bin, eine Insel pro Feenfraktion ist nur fair. Der Gedanke, die Insel der Stürme an den Winter abzugeben, gefällt mir also nicht so recht. Aber das ist ziemlich sicher der Sommermantel, der da spricht, glaube ich.

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24. Dezember, morgens

Heute werde ich nicht viel zum Schreiben kommen – Baum schmücken, kochen, Alejandra beschäftigen... Aber ich freue mich auf die Feiertage, muss ich sagen.

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25. Dezember, morgens

¡Feliz Navidad, allerseits! Das war schön gestern. Gut zu Abend gegessen, Alejandra und Monica durften mit in die Christmette – das ist für sie immer wieder etwas Besonderes, um kurz vor Mitternacht noch raus zu dürfen – und haben dann Pyjamaparty halten dürfen. Lidia hat im Gästezimmer übernachtet, bevor hier Ideen aufkommen, Römer und Patrioten. Aber ja. Es gab einen Kuss. Jetzt zufrieden?

Außer mir schläft alles noch. ich habe gerade  aufgeräumt und klar Schiff gemacht, und vielleicht habe ich gleich noch ein bisschen Zeit, bevor es hier wieder rund geht. Ich muss – möchte, vor allem, aber muss auch, wenn ich ehrlich bin – endlich mal anfangen, meine Outline-Gedanken in erste Romanseiten zu gießen. Und, wenn ich noch einmal ehrlich bin, mich auch ein bisschen ablenken. Da ist dieser Kuss, der mir die ganze Zeit im Kopf herumschwirrt.

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25. Dezember, abends

Natürlich hatte ich keine Zeit. Nicht viel später wachten alle auf, und dann begann die übliche Weihnachtshektik. Die Mädchen, die am liebsten den ganzen Tag miteinander verbracht hätten, waren ein bisschen traurig, dass sie sich mittags trennen mussten, weil wir zu unseren jeweiligen Familien fuhren, aber das gemeinsame Spielen läuft ja nicht weg.
Und Lidia und ich haben beschlossen, auch Silvester gemeinsam zu feiern.

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28. Dezember

Irgendwer hat gepetzt. Entweder war es Alejandra, oder Yolanda hat sich einen Spaß daraus gemacht, mich reinzureiten. Mamá wollte heute wissen, wann ich ihnen denn meine neue Freundin vorstellen würde. Ach seufz. Da ist doch noch gar nichts spruchreif. Wir waren auf einigen Dates, zugegeben. Wir haben uns geküsst, auch zugegeben. Aber ich würde die weitere Entwicklung gerne ohne die neugierigen Augen meiner Eltern geschehen lassen, wenn das irgendwie möglich ist, herzlichen Dank.

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01. Januar, abends

¡Feliz Año Nuevo, Römer und Patrioten!

Das Eltern-Vorstell-Problem haben wir gelöst, weil Mamá und Papá so nett waren, nicht nur auf Alejandra, sondern auch auf Monica aufzupassen, damit Lidia und ich ausgehen konnten. Yolanda war für Silvester ohnehin nicht verfügbar – ich tippe auf Marshall Raith, so sehr, wie mein Schwesterchen herumgedruckst hat und nicht mit der Sprache herausrücken wollte, wo ich doch eigentlich überhaupt nicht in sie gedrungen war. Oder zumindest finde ich, mein „Viel Spaß an Silvester; was machst du eigentlich?“ war eine ganz gewöhnliche Frage, wie man sie auch einem Arbeitskollegen hätte stellen können. Das ich darauf ein „Also, ähhm, also, weißt du, ja...“ bekommen würde, was eigentlich sonst überhaupt nicht Yolandas Art ist, lässt mich zwei Dinge vermuten. Entweder ich habe sie wirklich auf dem falschen Fuß erwischt, oder das war reine Absicht, um mich aus dem Konzept zu bringen. Also wirklich.

Jedenfalls brachten wir die Mädchen bei meinen Eltern vorbei, und ich möchte schwören, die stubsten einander in die Seiten wie Teenager, als sie Lidia erklärten, es sei eine große Freude, sie kennenzulernen, und uns dann einen schönen Abend und eine schöne Party wünschten. Und nein, nein, es sei gar kein Problem, auf die Kinder aufzupassen, sie hätten ohnehin nicht groß etwas geplant, vielleicht mit den Nachbarn anstoßen, alles gar kein Ding, und natürlich würden die Mädchen bei ihnen übernachten, es sei uns und ihnen doch nicht zuzumuten, sie nachts wieder abzuholen... Aha. Verstehe schon. Es war mir gelinde peinlich, aber Lidia nahm es mit Humor.

Und ja, nach der Party blieb sie tatsächlich über Nacht. Und zwar nicht im Gästezimmer. Und dann auch noch den Rest des Tages. Wir haben die Mädchen erst am frühen Nachmittag abgeholt und waren dann noch eislaufen mit ihnen. Seltsam, wie ich das hier so aufschreibe, klingt es ganz fürchterlich bieder und langweilig, aber es hat sehr viel Spaß gemacht. Bis auf die kleine Tatsache, dass es das erste Mal war, dass ich mich im Schlittschuhlaufen versucht habe, seit ich Pans Ritter bin – und dass mir diese große Eisfläche diesmal deutlich unsympathischer war als früher immer. Aber da musste der Sommerrittermantel jetzt durch – hier ging es um Spaß mit der, traue ich mich, es zu sagen? Familie.

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[es folgen diverse weitere Einträge privater Natur]

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18. März

Heute hat mich Saltanda, die Nymphe, angesprochen, als ich bei Pan im Palast war. Sie war ganz aufgeregt, denn sie ist schwanger. Das ist bei ihr nun nichts Neues; sie erklärte, von Satyren sei sie schon sehr oft schwanger gewesen, aber diesmal fühle es sich anders an, und es gehe auch viel langsamer und alles.
Langer Rede kurzer Sinn: Das dürfte wohl das Ergebnis von Totilas' 'Ablenkung' bei dem Reinigungsritual im Dezember gewesen sein. Sieh an, unser White Court-Kumpel wird Vater.

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18. März, später.

Jahaaa. Denkste. Als ich Totilas die Mitteilung machen wollte, stellte sich heraus, dass er tatsächlich nicht der einzige ist, der als Vater in Frage kommt. Es war ein tantrisches Reinigungsritual, Römer und Patrioten, und wie es sich herausstellte, haben weder Edward und Roberto sich mit Ritualwirken begnügt. Oder besser gesagt, das Ritualwirken nahm eben entsprechende Formen an.

Natürlich wollten die drei nun Gewissheit haben, wer von ihnen denn nun der Vater sei, also führte Edward ein Ritual zur Bestimmung heraus. Natürlich – Edward nutzt ja jede Gelegenheit, die er nur bekommen kann, um irgendwelche Rituale zu ziehen. Aber zugegeben: Es ist ja auch die Frage, ob und inwieweit ein schnöder Gentest bei einer Nymphe überhaupt von Erfolg gekrönt wäre.

Ein Ergebnis jedenfalls hatten sie relativ schnell: Roberto ist der Vater des Kindes. Oh-hah. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dee das gefallen wird. Falls sie es erfährt, versteht sich. Von mir aber jedenfalls nicht. Das würde, auch wenn ich dank Lidia über Dee endlich hinweg bin, viel zu sehr wie billiges Rachenehmen an Roberto wirken, auch und gerade, weil wieder Saltanda involviert ist.

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22. März

Von mir hat Dee es zwar nicht erfahren, aber erfahren hat sie es. Roberto selbst hat es ihr erzählt – und so dreckig, wie es ihm jetzt geht, hat es ihr genausowenig gefallen, wie ich dachte, dass es das würde.

Ich habe nicht so ganz in jedem letzten Detail mitbekommen, wie das genau ablief, aber aus dem, was Alex, der seine Schwester besänftigen musste, angedeutet hat, reime ich mir folgendes zusammen:
Roberto war tatsächlich sehr glücklich darüber, dass er Vater werden würde, und er muss in dieser Stimmung und völlig aufgeräumt wohl Dee diese Eröffnung gemacht haben. Bei einem romantischen Abendessen zur Feier des Anlasses, wohlgemerkt. Das hat Dee wohl gar nicht gut aufgenommen, und entweder, sie hat gleich mit ihm Schluss gemacht, oder sie hat ihm das Ultimatum gestellt, falls er wirklich bisher nicht verstanden habe, dass sie monogam veranlagt sei, dann solle er es bitte jetzt verstehen und sich jetzt darauf einlassen. Das konnte oder wollte Roberto aber nicht, also war es das.
Mit Edward hat Roberto sich deswegen auch auf's Heftigste gestritten, nachdem er sich betrunken hatte und dann mit Edward reden wollte. Edward wurde so wütend, dass er Roberto aus seinem Haus warf, aber er sagte wenigstens noch Totilas bescheid, dass der ihn einsammeln und auf ihn aufpassen sollte.

Tío.

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23. März

Ich hatte ein langes Gespräch mit Edward. Der sagte, die ganze Sache sei ihm wegen Cherie so nahe gegangen. Bei ihr habe er gewusst, dass sie mit anderen Männern schlafen muss, um am Leben zu bleiben, und das habe Edward ja auch gewusst und akzeptiert, aber trotzdem habe es ihm verdammt wehgetan, und Cherie habe verstanden, dass ihm das verdammt wehgetan habe.
Dass Roberto jetzt so überhaupt nicht verstehen wollte oder konnte, dass es sehr wohl einen Zusammenhang dazwischen gibt, ob man einerseits fest mit jemandem zusammen ist und andererseits mit anderen Leuten ins Bett geht, das machte Edward schlicht fuchsig. Aber tatsächlich hatte er sich deutlich besser unter Kontrolle als noch vor einem Jahr. Da hätte er sich vielleicht nicht beherrschen können und Roberto eine runtergehauen statt ihn nur rauszuwerfen.

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24. März

Heute habe ich auch mit Roberto geredet; das war mir wichtig. Nicht, um schadenfroh zu sein, sondern weil ich ihm einfach etwas sagen wollte. Und zwar, dass es mir wirklich leid täte und dass ich es ihm wirklich gewünscht hätte, dass das mit ihm und Dee hält. Ich gab auch zu, dass das vor einem Jahr noch anders gewesen wäre, aber jetzt eben nicht mehr.
Und das war die reine Wahrheit. Vor einem Jahr war ich über Dee noch nicht hinweg. Nein, vielleicht war ich sogar vor einem halben Jahr noch nicht komplett über Dee hinweg. Vor einem Jahr oder einem halben Jahr hätte ich vermutlich versucht, Dee zurückzugewinnen, nachdem sie mit Roberto Schluss gemacht hätte. Aber inzwischen sind die Dinge tatsächlich anders, und deswegen hätte ich mir tatsächlich gewünscht, dass das zwischen Dee und Roberto geklappt hätte, denn Roberto ist mein Freund, und Dee hat mir nie etwas vorgemacht, und beiden wünsche ich, dass sie glücklich werden.

Roberto dankte mir mit ernster Miene, und ich konnte ihm ansehen, dass er erkennen konnte, dass ich es ehrlich meinte. Aber ich glaube, Roberto ist tatsächlich nicht der Typ für eine monogame Beziehung, oder zumindest jetzt nicht. Wenn er sich binden soll, dann muss das jemand sein, der oder die ähnlich offen denkt wie er. Ich weiß nicht, ob er jemals so jemanden finden wird. Aber wünschen würde ich es ihm.
« Letzte Änderung: 9.10.2017 | 15:49 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
Meine Rede.
Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

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Ricardos Tagebuch: Turn Coat 1

21. Juli

Ich bin es endlich angegangen. Oder besser, Edward, Roberto und ich sind es endlich angegangen. Dank der Ritualkünste der beiden ist Jade ist jetzt als Füllfederhalter getarnt. Nicht so ein hässliches, klobiges, protziges Ding, wie man sie zu oft sieht, sondern ein richtig hübsches, stilvolles, klassisches Schreibgerät zum Aufziehen aus dem Tintenfass statt mit Patronen: relativ schlank, oder zumindest nicht so bauchig, wie Füllfederhalter sonst gerne mal sind, tief-dunkelgrün mit leichtem Marmoreffekt und ein paar wenigen goldenen Applikationen. Ausprobiert, ob man damit richtig schreiben kann, habe ich noch nicht.*
Meine eigene Aufgabe bei der Aktion war es, die Klinge festzuhalten und etwas von meiner Sommermagie in das Ritual zu gießen – und es ist seltsam, aber ich glaube, dass die Prozedur tatsächlich eine Verbindung zwischen Jade und mir geschaffen hat, oder besser gesagt: die Verbindung, die seit meinem Amtsantritt ohnehin schon da war, hat sich nochmal vertieft. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber es kommt mir so vor, als könnte ich Jades Anwesenheit jetzt tatsächlich spüren, als hätte ich sowas wie ein unbewusstes Wissen darum, wo sie sich gerade befindet. So, wie ich zum Beispiel meine Uhr am Handgelenk spüre, aber eben auch dann, wenn Jade gerade ganz woanders ist. Eigenartig. Aber egal, jedenfalls kann ich sie jetzt auf Wunsch, bzw. unter Einsatz eines kleinen bisschens Magie vom Schwert zum Füllfederhalter befördern und umgekehrt.

* Später: Man kann tatsächlich! Haha. Sehr cool.

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13. August

Jack White Eagle hat uns zu einer Feier in die Kommune eingeladen. Eine ‘Namensparty’, wie er sagte. Haben Joelle und Bob ein Baby bekommen? Eigentlich nicht; nicht, dass ich wüsste, zumindest. Hm. Na, wir werden ja sehen, wessen Nachwuchs es ist.

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Haha. Gar kein Nachwuchs. Jack selbst wollte einen neuen Namen. Er befand, das sei sonst zu verwirrend mit ihm und dem Bösen Jack, oder Luftballon-Jack, oder Jaaaaaaack, oder wie auch immer wir den nennen wollen, und überhaupt laufe er (also White Eagle) schon wieder viel zu lange als Jack herum, und es sei mal wieder an der Zeit für etwas Neues.



Das ging über dem, was danach kam, dann fast ein bisschen unter, aber erst einmal war die Party sehr lustig. Jack war für alle Vorschläge offen, behielt sich aber die letztendliche Entscheidung vor, ebenso wie das Recht, am Ende einen ganz anderen Namen zu wählen, der nicht von einem Partyteilnehmer käme.

Einige Vorschläge schmetterte Jack schon gleich von vorneherein ab, Jacky McJackface zum Beispiel (verständlich - ich glaube aber auch nicht, dass der Vorschlagende ganz nüchtern war, als er den Vorschlag machte.). Auch heißen wie ein US-Präsident wollte Jack nicht, womit schon einmal eine ganze Menge Optionen wegfielen (wobei ich zugegebenermaßen nicht glaube, dass Millard, Woodrow oder Rutherford in die engere Wahl gekommen wären, selbst wenn sie nicht vom Präsidentenmakel befleckt gewesen wären. Bei Ulysses und Herbert habe ich auch Zweifel, und über Donald decken wir besser gleich den Mantel des Schweigens). John Doe kam nicht in Frage, weil Jack früher schon mal so geheißen habe (ganz abgesehen davon, dass es auch schon Präsidenten namens John gab), ebensowenig Timmy oder Kenny, einfach wegen der zu erwartenden blöden Sprüche. Dick fiel aus demselben Grund flach, dazu alle Namen mit echter oder vermeintlicher indianischer Etymologie.

Bob schlug “Bob” vor, aber das wollte Jack nicht, weil das ja dieselbe Verwirrung geben würde wie mit dem bösen Jack - oder sogar noch mehr, weil Bob ja auch in der Kommune wohnt und viel mehr Berührungspunkte mit White Eagle hat. Das sah Bob ein und verlegte sich stattdessen auf “Tom”, was auch auf Jacks Liste kam. Von Scarlets Ideen - alles Baumnamen wie Hickory, Filbert, Chestnut und Acorn, aber sie ist ein Wer-Eichhörnchen, da war das eigentlich klar - blieb Hazel übrig.
Irgendjemand aus der Kommune warf (vermutlich unter dem Einfluss des selbigen) den Namen Cannabis Jones in den Ring, und der schaffte es tatsächlich auf Jacks Liste. Sage nochmal einer, der Mann habe keinen Humor.
Von Totilas kamen Alan und Trent, Edward warf Anthony ins Rennen, und Alex sprach sich für einen vornehmen britischen Namen wie Kenneth, Leonard oder Wilbur aus. Roberto blieb mit Steve und Alexander namenstechnisch zunächst eher auf dem Teppich, bevor er die Dreifachkeule Alvin Simon Theodore - also alle drei zusammen, wohlgemerkt, nicht etwa jeden der Namen als einzelnen Vorschlag - auspackte. Ich selbst hatte erst an Jeremy gedacht, dann aber später, als das Fest schon eine ganze Weile lief und schon unzählige Namen gerufen worden waren, noch Byron hinterhergeschickt.

Wie gesagt, es war eine lustige Party. Die Vorschläge flossen ebenso frei wie das Bier; es wurde geredet und gelacht und über die Namen diskutiert. Es waren jede Menge Gäste da, darunter auch unsere alten Bekannten Lila und Danny, die sich in Begleitung einer etwa gleichaltrigen blonden Frau befanden. Wir hatten ihnen kurz hallo gesagt, aber ansonsten an dem Abend noch nicht viel mit ihnen zu tun gehabt.

Irgendwann fiel uns auf, dass sich drei Gestalten durch die Partygesellschaft bewegten, die nicht so richtig dorthin zu gehören schienen. Lange, schwarze Staubmäntel, geschnitzte Stäbe mit deutlichen Gebrauchsspuren, harte Gesichter und zahlreiche Narben, zwei Männer und eine Frau, die Männer beide weiß, die Frau schwarz. Sie waren ziemlich eindeutig Soldatentypen, die schon eine Menge gesehen hatten, und sie waren sehr eindeutig Magier. Ratsmagier, wie es aussah.
Die drei Magier bewegten sich zielstrebig durch die Party und befragten die Gäste. Sie mussten irgendjemanden suchen, denn sie zeigten ein Foto herum. Zuerst landeten sie bei Edward, der sich in diesem Moment gerade nicht bei uns befand - wir müssen ja nicht immer aufeinander hängen. Tatsächlich hatten wir uns aufgeteilt, und nur Roberto und ich standen gerade zusammen. Er antwortete knapp und offenbar mit einer Verneinung, aber als die drei weitergingen, machte Edward sich zwar unauffällig, aber sehr zielstrebig, auf in Richtung Danny, Lila und ihrer Begleiterin, und dann konnten wir sehen, wie Edward mit der jungen Blonden sprach und sie unauffällig vom Gelände lotste. Roberto und ich hatten beide denselben Gedanken: Edward Zeit verschaffen. WIr teilten uns auf, und als die Ratstypen jeweils zu uns kamen, versuchten wir, sie möglichst lange mit Gegenfragen aufzuhalten. Wer das auf dem Foto überhaupt sei, den sie da suchten? Enid Campbell, sagten sie. Sie sei eine Warlock, und sie habe etwas gestohlen. Und wer sie selbst, also die Fragesteller, überhaupt seien? Vom weißen Rat, war die Antwort. (Das wussten wir in dem Moment noch nicht, aber Edward stellte ihnen so ziemlich dieselben Fragen wie wir, und er trieb es noch weiter. Ich wäre so gern dabei gewesen; allein Edwards Erzählung hinterher ließ mich schon laut loslachen. Auf die Antwort, dass sie Mitglieder des White Council seien, fragte Edward nämlich als nächstes: “Also Wardens?” “Quasi”, bekam er zu hören. “Wie, quasi?” bohrte Edward nach. “Ich zahle meine Steuern an den weißen Rat, also bin ich quasi im weißen Rat, also bin ich quasi ein Warden?” Das machte die Quasi-Wardens erst einmal sprachlos, und ich muss auch schon wieder fast lachen, wo ich es aufschreibe.)

Wie gesagt, um Zeit zu gewinnen, stellte ich ihnen noch einige weitere Fragen: was die Warlock denn gestohlen habe (wollten sie nicht sagen), warum sie ausgerechnet hier nach ihr suchten (aufgrund von Hinweisen. Was? Naain! Ohoo!), seit wann Diebstahl denn auch zu den Gesetzen der Magie gehöre (gar nicht, aber Campbell sei eben auch eine Warlock). Roberto hingegen trieb das Spiel sogar noch weiter und nutzte seinen wandelbaren Liberace-Mantel, um sich gleich mehrmals von den Quasi-Wardens befragen zu lassen. Irgendwann fiel es einem auf, aber diese Kurve bekam Roberto mit einem geschickten Einsatz von ‘Willst du jetzt etwa behaupten, alle Kubaner sehen gleich aus?!’ umschifft. Da er laut genug sprach, dass ich es auch von dort hören konnte, wo ich gerade stand, schlug ich in dieselbe Kerbe. Schnell stellte ich mich neben ihn, deutete erst auf Roberto, dann auf mich selbst, und fragte empört: “Er und ich sehen also gleich aus, ja?”

In der Zwischenzeit hatte auch Jack die ungeladenen Partygäste bemerkt und Warden Declan angerufen. Der mag ein Arsch sein, aber es dauerte gar nicht lange, bis er auf dem Plan erschien. Dem Warden gegenüber verhielten die drei jungen Magier sich höflich und respektvoll, und Declan fuhr dann gemeinsam mit ihnen weg, vermutlich, um sich mit ihnen anderenorts zu besprechen.

Alex rief Edward an, um ihm bescheid zu geben, dass Declan aufgetaucht sei und die drei Quasi-Wardens irgendwohin mitgenommen habe. Anschließend verabschiedeten wir uns noch kurz von Jack, der sich erfreut darüber zeigte, dass seine Steuern sich endlich einmal bezahlt gemacht hatten, und fuhren dann los, um uns mit Edward und dem blonden Mädchen zu treffen.
Bisher war Edward erst einmal mit ihr herumgefahren, um in Bewegung zu bleiben, aber wir wollten uns ja in Ruhe unterhalten, das war während des Fahrens vielleicht nicht so ideal. Aber auf unseren Dampfer konnten wir sie nicht bringen, der soll immerhin so geheim bleiben, wie es geht. In der Stadt selbst, z.B. im Dora’s oder im Buchladen, wollten wir uns allerdings auch nicht sehen lassen, weil ja die Quasi-Wardens immer noch nach der jungen Frau suchten. Und vor allem, gestand Enid, kennten ihre Verfolger ihren Wahren Namen, was auch der Grund war, warum sie ihr so dicht auf der Spur bleiben und sie überall aufspüren konnten. Aber Alex konnte von einem seiner zahllosen Bekannten ein Boot ausleihen, das taugte gut für unseren Zweck. Gerade, weil fließendes Wasser ja Magie abhält und demzufolge auch Suchzauber behindern oder gar ins Leere laufen lassen dürfte.

Die junge Magierin - Enid Campbell - erzählte uns erstaunlich bereitwillig, was denn eigentlich los war. Einiges oder das meiste davon musste sie Edward gegenüber vorher wohl auch schon angesprochen haben, so wissend, wie er zu ihrer Erzählung nickte, aber sie schien keinerlei Probleme damit zu haben, das alles noch einmal zu berichten. Vielleicht tat es ihr einfach gut, es sich von der Seele zu reden.
Enid sei Ratsmagierin, erzählte sie, aber keine Warden - oder zumindest keine offizielle, sondern eher eine Soldatin. Zusammen mit den drei anderen habe sie eine Einheit gebildet, die im Krieg des White Council gegen die Rotvampire gekämpft habe, gegen Warlocks vorgegangen sei und auch sonst grundsätzlich die Aufgaben und Funktionen eines Warden übernommen habe, ohne wirklich zu Wardens ernannt worden zu sein.

Enids Bericht zufolge war sie anfangs noch jung und idealistisch, aber sah sie im Laufe der Zeit eine Menge gesehen und eine Menge erlebt, was sie völlig desillusionierte und ihr eine posttraumatische Belastungsstörung einbrachte. Der Begriff ‘PTSD’ fiel dabei nicht, wohlgemerkt, aber es wurde aus Enids Beschreibung doch relativ deutlich, dass sie darunter zu leiden schien. Ihr wurde alles zu viel, und sie sehnte sich einfach nur nach einem bisschen Ruhe und Frieden. Dann hatte die Gruppe vor kurzem einen Einsatz, bei dem es darum ging, einen Warlock auszuschalten. In dessen Residenz fand Enid die Notenblätter eines Musikstücks, das mit ‘Sinfonia de la Tranquilidad’ überschrieben war und den Namen einer gewissen Carmen Sosiego trug. Trotz des Namens war es aber keine Symphonie, sondern lediglich für Orgel komponiert.
Da Gelassenheit und Ruhe für Enid in diesem Moment einfach himmlisch klangen und da in dem Raum, wo sie die Noten fanden, eine Orgel stand, setzte sie sich hin, um das Stück zu spielen, wurde aber von ihren Gefährten unterbrochen. Wie alle Besitztümer des Warlocks sollte auch die Partitur der Sinfonia vernichtet werden, aber das kam Enid falsch vor. Also setzte sie sich mit dem Musikstück von ihrer Truppe ab, weswegen ihre Exkameraden ihr seither als Verräter und Warlock hinterherjagen.

Natürlich wollten wir sofort wissen, ob sie denn wirklich ein Warlock sei. Das ließe sich nicht mit Sicherheit sagen, gab Enid zu - aktiv ausschließen könne sie es nicht, weder für sich selbst, noch für ihre drei Kameraden. Als Soldaten hätten sie viel erlebt… und viel getan. Er sei durchaus möglich, dass sie im Kampf als Kollateralschaden auch das eine oder andere Gesetz der Magie überschritten hätten, aber das sei schwer zu sagen. Bei dem Kampf gegen den Warlock in seinem Schloss zum Beispiel hätten sie das Bewusstsein der Leute beeinflusst, die dort von ihm mittels geistiger Kontrolle unterjocht und in Sklaverei gehalten worden seien. Das sei ja ein Bruch der Gesetze, aber in dem Moment das geringere Übel gewesen, denn hätten sie die Leute erschießen sollen?

Die Musiknoten hätten sie jedenfalls angesprochen, und als sie das Stück spielte, habe sie eine so herrliche Ruhe im Kopf gehabt. Hätten die grausigen Bilder vor ihren Augen endlich einmal aufgehört, aber vor allem die Geräusche. Die Explosionen, die Schüsse, die Schreie - aber gar keine Musik mehr, und dabei sei sie früher sehr musikalisch gewesen, habe sogar Berufsmusikerin werden wollen, ehe sie zum weißen Rat kam.

Das alles klang uns ganz entschieden danach, dass hier Magie im Spiel sein musste - entweder auf den Noten selbst oder auf der Musik, die auf ihnen basiert.
Enid gab die Partitur nur sehr ungern aus der Hand, ließ sich dann aber doch überzeugen, damit Roberto sie in der Sight untersuchen konnte.

Weder die aufgezeichneten Noten noch das Papier wiesen jegliche Anzeichen von Magie auf - die Musik selbst, die Melodie, hingegen schon. Denn als Enid kurz einen Ausschnitt daraus summte, kam es mir so vor, als würden alle anderen Geräusche daneben verstummen oder zumindest verblassen.

Dann wollte Enid gerne ihre Noten zurückhaben und vor allem weiterziehen. Die Idee eines Bootes gefiel ihr, und sie meinte, sie wolle versuchen, möglichst oft auf dem Wasser zu bleiben. Aufhalten konnten wir sie natürlich nicht, wie sie weiter vorgehen wollte, war allein ihre Sache, und auch die Noten bekam sie selbstverständlich zurück. Diese allerdings fotografierten wir erst noch ab, damit wir das Stück noch weiter analysieren können.

Sobald wir wieder an Land waren und uns von Enid getrennt hatten, versuchten wir, etwas über die Komponistin der Sinfonia de la Tranquilidad herauszufinden. Sonderlich viel war es nicht: Im Netz gab es lediglich einige Erwähnungen des Namens Carmen Sosiego in Verbindung mit Konzertprogrammen aus den 1920ern, wo die Dame als Pianistin genannt wurde. Oliver Feinstein konnte uns sagen, dass Carmen Sosiego wohl eine Ratsmagierin war oder ist, wusste viel mehr als das aber auch nicht. Immerhin allerdings kam Edward bei der Bestätigung, dass Sosiego dem Weißen Rat angehört oder angehörte, auf die Idee, unsere österreichische Bekannte Vanessa Gruber zu fragen. Die war zwar in dem Moment nicht zu erreichen, aber Edward hinterließ ihr eine Nachricht, sie möge sich doch bitte melden.

Und das war es auch schon. Über dem Gespräch mit Enid und den Nachforschereien war es so spät, dass wir nicht mehr auf die Party zurückfuhren. Ich glaube, ich muss Jack morgen mal anrufen, für welchen Namen er sich denn nun eigentlich entschieden hat.

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14. August

Ms. Gruber hat sich gemeldet, und tatsächlich konnte sie uns einige Informationen zu Carmen Sosiego geben. Sie war eine Ratsmagierin, ja, und als ziemlich exzentrisch bekannt, aber keine Warlock, auch wenn sie sich in durchaus offenem Widerspruch zum Weißen Rat befand und wohl auch durchaus die eine oder andere Grauzone streifte. Genauer gesagt, habe sie wohl versucht, die Grenzen der Magie auszuloten und auszuweiten - was sie eben auch an besagte Grenzen brachte. Wie die Konzertprogramme schon vermuten ließen, lebte sie in den 1920ern, sei aber irgendwann um diese Zeit gestorben oder verschwunden, so genau wusste Vanessa das nicht.

Ein Warlock sei Sosiego also nicht gewesen - aber dennoch gebe es die Order, all ihre Schriften - also auch ihre Musikstücke - unverzüglich zu verbrennen, wenn man auf sie stoße. Ähnliche Befehle hätten die Wardens auch in Bezug auf die Werke anderer Personen - Warlocks und Schwarzmagier zumeist, so zum Beispiel ein Nekromant namens Kemmler, der im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Nazis gestanden hatte.
Natürlich wollte Vanessa wissen, ob wir etwa in den Besitz einer von Sosiegos Schriften gekommen seien, was wir aber ehrlich verneinen konnten. Ebenso ehrlich gestand Edward aber, dass wir zwar einen Blick auf eines ihrer Werke geworfen hätten, es allerdings nicht in unseren Besitz gebracht hätten. Denn die Fotografien auf Robertos Handy… sind Fotografien, keine Schriften. Nichts, das man verbrennen könnte. Also nicht gelogen.

Mit der Aussage gab Vanessa sich zufrieden, warnte uns aber noch vor einem gewissen Donald Morgan, einem verräterischen Warden, mit dem der Rat wohl gerade große Probleme hat und den sie mit höchster Priorität jagen. Falls wir etwas über ihn und seinen Aufenthaltsort erfahren, sollen wir Vanessa und Spencer Declan warnen, Morgan selbst aber auf gar keinen Fall in die Quere kommen. Der Mann sei extrem gefährlich.
Alles klar, das sollte sich machen lassen. Wer auch immer dieser Morgan sein mag, dass er dem Rat so großen Respekt einjagt.


Ach ja. Es wurde Byron.
« Letzte Änderung: 9.01.2018 | 22:42 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
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Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

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19. August

Edward ist in eine Task Force einberufen worden, hat er heute erzählt. Eigentlich ist es eine Sache von Internal Affairs, aber sie wollten Edward explizit im Team haben, sagte er. Gebildet wurde die Gruppe wegen des Ex-Internal Affairs-Cops, der letztes Jahr während des Supermonds in Edwards Fall ermittelt hatte, weil der nämlich ausgerastet ist und jemanden erschossen hat. Normalerweise wäre das auch eine reine Internal Affairs-Angelegenheit geblieben, aber es gab da Aspekte an dem Fall, wegen derer sie Edward in seiner Funktion als Leiter des SID in der Task Force haben wollten. Als da wäre die Videoaufzeichnung, in der dieser Ex-Cop – Daniel Hartley mit Namen – einen anderen Cop erst angriff, dann erschoss und sich dann aus dem Staub machte. Was alles noch nicht so wirklich SID-würdig wäre, wenn Hartley auf dem Video nicht tiefschwarze Augen gehabt und sich hinterher mit übermenschlich weiten Sprüngen abgesetzt hätte.

Als wir abends zusammensaßen und Edward uns von der Sache erzählte, kamen wir natürlich ins Überlegen. Komplett schwarz durchgefärbte Augen klingt nach dem Red Court. Aber warum sollte ein ehemaliger Internal Affairs-Cop die Augen eines Rotvampirs – oder eines Red Court Infected – haben?
Weil er von einem Rotvampir gebissen wurde, logischerweise. Aber warum?
Was natürlich die nächste Frage nahelegte. Was war mit dem Mann überhaupt passiert, nachdem seine Kollegin und er letzten November Edward auf die Pelle gerückt waren?
(Nicht nur letzten November, übrigens. In dem Zusammenhang erzählte Edward, dass die beiden IA-Cops ihm vor Jahren schon einmal einige unangenehme Fragen gestellt hatten, und zwar damals, als Antoine mit den Feendrogen handelte. Über die Verbindung mit Mrs. Parsen gelangte auch Edward in deren Visier, und dass er damals nicht anständig erklären konnte, warum seine angebliche Mutter so aussah wie seine jüngere Schwester, machte die Sache nicht besser, auch wenn die Beamten gegen Edward selbst natürlich nichts vorbringen konnten und dementsprechend wieder abzogen. Aber Edwards Name war nun einmal gefallen, und dass er mit Totilas befreundet ist und auch zu Gerald Raith Kontakt hatte, ist nun auch kein größeres Geheimnis.)

Bevor diese Frage jetzt in unserem Gespräch aufkam, hatte Edward sie sich tagsüber im Büro natürlich auch schon gestellt. Er forschte also ein wenig nach und stellte fest, dass die Polizistin, Elena Cruz mit Namen, Anfang Dezember bei einem Einsatz ums Leben gekommen war. Tieferes Graben nach den genaueren Umständen von Cruz' Tod jedoch brachte zum Vorschein, dass es sich gar nicht um einen Polizeieinsatz gehandelt hatte. Stattdessen war Cruz durch Schüsse aus einem vorbeifahrenden Fahrzeug getötet worden. Das Motiv blieb offen, und der oder die Täter wurden nie gefasst. Ihr Internal Affairs-Kollege Daniel Hartley hingegen bekam nahegelegt, in den Ruhestand zu gehen, nachdem es da irgendein Problem mit Korruption gab. Er verließ die Polizei und erregte in den Monaten seither keinerlei Aufsehen – bis zu diesem Angriff jetzt eben. Ein Angriff, bei dem Hartley schwarze Augen hatte und sich körperlich auf seinen Gegner stürzte, sich dann aber doch von ihm losriss und ihn stattdessen mit der Pistole erschoss. Sollte man ihn etwa gegen seinen Willen mit dem Vampirvirus infiziert haben?

Jetzt kam Edward wieder ins Bewusstsein, dass Henry damals beim Supermond angeboten hatte, sich der Angelegenheit anzunehmen, und Edward – vor lauter Supermondgereiztheit und all den anderen Dingen, mit denen wir uns in dem Moment herumschlagen mussten – einfach zu ihm gesagt hatte „ja, mach mal“, ohne sich groß um die Einzelheiten des Vorschlags zu kümmern oder die Sache dann weiter zu verfolgen. Aber mit all diesen Informationen wäre es natürlich sehr interessant – um nicht zu sagen, wird es plötzlich überaus wichtig – zu wissen, wie Henry sich damals genau gekümmert hat. Also hat Edward beschlossen, gleich morgen im Büro Henry abzupassen, während Totilas mit Vin und Cherie reden will, ob die vielleicht etwas über Elena Cruz wissen (ein Euphemismus für: ob der White Court vielleicht etwas mit dem Drive-By zu tun hat), und Roberto sich wegen Hartleys schwarzen Augen bei seiner Red Court-Bekannten Lucia erkundigen will. Alex und ich können leider erstmal nichts groß weiter tun außer abwarten. Aber so, wie sich das gerade darstellt, klingt mir das nach einer ganz verdammten mierda.

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20. August

Das Ergebnis der gesammelten Umhöraktionen und Befragungen:
Vin soll versuchen, sich Zugang zu Edwards Akte bei Internal Affairs zu verschaffen, um herauszufinden, ob und inwieweit das IA bereits einen Fall gegen Edward zusammengestellt hat. Sich in das Netz des IA hacken, mit anderen Worten. Was Vin vielleicht tatsächlich vermag, aber seine Kernkompetenz ist es nicht, also wird es eine ganze Weile dauern.
Cherie weiß nichts von dem Drive-By auf Elena Cruz, und auch sonst niemand von den Raiths. Zumindest war das die Aussage gegenüber Totilas, und er hat keinerlei Veranlassung zu glauben, dass seine Leute ihren Chef anlügen würden.
Lucia erklärte Roberto gegenüber, sie wisse nichts von einem Daniel Hartley; es gebe viele Red Court-Vampire in der Stadt, und sie kenne längst nicht alle Namen. Aber wenn sie etwas erfahre, werde sie ihm bescheid geben.
Von Henry bekam Edward die Auskunft, ja, er habe sich damals um die Internal Affairs-Störung gekümmert. Wie genau dieses 'Kümmern' ausgesehen habe, das wolle Edward gar nicht wissen. Henry deutete an, in der Sache Aktenfälschung betrieben zu haben, aber den Drive-By auf Elena Cruz habe er nicht beauftragt.

Das hilft uns alles nicht so richtig weiter. Wir müssen Daniel Hartley finden und mit ihm selbst sprechen. Die Beweisaufnahme in Hartleys Wohnung sollte inzwischen auch hoffentlich abgeschlossen und es Edward also hoffentlich möglich sein, Zutritt dazu zu erlangen.

---

Abends. Das wird jetzt ein mühsamer Eintrag, glaube ich. Mit Links schreiben kann ich nicht so wirklich, und mein rechter Arm ist gerade etwas eingeschränkt. Also diktiere ich wieder einmal meinem Laptop ins Texterkennungsprogramm, ich merke aber jetzt schon, dass das gelegentliche Korrekturen und Buchstabierpausen erfordern wird. Aber wie dem auch sei. Edward bekam Zutritt zu Hartleys Wohnung. Und dessen Haarbürste ergab die nötigen Zutaten, um den Ex-Cop mittels Ritual aufzuspüren. Aber Tío, war das eine verfahrene mierda!

Der Reihe nach. In Hartleys Wohnung fanden wir zunächst einmal lauter einschlägige Literatur: diverse Bücher über das Übernatürliche, Vampires Through the Ages, The Werewolf's Guide to Life, solche Dinge. Man konnte aber auch sehr deutlich sehen, wo in den Regalen Lücken klafften, wo Hartley Bücher und Unterlagen mitgenommen hatte. Außerdem fand sich in der Wohnung ein großes Murder Board, eine Pinwand mit Fotos und Verbindungslinien und stichpunktartigen Informationen darauf. Ganz oben prangte Edwards Gesicht, verbunden mit Totilas, Henry Smith und Edwards anderen Untergebenen aus dem SID. Auch Edwards Mutter und Antoine waren da zu sehen, ebenso wie Gerald Raith, der allerdings irgendwo an der Seite und mit dem Vermerk 'nicht mehr aktiv. Tot?'
Oha. Hartley hatte offenbar deutlich intensiver an einem Fall gegen Edward gearbeitet, als er das in den Interviews hatte anklingen lassen.

Durch das Ritual fanden wir Hartley in einem billigen Hotel in Wynwood. Nicht eben die beste Gegend, aber das war ja vermutlich gerade die Absicht des Flüchtigen gewesen.
Der junge Rezeptionist im Hotel pochte erst auf Verschwiegenheit, als Edward ihm ein Foto von Daniel Hartley zeigte, aber dem Angestellten daraufhin seine Polizeimarke zu zeigen, hatte genau den gegenteiligen Effekt als den gewünschten, denn nun klappte der Junge zu wie eine Muschel. Also übernahm ich kurzerhand das Reden, und es gelang mir tatsächlich, den Rezeptionisten zu überzeugen. Dass er ein begeisterter Fan meiner Bücher war, half da deutlich: Am Ende verriet er mir nicht nur die Nummer von Hartleys Zimmer im dritten Stock, sondern überließ er mir sogar den Ersatzschlüssel dazu, als ich ihm die Wichtigkeit der Angelegenheit verdeutlichte. Während er den Schlüssel herauskramte, warnte er mich, der Typ sei komisch. Er würde immer so hungrig aussehen, aber als er – der Rezeptionist – Pizza vorgeschlagen habe, hätte Hartley das abgelehnt und irgendwas von wegen des Pizzaboten gemurmelt. Und er – Hartley – sehe aus, als sei er völlig durch den Wind.

Völlig unvorbereitet sollten wir auf keinen Fall bei Hartley ins Zimmer stürmen. Bevor wir hinaufgingen, besprachen wir noch kurz, was wir eben erfahren hatten: Mit diesen neuen Informationen sah es wirklich so aus, als sei Hartley bisher nur mit dem Vampirvirus infiziert und noch kein echter Red Court, als wisse er aber, was er sei, und versuche, sich zu beherrschen. Vermutlich hatte er den Polizisten genau deswegen lieber erschossen, statt die Kontrolle zu verlieren und ihn zu reißen.

Dann gingen wir nach oben, aber nicht alle. Totilas bewachte den Hinterausgang, während Alex sich im Auto auf die Lauer legte. Weil das erste Gesicht, das Hartley sehen würde, wenn er öffnete, vielleicht nicht gerade Edwards sein sollte, blieb er mit Roberto etwas an der Seite, und ich klopfte. „Wer ist da?“ kam es von drinnen, aber auf mein „Wir würden uns gerne mit Ihnen unterhalten, Mr. Hartley“, kam keine Antwort, nur leise Geräusche von drinnen. Und obwohl wir den Ersatzschlüssel hatten, die Tür also schnell offen war, sahen wir den Ex-Cop nur noch über die Feuertreppe verschwinden, als wir ins Zimmer kamen. Vom offenen Fenster aus rief ich ihm hinterher, dass wir wirklich nur reden wollten, das interessierte den Mann aber nicht.

Hartleys Instinkte waren ausgezeichnet: Er bemerkte Totilas noch von der Feuertreppe aus und konnte ihm daher problemlos ausweichen, und von oben aus dem Zimmer sahen wir, wie er in ein Auto stieg und eilig davonfuhr. Gut, dass Alex in Erwartung genau einer solchen Situation im Auto wartete und ihm nachfahren konnte! Aber gleich darauf rief unser Freund durch und informierte uns, dass der Ex-Cop gar nicht weit gefahren war, nur um eine oder zwei Ecken. Jetzt sitze er auf der Rückseite des Blocks in seinem Auto und sei offenbar am Überlegen.

Während Roberto direkt in Hartleys Hotelzimmer einen Zettel mit seiner Telefonnummer und dem Hinweis, dass wir uns gerne unterhalten würden, hinterließ, schrieb ich eine ganz ähnliche Nachricht, nur in deutlich größeren Buchstaben, auf ein großes Blatt, das ich mit einem Blockmarker zusammen von meinem Fan, dem Rezeptionisten, erschnorrte. Damit ging ich in Richtung Hartleys Auto, aber, weil ich ihn nicht verschrecken wollte, nicht ganz bis zu ihm heran, sondern hielt es aus einiger Entfernung so hoch, dass er die Botschaft lesen konnte.
Wenn ich allerdings gehofft hatte, dass Hartley zur Vernunft kommen, aussteigen und sich mit mir unterhalten würde, hatte ich mich geschnitten. Stattdessen ließ der Ex-Cop den Motor aufheulen und kam mit dem eindeutigen Plan in meine Richtung, mich über den Haufen zu fahren. Dem Überfahrenwerden konnte ich mit einem Sprung zwischen die Autos am Straßenrand zwar locker ausweichen, dem was dann folgte, aber dummerweise nicht mehr. Als er nämlich merkte, dass er mich zwischen den Autos nicht rammen konnte, fuhr Hartley weg... aber nicht, bevor er nicht das Fenster heruntergelassen und im Vorbeifahren einen Schuss auf mich abgegeben hatte. Und dieser Schuss saß. Es war ein absoluter Glückstreffer: aus voller Fahrt mit einer Hand am Lenkrad und ohne jedes Zielen einfach blind in meine Richtung abgegeben, aber die Kugel fand meine Schulter wie mit dem Lineal gezogen. Zum Glück aber eben nur die Schulter, und zum Glück war es ein glatter Durchschuss.

Ein junger Fußgänger machte Foto um Foto mit seinem Handy, rief aber wenigstens auch gleich einen Krankenwagen. Während Edward bei mir erste Hilfe leistete, lief Totilas dem Jungen nach. Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um groß mitzubekommen, was genau er ihm sagte, aber ich glaube, es war ein Geldschein im Spiel, mit dem unser White Court-Kumpel den Teenager dazu brachte, die Fotos zu löschen, damit sie nicht noch am selben Tag im Internet landeten. Dann kam der Krankenwagen, und ich verlor die anderen aus den Augen.
Im Krankenhaus wurde ich kunstgerecht verarztet, entließ mich aber entgegen den Rat der Ärzte, die mich gerne über Nacht dabehalten hätten, relativ bald wieder, den Arm in der Schlinge und mit ernsten Verhaltensmaßregeln zu dessen Ruhighalten. Was auch der Grund ist, warum ich brav bin und das hier nicht schreibe, sondern diktiere.

Alex hatte in der Zwischenzeit den weggefahrenen Hartley bis zu einem Einkaufszentrum verfolgt. Während der Ex-Cop dort drin untertauchte, machte Alex sich an dessen Auto zu schaffen, damit der Mann nicht einfach so wegfahren konnte, und sagte dann den anderen bescheid. Da Hartley tatsächlich einige Stunden lang in der Mall blieb, konnte ich sogar auch noch hinfahren, als ich aus dem Krankenhaus kam.
Irgendwann nicht lange, nachdem ich zu den anderen gestoßen war, kehrte Hartley zu seinem Auto zurück. Er sah ohnehin ziemlich mitgenommen aus, und als der Wagen jetzt nicht ansprang, wirkte er völlig am Ende.
Eine Frau ging vorbei, als der Ex-Cop gerade auf- und sich verzweifelt umschaute. Für einen winzigen Moment trafen sich ihre Blicke – dann wurden Hartleys Augen tiefschwarz, und er sprang aus dem Auto und fiel die Passantin an. Totilas und Edward rannten hin, um ihn von der Frau wegzuziehen. Während ich einen Zauber träger, sommerlicher Siesta-Stimmung auf die Szenerie legte, um eine Panik unter den Menschen auf dem Parkplatz zu verhindern, gelang es den beiden, Hartley niederzuringen. Totilas ließ sich sogar von ihm beißen, um dem Red Court Infected wenigstens etwas Blut zukommen zu lassen und ihn so zu stabilsieren und aus seinem blinden Blutdurst zu holen. Anschließend legte Edward ihm Handschellen an und verhaftete den Mann, aber natürlich hatten umstehende Passanten auch schon die reguläre Polizei und einen Krankenwagen gerufen. Natürlich klickten auch hier die Handykameras, aber Edward setzte sein magisches Talent zur Zerstörung von technischem Gerät ausnahmsweise mal absichtlich ein, und schon war es das mit den ganzen Fotos und Videos.
Roberto und ich kümmerten uns um die Verletzte, bis der Krankenwagen kam. Lustigerweise (oder nicht so lustigerweise; Alex kennt ja jeden in dieser Stadt) kannte Alex einen der Sanitäter und erbat sich von diesem einen Beutel mit Infusionsblut.

Indessen kam auch die Polizei und transportierte den Ex-Cop ab; wir fuhren jeweils in unseren eigenen Autos hinterher und trafen vor dem Polizeirevier wieder zusammen. Gerade wollten wir hinein, um Hartley den Blutbeutel zukommen zu lassen, da ertönten von drinnen Schüsse und laute Rufe. Totilas blieb lieber draußen, aber wir anderen eilten uns jetzt um so mehr.
Drinnen herrschte ziemliches Chaos. Ein Polizist wies Bisswunden auf, Daniel Hartley, seine Augen noch immer tiefschwarz, lag am Boden, von zahlreichen Kugeln getroffen. Sofort eilte Edward zu ihm hin, um ihm das Blut einzuflößen, aber Hartley weigerte sich. Er schleuderte Edward ein „Verräter!“ entgegen und spuckte das Blut aus. Dann starb er.

Sein Geist allerdings blieb, was bedeutete, dass Alex versuchen konnte, mit ihm zu reden. Aber Hartley sagte Alex nichts, wusste auch nicht, wer ihn zum Vampir gemacht hatte. Er traute unserem Eleggua-Gesandten nicht und wollte ihm nichts verraten, spuckte nur, dass Edward korrupt und ein Verbrecher sei und in Totilas' Tasche stecke; immerhin habe er mit Cherie Raith, der Killerin der Familie, ein Verhältnis gehabt.

Hinterher, wieder unter uns, diskutierten wir das Geschehene natürlich ausgiebig. Unsere Erkenntnis aus der Ermordung von Elena Cruz und der Vampirisierung von Daniel Hartley: Irgendjemand will, dass Edward seinen Posten als Leiter des SID behält, weil er diesem Jemand auf diesem Posten gut in den Kram passt. Die Raiths waren es nicht, ansonsten gibt es sonst eigentlich auch keine offensichtlichen Kandidaten, also, schlussfolgerte Roberto, kann das Ganze eigentlich nur aus Henrys Ecke kommen. Mierda.
Ob der Red Court vielleicht will, dass Edward bei ihnen in der Kreide steht, um ihm bei Gelegenheit die Rechnung zu präsentieren und diesen 'Gefallen irgendwann, wenn es gerade am allerwenigsten passt, mit Zinsen und Zinseszinsen wieder einzufordern? Brrr. Was für ein erschreckender Gedanke.
Erschreckend, ja, aber nicht unwahrscheinlich - Es gibt immerhin eine ganze Menge Material, das sich gegen Edward verwenden ließe: All die Informationen, die Hartley zusammengtragen hat. Das habe ich noch gar nicht erwähnt – ich bin wohl doch noch etwas durch den Wind, nehme ich an –, aber einen Großteil der Akten hatte Hartley in dem Hotelzimmer bei sich, und Edward und Roberto steckten sie ein, bevor sie das Zimmer verließen. Aber das waren nur teilweise Originale – bei einem anderen Teil handelte es sich um Kopien, und diese Kopien sind garantiert noch irgendwo in einem Rechner gespeichert oder in einem Aktenschrank des Miami P.D. abgelegt: ein Damoklesschwert, das über Edwards Kopf schwebt, bis die unbekannten 'Gönner' irgendwann beschließen, dass er ihnen auf dem Posten des SID-Chefs nicht mehr taugt.

Edward erklärte sogar, es wäre aufgrund dieser ganzen Entwicklungen besser, wenn er das SID verlassen würde, aber was wäre die Alternative? Henry? Brrrrrr. Aber Smith hat die Aufgabe, das SID zu leiten, ja ohnehin schon einmal abgelehnt, bevor Edward den Posten bekam; dessen Ansichten dazu haben sich sicherlich nicht geändert. Was er auch tut und für wen er es auch tut, er tut es offenbar viel lieber aus der zweiten Reihe. Alison Townsend dann vielleicht? Ein normaler Mensch wäre eigentlich grundsätzlich gar nicht schlecht, aber Alison hat ja die ganzen Zusammenhänge der übernatürlichen Gemeinschaft in dieser Stadt noch gar nicht so richtig durchschaut, und Edward befürchtete, nicht ganz zu unrecht, dass sie schreiend davonlaufen würde, wenn sie die alle plötzlich präsentiert bekäme. Er selbst ist zwar damals auch nicht schreiend davongelaufen, aber Edward hat die Zusammenhänge ja auch nur scheibchenweise, schön langsam einen nach dem anderen, präsentiert bekommen. Was uns irgendwie erst jetzt, wo wir darüber nachdachten, so richtig auffiel. Ja, Lieutenant Book wusste schon sehr genau, was er tat, als er Edward zu seinem Nachfolger heranzog.

Kurz überlegten wir noch, ob man nicht etwas gegen die Akten tun könnte, die noch in bezug auf Edward im Umlauf sind, weil Hartley von denen eben nicht die Originale bei sich hatte. Aber den Gedanken verwarfen wir sehr schnell. An die alle heranzukommen, wäre extrem aufwendig, extrem kompliziert, extrem riskant und extrem teuer, und ein echtes Verbrechen (dessen Edward sich ja bisher, trotz aller Verdächtigungen seitens Hartley, eben nicht schuldig gemacht hat) wäre es auch. Also wird dieses Damoklesschwert wohl weiter über Edwards Kopf schweben. Mierda.
« Letzte Änderung: 9.01.2018 | 22:42 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
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« Antwort #161 am: 30.11.2017 | 19:57 »
Großartig zu lesen wieder einmal!  :d
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Danke für die Blumen! :)
Zitat von: Dark_Tigger
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Sehr schön.  :D

Nur als Ergänzung am Rande: Bei dem Kämpfchen mit Hartley auf dem Mall-Parkplatz hat Edward oder Roberto die Handys und Smartphones der ganzen Schaulustigen gehext; es gibt also keine Videos davon. Oder war das sogar Cardo?
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Ach, stimmt ja, die Handy-Hexes hatte ich ganz vergessen! Hmmm... ich glaube nicht, dass das Cardo war; dann wäre mir das vermutlich mehr im Gedächtnis geblieben.
Ich kann es ja oben noch ergänzen - ob es Edward oder Roberto war, muss Cardo in seinem angeschossenen Zustand ja vielleicht gar nicht so genau mitbekommen haben. Oder ich schreibe es einfach ganz frech einem der Jungs zu, auch wenn es der andere war.

Dankesehr auch dir für die Blumen jedenfalls! :)
Zitat von: Dark_Tigger
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Ich glaube auch, dass es einer der beiden war - wir hatten ja noch die Diskussion, ob auch ein Minor Practitioner, der nur Rituale macht, einen Hex verwenden kann.
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25. August

Römer und Patrioten, der Ärger nimmt Fahrt auf. Dämonistenkult gefällig, irgendwer? Ach, seufz. Aber ich ich glaube, ich sollte besser vorne anfangen, sonst weiß ich in ein paar Jahren vielleicht gar nicht mehr, um was es eigentlich ging, wenn ich alles hier nochmal lese.

Also. Alex hatte heute einen 'Job' von seinem Schutzpatron. Unser Kumpel kennt ja viele, ach was, so gut wie alle, Praktizierer in dieser Stadt, und eine davon, eine Hellseherin namens Doris Chen, ist tot. Normalerweise wäre das ja nun nichts, um das Alex in seiner Funktion als Gesandter Elegguas sich kümmern müsste, aber die Dame wurde ermordet. Und obwohl Chinesin, nutzte sie für ihre Weissagungen skandinavische Runenmagie, weswegen Alex ihr beim Einsortieren und Finden der richtigen Tür für ihren Weitergang helfen sollte. Alex wusste auch, dass Doris bei ihren Kunden oft das typische nichtssagende Wahrsager-Blabla von sich gab, dass sie manchmal aber auch ganz echte Dinge sah, die während des Sehens aber verwirrend und unklar blieben und sich erst im Moment ihres Eintreffens im Nachhinein als zutreffende Prophezeiungen interpretieren ließen.

Das SID wurde ebenfalls hinzugezogen, weil das Opfer seltsam aussah. Die Augen wurden ihm entfernt, und der Leichnam wies zahllose Schnittwunden von einer geriffelten Klinge auf: kein Schwert, keine Tierklauen – eine ganz feine Säge vielleicht?
So oder so war es kein leichter Tod, derart zerschnitten zu werden. Doris' Geist war tatsächlich noch am Tatort anwesend, konnte Alex aber nicht viel sagen. Wovon sie umgebracht wurde, wusste sie nicht – nur, dass es groß war, was auch immer es war; dann konnte Doris nichts mehr sehen, und dann war sie tot. Sie hatte ihren Tod auch tatsächlich kommen sehen, aber wie so oft war es eine seltsame, unklare Weissagung gewesen: wirre Bilder von Ästen, Krokodilen, Sumpfgeruch, von Monstern mit schwarzen Bäuchen und Mäulern voller Zähne. Alex bot Doris an, dass sie ihn begleiten könne, wenn sie die Nachforschungen ihren Tod betreffend verfolgen wolle, und sie nahm an, also hatte Alex den Geist der toten Chinesin in sich, als er sich mit uns traf. Sie werde auch nach vorne kommen und das Ruder übernehmen können, wenn es notwendig werden sollte oder sie mit jemandem reden wolle, erklärte er.

Als erstes recherchierten wir natürlich die Umstände. Innerhalb der letzten 10 Jahre gab es einige solcher Fälle, bei denen die Opfer alle dieselben dünnen und gezackten Schnittwunden aufwiesen. Mehrere Opfer waren im weitesten Sinne Kirchenvertreter oder gläubig: ein Priester, dem die Stimmbänder herausgeschnitten worden waren, und eine Nonne, von der es hieß, sie habe die Engel gehört, und deren Ohren verstümmelt wurden; außerdem ein Mann, den man nicht hatte identifizieren können und dem die Hände fehlten. Alle außer der Nonne hatten Verteidigungswunden an den Armen, die sie wohl hochgerissen hatten, um sich zu schützen, und alle waren an ihren zahlreichen kleinen, flachen Wunden verblutet oder am Schock gestorben – ein direkter Todesstoß war jedenfalls in keinem der Fälle gesetzt worden. Morde dieser Art sind lediglich für Miami verzeichnet, nirgendwo anders aufgetreten (oder zumindest gibt es keinerlei Querverweise darauf in anderen Städten).
Eines fiel uns sofort auf. Die Verstümmelungen der Opfer hatten alle etwas mit dem zu tun, was die Opfer mit der übernatürlichen Welt verband. Doris Chen war Hellseherin, und ihr wurden die Augen entfernt. Die Nonne hörte die Engel, und es traf ihre Ohren. Ein Priester ohne Stimmbänder und ein Fremder ohne Hände – ob der eine vielleicht mit Silberzunge predigen und der andere mit Handauflegen heilen konnte? Gewundert hätte es jedenfalls keinen von uns.

Wir waren noch am Überlegen und Diskutieren, da kam von Alex mit einem Mal ein „Die Pflicht ruft“. Sein Patron schickt ihm manchmal diese Hinweise, wenn es etwas zu tun gibt, das Alex' Abgesandtenjob betrifft, und da diesmal das Bedürfnis mit einem Gefühl des 'besser nicht alleine' einherging, begleiteten wir ihn natürlich. Es war ein Ort in den Everglades, wo man mit dem Auto nicht gut hinkam, aber unser Alex hat ja überall und für alle Gelegenheiten Transportmittel bereitstehen.

An der Stelle in den Everglades, zu der Alex hin musste, sahen wir tatsächlich etwas, oder jemanden, genauer gesagt: einen der jungen Quasi-Wardens, der gerade vor einer unheimlichen und unmenschlichen Gestalt davonrannte. Die Gestalt sah aus wie ein Rabe auf zwei Beinen und besaß zwei Augenpaare: eines schwarz, eines glühend orangefarben: eindeutig ein Monster. Schnell entschlossen brüllte Roberto: „Haltet ein!“, um die Aufmerksamkeit des Rabenwesens von seinem Opfer ab- und auf uns zu lenken. Der Rabe fuhr herum und fixierte uns mit diesen glühenden Augen. Dann gab er einen markerschütternden Schrei von sich, der uns mit Ausnahme von Edward, der dem akustischen Angriff problemlos standhielt, bis tief in die Knochen fuhr und uns gehörig durchschüttelte, ja teilweise sogar die Ohren bluten ließ. Der Quasi-Warden brach von dem gellenden Kreischen sogar ohnmächtig zusammen.

Während Roberto mit dem Klingeln in seinen Ohren kämpfte, Edward mit seinem magisch verstärkten Handschuh und Totilas mit seinen White Court-Kräften auf das Rabenwesen einschlugen, beide den Vogel aber mit ihren Angriffen verfehlten und ich selbst versuchte, den Raben mit einem gleißenden Strahl Sonnenlichts zu blenden, was dem Biest aber leider überhaupt nichts ausmachte, zog Alex kurz entschlossen den bewusstlosen Warden in Richtung Boot. Eigentlich bewegte sich die Rabengestalt gar nicht so schnell, aber trotzdem war sie mit einem Mal ganz woanders als eben noch, nämlich in einem Sprung auf den Quasi-Warden hin begriffen. Alex warf sich dazwischen und entging nur um ein Haar ihren Federn, während Totilas zu der Rabenfrau – es war tatsächlich eine 'sie', konnte ich jetzt erkennen; unter den ganzen Federn verbarg sich ein Hauch von Brüsten und eine weibliche Figur – rannte und ihr die Hand auf die Schultern legte. Ich kenne unseren Vampirkumpel inzwischen gut genug, um zu wissen, dass das eine Ablenkung auf White Court-Art war: Totilas versuchte schlicht, die Rabin anzumachen. Ein bisschen Wirkung schien das auf sie auch tatsächlich zu haben; genug jedenfalls, dass Roberto ihr eine Feder abschneiden konnte (und sich dabei fast selbst in die Hand schnitt, weil die Dinger richtig fies scharf waren).
Ich selbst hätte gern aktiver in den Kampf eingegriffen, aber die Schusswunde in der Schulter behinderte mich doch ziemlich, und so brachte ich nur Jade in ihre eigentliche Gestalt zurück und positionierte ich mich, nachdem Alex den Quasi-Warden ins Boot gezogen hatte, deckend vor den jungen Magier.
Edward schlug wieder zu, mit aller Kraft, die er nur irgend aufbieten konnte, aber wieder verfehlte er die Rabin, und diesmal nur um Haaresbreite. Es war sinnlos, die Gestalt war zu schnell, zu beweglich, und so ließ Alex den Motor aufheulen und raste los, nachdem die anderen eiligst wieder ins Boot gesprungen waren. Das Boot machte einen Satz, und allein den ganzen Fechtduellen mit Elaine auf unterschiedlichstem Gelände habe ich es zu verdanken, dass ich nicht über Bord ging, sondern mich gerade noch festhalten konnte. Mit ein paar schnellen Schritten blieb die Rabengestalt auf unserer Höhe, sprang dann an Bord schoss einen Teil ihrer Federn auf uns. Die Jungs konnten gerade noch ausweichen, aber ich selbst stand ja vor dem Quasi-Warden, um ihn zu decken, weil er selbst, bewusstlos, wie er war, sonst voll getroffen worden wäre. Stattdessen wirbelte ich mit Jade herum (ein bisschen wie ein Jedi-Ritter, der mit seinem Lichtsäbel Lasergeschosse abwehrt, wenn auch sicherlich längst nicht so elegant), und es gelang mir tatsächlich, einige, wenn auch längst nicht alle, Federn von dem Ratsmagier abzuhalten. Mich selbst traf dank des Herumgewedeles mit meiner Sommerklinge aber immerhin keine.
Wieder führte Totilas einen Schlag gegen die Rabengestalt, und diesmal traf er sie, was bei der Kreatur aber keinen sichtbaren Eindruck hinterließ. Ganz deutlich hatte die Rabin es nur auf den Quasi-Warden abgesehen: Uns ließ sie auffällig in Ruhe. Roberto versuchte, sie vom Boot zu stoßen oder sie zumindest aus dem Gleichgewicht zu bringen, aber das Wesen war einfach zu stark und rührte sich keinen Millimeter.

Eigentlich hatte ich Roberto mit einem Sommerwind unterstützen wollen – aber wenn nicht einmal Totilas als der Stärkste dem Wesen etwas anhaben konnte, dann waren körperliche Angriffe völlig aussichtslos. Stattdessen versuchte ich doch noch einmal, die Gestalt zu blenden. Diesmal gelang es mir, den Sonnenstrahl tatsächlich in beide Augenpaare zu lenken, was die Rabenfrau zumindest für einen Moment aus dem Konzept brachte und Alex die Chance gab, sie jetzt durch geschicktes Manövrieren des Bootes von Bord zu bugsieren, indem er sie an einem Baum am Ufer abstreifte. Die Kreatur schlug wild mit den Flügeln und hätte es tatsächlich geschafft, mit einem Motorboot in voller Fahrt mitzuhalten, wenn sie nicht von dem Sonnenlicht noch immer geblendet gewesen wäre und deswegen nicht so ganz sicher sein konnte, wo wir uns befanden. Also hielt sie irgendwann inne, als sie merkte, dass sie uns nicht mehr erreichen würde, und ließ einen weiteren ihrer durchdringenden Schreie los, aber mir klingelten vom ersten Schrei dieser Art die Ohren noch genug, dass mich dieser zweite, weiter entfernte relativ kalt ließ.

Als wir weit genug weggekommen waren, um sicher sein zu können, dass uns das Rabenwesen wirklich nicht folgte, hielten wir an, um nach dem Quasi-Warden zu schauen. Dem ging es ganz und gar nicht gut, aber Alex bekam ihn immerhin soweit stabilisiert, dass er uns hoffentlich nicht unter den Händen wegsterben würde, bis wir ihn zum Arzt schaffen konnten. Und wir mussten Spencer Declan kontaktieren, damit der bescheid wusste, falls das Biest den jungen Ratsmagier weiter verfolgen sollte, wovon wir beinahe ausgingen. Aber Declan selbst war ja auf normalem Weg nicht zu erreichen – er hatte zwar diesen Telefonantwortdienst, aber wie regelmäßig er den abfragte, stand in den Sternen. Die Hippiekommune allerdings hatte Möglichkeiten, Declan zu erreichen, wie wir bei der Namensparty festgestellt hatten, also brachten wir den Quasi-Warden in die Kommune. Immerhin haben sie auch einen Arzt dort.

Während der Fahrt theoretisierten wir natürlich wild herum. Niemand von uns hatte so etwas wie das Rabenwesen schon einmal gesehen, aber Roberto hatte immerhin schon einmal etwas von Kreaturen mit zwei Augenpaaren gehört: irgendetwas von einem Kult, ja einem regelrechten Orden, von Dämonisten, die angeblich sehr, sehr mächtig seien. Irgendetwas sei da wegen Denaren gewesen, Denaren wie der alten römischen Währung, aber wirklich Genaues wusste er nicht.

Als wir im Sunny Places ankamen, war Declan sogar bereits dort. Er bedankte sich herzlich dafür, dass wir ihm den jungen Mann zurückgebracht hatten (tatsächlich wirkte er sogar sehr glücklich und erleichtert darüber) und nahm ihn in seine Obhut, nachdem wir erklärt hatten, dass wir gerne mit dem Jungen reden würden, sobald er wieder bei Bewusstsein sei, und Declan zugesagt hatte, ihm das ausrichten zu wollen.

Sobald die beiden Ratsmagier fort waren, befragten wir Jack Byron White Eagle zu diesem Dämonistenkult mit den Doppelaugen. Er hörte sich unsere Geschichte ruhig an, inklusive der Erklärung darüber, dass der Quasi-Warden genau dieselben Wunden aufgewiesen hatte wie Doris Chen und die anderen Opfer, dass diese Wunden wohl also auch bei den anderen von diesen unnatürlich scharfen Rabenfedern hergerührt hatten, und betrachtete die von uns mitgebrachten Federn eingehend. Die wirkten übrigens nicht vollkommen real, sondern mehr so, als würden sie sich demnächst einfach in Luft auflösen, wie hergezauberte Materie das gerne mal tut. Byron wurde im Verlauf unserer Erzählung vielleicht nicht gerade blass, aber er wirkte doch sehr besorgt und teilte dann die folgenden Informationen mit uns:
Es gibt den so genannten “Orden des Schwarzen Denarius”, einen Kult, dessen Anhänger alle einen Handel mit einem Dämonen eingegangen sind. Wenn der Dämon in ihnen das Steuer übernimmt, dann verändern diese Leute sich körperlich zu jeweils ganz unterschiedlichen Gestalten, aber ein Merkmal ist immer das doppelte Augenpaar. Es soll genau 30 Dämonisten geben, wegen der 30 Silberlinge, für die Judas Jesus verraten hat - jeder dieser 30 Silberlinge ist ein solcher dämonenbehafteter “schwarzer Denarius”. Die Mitglieder des Kultes seien extrem mächtig und extrem gefährlich, sagte Byron, und er warnte uns vor allem eindringlichst, keine altrömischen Münzen anzufassen, zumindest nicht mit bloßer Hand, weil in den Münzen eben ein Dämon hinge und die bloße Berührung einen für dessen Einflüsterungen empfänglich mache. Outsider seien diese Dämonen aber nicht, sondern teuflische Wesen aus unserer eigenen Realität, gewissermaßen ‘unsere’ Bösen. (Was es nicht direkt besser macht, aber immerhin ein Unterschied ist, dessen wir uns bewusst sein sollten.)
Einen Orden aus Rittern, die diese Denarier jagten, gebe es angeblich auch - diese Ritter trügen heilige Schwerter, in denen je ein Nagel vom Kreuze Christi verarbeitet sei.

Bei diesem Bericht über einen derart mächtigen Dämonistenkult verdrehte Edward die Augen und fragte sich laut, ob es vielleicht an uns liegen könnte, dass ständig dieser ganze Müll passiert, und zwar ausgerechnet uns, und er kam mit Roberto ins Grübeln, ob uns auch in einer anderen Stadt ständig so viel Mist um die Ohren fliegen würde. Aber es blieb natürlich alles beim reinen hypothetischen Herumgeflachse, denn eigentlich stellt die Frage sich gar nicht. Miami ist unsere Stadt, und wir sind ihre Ritter, und wir werden sicherlich nirgendwo anders hingehen.

Wir saßen gerade noch mit Byron zusammen, da kam Angel Ortega völlig betrunken in die Kommune gestolpert. Wirr und durcheinander erzählte er etwas von Krokodilen, die Leute fressen wollten. Er sprach davon, dass sie ihn angegriffen und ihn ins Bein gebissen hätten, aber an seinem Bein war keine Wunde zu sehen. Es schien eher so, als sei dieser Krokodilsangriff eine Illusion gewesen - überhaupt wirkte Angel derart verwirrt, als habe jemand seinen Geist manipuliert. Da es aber ein Verstoß gegen die Gesetze der Magie gewesen wäre zu versuchen, die Verwirrung wieder zu richten, ließen wir Angel erst einmal bei den Hippies: Vielleicht konnte Byron etwas ausrichten, ohne dem armen Kerl im Kopf herumzupfuschen.

‘Krokodile’ klang nach den Elders, also wollten wir zur Waystation fahren und uns dort einmal umsehen. Als wir die Waystation betraten, wurde vor allem Roberto von den Anwesenden misstrauisch beäugt. Selva Elder war nicht nur genauso missmutig wie immer, sondern tatsächlich noch um einiges feindseliger als üblich, die Stimmung im Lokal um einiges gereizter als sonst. Als Selva unsere Bestellungen aufnahm, erwähnte ich, dass wir Angel getroffen hatten und fragte, was los gewesen sei. Selva brauste auf, Angel brauche sich hier gar nicht mehr blicken lassen, er habe einen der Elders, Octavian, angegriffen, und es habe eine Schlägerei gegeben. Genaueres wollte sie aber nicht sagen – weil sie es nicht wollte oder weil sie einfach selbst nichts Näheres wusste, war mir nicht so recht klar. Es kam mir aber tatsächlich eher vor wie Zweiteres.
Aber in letzter Zeit würden die Orunmila durch die Glades stolzieren, als gehörte ihnen hier alles, fuhr Selva erbost fort. Was denen einfiele!
Roberto erzählte von dem Rabenwesen und dass es sehr heftig gewesen war – ich fügte noch hinzu, dass wir gerade nur so mit Mühe weggekommen waren – und fragte dann, ob dieses Rabenviech jemandem etwas sagte. Selva erklärte, sie habe von so etwas noch nichts gehört, sie könne auch nicht einschätzen, ob ein solches Wesen echt sein könne oder nicht. Robertos Bitte, doch mal bei den anderen Anwesenden nachzufragen, schmetterte sie brüsk ab, indem sie sich auf Diskretion für ihre Gäste zurückzog.
Alex gab zu bedenken, dass der Rabe sich noch in den Glades aufhalten könne und dass sie vorsichtig sein sollten. Aber auf die freundliche Warnung reagierte Selva völlig überspitzt und aggressiv: „Wir können schon auf uns selbst aufpassen, wir tun das schon seit Generationen. Und wir brauchen sicherlich keinen Eleggua-Hansel, der uns sagt, was wir zu tun haben!“ Und mit diesen Worten zog Selva grummelnd ab.
Irgendwas stimmte da ganz und gar nicht. Was hatte die Stimmung bloß so aufgeheizt?

Da Selva so über die Orunmila hergezogen hatte und da die ja zu Halloween in den Sümpfen immer ein Ritual abhalten und in den Glades auch irgendetwas bewachen, wie wir wissen, war der logische nächste Schritt, sich mit den Orunmila zu unterhalten und Macaria Grijalva zu ihrer Sicht der Dinge zu befragen.
Auch ihr erzählte Roberto von dem Rabenmonster, das einen jungen Ratsmagier verfolgt habe – diese Information quittierte Macaria mit einem Brummen, einem Achselzucken und der kühlen Bemerkung, das klinge nach einer ratsinternen Angelegenheit – und dem Kult des Denarius, außerdem von dem seltsamen Verhalten der Elders. Als er erwähnte, dass die Orunmila ja in den Sümpfen etwas bewachten, bestätigte Macaria, dass das auf keinen Fall gefunden werden dürfe. Eigentlich sollten die Elders auf diese Sache aufpassen, aber die Elders hätten seit kurzem ja alle eine derart kurze Lunte. Aber sie wolle die Aussprache mit Thutmoses Elder suchen. Aber ja, sie bestätigte auch, dass Declan genau dieses Etwas suche. Wenn jetzt noch ein Denarier sich einmische, dann sei das sehr beunruhigend. Aber auch die Tatsache, dass Declan so nah dran sei, sei schon sehr beunruhigend, vor allem, wenn er sich jetzt drei... – Macaria zögerte kurz, und ich konnte mir ein „Padawane?“ nicht verkneifen – Lehrlinge gesucht hätte. Das sei ungewöhnlich; normalerweise wolle Declan alle anderen Ratsmagier immer so schnell wie möglich aus der Stadt haben.

Jetzt erzählte Alex, dass Eleggua ihn an den Ort geschickt habe, wo der Rabe den Quasi-Warden jagte, was Macaria aufhochen ließ. „Hättest du das mal gleich gesagt. Dann ist es wohl doch keine reine Ratsangelegenheit.“
Edward versuchte es mit dem subtilen Hinweis, dass Macaria uns doch verraten könne, was das Geheimnis in den Sümpfen sei, wenn Eleggua uns doch sogar geschickt habe, aber das schmetterte die alte Santería-Priesterin mit der Bemerkung ab, wenn Eleggua wolle, dass Alex das Geheimnis kenne, dann werde er es ihm schon sagen. „Ihr wollt das gar nicht wissen“, fuhr sie dann mit ernstem Gesicht fort. „Auch von den Orunmila weiß kaum jemand, um was es genau geht.“ „Es hat etwas mit den Outsidern zu tun, oder?“ fragte Edward, hob dann aber sofort die Hand. „Du hast recht. Ich will es gar nicht wissen.“
Oh, Mierda. Ich wollte es auch nicht wissen, aber wie sie sich so darüber unterhielten, musste ich ganz unweigerlich an die Mordor-Ents denken.

Wo wir schon mal da waren, fragten wir Macaria auch noch nach Carmen Sosiego. Sie erzählte uns, dass Sosiego eine Ratsmagierin war, die viel mit Feen zu tun hatte und angeblich den „Tanz der Nereide“, ein Feenmusikstück, in einem ihrer eigenen Stücke verarbeitet habe.
Genaueres dazu wusste sie nicht, aber wenn Sosiego so eine Feenfreundin war, dann haben wir da ja eine Anlaufstelle. Allerdings nicht mehr heute. Um mit Pan zu reden, muss ich ausgeschlafen sein. Gute Nacht und all das.
« Letzte Änderung: 9.01.2018 | 22:41 von Timberwere »
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Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
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« Antwort #167 am: 27.12.2017 | 15:27 »
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26. August

Bevor wir heute zu Pan fuhren, erzählte ich den anderen von meinem Gedanken mit den Mordor-Ents. Die habe er schon die ganze Zeit im Kopf, sagte Edward, aber Totilas wiegelte ab, das wolle er gar nicht wissen, denn zu viel darüber zu wissen, könne einen schon verändern, und es sei gefährlich. Ja, das mag sein, aber verdrängen sollten wir es trotzdem nicht.

Pan wusste mit dem Namen ‘Carmen Sosiego’ nichts anzufangen, weil Menschen ihn üblicherweise nicht sonderlich interessieren, wenn er sie nicht ins Bett bekommt, aber der ‘Tanz der Nereide’ sagte ihm etwas: Das Stück sei vor langer Zeit in Irland von der Lady im See geschrieben worden und zerstöre menschliche Magie. Interessant…
Sir Anders wiederum interessiert sich für Menschen, und Sir Anders konnte uns tatsächlich einige Informationen zu Carmen Sosiego geben. Sie war eine Musikerin, die Melodien sammelte und dabei zwischen normaler und magischer Musik unterschied. Sie suchte die Unsterblichkeit, weil sie sich in ein Musikstück verwandeln wollte (oder etwas in der Art; ganz sicher war Sir Anders sich da nicht.) Einmal habe sie in Pans Palast ein Stück für Orgel aufführen wollen, aber da es im Palast keine Orgel gab, wich Sosiego stattdessen auf Klarinette aus. Bei dem Begriff ‘Orgel’ dachten wir natürlich sofort alle an die ‘Sinfonia de la Tranquilidad’, aber an den Namen der Komposition konnte Sir Anders sich nicht mehr erinnern. Er konnte uns nur noch sagen, dass das irgendwann zwischen den beiden Weltkriegen gewesen war und dass Sosiego aus dem Nevernever im Palast erschien und nach Beendigung ihres Besuchs im Palast wieder über das Nevernever abreiste.

Roberto machte übrigens während des Gesprächs mit Pan und bei der Erwähnung von Irland, der Herrin vom See und all dem die ganze Zeit über derart penetrant unqualifizierte Sprüche zum Herrn der Ringe, dass wir ihn schließlich zu Saltanda schickten, damit er nachschauen sollte, wie es der werdenden Mutter mit seinem Kind so ging. Ich mag Roberto ja gern, aber manchmal ist er wirklich unmöglich.

---

04. September

Eben hat Roberto einen Anruf von Dallas Hinkle bekommen. Ärger beim Jugendzentrum. Irgendein Verrückter mit einer Knarre, der seine 'Ische' verlangt. Muss los. Nachher mehr.

---

Wieder zuhause. Wir sind alle am Leben, aber so richtig zufriedenstellend war das nicht, Römer und Patrioten.

Als wir beim Jugendzentrum ankamen, bemerkten wir sofort, dass an dem Gebäude etwas komisch war. Was wir auch taten, wir kamen nicht hinein. Irgendwie war die Geometrie verzerrt: Wir gingen auf das Haus zu, machten auch keinen sichtbaren Sprung, sondern machten einfach nur Schritt um Schritt, endeten aber trotzdem immer an genau dem Punkt, an dem wir losgegangen waren.
Irgendwann, nachdem wir festgestellt hatten, dass das in der ganzen Anlage und bei allen Türen so war, hatte Totilas genug. Er pflanzte sich auf die Straße vor den Haupteingang und rief laut: „Ich habe deine Ische!“
Als Sesam-öffne-dich funktionierte der Bluff einwandfrei. Die Tür schwang auf, und wir gingen hinein.

Drinnen sahen wir uns einer Geiselnahme gegenüber. Niemand anderes als unser alter Bekannter Diego (er mit der Dämonenrunenpistole letzten Herbst) hielt mit einer Pistole die übrigen Anwesenden in Schach. Als wir hereinkamen, wirbelte er zu uns herum und schrie, dass er die blonde Ische wolle.
Diego hatte eine neue Pistole anstelle von der, die wir ihm abgenommen hatten, und diesmal war es wirklich eine Outsider-Waffe. Für meine mundanen Augen sah sie schon unangenehm aus, und für die Sommermagie in mir fühlte die Pistole sich richtig ekelhaft an. (Totilas' Dämon mochte den Revolver auch überhaupt nicht, erzählte unser White Court-Kumpel später).

Um sein Argument zu unterstreichen, schoss Diego auf eine der Geiseln – hat dem Jungen eigentlich niemand gesagt, dass das eine ganz schlechte Verhandlungstaktik ist, eventuelle Verhandlungspartner gleich gegen sich aufzubringen? - aber Edward warf sich dazwischen und bekam eine Kugel ins Bein.
Mehr Geschrei: dass er aufhören solle, dass wir hier seien um zu reden, dass er es nicht schlimmer machen solle, und wer die 'blonde Ische' denn überhaupt sei, von der er da redete?

Wir hätten es uns eigentlich denken können. Im Nachhinein wirkt es fast unausweichlich, dass er Enid Campbell gemeint hatte. Woher er sie bzw. ihren Namen kenne, wollten wir wissen. Einen Hauch ruhiger erklärte Diego, sie sei von dem 'alten Sack' auf dem Dachboden beschworen worden. Der habe wohl ihren Wahren Namen erkannt, sonst hätte er sie ja nicht beschwören können. Die Beschwörung habe Declan zusammen mit Pater Donovan durchgezogen (sieh an!), und Diego habe ihnen beim Beschwören geholfen. Warum, wollten wir wissen, und Diego sah uns an, als seien wir völlig schwer von Begriff. Na weil Pater Donovan dabei war. Jedenfalls habe er bei diesem Ritual gemerkt, dass die 'blonde Ische' voll magisch sei, und deswegen wolle er sie jetzt haben, um sie seinen Freunden zu geben, denn er habe jetzt neue Freunde, und die seien viel mächtiger als Donovan. Von denen hätte er auch diese geile Pistole – sprach's und schwenkte das ekelhafte Ding bedrohlich herum. „Sie haben dir auch Kuchen gegeben, oder?“ wollte Edward wissen, und Diego nickte. „Ja, die sind nett. Ein bisschen seltsam, aber ganz nett. Aber Jack ist ziemlich gruselig, oder?“

Bingo. Als ob wir daran gezweifelt hätten, dass es Outsider waren. Aber jetzt wussten wir mit Sicherheit, dass sich Diego absichtlich – oder zumindest wissentlich, wenn auch vielleicht beeinflusst, siehe Kuchen – mit ihnen eingelassen hatte.
Der kleine Gangster jetzt aber genug vom Reden. Wütend schrie er: „Also wo ist sie? Ich will sie!“ und wollte wieder ziellos auf eine Geisel feuern. Während Roberto ihn ablenkte und Totilas ihn festhielt, wollte Edward ihm die Pistole abnehmen, aber deren Griff war tatsächlich mit Diegos Hand, die eine metallisch-schwarze Struktur angenommen hatte, verwachsen. Also zwang Edward ihm die Pistole an den Kopf, damit er nicht schießen könnte, ohne sich selbst zu treffen. Daraufhin wollte der kleine culo anfangen zu zaubern, aber Totilas stopfte ihm reaktionsschnell ein Tuch in den Mund, bevor er die Beschwörung beenden konnte.

Alex und ich hatten indessen angefangen, die Kinder und Jugendlichen in Sicherheit zu bringen. Bis das geschafft war und wir zurück zu den anderen kamen, hatte Edward dem kleinen Dämonenpaktierer Handschellen angelegt, erzählte uns aber, dass ihn plötzlich der Drang überkommen habe, die Pistole selbst an sich zu nehmen, und er einiges an geistigem Widerstand habe aufbringen müssen, um sich dagegen zu wehren. Er hatte den Eindruck, dass, wenn er die Waffe hätte nehmen wollen, sie sich von Diego gelöst hätte und zu ihm gekommen wäre, aber dann genauso mit seiner Hand verschmolzen wäre, aber vor allem, dass das geistige Duell tatsächlich nur ganz knapp zu Edwards Gunsten ausging.
Edward hatte auch immer noch diese Outsider-Kugel im Bein, die er während des Kampfes zwar heldenhaft ignoriert hatte, die sich inzwischen aber nicht mehr ignorieren ließ, zu ekelhaft, zu fremd, fühlte sie sich an. Alex, der von uns allen die meiste Erfahrung mit sowas hat, wollte, unterstützt von Totilas und mir, die Kugel entfernen, aber die wehrte sich, und das meinte ich nicht im übertragenen Sinne. Das maldito artilugio setzte sich aktiv gegen unsere Bemühungen zur Wehr und wollte sich tiefer in Edwards Bein bohren, und nur mit vereinten Kräften und sehr viel Anstrengung bekamen wir es zu fassen.

Als das geschafft war, blieb noch immer die Gefahr der Dämonenpistole und ihrer magischen Beeinflussungsversuche. Für's Erste rief ich die Sommermagie hoch und verschmolz das Ende des Pistolenlaufs, so dass niemand damit würde schießen können. Edward rief währenddessen Salvador Herero an, dass der Diego abholen kommen solle, damit kein normaler Cop aus Versehen die Waffe an sich binden würde.
Draußen vor dem Jugendzentrum hatte sich auch schon ein ziemliches Aufgebot an Polizeikräften eingefunden, die aber genausowenig ins Gebäude konnten wie wir vorhin. Sicherheitshalber warteten wir, bis Herero angekommen war, und sobald ich ihm die Tür öffnete, konnten er und die anderen Cops hereinkommen. Edward gab seinem Untergebenen die nötigen Instruktionen, dann schaffte Herero Diego weg.

Edward wurde ins Krankenhaus gebracht, während wir anderen uns den Ritualort unter dem Dach ansehen gingen. Spuren waren keine mehr zu sehen, weil die Ritualwirker natürlich ordentlich hinter sich aufgeräumt hatten; für das bloße Auge war das also einfach ein leerer Raum, aber Alex fand einen Geist. Jung, männlich, einer der Padawane, und man hatte ihm die Kehle durchgeschnitten. Mierda y cólera, die hatten vor einem Menschenopfer nicht zurückgeschreckt, um Enid wirklich körperlich in das Jugendzentrum zu beschwören!
Alex versuchte, mit dem Geist zu sprechen, aber dessen Essenz war voller Löcher, von dem Jungen kaum mehr etwas vorhanden. Alles, was er von sich gab, war: „Mach, dass es aufhört... die Vampire... der Werwolf... das Mädchen... die Vampire... so viele...“ Als Alex nach Enid fragte, veränderte sich das Gestammel: „Warlock... Enid... John... Nandy... Enid... Warlock... Verräter... Verräter... Verräter...“ „Weißt du ihren Namen?“ wollte Alex wissen, und der Geist des Padawans antwortete: „Enid Moira Campbell.“

Als wir wieder ins Erdgeschoss kamen, war Pater Donovan gerade dabei, die Kinder und Jugendlichen seelsorgerisch zu betreuen. Auf den ersten Blick wirkte auch überhaupt nicht suspekt, was er machte, soweit ich das beurteilen konnte, aber misstrauisch war ich trotzdem. Trotzdem musste der Priester nicht unbedingt wissen, dass wir ihn in Verdacht hatten – um Donovan in Sicherheit zu wiegen, unterstützte Roberto ihn bei der Seelsorge. Ich tat auch mein Bestes, um die Kids ein bisschen zu beruhigen, aber, soweit das unauffällig ging, möglichst nicht auf Tuchfühlung mit dem Pater. Sonst würde der vielleicht am Ende noch was merken.

Wir waren gerade im Auto auf dem Weg, um Edward aus dem Krankenhaus abzuholen, da kam im Radio die Nachricht: Governor Scott hat den Notstand für den ganzen Bundesstaat ausgerufen – der Hurricane, der sich nähert, ist zu einem Sturm der Kategorie 4 angewachsen und damit einer der schwersten Stürme, die Florida jemals heimgesucht haben.
Zitat von: Dark_Tigger
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« Antwort #169 am: 10.01.2018 | 09:32 »
Wieder sehr spannend zu lesen, danke Timberwere!  :d
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Ricardos Tagebuch: Turn Coat 3

Mit Edward im Schlepptau fuhren wir vom Krankenhaus aus direkt zum Revier, um Diego zu verhören. Alex kam nicht mit – der bekam einen Anruf und setzte sich erst einmal ab.
Der junge Straßenpunk wollte erst den starken Mann geben, aber Totilas schüchterte ihn derart ein, dass er dann doch auspackte. Folgende Informationen – die wir uns zum Teil schon gedacht hatten, aber von denen es gut war, noch einmal eine Bestätigung dafür zu erhalten – bekamen wir aus dem Jungen heraus:
Für das Ritual wurde Diego von Father Donovan rekrutiert; federführend durchgeführt wurde es von Spencer Declan. Die beiden – also Declan und Donovan – schienen einander auch schon etwas länger zu kennen. Der Padawan lag gefesselt und geknebelt und unter Drogen gesetzt im Ritualkreis – er hatte sich also ziemlich eindeutig nicht freiwillig dazu bereit erklärt, sich selbst zu opfern, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Diego schnitt ihm die Kehle durch, dann erschien die Blonde körperlich im Ritualkreis, landete auf dem Padawan, schrie entsetzt auf und wurde ohnmächtig, woraufhin Declan sie mitnahm. Diego wollte die blonde „Ische“ haben, um sie seinem neuen Freund Jack - ich werde ab jetzt Jak schreiben, um ihn kenntlich zu machen, auch wenn Byron ja inzwischen nicht mehr Jack heißt – um sie also seinem neuen Freund Jak zu übergeben. Mit dem ist Diego übrigens über Paco und den Railroad Club und diesen jungen Schwarzen Jonathan Irgendwas (lies: der verjüngte Joseph Adlene) in Kontakt gekommen. Jak bot ihm den Deal mit der Waffe an, den Diego nur allzu gerne annahm.
Bei dieser Gelegenheit fragten wir, wie Diego seinen 'Freund' eigentlich kontaktieren könne. Seinen Namen einfach nur zu denken, reiche nicht aus, aber er müsse ihn einfach nur rufen – ob er es uns mal zeigen solle? Ääähm, nein, vielen Dank. Zur Sicherheit knebelten wir den jungen Gangster lieber wieder.

Die ersten Pistolen, die wir damals bei Paco und ihm gesehen hatten und die ja 'normal' dämonisch waren und keinen Ruch von Outsider an sich hatten, seien von Pater Donovoan gekommen. Und diese Auskunft war a) neu und b) extrem interessant, Römer und Patrioten, denn die sagt uns, dass Donovan irgendwie mit Dämonen im Bunde steht.
Spencer Declan übrigens ebenso, oder zumindest ist er sich nicht zu schade, für schwarze Magie Menschen zu töten. Und in dessen liebende Hände haben wir den zweiten Padawan gegeben, nachdem wir ihn im Sumpf vor dem Rabenwesen gerettet hatten. Mierda y Cólera!

Und Enid Campbell ist ebenfalls in Declans Gewalt, wenn er sie nicht schon umgebracht hat. Falls sie noch am Leben ist, dann deswegen, weil der Warden sie noch für irgendetwas braucht.
Wenn, dann wohl wegen der Sinfonia, in die ja der 'Tanz der Nereide' eingearbeitet sein soll, und dieser Tanz soll ja Magie zerstören. Oder war es unterdrücken, schlafen legen? Aber irgendwie so jedenfalls.

Um Enid zu helfen, müssten wir Declan konfrontieren. Zu diesem Zweck wäre der 'Tanz der Nereide' gar nicht schlecht, eben weil der ja Magie unterdrücken kann. Und tatsächlich haben wir den ja in unserem Besitz, weil wir ja eine Kopie der Sinfonia angefertigt haben, ehe wir das Original an Enid zurückgaben. Darin gibt es einen Abschnitt namens 'Calma', der sogar mit 'der Tanz der Nereide' untertitelt ist – falls wir uns also mit Declan anlegen wollten, wüssten wir genau, welchen Teil des Stücks wir nutzen müssten, um den Warden lahmzulegen oder zumindest zu behindern.
Aber wir waren uns einig, dass wir dazu wir mehr über das Musikstück herausfinden müssten und darüber, was es genau macht. Es einfach zu spielen, wäre aber zu riskant, egal, wie spannend das wäre: Wir wissen einfach zu wenig darüber, wie genau es wirkt. Und außerdem ist das Ding für Orgel geschrieben, und das ist ein Instrument, das keiner von uns beherrscht.

Andere Baustellen, denen wir uns widmen könnten, wären Pater Donovan oder Jak, warfen Totilas und Edward noch in den Raum. Aber zunächst beschlossen wir, lieber erst einmal alles an Informationen zusammenzutragen, was sich noch an Informationen zusammentragen ließe, bevor wir irgendwen oder irgendwas konfrontieren würden.

Ich überlegte, ob ich jemanden kannte, den man dafür ansprechen könnte, einen Musikprofessor an der Uni zum Beispiel, aber mir fiel niemand ein, dem ich so etwas anvertrauen würde. Aber Roberto hatte eine Idee: Eine alte Bekannte von ihm hat die Musikwissenschaft und Psychologie studiert und bestreitet ihren Lebensunterhalt mit Werbejingles, während sie die ernste Musik als Hobby betreibt, bis sie mit ihrem Hauptberuf genug Geld verdient hat. Mit dieser Bekannten – 'Vera Cruz' nennt sie sich, auch wenn das vermutlich nicht unbedingt ihr richtiger Name ist – verabredete Roberto sich, während wir anderen zu Byron White Eagle fuhren.

Als wir dort ankamen, verließ gerade Angel Ortega die Kommune, und wir wechselten ein paar Worte mit ihm. Wie es ihm gehe, wollten wir wissen, und er sagte, irgendetwas stimme mit seinem Kopf nicht: Er habe keinen Tropfen getrunken, sich aber trotzdem betrunken gefühlt; jetzt wolle er aber erst einmal in die Kirche gehen, in die Hermitá de la Caridad. (Die nicht Pater Donovans Kirche ist, nur damit da keine Zweifel aufkommen.)
Drinnen hatten wir mit Byron gerade den Smalltalk beendet, da kam Roberto auch schon dazu. Er hatte Angel im Schlepptau, der sich jetzt nur noch torkelnd bewegen konnte und wirr lallte. Seltsam – gerade vor einigen Minuten war er doch noch völlig nüchtern gewesen. Und hatte er nicht in die Kirche gehen wollen?
Irgendetwas stimmte da ganz und gar nicht, also steckten wir ihn kurzerhand in einen Schutzkreis. Und tatsächlich: Sobald der magische Kreis sich um ihn geschlossen hatte, fiel die Betrunkenheit schlagartig von Angel ab. Er betrachtete sich selbst mit dem zweiten Gesicht und stellte fest, dass tatsächlich ein Fluch auf ihm lag. Die Magie war nicht sehr stark und machte den Eindruck, als sei sie völlig ohne Leidenschaft gewirkt worden, ohne persönliche Befindlichkeit dahinter, aber hoch-professionell: eher das Ergebnis bezahlter Arbeit denn von wildem Hass.

Natürlich fingen wir an zu überlegen und landeten schließlich bei folgender Theorie: Angel war ja vor einigen Jahren wegen vermeintlicher Trunkenheit von den Orunmila ausgeschlossen worden. In Wahrheit aber hatte Ximena sich damals als Angel maskiert und den Betrunkenen gespielt, und weil Ximena wegen der Aktion ein schlechtes Gewissen hatte und die Orunmila über die wahren Umstände aufklärte, hatte sich das Verhältnis zwischen Angel und der Santería-Gruppierung gerade wieder zu bessern begonnen. Vielleicht wollte oder will, wer auch immer Angel jetzt diesen Fluch auf den Hals gehetzt hat, ihn bei den Orunmila wieder diskreditieren, damit die ihn nicht wieder aufnehmen? Außerdem wurde Angel auch an der Way Station herausgeworfen, wo er ja als Türsteher und Rausschmeißer gearbeitet hatte. Ohne ihn stehen die Elders sicherlich nicht wehrlos da, aber vielleicht ist es ein Schutzmechanismus weniger. Und drittens: Was, wenn jemand die Orunmila und die Elders gegeneinander aufbringen will, damit die abgelenkt sind und das, was auch immer sie da im Sumpf beschützen, nicht mehr – oder nicht mehr so gut – geschützt ist?

Byron sagte, er könne natürlich versuchen, den Fluch mittels eines Rituals von Angel herunterzureinigen. Aber nicht sofort: Erst einmal müsse Angel sich ausschlafen.
Jetzt erzählte Roberto uns auch, was seine Bekannte Vera gesagt hatte: Das Musikstück habe sie sehr interessiert, und sie wolle es sehr gerne ganz genau analysieren – das werde nur vermutlich eine Weile dauern, und sie wolle sich wieder melden.

Inzwischen hatte auch Alex angerufen und herausgefunden, dass wir in der Kommune waren; jetzt stieß er wieder zu uns und berichtete. Es sind noch weitere kleinere Praktizierer von diesem Denarier-Raben mit den scharfen Federn getötet worden, weswegen Alex von seinen Kontakten um Hilfe gebeten wurde. Wirklich tun konnte er nichts, außer natürlich dafür zu sorgen, dass die Verstorbenen dorthin weitergingen, wo sie hingehörten.

Außerdem erzählten wir Byron von den neuesten Entwicklungen in Sachen Diego, und Edward machte erneut den Vorschlag, sich vielleicht die Kraft des Sturmes zunutze zu machen, um so verstärkt Jak zu konfrontieren. Diese Idee fand Byron gelinde gesagt ziemlich größenwahnsinnig. „Wie kannst du mit den cojones überhaupt noch laufen, sag mal?“ war seine Formulierung, „Die müssen doch schon am Boden schleifen!“
Spencer Declan hingegen mit der Energie des Sturms anzugehen, würde vermutlich die Gesetze der Magie brechen. Mierda.

Aber wir hatten da ja noch ein anderes Problem, und zwar Diego, der zwar momentan geknebelt im Gefängnis sitzt, der aber spätestens übermorgen dem Haftrichter vorgeführt werden muss. Und spätestens dann müsste man irgendwie die mit seiner Hand verwachsene Pistole erklären; von dem ganzen Unheil, das der kleine Cabrón in Gegenwart von lauter Uneingeweihten anrichten könnte, ganz zu schweigen. Aber wie die Waffe entfernen, wo sie doch in jedem, der sie oder auch nur Diego berührt, das Verlangen auslöst, sie selbst besitzen zu wollen?
Vielleicht würde es gehen, wenn er gerade von Oshun besessen wäre, warf Roberto ein. Mit diesem Vorschlag zog er sich allerdings Edwards Unmut zu – nicht, weil die Idee unserem Lykanthropen-Kumpel nicht gefallen hätte, sondern weil Roberto nicht schon vorher damit rausgerückt war, dass das ginge.
Aber egal, es ging ja jetzt. Oder sollten es vielleicht nicht Roberto mit Oshun machen, sondern Alex mit Eleggua? Aber nein, das hielten wir bei näherem Hinsehen für keine so gute Idee. Eleggua ist, in Ermangelung eines besseren Ausdrucks, Alex' Boss, der ihn herumkommandieren kann und sich auch nicht scheut, das zu tun. Roberto und Oshun haben ein etwas ausgewogeneres Verhältnis und könnten sich vielleicht auf einer eher gemeinschaftlichen Ebene einig werden.

Ich fragte in die Runde, was wir eigentlich machen wollten, wenn wir die Waffe hätten, was Totilas zu der Gegenfrage „Reicht das nicht später?“ veranlasste. Aber ähm, nein, das sollten wir schon vorher klären, fand ich, und die anderen stimmten mir da zu.
Denn wie oben schon erwähnt: Diego kann ja nicht ewig geknebelt bleiben, er soll aber auch seinen Kumpel Jak nicht rufen können, selbst wenn es uns gelingt, ihn von der Dämonenwaffe zu trennen. Am besten wäre es, waren wir uns alle einig, ihn gar nicht erst in die Mühlen des Gesetzes kommen zu lassen: Es wäre zwar nicht sonderlich ethisch, aber man könnte ihn noch vor der Verhaftung in eine pyschiatrische Anstalt einweisen lassen und mit Beruhigungsmitteln sedieren. Hillary Anger Elfenbein  hätte da sicherlich Wege und Möglichkeiten, und ehrlich gesagt, habe ich mit Diego nicht sonderlich viel Mitleid.

Alex und Edward schlugen vor, die Pistole, sobald wir sie entfernt hätten, in einer Bannkiste zu sichern. Das war eine ganz ausgezeichnete Idee, und zu diesem Zweck besorgte ich in einer Bótanica eine solide und taugliche Kiste aus Chechenholz, die Edward dann mit den entsprechenden Zaubern zur Sicherung belegte,   während Alex derweil eine Kopie der Dämonenpistole anfertigte. Roberto rief indessen Oshun an und traf mit ihr eine Abmachung: Die Orisha würde Diego die Waffe abnehmen, wenn Roberto den kleinen Gangster wieder zur Liebe bringen würde – was auch immer das heißen mpchte.

Dann fuhren wir zum Revier – es war zwar inzwischen ziemlich spät abends, um nicht zu sagen, ziemlich früh am Morgen, aber das war uns gerade recht, weil uns auf diese Weise niemand in die Quere kam.
Bei Diegos Zelle übernahm Oshun Robertos Körper und nahm dem Jungen die Waffe ab – Roberto beschrieb das Erlebnis hinterher so, dass er in diesem Moment in Versuchung geriet, vom Beifahrersitz aus die Herrschaft über seinen Körper wieder an sich zu reißen und die Waffe für sich zu beanspruchen, der Verlockung aber widerstehen konnte. Dann legte Oshun die Pistole in die Bannkiste und verschloss sie sorgfältig, bevor sie sich wieder zurückzog. Diego schrie vor Schmerzen, als die Waffe von ihm getrennt wurde, und seine Hand blutete – es war ein bisschen so, als sei seine Hand an einem eisigen Rohr oder einer eisigen Laterne festgefroren gewesen. Der junge Ganger wurde verarztet, dann ruhiggestellt und abtransportiert, und die Kopie der Pistole, die Alex gebaut hatte, kam in die Asservatenkammer.

Edward nahm die Bannkiste fürs Erste an sich, aber eines ist klar: Wir brauchen einen Giftschrank für solche Artefakte wie die Pistole. Alex sagte, er wolle sich einmal schlau machen, was als Giftschrank in Frage käme, denn weder Totilas' („so etwas wie der See in Schottland?“) noch Edwards („ein schwarzes Loch?“) Vorschläge klangen auf Anhieb so richtig zielführend.

Aber erst einmal müssen wir – muss ich zumindest – schlafen. Es war ein langer, langer Tag, und es hat auch nochmal ganz schön viel Zeit gefressen, das alles aufzuschreiben.
« Letzte Änderung: 22.03.2018 | 19:18 von Timberwere »
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« Antwort #171 am: 13.03.2018 | 21:49 »
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05. September

Nachdem wir erst heute früh ins Bett gekommen waren, haben wir – habe ich zumindest, ich weiß nicht genau, wie es den anderen ging, vermute aber ähnlich – erst einmal bis mittags geschlafen, dann trafen wir uns zu einem späten Brunch im Dora's.
Dort saßen wir noch beisammen, als Robertos Telefon klingelte: Es war seine Bekannte Vera Cruz, die Neuigkeiten hatte und sich mit ihm treffen wollte, also kam sie einfach gleich ins Dora's dazu.
Als Vera im Restaurant ankam, schob Roberto ihr erst einmal einen Kaffee zu, denn sie sah ziemlich unausgeschlafen aus – aber auch interessiert-fasziniert. Und tatsächlich berichtete Vera, dass sie die ganze Nacht an der Partitur gesessen habe, weil das Stück einfach super-interessant sei, vor allem der Mittelteil, der „Tanz der Nereide“. Von der Notenfolge her sei dieses Mittelstück eigentlich eine Kakophonie, oder müsste eine Kakophonie ergeben, aber die Computeranalyse der Noten habe eine logische mathematische Formel ergeben, was eigentlich nicht sein dürfte.
Als wir sie dahingehend befragten, erzählte Vera, sie habe das Stück auf dem Klavier ein bisschen geübt, es sei aber sehr schwierig – einfach so vom Blatt könne sie das nicht auf Anhieb spielen. Um es einigermaßen zu beherrschen, müsse sie vielleicht zwei Wochen lang üben. Und es sei für Orgel geschrieben, nicht für Klavier: Nur am Klavier zu üben sei also nicht ausreichend, sondern es würde auch die eine oder andere Übungssitzung an einer Orgel erfordern.

Nach dem Gespräch mit Vera Cruz rief ich bei Lidia an. Nur kurz, viel zu besprechen gab es eigentlich nicht; ich wollte nur hören, wie es Monica und ihr wegen des Sturms ging. Es war alles soweit gut, und den Sturm selbst wollen die beiden ja ohnehin bei mir in der Wohnung verbringen und Lidias Auto währenddessen bei mir unten in der Tiefgarage des Hauses abstellen. Lidias Haus selbst war auch schon soweit gesichert, also wollte ich beruhigt auflegen, da fragte sie, ob ich in letzter Zeit irgendetwas mitbekommen hätte, dass Magie nicht funktionieren würde. Das ließ mich natürlich sofort aufhorchen und nachfragen, woraufhin Lidia folgendes erzählte:
Sie sei gestern abend mit Monica in der Hermitá gewesen, um wegen des Sturms zu beten und eine Kerze zu entzünden. Oha. Als Lidia das sagte, ahnte ich schon, was kommen würde, denn Monica liebt es, Kerzen mit ihrer Magie anzuzünden. Und tatsächlich bestätigte Lidia mir auf meine Nachfrage, dass es genau so gewesen war: Monicas Magie hatte einfach nicht – perdonen el juego de palabras – gezündet.
Mir entfuhr ein „Oh“, bevor ich natürlich sofort fragte, ob in dem Moment vielleicht gerade auf der Orgel gespielt worden sei. Ja, bestätigte Lidia, und zwar ein sehr schönes Stück – sie sei wegen des kommenden Sturms so besorgt gewesen, aber bei der wunderschönen Melodie habe sie sich gleich viel ruhiger gefühlt.
Sehen, wer da spielte, konnte Lidia aber leider nicht.

Sobald ich aufgelegt hatte, gab ich die Information an die Jungs weiter, und sie teilten meine Einschätzung bzw. meine Vermutung: Da hatte vermutlich Enid die Sinfonia geübt, und zwar vermutlich gezwungenermaßen – aber damit war sie hoffentlich zumindest gestern noch am Leben.
Tun konnten wir damit aber leider erstmal immer noch nichts für das arme Mädchen – außer die Hermitá zu überwachen, ob sie zum Üben wiederkäme. Das war auch tatsächlich eine ernsthafte Überlegung – aber erst einmal mussten wir uns um den kommenden Sturm kümmern, und zwar jeder für sich. Wie ich eben ja schon mit Lidia besprochen hatte, gab es weder bei mir noch bei ihr sonderlich viel zu tun, deswegen konnte ich Byrons Bitte um Hilfe in der Kommune nachkommen, während Edward natürlich auf der Polizei dienstliche Vorbereitungen zu treffen hatte, Roberto seine Bótanica sturmfest machte, Totilas sich um die Raiths kümmerte – am Hotel natürlich, aber auch irgendwas von einem Tanklastwagen mit Benzin – und Alex sein Hausboot in Sicherheit brachte.

Ich bin eben von der Kommune zurück – es ist erstmal alles so sicher, wie es nur sein kann – und habe noch ein bisschen Zeit, bevor wir uns wieder treffen wollen, daher habe ich die Gelegenheit genutzt und erst einmal alles aufgeschrieben, was heute so passiert ist.

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Alex hatte Neuigkeiten, Römer und Patrioten. Er war gerade dabei, sein Hausboot sturmfest zu machen, als ein Angehöriger der Santo Shango auf seinem Motorrad vorbeikam. Ob Alex das 'reparieren' könne, zwinker zwinker - natürlich war der Mann ein Abgesandter von Cicerón Linares, der uns nicht offen kontaktieren wollte, uns aber Dinge zu sagen hatte. Er erzählte, dass Spencer Declan auf Cicerón zugekommen sei und ihm bezüglich der Sümpfe eine Zusammenarbeit angeboten habe. Dafür würde er auch ein Stück vom Kuchen abbekommen. Als Declan gefragt habe, was denn mit den Orunmila sei, habe Declan erwidert, da sei schon etwas in Arbeit, um die Orunmila zu neutralisieren.

Das Wort 'Kuchen' hatte uns natürlich aufhorchen lassen, und prompt flogen die Vermutungen hin und her: primär natürlich, dass auch Declan sich mit Jak eingelassen hat – und dass er mit der Sinfonia den Schutz um das Was-auch-immer im Sumpf negieren will.
Wenn wir damit recht hatten, dann bedeutete das natürlich, dass Macaria Grijalva und die Orunmila gewarnt werden mussten: vor Declan und auch vor Jaks Kuchen und wegen des Fluchs, der auf Angel gelegt worden war – und dass es sinnvoll sein könnte, die anderen Mitglieder der Orunmila auch einmal auf eventuelle Flüche zu überprüfen.

Als wir in Little Havana vor dem Gemeindezentrum ankamen, fanden wir die Orunmila in heller Aufregung vor. Unterwegs zu dem vereinbarten Treffen mit Thutmoses Elder seien sie und ihre Leute von Krokodilen in Begleitung des Raben-Denariers angegriffen worden und hätten es gerade so geschafft, wegzukommen.
„Thutmoses, verdammt, was macht der?!“

Kurz entschlossen rief ich bei Selva Elder an. Ja, sie ist nicht sonderlich gut auf uns zu sprechen, aber was hatte ich schon zu verlieren?
Tatsächlich war Selva sehr kurz angebunden, sagte aber, Macaria sei zu dem vereinbarten Treffen mit Thutmoses nicht erschienen. Ich sagte ihr, dass Macaria nicht zu dem Treffen habe kommen können, weil sie unterwegs von Krokodilen angegriffen worden sei, und gab Selva die Warnung mit, dass es uns so vorkäme, als wolle jemand die Elders und die Orunmila gegeneinander ausspielen.
Dieselbe Vermutung teilten wir auch mit Macaria, zusammen mit der Warnung, die Orunmila sollten sich nicht beeinflussen lassen – und keinen unbekannten Kuchen essen.
Im Privaten, als nicht mehr die ganze Gemeinschaft um uns herumstand, erzählten wir Macaria dann noch, dass Spencer Declan und Pater Donovan gemeinsame Sache machen, dass Donovan auf irgendeine Art und Weise mit Dämonen im Bunde steht und sogar, dass irgendwie Outsider in die Sache verwickelt sind.

Und natürlich gaben wir ihr die Information, wegen der wir eigentlich gekommen waren: dass wir nämlich vermuten, Declan und Donovan (sollte ich sie vielleicht mit D&D abkürzen?) planen, die Magie im Sumpf auszuschalten, um den Schutz um das Was-auch-immer-es-ist loszuwerden.
Dazu bräuchte es allerdings entweder eine fahrbare Orgel, um das Instrument in die Glades zu bringen, oder die Magie der Sinfonia ist so mächtig, dass ihr Effekt bis hinaus in die Sümpfe reicht, wo auch immer sie gespielt wird. Aber wenn das der Fall sein sollte – hui.

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06. September

Eigentlich wollte ich gestern noch ein bisschen mehr schreiben, aber es war schon spät und ich auch einfach zu müde nach der langen Nacht davor. Aber andererseits gab es auch gar nicht mehr so viel zu schreiben. Nur etwas Besorgnis darüber, dass der Sturm näherrückt.

Das merkten wir dann auch heute: Die Menschen verlassen in Scharen die Stadt. Auch die Raiths sind betroffen – Totilas hat Adalind damit beauftragt, die Keys zu evakuieren. Gutes Geld verdient unser White Court-Kumpel auch gerade, denn das gestern gekaufte Benzin wird er gerade zu überaus guten Preisen wieder los.

Ich telefonierte indessen wegen Miet-Orgeln herum, kam aber nicht sonderlich weit. Direkt vor einem Jahrhundert-Hurrikan ist vielleicht auch nicht die beste aller Gelegenheiten, um bei den Vermietern von Musikinstrumenten anzurufen, aber immerhin bekam ich einige Adressen, bei denen ich es gegebenenfalls demnächst nochmal versuchen kann: Eine Firma, die Musikinstrumente für Filmproduktionen vermietet, hat eine Orgelatrappe, die gerne genommen wird; die Orgeln in Kirchen kann man auch mieten, und ja, es gibt tatsächlich eine Firma, die eine fahrbare und funktionstüchtige Orgel im Angebot hat, die aber gerade für längere Zeit an die Produzenten einer TV-Serie vermietet ist. Wenn Spencer Declan sich also nicht als Serienproduzent getarnt hat, dann dürfte die zumindest für's Erste aus dem Verkehr sein.

Zu Alex kam nochmal Jorge, der von Cicerón geschickte Santo Shango, weil er weitere Neuigkeiten hatte: Cicerón habe mitbekommen, dass Spencer Declan und Thutmoses Elder zusammenarbeiteten und dass Thutmoses dem Weißen Rat angehöre; das habe Cicerón uns wissen lassen wollen. Hui. Thutmoses Elder ein Ratsmagier? Wow. Das waren in der Tat wichtige Neuigkeiten.

Dann fuhren wir zu Byron, um wie geplant Angel Ortega von seinem Fluch zu befreien. Byron hatte bereits alle Vorbereitungen getroffen, war jetzt aber auch völlig erledigt und verabschiedete sich, um ins Bett zu fallen.
Wie so oft in letzter Zeit, taten sich für das eigentliche Entfluchungsritual Edward und Roberto zusammen – oder besser, Edward wirkte es, während Roberto ihn mit seinem umfangreichen Wissen über Rituale unterstützte und generell die ausgezeichnete Zusammenarbeit, die den beiden inzwischen zumindest auf diesem Gebiet zu eigen ist, wieder einmal voll zum Tragen kam. Totilas betätigte sich als Türsteher, um sicherzustellen, dass wir nicht gestört werden würden, und ich selbst legte eine sommerliche Morgenstimmung auf den Raum, die den beiden bei der Konzentration helfen sollte.

Das Entfluchen klappte, aber es war eine ganz schön knappe Angelegenheit, Römer und Patrioten: Beinahe wäre die Sache gekippt. Angel, der die ganze Zeit brav in seinem Kreis gesessen und ordentlich mitgemacht hatte, sah plötzlich Roberto mit panischem Blick an und rief: „Nehmt das Krokodil da weg!“
Für einen Moment lang sah es so aus, als würde das alles durcheinander bringen, aber zum Glück ist ja gerade Edward inzwischen sehr erfahren mit Ritualen und konnte das Ruder noch einmal herumreißen, und zum Glück beruhigte sich auch Angel gleich wieder.

Aber auch da wieder: Zum Glück war es Edward, der mit seiner hermetischen Magie den Fluch löste. Denn die Magie, die auf Angel lag, und zwar sehr geschickt gemacht und mit einer zweiten, nicht auf Anhieb zu entdeckenden Ebene gewissermaßen 'abgesichert': Wenn man versucht hätte, mit Santería-Magie den Fluch aufzuheben, sprich wenn ein Orisha den ehemaligen Orunmila besetzt hätte, dann wäre es schlimmer geworden. Mierda. Dass da jemand hoch professionell vorgegangen war, das hatten wir ja schon gewusst. Aber derart verschachtelt und hinterlistig? Hossa.
« Letzte Änderung: 22.03.2018 | 20:30 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
Meine Rede.
Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

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Yay. sehr schön!

...mir fällt auf, dass "der Sturm macht Musikinstrumentverleihrecherche schwierig" ja eigentlich ein Compel auf den drohenden Sturm-Aspekt ist. Gib dir ruhig mal einen Fatepunkt dafür. :)
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Hehe, alles klar, das mache ich doch glatt :)
Zitat von: Dark_Tigger
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