Autor Thema: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."  (Gelesen 659 mal)

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Offline Grubentroll

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Der Titel ist eher scherzhaft, weil ich eh schon etwas länger damit abgeschlossen habe dass mein "Kopfkino" Grey Box FR schon lange nicht mehr existiert.

Hab nen 13 Jahre alten Sohn der in einer anderen Stadt wohnt, und mich alle paar Monate besucht. Er spielt gerne Computerrollenspiele, und seitdem er den Film gesehen hat, ist er irgendwie auch Fan von Dungeons und Dragons, schaffts aber anscheinend noch nicht ganz seine Freunde zu nötigen das mal zu spielen mit ihm. (Weil wohl keiner Spielleiten mag von denen)

Jetzt hatte er letzte Woche als er mal wieder da war so ein Buch dabei über die FR. Das Buch hieß, "Wie man sich nicht vom Eulenbär fressen lässt". Und das war so lustig quietschbunt, und so unfassbar entfernt von dem was ich als FR im Kopf habe welches ich Ende der 80er als Kampagne ein paar Jahre bierernst geleitet habe, dass ich doch schmunzeln musste.

Und dann musste ich etwas drüber nachdenken, wie irre sich das Setting verändert hat seit damals. Vom ganzen Ton her, der Anmutung, den einzelnen Fraktionen und was die mittlerweile anscheinend alle so machen.

Kennt ihr noch andere Rollenspielsettings die so einen großen Wandel hinter sich haben?
Sehe nur ich das so dramatisch bei den FR?
Seht ihr das eher als gut oder schlecht an, wenn ein Setting sich dauernd neu erfindet?

Offline Streunendes Monster

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #1 am: Heute um 14:23 »
Es ist noch mehr mein D&D.
Es ist nicht mehr (mein) TSR.
Gary ist nicht mehr.
Alles unterliegt einem zu (!) kapitalistischen Wandel.
Dark Sun ist nicht mehr meines.
Ravenloft auch nicht.

Wir sind alt und halten an den guten alten Zeiten fest.
Damals waren die Berge auch noch viel höher und früher war sowieso alles viel früher.

Aber ja, ich fühle das auch.
footprint on the sands of time

Offline Taktikus

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #2 am: Heute um 14:24 »
Neuerfindung? Kommt drauf an. Wenn es nur dem erneuten Absatz dient eher nicht. Es gibt aber immer unterschiedliche Blickwinkel auf die selbe Sache. So gesehen finde ich es gut. Quietschbunt kann auch Spass machen, auch mit 61.
Veni, Vidi, Vomiti

Ich kam, ich sah, ich übergab mich

Offline felixs

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #3 am: Heute um 14:33 »
Die meisten Rollenspiele haben entweder eine große Veränderung über die Zeit (DSA z.B. auch, Midgard in etwas geringerem Ausmaß) oder haben mehrere, parallel existierende Interpretationen von Genre und/oder Spielwelt (Cthulhu, Midgard).

Grundsätzlich hängt die Gefälligkeit der Entwicklung davon ab, was ich lieber mag. Bei DSA mochte ich den Stand auf DSA 3 gern. Die Sachen davor sind mir teilweise zu abgefahren, die Sachen ab DSA 4 sind mir zu neuzeitlich, auch teilweise zu idiosynkratisch. Bei Midgard und Cthulhu hängt es für mich an der Interpretation. "Amerikanisches" ("pulpiges") Cthuhlhu mag ich überhaupt nicht, die deutsche Interpretation gefällt mir (es gibt amerikanische Sachen, die in die "deutsche" Richtung gehen - der wohlwollende Leser versteht mich). Bei Midgard mag ich z.B. die Quellenbücher zu Alba und Moravod, Abenteuer von Gerd Hupperich muss ich meist stark abändern, weil mir viele Sachen nicht gefallen.

Bei den Forgotten Realms fand ich die alte Version schöner.
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Offline nobody@home

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #4 am: Heute um 14:41 »
In Anbetracht all der Zeitsprünge und Umbrüche, die das Setting seit seinem Ersterscheinungsdatum so durchlebt hat, beschleicht mich unwillkürlich ein bißchen der Vergleich zu einem Franzosen aus der Zeit von Napoleon, der "sein" Europa in der EU von heute wohl auch kaum wiedererkennen würde -- in gewisser Hinsicht mag die kanonische Entwicklung der Realms da also schlicht um einiges realistischer sein als die von mit langer Vorgeschichte angelegten Spielwelten, in denen sich über Jahrhunderte und -tausende kaum jemals etwas tut. :)

Grundsätzlich kann man aber natürlich auch heute noch in jeder Epoche Faerûns spielen, für die man Material, genauere Kenntnisse, oder sogar "nur" schlicht die Fantasie zum Ausfüllen von Lücken hat. So stark und omnipräsent ist die Rollenspielpolizei denn doch (noch) nicht aufgestellt, daß die Küstenzauberer sie jedem gleich auf den Hals hetzen könnten, sobald ihnen wer steckt, daß da jemand ihr offizielles Setting "ohne Erlaubnis völlig falsch" spielt... 8]

Offline schneeland

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #5 am: Heute um 14:53 »
Kennt ihr noch andere Rollenspielsettings die so einen großen Wandel hinter sich haben?
Sehe nur ich das so dramatisch bei den FR?
Seht ihr das eher als gut oder schlecht an, wenn ein Setting sich dauernd neu erfindet?

Die Sechste Welt bei Shadowrun hat auch einen ziemlichen Wandeln hinter sich. Und hier wie dort gibt es für mich den Punkt, wo ich sage: das holt mich irgendwie nicht mehr richtig ab (Shadowrun: Jahr des Kometen/SURGE, Vergessene Reiche: Jahr des Blauen Feuers/Zauberpest).
Es gibt da m.E. auch kein objektives Gut oder Schlecht, sondern eher Abwägungen. Ändert sich ein Setting zu wenig, läuft es Gefahr, statisch und angestaubt zu wirken, den Zeitgeist zu verpassen und keine/kaum noch Neuspieler zu gewinnen. Ändert es sich zu viel, geht evtl. das Gefühl von Kontinuität verloren und das Setting riskiert, seine Identität und damit auch (manche) Altspieler zu verlieren.
Bei den angesprochenen Settings fiel die Entscheidung offensichtlich eher zugunsten der Neuspieler aus. Es ist da vermutlich auch kein Zufall, dass ich die Settings genau in der Form mag, in denen ich sie in den 90er- und 00er-Jahren erlebt habe. Dass sich das Rad nun weitergedreht hat, ist natürlich für mich persönlich schade. Aber die Leute, die heute 15-25 sind, sind vermutlich froh darum, weil das Produkt so wesentlich besser zu ihren Präferenzen passt als die Version von vor 20 Jahren.
« Letzte Änderung: Heute um 14:57 von schneeland »
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Online Andropinis

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #6 am: Heute um 14:59 »
Tiefgreifende Änderungen bei FR sind ja nicht neu. Zur D&D 4e wurde da auch schon ziemlich umgestaltet mit Spellplague und dem Second Sundering, dann kam noch eine Flut und die Karte von Toril sah danach ganz anders aus. Das ist ja auch schon 15 Jahre oder so her.

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George R.R. Martin

Offline Grubentroll

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #7 am: Heute um 15:10 »
Bei den angesprochenen Settings fiel die Entscheidung offensichtlich eher zugunsten der Neuspieler aus. Es ist da vermutlich auch kein Zufall, dass ich die Settings genau in der Form mag, in denen ich sie in den 90er- und 00er-Jahren erlebt habe. Dass sich das Rad nun weitergedreht hat, ist natürlich für mich persönlich schade. Aber die Leute, die heute 15-25 sind, sind vermutlich froh darum, weil das Produkt so wesentlich besser zu ihren Präferenzen passt als die Version von vor 20 Jahren.
Ich sag ja auch immer, die Kinder von heute müssen da ihre eigenen Dinge finden. Zb bei Musik. Dass meine Söhne wahrscheinlich nicht auf Punkkonzerte gehen werden wie ich früher finde ich schon okay.

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Offline Quaint

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #8 am: Heute um 15:11 »
Na ich würd eher sagen mein Headcanon ist nicht deckungsgleich mit offiziellem Material. Ein gewisser Austausch bzw. das selektiv neue Ideen angenommen werden kann es ja trotzdem geben.
Es gibt aber so paar Sachen, die ich wirklich nicht in meinen FR haben möchte. Das ging schon mit DnD 4e los sehr stark. Aber auch paar neuere Entwicklungen sind so bissle nicht meins.
Das geht mir aber auch mit anderen Spielwelten so, dass ich nicht alles 1 zu 1 übernehme, vor allem wenn es später dazu kommt.

Aber auch in altem Material gibt es immer wieder Dinge, die ich so nicht an meinen Spieltisch bringen würde.
Besucht meine Spielkiste - Allerlei buntes RPG Material, eigene Systeme (Q-Sys, FAF) und vieles mehr
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Offline felixs

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #9 am: Heute um 15:23 »
Nebenanmerkung: Finde schon, dass man "Präferenzen" kritisch unter die Lupe nehmen darf. Die fallen ja nicht vom Himmel. Teilweise gibt es ja sogar umgangreiche Erklärungen und Diskussionen dazu. Dazu darf man eine Meinung haben, entweder subjektiv aus dem Bauch oder objektiv begründet, oder beides. Will sagen: Andersartiges muss nicht gleichwertig nebeneinander stehen.
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Offline nobody@home

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #10 am: Heute um 15:25 »
Letztendlich, denke ich, ist das einfach das vertraute Metaplotproblem in alten Schläuchen: wieviel "offizielle" Veränderung will ich wie weit mitmachen, und wie schnell gerate ich ins Abseits, wenn ich das nicht "ausreichend" tue?

Mit ein Grund, aus dem ich seinerzeit die Known-World-Gazetteers so mochte, war denn ja auch, daß sie alle den Status Quo verschiedener Gegenden Mystaras zu ganz offiziell demselben Zeitpunkt beschrieben haben und die Weiterentwicklung der durchaus vorhandenen Potentiale und Spannungen den individuellen Kampagnen überließen, ohne sich groß in höchstverbindlichen Vorgaben für die Zukunft zu verlieren. In den Realms war damit spätestens Anno Avatar-Krise Schluß.

Offline Nachtfrost

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #11 am: Heute um 15:57 »

Dark Sun ist nicht mehr meines.


Ftfy.

Am härtesten ist für mich die Entwicklung bei Shadowrun. Natürlich ist ein Near-Future-Setting in der Gefahr von der aktuellen Entwicklung überholt zu werden und ich verstehe warum die Entwicklung der Hintergrundwelt weiterging und mit jeder neuen Edition die Jahreszahl nach oben korrigiert wurde.
Aber als Spieler der 2.01E fremdele ich extrem mit der Wireless Tech und der AR, Otakus und dem ganzen neumodischen Kram  :korvin:
Für mich bleibt Cyberpunk immer wie die Illus aus den Regelwerken der 90er: Neon, Kabel von der Smartwaffe zur Buchse am Handgelenk und Decker eingestöpselt am Terminal. Eine Extrapolierung der 80er in die Zukunft...
Ich kann die Gedanken hinter den Regeln ja durchaus verstehen. Dämonen sollen schliesslich schreckliche und furchteinflößende Wesen sein. Daher müssen auch die entsprechenden Regeln grauenvoll sein.

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Offline Johann

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #12 am: Heute um 17:11 »
Für mich bleibt Cyberpunk immer wie die Illus aus den Regelwerken der 90er: Neon, Kabel von der Smartwaffe zur Buchse am Handgelenk und Decker eingestöpselt am Terminal. Eine Extrapolierung der 80er in die Zukunft...

Das ist für mich genauso. Ich habe mir letztes Jahr Cyberpunk 2020 schenken lassen, denn das will ich tatsächlich spielen.  8) Es ist dann halt Retro-Science Fiction (aber das liegt ja durchaus im Trend -- siehe den neuen Fantastic Four-Film).

Nur wenn CP2020 dann heile Welt ist im Vergleich zu heute, dann wird es schräg... :-\
Im Reich der Nibelungen ist eine Spielwelt mit eigenwilligen magischen Gesetzen für Swords & Wizardry Continual Light. Mehr dazu bei Blogger und DriveThruRPG (dank Fans auch auf Französisch & Englisch).
Mein neues Projekt: Verschollen im Archiv des KfK für Electric Bastionland

Online fivebucks

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #13 am: Heute um 17:42 »
In Exalted haben sie ein paar Kontinente hinzugefügt. Das sieht auf der Karte auch ganz stimmig aus.

Derzeit denke ich über ein eigenes System im Aventurien der allerersten, schwarzen Boox nach. Vor dem Abenteuer Ausbau Spiel; ohne Götter, ohne Weltkarte, aber mit allem was für mich die damalige Stimmung anspielt.

Offline Megavolt

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #14 am: Heute um 17:45 »
Ich fühle das genau wie du, Grubi, mir fehlt allerdings die selbst durchlebte DnD-Jugend. Daher ahne ich den Druckabfall eher, als dass ich ihn richtig konkret irgendwo festmachen könnte.

Ich empfinde das neue Players Handbook als geradezu klinisch, was den Vibe angeht. Ich sehe da eine irre Blutleere und Seelenlosigkeit, von der ich mich nur achselzuckend abwenden kann. Da ist kein Abenteuer, keine Weirdness, nicht Gefährliches, nichts Fernes, nichts Romantisches, absolut nichts, was mich reizt oder was mich als Jugendlicher gereizt hätte. Es ist stattdessen McDonalds, das Rollenspiel.

Aber hey, jeder wie er mag.

Online Weltengeist

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #15 am: Heute um 17:51 »
Ist nur seltsam, wenn "Das Ding" noch gleich heißt, aber irgendwie was ganz anderes ist.

Damit bringt der Grubentroll mein Hauptproblem auf den Punkt. Ich bin ja gar nicht gegen was Neues. Ich bin nur dagegen, dass man sich nichts wirklich Neues einfallen lässt, sondern lieber etwas, was andere Leute so mochten, wie es war, "kreativ kaputtmacht".

Ich mochte Aventurien vor der G7 lieber. Ich habe immer irgendwie dem Zauber der ursprünglichen Myranor-Box hinterhergetrauert. Ich fremdele mit dem neuen Fading Suns. Ich ziehe das alte Iron Kingdoms seinen Hochglanz-Nachfolgern vor. Und ich glaube auch nicht, dass mich das neue Midgard kriegen wird. Heißt das nun, dass ich ein hoffnungsloser alter Sack bin, der gegen jede Veränderung ist? Ich denke nicht. Ich ziehe mir jede Menge neuer Settings rein und lasse mich davon begeistern. Aber ich mochte etwas an den alten Settings so, wie sie ursprünglich mal waren. Und was danach kam, fiel für mich meist in die Kategorie "verschlimmbessern".

Zugegeben, ich falle immer wieder darauf rein und kaufe mir neues Material zu alten Welten. Ich lasse mich von neuen, bunten Bildern locken, von der Verheißung neuen spielbaren Materials und vor allem von der Hoffnung, dass einige Bugs der alten Editionen ausgemerzt sein könnten. Dabei fällt mir spontan kaum ein Setting ein, das ich früher mochte und das mir in der Neuauflage noch besser gefallen hat...

Ich erkläre mir das wie folgt: Oft entspringt ein Setting am Anfang der künstlerischen Vision einer Person oder einer kleinen Gruppe von Personen. Und sie findet dadurch eine Zielgruppe, die vielleicht nicht riesig ist, aber genauso tickt. Ich mag das - es hat meist einen ganz eigenen Stil. Aber je mehr Leute auf Autorenseite dazukommen, je mehr Ideen und Veränderungen und neue Höhepunkte reinmüssen (und je mehr Leute es auf Kundenseite irgendwie zufriedenstellen soll), desto aufgeweichter wird die ursprüngliche Vision. Letztlich wird sich alles immer ähnlicher ("Schmeckt irgendwie wie Hühnchen"), aber dadurch eben auch beliebig. Irgendwann ist es so austauschbar wie das Zeug, das man sich jetzt neuerdings von generativen KIs erzeugen lassen kann. Dann brauchen wir eben (um jetzt mal den ehemaligen deutschen Platzhirsch als Beispiel zu nehmen) zunächst Raumschiffe und Weltentore in Aventurien, Globulen in Aventurien, Renaissance in Aventurien, Wikinger in Aventurien, Halblinge in Aventurien, Conan in Aventurien. Und irgendwann halt auch D&D in Aventurien (Jahr des Feuers), Cthulhu in Aventurien, intelligente Katzen in Aventurien, den Joker in Aventurien... alles muss überall rein. Und irgendwann ist es dann egal, was dieses Setting eigentlich mal ausgemacht hat.

P.S.: Wer das ja inzwischen wirklich fast nur noch macht, ist Hollywood. Fortsetzung, Remake, Sequel, Prequel, Spin-Off, Realfilm-Version, Animations-Version. Hauptsache die alte Idee weiter auswringen, bis der Zauber endgültig raus ist. Jaaa, "der Stoff muss ja auch für die neue Generation zugänglich gemacht werden". Was für ein Bullshit. Als ob die neue Generation kein Anrecht auf eigene Stoffe, eigene Charaktere, eigene Ideen hätte. Und als ob es die nicht gäbe. Aber das überlässt man lieber HBO, Netflix, Amazon & Co - und jammert dann, dass keiner mehr ins Kino geht...
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Offline unicum

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #16 am: Heute um 17:53 »
Ja, es ist auch nicht mehr mein Forgotten Relams.

Muss es auch nicht, trozdem stelle ich mitlerweile immer öfter fest "Es ist nicht mehr mein,..." - Midgard z.b. also das Neue das irgenwann erscheinen soll.

Was solls, ich hätte mitlerweile das Geld mir zeugs dazu zu kaufen und auch ggf ungelesen ins Regal zu stellen (Platz hab ich auch btw also zumindest für Bücher und für PDF sowieso), ich wundere mich höchstens warum Verlage das Geld nicht irgendwie abmelken wollen. Stattdesswen wird weichgespült bis alles keine Ecken und Kanten mehr hat.

Online Tudor the Traveller

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #17 am: Heute um 18:22 »
Ich mag dieses leichtherzige neue lieber als das trockene ernste von früher.

Ich mochte auch die Spellplague und die Dragonborn. Allerdings alles erst etwas später. Ich verspürte "damals" auch zunächst Abneigung.

Und die "alten" FR hatten auch so ein paar wtf Momente...
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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #18 am: Heute um 18:31 »
Die vergessenen Reiche (denn so hießen die mal) waren noch niemals meins, weil es zu viel Patchwork war.
Und dann haben sie auch noch Al Qadim und Kara-Tur rausgenommen.

Aventurien war mal ganz anders, vor allem sehr viel "undefinierter".
Shadowrun war mal antikapitalistisches Pink Mohawk.
Dark Sun war mal Dark Sun.
Und Dragonlance war mal das railroadigste was es gab, wo man sogar seinen Charakter im Abenteuer vorgefertigt hatte.
Fading Suns war mal ganz anders...
Star Wars d6 war ein Star Wars Rollenspiel, das über 12 Jahre schubkarrenweise Material rauspumpte und so dazu beitrug, die Spielwelt zu definieren. Dagegen schafft es das aktuelle Star Wars nicht mal, ein Rollenspiel-Supplement in wieviel Jahren rauszubringen und alles muss von Disney-Lucas approved werden?
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Offline nobody@home

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #19 am: Heute um 18:38 »
Was solls, ich hätte mitlerweile das Geld mir zeugs dazu zu kaufen und auch ggf ungelesen ins Regal zu stellen (Platz hab ich auch btw also zumindest für Bücher und für PDF sowieso), ich wundere mich höchstens warum Verlage das Geld nicht irgendwie abmelken wollen. Stattdesswen wird weichgespült bis alles keine Ecken und Kanten mehr hat.

Kurzsicht-Kapitalismus, würde ich vermuten. "Das Geld der alten Knacker haben wir doch schon, jetzt müssen neue Kunden her, und die dürfen wir bloß nicht verschrecken!"

Daß das längerfristig betrachtet für den Verlag eigentlich oft genug Blödsinn ist, macht dabei für irgendwelche Berater oder Risikokapitalisten, die schon von Anfang an eh bloß ein paar Jahre bleiben, kräftig Kasse machen, und sich dann wieder zurückziehen wollen, keinen Unterschied. Die haben schlicht keinen Anreiz, sich um längerfristige Kundenbindung überhaupt erst zu kümmern, sind aber zu oft in genau der Position, die sie brauchen, um trotzdem den Ton anzugeben. (Und gerade Wizards/Hasbro, die heute hinter D&D und den Realms stecken, sind ja keine kleine, aber dafür eng verbundene Dreimann-Verlagsklitsche.)

Aber zurück zum Thema...das "Das ist nicht mehr meins"-Gefühl kenne ich zwar auch, aber weniger von speziell Rollenspielsettings. Eher von schon lange vertrauten Serien in anderen Medien -- gerade beim Thema Rollenspiel bin ich ja wahlweise entweder als SL wenigstens zum Teil immer auch "Selbermacher" und also gar nicht so unbedingt auf ständigen Nachschub an Kanonfutter angewiesen oder aber auf der anderen Seite als Spieler eher dazu motiviert, Spoiler zu vermeiden (der alte "Kennt einer von euch das schon?"-Kampfruf bei Kaufabenteuern beispielsweise hallt mir noch recht gut im Ohr nach 8]), was dann dem eventuellen Interesse an Settingdetails wieder auf seine eigene Weise entgegenwirkt. Entsprechend investiere ich denn auch gerade in diesem Bereich von vornherein nicht so viel emotionale Anhänglichkeit in "offizielle Wahrheiten" und spätere Änderungen an denselben.

Online Andropinis

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #20 am: Heute um 18:43 »
Gar nicht gefallen haben mir seinerzeit die Änderungen von Warhammer zu AoS und Battletech nach dem Jihad. Fand die Clans schon gewöhnungsbedürftig aber der Jihad hat dann die gute alte Battletech Welt völlig für mich zerstört.

Bei DSA hat mich Borbarad zunächst auch gestört (die Schattenlande haben für mich nicht so recht in die heile Welt von Aventurien gepasst) aber dann fand ich das doch ganz interessant.
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Offline Inquisitor_Majoris

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #21 am: Heute um 18:50 »
Was solls, ich hätte mitlerweile das Geld mir zeugs dazu zu kaufen und auch ggf ungelesen ins Regal zu stellen (Platz hab ich auch btw also zumindest für Bücher und für PDF sowieso), ich wundere mich höchstens warum Verlage das Geld nicht irgendwie abmelken wollen. Stattdesswen wird weichgespült bis alles keine Ecken und Kanten mehr hat.

Das denk ich mir auch schon seit längerem. Sollte jemand auf die Idee kommen Settingbände der Forgotten Realms aus einer früheren Epoche (weiß nicht, so 1000-1200 DR) rauszubringen, mit schickem traditionellen Artwork ich würde ungeschaut 100 Euro pro Buch auf den Tisch legen.

Die neuen FR Bücher werde ich mir auch zulegen, aber die Vorfreude hält sich in Grenzen. Wie schon im Eingangspost erwähnt, zu bunt, ohne Ecken und Kanten.

Offline Doomprayer

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #22 am: Heute um 18:57 »
Am härtesten ist für mich die Entwicklung bei Shadowrun. Natürlich ist ein Near-Future-Setting in der Gefahr von der aktuellen Entwicklung überholt zu werden und ich verstehe warum die Entwicklung der Hintergrundwelt weiterging und mit jeder neuen Edition die Jahreszahl nach oben korrigiert wurde.
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Genau das. In den 80ern war das die Zukunft. Blade Runner, Johnny Mnemonic, Akira, das waren so die filmischen Vorbilder, nach denen ich mir das vorgestellt habe. Wir haben sonst immer SR 2&3 gespielt und neulich haben wir dann mal SR 6 ausprobiert. System und Regeln waren zwar auch nicht gut, aber okayish. Aber auf das Artwork und die Darstellung und Beschreibung der Welt kamen wir einfach nicht klar. Das war tatsächlich das nicht nur das erste Rollenspiel, sonder auch das erst Buch ever, das ich verkauft hab.

Ich sag immer gern, früher war alles besser, sogar die Zukunft. Das ist natürlich ein bisschen Quatsch, aber ein bisschen auch nicht. Einerseits ist es ja gut, wenn sich Dinge auch mal weiterentwickeln; ich fände es halt besser, wenn sie sich in eine Richtung entwickelten, die ich bevorzugen würde. Aber es zwingt mich ja niemand, das neumodische Geraffel zu bespielen, SR 2&3 werden ja nicht schlecht. Aber vielleicht hat es ja auch einen Grund, dass das ganze alte Zeug in Form von Oldschool Rollenspielen oder vor ein paar Jahren SR 2050 wiederkommt.
I ain't afraid of no ghost. I'm afraid of not getting paid.
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It is pitch black. You are likely to be eaten by a grue.

Offline Irian

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #23 am: Heute um 19:04 »
Am härtesten ist für mich die Entwicklung bei Shadowrun. Natürlich ist ein Near-Future-Setting in der Gefahr von der aktuellen Entwicklung überholt zu werden und ich verstehe warum die Entwicklung der Hintergrundwelt weiterging und mit jeder neuen Edition die Jahreszahl nach oben korrigiert wurde.
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Ja, ich stelle leider auch fest, dass ich für Shadowrun heutzutage wirklich ein paar Leute jenseits der 40 bräuchte, die das mit ähnlichen nostalgischen Gefühlen spielen wollen wie ich - oder ein paar Leute, die es als retro-Cyberpunk spielen wollten, mit einem gewissen ironischen Touch, "your parent's scifi"... Ich bin da auch voll bei 2050 hängen geblieben...
Hinweis: Nein, ich will dir nicht verbieten, X, Y oder Z in deinem Rollenspiel zu tun. Nein, ich habe dich keinen Rassisten genannt. Ja, du darfst X, Y oder Z auch weiterhin tun (außer es ist illegal, dann ist es aber auch nicht mein Problem). Wenn du denkst, es gibt eine einflussreiche oder auch nur mäßig große Gruppe hier im Forum oder in der dt. Szene, die dir dein Rollenspiel verbieten will, liegst du sehr wahrscheinlich falsch, insb. weil es idR keinen interessiert, was du so tust.

Online Fonzman

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Re: "Das ist nicht mehr mein Forgotten Realms..."
« Antwort #24 am: Heute um 19:05 »
Mir geht das ähnlich. Ich hab nach Jahren alle Salvatore-Romane nachgeholt, und war erschrocken, was aus den Realms geworden ist. Ich kann weder Thieflings noch Shadovar etwas abgewinnen. "Meine" Realms werden immer auf dem Niveau der AD&D 2nd Edition bleiben, denn damit bin ich "groß geworden".

Aber für mich ist das nicht nur eine Canon-Sache, sondern auch allgemein eine Optik-Nostalgie. Für mich ist z.B. DSA einfach definiert durch die Gemälde von Ugurcan Yüze. Und (A)D&D ist für mich definiert durch die Artworks von Elmore, Easly und Caldwell.  Diese neuen Styles seit 3e holen mich einfach nicht mehr ab.