Autor Thema: Rulings vs Rules  (Gelesen 2751 mal)

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Offline Zed

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Rulings vs Rules
« am: 18.04.2024 | 10:23 »
Inmitten der Spielsitzung: Ein Problem/eine ungeklärte Regelfrage taucht auf. Nach entweder langen Recherchen in den Regelbüchern oder schnell aus der Erinnerung wird klar, dass die Regeln für eine Lösung keine Unterstützung anbieten. Also muss die SL eine Entscheidung treffen. Es wird wohl kein System geben, dessen „Rules“ alles abdeckt - das also völlig ohne „Rulings“ auskommt.

<Edit, da öfter gefragt wird, was Rulings genau sind: "Rulings sind zu treffende Regelentscheidungen für aufgekommene Regelfragen, die das System nicht oder nur unzureichend beantwortet." Und eine ausführliche Unterscheidung von "Hausregeln" und "Rulings" hat Jiba verfasst.>

Der Nachteil von Systemen, die den Anspruch haben, für alle Eventualitäten eine Regel vorzuweisen: Sie sind potentiell sehr umfangreich und wahrscheinlich auch kompliziert. Das berührt die Frage, welche Systeme als regelleicht/mittelschwer und schwer gelten.

Systeme, die auch bei Regelfragen auf Kooperation setzen, mal außen vorgelassen: Der Nachteil von Systemen, die darauf setzen, dass die SL vieles handgewedelt regelt, ist, dass sie der SL eine sehr autoritäre Rolle zuweisen, und wenn sie oder die Gruppe das nicht möchten oder akzeptieren, sind endlose Diskussionen vorprogrammiert. Das berührt die Frage, welche Rolle eine SL haben sollte.

War oder ist Dir egal, was das Spielsystem wie regelt, weil Du mit den Rulings Deiner Spielleitung sowieso immer einverstanden bist? Oder ist es Dir wichtig, dass das System Regeln für die wichtigsten Situationen anbietet und damit die Rulings der SL in den allermeisten Fällen überflüssig macht (dann gerne das System nennen)?

I’ll go first: Mein Anspruch an ein System ist, dass es klare Regeln für die meisten Spielsituationen anbietet, ich denke da insbesondere an Kampfmanöver, Skills und Zauber. Rulings sollen nur im Notfall getroffen werden müssen.

In meiner Praxis findet das Nachschlagen in Regelbüchern trotzdem nur phaseweise statt, da wir von etwa 7 Spielsessions vielleicht 3 mit Kämpfen verbringen (in denen wir wirklich häufig über den DnD 3.5-Büchern hängen) und 4 mit Planungen und Diplomatie (die wir ausspielen, nicht auswürfeln). Dadurch fühlt es sich für uns unterm Strich aber nicht so an, als würden wir beim Spielen ständig in den Regeln nachschlagen.
« Letzte Änderung: 19.04.2024 | 10:51 von Zed »

Offline aikar

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #1 am: 18.04.2024 | 10:30 »
I’ll go first: Mein Anspruch an ein System ist, dass es klare Regeln für die meisten Spielsituationen anbietet, ich denke da insbesondere an Kampfmanöver, Skills und Zauber. Rulings sollen nur im Notfall getroffen werden müssen.
Ja, geht mir genauso. Aber.
Diese klaren Regeln können für meinen Geschmack auch sehr generisch/oberflächlich sein. Mir reicht eine Fertigkeit Wildnisleben/Überleben auf die ich einen Wurf durchführen kann, ich brauche keine seitenlangen Detailregeln um Jagden, das Finden von Unterschlupfen oder Spurenlesen gesondert abzubilden. Außer das Überleben in der Wildnis ist der Kernfokus des Spiels/Der Kampagne, das ist aber selten der Fall.
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Offline ghoul

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #2 am: 18.04.2024 | 10:31 »
Letzten Endes ist ein SL ja dafür da, um zu entscheiden.
Sonst bräuchtest du keinen und könntest ein CoSim spielen oder ein Brettspiel mit Questbuch.
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Zitat
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Offline Boba Fett

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #3 am: 18.04.2024 | 10:36 »
Ich möchte vor allem spielen und weder lange diskutieren noch lange Regelwerke konsultieren.
Da ich auch nur bei Spielleitern spiele, die ich als fair beurteile vertraue ich darauf, dass auch ihre Entscheidungen okay sind und Fehlentscheidungen irgendwann kompensiert werden.
Ich brauch daher kein allumfassendes Regelwerk, das für jedes Detail eine Regel hat. Trotzdem spiele ich möglichst by the book und erwarte verlässliche Regeln.
Improvisation während der Sitzung ist okay, aber danach sollte man die neuen Rulings überprüfen, ggf optimieren und dann daran festhalten.
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Offline JollyOrc

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #4 am: 18.04.2024 | 10:46 »
Es ist super, wenn ein Regelwerk Situationen gut abbildet und keine Fragen offen lässt.

Aber ich hab halt nur so viel Lust (sowohl als SL als auch als Spieler), mir Regeln anzueignen. Irgendwann ist da dann halt Schluss, und mehr Regeln und Feinheiten gehen nicht mehr mit Spaß in meinen Kopf, bzw. ich hab ggfs. keine Lust, mitten in der Situation genau die passende Tabelle aus dem Dicken Buch [tm] herauszusuchen.

Spätenstens an der Stelle finde ich dann Rulings ebenso super! :)
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Zed

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #5 am: 18.04.2024 | 10:52 »
Ich möchte vor allem spielen und weder lange diskutieren noch lange Regelwerke konsultieren.
Da ich auch nur bei Spielleitern spiele, die ich als fair beurteile vertraue ich darauf, dass auch ihre Entscheidungen okay sind und Fehlentscheidungen irgendwann kompensiert werden.
Ich brauch daher kein allumfassendes Regelwerk, das für jedes Detail eine Regel hat. Trotzdem spiele ich möglichst by the book und erwarte verlässliche Regeln.
Improvisation während der Sitzung ist okay, aber danach sollte man die neuen Rulings überprüfen, ggf optimieren und dann daran festhalten.

Neben den von Dir genannten Eigenschaften wie Reflexionsfähigkeit der SL ist auch das Verhältnis zwischen Gruppe und SL wichtig:

Ich habe in meinem Rollenspielleben intensiv mit zwei Gruppen gespielt. Die erste startete Mitte der 80er Jahren mit AD&D 1, dann 2. Wir waren Spieler zwischen 16 und 18, ich als 16jähriger übernahm die Spielleitung. Wir spielten häufig und lang, da floss viel Zeit in Diskussionen. Zum einen, weil uns viele Rulings systembedingterweise notwendig erschienen, denn blindes Vertrauen in die Regeln hatten wir nicht. Zum anderen weil ich als SL sicher nicht immer die besten Rulings traf, oder die Rulings, die ich gut traf, das eine oder andere Mal trotzdem als unfair angesehen wurden. Und ich konnte Diskussionsbedarf im Grundsatz nachvollziehen, denn ich als Spieler würde auch nicht widerspruchslos hinnehmen wollen, was die SL entscheidet.

Mit meiner zweiten Gruppe - wir spielen nun seit fast 30 Jahren - ist das Vertrauensverhältnis groß, aber meine Gruppe folgt meinen selteneren Rulings auch nicht blind. DnD 3.5 regelt zwar besser als die vorherigen Versionen, aber auch nicht alles gut, aber das Vertrauen unter uns ist groß genug, dass nicht alles in Richtung Fairness hinterfragt und ausdiskutiert werden muss.
« Letzte Änderung: 18.04.2024 | 11:02 von Zed »

Offline Feuersänger

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #6 am: 18.04.2024 | 10:53 »
Zitat
I’ll go first: Mein Anspruch an ein System ist, dass es klare Regeln für die meisten Spielsituationen anbietet, ich denke da insbesondere an Kampfmanöver, Skills und Zauber. Rulings sollen nur im Notfall getroffen werden müssen.

Ziemlich genau das.
Ich hatte es ja an anderer Stelle schonmal gesagt: für mich als Spieler ist es wichtig, dass ich Aktionen planen und Erfolgswahrscheinlichkeiten abschätzen (und optimieren) kann. Das geht aber nicht, wenn immer erst im Moment der Spieler-Ansage vom SL entschieden wird, wie das abgewickelt wird. Das hat für mich immer sowas von Mother May I oder Gänsespiel.

In der Praxis reicht es ja auch bei eher regelschweren Systemen wie 3.5 / PF, wenn pro Situation _einer_ am Tisch die Regel gerade parat hat, und das muss nicht unbedingt der SL sein. Das hat bei uns jahrelang sehr gut geklappt, sodass nur sehr selten etwas nachgeschlagen werden musste. Auf Rulings muss da nur selten zurückgefallen werden.
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Offline Zed

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #7 am: 18.04.2024 | 10:53 »
Spätenstens an der Stelle finde ich dann Rulings ebenso super! :)
Und hattest Du immer nur SLs, deren Ruling-Fähigkeiten Du Vertrauen konntest?

Offline aikar

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #8 am: 18.04.2024 | 10:55 »
Improvisation während der Sitzung ist okay, aber danach sollte man die neuen Rulings überprüfen, ggf optimieren und dann daran festhalten.
Das ist tatsächlich mein primäres Problem mit einem stark auf Rulings ausgelegten Spiel. Ich (als SL) will keine lange Liste von Hausregeln pflegen.
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Offline Zed

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #9 am: 18.04.2024 | 11:00 »
Ich hatte es ja an anderer Stelle schonmal gesagt: für mich als Spieler ist es wichtig, dass ich Aktionen planen und Erfolgswahrscheinlichkeiten abschätzen (und optimieren) kann.
Ja, der taktische Bereich des Rollenspiels ist auch für mich ein großer Teil des Spielspaßes.

(Wobei mir kürzlich klar geworden ist, dass ich als SL bei dem Verhalten meiner NPC mehr darauf achte, dass die NPCs so handeln, wie  s i e  glauben, dass sie "richtig" handeln - und das ist nicht immer optimiert. - Aber beide Ansprüche zusammen ergeben ja nur noch mehr Spielspaß.)

@aikar
Bei der Pflege der Liste habe ich zwar die Unterstützung meiner Gruppe, aber ideal ist es trotzdem nicht.

Offline aikar

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #10 am: 18.04.2024 | 11:15 »
Ich hatte es ja an anderer Stelle schonmal gesagt: für mich als Spieler ist es wichtig, dass ich Aktionen planen und Erfolgswahrscheinlichkeiten abschätzen (und optimieren) kann. Das geht aber nicht, wenn immer erst im Moment der Spieler-Ansage vom SL entschieden wird, wie das abgewickelt wird.
Die Argumentation kann ich nachvollziehen (Wobei man da relativieren muss, dass ja auch die Schwierigkeit der Aufgabe und oft die verwendete Regel von der SL ausgewählt wird, was jetzt nicht so viel anders ist). Womit ich aber im Gegensatz dazu immer ein Problem habe ist die Argumentation für komplexe/detaillierte Regeln als "Schutzmaßnahme" gegen eine willkürliche SL.
Wenn man das Gefühl hat, eine Schutzmaßnahme gegen die SL zu brauchen, sollte man meiner Meinung nach die Gruppe verlassen, weil dann passt grundsätzlich was nicht.
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Online Smoothie

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #11 am: 18.04.2024 | 11:53 »
Ziemlich genau das.
Ich hatte es ja an anderer Stelle schonmal gesagt: für mich als Spieler ist es wichtig, dass ich Aktionen planen und Erfolgswahrscheinlichkeiten abschätzen (und optimieren) kann. Das geht aber nicht, wenn immer erst im Moment der Spieler-Ansage vom SL entschieden wird, wie das abgewickelt wird. Das hat für mich immer sowas von Mother May I oder Gänsespiel.

In der Praxis reicht es ja auch bei eher regelschweren Systemen wie 3.5 / PF, wenn pro Situation _einer_ am Tisch die Regel gerade parat hat, und das muss nicht unbedingt der SL sein. Das hat bei uns jahrelang sehr gut geklappt, sodass nur sehr selten etwas nachgeschlagen werden musste. Auf Rulings muss da nur selten zurückgefallen werden.

kann ich viel mit anfangen. Bei Systemen, die extrem auf Rulings setzen fühlt es sich für mich immer wie ein einziger großer Pitch an. Ich muss meiner SL einfach die ganze Zeit verkaufen, dass das funktionieren wird/kann/muss. Extrem anstrengend.
Inzwischen bin ich geneigt zu glauben, dass an der DnD Satanic Panic in den 80ern was dran war. Allein, es waren nicht die Inhalte. Es waren die Regeln, die aus der Hölle kommen...

Offline Weltengeist

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #12 am: 18.04.2024 | 12:05 »
Ich bin als Spielleiter wie als Spieler auf der Rulings-Seite. Klar wäre es schöner, wenn das Regelwerk alles Wesentliche abdeckt (und ich mich in der Hitze des Gefechts auch noch daran erinnern könnte), aber ich bin nicht (mehr) bereit, mich mit umfangreichen Regelwerken auseinanderzusetzen oder in der Spielsitzung lange Blätter- und Diskutiereinschübe zu toliereren. Wenn jemand die regelkonforme Antwort weiß: immer her damit. Sonst gibt's halt Rulings. Nach meiner Erfahreung bewegen die sich aber meist auch im Rahmen dessen, was alle erwartet haben, sind in der Praxis also nur selten ein Problem.

Wichtig dabei (und das wurde ja oben schon angesprochen): Ein SpL, den man als fair empfindet. Wobei ich Leute, die bei anderen SpL spielen, ohnehin nicht verstehe...

Was ich dagegen verstehe, sind eher taktische Spieler wie den Feuersänger, denen Regeln für ihre Art zu spielen sehr wichtig sind. Die hätten nur in meinen Runden ohnehin wenig Spaß, von daher ist das nicht wirklich ein Problem ;).
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Offline Sashael

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #13 am: 18.04.2024 | 12:14 »
Ich hab da so zwei Beispiele in meinem SL-Leben: D&D 4 und die Slayers-Regelwerke.

Das erste System ist sehr hart verregelt und bietet für die meisten Situationen eine offizielle Abwicklung. Allerdings kann man auch viel modden und wenn ich dort Dinge on the fly entschieden habe, haben die sich fast immer gut in das bestehende Regelgerüst eingefügt, weil die Grundregeln eben sehr robust waren und deutliche Ansagen gemacht habe, mit welchem Mindset man Dinge in welcher Form verregeln kann. Wenn man den Sinn hinter den Defenses, den Keywords und dem Powerniveau pro Level verstanden hat, konnte man (ich) ohne nachschlagen einfach drauflosleiten und Unklarheiten schnell handwedeln.

Die anderen Spiele haben dagegen sehr wenige Regeln und rufen zum Ruling auf. Da haben mich diverse Entscheidungen besonders in der Anfangsphase nachher gehörig in den Ar... gebissen, weil es in den Spielen kein spielgetestetes Balancing gibt. Soll halt Spaß machen und den macht die Gruppe schon und der SL is rolling with the punches. Da tauchten immer wieder unbeabsichtigte Folgen und Nebeneffekte auf, die eine Überarbeitung eines Rulings erforderten, bis mir das irgendwann zu doof wurde und ich den Slayers Spielen den Rücken gekehrt habe.

Also ich finde:
Rulings sind toll und ich nutze sie gern, aber nur in Systemen, die mir dafür auch ein vernünftiges Fundament liefern.
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Offline felixs

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #14 am: 18.04.2024 | 12:15 »
Ich spiele nur mit Leuten, bei denen ich keine größeren Konflikte erwarte. Habe auch noch selten erlebt, dass wirklich über Regeln diskutiert wurde - und wenn, dann fand ich das meist abschreckend und unangenehm. Ich möchte nicht mit Leuten spielen, die ausgerechnet haben, dass ihre Spielfigur 10 m Fallschaden auf jeden Fall überlebt und daher einfach mal runterspringen (und darauf bestehen, dass das dann nach Regelbuch abgehandelt wird). Ich möchte mit Leuten spielen, die sich über gemeinsame Vorstellungen von Plausibilität verständigen und diese dann gemeinsam umsetzen. Regeln sind dabei eine Hilfe, aber die Verbindlichkeit ist eher vage. Im genannten Beispiel würde ich mir wünschen, dass der Spieler seine geplante Aktion vorschlägt und man sich kurz am Tisch darüber verständigt, ob das passt (in einem Superhelden-Spiel meinetwegen, in einer halbwegs realistischen Spielwelt möchte ich das nicht haben). Theoretisch könnte man das alles natürlich mit guten Regeln vorher klären und dann nach Regeln spielen. Aber weder ich, noch die meisten Leute, mit denen ich spiele, haben Lust, diese Regeln dann zu lesen, geschweige denn dass sie die Regeln dann erinnern könnten.

Insofern, kurz gesagt: "Rulings" sind völlig OK - bei Bedarf gern auch den "rules" widersprechende "rulings". Ich gehe davon aus, dass der SL seine "Macht" nicht missbraucht und dass alle am Tisch ähnliche Vorstellungen haben. Anders gesagt: Ich brauche keine Regeln, die mich vor dem SL schützen.

Was ich dagegen verstehe, sind eher taktische Spieler wie den Feuersänger, denen Regeln für ihre Art zu spielen sehr wichtig sind. Die hätten nur in meinen Runden ohnehin wenig Spaß, von daher ist das nicht wirklich ein Problem ;).

Verstehe ich auch. Bin da wieder bei der Grundsatzfrage, ob Feuersänger und Zed (nur exemplarisch) das gleiche Spiel spielen, wie ich. Vermutlich ist die Antwort nein. Rollenspiel ist halt nicht immer gleich; zumindest gibt es unterschiedliche Genres.

Bei Systemen, die extrem auf Rulings setzen fühlt es sich für mich immer wie ein einziger großer Pitch an. Ich muss meiner SL einfach die ganze Zeit verkaufen, dass das funktionieren wird/kann/muss. Extrem anstrengend.

Und an der Stelle bin ich dann ganz sicher, dass wir unterschiedliche Spiele spielen. Ich hatte noch nie das Gefühl, irgendjemandem am Tisch irgendwas schmackhaft machen zu müssen. Weder als Spieler noch als SL. Mir ist aber auch der Erfolg oder Misserfolg einer Aktion meiner Spielfigur erstmal egal. Ich möchte die Figur schlüssig darstellen. Und Misserfolge können gute Gelegenheiten dafür sein.
« Letzte Änderung: 18.04.2024 | 12:25 von felixs »
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Offline Sashael

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #15 am: 18.04.2024 | 12:39 »
Und an der Stelle bin ich dann ganz sicher, dass wir unterschiedliche Spiele spielen. Ich hatte noch nie das Gefühl, irgendjemandem am Tisch irgendwas schmackhaft machen zu müssen. Weder als Spieler noch als SL.
Ich habe schon Spieler gehabt, die haben versucht, durch stundenlanges Fragen und "Fakten klären" abzusichern, dass ihre geplante Aktion gelingt, ohne anzusagen, was für eine Aktion sie planen..
In einem Fall ging es darum, ein Feuer zu machen. Das habe ich aber erst erfahren, als der Spieler das Spiel schon 10 Minuten durch Fragen zu den existierenden Umständen aufgehalten hatte.

Keine Ahnung, durch was für einen SL der traumatisiert wurde. Ich hätte in der Situation gesagt "Okay, du machst ein Feuer", wenn er einfach gefragt hätte, ob das möglich sei.
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Offline felixs

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #16 am: 18.04.2024 | 12:49 »
Ich habe schon Spieler gehabt, die haben versucht, durch stundenlanges Fragen und "Fakten klären" abzusichern, dass ihre geplante Aktion gelingt, ohne anzusagen, was für eine Aktion sie planen..
In einem Fall ging es darum, ein Feuer zu machen. Das habe ich aber erst erfahren, als der Spieler das Spiel schon 10 Minuten durch Fragen zu den existierenden Umständen aufgehalten hatte.

Keine Ahnung, durch was für einen SL der traumatisiert wurde. Ich hätte in der Situation gesagt "Okay, du machst ein Feuer", wenn er einfach gefragt hätte, ob das möglich sei.

Ja, komisch sowas.

Ich finde es übrigens als SL unangenehm, wenn Spieler Details erfragen, ohne zu erklären, warum sie das wissen wollen. Erstens kann ich dann nämlich nicht dabei helfen, die möglichen Informationen nach Relevanz zu filtern (Wie beispielsweise beim Feuermachen - kann ich ja nur teilweise wissen, wenn der Spieler sich vergewissert, ob trockenes Reisig auf dem Boden liegt). Zweitens finde ich es unangenehm, wenn ich als SL damit auf irgendwas festgelegt werden soll ("da ist trockenes Reisig, also muss Spurenlesen ganz einfach sein" oder "Da ist trockenes Reisig, wir hören also auf jeden Fall, wenn sich jemand nähert"). Es ist OK und gut, wenn die Spieler die Spielwelt nutzen - aber das möge dann doch bitte auch so kommuniziert werden ("Ich schaue, ob trockenes Reisig auf dem Boden liegt und ob uns das warnen würde, wenn jemand kommt" oder "Ich suche trockenes Reisig für ein Feuer". Das sind unterschiedliche Dinge und sie bedingen sich auch nicht gegenseitig). Es macht dem SL die Arbeit schwer, wenn er mit irgendwelchen Dingen überrascht wird, die er angeblich so gesagt hat, woraus ja folgern müsse... etc.
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Offline Runenstahl

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #17 am: 18.04.2024 | 12:53 »
Ich sehe zwischen Rules und Rulings kein "vs". Rules und Rulings haben beide ihren Platz. Meine Meinung: Wenn das System zu einer Situation Regeln bietet (und jemand die parat hat) möchte ich das diese auch genutzt werden. In allen anderen Fällen darf der SL dann gerne entscheiden was passiert. Gute SL sprechen das auch (kurz) mit der Gruppe durch oder fragen in die Runde "Hat jemand eine Idee wie wir das geschickt regeln könnten ?" bevor er dann entscheidet wie die Situation gelöst wird.

Was mMn gar nicht geht sind SL die aus dem Bauch heraus Entscheidungen treffen die sich mit den Regeln beissen. Wenn der Magier versucht während einer Audienz heimlich einen Zauber zu wirken und die SL ihm das einfach ohne einen Wurf erlaubt kann das zu Unmut führen wenn es dafür Regeln gibt und ein anderer Charakter in der Gruppe extra für solche Fälle Charakterbau-Ressourcen aufgewandt hat um sowas zu können. Da fühlt sich der 2. Charakter dann (mMn zu Recht) verarscht. Das soll nicht heißen das man sklavisch an den Regeln kleben muß. Um beim Beispiel zu bleiben: Der SL kann ja durchaus "rulen" das der Magier trotzdem versuchen kann heimlich zu zaubern, insbesondere wenn er vielleicht gut beschreiben kann wie ihm dies vielleicht unbemerkt gelingt, aber seine Erfolgschance sollte dann deutlich geringer sein als die des Charakters der dafür die passenden Talente hat. Damit das im Spiel gut läuft ist allerdings ein gutes Grundlagenwissen der Regeln seitens der SL nötig.
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Offline aikar

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #18 am: 18.04.2024 | 13:02 »
Ich habe schon Spieler gehabt, die haben versucht, durch stundenlanges Fragen und "Fakten klären" abzusichern, dass ihre geplante Aktion gelingt, ohne anzusagen, was für eine Aktion sie planen..
In einem Fall ging es darum, ein Feuer zu machen. Das habe ich aber erst erfahren, als der Spieler das Spiel schon 10 Minuten durch Fragen zu den existierenden Umständen aufgehalten hatte.
Klingt für mich irgendwie wie das Raum-auf-Fallen-und-geheime-Türen-Abklopfen in OSR-Spielen.
Wertfrei. Kann eine interessante Art zu spielen sein, aber wenn die SL das gar nicht erwartet sondern auf der "Sag mir was du willst und evtl. würfelst du mal oder evtl. klappt es einfach"-Schiene ist, wird es da zu Diskrepanzen kommen.
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Offline JollyOrc

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #19 am: 18.04.2024 | 13:07 »
Und hattest Du immer nur SLs, deren Ruling-Fähigkeiten Du Vertrauen konntest?

Ich hab mich schon mitunter hinterher über die eine odere andere Regelung beschwert, bzw. darauf hingewiesen, dass es doch eine tatsächlich Regel gibt.

Während des Spiels allerdings nur letzteres, über Rulings diskutiere ich aber nur hinterher in der Nachschau.

Mit "den Fähigkeiten vertrauen" hat das übrigens recht wenig zu tun, mehr mit Respekt und dem Bedürfnis nach flüssigem Spiel. Wenn mir das dann im Ergebnis zu sehr nicht gefällt, kann ich ja immer gehen, bzw. muss nicht wiederkommen.
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Offline Tudor the Traveller

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #20 am: 18.04.2024 | 14:10 »
Für mich gibt es keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Rulings und Rules. Rulings sind Rules, die nicht im Regelbuch stehen, also im Prinzip Hausregeln. Es sei denn, sie wären auch NACH dem Ruling unverbindlich. Das lehne ich ab, also heute so und morgen anders.

Aber da ich auch verstehe, wie es gemeint ist: ich möchte die Regeln bitte VOR dem Spiel kennen. Vor allem keine Überraschungen wie unangekündigte "in meiner Welt gilt das nicht bzw. ganz anders" Rulings. Mir ist völlig klar, dass Regeln umso schwieriger zu handhaben sind, je kleinteiliger und komplexer sie sind. Da muss man zwangsläufig eine Balance finden. Ich finde es aber auch oft interessant, wenn Details einen Unterschied machen. Das heißt, der Abstraktionsgrad der Regeln spielt eine große Rolle.

Ich brauche aber auch keine Regeln, die alles in Minischritte zerlegen wie z B. bei DSA. Aktuell ist PF2 für mich auf der guten Seite der Grenze. Noch kleinteiliger wäre mir zuviel  :)
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Offline JollyOrc

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #21 am: 18.04.2024 | 14:14 »
Aber da ich auch verstehe, wie es gemeint ist: ich möchte die Regeln bitte VOR dem Spiel kennen. Vor allem keine Überraschungen wie unangekündigte "in meiner Welt gilt das nicht bzw. ganz anders" Rulings.

Für mich sind Rulings das, was man gerade nicht in den geschriebenen Regeln findet, bzw. das was da gar nicht steht, und deshalb "handgewedelt" bzw. spontan beschlossen wird.
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Offline felixs

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #22 am: 18.04.2024 | 14:15 »
Klingt für mich irgendwie wie das Raum-auf-Fallen-und-geheime-Türen-Abklopfen in OSR-Spielen.
Wertfrei. Kann eine interessante Art zu spielen sein, aber wenn die SL das gar nicht erwartet sondern auf der "Sag mir was du willst und evtl. würfelst du mal oder evtl. klappt es einfach"-Schiene ist, wird es da zu Diskrepanzen kommen.

Ich bin nicht sicher, ob OSR wirklich so gespielt wird. Wobei ich nicht in Abrede stellen will, dass es diese Art des Spiels gibt.

Exzessive Umstandskrämerei kenne ich aber durchaus auch aus DSA-Runden. Übrigens ohne böse Absicht des SL oder der Spieler, sondern eher als Versuch, "richtig" zu spielen.

Auf jeden Fall stimme ich voll zu, dass es darauf ankommt, dass man gegenseitig versteht, was das Gegenüber eigentlich bezweckt. Das spart viel Zeit und Nerven.

Für mich sind Rulings das, was man gerade nicht in den geschriebenen Regeln findet, bzw. das was da gar nicht steht, und deshalb "handgewedelt" bzw. spontan beschlossen wird.

Das wird Tudor auch gemeint haben (..."NACH dem Ruling"...).
Der entscheidende Punkt dürfte sein, ob "Rulings" in einen festen (Haus-)Regelkanon eingehen, oder ob man später anders entscheiden kann.
Ich würde da nach dem Gedächtnis gehen - wenn sich jemand erinnert, wie letztes mal entschieden wurde (und wenn niemand das so blöd fand, dass es diesmal aber anders gemacht werden sollte), dannn kann man es gern wieder so machen. Wenn es zwischendurch vergessen wurde, wäre es mir auch egal.
« Letzte Änderung: 18.04.2024 | 14:19 von felixs »
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Offline Zed

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #23 am: 18.04.2024 | 14:19 »
Das sind noch zwei wichtige Aspekte, die ich bislang noch nicht auf dem Schirm hatte (Hervorhebung durch mich):

Bei Systemen, die extrem auf Rulings setzen fühlt es sich für mich immer wie ein einziger großer Pitch an. Ich muss meiner SL einfach die ganze Zeit verkaufen, dass das funktionieren wird/kann/muss. Extrem anstrengend.

Rulings sind toll und ich nutze sie gern, aber nur in Systemen, die mir dafür auch ein vernünftiges Fundament liefern.

Offline Mouncy

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #24 am: 18.04.2024 | 14:46 »
Ganz ohne Rulings gehts nicht. Was auf alle Fälle hilft, ist wenn das System der Wahl nicht über hunderte Ausnahmen und Subsysteme verfügt, sondern durchgängig einheitliche Grundmechanismen verwendet. Damit lassen sich dann viel leichter aus dem Bestand der Rules entsprechende Rulings extrapolieren.