Autor Thema: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)  (Gelesen 19528 mal)

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Offline flaschengeist

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #25 am: 9.10.2020 | 18:11 »
Denksportaufgabe: welche Würfelmethode - mit handelsüblichen Würfeln - würde einen Zahlenraum von 1-20 generieren, aber in Normalverteilung?
Also offensichtlich irgendwas in der Art XdY-(X-1); akzeptable Werte für Y: 4, 6, 8, 10, 12.

Ich würde ebenfalls 2W10 vorschlagen, das geht in Richtung Normalverteilung. Hat allerdings nicht die 1. Wenn einen jedoch nervt, dass in D20 Systemen kritische Ergebnisse mit 5% pro Probe zu häufig sind, ist das sogar ein Feature, denn 2 und 20 haben bei 2W10 lediglich eine Wahrscheinlichkeit von 1%.

Edit: Mit in Richtung Normalverteilung meinte ich in Richtung einer Verteilung mit einer Standardabweichung (SD) von 1. 2W10 erzeugen natürlich ebenfalls eine Normalverteilung, allerdings mit einer SD von 4,1. 3W6 haben übrigens eine SD von 3.
« Letzte Änderung: 9.10.2020 | 18:27 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #26 am: 9.10.2020 | 18:21 »
Hmmm, gefällt mir aber nicht so gut, weil es da ja dann nur 9 verschiedene mögliche Ergebnisse gibt. Das ist also trotz des zusätzlichen Würfels gröber als 3d6 mit seinen 16 unterscheidbaren Resultaten.

Und das ist dann genau der Grund, aus dem es mir besser gefällt -- mir sind genaugenommen auch die 3W6 immer noch zu feinkörnig, um "richtig" mit ihnen arbeiten zu können. Wie oft brauche ich denn schon mal tatsächlich gleich 16 unterscheidbare Qualitätsstufen auf einmal? ;)

(Mit anderen Worten, da mögen sich in der Tat schlicht die Geschmäcker unterscheiden, ich hab' mir aber schon auch etwas dabei gedacht. ^-^)

Offline Feuersänger

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #27 am: 9.10.2020 | 18:36 »
Zählt auch so etwas wie 2W20, es zählt immer der näher zur Mitte liegende Wert?

Nein. xD
Erstens weil ich das nicht mal eben in Anydice auswerfen lassen kann, zweitens habe ich den Eindruck dass das wiederum einen zu starken Bias auf die Mitte gibt, drittens was macht man wenn man 2/19 würfelt? Viertens fände ich es als Spieler zu frustig, wenn ich bspw eine 18 und eine 4 da liegen habe, und dann gilt die 4 weil sie näher an der Mitte ist. :6

Zitat
Ich würde ebenfalls 2W10 vorschlagen, das geht in Richtung Normalverteilung. Hat allerdings nicht die 1.

Kenne ich natürlich, und bin nicht zufrieden damit. Es erzeugt halt keine Glocke sondern eine Pyramide.

Eine der Kern-Schwierigkeiten bei Umstellung von D20 auf zB 3d6 ist freilich, was man mit den Critchancen macht, insbesondere in 3E wo man die Threatrange auf zB 15-20 erweitern kann. Aber auch abseits von Crits weißt die Wahrscheinlichkeitsverteilung Lücken auf: unsbesondere hat man halt bei 3d6 enorme Sprünge zwischen 12, 13, 14. (37.5%, 26%, 16%) [und analog freilich bei 7, 8, 9] -- Wahrscheinlichkeiten von 20 oder 30% lassen sich damit also gar nicht abbilden.

Entsprechend gefällt mir 4WF noch weniger, da ich da noch mehr Lücken in der Verteilung habe - ein Ereignis, das zu zB 10, 25, 30, oder 50% eintreten soll, kann ich damit nicht simulieren.
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #28 am: 9.10.2020 | 18:38 »
Hmmm, gefällt mir aber nicht so gut, weil es da ja dann nur 9 verschiedene mögliche Ergebnisse gibt. Das ist also trotz des zusätzlichen Würfels gröber als 3d6 mit seinen 16 unterscheidbaren Resultaten.

Denksportaufgabe: welche Würfelmethode - mit handelsüblichen Würfeln - würde einen Zahlenraum von 1-20 generieren, aber in Normalverteilung?
Also offensichtlich irgendwas in der Art XdY-(X-1); akzeptable Werte für Y: 4, 6, 8, 10, 12.
4W6-4 gibt eine Skala von 0-20. Alternativ könnte man auch 2 Schulwürfel (0-10 + Joker) nehmen. Das gäbe auch eine Skala von 0 - 20.
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #29 am: 9.10.2020 | 18:46 »
Denksportaufgabe: welche Würfelmethode - mit handelsüblichen Würfeln - würde einen Zahlenraum von 1-20 generieren, aber in Normalverteilung?
Also offensichtlich irgendwas in der Art XdY-(X-1); akzeptable Werte für Y: 4, 6, 8, 10, 12.
Wenn 21 auch OK ist: 4W6 - 3

Genauer: 2W6 + 1W10 - 2

EDIT: 2W6 + 1W10 - 2 klingt gar nicht mal so schlecht.

EDIT2: 2W6 + 1W10 und die 0 ist eine 0 wäre zwar 2 - 20, würde aber ohne Modifikatoren auskommen.
« Letzte Änderung: 9.10.2020 | 18:51 von ArneBab »
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Offline Gunthar

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #30 am: 9.10.2020 | 18:48 »
Wenn 21 auch OK ist: 4W6 - 3

2W6 + 1W10 - 2 gibt auch 1-20.
Text fett in Quote.
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #31 am: 9.10.2020 | 18:48 »
Frage: Gibt's da Konsens zu in dieser fröhlichen Runde hier?  ;D

Ich vermute nein, gebe aber zu Protokoll, dass mir die "Auflösung" eines W10 oder W12 schon reicht. Unterschieden von 8%-10% fühlen sich gerade noch so signifikant an.

Frage: Wie steht's um den Konsens hier bzgl. der Vermutung, dass Spieler nur entsprechendes Feedback über das Können oder Unvermögen des eigenen Charakters bewusst erleben, wenn man entweder eine Fertigkeit häufig testet oder eben lang genug spielt um diese Fertigkeit häufig genug zu beanspruchen? Wieviel Granularität wäre aus dieser Sicht überhaupt notwendig? (Hängt vermutlich davon ab, wie oft man die große Mehrheit der Fertigkeiten im Verlaufe eines Abenteurerlebens so testet.)

Ich sehe nur eine bedingte Korrelation zwischen dem Kompetenzempfinden und der Häufigkeit des Würfelns - Fähigkeitswerte haben ja auch eine deskriptive Funktion (ich den Meisterrang in Bogenschießen, aber nur den Gesellrang in Schwertkampf). Gerade bei einem Würfelsystem mit breiter Streuung ergibt sich nur ggf. das Problem der Diskrepanz zwischen Deskriptor und erlebter Kompetenz.

Anders als ArneBab stellen mich Fähigkeitssysteme auf dem Niveau von "kann ich"/"kann ich nicht" in der Regeln nicht zufrieden. Es braucht keine extreme Ausdifferenzierung, aber zumindest 3-6 Stufen sollte es m.E. schon geben.

Frage: Falls ja, gibt es einen Konsens hier wo die spürbare Schwelle für Spieler liegt? 5%? 10%? 25? Und ist diese überhaupt konstant über die gesamte Erfolgschancen-Bandbreite?
Anders ausgedrückt: Bin ich bei 20% wirklich weniger nervös als bei 10%? Bin ich bei 60% nicht doch zuversichtlicher als bei 50%? Macht wiederum 75% versus 85% einen spürbaren Unterschied hinsichtlich der Spielerpsychologie?

Ich bin der Meinung, dass sich alles unter ~10% Werteabweichung nicht als Unterschied anfühlt. Allerdings ist mein Empfinden auch nicht ganz linear: der Unterschied zwischen 20% und 30% ist vernachlässigbar, weil sich beides nach "inkompetent" anfühlt; 50% ist die Schwelle für "halbwegs kompetent; bis 80% fühlt sich dann jeder 10er durchaus ordentlich an, wobei speziell 80% dann wieder ein merklicher Einschnitt sind, weil sich das nach "klappt normalerweise" anfühlt.
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #32 am: 9.10.2020 | 18:55 »
Anders als ArneBab stellen mich Fähigkeitssysteme auf dem Niveau von "kann ich"/"kann ich nicht" in der Regeln nicht zufrieden. Es braucht keine extreme Ausdifferenzierung, aber zumindest 3-6 Stufen sollte es m.E. schon geben.
Ich meine nicht, dass das für alles reicht, sondern nur, dass es diejenigen Fähigkeiten genug ist, die nicht im Fokus des Spiels stehen.

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #33 am: 9.10.2020 | 19:05 »
Entsprechend gefällt mir 4WF noch weniger, da ich da noch mehr Lücken in der Verteilung habe - ein Ereignis, das zu zB 10, 25, 30, oder 50% eintreten soll, kann ich damit nicht simulieren.

Je nun -- wenn tatsächlich ein Ereignis mit einer bestimmten Prozentchance eintreten soll, dann kann ich in der Tat auch gleich einen W% nehmen. Darauf kommt's mir aber in der Praxis so gut wie nie an, weil diese bestimmten Wahrscheinlichkeiten (abgesehen davon, daß sie sich "runder" lesen mögen) auch nicht weniger willkürlich angesetzt sind als beliebige andere.

Das ist überhaupt mit der Grund, warum ich eine einigermaßen grobkörnige Verteilung vorziehe: ich weiß, daß das menschliche Gehirn als Werkzeug zum akkuraten Einschätzen von Wahrscheinlichkeiten im Vorfeld ohnehin so gut wie nicht zu gebrauchen ist, also brauche ich auch keine übertriebene Illusion von "Genauigkeit" und arbeite lieber mit einer leicht überschaubaren Ergebnismenge. 4WF liefern mir da die so ziemlich kompakteste immer noch halbwegs "echte" Normalverteilung, die mir bis heute untergekommen ist -- und daß eins der Systeme, die diesen Wurf verwenden, ohnehin mein derzeitiger Favorit ist, während das zweite es davor zumindest eine ganze Weile war, tut da natürlich auch keinen Abbruch, sondern führt eher zu einer gegenseitigen Verstärkung. In dieser letzten Beziehung wenigstens bin ich also schlicht unverblümt subjektiv. ;)

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #34 am: 9.10.2020 | 19:12 »
Ich meine nicht, dass das für alles reicht, sondern nur, dass es diejenigen Fähigkeiten genug ist, die nicht im Fokus des Spiels stehen.

„Autofahren: Kann ich“ (oder für Fantasy: „Lesen: Kann ich“) heißt nicht, dass ich Rennen gewinnen kann (oder fremdartige Runen). Aber für viele Situationen reicht es völlig.

Ok, dann habe ich das initial in der Tat falsch verstanden. Entspräche immer noch nicht meiner Präferenz, aber kann man so machen.
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Offline Feuersänger

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #35 am: 9.10.2020 | 19:20 »
Zitat
2W6 + 1W10 - 2 gibt auch 1-20.

Hmm! Ja, unterschiedliche Würfelgrößen hatte ich gar nicht auf dem Schirm.
Alternativ würde auch 2d8+1d6-2 aufgehen.
Die Kurven unterscheiden sich ein klein wenig -- aber nur im Rahmen von 2% hin oder her auf den meisten Ergebnissen.

Zwar hat man damit (bei beiden) immer noch Lücken bei 25, 35, 45% Wahrscheinlichkeit -- aber das wäre zumindest für die Frage der Threatranges unerheblich, da man eigentlich nie 25% Critchance hat.

Jetzt Gretchenfrage: wäre euch so eine Methode mit der innewohnenden Rechnerei (immer noch 2 abziehen) zu doof, gerade wenn eigentlich immer noch X andere Modifikatoren draufkommen?

Noch eine Alternative, die als D20-Ersatz (für OGL-Systeme) in Frage kommen könnte:
2d6+1d8
Generiert also 3-20. Die fehlende "1" ist insofern egal, da man ja für Auto-Fehlschläge eine beliebige Spanne ansetzen kann je nachdem wie häufig diese vorkommen sollen (z.B. 3-6 = 3.5%), und nach oben raus hat man für erweiterte Critchancen eigentlich für alle gemeinhin vorkommenden Threatranges gute Entsprechungen.
Lücken hat man in den mittleren Strecken natürlich immer noch.

--

Nochmal eben zur Eingangsfrage nach der Granularität: so rein gefühlsmäßig würde ich sagen, so ca 3%-Schritte sollten es schon Minimum sein. Meinetwegen auch noch 2,5% wenn man zufällig eine Methode hat, die sowas auswirft und ansonsten elegant ist. Ich weiß halt umgekehrt, dass ich zumindest mit sehr geringfügigen Verbesserungen wie 1-2% als Spieler nicht zufrieden bin; das fühlt sich einfach nicht greifbar genug an.
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Zitat von: ErikErikson
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #36 am: 9.10.2020 | 20:01 »
Je nun -- wenn tatsächlich ein Ereignis mit einer bestimmten Prozentchance eintreten soll, dann kann ich in der Tat auch gleich einen W% nehmen. Darauf kommt's mir aber in der Praxis so gut wie nie an, weil diese bestimmten Wahrscheinlichkeiten (abgesehen davon, daß sie sich "runder" lesen mögen) auch nicht weniger willkürlich angesetzt sind als beliebige andere.

Da hast du natürlich recht -- das ist für mich auch so der eine große neonleuchtende Hauptgrund, den W% abzulehnen -- weil damit ein Level von Präzision und Realismus vorgegaukelt wird, der einfach völliger Humbug ist. Ich finde aber, um diese Falle kommt man mit der Normalverteilung einigermaßen herum.

Eigentlich ist für mich der Hauptzweifel, der mich bei der Umstellung von D20 auf Glocke zaudern lässt, aber eben genau diese extreme Un-Gleichwertigkeit eines einzelnen +/-1, je nachdem wo in der Kurve ich ihn ansetze. Wobei ja noch zu berücksichtigen ist, dass schon der D20 nur linear _aussieht_, weil ein +1 einen anderen Effekt hat, wenn er meine Chancen von 50 auf 55% schiebt, als wenn er sie von 85 auf 90% verbessert. Da fehlt mir ehrlich gesagt ein wenig der Überblick, wie diese typischen situationalen Modifikatoren, die es zB bei Pathfinder zuhauf gibt, auf sowas wie 3d6 vs DC anwendet.
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #37 am: 9.10.2020 | 21:26 »
Also ich bleib zunächst nochmal beim Kernthema des Threads.

Zu 2: Ich denke, dass Spieler überhaupt kein Feedback durch Proben brauchen, um Charakterkompetenzen einzuschätzen. Je nach System ist die Erfolgswahrscheinlichkeit nämlich bereits vor einer Probe anhand der Spielstatistiken des Charakters  (z.B. "Autofahren" 50% oder Überreden 6) und der Kenntnis möglicher Hilfen/Erschwernisse bzw. Probenschwierigkeiten (z.B.: starke Erschwernis: -20% oder schwere Probe: 15) ablesbar.
Ein Blick auf das Charakterblatt und das "bewusste Erleben" ist hergestellt. 
Ja, aber hier ist es sinnvoll meine obige Gedanken-Entwicklung im Hinterkopf zu behalten:
In 1. vermute ich, dass auch geringfügige globale Erfolgschancen-Modifkationen einen subtilen Einfluß auf eine Kampagne haben. So subtil, dass die Spieler das gar wahrscheinlich nicht bewusst wahrnehmen. In 2. frage ich, ab wann die Spieler überhaupt irgendetwas merken von dem Einfluß von Erfolgschancen-Modifkationen auf das Endergebnis. Da geht's um das konkrete "Erleben" der eigenen (In-)Kompetenz.
Ein Beispiel: In DSA1 hat einer der Spieler einen Zwerg mit GE 13 und AT 11. Ein anderer Spieler hat einen Abenteurer mit GE 8 und AT 9. Beide spielen das Wirtshaus zum Schwarzen Keiler, halbwegs kampflastig, beide attackieren insgesamt, sagen wir, 40 Mal oder gar 60 Mal während des Abenteuers. Am Ende wird der Abenteurer wahrscheinlich (vllt aber auch nicht, je nach dem wie die Würfel rollen) den Eindruck haben, dass der Zwerg etwas besser im Angriff ist. Spielen sie Silvanas Befreiung und machen nur je 20 Angriffe je, dann kommt das vielleicht gar nicht so rüber. Die +10% des Zwergs wird nicht unmittelbar durch das Kampferlebnis bestätigt.
Und noch krasser ist es bei selten verwendeten Fertigkeiten (in anderen Regelwerken).

Und daraus entwickle ich DANN im 3. Schritt das, was du dort oben beschreibst - selbst wenn (zu rare) Probenresultate nicht ein direktes, gefühltes Erleben der eigenen (In-)Kompetenz ermöglichen, so haben unterschiedliche Erfolgschancen einen erheblichen Einfluss auf die Spielerpsychologie. Und stelle dann die Frage ab welcher Prozentchancenveränderung dies überhaupt die Spielerpsychologie beeinflusst.

Ich bin der Meinung, dass sich alles unter ~10% Werteabweichung nicht als Unterschied anfühlt. Allerdings ist mein Empfinden auch nicht ganz linear: der Unterschied zwischen 20% und 30% ist vernachlässigbar, weil sich beides nach "inkompetent" anfühlt; 50% ist die Schwelle für "halbwegs kompetent; bis 80% fühlt sich dann jeder 10er durchaus ordentlich an, wobei speziell 80% dann wieder ein merklicher Einschnitt sind, weil sich das nach "klappt normalerweise" anfühlt.
Bin sehr dankbar für diesen Beitrag, weil er im Wesentlichen meine eigenen Eindrücke bestätigt.
  • Wenn ich 20% habe und +10 bekomme, dann bleibe ich mental vermutlich eher im "Oh-Oh, das wird wohl nicht klappen"-Modus. Selbst von 15% auf 35% würde da wahrscheinlich gar nicht so viel ändern.
  • Wenn ich 70% habe und +10 oder +15 bekomme, dann bleibe ich mental vermutlich eher im "Das sollte eigentlich funktionieren"-Modus.
  • Wenn ich hingegen 50% habe und +10 bekomme, dann wechselt aber vermutlich meine Einstellung von "Naja, Münzwurf halt" zu "Das könnte funktionieren".

Ist das bei anderen Spielern völlig anders?

Man könnte für den letzten Fall mal spekulieren, ab welchem Bonus diese Veränderung eintritt - meine Vermutung ist bei oder +8% (ist näher an 60 als an 55).  Aber das alles ist natürlich subjektiv. Und das ist dann für mich vielleicht die eigentliche "Gefühlte Mindestgranularität" - alles unter 8% oder so hat vermutlich/vielleicht/eventuell keinen signifikanten Einfluss auf meine Spielerpsychologie. Wie wir unter 1. gesehen/vermutet haben, heißt das nicht, dass es keine Bedeutung hat, es entzieht sich aber wohl dem bewussten Erleben - sowohl a priori als auch a posteriori. (Es sei denn, siehe oben zu 2., dass eine Fertigkeit sehr häufig getestet wird.)

Was schlussendlich aber nicht heißt, dass Granularitäten kleiner als die "Gefühlte Mindestgranularität" für die meisten Skills keine Bedeutung haben - wir betrachten hier ja nur den Einfluss geringer Erfolgswahrscheinlichkeits-Veränderungen aufs direkte Erleben. Gewichtiger für die Bewertung der Würfelgranularität sind mMn zwei andere Punkte, die mit den Rändern zu tun haben, siehe A. und B. im Anfangspost dieses Threads.
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Offline Feuersänger

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #38 am: 9.10.2020 | 23:20 »
Hm, denke das kommt auch drauf an, womit man vergleicht.
Ich sag mal so: +5% für einen selbst fühlen sich wahrscheinlich anders an als 5% Unterschied zum Nebenmann. Siehe dein DSA-Beispiel.
Grundsätzlich fällt so was freilich immer genau dann auf, wenn's akut wird: wenn ich die benötigte Zahl genau treffe oder ganz knapp verfehle.
(Oder wenn der Nebenmann würfelt und mir auffällt, dass ich mit demselben Wurf ein anderes Resultat hätte.)

Wie oft sowas vorkommt ist also eine Funktion von Granularität und Anzahl der Würfe pro Sitzung. Wenn ein "+1" einmal pro Sitzung nen Unterschied für einen selber (!) macht, langt das vllt schon um es positiv abzuspeichern ("Ja, das +1 ist echt was wert"). Wenn es aber nur alle 3 Sitzungen zum Tragen kommt, ist darauf geschissen.

Wenn also jeder 20x pro Sitzung würfelt, beträgt die Mindestgranularität 5%. Wird nur 10x gewürfelt, muss sie 10% betragen damit man sie merkt.

Wie gesagt: für jeden Spieler einzeln. Wenn mein Nebenmann einen Wurf gerade so schafft, merk ich mir das eher nicht.

Nachtrag:
Ouh und noch was. Es kommt auch auf die Würfelmethode selber an. Ein und derselbe prozentuale Unterschied kann da ganz unterschiedlich wahrgenommen werden:
- DSA: Ich hab AT 11 und der Kumpel AT 9? Und er würfelt eine 10. Dann denk ich mir automatisch "Son Mist, ich hätte mit dem Wurf getroffen".
- D&D: Ich hab Angriff +5, würfle ne 10 und verkacke damit knapp gegen AC16? "Ach kack, um 1 daneben! So knapp!"
- W100: Ich hab Angriff 60 und würfle ne 65? Pah, meilenweit daneben, interessiert mich schon gar nicht mehr.
Und das, obwohl es in beiden letzteren Fällen um 5% geht.
« Letzte Änderung: 9.10.2020 | 23:28 von Feuersänger »
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #39 am: 9.10.2020 | 23:24 »
Noch eine Alternative, die als D20-Ersatz (für OGL-Systeme) in Frage kommen könnte:
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Generiert also 3-20. Die fehlende "1" ist insofern egal, da man ja für Auto-Fehlschläge eine beliebige Spanne ansetzen kann je nachdem wie häufig diese vorkommen sollen (z.B. 3-6 = 3.5%), und nach oben raus hat man für erweiterte Critchancen eigentlich für alle gemeinhin vorkommenden Threatranges gute Entsprechungen.
Lücken hat man in den mittleren Strecken natürlich immer noch.
Passt die Wahrscheinlichkeitsverteilung auf die üblichen Startwerte?

Bei einem Mittelwert von 11,5 sind Erfolgswahrscheinlichkeiten von Werten darunter schnell sehr schlecht.

Meine prägendsten Erinnerungen an DnD sind immernoch, wie wir zu viert um einen Goblin standen und ihn über Runden hinweg nicht treffen konnten.

Auch wenn es eine Glockenkurve gibt, sollte sie vielleicht ihr Zentrum eher niedriger haben.
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #40 am: 9.10.2020 | 23:30 »
Ich bin der Meinung, dass sich alles unter ~10% Werteabweichung nicht als Unterschied anfühlt. Allerdings ist mein Empfinden auch nicht ganz linear: der Unterschied zwischen 20% und 30% ist vernachlässigbar, weil sich beides nach "inkompetent" anfühlt; 50% ist die Schwelle für "halbwegs kompetent; bis 80% fühlt sich dann jeder 10er durchaus ordentlich an, wobei speziell 80% dann wieder ein merklicher Einschnitt sind, weil sich das nach "klappt normalerweise" anfühlt.
Ich denke, dass ab 80% dann nicht mehr die Erfolgswahrscheinlichkeit ausschlaggebend ist, sondern die Veränderung der Misserfolgswahrscheinlichkeit.

Wenn ich von 80% auf 85% komme, geht die Wahrscheinlichkeit zu scheitern um ein Viertel runter (von 20% auf 15%). Die nächsten 5% reduzieren das um ein Drittel (von 15% auf 10%). Dann nochmal 5% auf die Hälfte (von 10% auf 5%).

Wo genau die Frage von "schaffe ich das" (Erwartung: Wahrscheinlich nicht, versuche ich nicht ohne einen Plan B) auf "geht das schief" (Erwartung: Wahrscheinlich klappt es) wechselt, weiß ich nicht genau.
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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #41 am: 9.10.2020 | 23:33 »
Ein Stück weit wird in das "Gefühl" von Granularität auf jeden Fall auch hineinspielen, wieviele verschiedene Ergebnisse es effektiv wirklich gibt. Bei den weitaus meisten Spielen ist ja in der Regel nach spätestens vier Möglichkeiten Schluß (klassischerweise Erfolg, Fehlschlag, und -- falls vorhanden -- jeweils die "kritische" Variante von beidem), und was darüber hinausgeht, hat nur noch Einfluß darauf, wie oft man die im Spiel jeweils zu Gesicht bekommt, erweitert aber das Spektrum der möglichen Ausgänge nicht mehr.

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #42 am: 9.10.2020 | 23:41 »
Ich denke, dass ab 80% dann nicht mehr die Erfolgswahrscheinlichkeit ausschlaggebend ist, sondern die Veränderung der Misserfolgswahrscheinlichkeit.

Wenn ich von 80% auf 85% komme, geht die Wahrscheinlichkeit zu scheitern um ein Viertel runter (von 20% auf 15%). Die nächsten 5% reduzieren das um ein Drittel (von 15% auf 10%). Dann nochmal 5% auf die Hälfte (von 10% auf 5%).

Wo genau die Frage von "schaffe ich das" (Erwartung: Wahrscheinlich nicht, versuche ich nicht ohne einen Plan B) auf "geht das schief" (Erwartung: Wahrscheinlich klappt es) wechselt, weiß ich nicht genau.

Vielleicht interessant in diesem Kontext: ich habe gerade mal ein wenig rumgesucht und bin unter anderem auf diesen Artikel zu einer Studie über die Wahrnehmung bzw. Beschreibung von Erfolgswahrscheinlichkeiten gestoßen: Human perception of probability (LinkedIn).

Die Studie selber ist angeblich älter (von 1964). Sie schlägt eine Aufteilung in 5 Bereiche vor:

1. Almost Certain: 93%±6%
2. Probable: 75%±12%
3. Chances About Even: 50%±10%
4. Probably Not: 30%±10%
5. Almost Certainly Not: 7%±5%

Anscheinend hat sich auch nochmal jemand auf Reddit die Mühe gemacht, das zu replizieren. Die passende Grafik listet auch eine Reihe von äquivalenten Begriffen:

« Letzte Änderung: 9.10.2020 | 23:43 von schneeland »
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Offline ArneBab

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #43 am: 10.10.2020 | 02:00 »
Ein Stück weit wird in das "Gefühl" von Granularität auf jeden Fall auch hineinspielen, wieviele verschiedene Ergebnisse es effektiv wirklich gibt. Bei den weitaus meisten Spielen ist ja in der Regel nach spätestens vier Möglichkeiten Schluß (klassischerweise Erfolg, Fehlschlag, und -- falls vorhanden -- jeweils die "kritische" Variante von beidem), und was darüber hinausgeht, hat nur noch Einfluß darauf, wie oft man die im Spiel jeweils zu Gesicht bekommt, erweitert aber das Spektrum der möglichen Ausgänge nicht mehr.
Da bei uns die Differenz zum Mindestwurf in die Wirkung eingeht, sind es eher mehr. Bei Wettstreiten:

- Kritischer Fehlschlag (vielleicht mit Auswirkungen, z.B. Wunden)
- Verloren mit kritischen Auswirkungen
- Verloren mit bleibenden Auswirkungen
- Verloren
- Gewonnen
- Gewonnen mit bleibenden Auswirkungen
- Gewonnen mit kritischen Auswirkungen (z.B. weitreichende Änderungen oder schwere Verletzung des Gegenüber)
- Kritischer Erfolg (vielleicht mit Auswirkungen)

Dazu kommen noch mögliche Nebenwirkungen je nach Augenzahl — am verbreitetsten: Über Schwäche gestolpert und Wunde getriggert.

Es gibt eher mehr mögliche Ergebnisse als Augenzahlen des Würfels — je nach Gegner treten einige nur bei kritischem Erfolg oder Fehlschlag auf.
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Offline ArneBab

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #44 am: 10.10.2020 | 02:03 »
Vielleicht interessant in diesem Kontext: ich habe gerade mal ein wenig rumgesucht und bin unter anderem auf diesen Artikel zu einer Studie über die Wahrnehmung bzw. Beschreibung von Erfolgswahrscheinlichkeiten gestoßen: Human perception of probability (LinkedIn).

Anscheinend hat sich auch nochmal jemand auf Reddit die Mühe gemacht, das zu replizieren. Die passende Grafik listet auch eine Reihe von äquivalenten Begriffen:
https://media-exp1.licdn.com/dms/image/C4D12AQEwD1BcZ84lpQ/article-inline_image-shrink_1000_1488/0?e=1607558400&v=beta&t=READgSG8L4FEoADtUrXmhNQJm331qbRTcYQHVjklZXE
Sehr cool! (Bild wird bei mir übrigens nicht angezeigt, daher ist im zitierten nur der Link)

Ich habe oben bei Risikokommunikation auch ein paar neuere Ergebnisse dazu verlinkt:

Bei Risikokommunikation:
https://www.regulation.org.uk/library/2017-Spiegelhalter-Risk_and_Uncertainty_Communication.pdf
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2019.5520
https://www.fda.gov/media/81597/download
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Offline ArneBab

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #45 am: 10.10.2020 | 02:12 »
1. Almost Certain: 93%±6%
2. Probable: 75%±12%
3. Chances About Even: 50%±10%
4. Probably Not: 30%±10%
5. Almost Certainly Not: 7%±5%

Anscheinend hat sich auch nochmal jemand auf Reddit die Mühe gemacht, das zu replizieren. Die passende Grafik listet auch eine Reihe von äquivalenten Begriffen:
https://media-exp1.licdn.com/dms/image/C4D12AQEwD1BcZ84lpQ/article-inline_image-shrink_1000_1488/0?e=1607558400&v=beta&t=READgSG8L4FEoADtUrXmhNQJm331qbRTcYQHVjklZXE
Was ich im Bild krass finde:

- Probably: Median 75%, aber von 45% bis 90%
- We Believe: Median 70%, aber von 45% bis 100%
- We Doubt: Median 25%, aber von ~3% bis 60%.
- Improbable: Median 15%, aber von 0% bis 50%

Die am besten definierten Werte dabei sind immernoch:

- Almost no chance: Unter 10%
- Chances are slight: 5% bis 20%
- About even: 50%
- Better than even: 50% bis 70%
- Very good chance: 60% bis 90%
- Almost certainly: 80% bis 100%

Wobei es schon arg ist, dass "almost certainly" bis auf 80% runtergeht.

„Das schaffst du fast sicher!“ — „ah, ich schaffe es also bei 4 von 5 Versuchen“.
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Offline Feuersänger

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #46 am: 10.10.2020 | 02:59 »
Mein persönliches Wahrscheinlichkeits-Empfinden passt ziemlich gut mit denen dieser Studie zusammen.
Im Spiel heisst das für mich, solange eine Entscheidung sich im Münzwurfbereich aufhält (40-60%), will ich lieber nicht so viel von ihr abhängig machen. Wenn mehr an der Probe hängt, will ich die Wahrscheinlichkeiten erst zu meinen Gunsten drehe, ehe ich den Wurf versuche. So ca 80%+ sind dabei eine gute Vorgabe. In den absoluten Kernkompetenzen meines Charakters möchte ich auch durchaus so nah wie möglich an 100% rankommen, wie es das System eben zulässt.

Passt die Wahrscheinlichkeitsverteilung auf die üblichen Startwerte?

Bei einem Mittelwert von 11,5 sind Erfolgswahrscheinlichkeiten von Werten darunter schnell sehr schlecht.

Ja lass uns das mal betrachten.
Ein guter Startwert für den Angriff zB ist auf Level 1 ein +5. Ein Lowlevel-Gegner hat eine AC von je nachdem etwa 12 bis 17, muss also 7 bis 12 dafür würfeln.
Und siehe: bis zum Wert von genau 12 hat man mit 2d6+1d8 immer eine bessere Chance als mit 1d20.
Vor allem leichte Würfe werden noch leichter: muss ich etwa eine 7 würfeln, habe ich mit 1d20 logischerweise 30% Risiko, in den Sack zu hauen. Mit den Glockenwürfeln hingegen nur 7% (mit 3d6 wären es 10%).

Ab MW 13 aufwärts hingegen wendet sich das Blatt zuungunsten des Würflers. Wer bspw eine 16 würfeln muss, hat mit 1d20 immerhin noch eine 1 in 4 Chance. Mit den Glockenwürfeln hingegen nur noch 1 in 8. Es wird also noch viel lohnender wichtiger als ohnehin schon, möglichst wenig dem Zufall zu überlassen und seine eigenen Werte in entsprechende Höhen zu schrauben.

Genauso schaut es freilich auch bei den passiven Werten aus, d.h. die, gegen die der Gegner würfelt. Okay, zu Spielbeginn haben die idR auch nicht viel auf dem Kasten, und treffen bei D20 eigentlich schon seltener als in 50% der Fälle. Das heisst also auch hier wieder, dass _normalerweise_ die Spieler jetzt bessere Karten haben dürften. Auf Level 1 sind die AC der SC ja so etwa bei 17-20 (ich rede freilich von 3E; Gegner haben ihrerseits meist Angriffsboni von +3/+4.

Mit steigenden Leveln ändert sich freilich sehr viel, und es kommt wahnsinnig drauf an, wie sehr man seine Werte optimiert. Wie gesagt, mit Glockenwürfeln wird es da nochmal wichtiger, dass man die Erfolgschancen des Gegners unter 50% drückt, weil sie sonst sehr schnell in Richtung 90% rattern.

Zitat
Meine prägendsten Erinnerungen an DnD sind immernoch, wie wir zu viert um einen Goblin standen und ihn über Runden hinweg nicht treffen konnten.

Das ist freilich bitter. xD
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Offline flaschengeist

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #47 am: 10.10.2020 | 07:56 »
Vielleicht interessant in diesem Kontext: ich habe gerade mal ein wenig rumgesucht und bin unter anderem auf diesen Artikel zu einer Studie über die Wahrnehmung bzw. Beschreibung von Erfolgswahrscheinlichkeiten gestoßen: Human perception of probability (LinkedIn).

Die Studie selber ist angeblich älter (von 1964). Sie schlägt eine Aufteilung in 5 Bereiche vor:

1. Almost Certain: 93%±6%
2. Probable: 75%±12%
3. Chances About Even: 50%±10%
4. Probably Not: 30%±10%
5. Almost Certainly Not: 7%±5%

Anscheinend hat sich auch nochmal jemand auf Reddit die Mühe gemacht, das zu replizieren. Die passende Grafik listet auch eine Reihe von äquivalenten Begriffen:


Sehr schöner Fund  :d
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Alexander Kalinowski

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #48 am: 10.10.2020 | 09:48 »
Klasse Beitrag, schneeland. :)
1. Beobachtung: Die Sprünge zwischen den Untergrenzen der jeweiligen Kategorien scheinen, so denn vorhanden, so um die 10% zu liegen, was sich ja mit unseren Einschätzungen auch ungefähr decken würde.
2. Beobachtung: Ich nehme auf beiden Seiten des Spektrums jenseits der 50% drei Oberkategorien (Cluster) war.



Diese sind aber nicht symmetrisch. Das hängt auch damit zusammen, dass einige der abgebildeten Kategorien z.T. semantisch eng verwandt bis fast synonym sind. Das führt dann dazu, dass 'Probably Not' direkt unter 50% angesiedelt ist, 'Probably' aber viel höher.

Ich würde die Oberkategorien wie folgt identifizieren (von unwahrscheinlich bis wahrscheinlich):
- "Das wird nicht funktionieren"
- *"Das wird wohl nicht funktionieren"
- "Das könnte schiefgehen"
- "Auf des Messers Schneide, Münzwurf halt"
- "Das könnte klappen"
- *"Das wird schon klappen"
- "Das klappt fast sicher, ist mehr oder minder eine Formalität"

*Ich glaube, dass "Das wird wohl nicht funktionieren" und "Das wird schon klappen" das jeweils breiteste Spektrum abbilden. Hier könnte ein +15 oder -15 Modifikator uU gar nicht aus der Oberkategorie herausführen. Bei 50-50 und den beiden Rändern hingegen ziemlich sicher schon.
Den größten Unterschied mMn macht ein +15% Bonus zwischen ca. 43% und 58%, weil man dabei nicht nur die Kategorie "Das könnte schiefgehen" verlässt, sondern eine ganze Kategorie ("50-50") wohlmöglich überspringt.
Wohlgemerkt, wir reden hier über Spielerpsychologie, die Einstellung VOR einer Probe mit dem Bewusstsein der exakten Erfolgswahrscheinlichkeit. Wenn der Spieler diese nur schätzen kann (wie zB bei Shadowrun 1E/2E mit 7 Würfeln gegen Mindestwert 9), dann wird's nochmal schwammiger.

Hochinteressant!
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KotBL spielt auf Ilethra, einer Welt in der es keine guten Götter gibt.

Offline Colgrevance

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Re: Granularität von Wüfelsystemen (insbes. des W100)
« Antwort #49 am: 10.10.2020 | 11:40 »
Sehr spannende Diskussion - m. E. sollte sich jeder Spieledesigner mal mit diesen Fragen beschäftigen.  :headbang:

In diesem Kontext finde ich auch noch relevant, dass Verlusten (hier also: Misserfolgen bei Proben) psychologisch "mehr Wert" zugewiesen wird als Gewinnen (Erfolgen) und daher die Erwartungs-mal-Wert-Kurve asymmetrisch ist:



Das erklärt evtl. die Verteilung in der von schneeland verlinkten Grafik: "probably" liegt größtenteils zwischen 70 und 80%, "probably not" zwischen 30 und 40%- also deutlich näher am "Nullpunkt" 50%.

edit: Ich gehe dabei davon aus, dass Menschen bei den subjektiven verbalen Urteilen "probably" etc. nicht nur reine Wahrscheinlichkeiten, sondern eben auch die Wertigkeit von Verlust/Gewinn einbeziehen.
« Letzte Änderung: 10.10.2020 | 11:44 von Colgrevance »